Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 15 R 333/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 92/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 2.11.2010 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten in beiden Rechtszügen einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Der am 00.00.1955 in Italien geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Er war nach Beendigung der Schulausbildung in Italien als Bauhelfer mit dem Transport von Steinen und der Reinigung von Baustellen befasst. Etwa ab dem 14. Lebensjahr verrichtete er nach seinen eigenen Angaben zusätzlich Mauer- sowie Verputzarbeiten und verlegte Fliesen. Wegen der Ausübung dieser Tätigkeiten wurden Versicherungszeiten nach italienischem Recht nicht zurückgelegt.
Nachdem der Kläger - nach seinen Angaben im Jahr 1971 oder 1972 - seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland genommen hatte, war er im Bundesgebiet zunächst für etwa drei Monate als Lkw-Fahrer beruflich tätig. Im Anschluss daran arbeitete er zunächst für die Dauer von etwa einem Monat in einer Gärtnerei und war danach als Bauhelfer im Ofenbau bei den früheren E-Werken AG tätig. In der Folgezeit absolvierte der Kläger in Italien den Militärdienst und reiste nach dessen Abschluss erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er in den Jahren von 1978 bis 1986 wiederum bei den E-Werken AG als Bauhelfer tätig war. In den Jahren 1986 und 1987 arbeitete der Kläger im Rahmen eines weiteren Beschäftigungsverhältnisses als Bauhelfer, wobei er nach eigener Schilderung mit der Durchführung von Ausbesserungsarbeiten im Innen- und Außenbereich (Auswechslung von Fliesen und Türrahmen, Verputzerarbeiten sowie Reinigungsarbeiten) betraut war. In der Zeit von 1988 bis Januar 1991 war der Kläger bei der Firma Bilfinger und Berger als Verputzer beschäftigt. Nach Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses war der Kläger von 16.3.1992 bis zum 24.11.1993 bei dem Stuck- und Putzgeschäft W, L tätig. Nach einer diesem Beschäftigungsverhältnis folgenden Phase der Beschäftigungslosigkeit übte der Kläger in der Zeit vom 18.11.2002 bis zum 17.11.2003 im Rahmen einer beschäftigungsfördernden Maßnahme bei der Stadt L eine Tätigkeit als Fahrradwächter aus.
Mit Bescheid vom 11.2.1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zunächst für die Zeit vom 1.10.1994 bis zum 31.12.1995, die sie mit Bescheid vom 28.2.1996 bis zum 31.10.1996 verlängerte. Einen über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Rentenanspruch lehnte sie mit Bescheid vom 3.1.1997 ab, da über den 31.10.1996 hinaus weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit bestanden habe. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25.11.1997).
Am 11.1.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf einen Anfang Dezember 2007 erlittenen Herzinfarkt.
Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin durch Dr. T, ärztliche Untersuchungsstelle L, untersuchen. In seinem ärztlichen Bericht vom 10.3.2008 diagnostizierte dieser eine mehrfach behandelte arteriosklerotische Herzkrankheit mit Verengung von Herzmuskelschlagadern, einen wiederkehrenden Reizzustand der Lendenwirbelsäule mit gleichzeitiger Einschränkung der Rumpfbeugung, eine anamnetisch beschriebene Anpassungsstörung, den Verlust des rechten Zeigefingers 1983 sowie ein behandeltes Bluthochdruckleiden. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung gelangte Dr. T zu der Einschätzung, dass der Kläger infolge der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen nur noch körperlich leichte bis kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten ausüben könne. Ausgeschlossen seien häufig wechselnde Arbeitszeiten, Tätigkeiten, die mit einer erhöhten Unfallgefahr einhergingen, sowie Arbeiten, die besondere Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen stellten. Zudem könne der Kläger Tätigkeiten, die mit einem Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten verbunden seien, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Schließlich entsprächen in Nachtschicht ausgeübte Tätigkeiten und solche, die mit einer Absturzgefahr verbunden seien, nicht mehr dem Leistungsvermögen des Klägers. Diesem Leistungsbild entsprechende Tätigkeiten könne der Kläger in wechselnder Körperhaltung bei überwiegendem Sitzen, zeitweisem Gehen und zeitweisem Stehen in einem zeitlichen Umfang von regelmäßig sechs Stunden und mehr täglich verrichteten.
Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8.4.2008 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger sei trotz seiner Gesundheitsstörungen in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem regelmäßigen zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18.4.2008 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, auch nach Wegfall der bis zum 31.10.1996 gewährten Rente an einer koronaren Herzerkrankung zu leiden. Diese Gesundheitsstörung habe im Juni 2007 und im November 2007 erneute Behandlungen im Klinikum L erfordert. Er leide zudem unter ständigen, fast täglich auftretenden Schwindelerscheinungen, deren Ursache bisher neurologisch nicht geklärt worden sei. Schließlich bestehe eine gedrückte Stimmungslage. Infolge der mit Angststörungen einhergehenden depressiven Erkrankung bestünden Einschränkungen hinsichtlich seiner psychischen Belastbarkeit und des Konzentrationsvermögens. Gerade das Zusammenwirken der körperlichen und psychischen Einschränkungen begründe die Annahme einer vollen Erwerbsminderung. Schließlich sei nach Einschätzung seiner Hausärztin die Wegefähigkeit erheblich eingeschränkt, weshalb er einen Arbeitsplatz nicht erreichen könne.
Die Beklagte zog sodann weitere Befund- und Behandlungsberichte bei. Die behandelnde Hausärztin Dr. E, L, attestierte in ihrem Befund- und Behandlungsbericht vom 20.6.2008 eine koronare Herzerkrankung, periphere arterielle Durchblutungsstörungen, ein Wirbelsäulensyndrom sowie eine Hyperlipidämie. Infolge dieser Gesundheitsstörungen sei die schmerzfreie körperliche Belastungsgrenze auf 100 Watt limitiert. Zudem bestünden Rückenschmerzen beim Gehen und längerem Stehen. Die Wegefähigkeit sei auf 200 m eingeschränkt.
Nach Einholung beratungsärztlicher Stellungnahmen von Prof. Dr. M, Facharzt für Innere Medizin, Sozialmedizin (Stellungnahmen vom 7.7.2008 und 14.7.2008) sowie eines weiteren Befund- und Behandlungsberichts von Dr. T1, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, L, vom 21.10.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 als unbegründet zurück. Nach dem medizinischen Ermittlungsergebnis sei der Kläger noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken sowie unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Der Kläger könne auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die keine besonderen Fachkenntnisse voraussetzten und denen er gesundheitlich gewachsen sei. Er habe keinen Beruf erlernt und sei stets als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig gewesen. Unter Berücksichtigung seines individuellen Leistungsvermögens sei ihm dieser auch nicht verschlossen. Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer eingeschränkten Wegefähigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung sei die Wegefähigkeit erst in einem rentenversicherungsrechtlich relevanten Maß aufgehoben, wenn ein Versicherter weder eine Wegstrecke von 500 m zum Arbeitsplatz oder zur Haltestelle von öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen könne bzw. hierfür mehr als 20 Minuten benötige, noch über ein eigenes Fahrzeug und die entsprechende Fahrerlaubnis verfüge.
Mit der am 27.11.2008 zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein zunächst auf die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat er gemeint, einen besonderen Berufsschutz als Facharbeiter geltend machen zu können, da die bei dem Putz- und Stuckgeschäft W ausgeübte Tätigkeit ihrem Anforderungsprofil nach eine abgeschlossene Lehre erfordert habe. In diesem Beschäftigungsverhältnis habe er dieselben Tätigkeiten verrichtet wie ein ausgebildeter Stuckateur.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 2.11.2010 hat der Kläger die Klage zurückgenommen, soweit diese auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gerichtet war.
Der Kläger hat sodann noch beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008 zu verurteilen, ihm ab dem 1.2.2008 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
Das SG hat zur Feststellung der rentenversicherungsrechtlichen Wertigkeit der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten zunächst eine Arbeitgeberauskunft der Stadt L vom 30.1.2009 beigezogen. Danach umfasste die in der Zeit vom 18.11.2002 bis zum 17.11.2003 im Rahmen einer beschäftigungsfördernden Maßnahme ausgeübte Tätigkeit als Fahrradwächter die Bewachung von Fahrrädern an L Schulen sowie die Durchführung kleiner Reparaturarbeiten. Die Übernahme dieser Arbeiten habe keine Lehre oder Anlernzeit vorausgesetzt. Eine ungelernte Kraft habe für diese Tätigkeit eine Anlernzeit von maximal zwei Wochen benötigt. Zudem hat das SG eine in einem früheren sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Arbeitgeberauskunft des Zeugen W vom 17.3.1998 beigezogen und zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits gemacht. Zudem hat das SG zur Frage des qualitativen Wertes der Tätigkeit des Klägers Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des früheren Arbeitgebers W. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Arbeitgeberauskunft vom 17.3.1998 sowie die Sitzungsniederschrift vom 6.4.2010 Bezug genommen.
Das SG hat zudem zur Frage des Leistungsvermögens des Klägers zunächst Beweis erhoben durch Beiziehung von Befund- und Behandlungsberichten der behandelnden Ärzte und sodann Sachverständigengutachten auf internistischem, neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet eingeholt.
Der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. S, O, gelangte in seinem aufgrund ambulanter Untersuchung vom 15.9.2010 erstatteten nervenfachärztlichen Gutachten zu der Feststellung, dass der Kläger unter einer motorisch-sensiblen Polyneuropathie sowie einer komplexen Angsterkrankung leide. Der Sachverständige kam zu der Einschätzung, dass der Kläger noch in der Lage sei, trotz im Einzelnen benannter qualitativer Leistungseinbußen in einem regelmäßig vollschichtigen Umfang erwerbstätig zu sein. Er sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten in einer wechselnden Körperhaltung von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten, wobei der sitzende Anteil überwiegen sollte. Diese Tätigkeiten seien in geschlossenen Räumen auszuüben, Tätigkeiten im Freien seien nur unter Gewährleistung von Witterungsschutz möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens vom 20.9.2010 Bezug genommen.
Dr. I, Facharzt für Orthopädie, O, stellte in seinem aufgrund ambulanter Untersuchung vom 25.6.2010 erstatteten Gutachten vom 28.6.2010 folgende Gesundheitsstörungen fest:
- rezidivierende Lumboischialgien bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, Bandscheibenvorwölbungen, Spinalkanalstenose, Foramenstenose, klinisch keine Wurzelreizsymptomatik,
- Fehlstatik der Brustwirbelsäule mit deutlich verstärkter Kyphose und rechtskonvexer Torsionsskoliose und Ausbildung eines Rippenbuckels,
- rezidivierende Cervicobrachialgien, ausgeprägte degenerative Veränderungen im Bereich der HWS im unteren Drittel mit Spinalkanalstenose ohne klinische Wurzelreizsymptomatik,
- Zustand nach Beugesehnenverletzung und Naht im Bereich des rechten Unterarmes mit endgradiger Einschränkung der Beugefähigkeit im Bereich des 3. und 4. Strahles rechts und endgradigem aktivem Streckdefizit; Zustand nach Amputation des Endgliedes des 2. Strahles rechtsseitig,
- Knick-, Senk-, Spreizfußdeformität, Hallux valgus-Deformität, Krallenstellung des 2. bis 5. Zehs jeweils beidseits,
- Krampfaderleiden.
Der Kläger könne wegen dieser Gesundheitsstörungen nur noch körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Diese Arbeiten könne er in geschlossenen Räumen bzw. im Freien unter Witterungsschutz ausüben. Arbeiten mit häufigem Bücken, in Zwangshaltungen sowie unter Witterungseinwirkung, insbesondere unter Kälteexpositionen, seien nur eingeschränkt zumutbar. Unter Berücksichtigung dieses qualitativen Leistungsbildes könne der Kläger in einem regelmäßig vollschichtigen Umfang ohne betriebsunübliche Pausen erwerbstätig sein.
Der auf internistischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. P, O, diagnostizierte in seinem aufgrund ambulanter Untersuchung vom 20.5.2010 erstatteten Gutachten vom 24.9.2010 eine koronare Herzerkrankung mit Bypass-Versorgung, Gefäßerweiterungseingriff mit Stent-Implantation, eine Bluthochdruckerkrankung, eine arterielle Verschlusskrankheit, eine Fettstoffwechselstörung sowie eine motorisch sensible Polyneuropathie. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung gelangte Dr. P unter Einbeziehung der auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen zu der Feststellung, dass der Kläger nur noch körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten ausüben könne. Diese Arbeiten sollten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen und im Freien unter Gewährleistung von Witterungsschutz ausgeübt werden. Arbeiten, die mit einem häufigen Bücken verbunden seien oder in Zwangshaltungen ausgeübt würden, sowie Arbeiten unter Witterungseinwirkung, insbesondere unter Kälteexposition, seien nur eingeschränkt zumutbar. Diesem Leistungsbild entsprechende Tätigkeiten könne der Kläger noch vollschichtig ohne Gewährung betriebsunüblicher Pausen verrichten. Eine Tätigkeit als "Verputzer" könne der Kläger hingegen lediglich in einem zeitlichen Umfang von bis zu vier Stunden täglich ausüben. Aufgrund der Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule im Sinne von degenerativen und anlagebedingten Veränderungen (Skoliose, Hyperkyphose) seien die in diesem Berufsbild anfallenden körperlich schweren Tätigkeiten nur noch in diesem eingeschränkten zeitlichen Rahmen möglich.
Wegen der Spinalkanalstenose und der degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule bestünden Einschränkungen bei einem Zurücklegen des Weges von und zur Arbeitsstelle. Die degenerativen Veränderungen seien jedoch nicht derart stark ausgeprägt, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Wegstrecke bestehe. Er - der Kläger - benötige für eine einfache Wegstrecke von 500 m weniger als 20 Minuten. Er sei auch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Mit Urteil vom 2.11.2010 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1.2.2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren. Der Kläger sei berufsunfähig. Als Hauptberuf sei der Facharbeiterberuf eines Stuckateurs zugrunde zu legen, den der Kläger in der Zeit vom 16.3.1992 bis 24.11.1993 ausgeübt habe. Diesem Hauptberuf sei der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen, da dieses Berufsbild nach den Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit ("berufenet") eine uneingeschränkte körperliche Belastbarkeit bis zur Fähigkeit zum schweren Heben und Tragen voraussetze. Ebenso wenig existiere für den Kläger als Facharbeiter eine sozial zumutbare Verweisungstätigkeit, deren Anforderungen er mit seinem eingeschränkten Leistungsvermögen noch genügen könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 7.1.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 2.2.2011 schriftlich Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG ergebe sich aus der Vernehmung des früheren Arbeitgebers des Klägers nicht, dass der Kläger ein gelernter Stuckateur sei oder sich zumindest alle theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten eines solchen angeeignet habe, die es ihm ermöglicht hätten, in allen Bereichen dieses Berufes eine Arbeit zu erbringen, die der eines gelernten Facharbeiters entspreche. So habe der Zeuge W bekundet, der Kläger sei als Verputzer beschäftigt gewesen, nicht jedoch als Stuckateur. Er habe "beim Verputzen" gleichwertige Arbeit wie ein gelernter Stuckateur geleistet. "Eigentliche Stuckateurarbeiten" hätten hingegen nur der Zeuge und zwei, drei andere besonders hoch qualifizierte Stuckateure verrichtet. Der Kläger habe mithin nur in einem Teilbereich des Berufsbildes eines Stuckateurs, nämlich in dem des Verputzens, die Arbeit eines Stuckateurs wie ein gelernter Arbeiter beherrscht. Etwa das Anfertigen von Deckenornamenten sei dem Betriebsinhaber und Meister selbst sowie anderen Stuckateuren vorbehalten gewesen. Als "Verputzer" genieße der Kläger nicht die Eigenschaft eines Facharbeiters. Dies folge aus den einschlägigen Tarifverträgen.
Der Kläger, der keinen Bauberuf erlernt habe, habe diese Tätigkeit auch nicht als Teilbereich einer Facharbeitertätigkeit (z.B. als Maurer) verrichtet. Dadurch, dass der Betriebsinhaber mit Blick darauf, dass die überwiegende Arbeit aus Verputzen bestanden habe, keinen großen Unterschied zwischen Verputzern und Stuckateuren gemacht habe und beide Gruppen gleich entlohnt habe, werde die Qualifikation eines Facharbeiters nicht begründet. Soweit der Arbeitgeber beide Personengruppen derselben Lohngruppe zugeordnet habe, müssten hierfür betriebliche Gründe ausschlaggebend gewesen sein, so der Gesichtspunkt, für gute Arbeit gutes Geld zu leisten und bewährte Kräfte behalten zu wollen.
Die Einstufung in die Lohngruppe der Facharbeiter sei zwar ein Indiz für die qualitative Bewertung einer Tätigkeit, dieses Indiz sei jedoch widerlegbar. Nachdem der Kläger trotz bester Arbeit in einem Teilbereich des Stuckateurberufs nicht vollumfänglich den fachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten entsprochen habe, habe ihm die Entlohnung als gelernter Stuckateur objektiv nicht zugestanden. Vor diesem Hintergrund könne der Kläger auf an- und sogar ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, soweit sich diese von einfachsten Arbeiten unterscheide. So könne der Kläger etwa zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte, die er aus gesundheitlichen Gründen noch ausüben könne, verwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 2.11.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Beklagte reduziere das erstinstanzlich gewonnene Beweisergebnis unzulässig auf einzelne Elemente der Vernehmung des Zeugen W, würdige jedoch dessen Aussage nicht in der Gesamtheit. So habe der Zeuge auch bekundet, dass die Arbeiten des Klägers immer zufriedenstellend erledigt worden seien. Von der Tätigkeit als Verputzer sei es kein großer Sprung zum Stuckateur gewesen. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass in der heutigen Berufstätigkeit Arbeiten als Verputzer gegenüber solchen eines Stuckateurs deutlich überwögen. Typische Stuckarbeiten fielen heute weniger häufig an. Abzustellen sei daher auf die typische alltägliche Arbeit. Bei dieser seien die Tätigkeiten des Klägers gleichwertig mit den Arbeiten eines gelernten Stuckateurs.
Der Senat hat zur Feststellung der Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens von Herrn K, Obermeister der Stuckateur-Innung E. Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.7.2011, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgeführt, der Kläger habe aufgrund seiner Tätigkeiten in Italien, wo er an verschiedenen Baustellen mitgearbeitet habe, auf denen Stuckarbeiten ausgeführt worden seien, durch Aneignung von verschiedenen Einzelfähigkeiten Kenntnisse im Sanieren von Stuckarbeiten erworben. Er verfüge nicht über alle Kenntnisse und Fertigkeiten eines ausgebildeten Stuckateurs mit mehrjähriger Berufsausbildung, da er nur in Teilbereichen der Stuckateurtätigkeit in Italien tätig gewesen sei. So habe er in Italien etwa keine neuen Stuckwerkstücke gefertigt bzw. hergestellt. Der Kläger sei (dennoch) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegenüber Stuckateuren mit dreijähriger Ausbildung wettbewerbsfähig, da der Beruf des Stuckateurs verschiedene Berufsfelder beinhalte, namentlich das Berufsfeld "Stuckarbeiten", das Berufsfeld "Verputzarbeiten Innen und Außen" sowie das Berufsfeld "Trockenbauarbeiten". Der Einsatz der überwiegenden Stuckateurunternehmen im Bereich der reinen Stuckarbeiten sei mit etwa 5 % relativ gering. Der größte Umsatz werde in den Berufsfeldern "Verputzarbeiten" und "Trockenbauarbeiten" erzielt. Diese Berufsfelder habe der Kläger durchlaufen, und er habe in diesen Bereichen entsprechend eingesetzt werden können. Der Kläger sei nach seinem körperlichen Leistungsvermögen nicht mehr in der Lage, den Beruf des Stuckateurs auszuüben. Dem stehe das limitierte Vermögen zum Heben und Tragen von Lasten entgegen. Zudem erfordere der Beruf das Begehen von Gerüsten, Leitern usw. Die Ausübung einer sitzenden Tätigkeit sei im Stuckateurberuf nicht möglich.
Am 19.6.2013 hat der Senat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls Bezug genommen. Sodann hat der Senat zur Feststellung des körperlichen Leistungsvermögens des Klägers zunächst weitere Befund- und Behandlungsberichte der behandelnden Ärzte beigezogen, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird.
Dr. E hat in ihrem Befund- und Behandlungsbericht vom 11.7.2013 ausgeführt, dass sich seit Oktober 2010 insbesondere der orthopädische Befund verschlechtert habe. Nunmehr lägen hochgradige Veränderungen im Bereich der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule vor. Demgegenüber erweise sich die Herzerkrankung des Klägers als stabil. Die Angsterkrankung sei labil und zeitweise trotz Medikation stark beeinträchtigend.
Der Facharzt für Orthopädie Dr. C, L, sah sich in seinem Befund- und Behandlungsbericht vom 20.7.2013 außerstande, eine Einschätzung zu einer etwaigen Verschlimmerung treffen zu können; der Kläger sei in den letzten vier Jahren lediglich dreimal vorstellig geworden.
Anschließend hat das Gericht zur Frage des Leistungsvermögens des Klägers Beweis erhoben durch Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten auf internistischem, orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
Dr. L, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, S, hat in seinem Gutachten vom 17.2.2014 als Gesundheitsstörung eine Polyneuropathie mit demyelinisierendem Schädigungstyp der unteren Extremitäten ohne Lähmungserscheinungen, ohne klinische Zeichen einer Hinterstrangataxie und ohne der Polyneuropathie zuzuordnende Schmerzen diagnostiziert. Zudem bestehe ein Wirbelsäulenschmerzsyndrom ohne neurologische Ausfallerscheinungen sowie eine gering ausgeprägte depressive Störung (Dysthymie). Die von dem Kläger vorgetragenen Ängste seien indessen in dem angegebenen Maße nicht nachvollziehbar. Dessen psychische Störungen seien sehr geringer Ausprägung und durch zumutbare Willensanstrengung überwindbar. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung hat der Sachverständige aus neurologisch-psychiatrischer Sicht ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten attestiert. Der Kläger sei noch in der Lage, Lasten von 5 bis 10 kg zu heben und zu tragen. Diese Tätigkeiten könne er im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichten. Ganz überwiegend kniende und hockende Tätigkeiten seien nicht mehr möglich; gegen eine gelegentliche Einnahme dieser Körperhaltung spreche aus nervenärztlicher Sicht hingegen nichts. Überkopf- und Überschulterarbeiten seien wegen der Wirbelsäulenbeschwerden nicht mehr zumutbar. Entsprechendes gelte für Arbeiten in Zwangshaltungen. Auch für Gerüst- und Leiterarbeiten sei der Kläger wegen der Wirbelsäulenschädigungen nicht mehr einsetzbar. Zu einem Treppensteigen sei der Kläger in der Lage; ebenso könne er bisweilen eine Regalleiter besteigen. Die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sei aufgrund der Unterarmverletzung geringgradig eingeschränkt, wobei er EDV-Tastaturen noch bedienen könne. Eine wesentliche Einschränkung der Feinmotorik der rechten Hand sei nicht feststellbar; ebenso wenig eine Einschränkung der groben Kraftentfaltung. Der Kläger könne noch Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz verrichten, wobei allerdings wegen der Wirbelsäulenbeschwerden eine extreme Kälte- oder Hitzeeinwirkung auszuschließen sei. Arbeiten mit sehr häufigem Publikumsverkehr seien ungünstig. Arbeiten, die mit einem gelegentlichen Publikumsverkehr einhergingen oder an laufenden Maschinen ausgeübt werden, seien ebenso zumutbar wie solche in Wechselschicht. Tätigkeiten in Nachtschicht seien wegen der Dystymie nicht möglich. Gleiches gelte für Tätigkeiten, die mit einer vermehrten Stressbelastung einhergingen. Eine Einschränkung des Seh- und Hörvermögens sei nicht feststellbar. Tätigkeiten, die diesem Leistungsbild entsprächen, könne der Kläger noch vollschichtig ausüben. Zur Verwertung des ihm verbliebenen Leistungsvermögens sei der Kläger auch nicht auf die Inanspruchnahme betriebsunüblicher Pausen angewiesen. Diesem quantitativen und qualitativen Leistungsbild entsprechende Tätigkeiten könne er noch regelmäßig an fünf Tagen pro Woche ausüben. Der Kläger sei auch in der Lage, in zumindest sechsstündigem Umfang arbeitstäglich als Pförtner tätig zu sein oder Tätigkeiten als Versandfertigmacher auszuüben.
Der auf orthopädischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. C, Facharzt für Orthopädie, S, hat in seinem Gutachten vom 30.12.2013 eine Lumbalgie bei Fehlhaltung, Verschleiß und Bandscheibenschäden, ein Cervikalsyndrom bei Verschleiß und Bandscheibenschäden, ein Thorakalsyndrom bei Fehlhaltung und Verschleiß, einen Teilverlust des rechten Zeigefingers sowie eine verheilte Beugesehnenverletzung des rechten Unterarms, eine Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes sowie Knick-Senkfüße beidseits festgestellt. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung hat der Sachverständige ausgeführt: Der Kläger sei noch in der Lage, ständig körperlich leichte Arbeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von sechs bis acht kg auszuüben. Diese Arbeiten seien im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten, wobei jede dieser Haltungsarten mindestens in einem zeitlichen Umfang von 51 % der Arbeitszeit eingenommen werden könne. Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken sein nicht mehr zumutbar. Gleiches gelte aufgrund des Funktionsdefizits der rechten Schulter für Überkopf- und Überschulterarbeiten sowie für Arbeiten in Zwangshaltungen und für Tätigkeiten auf Gerüsten und Leitern. Das Besteigen von Treppen sei dem Kläger gesundheitlich zumutbar. Die Sehnenverletzung am rechten Unterarm und der Teilverlust des rechten Zeigefingers bewirkten nur unerhebliche Funktionsdefizite, weshalb die Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht beeinträchtigt sei. Der Kläger könne daher auch (EDV-) Tastaturen bedienen. Tätigkeiten im Freien seien zu vermeiden, ebenso Einwirkung von Kälte, Temperaturschwankungen, Nässe und Zugluft. Ebenso könne der Kläger Arbeiten an laufenden Maschinen nicht mehr verrichten. Arbeiten mit zeitlichen Anforderungen im Sinne einer Notwendigkeit, festgelegte Termine einzuhalten, seien zumutbar. Tätigkeiten unter Zeitdruck, wie z.B. Akkord- und Fließbandarbeiten, seien nicht mehr möglich. Wegen der erheblichen Einschränkungen des qualitativen Leistungsvermögens sei eine darüber hinausgehende Limitierung des quantitativen Leistungsvermögens nicht zu begründen. Vielmehr sei der Kläger unter Berücksichtigung seines individuellen Leistungsbildes zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit fähig. Diese Tätigkeiten könne der Kläger unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten, es seien auch zusätzliche Pausen nicht notwendig.
Der auf internistischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. M, Oberarzt am N-Hospital C, ist in seinem Gutachten vom 20.2.2014 unter Einbeziehung der Ergebnisse der orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Begutachtungen zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen gelangt:
- Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bei koronarer Herzerkrankung mit Zustand nach mehrfachen Ballondilatationen und Stentimplantation sowie Bypassoperation,
- arterielle Hypertonie (medikamentös ausreichend behandelt),
- periphere arterielle Verschlusserkrankung beider Beine, rechts mehr als links im Stadium IIb nach Fontaine,
- Lumbalgie bei Fehlhaltung, Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Cervikalsyndrom bei Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Thorakalsyndrom bei Fehlhaltung und Verschleiß,
- Polyneuropathie vom demyelinisierenden Schädigungstyp der unteren Extremitäten,
- Dysthymie (gering ausgeprägte depressive Störung),
- Teilverlust des rechten Zeigefingers, verheilte Beugesehnenverletzung des rechten Unterarms,
- Funktionsstörung des rechten Schultergelenks,
- Knick-Senkfuß beidseits
- Tinnitus beidseits.
In der zusammenfassenden sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung hat der Sachverständige festgestellt: Der Kläger könne ständig körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten bis zu sechs bis acht kg ausüben. Diese Tätigkeiten seien in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen möglich, wobei die Anteile einer sitzenden und stehenden Tätigkeit jeweils mindestens 51% umfassen müssten. Aufgrund der peripheren arteriellen Verschlusserkrankung sei der Anteil gehender Tätigkeiten auf ca. 20 % limitiert. Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken seien aufgrund der orthopädischen Erkrankungen nicht mehr möglich. Ebenso seien Tätigkeiten mit Überkopf- und Überschulterarbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen sowie auf Gerüsten und Leitern auszuschließen. Arbeiten, die mit dem Besteigen von Regalleitern oder Treppen verbunden seien, seien bis zu einer Etage möglich. Infolge der Sehnenverletzung des rechten Unterarms und der Teilamputation des rechten Zeigefingers seien geringfügige Funktionsdefizite im Bereich der Hände verblieben, die die Gebrauchsfähigkeit der Hände jedoch nicht beeinträchtigten. Wesentliche Einschränkungen der Feinmotorik oder der Kraftentfaltung seien mithin nicht erkennbar, weshalb auch das Bedienen von Tastaturen (einschließlich EDV-Tastaturen) möglich sei. Die dem Kläger möglichen Tätigkeiten seien in geschlossenen und temperierten Räumen unter Vermeidung von Witterungseinflüssen und unter Vermeidung von Zugluft, Temperaturschwankungen, Nässe und Kälte auszuüben. Tätigkeiten, die mit einem häufigen Publikumsverkehr einhergingen, seien ungünstig; gelegentlicher Publikumsverkehr sei jedoch möglich. Arbeiten an laufenden Maschinen kämen, ebenso wie solche in Nachtschicht, nicht mehr in Betracht. Im Übrigen seien eine Tätigkeit in Wechselschicht sowie Arbeiten mit zeitlichen Anforderungen im Sinne der Notwendigkeit, festgelegte Termine einzuhalten, möglich. Tätigkeiten unter Zeitdruck (Akkordarbeit oder Fließbandarbeiten) entsprächen nicht mehr dem körperlichen Leistungsprofil des Klägers.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat den Sachverständigen auf berufskundlichem Fachgebiet K zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens persönlich angehört. Wegen der Ergebnisse wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 18.6.2014 Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 2.11.2010 ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 8.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Denn er ist nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann (§ 240 Abs. 2 Satz 2 und Satz 4 SGB VI).
Der Kläger kann zwar seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben (hierzu nachfolgend 1.); er kann jedoch unter Zugrundelegung seines ihm verbliebenen Leistungsvermögens auf eine nach § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sozial und objektiv zumutbare Verweisungstätigkeit verwiesen werden (hierzu nachfolgend 2.).
1. Der Kläger kann seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben.
a. Ausgangspunkt der Feststellung des Vorliegens des Versicherungsfalls der Berufsunfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat (BSG, Urteil v. 20.7.2005, B 13 RJ 29/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr. 4; BSG, Urteil v. 26.4.2005, B 5 RJ 27/04 R - SGb 2005, 337). Darunter ist grundsätzlich die versicherungspflichtige Tätigkeit zu verstehen, die der Versicherte auf Dauer, d.h. mit dem Ziel, diese bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit durchzuführen, ausgeübt hat (BSG, Urteil v. 20.7.2005, a.a.O.). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn sie die qualitativ höchste ist (BSG, Urteil v. 20.7.2005, a.a.O.).
Die von dem Kläger zuletzt in der Zeit vom 18.11.2002 bis zum 17.11.2003 ausgeübte Tätigkeit bei der Stadt L als Fahrradwächter ist nach diesen Grundsätzen nicht als "bisheriger Beruf" zugrunde zu legen. Diese Tätigkeit hat der Kläger erkennbar nicht auf Dauer zur Schaffung und Erhaltung seiner Lebensgrundlage mit dem Ziel verrichtet, sie bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze oder bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit auszuüben. Vielmehr hat sie ausweislich der erstinstanzlich eingeholten Auskunft der Stadt L nur im Rahmen einer vorübergehenden beschäftigungsfördernden Maßnahme stattgefunden. Solche befristeten Beschäftigungen bewirken keine Lösung vom bisherigen Beruf, da bei solchen Maßnahmen in der Regel nicht davon auszugehen ist, dass sich der Versicherte allein durch die Aufnahme einer derartigen Tätigkeit seinem zuvor ausgeübten (qualitativ höherwertigen) Beruf nicht weiter nachgehen will und sich "endgültig" einer anderen Berufstätigkeit zuwendet (BSG, Urteil v. 30.10.1985, 4a RJ 53/84 = SozR 2200 § 1246 Nr. 130). Dass vorliegend eine andere Beurteilung geboten ist, hat auch die Beklagte nicht geltend gemacht und ist für den Senat nicht ersichtlich.
In dem - die Erwerbsbiographie des Klägers kennzeichnenden - bauwirtschaftlichen Bereich war der Kläger zuletzt in dem Zeitraum vom 16.3.1992 bis 24.11.1993 in dem Putz- und Stuckgeschäft W, L tätig. Nach eigenen Angaben war der Kläger dort als "Verputzer" tätig. Auch der Zeuge W hat anlässlich seiner Vernehmung am 6.4.2010 bekundet, den Kläger als "Verputzer" beschäftigt zu haben.
b. Diesen Hauptberuf kann der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme leidet der Kläger unter folgenden Gesundheitsstörungen, die seine Erwerbsfähigkeit mindern:
- Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bei koronarer Herzerkrankung mit Zustand nach mehrfachen Ballondilatationen und Stentimplantation sowie Bypassoperation,
- arterielle Hypertonie (medikamentös ausreichend behandelt),
- periphere arterielle Verschlusserkrankung beider Beine, rechts mehr als links im Stadium IIb nach Fontaine,
- Lumbalgie bei Fehlhaltung, Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Cervikalsyndrom bei Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Thorakalsyndrom bei Fehlhaltung und Verschleiß,
- Polyneuropathie vom demyelinisierenden Schädigungstyp der unteren Extremitäten,
- Dysthymie (gering ausgeprägte depressive Störung),
- Teilverlust des rechten Zeigefingers, verheilte Beugesehnenverletzung des rechten Unterarms,
- Funktionsstörung des rechten Schultergelenks,
- Knick-Senkfuß beidseits
- Tinnitus beidseits.
Diese Gesundheitsstörungen ergeben sich aus den Gutachten der im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen. Sie stimmen im Wesentlichen überein mit dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme im erstinstanzlichen Verfahren. Die Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie beruhen auf eingehenden persönlichen Untersuchungen des Klägers und umfassenden Auswertungen der aktenkundigen Befunde, weshalb sich der Senat die Feststellungen der Sachverständigen vollinhaltlich zu Eigen macht.
Nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren eingeholten und auch insoweit schlüssig und überzeugenden Sachverständigengutachten ist der Kläger nur noch in der Lage, ständig körperlich leichte Tätigkeiten mit einem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von sechs bis acht kg auszuüben. Diese Tätigkeiten kann er (nur) noch in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten, wobei die Anteile der sitzenden bzw. stehenden Körperhaltung jeweils mindestens 51% betragen dürfen. Infolge der peripheren arteriellen Verschlusserkrankung dürfen die Anteile der Tätigkeiten, die im Gehen ausgeübt werden, einen Umfang von 20% nicht überschreiten. Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken sind aufgrund der orthopädischen Gesundheitsstörungen nicht mehr möglich. Gleiches gilt für Tätigkeiten mit Überkopf- und Überschulterarbeiten sowie für Arbeiten, die die Einnahme von Zwangshaltungen erfordern oder auf Gerüsten und Leitern ausgeübt zu werden pflegen. Arbeiten, die das Besteigen von Regalleitern und ein Treppensteigen erfordern, sind bis zu einer ersten Etage möglich.
Unter Zugrundelegung dieses körperlichen Leistungsvermögens steht für den Senat außer Zweifel, dass der Kläger seinen bisherigen Beruf als "Verputzer" nicht mehr verrichten kann. Gegen ein solches körperliches Vermögen sprechen bereits das deutlich reduzierte Leistungsvermögen zum Heben und Tragen von Lasten sowie das Unvermögen des Klägers, Arbeiten auf Gerüsten und Leitern zu verrichten. Zudem ist der Kläger gesundheitsbedingt nicht mehr im Stande, Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken zu verrichten. Auch der Sachverständige K hat für den Senat insoweit überzeugend dargelegt, dass der Kläger aufgrund seiner Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage ist, den bisherigen Beruf des Verputzers auszuüben.
2. Trotz des hiernach bestehenden körperlichen Unvermögens zur Ausübung seines bisherigen Berufs ist der Kläger nicht i.S.d. § 240 Abs. 2 SGB VI berufsunfähig. Er kann nämlich auf eine objektiv und subjektiv zumutbare Verweisungstätigkeit verwiesen werden.
a. Ausgangspunkt zur Beurteilung der Frage, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs. Dieser muss nämlich der Verweisungstätigkeit angemessen entsprechen (BSG, Urteil v. 24.6.1980, 1 RJ 84/79 m.w.N.). Der Versicherte darf weder auf eine zu geringwertige Tätigkeit verwiesen, noch darf er in seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten überfordert werden (BSG, Urteil v. 24.6.1980, 1 RJ 84/79, m.w.N).
Zur Erleichterung dieser Beurteilung werden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen werden ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für den Beruf haben, gebildet (BSG, Urteil v. 29.3.1994, 13 RJ 35/93). Danach werden die Arbeiterberufe nach ihrer Leistungsqualität in hierarchisch geordnete Gruppen untergliedert, die durch Leitberufe beschrieben werden (BSG, Urteil v. 28.11.19885, 4a RJ 51/84 - BSGE 59, 201). Der unteren Gruppe mit dem Leitberuf der "ungelernten Arbeiter" werden einfache Tätigkeiten zugeordnet, die mit entsprechendem Leistungsvermögen von jedem verrichtet werden können und gehobene Tätigkeiten, die durch Einweisungs- oder Einarbeitungszeiten von nicht mehr als drei Monaten gekennzeichnet sind. Daneben hat sich die Gruppe der "angelernten Arbeiter" mit einer Ausbildung von mehr als drei Monaten bis zu zwei Jahren entwickelt, wobei das BSG innerhalb dieser Gruppe nochmals zwischen Versicherten im oberen Bereich der Angelernten und der unteren Gruppe der Angelernten differenziert. Dem folgt die Gruppe der "Facharbeiter", die einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei, regelmäßig drei Jahren ausüben. Schließlich werden von der Gruppe mit der höchsten Qualifikation "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" und "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" erfasst (vgl. BSG, Urteil v. 13.12.2000, B 5 RJ 28/99 R; BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 13 RJ 34/03 R; von Koch in: Kreikebohm, SGB VI, 3. Auflage 2008, § 240 Rn. 14 ff. jeweils m. w. N.).
Die Zuordnung eines bestimmten Berufs in dieses Stufenschema erfolgt nach Qualitätskriterien (BSG, Urteil v. 13.12.1984, 11 RA 72/83 - BSGE 57, 291). Die Qualitätsbestimmung erfolgt aus einer Mehrzahl von Faktoren, diese richten sich nach dem Wert der Arbeit für den Betrieb (Nazarek, in: jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 240 Rn. 64). Die Zuordnung stellt auf das Gesamtbild der Tätigkeit ab, allerdings nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte Wert der Arbeit für den Betrieb (BSG, Urteil v. 29.3.1994, 13 RJ 35/93). Hierbei ist - auch aufgrund der vom Gesetzgeber in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI beschriebenen Kriterien - auf das Gesamtbild der Tätigkeit "unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der Ausbildung" und der "besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit" abzustellen (Nazarek, a.a.O., Rn. 64).
Unbeschadet der fehlenden Ausschließlichkeit dieses Merkmals bleibt dennoch die Ausbildung wichtiges Kriterium für die Einstufung eines Berufs in das Mehrstufenschema. Ein Versicherter ist "a priori" Facharbeiter, wenn er mit Erfolg die erforderliche Ausbildung abgeschlossen hat. Liegt - wie im vorliegenden Fall - eine entsprechende Ausbildung allerdings nicht vor, muss die Gleichwertigkeit nachgewiesen werden. Hierbei rechtfertigt der Umstand, dass ein Versicherter über einen längeren Zeitraum hinweg die Tätigkeit eines Facharbeiters tatsächlich ausgeübt hat, für sich allein noch nicht eine derartige Einordnung des bisherigen Berufs. Hierfür ist vielmehr weitere Voraussetzung, dass dieser Beruf "vollwertig" ausgeübt worden ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der bisherige Beruf (tariflich) entsprechend einem Facharbeiterberuf entlohnt worden ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 55, S. 169; BSG, Urteil v. 24.4.1980, 1 RJ 62/79; BSG, Urteil v. 12.11.1980, 1 RJ 24/79). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die tarifliche Entlohnung ein relativ zuverlässiges Indiz für die Bemessung des qualitativen Wertes der entlohnten Tätigkeit ist. Dies gilt - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - indessen nicht ausnahmslos. Die tarifliche Einstufung einer Tätigkeit spiegelt nicht stets deren qualitativen Wert wider. Das gilt etwa dann, wenn sie nicht auf der betrieblichen Bedeutung der Tätigkeit beruht, sondern lediglich dem Ausgleich von mit ihr verbundenen Nachteilen oder Erschwernissen (z.B. Nacht-, Akkord-oder Schmutzarbeit) dient (vgl. BSGE 44, 10, 11 = SozR 2200 § 1246 Nr. 17 S. 52) oder aus sozialen Gründen wegen in der Person des Versicherten liegender Umstände (höheres Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Bewährungsaufstieg) vorgenommen wird (BSGE 44, 10, 12 = SozR 2200 § 1246 Nr. 17, S. 53; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 46, S. 139; BSGE 49, 34, 36 = SozR 2200 § 1246 Nr. 49, S. 148). Dasselbe gilt im Zusammenhang mit der Frage, ob trotz Fehlens der dafür an sich erforderlichen Ausbildung einschließlich Prüfung der Versicherte einen Facharbeiterberuf "vollwertig" ausgeübt hat. Insoweit ist erforderlich, dass abweichend vom "normalen" Ausbildungsweg erlangte berufliche Position tatsächlich in voller Breite derjenigen des vergleichbaren Versicherten bzw. Facharbeiters entspricht, der die üblichen Stadien der Entwicklung durchlaufen hat. Neben der gleichen tariflichen Einstufung und Entlohnung ist zu verlangen, dass der Versicherte nicht nur eine seinem individuellen Arbeitsplatz entsprechende Leistung erbringt, sondern auch über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt, welche in seiner Berufsgruppe gemeinhin erwartet werden (BSG, Urteil v. 12.11.1980, 1 RJ 24/79 = SozR 2200 § 1246 Nr. 68). In diesem Sinne muss eine "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe bestehen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 53, S. 163; BSG, Urteil v. 29.11.1979, 4 RJ 17/79; Urteil v. 23.4.1980, 4 RJ 29/79; BSG, Urteil v. 12.11.1980, 1 RJ 24/79).
Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger eine Einordnung in die Gruppe der Facharbeiter Kläger nicht bereits wegen einer tariflichen Entlohnung beanspruchen.
Soweit der Kläger im Rahmen des maßgeblichen Beschäftigungsverhältnisses bei dem Putz- und Stuckgeschäft W tatsächlich nach der Berufsgruppe IV des Anhangs des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) vergütet worden ist, beruht dies erkennbar auf einem Bewährungsaufstieg, der nach ständiger Rechtsprechung des BSG den qualitativen Wert der bisherigen, in die niedrigere Gruppe gehörende Tätigkeit nicht verändert (BSG, Urteil v. 26.5.1988, 5/5b RJ 26/87, juris). In diesem Fall ist der qualitative Wert der Tätigkeit vielmehr nach der niedrigeren Gruppe zu bestimmen, in die der Versicherte ohne den Bewährungsaufstieg regulär gehört (BSG, a.a.O.).
Hiernach ist im Fall des Klägers für die Bestimmung des qualitativen Wertes seines bisherigen Berufs die Berufsgruppe IV/4 des BRTV-Bau maßgeblich, die allerdings nach der Rechtsprechung des BSG nicht die Einordnung in die Gruppe der Facharbeiter i.S.d. Mehrstufenschemas rechtfertigt, sondern die Zuordnung in die Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich begründet (BSG, Urteil v. 19.6.1997, 13 RJ 101/96, juris; BSG, Urteil v. 9.9.1986, 5b RJ 82/95 = SozR 2200 § 1246 Nr. 140; BSG, Urteil v. 11.11.1996, 4a RJ 85/85 und BSG, Urteil v. 14.9.1995, 5 RJ 10/95).
Die Berufsgruppe IV (gehobene Baufacharbeiter) erfasst nämlich tariflich Absolventen der zweiten Stufe der Stufenausbildung im ersten Jahr ihrer Tätigkeit (IV/1), Arbeitnehmer mit Abschlussprüfung in einem anerkannten Beruf außerhalb der baugewerblichen Stufenausbildung und diesen Gleichgestellten, z.B. Maurer, Betonbauer und Stahlbetonbauer, Zimmerer, Betriebshandwerker, Estrichleger und Straßenbauer (IV/2), Absolventen der ersten Stufe der Stufenausbildung nach zweijähriger Tätigkeit als Hochbau-, Tiefbau- oder Ausbaufacharbeiter (IV/3) sowie ferner Arbeitnehmer der Berufsgruppe V/2 nach dreijähriger Tätigkeit (IV/4). Von der Berufsgruppe V/2 erfasst sind Arbeitnehmer, die eine angelernte Spezialtätigkeit gemäß Berufsgruppe V/2 des Anhangs zum Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) ausüben, in den ersten drei Jahren dieser Tätigkeit. Als solche sind tariflich neben Baustellen-Magazinern, Betonstahlbiegern, -flechtern, Fertigteilbauern, Gleiswerkern, Rabitzern, Rammern, Rohrlegern, Schalungsbauern (Einschalern), Schwarzdeckenbauern, Betonstraßenwerkern, Terrassolegern, Wasser- und Landschaftsbauern ausdrücklich auch Putzer erfasst. Aus dieser Regelung folgt, dass die Tätigkeit eines Putzers - bei Außerachtlassung des Bewährungsaufstiegs in die Berufsgruppe IV/2 - qualitativ von der tarifvertraglichen Berufsgruppe V/2 abgebildet wird, die die Einordnung als Facharbeiter nicht rechtfertigt.
Jenseits der vorliegend nicht gegebenen tariflichen Einstufung entsprechend einem Facharbeiterberuf verfügt der Kläger auch nicht über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten, die in der Berufsgruppe der Facharbeiter gemeinhin erwartet werden. Von einer "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe ist nach Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mithin nicht auszugehen.
Bei dieser Beurteilung kommt es im Ausgangspunkt grundsätzlich auf die heutigen Berufsanforderungen und -verhältnisse an. Da aber für eine früher ausgeübte Tätigkeit nicht die förmliche Erfüllung von Qualifikationsmerkmalen verlangt werden kann, die sich für die Ausübung der gleichen Tätigkeit erst in späterer Zeit herausgebildet haben oder in spezifischen Rechtsvorschriften über den jeweiligen Ausbildungsweg und -umfang niedergelegt finden, ist stets - sofern nicht der Betreffende die neuen Voraussetzungen ohnehin erfüllt - ergänzend zu prüfen, welcher Berufsgruppe des Mehrstufenschemas nach gegenwärtigem Verständnis der Anspruchssteller mit seiner früheren Beschäftigung qualitativ gleichzustellen ist (BSG, Urteil v. 20.9.1988, 5/5b RJ 32/87; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 68, 94 [Kraftfahrer, der keine förmliche Ausbildung nach der Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung durchlaufen hatte]). Für die Zuordnung zur Gruppe mit dem bisherigen Beruf des Facharbeiters verlangt die Rechtsprechung des BSG allerdings in derartigen Fällen nicht nur die tarifliche Einstufung als Facharbeiter, sondern auch die "vollwertige" Ausübung des jeweiligen Fachberufs, was die einem ausgebildeten Facharbeiter entsprechenden praktischen Fertigkeiten und theoretischen Kenntnisse voraussetzt (BSG, Urteil v. 12.11.1980 SozR 2200 § 1246 Nr. 68 m.w.N.). Diese Anforderungen sind indes nicht zu überspannen; sie sind im Sinne einer erforderlichen "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe zu verstehen. Es entspricht nämlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass auch gelernte, ausgebildete Facharbeiter nach langjähriger Berufstätigkeit einen Teil, insbesondere ihres theoretischen Wissens verloren haben. Bei der Prüfung der Wettbewerbsfähigkeit kann deshalb von einem Facharbeiten ausführenden Versicherten ohne oder mit nur teilweiser Ausbildung nicht mehr verlangt werden, als von einem langjährig tätigen gelernten Facharbeiter in seiner Berufsgruppe im allgemeinen erwartet wird.
Die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten der - eine Einordnung in die Gruppe der Facharbeiter rechtfertigenden - Tätigkeit eines "Stuckateurs" waren bis zum 31.7.1999 normativ in der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft (Bauwirtschaftsausbildungsverordnung [BauAusbV]) geregelt.
Hiernach entsprach die Berufsausbildung im Bereich der industriellen Bauwirtschaft dem Modell einer Stufenausbildung und dauerte in den Ausbildungsberufen Hochbaufacharbeiter, Ausbaufacharbeiter und Tiefbaufacharbeiter 24 Monate (§§ 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Satz 1 BauAusbV), in den aufbauenden Ausbildungsberufen, zu denen nach § 1 Nr. 2 Buchst. b, 2. Fall BauAusbV auch der Stuckateur als Aufbauberuf zum Ausbaufacharbeiter gehörte, weitere zwölf Monate (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BauAusbV). Die Ausbildung in den Ausbildungsberufen nach der Handwerksordnung, nach der gleichfalls der Stuckateur als Ausbildungsberuf anerkannt war, betrug einheitlich 36 Monate (§§ 2, 3 Abs. 2 BauAusbV).
Gegenstand des Ausbildungsberufsbildes für den Stuckateur waren neben den in § 5 BauAusbV erforderten Ausbildungsinhalten der gemeinsamen Berufsausbildung in den Ausbildungsberufen Hochbaufacharbeiter, Ausbaufacharbeiter und Tiefbaufacharbeiter und die nach § 7 BauAusbV vorgesehenen Ausbildungsgegenstände der besonderen Berufsausbildung im Ausbildungsberuf Ausbaufacharbeiter. Nach diesem modularisierten Konzept wurden diese Ausbildungsinhalte bezogen auf den aufbauenden Ausbildungsberuf eines Stuckateurs (§ 17 BauAusbV) erweitert um die in der Anlage 9 zu den §§ 26 und 32 BauAusbV enthaltenen (aufbauenden) Ausbildungsinhalten. Aus diesen inhaltlichen Ausbildungsvorgaben ergibt sich demnach, dass sich die besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten eines Stuckateurs mit einer Ausbildungszeit von 36 Monaten von derjenigen eines Ausbaufacharbeiters mit einer 24 Monaten Ausbildungszeit durch die in der Anlage 9 erfassten Ausbildungsgegenstände abhebt. Hiernach käme die Annahme einer Wettbewerbsfähigkeit des Klägers mit einem Facharbeiter nur dann in Betracht, soweit dieser die Ausbildungsinhalte nach Maßgabe der Anlage 9 zu den §§ 26 und 32 BauAusbV in einem Maße vollwertig beherrscht hätte, wie dies von dieser Berufsgruppe gemeinhin erwartet wird. Dieses gilt unbeschadet der Erwägung, dass sich das Gewicht des zur Berufsaufnahme erforderlichen theoretischen Wissens während eines längeren Berufslebens im Vergleich und Verhältnis zu den durch praktische Berufserfahrung erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse relativieren kann und nicht mehr unbedingt "in voller Breite" des allgemeinen modernen Standes vorhanden sein muss.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist nach Überzeugung des Senates eine Vollwertigkeit mit einem Facharbeiter nicht anzunehmen. Der Kläger verfügt nicht über die besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten, die gerade von einem Stuckateur gemeinhin erwartet werden können. So erfüllt er etwa in dem Berufsfeld "Herstellen von Innen-, Außenputzen und Gips-Estrichen, Ausführen von Stuckarbeiten" (§ 17 Nr. 6 BauAusbV), zu dem das Ziehen und Versetzen von Profilen und Gesimsen mit Gehrungen und Verkröpfungen, das Herstellen von Stuckdekor, das Ausführen von Sgraffitoarbeiten sowie das Mischen, Aufbringen und Nachbehandeln von Gips-Estrichen gehört, über keine nennenswerten Kenntnisse und Fähigkeiten. Auch der Sachverständige K hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass der Kläger zwar über einen Teilbereich der Kenntnisse eines gelernten Stuckateurs verfügt; das Herstellen von Gesimsen innen und außen gehöre allerdings zu Fertigkeiten, über die er nicht verfüge, während ein gelernter Stuckateur diese Tätigkeitsfelder erlernt habe. Dieses deckt sich mit den Erklärungen des erstinstanzlich vernommenen Zeugen W, der bekundet hat, die eigentlichen Stuckarbeiten hätten nur er selbst und zwei, drei andere besonders hochqualifizierte Stuckateure entsprechend ihrer Befähigung verrichtet. Auch diese Aussage lässt aus Sicht des Senats nur den Schluss zu, dass der Kläger die Tätigkeit eines der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnenden Stuckateurs nicht vollwertig verrichten konnte, sondern (lediglich) die eines Verputzers. So ist auch zu erklären, weshalb der Zeuge W im Rahmen der Vernehmung vor dem SG ausdrücklich bekundet hat, der Kläger sei als Verputzer und nicht als Stuckateur angestellt gewesen.
In dieser qualitativen Wertigkeit seines bisherigen Berufs als Verputzer ist der Kläger der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen. Als solcher ist er nach dem Stufen- und Verweisungsschema des BSG grundsätzlich auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, soweit es sich nicht um allereinfachste Tätigkeiten oder Verrichtungen handelt, wobei eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nrn. 131, 143).
Als zumutbare Verweisungstätigkeit kommt vorliegend insbesondere die Tätigkeit als Warenprüfer/Versandfertigmacher in Betracht. Hierbei handelt es sich um leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten. Der Schwerpunkt der Beschäftigung liegt in der Industrie, überwiegend im produzierenden Gewerbe jedoch auch mit nennenswerten Anteilen im Dienstleistungsbereich, speziell im Handel. Hierbei werden in der Tätigkeitsgruppe "Warenprüfer" Tätigkeiten erfasst, die in den verschiedenen Bereichen als Sortierer, Prüfer, Kontrolleur, Durchseher bezeichnet werden. In der Berufsgruppe der "Warenaufmacher/ Versandfertigmacher" sind Tätigkeiten erfasst, die das Abwiegen, Abfüllen, Abpacken, Einpacken, Einwickeln, Messen, Zählen, Kennzeichnen, Schließen oder Fertigmachen von Artikeln, Waren oder Gegenständen zum Inhalt haben. Leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten sind darauf ausgerichtet, Waren für den Versand bzw. für den Verkauf aufzubessern, herzurichten, einzupacken oder zu kennzeichnen; diese Arbeiten werden ungelernten Arbeitnehmern übertragen und nichtausgebildeten Fachlageristen. Die hierbei anfallenden Einzelaufgaben (u.a. Bekleben Zurichten von Textilien, Kennzeichnen von Waren etc.) werden (soweit möglich) vollautomatisch oder teilautomatisiert verrichtet. Trotz aller Bemühungen, das Kennzeichnen, Ein- oder Verpacken möglichst maschinell abzuwickeln, verbleiben in nennenswerter Zahl Arbeitsverrichtungen, die mit Maschinen oder Anlagen nicht verrichtet werden können, sei es, weil zu geringe Stückzahlen ständiges Umrüsten bzw. Neueinrichten erfordern würden oder die zu verrichtenden einzelnen Arbeitsschritte von Maschinen oder Anlagen nicht wirtschaftlich durchgeführt werden können. Für Pack-, Sortier-, Prüf- oder Kontrollarbeiten der dargestellten Form sind keine bestimmten beruflichen Vorkenntnisse erforderlich; für diese Arbeiten wird am konkreten Arbeitsplatz in einfachster Form eingearbeitet. Diese Arbeiten belasten nicht über "leicht" hinaus und werden im Innenbereich ohne Witterung- oder sonstigen Umwelteinflüssen an Arbeitsflächen verrichtet (z.B. Langtische, Rundtische oder Werkbänke), die auf Sitz- oder Stehhöhe eingerichtet sind. Hier wird im Sitzen oder im Wechsel von Sitzen und Stehen gearbeitet. In Abständen ist ein Aufstehen und Umhergehen möglich und - je nach Arbeitseinsatz - auch vom Arbeitsablauf her erforderlich, so dass sich ein Wechsel der Körperhaltungen ergibt. Es handelt sich um einfache Routinearbeiten, die nicht mehr als geringe Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit stellen und in der Regel von ungelernten und nicht ausgebildeten Arbeitskräften verrichtet werden. Erhöhte Anforderungen in zeitlicher Hinsicht im Vergleich zur "Normalleistung" werden an diesen Arbeitsplätzen ebenfalls nicht gestellt, denn das Arbeitstempo wird nicht durch Maschinen oder Anlagen vorgegeben. Die Entlohnung errichtet sich nicht aus detailliert erfassten Arbeitsergebnissen.
Der Senat entnimmt diese Feststellungen den berufskundlichen Feststellungen des Sachverständigen Langhoff vom 29.8.2008 aus dem vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen L 3 RJ 207/05 geführten Rechtsstreit, das als Anlage zur Beweisanordnung vom 16.10.2013 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist. Mit dem ihm verbliebenen und oben beschriebenen Leistungsvermögen ist der Kläger noch in der Lage, diese Tätigkeiten und Arbeiten auszuüben, was die Sachverständigen auch übereinstimmend bestätigt haben. Bedenken gegen die erforderliche Umstellungsfähigkeit des Klägers auf diese Tätigkeit innerhalb von drei Monaten bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gem. § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Der am 00.00.1955 in Italien geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Er war nach Beendigung der Schulausbildung in Italien als Bauhelfer mit dem Transport von Steinen und der Reinigung von Baustellen befasst. Etwa ab dem 14. Lebensjahr verrichtete er nach seinen eigenen Angaben zusätzlich Mauer- sowie Verputzarbeiten und verlegte Fliesen. Wegen der Ausübung dieser Tätigkeiten wurden Versicherungszeiten nach italienischem Recht nicht zurückgelegt.
Nachdem der Kläger - nach seinen Angaben im Jahr 1971 oder 1972 - seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland genommen hatte, war er im Bundesgebiet zunächst für etwa drei Monate als Lkw-Fahrer beruflich tätig. Im Anschluss daran arbeitete er zunächst für die Dauer von etwa einem Monat in einer Gärtnerei und war danach als Bauhelfer im Ofenbau bei den früheren E-Werken AG tätig. In der Folgezeit absolvierte der Kläger in Italien den Militärdienst und reiste nach dessen Abschluss erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er in den Jahren von 1978 bis 1986 wiederum bei den E-Werken AG als Bauhelfer tätig war. In den Jahren 1986 und 1987 arbeitete der Kläger im Rahmen eines weiteren Beschäftigungsverhältnisses als Bauhelfer, wobei er nach eigener Schilderung mit der Durchführung von Ausbesserungsarbeiten im Innen- und Außenbereich (Auswechslung von Fliesen und Türrahmen, Verputzerarbeiten sowie Reinigungsarbeiten) betraut war. In der Zeit von 1988 bis Januar 1991 war der Kläger bei der Firma Bilfinger und Berger als Verputzer beschäftigt. Nach Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses war der Kläger von 16.3.1992 bis zum 24.11.1993 bei dem Stuck- und Putzgeschäft W, L tätig. Nach einer diesem Beschäftigungsverhältnis folgenden Phase der Beschäftigungslosigkeit übte der Kläger in der Zeit vom 18.11.2002 bis zum 17.11.2003 im Rahmen einer beschäftigungsfördernden Maßnahme bei der Stadt L eine Tätigkeit als Fahrradwächter aus.
Mit Bescheid vom 11.2.1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zunächst für die Zeit vom 1.10.1994 bis zum 31.12.1995, die sie mit Bescheid vom 28.2.1996 bis zum 31.10.1996 verlängerte. Einen über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Rentenanspruch lehnte sie mit Bescheid vom 3.1.1997 ab, da über den 31.10.1996 hinaus weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit bestanden habe. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25.11.1997).
Am 11.1.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf einen Anfang Dezember 2007 erlittenen Herzinfarkt.
Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin durch Dr. T, ärztliche Untersuchungsstelle L, untersuchen. In seinem ärztlichen Bericht vom 10.3.2008 diagnostizierte dieser eine mehrfach behandelte arteriosklerotische Herzkrankheit mit Verengung von Herzmuskelschlagadern, einen wiederkehrenden Reizzustand der Lendenwirbelsäule mit gleichzeitiger Einschränkung der Rumpfbeugung, eine anamnetisch beschriebene Anpassungsstörung, den Verlust des rechten Zeigefingers 1983 sowie ein behandeltes Bluthochdruckleiden. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung gelangte Dr. T zu der Einschätzung, dass der Kläger infolge der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen nur noch körperlich leichte bis kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten ausüben könne. Ausgeschlossen seien häufig wechselnde Arbeitszeiten, Tätigkeiten, die mit einer erhöhten Unfallgefahr einhergingen, sowie Arbeiten, die besondere Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen stellten. Zudem könne der Kläger Tätigkeiten, die mit einem Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten verbunden seien, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Schließlich entsprächen in Nachtschicht ausgeübte Tätigkeiten und solche, die mit einer Absturzgefahr verbunden seien, nicht mehr dem Leistungsvermögen des Klägers. Diesem Leistungsbild entsprechende Tätigkeiten könne der Kläger in wechselnder Körperhaltung bei überwiegendem Sitzen, zeitweisem Gehen und zeitweisem Stehen in einem zeitlichen Umfang von regelmäßig sechs Stunden und mehr täglich verrichteten.
Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8.4.2008 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger sei trotz seiner Gesundheitsstörungen in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem regelmäßigen zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18.4.2008 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, auch nach Wegfall der bis zum 31.10.1996 gewährten Rente an einer koronaren Herzerkrankung zu leiden. Diese Gesundheitsstörung habe im Juni 2007 und im November 2007 erneute Behandlungen im Klinikum L erfordert. Er leide zudem unter ständigen, fast täglich auftretenden Schwindelerscheinungen, deren Ursache bisher neurologisch nicht geklärt worden sei. Schließlich bestehe eine gedrückte Stimmungslage. Infolge der mit Angststörungen einhergehenden depressiven Erkrankung bestünden Einschränkungen hinsichtlich seiner psychischen Belastbarkeit und des Konzentrationsvermögens. Gerade das Zusammenwirken der körperlichen und psychischen Einschränkungen begründe die Annahme einer vollen Erwerbsminderung. Schließlich sei nach Einschätzung seiner Hausärztin die Wegefähigkeit erheblich eingeschränkt, weshalb er einen Arbeitsplatz nicht erreichen könne.
Die Beklagte zog sodann weitere Befund- und Behandlungsberichte bei. Die behandelnde Hausärztin Dr. E, L, attestierte in ihrem Befund- und Behandlungsbericht vom 20.6.2008 eine koronare Herzerkrankung, periphere arterielle Durchblutungsstörungen, ein Wirbelsäulensyndrom sowie eine Hyperlipidämie. Infolge dieser Gesundheitsstörungen sei die schmerzfreie körperliche Belastungsgrenze auf 100 Watt limitiert. Zudem bestünden Rückenschmerzen beim Gehen und längerem Stehen. Die Wegefähigkeit sei auf 200 m eingeschränkt.
Nach Einholung beratungsärztlicher Stellungnahmen von Prof. Dr. M, Facharzt für Innere Medizin, Sozialmedizin (Stellungnahmen vom 7.7.2008 und 14.7.2008) sowie eines weiteren Befund- und Behandlungsberichts von Dr. T1, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, L, vom 21.10.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 als unbegründet zurück. Nach dem medizinischen Ermittlungsergebnis sei der Kläger noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken sowie unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Der Kläger könne auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die keine besonderen Fachkenntnisse voraussetzten und denen er gesundheitlich gewachsen sei. Er habe keinen Beruf erlernt und sei stets als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig gewesen. Unter Berücksichtigung seines individuellen Leistungsvermögens sei ihm dieser auch nicht verschlossen. Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer eingeschränkten Wegefähigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung sei die Wegefähigkeit erst in einem rentenversicherungsrechtlich relevanten Maß aufgehoben, wenn ein Versicherter weder eine Wegstrecke von 500 m zum Arbeitsplatz oder zur Haltestelle von öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen könne bzw. hierfür mehr als 20 Minuten benötige, noch über ein eigenes Fahrzeug und die entsprechende Fahrerlaubnis verfüge.
Mit der am 27.11.2008 zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein zunächst auf die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat er gemeint, einen besonderen Berufsschutz als Facharbeiter geltend machen zu können, da die bei dem Putz- und Stuckgeschäft W ausgeübte Tätigkeit ihrem Anforderungsprofil nach eine abgeschlossene Lehre erfordert habe. In diesem Beschäftigungsverhältnis habe er dieselben Tätigkeiten verrichtet wie ein ausgebildeter Stuckateur.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 2.11.2010 hat der Kläger die Klage zurückgenommen, soweit diese auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gerichtet war.
Der Kläger hat sodann noch beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008 zu verurteilen, ihm ab dem 1.2.2008 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
Das SG hat zur Feststellung der rentenversicherungsrechtlichen Wertigkeit der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten zunächst eine Arbeitgeberauskunft der Stadt L vom 30.1.2009 beigezogen. Danach umfasste die in der Zeit vom 18.11.2002 bis zum 17.11.2003 im Rahmen einer beschäftigungsfördernden Maßnahme ausgeübte Tätigkeit als Fahrradwächter die Bewachung von Fahrrädern an L Schulen sowie die Durchführung kleiner Reparaturarbeiten. Die Übernahme dieser Arbeiten habe keine Lehre oder Anlernzeit vorausgesetzt. Eine ungelernte Kraft habe für diese Tätigkeit eine Anlernzeit von maximal zwei Wochen benötigt. Zudem hat das SG eine in einem früheren sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Arbeitgeberauskunft des Zeugen W vom 17.3.1998 beigezogen und zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits gemacht. Zudem hat das SG zur Frage des qualitativen Wertes der Tätigkeit des Klägers Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des früheren Arbeitgebers W. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Arbeitgeberauskunft vom 17.3.1998 sowie die Sitzungsniederschrift vom 6.4.2010 Bezug genommen.
Das SG hat zudem zur Frage des Leistungsvermögens des Klägers zunächst Beweis erhoben durch Beiziehung von Befund- und Behandlungsberichten der behandelnden Ärzte und sodann Sachverständigengutachten auf internistischem, neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet eingeholt.
Der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. S, O, gelangte in seinem aufgrund ambulanter Untersuchung vom 15.9.2010 erstatteten nervenfachärztlichen Gutachten zu der Feststellung, dass der Kläger unter einer motorisch-sensiblen Polyneuropathie sowie einer komplexen Angsterkrankung leide. Der Sachverständige kam zu der Einschätzung, dass der Kläger noch in der Lage sei, trotz im Einzelnen benannter qualitativer Leistungseinbußen in einem regelmäßig vollschichtigen Umfang erwerbstätig zu sein. Er sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten in einer wechselnden Körperhaltung von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten, wobei der sitzende Anteil überwiegen sollte. Diese Tätigkeiten seien in geschlossenen Räumen auszuüben, Tätigkeiten im Freien seien nur unter Gewährleistung von Witterungsschutz möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens vom 20.9.2010 Bezug genommen.
Dr. I, Facharzt für Orthopädie, O, stellte in seinem aufgrund ambulanter Untersuchung vom 25.6.2010 erstatteten Gutachten vom 28.6.2010 folgende Gesundheitsstörungen fest:
- rezidivierende Lumboischialgien bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, Bandscheibenvorwölbungen, Spinalkanalstenose, Foramenstenose, klinisch keine Wurzelreizsymptomatik,
- Fehlstatik der Brustwirbelsäule mit deutlich verstärkter Kyphose und rechtskonvexer Torsionsskoliose und Ausbildung eines Rippenbuckels,
- rezidivierende Cervicobrachialgien, ausgeprägte degenerative Veränderungen im Bereich der HWS im unteren Drittel mit Spinalkanalstenose ohne klinische Wurzelreizsymptomatik,
- Zustand nach Beugesehnenverletzung und Naht im Bereich des rechten Unterarmes mit endgradiger Einschränkung der Beugefähigkeit im Bereich des 3. und 4. Strahles rechts und endgradigem aktivem Streckdefizit; Zustand nach Amputation des Endgliedes des 2. Strahles rechtsseitig,
- Knick-, Senk-, Spreizfußdeformität, Hallux valgus-Deformität, Krallenstellung des 2. bis 5. Zehs jeweils beidseits,
- Krampfaderleiden.
Der Kläger könne wegen dieser Gesundheitsstörungen nur noch körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Diese Arbeiten könne er in geschlossenen Räumen bzw. im Freien unter Witterungsschutz ausüben. Arbeiten mit häufigem Bücken, in Zwangshaltungen sowie unter Witterungseinwirkung, insbesondere unter Kälteexpositionen, seien nur eingeschränkt zumutbar. Unter Berücksichtigung dieses qualitativen Leistungsbildes könne der Kläger in einem regelmäßig vollschichtigen Umfang ohne betriebsunübliche Pausen erwerbstätig sein.
Der auf internistischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. P, O, diagnostizierte in seinem aufgrund ambulanter Untersuchung vom 20.5.2010 erstatteten Gutachten vom 24.9.2010 eine koronare Herzerkrankung mit Bypass-Versorgung, Gefäßerweiterungseingriff mit Stent-Implantation, eine Bluthochdruckerkrankung, eine arterielle Verschlusskrankheit, eine Fettstoffwechselstörung sowie eine motorisch sensible Polyneuropathie. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung gelangte Dr. P unter Einbeziehung der auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen zu der Feststellung, dass der Kläger nur noch körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten ausüben könne. Diese Arbeiten sollten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen und im Freien unter Gewährleistung von Witterungsschutz ausgeübt werden. Arbeiten, die mit einem häufigen Bücken verbunden seien oder in Zwangshaltungen ausgeübt würden, sowie Arbeiten unter Witterungseinwirkung, insbesondere unter Kälteexposition, seien nur eingeschränkt zumutbar. Diesem Leistungsbild entsprechende Tätigkeiten könne der Kläger noch vollschichtig ohne Gewährung betriebsunüblicher Pausen verrichten. Eine Tätigkeit als "Verputzer" könne der Kläger hingegen lediglich in einem zeitlichen Umfang von bis zu vier Stunden täglich ausüben. Aufgrund der Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule im Sinne von degenerativen und anlagebedingten Veränderungen (Skoliose, Hyperkyphose) seien die in diesem Berufsbild anfallenden körperlich schweren Tätigkeiten nur noch in diesem eingeschränkten zeitlichen Rahmen möglich.
Wegen der Spinalkanalstenose und der degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule bestünden Einschränkungen bei einem Zurücklegen des Weges von und zur Arbeitsstelle. Die degenerativen Veränderungen seien jedoch nicht derart stark ausgeprägt, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Wegstrecke bestehe. Er - der Kläger - benötige für eine einfache Wegstrecke von 500 m weniger als 20 Minuten. Er sei auch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Mit Urteil vom 2.11.2010 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1.2.2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren. Der Kläger sei berufsunfähig. Als Hauptberuf sei der Facharbeiterberuf eines Stuckateurs zugrunde zu legen, den der Kläger in der Zeit vom 16.3.1992 bis 24.11.1993 ausgeübt habe. Diesem Hauptberuf sei der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen, da dieses Berufsbild nach den Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit ("berufenet") eine uneingeschränkte körperliche Belastbarkeit bis zur Fähigkeit zum schweren Heben und Tragen voraussetze. Ebenso wenig existiere für den Kläger als Facharbeiter eine sozial zumutbare Verweisungstätigkeit, deren Anforderungen er mit seinem eingeschränkten Leistungsvermögen noch genügen könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 7.1.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 2.2.2011 schriftlich Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG ergebe sich aus der Vernehmung des früheren Arbeitgebers des Klägers nicht, dass der Kläger ein gelernter Stuckateur sei oder sich zumindest alle theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten eines solchen angeeignet habe, die es ihm ermöglicht hätten, in allen Bereichen dieses Berufes eine Arbeit zu erbringen, die der eines gelernten Facharbeiters entspreche. So habe der Zeuge W bekundet, der Kläger sei als Verputzer beschäftigt gewesen, nicht jedoch als Stuckateur. Er habe "beim Verputzen" gleichwertige Arbeit wie ein gelernter Stuckateur geleistet. "Eigentliche Stuckateurarbeiten" hätten hingegen nur der Zeuge und zwei, drei andere besonders hoch qualifizierte Stuckateure verrichtet. Der Kläger habe mithin nur in einem Teilbereich des Berufsbildes eines Stuckateurs, nämlich in dem des Verputzens, die Arbeit eines Stuckateurs wie ein gelernter Arbeiter beherrscht. Etwa das Anfertigen von Deckenornamenten sei dem Betriebsinhaber und Meister selbst sowie anderen Stuckateuren vorbehalten gewesen. Als "Verputzer" genieße der Kläger nicht die Eigenschaft eines Facharbeiters. Dies folge aus den einschlägigen Tarifverträgen.
Der Kläger, der keinen Bauberuf erlernt habe, habe diese Tätigkeit auch nicht als Teilbereich einer Facharbeitertätigkeit (z.B. als Maurer) verrichtet. Dadurch, dass der Betriebsinhaber mit Blick darauf, dass die überwiegende Arbeit aus Verputzen bestanden habe, keinen großen Unterschied zwischen Verputzern und Stuckateuren gemacht habe und beide Gruppen gleich entlohnt habe, werde die Qualifikation eines Facharbeiters nicht begründet. Soweit der Arbeitgeber beide Personengruppen derselben Lohngruppe zugeordnet habe, müssten hierfür betriebliche Gründe ausschlaggebend gewesen sein, so der Gesichtspunkt, für gute Arbeit gutes Geld zu leisten und bewährte Kräfte behalten zu wollen.
Die Einstufung in die Lohngruppe der Facharbeiter sei zwar ein Indiz für die qualitative Bewertung einer Tätigkeit, dieses Indiz sei jedoch widerlegbar. Nachdem der Kläger trotz bester Arbeit in einem Teilbereich des Stuckateurberufs nicht vollumfänglich den fachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten entsprochen habe, habe ihm die Entlohnung als gelernter Stuckateur objektiv nicht zugestanden. Vor diesem Hintergrund könne der Kläger auf an- und sogar ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, soweit sich diese von einfachsten Arbeiten unterscheide. So könne der Kläger etwa zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte, die er aus gesundheitlichen Gründen noch ausüben könne, verwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 2.11.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Beklagte reduziere das erstinstanzlich gewonnene Beweisergebnis unzulässig auf einzelne Elemente der Vernehmung des Zeugen W, würdige jedoch dessen Aussage nicht in der Gesamtheit. So habe der Zeuge auch bekundet, dass die Arbeiten des Klägers immer zufriedenstellend erledigt worden seien. Von der Tätigkeit als Verputzer sei es kein großer Sprung zum Stuckateur gewesen. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass in der heutigen Berufstätigkeit Arbeiten als Verputzer gegenüber solchen eines Stuckateurs deutlich überwögen. Typische Stuckarbeiten fielen heute weniger häufig an. Abzustellen sei daher auf die typische alltägliche Arbeit. Bei dieser seien die Tätigkeiten des Klägers gleichwertig mit den Arbeiten eines gelernten Stuckateurs.
Der Senat hat zur Feststellung der Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens von Herrn K, Obermeister der Stuckateur-Innung E. Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.7.2011, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgeführt, der Kläger habe aufgrund seiner Tätigkeiten in Italien, wo er an verschiedenen Baustellen mitgearbeitet habe, auf denen Stuckarbeiten ausgeführt worden seien, durch Aneignung von verschiedenen Einzelfähigkeiten Kenntnisse im Sanieren von Stuckarbeiten erworben. Er verfüge nicht über alle Kenntnisse und Fertigkeiten eines ausgebildeten Stuckateurs mit mehrjähriger Berufsausbildung, da er nur in Teilbereichen der Stuckateurtätigkeit in Italien tätig gewesen sei. So habe er in Italien etwa keine neuen Stuckwerkstücke gefertigt bzw. hergestellt. Der Kläger sei (dennoch) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegenüber Stuckateuren mit dreijähriger Ausbildung wettbewerbsfähig, da der Beruf des Stuckateurs verschiedene Berufsfelder beinhalte, namentlich das Berufsfeld "Stuckarbeiten", das Berufsfeld "Verputzarbeiten Innen und Außen" sowie das Berufsfeld "Trockenbauarbeiten". Der Einsatz der überwiegenden Stuckateurunternehmen im Bereich der reinen Stuckarbeiten sei mit etwa 5 % relativ gering. Der größte Umsatz werde in den Berufsfeldern "Verputzarbeiten" und "Trockenbauarbeiten" erzielt. Diese Berufsfelder habe der Kläger durchlaufen, und er habe in diesen Bereichen entsprechend eingesetzt werden können. Der Kläger sei nach seinem körperlichen Leistungsvermögen nicht mehr in der Lage, den Beruf des Stuckateurs auszuüben. Dem stehe das limitierte Vermögen zum Heben und Tragen von Lasten entgegen. Zudem erfordere der Beruf das Begehen von Gerüsten, Leitern usw. Die Ausübung einer sitzenden Tätigkeit sei im Stuckateurberuf nicht möglich.
Am 19.6.2013 hat der Senat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls Bezug genommen. Sodann hat der Senat zur Feststellung des körperlichen Leistungsvermögens des Klägers zunächst weitere Befund- und Behandlungsberichte der behandelnden Ärzte beigezogen, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird.
Dr. E hat in ihrem Befund- und Behandlungsbericht vom 11.7.2013 ausgeführt, dass sich seit Oktober 2010 insbesondere der orthopädische Befund verschlechtert habe. Nunmehr lägen hochgradige Veränderungen im Bereich der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule vor. Demgegenüber erweise sich die Herzerkrankung des Klägers als stabil. Die Angsterkrankung sei labil und zeitweise trotz Medikation stark beeinträchtigend.
Der Facharzt für Orthopädie Dr. C, L, sah sich in seinem Befund- und Behandlungsbericht vom 20.7.2013 außerstande, eine Einschätzung zu einer etwaigen Verschlimmerung treffen zu können; der Kläger sei in den letzten vier Jahren lediglich dreimal vorstellig geworden.
Anschließend hat das Gericht zur Frage des Leistungsvermögens des Klägers Beweis erhoben durch Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten auf internistischem, orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
Dr. L, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, S, hat in seinem Gutachten vom 17.2.2014 als Gesundheitsstörung eine Polyneuropathie mit demyelinisierendem Schädigungstyp der unteren Extremitäten ohne Lähmungserscheinungen, ohne klinische Zeichen einer Hinterstrangataxie und ohne der Polyneuropathie zuzuordnende Schmerzen diagnostiziert. Zudem bestehe ein Wirbelsäulenschmerzsyndrom ohne neurologische Ausfallerscheinungen sowie eine gering ausgeprägte depressive Störung (Dysthymie). Die von dem Kläger vorgetragenen Ängste seien indessen in dem angegebenen Maße nicht nachvollziehbar. Dessen psychische Störungen seien sehr geringer Ausprägung und durch zumutbare Willensanstrengung überwindbar. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung hat der Sachverständige aus neurologisch-psychiatrischer Sicht ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten attestiert. Der Kläger sei noch in der Lage, Lasten von 5 bis 10 kg zu heben und zu tragen. Diese Tätigkeiten könne er im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichten. Ganz überwiegend kniende und hockende Tätigkeiten seien nicht mehr möglich; gegen eine gelegentliche Einnahme dieser Körperhaltung spreche aus nervenärztlicher Sicht hingegen nichts. Überkopf- und Überschulterarbeiten seien wegen der Wirbelsäulenbeschwerden nicht mehr zumutbar. Entsprechendes gelte für Arbeiten in Zwangshaltungen. Auch für Gerüst- und Leiterarbeiten sei der Kläger wegen der Wirbelsäulenschädigungen nicht mehr einsetzbar. Zu einem Treppensteigen sei der Kläger in der Lage; ebenso könne er bisweilen eine Regalleiter besteigen. Die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sei aufgrund der Unterarmverletzung geringgradig eingeschränkt, wobei er EDV-Tastaturen noch bedienen könne. Eine wesentliche Einschränkung der Feinmotorik der rechten Hand sei nicht feststellbar; ebenso wenig eine Einschränkung der groben Kraftentfaltung. Der Kläger könne noch Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz verrichten, wobei allerdings wegen der Wirbelsäulenbeschwerden eine extreme Kälte- oder Hitzeeinwirkung auszuschließen sei. Arbeiten mit sehr häufigem Publikumsverkehr seien ungünstig. Arbeiten, die mit einem gelegentlichen Publikumsverkehr einhergingen oder an laufenden Maschinen ausgeübt werden, seien ebenso zumutbar wie solche in Wechselschicht. Tätigkeiten in Nachtschicht seien wegen der Dystymie nicht möglich. Gleiches gelte für Tätigkeiten, die mit einer vermehrten Stressbelastung einhergingen. Eine Einschränkung des Seh- und Hörvermögens sei nicht feststellbar. Tätigkeiten, die diesem Leistungsbild entsprächen, könne der Kläger noch vollschichtig ausüben. Zur Verwertung des ihm verbliebenen Leistungsvermögens sei der Kläger auch nicht auf die Inanspruchnahme betriebsunüblicher Pausen angewiesen. Diesem quantitativen und qualitativen Leistungsbild entsprechende Tätigkeiten könne er noch regelmäßig an fünf Tagen pro Woche ausüben. Der Kläger sei auch in der Lage, in zumindest sechsstündigem Umfang arbeitstäglich als Pförtner tätig zu sein oder Tätigkeiten als Versandfertigmacher auszuüben.
Der auf orthopädischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. C, Facharzt für Orthopädie, S, hat in seinem Gutachten vom 30.12.2013 eine Lumbalgie bei Fehlhaltung, Verschleiß und Bandscheibenschäden, ein Cervikalsyndrom bei Verschleiß und Bandscheibenschäden, ein Thorakalsyndrom bei Fehlhaltung und Verschleiß, einen Teilverlust des rechten Zeigefingers sowie eine verheilte Beugesehnenverletzung des rechten Unterarms, eine Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes sowie Knick-Senkfüße beidseits festgestellt. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung hat der Sachverständige ausgeführt: Der Kläger sei noch in der Lage, ständig körperlich leichte Arbeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von sechs bis acht kg auszuüben. Diese Arbeiten seien im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten, wobei jede dieser Haltungsarten mindestens in einem zeitlichen Umfang von 51 % der Arbeitszeit eingenommen werden könne. Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken sein nicht mehr zumutbar. Gleiches gelte aufgrund des Funktionsdefizits der rechten Schulter für Überkopf- und Überschulterarbeiten sowie für Arbeiten in Zwangshaltungen und für Tätigkeiten auf Gerüsten und Leitern. Das Besteigen von Treppen sei dem Kläger gesundheitlich zumutbar. Die Sehnenverletzung am rechten Unterarm und der Teilverlust des rechten Zeigefingers bewirkten nur unerhebliche Funktionsdefizite, weshalb die Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht beeinträchtigt sei. Der Kläger könne daher auch (EDV-) Tastaturen bedienen. Tätigkeiten im Freien seien zu vermeiden, ebenso Einwirkung von Kälte, Temperaturschwankungen, Nässe und Zugluft. Ebenso könne der Kläger Arbeiten an laufenden Maschinen nicht mehr verrichten. Arbeiten mit zeitlichen Anforderungen im Sinne einer Notwendigkeit, festgelegte Termine einzuhalten, seien zumutbar. Tätigkeiten unter Zeitdruck, wie z.B. Akkord- und Fließbandarbeiten, seien nicht mehr möglich. Wegen der erheblichen Einschränkungen des qualitativen Leistungsvermögens sei eine darüber hinausgehende Limitierung des quantitativen Leistungsvermögens nicht zu begründen. Vielmehr sei der Kläger unter Berücksichtigung seines individuellen Leistungsbildes zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit fähig. Diese Tätigkeiten könne der Kläger unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten, es seien auch zusätzliche Pausen nicht notwendig.
Der auf internistischem Fachgebiet gehörte Sachverständige Dr. M, Oberarzt am N-Hospital C, ist in seinem Gutachten vom 20.2.2014 unter Einbeziehung der Ergebnisse der orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Begutachtungen zur Feststellung folgender Gesundheitsstörungen gelangt:
- Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bei koronarer Herzerkrankung mit Zustand nach mehrfachen Ballondilatationen und Stentimplantation sowie Bypassoperation,
- arterielle Hypertonie (medikamentös ausreichend behandelt),
- periphere arterielle Verschlusserkrankung beider Beine, rechts mehr als links im Stadium IIb nach Fontaine,
- Lumbalgie bei Fehlhaltung, Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Cervikalsyndrom bei Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Thorakalsyndrom bei Fehlhaltung und Verschleiß,
- Polyneuropathie vom demyelinisierenden Schädigungstyp der unteren Extremitäten,
- Dysthymie (gering ausgeprägte depressive Störung),
- Teilverlust des rechten Zeigefingers, verheilte Beugesehnenverletzung des rechten Unterarms,
- Funktionsstörung des rechten Schultergelenks,
- Knick-Senkfuß beidseits
- Tinnitus beidseits.
In der zusammenfassenden sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung hat der Sachverständige festgestellt: Der Kläger könne ständig körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten bis zu sechs bis acht kg ausüben. Diese Tätigkeiten seien in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen möglich, wobei die Anteile einer sitzenden und stehenden Tätigkeit jeweils mindestens 51% umfassen müssten. Aufgrund der peripheren arteriellen Verschlusserkrankung sei der Anteil gehender Tätigkeiten auf ca. 20 % limitiert. Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken seien aufgrund der orthopädischen Erkrankungen nicht mehr möglich. Ebenso seien Tätigkeiten mit Überkopf- und Überschulterarbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen sowie auf Gerüsten und Leitern auszuschließen. Arbeiten, die mit dem Besteigen von Regalleitern oder Treppen verbunden seien, seien bis zu einer Etage möglich. Infolge der Sehnenverletzung des rechten Unterarms und der Teilamputation des rechten Zeigefingers seien geringfügige Funktionsdefizite im Bereich der Hände verblieben, die die Gebrauchsfähigkeit der Hände jedoch nicht beeinträchtigten. Wesentliche Einschränkungen der Feinmotorik oder der Kraftentfaltung seien mithin nicht erkennbar, weshalb auch das Bedienen von Tastaturen (einschließlich EDV-Tastaturen) möglich sei. Die dem Kläger möglichen Tätigkeiten seien in geschlossenen und temperierten Räumen unter Vermeidung von Witterungseinflüssen und unter Vermeidung von Zugluft, Temperaturschwankungen, Nässe und Kälte auszuüben. Tätigkeiten, die mit einem häufigen Publikumsverkehr einhergingen, seien ungünstig; gelegentlicher Publikumsverkehr sei jedoch möglich. Arbeiten an laufenden Maschinen kämen, ebenso wie solche in Nachtschicht, nicht mehr in Betracht. Im Übrigen seien eine Tätigkeit in Wechselschicht sowie Arbeiten mit zeitlichen Anforderungen im Sinne der Notwendigkeit, festgelegte Termine einzuhalten, möglich. Tätigkeiten unter Zeitdruck (Akkordarbeit oder Fließbandarbeiten) entsprächen nicht mehr dem körperlichen Leistungsprofil des Klägers.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat den Sachverständigen auf berufskundlichem Fachgebiet K zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens persönlich angehört. Wegen der Ergebnisse wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 18.6.2014 Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 2.11.2010 ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 8.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Denn er ist nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann (§ 240 Abs. 2 Satz 2 und Satz 4 SGB VI).
Der Kläger kann zwar seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben (hierzu nachfolgend 1.); er kann jedoch unter Zugrundelegung seines ihm verbliebenen Leistungsvermögens auf eine nach § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sozial und objektiv zumutbare Verweisungstätigkeit verwiesen werden (hierzu nachfolgend 2.).
1. Der Kläger kann seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben.
a. Ausgangspunkt der Feststellung des Vorliegens des Versicherungsfalls der Berufsunfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat (BSG, Urteil v. 20.7.2005, B 13 RJ 29/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr. 4; BSG, Urteil v. 26.4.2005, B 5 RJ 27/04 R - SGb 2005, 337). Darunter ist grundsätzlich die versicherungspflichtige Tätigkeit zu verstehen, die der Versicherte auf Dauer, d.h. mit dem Ziel, diese bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit durchzuführen, ausgeübt hat (BSG, Urteil v. 20.7.2005, a.a.O.). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn sie die qualitativ höchste ist (BSG, Urteil v. 20.7.2005, a.a.O.).
Die von dem Kläger zuletzt in der Zeit vom 18.11.2002 bis zum 17.11.2003 ausgeübte Tätigkeit bei der Stadt L als Fahrradwächter ist nach diesen Grundsätzen nicht als "bisheriger Beruf" zugrunde zu legen. Diese Tätigkeit hat der Kläger erkennbar nicht auf Dauer zur Schaffung und Erhaltung seiner Lebensgrundlage mit dem Ziel verrichtet, sie bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze oder bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit auszuüben. Vielmehr hat sie ausweislich der erstinstanzlich eingeholten Auskunft der Stadt L nur im Rahmen einer vorübergehenden beschäftigungsfördernden Maßnahme stattgefunden. Solche befristeten Beschäftigungen bewirken keine Lösung vom bisherigen Beruf, da bei solchen Maßnahmen in der Regel nicht davon auszugehen ist, dass sich der Versicherte allein durch die Aufnahme einer derartigen Tätigkeit seinem zuvor ausgeübten (qualitativ höherwertigen) Beruf nicht weiter nachgehen will und sich "endgültig" einer anderen Berufstätigkeit zuwendet (BSG, Urteil v. 30.10.1985, 4a RJ 53/84 = SozR 2200 § 1246 Nr. 130). Dass vorliegend eine andere Beurteilung geboten ist, hat auch die Beklagte nicht geltend gemacht und ist für den Senat nicht ersichtlich.
In dem - die Erwerbsbiographie des Klägers kennzeichnenden - bauwirtschaftlichen Bereich war der Kläger zuletzt in dem Zeitraum vom 16.3.1992 bis 24.11.1993 in dem Putz- und Stuckgeschäft W, L tätig. Nach eigenen Angaben war der Kläger dort als "Verputzer" tätig. Auch der Zeuge W hat anlässlich seiner Vernehmung am 6.4.2010 bekundet, den Kläger als "Verputzer" beschäftigt zu haben.
b. Diesen Hauptberuf kann der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme leidet der Kläger unter folgenden Gesundheitsstörungen, die seine Erwerbsfähigkeit mindern:
- Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bei koronarer Herzerkrankung mit Zustand nach mehrfachen Ballondilatationen und Stentimplantation sowie Bypassoperation,
- arterielle Hypertonie (medikamentös ausreichend behandelt),
- periphere arterielle Verschlusserkrankung beider Beine, rechts mehr als links im Stadium IIb nach Fontaine,
- Lumbalgie bei Fehlhaltung, Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Cervikalsyndrom bei Verschleiß und Bandscheibenschäden,
- Thorakalsyndrom bei Fehlhaltung und Verschleiß,
- Polyneuropathie vom demyelinisierenden Schädigungstyp der unteren Extremitäten,
- Dysthymie (gering ausgeprägte depressive Störung),
- Teilverlust des rechten Zeigefingers, verheilte Beugesehnenverletzung des rechten Unterarms,
- Funktionsstörung des rechten Schultergelenks,
- Knick-Senkfuß beidseits
- Tinnitus beidseits.
Diese Gesundheitsstörungen ergeben sich aus den Gutachten der im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen. Sie stimmen im Wesentlichen überein mit dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme im erstinstanzlichen Verfahren. Die Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie beruhen auf eingehenden persönlichen Untersuchungen des Klägers und umfassenden Auswertungen der aktenkundigen Befunde, weshalb sich der Senat die Feststellungen der Sachverständigen vollinhaltlich zu Eigen macht.
Nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren eingeholten und auch insoweit schlüssig und überzeugenden Sachverständigengutachten ist der Kläger nur noch in der Lage, ständig körperlich leichte Tätigkeiten mit einem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von sechs bis acht kg auszuüben. Diese Tätigkeiten kann er (nur) noch in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten, wobei die Anteile der sitzenden bzw. stehenden Körperhaltung jeweils mindestens 51% betragen dürfen. Infolge der peripheren arteriellen Verschlusserkrankung dürfen die Anteile der Tätigkeiten, die im Gehen ausgeübt werden, einen Umfang von 20% nicht überschreiten. Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken sind aufgrund der orthopädischen Gesundheitsstörungen nicht mehr möglich. Gleiches gilt für Tätigkeiten mit Überkopf- und Überschulterarbeiten sowie für Arbeiten, die die Einnahme von Zwangshaltungen erfordern oder auf Gerüsten und Leitern ausgeübt zu werden pflegen. Arbeiten, die das Besteigen von Regalleitern und ein Treppensteigen erfordern, sind bis zu einer ersten Etage möglich.
Unter Zugrundelegung dieses körperlichen Leistungsvermögens steht für den Senat außer Zweifel, dass der Kläger seinen bisherigen Beruf als "Verputzer" nicht mehr verrichten kann. Gegen ein solches körperliches Vermögen sprechen bereits das deutlich reduzierte Leistungsvermögen zum Heben und Tragen von Lasten sowie das Unvermögen des Klägers, Arbeiten auf Gerüsten und Leitern zu verrichten. Zudem ist der Kläger gesundheitsbedingt nicht mehr im Stande, Arbeiten im Knien, Hocken und Bücken zu verrichten. Auch der Sachverständige K hat für den Senat insoweit überzeugend dargelegt, dass der Kläger aufgrund seiner Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage ist, den bisherigen Beruf des Verputzers auszuüben.
2. Trotz des hiernach bestehenden körperlichen Unvermögens zur Ausübung seines bisherigen Berufs ist der Kläger nicht i.S.d. § 240 Abs. 2 SGB VI berufsunfähig. Er kann nämlich auf eine objektiv und subjektiv zumutbare Verweisungstätigkeit verwiesen werden.
a. Ausgangspunkt zur Beurteilung der Frage, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs. Dieser muss nämlich der Verweisungstätigkeit angemessen entsprechen (BSG, Urteil v. 24.6.1980, 1 RJ 84/79 m.w.N.). Der Versicherte darf weder auf eine zu geringwertige Tätigkeit verwiesen, noch darf er in seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten überfordert werden (BSG, Urteil v. 24.6.1980, 1 RJ 84/79, m.w.N).
Zur Erleichterung dieser Beurteilung werden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen werden ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für den Beruf haben, gebildet (BSG, Urteil v. 29.3.1994, 13 RJ 35/93). Danach werden die Arbeiterberufe nach ihrer Leistungsqualität in hierarchisch geordnete Gruppen untergliedert, die durch Leitberufe beschrieben werden (BSG, Urteil v. 28.11.19885, 4a RJ 51/84 - BSGE 59, 201). Der unteren Gruppe mit dem Leitberuf der "ungelernten Arbeiter" werden einfache Tätigkeiten zugeordnet, die mit entsprechendem Leistungsvermögen von jedem verrichtet werden können und gehobene Tätigkeiten, die durch Einweisungs- oder Einarbeitungszeiten von nicht mehr als drei Monaten gekennzeichnet sind. Daneben hat sich die Gruppe der "angelernten Arbeiter" mit einer Ausbildung von mehr als drei Monaten bis zu zwei Jahren entwickelt, wobei das BSG innerhalb dieser Gruppe nochmals zwischen Versicherten im oberen Bereich der Angelernten und der unteren Gruppe der Angelernten differenziert. Dem folgt die Gruppe der "Facharbeiter", die einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei, regelmäßig drei Jahren ausüben. Schließlich werden von der Gruppe mit der höchsten Qualifikation "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" und "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" erfasst (vgl. BSG, Urteil v. 13.12.2000, B 5 RJ 28/99 R; BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 13 RJ 34/03 R; von Koch in: Kreikebohm, SGB VI, 3. Auflage 2008, § 240 Rn. 14 ff. jeweils m. w. N.).
Die Zuordnung eines bestimmten Berufs in dieses Stufenschema erfolgt nach Qualitätskriterien (BSG, Urteil v. 13.12.1984, 11 RA 72/83 - BSGE 57, 291). Die Qualitätsbestimmung erfolgt aus einer Mehrzahl von Faktoren, diese richten sich nach dem Wert der Arbeit für den Betrieb (Nazarek, in: jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 240 Rn. 64). Die Zuordnung stellt auf das Gesamtbild der Tätigkeit ab, allerdings nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte Wert der Arbeit für den Betrieb (BSG, Urteil v. 29.3.1994, 13 RJ 35/93). Hierbei ist - auch aufgrund der vom Gesetzgeber in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI beschriebenen Kriterien - auf das Gesamtbild der Tätigkeit "unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der Ausbildung" und der "besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit" abzustellen (Nazarek, a.a.O., Rn. 64).
Unbeschadet der fehlenden Ausschließlichkeit dieses Merkmals bleibt dennoch die Ausbildung wichtiges Kriterium für die Einstufung eines Berufs in das Mehrstufenschema. Ein Versicherter ist "a priori" Facharbeiter, wenn er mit Erfolg die erforderliche Ausbildung abgeschlossen hat. Liegt - wie im vorliegenden Fall - eine entsprechende Ausbildung allerdings nicht vor, muss die Gleichwertigkeit nachgewiesen werden. Hierbei rechtfertigt der Umstand, dass ein Versicherter über einen längeren Zeitraum hinweg die Tätigkeit eines Facharbeiters tatsächlich ausgeübt hat, für sich allein noch nicht eine derartige Einordnung des bisherigen Berufs. Hierfür ist vielmehr weitere Voraussetzung, dass dieser Beruf "vollwertig" ausgeübt worden ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der bisherige Beruf (tariflich) entsprechend einem Facharbeiterberuf entlohnt worden ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 55, S. 169; BSG, Urteil v. 24.4.1980, 1 RJ 62/79; BSG, Urteil v. 12.11.1980, 1 RJ 24/79). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die tarifliche Entlohnung ein relativ zuverlässiges Indiz für die Bemessung des qualitativen Wertes der entlohnten Tätigkeit ist. Dies gilt - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - indessen nicht ausnahmslos. Die tarifliche Einstufung einer Tätigkeit spiegelt nicht stets deren qualitativen Wert wider. Das gilt etwa dann, wenn sie nicht auf der betrieblichen Bedeutung der Tätigkeit beruht, sondern lediglich dem Ausgleich von mit ihr verbundenen Nachteilen oder Erschwernissen (z.B. Nacht-, Akkord-oder Schmutzarbeit) dient (vgl. BSGE 44, 10, 11 = SozR 2200 § 1246 Nr. 17 S. 52) oder aus sozialen Gründen wegen in der Person des Versicherten liegender Umstände (höheres Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Bewährungsaufstieg) vorgenommen wird (BSGE 44, 10, 12 = SozR 2200 § 1246 Nr. 17, S. 53; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 46, S. 139; BSGE 49, 34, 36 = SozR 2200 § 1246 Nr. 49, S. 148). Dasselbe gilt im Zusammenhang mit der Frage, ob trotz Fehlens der dafür an sich erforderlichen Ausbildung einschließlich Prüfung der Versicherte einen Facharbeiterberuf "vollwertig" ausgeübt hat. Insoweit ist erforderlich, dass abweichend vom "normalen" Ausbildungsweg erlangte berufliche Position tatsächlich in voller Breite derjenigen des vergleichbaren Versicherten bzw. Facharbeiters entspricht, der die üblichen Stadien der Entwicklung durchlaufen hat. Neben der gleichen tariflichen Einstufung und Entlohnung ist zu verlangen, dass der Versicherte nicht nur eine seinem individuellen Arbeitsplatz entsprechende Leistung erbringt, sondern auch über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt, welche in seiner Berufsgruppe gemeinhin erwartet werden (BSG, Urteil v. 12.11.1980, 1 RJ 24/79 = SozR 2200 § 1246 Nr. 68). In diesem Sinne muss eine "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe bestehen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 53, S. 163; BSG, Urteil v. 29.11.1979, 4 RJ 17/79; Urteil v. 23.4.1980, 4 RJ 29/79; BSG, Urteil v. 12.11.1980, 1 RJ 24/79).
Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger eine Einordnung in die Gruppe der Facharbeiter Kläger nicht bereits wegen einer tariflichen Entlohnung beanspruchen.
Soweit der Kläger im Rahmen des maßgeblichen Beschäftigungsverhältnisses bei dem Putz- und Stuckgeschäft W tatsächlich nach der Berufsgruppe IV des Anhangs des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) vergütet worden ist, beruht dies erkennbar auf einem Bewährungsaufstieg, der nach ständiger Rechtsprechung des BSG den qualitativen Wert der bisherigen, in die niedrigere Gruppe gehörende Tätigkeit nicht verändert (BSG, Urteil v. 26.5.1988, 5/5b RJ 26/87, juris). In diesem Fall ist der qualitative Wert der Tätigkeit vielmehr nach der niedrigeren Gruppe zu bestimmen, in die der Versicherte ohne den Bewährungsaufstieg regulär gehört (BSG, a.a.O.).
Hiernach ist im Fall des Klägers für die Bestimmung des qualitativen Wertes seines bisherigen Berufs die Berufsgruppe IV/4 des BRTV-Bau maßgeblich, die allerdings nach der Rechtsprechung des BSG nicht die Einordnung in die Gruppe der Facharbeiter i.S.d. Mehrstufenschemas rechtfertigt, sondern die Zuordnung in die Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich begründet (BSG, Urteil v. 19.6.1997, 13 RJ 101/96, juris; BSG, Urteil v. 9.9.1986, 5b RJ 82/95 = SozR 2200 § 1246 Nr. 140; BSG, Urteil v. 11.11.1996, 4a RJ 85/85 und BSG, Urteil v. 14.9.1995, 5 RJ 10/95).
Die Berufsgruppe IV (gehobene Baufacharbeiter) erfasst nämlich tariflich Absolventen der zweiten Stufe der Stufenausbildung im ersten Jahr ihrer Tätigkeit (IV/1), Arbeitnehmer mit Abschlussprüfung in einem anerkannten Beruf außerhalb der baugewerblichen Stufenausbildung und diesen Gleichgestellten, z.B. Maurer, Betonbauer und Stahlbetonbauer, Zimmerer, Betriebshandwerker, Estrichleger und Straßenbauer (IV/2), Absolventen der ersten Stufe der Stufenausbildung nach zweijähriger Tätigkeit als Hochbau-, Tiefbau- oder Ausbaufacharbeiter (IV/3) sowie ferner Arbeitnehmer der Berufsgruppe V/2 nach dreijähriger Tätigkeit (IV/4). Von der Berufsgruppe V/2 erfasst sind Arbeitnehmer, die eine angelernte Spezialtätigkeit gemäß Berufsgruppe V/2 des Anhangs zum Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) ausüben, in den ersten drei Jahren dieser Tätigkeit. Als solche sind tariflich neben Baustellen-Magazinern, Betonstahlbiegern, -flechtern, Fertigteilbauern, Gleiswerkern, Rabitzern, Rammern, Rohrlegern, Schalungsbauern (Einschalern), Schwarzdeckenbauern, Betonstraßenwerkern, Terrassolegern, Wasser- und Landschaftsbauern ausdrücklich auch Putzer erfasst. Aus dieser Regelung folgt, dass die Tätigkeit eines Putzers - bei Außerachtlassung des Bewährungsaufstiegs in die Berufsgruppe IV/2 - qualitativ von der tarifvertraglichen Berufsgruppe V/2 abgebildet wird, die die Einordnung als Facharbeiter nicht rechtfertigt.
Jenseits der vorliegend nicht gegebenen tariflichen Einstufung entsprechend einem Facharbeiterberuf verfügt der Kläger auch nicht über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten, die in der Berufsgruppe der Facharbeiter gemeinhin erwartet werden. Von einer "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe ist nach Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mithin nicht auszugehen.
Bei dieser Beurteilung kommt es im Ausgangspunkt grundsätzlich auf die heutigen Berufsanforderungen und -verhältnisse an. Da aber für eine früher ausgeübte Tätigkeit nicht die förmliche Erfüllung von Qualifikationsmerkmalen verlangt werden kann, die sich für die Ausübung der gleichen Tätigkeit erst in späterer Zeit herausgebildet haben oder in spezifischen Rechtsvorschriften über den jeweiligen Ausbildungsweg und -umfang niedergelegt finden, ist stets - sofern nicht der Betreffende die neuen Voraussetzungen ohnehin erfüllt - ergänzend zu prüfen, welcher Berufsgruppe des Mehrstufenschemas nach gegenwärtigem Verständnis der Anspruchssteller mit seiner früheren Beschäftigung qualitativ gleichzustellen ist (BSG, Urteil v. 20.9.1988, 5/5b RJ 32/87; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 68, 94 [Kraftfahrer, der keine förmliche Ausbildung nach der Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung durchlaufen hatte]). Für die Zuordnung zur Gruppe mit dem bisherigen Beruf des Facharbeiters verlangt die Rechtsprechung des BSG allerdings in derartigen Fällen nicht nur die tarifliche Einstufung als Facharbeiter, sondern auch die "vollwertige" Ausübung des jeweiligen Fachberufs, was die einem ausgebildeten Facharbeiter entsprechenden praktischen Fertigkeiten und theoretischen Kenntnisse voraussetzt (BSG, Urteil v. 12.11.1980 SozR 2200 § 1246 Nr. 68 m.w.N.). Diese Anforderungen sind indes nicht zu überspannen; sie sind im Sinne einer erforderlichen "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe zu verstehen. Es entspricht nämlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass auch gelernte, ausgebildete Facharbeiter nach langjähriger Berufstätigkeit einen Teil, insbesondere ihres theoretischen Wissens verloren haben. Bei der Prüfung der Wettbewerbsfähigkeit kann deshalb von einem Facharbeiten ausführenden Versicherten ohne oder mit nur teilweiser Ausbildung nicht mehr verlangt werden, als von einem langjährig tätigen gelernten Facharbeiter in seiner Berufsgruppe im allgemeinen erwartet wird.
Die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten der - eine Einordnung in die Gruppe der Facharbeiter rechtfertigenden - Tätigkeit eines "Stuckateurs" waren bis zum 31.7.1999 normativ in der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft (Bauwirtschaftsausbildungsverordnung [BauAusbV]) geregelt.
Hiernach entsprach die Berufsausbildung im Bereich der industriellen Bauwirtschaft dem Modell einer Stufenausbildung und dauerte in den Ausbildungsberufen Hochbaufacharbeiter, Ausbaufacharbeiter und Tiefbaufacharbeiter 24 Monate (§§ 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Satz 1 BauAusbV), in den aufbauenden Ausbildungsberufen, zu denen nach § 1 Nr. 2 Buchst. b, 2. Fall BauAusbV auch der Stuckateur als Aufbauberuf zum Ausbaufacharbeiter gehörte, weitere zwölf Monate (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BauAusbV). Die Ausbildung in den Ausbildungsberufen nach der Handwerksordnung, nach der gleichfalls der Stuckateur als Ausbildungsberuf anerkannt war, betrug einheitlich 36 Monate (§§ 2, 3 Abs. 2 BauAusbV).
Gegenstand des Ausbildungsberufsbildes für den Stuckateur waren neben den in § 5 BauAusbV erforderten Ausbildungsinhalten der gemeinsamen Berufsausbildung in den Ausbildungsberufen Hochbaufacharbeiter, Ausbaufacharbeiter und Tiefbaufacharbeiter und die nach § 7 BauAusbV vorgesehenen Ausbildungsgegenstände der besonderen Berufsausbildung im Ausbildungsberuf Ausbaufacharbeiter. Nach diesem modularisierten Konzept wurden diese Ausbildungsinhalte bezogen auf den aufbauenden Ausbildungsberuf eines Stuckateurs (§ 17 BauAusbV) erweitert um die in der Anlage 9 zu den §§ 26 und 32 BauAusbV enthaltenen (aufbauenden) Ausbildungsinhalten. Aus diesen inhaltlichen Ausbildungsvorgaben ergibt sich demnach, dass sich die besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten eines Stuckateurs mit einer Ausbildungszeit von 36 Monaten von derjenigen eines Ausbaufacharbeiters mit einer 24 Monaten Ausbildungszeit durch die in der Anlage 9 erfassten Ausbildungsgegenstände abhebt. Hiernach käme die Annahme einer Wettbewerbsfähigkeit des Klägers mit einem Facharbeiter nur dann in Betracht, soweit dieser die Ausbildungsinhalte nach Maßgabe der Anlage 9 zu den §§ 26 und 32 BauAusbV in einem Maße vollwertig beherrscht hätte, wie dies von dieser Berufsgruppe gemeinhin erwartet wird. Dieses gilt unbeschadet der Erwägung, dass sich das Gewicht des zur Berufsaufnahme erforderlichen theoretischen Wissens während eines längeren Berufslebens im Vergleich und Verhältnis zu den durch praktische Berufserfahrung erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse relativieren kann und nicht mehr unbedingt "in voller Breite" des allgemeinen modernen Standes vorhanden sein muss.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist nach Überzeugung des Senates eine Vollwertigkeit mit einem Facharbeiter nicht anzunehmen. Der Kläger verfügt nicht über die besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten, die gerade von einem Stuckateur gemeinhin erwartet werden können. So erfüllt er etwa in dem Berufsfeld "Herstellen von Innen-, Außenputzen und Gips-Estrichen, Ausführen von Stuckarbeiten" (§ 17 Nr. 6 BauAusbV), zu dem das Ziehen und Versetzen von Profilen und Gesimsen mit Gehrungen und Verkröpfungen, das Herstellen von Stuckdekor, das Ausführen von Sgraffitoarbeiten sowie das Mischen, Aufbringen und Nachbehandeln von Gips-Estrichen gehört, über keine nennenswerten Kenntnisse und Fähigkeiten. Auch der Sachverständige K hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass der Kläger zwar über einen Teilbereich der Kenntnisse eines gelernten Stuckateurs verfügt; das Herstellen von Gesimsen innen und außen gehöre allerdings zu Fertigkeiten, über die er nicht verfüge, während ein gelernter Stuckateur diese Tätigkeitsfelder erlernt habe. Dieses deckt sich mit den Erklärungen des erstinstanzlich vernommenen Zeugen W, der bekundet hat, die eigentlichen Stuckarbeiten hätten nur er selbst und zwei, drei andere besonders hochqualifizierte Stuckateure entsprechend ihrer Befähigung verrichtet. Auch diese Aussage lässt aus Sicht des Senats nur den Schluss zu, dass der Kläger die Tätigkeit eines der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnenden Stuckateurs nicht vollwertig verrichten konnte, sondern (lediglich) die eines Verputzers. So ist auch zu erklären, weshalb der Zeuge W im Rahmen der Vernehmung vor dem SG ausdrücklich bekundet hat, der Kläger sei als Verputzer und nicht als Stuckateur angestellt gewesen.
In dieser qualitativen Wertigkeit seines bisherigen Berufs als Verputzer ist der Kläger der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen. Als solcher ist er nach dem Stufen- und Verweisungsschema des BSG grundsätzlich auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, soweit es sich nicht um allereinfachste Tätigkeiten oder Verrichtungen handelt, wobei eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nrn. 131, 143).
Als zumutbare Verweisungstätigkeit kommt vorliegend insbesondere die Tätigkeit als Warenprüfer/Versandfertigmacher in Betracht. Hierbei handelt es sich um leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten. Der Schwerpunkt der Beschäftigung liegt in der Industrie, überwiegend im produzierenden Gewerbe jedoch auch mit nennenswerten Anteilen im Dienstleistungsbereich, speziell im Handel. Hierbei werden in der Tätigkeitsgruppe "Warenprüfer" Tätigkeiten erfasst, die in den verschiedenen Bereichen als Sortierer, Prüfer, Kontrolleur, Durchseher bezeichnet werden. In der Berufsgruppe der "Warenaufmacher/ Versandfertigmacher" sind Tätigkeiten erfasst, die das Abwiegen, Abfüllen, Abpacken, Einpacken, Einwickeln, Messen, Zählen, Kennzeichnen, Schließen oder Fertigmachen von Artikeln, Waren oder Gegenständen zum Inhalt haben. Leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten sind darauf ausgerichtet, Waren für den Versand bzw. für den Verkauf aufzubessern, herzurichten, einzupacken oder zu kennzeichnen; diese Arbeiten werden ungelernten Arbeitnehmern übertragen und nichtausgebildeten Fachlageristen. Die hierbei anfallenden Einzelaufgaben (u.a. Bekleben Zurichten von Textilien, Kennzeichnen von Waren etc.) werden (soweit möglich) vollautomatisch oder teilautomatisiert verrichtet. Trotz aller Bemühungen, das Kennzeichnen, Ein- oder Verpacken möglichst maschinell abzuwickeln, verbleiben in nennenswerter Zahl Arbeitsverrichtungen, die mit Maschinen oder Anlagen nicht verrichtet werden können, sei es, weil zu geringe Stückzahlen ständiges Umrüsten bzw. Neueinrichten erfordern würden oder die zu verrichtenden einzelnen Arbeitsschritte von Maschinen oder Anlagen nicht wirtschaftlich durchgeführt werden können. Für Pack-, Sortier-, Prüf- oder Kontrollarbeiten der dargestellten Form sind keine bestimmten beruflichen Vorkenntnisse erforderlich; für diese Arbeiten wird am konkreten Arbeitsplatz in einfachster Form eingearbeitet. Diese Arbeiten belasten nicht über "leicht" hinaus und werden im Innenbereich ohne Witterung- oder sonstigen Umwelteinflüssen an Arbeitsflächen verrichtet (z.B. Langtische, Rundtische oder Werkbänke), die auf Sitz- oder Stehhöhe eingerichtet sind. Hier wird im Sitzen oder im Wechsel von Sitzen und Stehen gearbeitet. In Abständen ist ein Aufstehen und Umhergehen möglich und - je nach Arbeitseinsatz - auch vom Arbeitsablauf her erforderlich, so dass sich ein Wechsel der Körperhaltungen ergibt. Es handelt sich um einfache Routinearbeiten, die nicht mehr als geringe Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit stellen und in der Regel von ungelernten und nicht ausgebildeten Arbeitskräften verrichtet werden. Erhöhte Anforderungen in zeitlicher Hinsicht im Vergleich zur "Normalleistung" werden an diesen Arbeitsplätzen ebenfalls nicht gestellt, denn das Arbeitstempo wird nicht durch Maschinen oder Anlagen vorgegeben. Die Entlohnung errichtet sich nicht aus detailliert erfassten Arbeitsergebnissen.
Der Senat entnimmt diese Feststellungen den berufskundlichen Feststellungen des Sachverständigen Langhoff vom 29.8.2008 aus dem vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen L 3 RJ 207/05 geführten Rechtsstreit, das als Anlage zur Beweisanordnung vom 16.10.2013 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist. Mit dem ihm verbliebenen und oben beschriebenen Leistungsvermögen ist der Kläger noch in der Lage, diese Tätigkeiten und Arbeiten auszuüben, was die Sachverständigen auch übereinstimmend bestätigt haben. Bedenken gegen die erforderliche Umstellungsfähigkeit des Klägers auf diese Tätigkeit innerhalb von drei Monaten bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gem. § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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