L 8 SO 186/14 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 SO 337/14 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 186/14 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.Bei unbezifferten Klageanträgen ist es sinnvoll, den Antragsteller bzw. seinen Bevollmächtigten aufzufordern, sein Begehren näher zu beziffern.
2.Falls eine Bezifferung unterbleibt, ist die Beschwer iS einer überschlägigen Berechnung unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers zu schätzen.
3.Hinweis auf die Regelsatzfestsetzungsverordnung vom 12. Dezember 2013 der Landeshauptstadt München, AMbl. 36, S. 539.
I. Die Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 17. Juli 2014 (Az.: S 51 SO 337/14 ER) verpflichtet, dem Antragsteller zu 2) unter Berücksichtigung der bereits erbrachten vorläufigen Grundsicherung für die Zeit vom 17.06.2014 bis einschließlich November 2014 Grundsicherung in Höhe von 451,50 EUR monatlich vorläufig zu leisten.

II. Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

III. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller zu 2) zu ein Drittel und der Beigeladene hat der Antragstellerin zu 1) die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.



Gründe:


I.

Die Beteiligten betreiben zurzeit ein Verwaltungsverfahren wegen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) der Antragstellerin zu 1) sowie der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) des Antragstellers zu 2). Bislang liegen zwei Versagensbescheide vom 10.03.2014 (der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller zu 2) und vom 26.6.2014 (des Beigeladenen gegenüber der Antragstellerin zu 1) vor. Hinsichtlich des Bescheides vom 10.03.2014 ist am 14.05.2014 ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X gestellt worden. Am 29.10.2014 hat der Beigeladene der Antragstellerin zu 1) Leistungen ab 01.10.2014 bewilligt.

Der 1945 geborene Antragsteller zu 2) und seine 1952 geborene Ehefrau, die Antragstellerin zu 1), bewohnen gemeinsam eine Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 142 qm. Sie zahlen monatlich 1.046,46 EUR Miete zuzüglich 65,00 EUR Nebenkosten sowie einen monatlichen Abschlag an den Energieversorger in Höhe von 300,00 EUR (Schuldenstand in Höhe von 2.498,79 EUR). Der Sohn nutzte ein Zimmer in der Wohnung der Antragsteller als Arbeitszimmer und bezahlt dafür monatlich 300,00 EUR. Der Antragsteller zu 2) erhält eine Altersrente in Höhe von monatlich 322,46 EUR; die Antragstellerin zu 1) erzielt Einkommen in Höhe von 400,00 EUR aus einer geringfügigen Beschäftigung bei ihrem Sohn, der zur Zeit der Antragstellung ein Restaurant hatte. Der Sohn hält sich in I. auf; weshalb die Antragsteller das Restaurant betreuen. Bevor der Antragsteller zu 2) Rentner wurde, hat der entgeltlich im Betrieb seines Sohnes gearbeitet und davon seinen Lebensunterhalt bestritten.

Der Antragsteller zu 2) stellte am 04.12.2013 bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Er sei bisher von seinem Sohn unterstützt worden. Dieser habe die Unterstützung Ende Oktober eingestellt. Seit drei Monaten bestehe eine Stromsperre. Der Antrag gelte auch für die Antragstellerin zu 1).

Beigebracht wurde eine "Darlehensbestätigung" des Sohnes der Antragsteller, dass er seinen Eltern von Juni bis November 2013 ein Darlehen in Höhe von 9.000,00 EUR erteilt habe. Darüber hinaus sei vereinbart, dass im Rahmen des Darlehens jeden Monat maximal 1.500,00 EUR aus den Geschäftseinnahmen entnommen werden dürften.

Das Verwaltungsverfahren war geprägt durch schwierige Ermittlungen infolge zeitlich versetzter Beibringung von Unterlagen nach diversen Aufforderungen durch die Antragsgegnerin. Aus vorgelegten Kontoauszügen gingen in der Zeit vom 03.11.2013 bis 08.01.2014 Gutschriften und Einzahlungen in Höhe von insgesamt 15.715,70 EUR hervor. Insgesamt waren involviert Konten des Antragstellers zu 2) bei der Postbank (Nummer ...), der Antragstellerin zu 1) bei der HypoVereinsbank mit der Nummer ... sowie ein Konto mit der IBAN Nummer ...

Die Antragsteller haben am 17.06.2014 beim Sozialgericht München (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Antragsteller hätten mit Genehmigung ihres Sohnes vom Betriebskonto des Restaurants Gelder entnehmen können, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Allerdings seien diese Gelder nur als Darlehen gewährt worden. Zwischenzeitlich seien Entnahmen nicht mehr möglich, da das Restaurant schlecht laufe. Es könne die Miete für das Ladenlokal nicht mehr bezahlt werden.

Mit Beschluss vom 20. Juni 2014 ist das Jobcenter der Stadt A-Stadt beigeladen worden.

Mit Beschluss vom 17. Juli 2014 hat das Sozialgericht München (SG) die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller zu 2) für die Zeit von 17.06.2014 bis 30.09.2014 vorläufig Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 494,00 EUR zu gewähren. Im Übrigen hat es die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stehe der Versagungsbescheid vom 10.03.2014 nicht entgegen. Zum einen sei ein Antrag auf Überprüfung des Versagungsbescheids gestellt worden, über den die Antragsgegnerin noch entscheiden müsse. Zum anderen habe die Antragsgegnerin durch die Wiederaufnahme der Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu erkennen gegeben, dass sie ohnehin die Nachholung der Mitwirkung prüfe.

Die 62-jährige Antragstellerin zu 1) habe einen Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe weder die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht, noch gebe es irgendwelche Hinweise darauf, dass sie dauerhaft voll erwerbsgemindert sein könnte. Sie erziele sogar aktuell ein Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung. Es bestehe zwischen den Parteien Uneinigkeit, ob der Beigeladene auf die Antragstellerin zu 1) zugehen müsse oder umgekehrt. Auf den Hinweis des Gerichts, die Antragstellerin zu 1) möge sich wegen ihrer Leistungen direkt an den Beigeladenen wenden, teilte der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 08.07.2014 mit, dass sich der Beigeladene die notwendigen Informationen von der Antragsgegnerin beschaffen könne. Es liege im Übrigen am Beigeladenen, von der Antragstellerin zu 1) die notwendigen Nachweise anzufordern. Aufgrund dieses Sachverhalts könne das SG keine besondere Notwendigkeit für eine vorläufige Regelung erkennen. Es spreche gegen eine Eilbedürftigkeit der Entscheidung, wenn die Antragstellerin zu 1) nicht bereit sei, persönlich beim Beigeladenen vorzusprechen und zunächst dort die Dringlichkeit der Leistungsgewährung vorzutragen. Dabei könne gleichzeitig geklärt werden, welche Unterlagen für eine Leistungsgewährung noch erforderlich seien. Es sei der Antragstellerin zu 1) zuzumuten, sich zunächst selbst um ihre Angelegenheiten zu kümmern, bevor sie das Gericht in Anspruch nehme.
Ob der Antragsteller zu 2) Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII habe, könne im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend aufgeklärt werden. Ein Anspruch des Antragstellers zu 2) erscheine jedoch zumindest möglich. Der auf den Antragsteller zu 2) entfallende Anteil an den Unterkunftskosten betrage 405,50 EUR. Diesem Bedarf stehe ein Einkommen aus der Altersrente in Höhe von monatlich 322,46 EUR gegenüber. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin gehe die Kammer darüber hinaus nicht von Einnahmen der Antragstellerin zu 1) aus, die gleichzeitig die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu 2) ausschlössen. Zwar sei der Antragsgegnerin zuzustimmen, dass auf dem Konto der Antragstellerin zu 1) in der Vergangenheit Zuflüsse erfolgt seien, die auf ein Einkommen hinweisen könnten, welches über das der Antragsgegnerin bekannte hinaus gehe. Diese Einnahmen seien bisher nur unzureichend dargelegt worden und könnten auch mit der Gewährung eines Darlehens durch den Sohn nicht vollständig erklärt werden. Allerdings blieben nach der Berechnung des Gerichts - berücksichtige man das Darlehen nicht als Einkommen - monatlich nur zwischen 150,00 EUR und 300,00 EUR übrig. Eine Ausnahme bilde der Dezember 2013, in dem Zahlungen in erheblichem Umfang auf dem Konto der Antragstellerin zu 1) eingegangen seien.

Da eine abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht möglich sei, sei letztlich auf Grund einer Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers zu 2) zu entscheiden. Bei Gegenüberstellung des Bedarfs des Antragstellers zu 2) und seines Einkommens ergebe sich ein ungedeckter monatlicher Bedarf in Höhe von 494,00 EUR. Damit drohe ihm eine Unterschreitung seines soziokulturellen Existenzminimums und damit eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2 GG, wenn ihm nicht vorläufig Leistungen der Grundsicherung bewilligt würden. Die Antragsgegnerin sei daher vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller zu 2) zur Sicherung seines Lebensunterhalts vorläufig Grundsicherungsleistungen zu erbringen.

Gegen den, den Bevollmächtigten der Antragsteller vom 21. Juli 2014 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 30.07.2014 und die Antragsgegnerin am 11.08.2014 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Das beigeladene Jobcenter hat seine jüngsten Aktenvorgänge über den Zeitraum bis zum Ende September 2014 vorgelegt.

Der Bevollmächtigte der Antragsteller beantragt,
den Beigeladenen unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 17. Juli 2014 zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1) vorläufig Leistungen nach dem SGB II in angemessenem Umfang zu gewähren sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten über die bisher zu zuerkannten Leistungen hinaus weitere Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren.

Eine Mitwirkungspflicht sei für die Antragstellerin zu 1) bislang nicht begründet worden. Es fehle an einer entsprechenden Entscheidung. Der Antrag sei schlichtweg nicht bearbeitet worden; aus den Mietrückständen und den Schulden bei den Stadtwerken ergebe sich eine hinreichende Eilbedürftigkeit.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde der Beschwerdeführer zurückzuweisen und den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17. Juli 2014 aufzuheben.

Der Beigeladene hat am 24.10.2010 seine weiteren Aktenvorgänge ab 16.09.2014 übersandt. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass die Mieten der Antragsteller für die Monate bis einschließlich September 2014 noch vom Konto der Antragstellerin zu 1) überwiesen worden sind.
Ende Oktober 2014 haben die Antragsteller eine Bestätigung der Besitzeinweisung in das Geschäftslokal vom 20.09.2014 vorgelegt. Schließlich gibt es Rechnungen über die Wohnkosten sowie eine Bescheinigung über die geringfügige Beschäftigung mit Zahlungen bis einschließlich September 2014. Darüber hinaus sind Kontoauszüge des Antragstellers zu 2)bis zum 04.10.2014 (Nummer ...) vorgelegt worden.

Schließlich hat die Antragstellerin zu 1) Kontoauszüge vom 01.09.2014 bis zum 08.10.2014 vorgelegt.

Am 29.10.2014 hat der Beigeladene der Antragstellerin zu 1) Leistungen ab 01.10.2014 bewilligt und dies dem Senat am 05.11.2014 mitgeteilt.

II.

Gegenstand des Beschlussverfahrens ist eine vorläufige Regelung für den am 04.12.2013 bei der Antragsgegnerin gestellten Antrag des Antragstellers zu 2) auf erstmalige Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung. Die erste Instanz hat die Antragsgegnerin bereits verpflichtet, dem Antragsteller zu 2) vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab Antragstellung im einstweiligen Rechtsschutz dem 17.06.2014 bis 30.09.2014 nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 494,00 EUR zu gewähren.

Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 (des § 86b SGG) sind schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).

Der Versagensbescheid vom 26.06.2014 (des Beigeladenen gegenüber der Antragstellerin zu 1) lässt an sich den Sicherungszweck entfallen. Es hätte eines Widerspruchs bedurft. Nach der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist nur eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II. Eine originäre Versagung wirkt unmittelbar. Nur ein Widerspruch hat gemäß § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung bzw. bewirkt ein Rechtsschutzinteresse. Anschließend ist auf entsprechenden Antrag zu prüfen, ob hinsichtlich der begehrten Leistung eine einstweilige Anordnung zu erfolgen hat (vgl. Beschluss des LSG A-Stadt vom 19.08.2009 Aktenzeichen: L 7 AS 541/09 B ER). Aber wie schon beim Antragsteller
zu 2) schien der Beigeladene bereits eine Entscheidung nach § 66 Abs. 3 SGB I zu prüfen und hat tatsächlich am 29.09.4014 einen Bewilligungsbescheid erlassen. Damit war insoweit der Sicherungszweck/Rechtsschutzbedürfnis einer vorläufigen Regelung gegeben.
Bei unbezifferten Klageanträgen ist es sinnvoll, den Antragsteller bzw. seinen Bevollmächtigten aufzufordern, sein Klagebegehren näher zu beziffern. Falls eine Bezifferung unterbleibt, ist die Beschwer zu schätzen. Es ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführer vorzunehmen. Damit ist zumindest für die Antragstellerin zu 1) über einen Zeitraum von drei Monaten voraussichtlich der Beschwerdewert (vergleiche §§ 172 Abs. 3 Nr. 1 ,144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) erreicht. Für die Beschwerde der Antragsgegnerin gilt dies ohnehin angesichts der erfolgten vier Zahlungen über 495 EUR.

Das Bayer. Landessozialgericht ist zur Entscheidung über die Beschwerde in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zuständig (§§ 86b Abs. 3, 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Beschwerden sind zum Teil unbegründet.

Zutreffend hat das SG die Grundlagen seiner Entscheidung dargestellt. Für die Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund). Nach der Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts (z.B. Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05) ist eine abschließende (nicht nur summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen oder, sofern diese nicht möglich ist, eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen, wenn bei den Betroffenen ohne die Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz eine schwere Verletzung ihrer Rechte auch nur möglich ist. Dies erfordert das Grundrecht auf ein Existenzminimum (Art 1 Abs. 1 Grundgesetz - GG) und die Notwendigkeit wirksamen Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG).

Auch in der Sache erfolgte die Anordnung des SG zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses zu Recht. Es wurden weitere Unterlagen vorgelegt, die eine Beurteilung der im Beschluss getroffenen Prognose ermöglichen. Der Zeitraum der getroffenen Anordnung ist zwischenzeitlich abgelaufen. Gerade die rückwirkende Betrachtungsweise zeigt, dass die getroffene Anordnung des SG Bestand hat. Der Kontospiegel der Antragstellerin zu 1) belegt, dass dieses Konto lediglich zur Abwicklung der Mietzahlungen gedient hat (Einzahlungen in Höhe von 1100 EUR am 03.07.2014, 01.08.2014). Auch die Kontoentwicklung beim Antragsteller zu 2) weist insoweit keine Besonderheiten auf. Neben seiner Rente gab es im Wesentlichen nur Zuflüsse durch die Überweisungen der Antragsgegnerin über dreimal 494 EUR am 23.07.2014 und 29.07.2014 und später Ende August. Es ist nicht auszuschließen, dass die dort vorgenommenen Abhebungen zur Bestreitung der Miete eingesetzt worden sind (Ende Juli, Anfang August). Der Lohn aus der geringfügigen Beschäftigung erscheint allerdings nicht auf den Konten selbst. Die Möglichkeit darüber hinausgehender Entnahmen aus Betriebsmitteln ist nicht ausgeschlossen, aber nicht allzu wahrscheinlich. Was die Tätigkeit eines Geschäftsführers betrifft, ist am 09.10.2014 durch das beigeladene Jobcenter ermittelt worden, dass für die Antragstellerin zu 1) eine Stellvertretererlaubnis erteilt worden ist. Wenn aber die späte Besitzeinweisung im September 2014 mit der wohl damit verbundenen Betriebsstilllegung im Zusammenhang betrachtet wird, werden weitere Betriebseinnahmen nicht mehr möglich sein.

Zweifel am Charakter eines Darlehens anstelle einer Vergütung für Geschäftsführung (z.B. Gutschriften vom Sohn in Höhe von monatlich circa 1200 EUR Kontonummer ...) sind damit überflüssig, auch wenn der Antragstellerin zu 1) eine (Gaststätten) Stellvertretererlaubnis erteilt worden ist. Derartige Überlegungen spielen nur eine Rolle bei der Entscheidung in der Hauptsache, die sich auf den im Januar gestellten Antrag mit den angesprochenen Problemen auseinandersetzen muss. Die bestehenden Ungereimtheiten (z.B. Zeitraum zwischen dem 08.01.2010 bis 21.01.2014 auf dem Konto der Antragstellerin Nummer ..., Konto mit der IBAN Nummer ...) lassen für die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz allenfalls Rückschlüsse auf das Ausmaß der Glaubhaftmachung zu. Zumindest eine Entscheidung auf Basis einer Güter- und Folgenabwägung ist damit nicht zu beanstanden. Insgesamt konnte für den zugesprochenen Zeitraum eine Notlage nicht widerlegt werden.

Für höhere Leistungen als die zugesprochenen ergeben sich aber keine Anhaltspunkte. Das SG hat sorgfältig den Bedarf (bis auf die Regelstufe, dazu später) bemessen und ausgeführt, welche Einkünfte voraussichtlich zufließen werden. Diese Erwartungen sind eingetreten, auch wenn die Entrichtung des Lohnes aus geringfügiger Beschäftigung bzw. der Weg der Entrichtung ungeklärt bleibt. Jedenfalls haben die Steuerberater den Lohn als Ausgaben bis einschließlich September bestätigt. Es ist auch nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, die Funktion des Verwaltungsverfahrens zu übernehmen und detailliert im Einzelnen Bedarf und Leistungen zu ermitteln.

Für eine Zuerkennung bzw. Anordnung weiterer Leistungen ab Oktober 2014 besteht an sich zunächst keine Veranlassung. Insoweit ist schon fraglich, ob durch die anwaltlich vertretenen Antragsteller ein entsprechender Antrag gestellt worden ist. Denn der Wortlaut der gestellten Anträge umfasst dies ebenso wenig wie die angeführte Begründung. Eine extensive Auslegung (zum Beispiel Grundsatz der Meistbegünstigung) wie bei nicht vertretenen Klägern ist nicht angezeigt. Im Übrigen fehlt es insoweit an jeglicher Darlegung zu Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, insbesondere an der Mitteilung des Antrags vom 22.10.2014, Az.: S 48 AS 2645/14 ER. Auch insoweit muss nochmals wiederholt werden, dass es nicht Aufgabe des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist, das Verwaltungsverfahren selbst zu betreiben. Fest steht jedenfalls, dass der Antragsteller zu 2) sichere monatliche Renteneinkünfte hat, der Umfang der Kosten für Unterkunft und Heizung einer Regelung durch die Verwaltung bedarf und die Antragstellerin zu 1) erwerbsfähig ist und das Erwerbsvermögens sowie das Einstehenmüssen in einer gemischten BG geklärt werden muss.

Zur Vermeidung einer prekären Lebenslage hält es der Senat in Übereinstimmung mit der eingangs angeführten Spruchtätigkeit des Bundesverfassungsgerichts sowie des verzögerten Entscheidungsverlaufs infolge des parallel betriebenen Verwaltungsverfahrens für angebracht, für zwei Monate eine vorläufige Regelung zu treffen, was aber angesichts der Leistungsbewilligung vom 29.10.2014 durch die Beigeladene hinsichtlich der Antragstellerin zu 1) inzwischen überholt ist. Diese orientiert sich an den Feststellungen der ersten Instanz, die wegen der pauschalierten Betrachtungsweise auch Anwendung finden auf die Antragstellerin zu 1). Eine Korrektur ist aber vorzunehmen in der Höhe des Regelbedarfs. Wegen des Vorliegens einer gemischten Bedarfsgemeinschaft ist für den Antragsteller
zu 2) Regelbedarfsstufe 2 (370 EUR) anzunehmen (Regelsatzfestsetzungsverordnung vom 12. Dezember 2013 der Landeshauptstadt A-Stadt, AMbl. 36, S. 539).

Am 29.10.2014 hat der Beigeladene der Antragstellerin zu 1) aber ohnehin Leistungen ab 01.10.2014 bewilligt.

Dem Antragsteller zu 2) stehen Unterkunftskosten von 405,50 EUR und Regelleistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 A-Stadt (370 EUR) abzüglich der Rente (323 EUR) zu. Seine monatliche Leistungen beträgt 451,50 EUR.

Zusammenfassend sind dem Antragsteller zu 2) für die Monate Juli bis einschließlich November 2014 je 451,50 EUR. von der Antragsgegnerin vorläufig zu leisten. Für die Antragstellerin zu 1) sind von der Beigeladenen in der Hauptsache Leistungen bewilligt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antrag der Antragsgegnerin nur einen geringfügigen Erfolg hatte. Die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) hatte nur zur Hälfte Erfolg. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2) hatte zu einem Drittel Erfolg.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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