Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 4536/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 922/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 40 und begehrt die Feststellung eines höheren GdB.
Der am 13.02.1966 in Z. (ehemals H. O. S. [für O.])/P. geborene Kläger ist p. Staatsangehöriger. Er reiste am 07.01.1990 als Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland ein und erwarb durch die Aufnahme als Aussiedler die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Bescheinigung des Bundesverwaltungsamtes vom 30.01.1990).
Im Rahmen seiner Beschäftigung/Ausbildung zum Schlosser bei dem Unternehmen "K." in P. erlitt der Kläger am 30.06.1983 einen Arbeitsunfall.
Mit Bescheid vom 27.07.1992 gewährte die Süddeutsche M.-B., Bezirksverwaltung S., wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 vom Hundert ab 01.02.1990 bis zum 31.03.1994 (Bl. 54 SG). Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden eine Amputation des linken Daumens im Daumensattelgelenk, eine Versteifung des linken Zeigefingers mit Beugestellung im Mittelgelenk, eine Bewegungseinschränkung der Finger 3 bis 5 links, eine Versteifung des linken Handgelenks, ein schwacher Faustschluss links, ein eingeschränkter Grob-, Feingriff linke Hand, eine Muskelminderung am linken Arm und an der linken Hand, mehrere zum Teil nicht verschiebliche Narben an der linken Hand, eine Ulcusbildung im Bereich des ehemaligen ersten Mittelhandknochens links, eine Verkürzung der körperfernen Speiche links sowie eine Kalksalzminderung linke Hand nach Fräsverletzung anerkannt.
Bereits mit Bescheid vom 07.12.1990 hatte das Versorgungsamt E. den GdB mit 40 festgestellt und hierbei als Behinderungen eine Daumenamputation links 6/90 mit Narbenkorrektur, eine Beugehemmung des 2. bis 4. Fingers links sowie Arthroden des Radius mit der Handwurzel berücksichtigt.
Am 31.03.1994 kehrte der Kläger nach Polen zurück und beantragte von dort erstmals im Mai 2001 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente durch die Landesversicherungsanstalt B ... Der Antrag blieb indes sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in allen gerichtlichen Instanzen erfolglos (zuletzt BSG, Beschluss vom 11.10.2004). Nachdem auch der weitere Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente vom 25.04.2005 mit Bescheid vom 27.04.2007 abgelehnt und der hiergegen eingelegte Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 zurückgewiesen worden war, verurteilte das Sozialgericht F. (O.) nach Einholung eines medizinischen Gutachtens durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie sowie Handchirurgie Dr. K. vom 12.07.2010 nach Aktenlage (der Kläger hatte eine ambulante Untersuchung durch den Sachverständigen mit der Begründung verweigert, keinem deutschen Arzt mehr zu trauen) mit Urteil vom 25.07.2012 die Deutsche Rentenversicherung B. zur Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.03.2014 (Az.: S 29 R 1/09).
Mit Formularantrag vom 15.08.2012, eingegangen bei der Bezirksregierung M. am 20.08.2012, stellte der Kläger einen Änderungsantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und gab u. a. an, erwerbstätig zu sein, einen Ausweis benötige er nicht. Mit Schreiben der Stadt Münster vom 13.09.2012 wurde der Antrag an das Landratsamt R. (LRA) zuständigkeitshalber abgegeben. Auf Bitte des LRA, eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vorzulegen, aus der sich ergibt, dass der Kläger in Deutschland in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht und mindestens 18 Stunden wöchentlich beschäftigt ist, hat der Kläger per Email vom 27.09.2012 mitgeteilt, "als ob ich in der Lage zu arbeiten und bin, wie viele Stunden kann ich mit Wunden Bluthochdruck arbeiten und Mit freundlichen Grüßen Rückenschmerzen B. C.". Das LRA entnahm dieser Formulierung die Behauptung des Klägers, nicht arbeiten zu können, und wies auf den inhaltlichen Widerspruch zu seinen Angaben im Formularantrag vom 15.08.2012 sowie darauf hin, dass das Schwerbehindertenrecht bzw. das SGB IX nur auf Behinderte angewandt werden könne, die ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Arbeitsplatz im Inland hätten. Deutsche im Ausland fielen grundsätzlich nicht mehr unter den Schutzbereich des Schwerbehindertenrechts. Sein Neufeststellungsantrag vom 15.08.2012 könne nur dann weiterbearbeitet werden, wenn er die Grundvoraussetzungen nach dem SGB IX erfülle (Schreiben vom 28.09. und 02.11.2012). Da der Kläger hierauf nicht reagiert hatte, teilte das LRA ihm nochmals mit Schreiben vom 28.01.2013 mit, dass sich ohne die erbetenen näheren Angaben eine Feststellung nach dem SGB IX nicht treffen lasse, was zur Folge hätte, dass die beantragte Feststellung abgelehnt werden müsse. Hierauf teilte der Kläger mit Schreiben vom 01.02.2013 mit, er habe am 01.02.2013 einen Job in einer geschützten Werkstatt I. W. gefunden, in Deutschland habe er nie gearbeitet, er "habe 40%grad von Versorgungsamt Essen von 1990 meine Krankheit ist viel mehr".
Mit Bescheid vom 21.02.2013 hob das LRA den Bescheid vom 07.12.1990 auf und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX nicht mehr erfüllt sind.
Mit Schreiben vom 08.03.2013, eingegangen beim LRA am 15.03.2013 und von Seiten des Beklagten als Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.02.2013 ausgelegt, gab der Kläger als weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen neben der Verletzung der linken Hand einen Bandscheibenvorfall, Degeneration und Schmerzen in der Brustwirbelsäule sowie Bluthochdruck und Diabetes an. Er habe mindestens eine 50-prozentige Behinderung. Er habe die gleichen Rechte wie die Menschen, die in Deutschland lebten.
Ohne weitere Ermittlungen wies das Regierungspräsidium S. den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2013 zurück und führte zur Begründung aus, dass der Kläger weder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX habe und er daher nicht zum Personenkreis des § 2 Abs. 2 SGB IX gehöre.
Hiergegen hat der Kläger am 22.04.2013 Kläger beim Sozialgericht Konstanz erhoben, das durch Beschluss vom 01.08.2013 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat. Mit Schreiben vom 13.06.2013 hat der Kläger ein in polnischer Sprache verfasstes Schreiben vom 12.06.2013 vorgelegt, bei dem es sich um einen Arztbrief des Orthopäden K. J. handeln soll. Außerdem hat der Kläger auf andere Krankheiten wie Bluthochdruck und Osteoporose hingewiesen. Das SG hat den Kläger mit mehreren Schreiben darauf aufmerksam gemacht, dass er für die Feststellung des GdB darlegen müsse, welche konkreten inländischen Rechtsvorteile er hieraus ziehen könne. Eine abstrakte, rein theoretische Möglichkeit der Inanspruchnahme rechtlicher Vorteile im Inland, d. h. in Deutschland, reiche nicht aus. In seinen bisherigen Schreiben habe er einen solchen konkreten Vorteil nicht genannt. Ein solcher sei auch nicht erkennbar. Auf Bitte des Gerichts mitzuteilen, wann er sich das nächste Mal in Deutschland aufhalte, damit ein zeitnaher Erörterungstermin anberaumt werden könne, hat der Kläger erklärt, er weigere sich nach Deutschland zu kommen, da seine Mutter an Alzheimer erkrankt sei und seine eigenen gesundheitlichen Probleme ihm solche Reisen nicht erlaubten.
Mit Schreiben vom 28.10.2013 hat das SG die Beteiligten auf seine Absicht, durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat hierauf mit Schreiben vom 11.11.2013 sinngemäß vorgetragen, der GdB von 40 sei zu niedrig, er habe 12 andere Krankheiten und seine Mutter leide an Alzheimer, also sei er schon am Rande des Zusammenbruchs.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei zwar zulässig, sie sei aber unbegründet. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ergebe sich aus der Übersiedlung des Klägers aus dem Geltungsbereich des SGB nach P ... Da bei dem Kläger keine Schwerbehinderung festgestellt sei, sei bezüglich der Aufhebung des bisher festgestellten Gesamt-GdB § 69 SGB IX i. V. m. § 30 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) maßgebend, wonach die Vorschriften des SGB I für alle Personen gelten würden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich hätten. Da der Kläger seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in P. habe, könne er sich grundsätzlich nicht auf die Regelungen des SGB IX berufen. Eine abweichende Regelung i. S. des § 37 Satz 1 SGB I enthalte § 2 Abs. 2 SGB IX, soweit er für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft eine Beschäftigung auf einem inländischen Arbeitsplatz ausreichen lasse. Da dem Kläger mit Bescheid vom 07.12.1990 ein Gesamt-GdB von 40 zuerkannt worden sei, habe die Beurteilung nicht nach § 2 Abs. 2 SGB IX vorgenommen werden können. Eine zu dem in § 30 Abs. 1 SGB I verankerten Territorialprinzip abweichende Regelung i. S. des § 37 Satz 1 SGB I ergebe sich darüber hinaus aus dem Sinn und Zweck des § 69 SGB IX. Die Feststellung des GdB habe eine dienende Funktion. Sie gewinne erst dadurch Bedeutung, dass sie als Statusfeststellung auch für Dritte verbindlich sei und die Inanspruchnahme von sozialrechtlichen, steuerrechtlichen, arbeitsrechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und anderen Vorteilen ermögliche. Das durch eine Feststellung nach § 69 SGB IX gewährte subjektive soziale Recht berühre den Rechtskreis des Antragstellers also immer dann, wenn sich hieraus subjektive Rechte im Inland ergeben könnten. Soweit es derartige rechtliche Vorteile gebe, die nicht an einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, sondern an einen andersartigen Inlandsbezug anknüpften, erfordere es schon der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Einheit der Rechtsordnung, dass die betreffenden Personen eine Feststellung i. S. vom § 69 SGB IX beanspruchen könnten. Allerdings könne ein im Ausland wohnender Behinderter das Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX nur zur Ermöglichung konkreter inländischer Rechtsvorteile in Anspruch nehmen; gehe es nur um den Nachweis einer Behinderung gegenüber ausländischen Stellen, könne der behinderte Mensch auf die Möglichkeit entsprechender Feststellungen durch die für seinen Wohnort im Ausland zuständigen Stellen verwiesen werden. Eine bloß abstrakte, also rein theoretische Möglichkeit der Inanspruchnahme rechtlicher Vorteile im Inland reiche dagegen nicht aus. Vielmehr lasse sich eine Durchbrechung des Territorialitätsprinzips nur rechtfertigen, wenn dem behinderten Menschen trotz seines ausländischen Wohnsitzes aus der Feststellung seines GdB in Deutschland konkrete Vorteile erwachsen könnten. Im Falle des Klägers, der sich dauerhaft außerhalb des Geltungsbereiches des SGB IX aufhalte, kämen nach diesen Grundsätzen keine innerstaatlichen Vergünstigungen in Betracht, die eine Einschränkung des Territorialitätsprinzips rechtfertigen könnten. Zwar sei grundsätzlich die Inanspruchnahme des in seiner Höhe vom GdB abhängigen Pauschbetrages für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 1 bis 3 Einkommensteuergesetz (EStG) denkbar. Dies setzte jedoch voraus, dass der Kläger im Inland unbeschränkt steuerpflichtig i. S. von § 1 Abs. 2, 3 EStG sei. Es sei jedoch weder aus der Aktenlage erkennbar, dass der Kläger in Deutschland Einkommen z. B. in Form von Einnahmen aus Vermietung, Verpachtung oder Kapitalanlagen erzielen würde, noch habe er sich diesbezüglich trotz mehrfacher Aufforderung geäußert. Anderes ergebe sich ferner nicht daraus, dass der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung bezogen habe, da die GdB-Feststellung hierauf keine Auswirkungen habe. Nicht erkennbar sei zudem, dass der Kläger durch eine langjährige Beschäftigung im Beitrittsgebiet eine Anwartschaft auf eine gesetzliche Rente erworben habe. Der Kläger habe selbst vorgetragen, nie in Deutschland erwerbstätig gewesen zu sein. Ein anderer konkreter Vorteil der begehrten Statusfeststellung als Schwerbehinderter, der den Kläger selbst und unmittelbar betreffe, sei nicht erkennbar. Folglich habe der Beklagte den Feststellungsbescheid vom 07.12.1990 in rechtmäßiger Weise aufgehoben. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Gesamt-GdB von mindestens 50. Denn es fehle bereits an einem entsprechenden notwendigen Inlandsbezug für die begehrte Feststellung. Anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 SGB IX. Denn der Kläger habe weder seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs. Ob dem Kläger hinsichtlich seiner geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen ein Gesamt-GdB von 50 zugestanden hätte, sei daher nicht mehr zu prüfen.
Gegen den ihm am 03.02.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.02.2014 beim SG Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid des Versorgungsamtes E. vom 07.12.1990 abzuändern und einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat auf den angefochtenen Bescheid sowie den Gerichtsbescheid des SG Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 24.03.2014 hat der Senat den Beklagten darauf hingewiesen, dass es bislang an einer Anhörung zur Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 fehlen dürfte und die Frage steuerrechtlicher Vorteile aufgrund der GdB-Feststellung weiterer Aufklärung bedürfe.
Mit Schreiben vom 31.03.2014 hat der Beklagte dem Kläger Gelegenheit gegeben, sich binnen vier Wochen zur Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 sowie dazu zu äußern, welche Vorteile er auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch die Ausstellung einer Bescheinigung zum Nachweis einer Behinderung erlangen könne.
Hierauf hat der Kläger mit Schreiben vom 15.04.2014 mitgeteilt, er habe das Schreiben des Beklagten nicht verstanden. Mit weiterem Schreiben vom 03.08.2014 hat der Kläger auf ein beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängiges Rentenverfahren (L 21 R 672/12) hingewiesen und eine fachärztliche Stellungnahme der Internistin Dr. F.-D., Deutsche Rentenversicherung B., vom 03.07.2014 vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Behördenakten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht (1) den Bescheid vom 07.12.1990 aufgehoben und (2) die Neufeststellung des GdB abgelehnt.
1.
Soweit der Beklagte mit Bescheid vom 21.02.2013 den Bescheid vom 07.12.1990 aufgehoben hat, ist der Bescheid formell rechtmäßig, insbesondere fehlt es nicht (mehr) an der nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderlichen Anhörung des Klägers. Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist danach diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Beklagte hatte zunächst nicht vor Erlass des Bescheides vom 21.02.2013 dem Kläger seine Absicht angezeigt, den Bescheid vom 07.12.1990 aufheben zu wollen. Er hat vielmehr lediglich darauf hingewiesen, dass der Antrag vom 15.08.2012 abgelehnt würde, wenn der Kläger die zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendigen ergänzenden Angaben nicht machen würde. Hieraus konnte und musste der Kläger nicht ableiten, dass der Beklagte auch beabsichtigte, die bestandskräftige Feststellung des GdB von 40 aufzuheben. Der Mangel der vorherigen Anhörung kann jedoch nach § 41 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 3 SGB X grundsätzlich bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dadurch geheilt werden, dass die Anhörung nachgeholt wird. Dies ist vorliegend geschehen, da der Beklagte dem Kläger den relevanten Sachverhalt auch hinsichtlich der erfolgten Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 nochmals dargelegt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
Das LRA war gem. § 1 Abs. 1 Buchst. o) Auslandszuständigkeitsverordnung vom 28.05.1991 (BGBl. I S. 1204) örtlich zuständig für die getroffene Entscheidung. Denn der Kläger hat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in dem Teil P., der nach dem Stand vom 31.12.1937 zum Staatsgebiet des Deutschen Reiches gehört hat. Gem. §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 44 Abs. 3 SGB X entscheidet über die Aufhebung eines Bescheides nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde auch dann, wenn der aufzuhebende Verwaltungsakt - wie vorliegend - von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Die Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 ist auch materiell rechtmäßig.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Durch den dauerhaften Wegzug des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland am 31.03.1994 und damit aus dem Geltungsbereich des SGB ist eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nach Erlass des Bescheides vom 07.12.1990 eingetreten, die zum Wegfall der rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung des GdB geführt haben.
Zum Zeitpunkt der Feststellung des GdB durch das Versorgungsamt Essen lebte der Kläger als Spätaussiedler in der Bundesrepublik Deutschland. Der Bescheid vom 07.12.1990 hatte seine Rechtsgrundlage in § 4 Schwerbehindertengesetz (SchwbG), der durch die ab 01.07.2001 geltende Nachfolgebestimmung des § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) abgelöst worden ist, ohne dass sich - zumindest im Hinblick auf den vorliegenden Streitgegenstand - hieraus inhaltliche Änderungen ergeben hätten (vgl. amtl. Begründung in BT-Drucks. 14/5074, S. 112 zu § 69). Da das SchwbG gemäß § 68 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983) als besonderer Teil des SGB gilt, ist für die Anwendung beider Gesetze im vorliegenden Fall § 30 SGB I maßgebend. Danach gelten die Vorschriften des SGB für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben (Territorialitätsprinzip). Da der Kläger die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1994 verlassen (vgl. seine Schreiben vom 08.03., 16.04., 26.08.2013 sowie Schreiben der Berufsgenossenschaft Metall Süd vom 29.06.2006) und seither seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. § 30 Abs. 3 SGB I) nicht mehr in Deutschland, sondern in P. hat, kann er sich grundsätzlich nicht (mehr) auf die Regelungen des SchwbG und SGB IX berufen. Soweit § 37 Satz 1 SGB I das Territorialprinzip dadurch einschränkt, dass er die Geltung des Ersten und Zehnten Buchs für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs nur insoweit anordnet, als sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt, lässt sich hierauf vorliegend nicht der Fortbestand des Bescheides vom 07.12.1990 stützen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Ausnahmebestimmung in § 4 SchwbG, § 69 SGB IX zu dem in § 30 Abs. 1 SGB I verankerten Territorialitätsprinzip sich aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften etwas Abweichendes i. S. von § 37 Satz 1 SGB I ergeben kann (vgl. BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 6; BSG, Urteil vom 29.04.2010 - B 9 SB 1/10 R -, juris). Denn die Feststellung des GdB hat eine dienende Funktion, die erst dadurch Bedeutung gewinnt, dass sie als Statusfeststellung auch für Dritte verbindlich ist (vgl. BSG SozR 3870 § 3 Nr. 13; BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 3) und die Inanspruchnahme von sozialrechtlichen, steuerrechtlichen, arbeitsrechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und anderen Vorteilen ermöglicht. Das durch eine Feststellung nach § 4 SchwbG bzw. § 69 SGB IX gewährte subjektive soziale Recht berührt den Rechtskreis des Antragstellers also immer dann, wenn sich hieraus weitere Rechte im Inland ergeben können. Soweit es derartige rechtliche Vorteile gibt, die nicht an einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, sondern an einen andersartigen Inlandsbezug anknüpfen, erfordert es schon der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Einheit der Rechtsordnung, dass die betreffenden Personen eine Feststellung i. S. von § 4 SchwbG bzw. § 69 SGB X beanspruchen können (vgl. BSG, a. a. O.).
Der Kläger hat indes trotz wiederholter Nachfrage des Gerichts keinerlei Umstände vorgetragen, die erkennen ließen, dass sich aus der Feststellung des GdB von 40 für ihn Vergünstigungen ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein im Ausland wohnender Behinderter einen Feststellungsbescheid nach § 4 SchwbG bzw. § 69 SGB IX nur zur Ermöglichung konkreter inländischer Rechtsvorteile in Anspruch nehmen kann. Geht es nur um den Nachweis einer Behinderung gegenüber ausländischen Stellen, kann der behinderte Mensch auf die Möglichkeit entsprechender Feststellungen durch die für seinen Wohnort im Ausland zuständigen Stellen verwiesen werden. Ebenso wenig reicht insofern eine abstrakte, also rein theoretische Möglichkeit der Inanspruchnahme rechtlicher Vorteile im Inland aus (BSG, a. a. O.). Vielmehr lässt sich eine Durchbrechung des Territorialitätsprinzips (§ 30 Abs 1 iVm § 37 Satz 1 SGB I) nur rechtfertigen, wenn dem behinderten Menschen trotz seines ausländischen Wohnsitzes aus der Feststellung seines GdB in Deutschland konkrete Vorteile erwachsen können. Im Falle des Klägers, der selbst keine konkreten rechtlichen Vorteile aus der Feststellung des GdB von 40 benannt hat und bei dem auch von Amts wegen ein für die Feststellung seines GdB ausreichender Inlandsbezug nicht ohne weiteres ersichtlich ist, weil er sich dauerhaft außerhalb des Geltungsbereiches des SGB IX aufhält (anders in BSG, Urteil vom 29.04.2010, a. a. O.), ist eine Einschränkung des Territorialitätsprinzips nicht gerechtfertigt. Zu Recht hat das SG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass weder inländische steuerrechtliche noch unfallversicherungsrechtliche oder Vorteile auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Feststellung des GdB von 40 im Falle des Klägers verbunden sind. Dem widersprechende Angaben hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht gemacht. Für die Richtigkeit diese Annahme spricht darüber hinaus der Umstand, dass der Kläger auch eine nur kurzzeitige Einreise in die Bundesrepublik Deutschland kategorisch ablehnt und nicht die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises begehrt. Der Senat verweist daher zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG und sieht von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch in Anwendung der seit 01.05.2010 in Kraft getretenen und seither auch in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 S. 1, ber. ABl. L 200 S. 1, 2007 ABl. L 204 S. 30) ergibt sich vorliegend nichts anderes, denn der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung erfasst lediglich Rechtsvorschriften aus den Zweigen der sozialen Sicherheit, die Leistungen bei Krankheit, Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft, Leistungen bei Invalidität, Leistungen bei Alter, Leistungen an Hinterbliebene, Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Sterbegeld, Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Vorruhestandsleistungen oder Familienleistungen betreffen. Nicht zum sachlichen Geltungsbereich der Verordnung gehörten indes Statusfest-stellungen nach dem SGB IX.
Da somit im Falle des Klägers aufgrund des hier einschlägigen Territorialprinzips mit dem Wegzug des Klägers aus dem Geltungsbereich des SchwbG bzw. SGB IX die Voraussetzungen für die Feststellung des GdB entfallen sind, war der Beklagte nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet (" ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben."), den Bescheid vom 07.12.1990 aufzuheben.
2.
Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte den Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB abgelehnt und das SG die hiergegen gerichtete, als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage allerdings zulässige, Klage abgewiesen hat. Ebenso wie dem Fortbestand des ursprünglichen Feststellungsbescheides steht der Neufeststellung des GdB mangels konkreter inländischer Rechtsvorteile der fehlende Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Klägers im Geltungsbereich des SGB nach § 30 Abs. 1 SGB I entgegen. Nicht berufen kann sich der Beklagte zur Ablehnung des Neufeststellungsantrages dagegen auf § 2 Abs. 2 SGB IX, wonach Menschen im Sinne des Teils 2 schwerbehindert sind, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. § 2 Abs. 2 SGB IX ist hier nicht einschlägig, da der Kläger nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, sondern die Neufeststellung des GdB beantragt hat und die Feststellung eines GdB nach § 69 SGB IX nicht mit der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gleichzusetzen ist (BSG SozR 3870 § 3 Nr. 13; BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 3).
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 40 und begehrt die Feststellung eines höheren GdB.
Der am 13.02.1966 in Z. (ehemals H. O. S. [für O.])/P. geborene Kläger ist p. Staatsangehöriger. Er reiste am 07.01.1990 als Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland ein und erwarb durch die Aufnahme als Aussiedler die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Bescheinigung des Bundesverwaltungsamtes vom 30.01.1990).
Im Rahmen seiner Beschäftigung/Ausbildung zum Schlosser bei dem Unternehmen "K." in P. erlitt der Kläger am 30.06.1983 einen Arbeitsunfall.
Mit Bescheid vom 27.07.1992 gewährte die Süddeutsche M.-B., Bezirksverwaltung S., wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 vom Hundert ab 01.02.1990 bis zum 31.03.1994 (Bl. 54 SG). Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden eine Amputation des linken Daumens im Daumensattelgelenk, eine Versteifung des linken Zeigefingers mit Beugestellung im Mittelgelenk, eine Bewegungseinschränkung der Finger 3 bis 5 links, eine Versteifung des linken Handgelenks, ein schwacher Faustschluss links, ein eingeschränkter Grob-, Feingriff linke Hand, eine Muskelminderung am linken Arm und an der linken Hand, mehrere zum Teil nicht verschiebliche Narben an der linken Hand, eine Ulcusbildung im Bereich des ehemaligen ersten Mittelhandknochens links, eine Verkürzung der körperfernen Speiche links sowie eine Kalksalzminderung linke Hand nach Fräsverletzung anerkannt.
Bereits mit Bescheid vom 07.12.1990 hatte das Versorgungsamt E. den GdB mit 40 festgestellt und hierbei als Behinderungen eine Daumenamputation links 6/90 mit Narbenkorrektur, eine Beugehemmung des 2. bis 4. Fingers links sowie Arthroden des Radius mit der Handwurzel berücksichtigt.
Am 31.03.1994 kehrte der Kläger nach Polen zurück und beantragte von dort erstmals im Mai 2001 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente durch die Landesversicherungsanstalt B ... Der Antrag blieb indes sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in allen gerichtlichen Instanzen erfolglos (zuletzt BSG, Beschluss vom 11.10.2004). Nachdem auch der weitere Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente vom 25.04.2005 mit Bescheid vom 27.04.2007 abgelehnt und der hiergegen eingelegte Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 zurückgewiesen worden war, verurteilte das Sozialgericht F. (O.) nach Einholung eines medizinischen Gutachtens durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie sowie Handchirurgie Dr. K. vom 12.07.2010 nach Aktenlage (der Kläger hatte eine ambulante Untersuchung durch den Sachverständigen mit der Begründung verweigert, keinem deutschen Arzt mehr zu trauen) mit Urteil vom 25.07.2012 die Deutsche Rentenversicherung B. zur Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.03.2014 (Az.: S 29 R 1/09).
Mit Formularantrag vom 15.08.2012, eingegangen bei der Bezirksregierung M. am 20.08.2012, stellte der Kläger einen Änderungsantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und gab u. a. an, erwerbstätig zu sein, einen Ausweis benötige er nicht. Mit Schreiben der Stadt Münster vom 13.09.2012 wurde der Antrag an das Landratsamt R. (LRA) zuständigkeitshalber abgegeben. Auf Bitte des LRA, eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vorzulegen, aus der sich ergibt, dass der Kläger in Deutschland in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht und mindestens 18 Stunden wöchentlich beschäftigt ist, hat der Kläger per Email vom 27.09.2012 mitgeteilt, "als ob ich in der Lage zu arbeiten und bin, wie viele Stunden kann ich mit Wunden Bluthochdruck arbeiten und Mit freundlichen Grüßen Rückenschmerzen B. C.". Das LRA entnahm dieser Formulierung die Behauptung des Klägers, nicht arbeiten zu können, und wies auf den inhaltlichen Widerspruch zu seinen Angaben im Formularantrag vom 15.08.2012 sowie darauf hin, dass das Schwerbehindertenrecht bzw. das SGB IX nur auf Behinderte angewandt werden könne, die ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Arbeitsplatz im Inland hätten. Deutsche im Ausland fielen grundsätzlich nicht mehr unter den Schutzbereich des Schwerbehindertenrechts. Sein Neufeststellungsantrag vom 15.08.2012 könne nur dann weiterbearbeitet werden, wenn er die Grundvoraussetzungen nach dem SGB IX erfülle (Schreiben vom 28.09. und 02.11.2012). Da der Kläger hierauf nicht reagiert hatte, teilte das LRA ihm nochmals mit Schreiben vom 28.01.2013 mit, dass sich ohne die erbetenen näheren Angaben eine Feststellung nach dem SGB IX nicht treffen lasse, was zur Folge hätte, dass die beantragte Feststellung abgelehnt werden müsse. Hierauf teilte der Kläger mit Schreiben vom 01.02.2013 mit, er habe am 01.02.2013 einen Job in einer geschützten Werkstatt I. W. gefunden, in Deutschland habe er nie gearbeitet, er "habe 40%grad von Versorgungsamt Essen von 1990 meine Krankheit ist viel mehr".
Mit Bescheid vom 21.02.2013 hob das LRA den Bescheid vom 07.12.1990 auf und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX nicht mehr erfüllt sind.
Mit Schreiben vom 08.03.2013, eingegangen beim LRA am 15.03.2013 und von Seiten des Beklagten als Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.02.2013 ausgelegt, gab der Kläger als weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen neben der Verletzung der linken Hand einen Bandscheibenvorfall, Degeneration und Schmerzen in der Brustwirbelsäule sowie Bluthochdruck und Diabetes an. Er habe mindestens eine 50-prozentige Behinderung. Er habe die gleichen Rechte wie die Menschen, die in Deutschland lebten.
Ohne weitere Ermittlungen wies das Regierungspräsidium S. den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2013 zurück und führte zur Begründung aus, dass der Kläger weder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX habe und er daher nicht zum Personenkreis des § 2 Abs. 2 SGB IX gehöre.
Hiergegen hat der Kläger am 22.04.2013 Kläger beim Sozialgericht Konstanz erhoben, das durch Beschluss vom 01.08.2013 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat. Mit Schreiben vom 13.06.2013 hat der Kläger ein in polnischer Sprache verfasstes Schreiben vom 12.06.2013 vorgelegt, bei dem es sich um einen Arztbrief des Orthopäden K. J. handeln soll. Außerdem hat der Kläger auf andere Krankheiten wie Bluthochdruck und Osteoporose hingewiesen. Das SG hat den Kläger mit mehreren Schreiben darauf aufmerksam gemacht, dass er für die Feststellung des GdB darlegen müsse, welche konkreten inländischen Rechtsvorteile er hieraus ziehen könne. Eine abstrakte, rein theoretische Möglichkeit der Inanspruchnahme rechtlicher Vorteile im Inland, d. h. in Deutschland, reiche nicht aus. In seinen bisherigen Schreiben habe er einen solchen konkreten Vorteil nicht genannt. Ein solcher sei auch nicht erkennbar. Auf Bitte des Gerichts mitzuteilen, wann er sich das nächste Mal in Deutschland aufhalte, damit ein zeitnaher Erörterungstermin anberaumt werden könne, hat der Kläger erklärt, er weigere sich nach Deutschland zu kommen, da seine Mutter an Alzheimer erkrankt sei und seine eigenen gesundheitlichen Probleme ihm solche Reisen nicht erlaubten.
Mit Schreiben vom 28.10.2013 hat das SG die Beteiligten auf seine Absicht, durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat hierauf mit Schreiben vom 11.11.2013 sinngemäß vorgetragen, der GdB von 40 sei zu niedrig, er habe 12 andere Krankheiten und seine Mutter leide an Alzheimer, also sei er schon am Rande des Zusammenbruchs.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei zwar zulässig, sie sei aber unbegründet. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ergebe sich aus der Übersiedlung des Klägers aus dem Geltungsbereich des SGB nach P ... Da bei dem Kläger keine Schwerbehinderung festgestellt sei, sei bezüglich der Aufhebung des bisher festgestellten Gesamt-GdB § 69 SGB IX i. V. m. § 30 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) maßgebend, wonach die Vorschriften des SGB I für alle Personen gelten würden, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich hätten. Da der Kläger seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in P. habe, könne er sich grundsätzlich nicht auf die Regelungen des SGB IX berufen. Eine abweichende Regelung i. S. des § 37 Satz 1 SGB I enthalte § 2 Abs. 2 SGB IX, soweit er für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft eine Beschäftigung auf einem inländischen Arbeitsplatz ausreichen lasse. Da dem Kläger mit Bescheid vom 07.12.1990 ein Gesamt-GdB von 40 zuerkannt worden sei, habe die Beurteilung nicht nach § 2 Abs. 2 SGB IX vorgenommen werden können. Eine zu dem in § 30 Abs. 1 SGB I verankerten Territorialprinzip abweichende Regelung i. S. des § 37 Satz 1 SGB I ergebe sich darüber hinaus aus dem Sinn und Zweck des § 69 SGB IX. Die Feststellung des GdB habe eine dienende Funktion. Sie gewinne erst dadurch Bedeutung, dass sie als Statusfeststellung auch für Dritte verbindlich sei und die Inanspruchnahme von sozialrechtlichen, steuerrechtlichen, arbeitsrechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und anderen Vorteilen ermögliche. Das durch eine Feststellung nach § 69 SGB IX gewährte subjektive soziale Recht berühre den Rechtskreis des Antragstellers also immer dann, wenn sich hieraus subjektive Rechte im Inland ergeben könnten. Soweit es derartige rechtliche Vorteile gebe, die nicht an einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, sondern an einen andersartigen Inlandsbezug anknüpften, erfordere es schon der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Einheit der Rechtsordnung, dass die betreffenden Personen eine Feststellung i. S. vom § 69 SGB IX beanspruchen könnten. Allerdings könne ein im Ausland wohnender Behinderter das Feststellungsverfahren nach § 69 SGB IX nur zur Ermöglichung konkreter inländischer Rechtsvorteile in Anspruch nehmen; gehe es nur um den Nachweis einer Behinderung gegenüber ausländischen Stellen, könne der behinderte Mensch auf die Möglichkeit entsprechender Feststellungen durch die für seinen Wohnort im Ausland zuständigen Stellen verwiesen werden. Eine bloß abstrakte, also rein theoretische Möglichkeit der Inanspruchnahme rechtlicher Vorteile im Inland reiche dagegen nicht aus. Vielmehr lasse sich eine Durchbrechung des Territorialitätsprinzips nur rechtfertigen, wenn dem behinderten Menschen trotz seines ausländischen Wohnsitzes aus der Feststellung seines GdB in Deutschland konkrete Vorteile erwachsen könnten. Im Falle des Klägers, der sich dauerhaft außerhalb des Geltungsbereiches des SGB IX aufhalte, kämen nach diesen Grundsätzen keine innerstaatlichen Vergünstigungen in Betracht, die eine Einschränkung des Territorialitätsprinzips rechtfertigen könnten. Zwar sei grundsätzlich die Inanspruchnahme des in seiner Höhe vom GdB abhängigen Pauschbetrages für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 1 bis 3 Einkommensteuergesetz (EStG) denkbar. Dies setzte jedoch voraus, dass der Kläger im Inland unbeschränkt steuerpflichtig i. S. von § 1 Abs. 2, 3 EStG sei. Es sei jedoch weder aus der Aktenlage erkennbar, dass der Kläger in Deutschland Einkommen z. B. in Form von Einnahmen aus Vermietung, Verpachtung oder Kapitalanlagen erzielen würde, noch habe er sich diesbezüglich trotz mehrfacher Aufforderung geäußert. Anderes ergebe sich ferner nicht daraus, dass der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung bezogen habe, da die GdB-Feststellung hierauf keine Auswirkungen habe. Nicht erkennbar sei zudem, dass der Kläger durch eine langjährige Beschäftigung im Beitrittsgebiet eine Anwartschaft auf eine gesetzliche Rente erworben habe. Der Kläger habe selbst vorgetragen, nie in Deutschland erwerbstätig gewesen zu sein. Ein anderer konkreter Vorteil der begehrten Statusfeststellung als Schwerbehinderter, der den Kläger selbst und unmittelbar betreffe, sei nicht erkennbar. Folglich habe der Beklagte den Feststellungsbescheid vom 07.12.1990 in rechtmäßiger Weise aufgehoben. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Gesamt-GdB von mindestens 50. Denn es fehle bereits an einem entsprechenden notwendigen Inlandsbezug für die begehrte Feststellung. Anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 SGB IX. Denn der Kläger habe weder seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs. Ob dem Kläger hinsichtlich seiner geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen ein Gesamt-GdB von 50 zugestanden hätte, sei daher nicht mehr zu prüfen.
Gegen den ihm am 03.02.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.02.2014 beim SG Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid des Versorgungsamtes E. vom 07.12.1990 abzuändern und einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat auf den angefochtenen Bescheid sowie den Gerichtsbescheid des SG Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 24.03.2014 hat der Senat den Beklagten darauf hingewiesen, dass es bislang an einer Anhörung zur Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 fehlen dürfte und die Frage steuerrechtlicher Vorteile aufgrund der GdB-Feststellung weiterer Aufklärung bedürfe.
Mit Schreiben vom 31.03.2014 hat der Beklagte dem Kläger Gelegenheit gegeben, sich binnen vier Wochen zur Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 sowie dazu zu äußern, welche Vorteile er auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch die Ausstellung einer Bescheinigung zum Nachweis einer Behinderung erlangen könne.
Hierauf hat der Kläger mit Schreiben vom 15.04.2014 mitgeteilt, er habe das Schreiben des Beklagten nicht verstanden. Mit weiterem Schreiben vom 03.08.2014 hat der Kläger auf ein beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängiges Rentenverfahren (L 21 R 672/12) hingewiesen und eine fachärztliche Stellungnahme der Internistin Dr. F.-D., Deutsche Rentenversicherung B., vom 03.07.2014 vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Behördenakten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht (1) den Bescheid vom 07.12.1990 aufgehoben und (2) die Neufeststellung des GdB abgelehnt.
1.
Soweit der Beklagte mit Bescheid vom 21.02.2013 den Bescheid vom 07.12.1990 aufgehoben hat, ist der Bescheid formell rechtmäßig, insbesondere fehlt es nicht (mehr) an der nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderlichen Anhörung des Klägers. Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist danach diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Beklagte hatte zunächst nicht vor Erlass des Bescheides vom 21.02.2013 dem Kläger seine Absicht angezeigt, den Bescheid vom 07.12.1990 aufheben zu wollen. Er hat vielmehr lediglich darauf hingewiesen, dass der Antrag vom 15.08.2012 abgelehnt würde, wenn der Kläger die zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendigen ergänzenden Angaben nicht machen würde. Hieraus konnte und musste der Kläger nicht ableiten, dass der Beklagte auch beabsichtigte, die bestandskräftige Feststellung des GdB von 40 aufzuheben. Der Mangel der vorherigen Anhörung kann jedoch nach § 41 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 3 SGB X grundsätzlich bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dadurch geheilt werden, dass die Anhörung nachgeholt wird. Dies ist vorliegend geschehen, da der Beklagte dem Kläger den relevanten Sachverhalt auch hinsichtlich der erfolgten Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 nochmals dargelegt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
Das LRA war gem. § 1 Abs. 1 Buchst. o) Auslandszuständigkeitsverordnung vom 28.05.1991 (BGBl. I S. 1204) örtlich zuständig für die getroffene Entscheidung. Denn der Kläger hat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in dem Teil P., der nach dem Stand vom 31.12.1937 zum Staatsgebiet des Deutschen Reiches gehört hat. Gem. §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 44 Abs. 3 SGB X entscheidet über die Aufhebung eines Bescheides nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde auch dann, wenn der aufzuhebende Verwaltungsakt - wie vorliegend - von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Die Aufhebung des Bescheides vom 07.12.1990 ist auch materiell rechtmäßig.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Durch den dauerhaften Wegzug des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland am 31.03.1994 und damit aus dem Geltungsbereich des SGB ist eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nach Erlass des Bescheides vom 07.12.1990 eingetreten, die zum Wegfall der rechtlichen Voraussetzungen für die Feststellung des GdB geführt haben.
Zum Zeitpunkt der Feststellung des GdB durch das Versorgungsamt Essen lebte der Kläger als Spätaussiedler in der Bundesrepublik Deutschland. Der Bescheid vom 07.12.1990 hatte seine Rechtsgrundlage in § 4 Schwerbehindertengesetz (SchwbG), der durch die ab 01.07.2001 geltende Nachfolgebestimmung des § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) abgelöst worden ist, ohne dass sich - zumindest im Hinblick auf den vorliegenden Streitgegenstand - hieraus inhaltliche Änderungen ergeben hätten (vgl. amtl. Begründung in BT-Drucks. 14/5074, S. 112 zu § 69). Da das SchwbG gemäß § 68 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983) als besonderer Teil des SGB gilt, ist für die Anwendung beider Gesetze im vorliegenden Fall § 30 SGB I maßgebend. Danach gelten die Vorschriften des SGB für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben (Territorialitätsprinzip). Da der Kläger die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1994 verlassen (vgl. seine Schreiben vom 08.03., 16.04., 26.08.2013 sowie Schreiben der Berufsgenossenschaft Metall Süd vom 29.06.2006) und seither seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. § 30 Abs. 3 SGB I) nicht mehr in Deutschland, sondern in P. hat, kann er sich grundsätzlich nicht (mehr) auf die Regelungen des SchwbG und SGB IX berufen. Soweit § 37 Satz 1 SGB I das Territorialprinzip dadurch einschränkt, dass er die Geltung des Ersten und Zehnten Buchs für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs nur insoweit anordnet, als sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt, lässt sich hierauf vorliegend nicht der Fortbestand des Bescheides vom 07.12.1990 stützen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Ausnahmebestimmung in § 4 SchwbG, § 69 SGB IX zu dem in § 30 Abs. 1 SGB I verankerten Territorialitätsprinzip sich aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften etwas Abweichendes i. S. von § 37 Satz 1 SGB I ergeben kann (vgl. BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 6; BSG, Urteil vom 29.04.2010 - B 9 SB 1/10 R -, juris). Denn die Feststellung des GdB hat eine dienende Funktion, die erst dadurch Bedeutung gewinnt, dass sie als Statusfeststellung auch für Dritte verbindlich ist (vgl. BSG SozR 3870 § 3 Nr. 13; BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 3) und die Inanspruchnahme von sozialrechtlichen, steuerrechtlichen, arbeitsrechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und anderen Vorteilen ermöglicht. Das durch eine Feststellung nach § 4 SchwbG bzw. § 69 SGB IX gewährte subjektive soziale Recht berührt den Rechtskreis des Antragstellers also immer dann, wenn sich hieraus weitere Rechte im Inland ergeben können. Soweit es derartige rechtliche Vorteile gibt, die nicht an einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, sondern an einen andersartigen Inlandsbezug anknüpfen, erfordert es schon der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Einheit der Rechtsordnung, dass die betreffenden Personen eine Feststellung i. S. von § 4 SchwbG bzw. § 69 SGB X beanspruchen können (vgl. BSG, a. a. O.).
Der Kläger hat indes trotz wiederholter Nachfrage des Gerichts keinerlei Umstände vorgetragen, die erkennen ließen, dass sich aus der Feststellung des GdB von 40 für ihn Vergünstigungen ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein im Ausland wohnender Behinderter einen Feststellungsbescheid nach § 4 SchwbG bzw. § 69 SGB IX nur zur Ermöglichung konkreter inländischer Rechtsvorteile in Anspruch nehmen kann. Geht es nur um den Nachweis einer Behinderung gegenüber ausländischen Stellen, kann der behinderte Mensch auf die Möglichkeit entsprechender Feststellungen durch die für seinen Wohnort im Ausland zuständigen Stellen verwiesen werden. Ebenso wenig reicht insofern eine abstrakte, also rein theoretische Möglichkeit der Inanspruchnahme rechtlicher Vorteile im Inland aus (BSG, a. a. O.). Vielmehr lässt sich eine Durchbrechung des Territorialitätsprinzips (§ 30 Abs 1 iVm § 37 Satz 1 SGB I) nur rechtfertigen, wenn dem behinderten Menschen trotz seines ausländischen Wohnsitzes aus der Feststellung seines GdB in Deutschland konkrete Vorteile erwachsen können. Im Falle des Klägers, der selbst keine konkreten rechtlichen Vorteile aus der Feststellung des GdB von 40 benannt hat und bei dem auch von Amts wegen ein für die Feststellung seines GdB ausreichender Inlandsbezug nicht ohne weiteres ersichtlich ist, weil er sich dauerhaft außerhalb des Geltungsbereiches des SGB IX aufhält (anders in BSG, Urteil vom 29.04.2010, a. a. O.), ist eine Einschränkung des Territorialitätsprinzips nicht gerechtfertigt. Zu Recht hat das SG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass weder inländische steuerrechtliche noch unfallversicherungsrechtliche oder Vorteile auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Feststellung des GdB von 40 im Falle des Klägers verbunden sind. Dem widersprechende Angaben hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht gemacht. Für die Richtigkeit diese Annahme spricht darüber hinaus der Umstand, dass der Kläger auch eine nur kurzzeitige Einreise in die Bundesrepublik Deutschland kategorisch ablehnt und nicht die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises begehrt. Der Senat verweist daher zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG und sieht von einer nochmaligen Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch in Anwendung der seit 01.05.2010 in Kraft getretenen und seither auch in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 S. 1, ber. ABl. L 200 S. 1, 2007 ABl. L 204 S. 30) ergibt sich vorliegend nichts anderes, denn der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung erfasst lediglich Rechtsvorschriften aus den Zweigen der sozialen Sicherheit, die Leistungen bei Krankheit, Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft, Leistungen bei Invalidität, Leistungen bei Alter, Leistungen an Hinterbliebene, Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Sterbegeld, Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Vorruhestandsleistungen oder Familienleistungen betreffen. Nicht zum sachlichen Geltungsbereich der Verordnung gehörten indes Statusfest-stellungen nach dem SGB IX.
Da somit im Falle des Klägers aufgrund des hier einschlägigen Territorialprinzips mit dem Wegzug des Klägers aus dem Geltungsbereich des SchwbG bzw. SGB IX die Voraussetzungen für die Feststellung des GdB entfallen sind, war der Beklagte nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet (" ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben."), den Bescheid vom 07.12.1990 aufzuheben.
2.
Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte den Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB abgelehnt und das SG die hiergegen gerichtete, als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage allerdings zulässige, Klage abgewiesen hat. Ebenso wie dem Fortbestand des ursprünglichen Feststellungsbescheides steht der Neufeststellung des GdB mangels konkreter inländischer Rechtsvorteile der fehlende Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Klägers im Geltungsbereich des SGB nach § 30 Abs. 1 SGB I entgegen. Nicht berufen kann sich der Beklagte zur Ablehnung des Neufeststellungsantrages dagegen auf § 2 Abs. 2 SGB IX, wonach Menschen im Sinne des Teils 2 schwerbehindert sind, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. § 2 Abs. 2 SGB IX ist hier nicht einschlägig, da der Kläger nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, sondern die Neufeststellung des GdB beantragt hat und die Feststellung eines GdB nach § 69 SGB IX nicht mit der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gleichzusetzen ist (BSG SozR 3870 § 3 Nr. 13; BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 3).
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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