L 5 KR 3141/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 237/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3141/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 07.07.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Einsichtnahme in Verwaltungsakten der Beklagten.

Der 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 03.02.2014 erhob er zum Sozialgericht Reutlingen Klage. Die Beklagte habe ihm Einsicht in alle Verwaltungsakten zu gewähren, die den Zeitraum seit seiner Geburt vom 08.12.1969 bis 1989 betreffen. Er wolle den Nachweis mit diesen Unterlagen führen, dass er vor einem im Jahr 1989 erlittenen Arbeitsunfall völlig gesund war. Die Beklagte habe für die ihm entstandenen Rechtsnachteile aufzukommen, die ihm durch ihre Weigerung entstünden. Die Beklagte teilte mit, Verwaltungsakten aus dieser Zeit würden nicht mehr vorliegen. Lediglich die Versicherungszeiten des Klägers seien in der EDV gespeichert. Sie verwies auf die Aufbewahrungsfrist nach § 304 SGB V. Das Sozialgericht Reutlingen wies nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 04.06.2014 die Klage durch Gerichtsbescheid vom 07.07.2014 ab. Das Sozialgericht führt aus, die richtigerweise als allgemeine Leistungsklage anzusehende Klage sei zulässig. Die Kammer gehe zugunsten des Klägers davon aus, dass ein Bedürfnis des Klägers für eine Einsichtnahme in sämtliche Verwaltungsakten der Beklagten, die den Zeitraum seit seiner Geburt vom 08.12.1969 bis 1989 betreffen, nicht von vorneherein ausgeschlossen werden könne. Der Kläger habe vor, mit Unterlagen nachzuweisen, dass er vor einem Arbeitsunfall völlig gesund gewesen sei. Dies sei jedenfalls nicht von vorne herein völlig ausgeschlossen. Allerdings sei die zulässige Klage unbegründet. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von Einsicht in die Verwaltungsakten, die den Zeitraum seit der Geburt des Klägers bis zum Jahr 1989 betreffen, bestehe nicht. Ein solcher Anspruch scheitere daran, dass für diesen Zeitraum keine Verwaltungsakten der Beklagten mehr vorliegen. Dies habe die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.03.2014 gegenüber dem Gericht mitgeteilt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage bestünden für die Kammer nicht. Da eine Einsichtnahme in nicht vorhandene Verwaltungsakten von vorneherein ausscheide, habe die Klage bereits aus diesem Grund keinen Erfolg. Die Beklagte sei berechtigt, mit Ausnahme der Versicherungszeiten alle übrigen den hier streitigen Zeitraum betreffenden Verwaltungsakten zu vernichten. Die Verwaltungsakten enthielten mit Ausnahme der Versicherungszeiten insbesondere Angaben über Leistungsvoraussetzungen im Sinne des § 292 SGB V, die spätestens nach 10 Jahren gelöscht bzw. vernichtet werden dürfen. Es sei - entgegen der Auffassung des Klägers - rechtmäßig, dass diese Unterlagen aus dem mehr als 10 Jahre zurückliegenden Zeitraum vernichtet worden seien. Nach § 110a Abs. 1 SGB IV bewahre die Behörde Unterlagen, die für ihre öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit, insbesondere für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens oder für die Feststellung einer Leistung, erforderlich sind, nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Aufbewahrung auf. Nach § 110a Abs. 2 SGB IV könne die Behörde anstelle der schriftlichen Unterlagen diese als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen dauerhaften Datenträgem aufbewahren, soweit dies unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Aufbewahrung entspreche. Unterlagen, die für eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit einer Behörde nicht mehr erforderlich seien, könnten entsprechend § 110b Abs. 1 Satz 1 SGB IV u.a. nach § 110b Abs. 3 SGB IV zurückgegeben oder vernichtet werden. Hierzu bestimme § 110b Abs. 3 SGB IV, dass die übrigen Unterlagen im Sinne von Abs. 1 vernichtet würden, soweit kein Grund zu der Annahme bestehe, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. Für den Bereich der Verwaltungsakten der gesetzlichen Krankenkassen, zu denen die Beklagte gehöre, bestimme § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ausdrücklich, dass für das Löschen der für Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung u.a. bei Krankenkassen gespeicherten Sozialdaten § 84 Abs. 2 SGB X entsprechend mit der Maßgabe gelte, dass die Daten nach § 292 spätestens nach 10 Jahren zu löschen seien. Hierbei begönnen die Aufbewahrungsfristen mit dem Ende des Geschäftsjahres, in dem die Leistungen gewährt oder abgerechnet wurden. Nach § 292 SGB V habe die Krankenkasse Angaben über Leistungen, die zur Prüfung der Voraussetzungen späterer Leistungsgewährung erforderlich sind, aufzuzeichnen. Hierzu gehörten insbesondere Angaben zur Feststellung der Voraussetzungen von Leistungsansprüchen bei Krankenhausbehandlung, medizinischen Leistungen zur Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation sowie zur Feststellung der Voraussetzungen der Kostenerstattung und zur Leistung von Zuschüssen. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit seien auch die Diagnosen aufzuzeichnen. Dass die vom Kläger gewünschten Unterlagen bei der Beklagten nicht mehr vorhanden seien, entspreche damit dem für die Beklagte einschlägigen Recht. Ein Verweis des Klägers auf Aufbewahrungsfristen von Röntgenbildern bzw. ärztlichen Unterlagen in Krankenhäusern sei nicht einschlägig.

Gegen den am 11.07.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.07.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, er benötige diese Akteneinsicht. Die Akten hätten mikroverfilmt werden müssen. 30 Jahre seien noch nicht vergangen. Das Krankenhaus B., bei dem er wegen der Fraktur 1989 operiert worden sei, habe ihm mitgeteilt, dass die Unterlagen an den Kostenträger gegangen seien. Auf einem Durchgangsarztbericht stehe "an die Krankenkasse", folglich müsse die Beklagte auch im Besitz der Unterlagen sein. Weiter legte er ein Schreiben des Z. B. vom 07.07.2014 vor, worin ausgeführt wird, dass ihm Röntgenaufnahmen als CD von der ambulanten Untersuchung des Jahres 1989 übersendet würden. Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 07.07.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Einsicht in alle Verwaltungsakten zu gewähren, die den Zeitraum seit seiner Geburt vom 08.12.1969 bis 1989 betreffen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG Reutlingen für richtig.

Am 28.10.2014 hat ein nichtöffentlicher Erörterungstermin stattgefunden.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 07.11.2014 sein Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt. Die Zustimmung der Beklagten zu dieser Verfahrensweise ist mit Fax vom 05.11.2014 erfolgt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Akte des SG Reutlingen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht Reutlingen hat die Klage des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht in bereits gelöschte Akten zu Recht abgewiesen. Hierbei hat das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 07.07.2014 zutreffend ausgeführt, dass angefallene Sozialdaten im Sinne des § 292 SGB V durch die Beklagte gemäß § 304 Abs. 1 SGB V zu löschen waren. Eine Einsichtnahme des Klägers in - seit Jahren zu Recht nicht mehr vorhandene - Unterlagen kommt ersichtlich nicht in Betracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 07.07.2014 verwiesen, deren Ausführungen sich der Senat anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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