L 11 KR 1659/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3372/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1659/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die von einer Schweizer Pensionskasse nach den Regelungen des schweizerischen Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) gezahlte Altersrente ist eine der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente (Anschluss an LSG Baden-Württemberg 20.09.2013, L 4 KR 1984/13).
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.03.2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob monatliche Geldleistungen, die der Kläger von der schweizerischen P. Personalvorsorgestiftung S. Pu. (im Folgenden P.) erhält, im Rahmen der Beitragserhebung in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit dem allgemeinen Beitragssatz (§ 241 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) oder mit einem ermäßigten Beitragssatz (§ 247 Satz 1 SGB V) zu berücksichtigen sind.

Der 1937 geborene Kläger ist seit 01.10.2011 bei der Beklagten als Rentner pflichtversichert. Er bezieht monatlich eine Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund iHv 126,79 EUR, von der Caisse Suisse de compensation eine Rente (AHV-Rente; sog Erste Säule der schweizerischen Altersversorgung) iHv umgerechnet 1.177,69 EUR und von der P. Leistungen iHv umgerechnet 2.656,11 EUR (alle Beträge Stand Dezember 2011). Die Leistungen der P. beruhen auf den Regelungen des schweizerischen Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), sog Zweite Säule der schweizerischen Altersversorgung.

Mit Bescheid vom 19.08.2011 setzte die Beklagte den Beitrag zur GKV für die Leistungen der Caisse Suisse und der P. auf monatlich 471,45 EUR ab 01.10.2011 fest. Dabei betrachtete sie beide Leistungen als Versorgungsbezüge und legte den allgemeinen Beitragssatz von 15,5% zugrunde. Mit Bescheid vom 13.12.2011 ermäßigte sie den GKV-Beitrag auf 387,59 EUR ab 01.01.2012 und ging dabei von Versorgungsbezügen iHv 1.155,29 EUR und ausländischer Rente iHv 2.869,11 EUR aus, berücksichtigt bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 3.825,00 EUR.

Mit Bescheid vom 31.01.2012 setzte die Beklagte die Krankenversicherungsbeiträge ab 01.01.2012 schließlich auf 487,25 EUR fest. Für die ausländische Rente der Caisse Suisse iHv 1.177,69 EUR gelte die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes zuzüglich 0,45% (= 8,2%). Für die Versorgungsbezüge der P. iHv 2.656,11 EUR betrage der Beitragssatz derzeit 15,5%. Angesichts der Beitragsbemessungsgrenze von 3.825,00 belaufe sich der beitragspflichtige Anteil an den Versorgungsbezügen auf 2.520,52 EUR.

Am 15.02.2012 beantragte der Kläger die Überprüfung der Beitragsbescheide für die Zeit ab 01.10.2011 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg (08.12.2011, S 5 KR 2609/11) seien Leistungen der obligatorischen Zweiten Säule der schweizerischen Altersversorgung nicht als Versorgungsbezug, sondern als vergleichbare Rente aus dem Ausland iSv § 228 SGB V zu verbeitragen.

Mit Bescheid vom 16.03.2012 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab, es verbleibe "bei der Beitragsmitteilung vom 31.01.2012". Bei dem Urteil des Sozialgerichts Freiburg handele es sich um einen Einzelfall, höhere Instanzen hätten die Rechtsfrage noch nicht entschieden. Sie vertrete wie der Spitzenverband die Auffassung, Zahlungen der schweizerischen Pensionskasse seien als Versorgungsbezug zu berücksichtigten.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 23.03.2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2012 zurück. Zu den Versorgungsbezügen gehörten nach § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V ua Renten der betrieblichen Altersversorgung. Eine solche Rente liege vor, wenn sie ihren Grund in einem Beschäftigungsverhältnis habe und wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder wegen Alters gezahlt werde. Der gleiche Maßstab gelte für ausländische Versorgungsbezüge. Die schweizerischen Pensionskassen knüpften ihre Leistungen an ein bestimmtes Arbeitsverhältnis, folglich handele es sich um einen Versorgungsbezug.

Hiergegen richtet sich die am 14.09.2012 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Der Kläger verweist darauf, dass er mit der P. keinen Vertrag geschlossen habe, sondern die Versicherung durch den Abschluss des Arbeitsvertrags obligatorisch zustande gekommen sei. Die Beklagte habe sich mit dem Urteil des Sozialgerichts Freiburg nicht auseinandergesetzt. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger sein Überprüfungsbegehren auf die Zeit ab 01.01.2012 beschränkt.

Mit Urteil vom 18.03.2013 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.08.2012 verpflichtet, den Bescheid vom 31.01.2012 insoweit zurückzunehmen, als sie darin für die Zeit ab 01.01.2012 einen höheren Krankenversicherungsbeitrag als monatlich 303,25 EUR festgesetzt habe. Grundlage der Überprüfung sei § 44 SGB X. Zu Unrecht habe die Beklagte im Bescheid vom 31.01.2012 den vom Kläger ab 01.01.2012 zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrag auf monatlich 487,25 EUR festgesetzt. Beiträge aus ausländischen Renten und Versorgungsbezügen trage und zahle der versicherungspflichtige Rentner allein (§ 249a Satz 2 und § 250 Abs 1 Nr 1 SGB V). Im Jahr 2012 habe die Beitragsbemessungsgrenze bei 3.825 EUR gelegen. Hierauf sei vorliegend zunächst die Regelaltersrente der DRV Bund (126,79 EUR) anzurechnen. Es verblieben damit bis zur Beitragsbemessungsgrenze 3.698,21 EUR. Nur in dieser Höhe seien die Rente der Caisse Suisse und die Leistungen der P. als beitragspflichtige Einnahmen zu berücksichtigen. Hinsichtlich beider Leistungen gelte einheitlich ein Beitragssatz von 8,2%. Für die Bemessung der Beiträge aus ausländischen Renten nach § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V gelte die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes (15,5%) zuzüglich 0,45 Beitragssatzpunkte, mithin 8,2% (§ 247 Satz 2 SGB V). Für die Bemessung von Versorgungsbezügen – auch ausländischen - gelte der allgemeine Beitragssatz (§ 248 Satz 1 SGB V). Bei der Rente der Caisse Suisse handele es sich unstreitig um eine ausländische Rente, dies gelte aber auch für die Leistungen der P ... Als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung gälten Renten der allgemeinen und knappschaftlichen Rentenversicherung. Gleiches gelte, wenn vergleichbare Renten aus dem Ausland bezogen würden. Für die Vergleichbarkeit genüge es, wenn die ausländische Leistung im Kern den typischen und wesentlichen Merkmalen der inländischen Leistung entspreche, maßgeblich sei die Funktion der Leistungen. Kennzeichnend für die deutsche Altersrente sei, dass sie erst ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gezahlt werde und als Entgeltersatzleistung den Lebensunterhalt des Rentners sicherstellen solle (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) 18.12.2008, B 11 AL 32/07 R, SozR 4-4300 § 142 Nr 4 = BSGE 102, 211). Wie die Auskunft der P. vom 21.11.2012 ergebe, beruhten die Leistungen auf einer Versicherung des Klägers nach Art 2 BVG. Einen Anspruch auf Altersleistungen der P. hätten Männer ab Vollendung des 65. Lebensjahres (Art 13 Satz 1 BVG) - wie bei der deutschen Regelaltersrente werde das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gefordert. Vergleichbar mit der deutschen Altersrente solle die Leistung nach Art 13 BVG dazu beitragen, den Lebensunterhalt des Rentners zu sichern. Zwar stellten die Altersvorsorgeleistungen im sog Drei-Säulen-System der schweizerischen Altersversorgung nur eine (die Zweite) Säule dar; eine hinreichende Sicherung ergebe sich erst durch das Zusammenwirken von Erster und Zweiter Säule. Dies schließe aber die Vergleichbarkeit mit der deutschen Regelaltersrente nicht aus, denn es genüge, dass die ausländischen Leistungen Teil einer aus mehreren Leistungen bestehenden Gesamtkonzeption seien, die auf die Sicherstellung des Lebensunterhalts ziele. Ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen von 3.698,21 EUR und einem Beitragssatz von 8,2% betrage der vom Kläger ab 01.01.2012 selbst zu zahlende Krankenversicherungsbeitrag monatlich 303,25 EUR.

Gegen das ihr am 08.04.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.04.2013 eingelegte Berufung der Beklagten. Der Auffassung des SG könne nicht gefolgt werden. Als Versorgungsbezüge gälten sämtliche Leistungen, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt würden und unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Beschäftigungsverhältnisses zuflössen (Legaldefinition § 229 SGB V). Dies sei bei Leistungen aus der Zweiten Säule, die bereits mit "berufliche Vorsorge" überschrieben sei, eindeutig der Fall. Es sei unerheblich, ob es sich um eine freiwillige oder eine Pflichtversicherung handele, entscheidend sei der Bezug zu einem Beschäftigungsverhältnis. Das vom SG in Bezug genommene Urteil des BSG sei zum Arbeitslosengeld ergangen. Die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sei darauf ausgelegt, das Existenzminimum im Alter zu sichern. Dies finde sich ebenso in der schweizerischen Altersversorgung, allerdings bereits in der Ersten Säule. Die Zweite Säule sei darauf angelegt, die gewohnte Lebenshaltung fortzusetzen und habe daher eine über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehende Funktion. Dies zeige sich auch an den Zugangsvoraussetzungen, denn die Verpflichtung, sich dort zu versichern, greife erst ab Überschreitung eines gewissen Einkommens. Damit lägen keine der Rente vergleichbaren Leistungen vor, sondern Versorgungsbezüge. Das BSG habe sich im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde (15.05.2014, B 12 KR 86/13 B; vorhergehend Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg 20.09.2013, L 4 KR 1984/13, juris) nicht inhaltlich mit der vorliegenden Problematik auseinandergesetzt. Es gebe eine kassenübergreifende Verständigung, dass eine inhaltliche Entscheidung des BSG erforderlich sei.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.03.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), denn sie betrifft Leistungen, hier Beiträge zur Krankenversicherung, für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet, denn das SG hat den angefochtenen Bescheid zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur teilweisen Rücknahme des Bescheids vom 31.01.2012 verpflichtet. Dieser ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn die in Streit stehenden Leistungen der P. sind nicht als Versorgungsbezüge, sondern als Rente iSv § 228 Abs 1 SGB V zu werten, weshalb für die Bemessung der Beiträge ein Beitragssatz von 8,2% gilt.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist der Bescheid vom 16.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 24.08.2012, mit dem die Beklagte die teilweise Rücknahme des Bescheids vom 31.01.2012 abgelehnt hat (insoweit Anfechtungsklage). Streitig ist allein die Beitragshöhe ab 01.01.2012, so dass maßgebend im Rahmen der Prüfung des Begehrens nach § 44 SGB X (insoweit Verpflichtungsklage) der Bescheid vom 31.01.2012 ist. Dieser hat den Bescheid vom 13.12.2011 in vollem Umfang ersetzt, der damit gegenstandslos geworden ist.

Mit der Klage beim SG wendet sich der Kläger gegen die Beitragsberechnung nur insoweit, als die Beklagte Beiträge zur Krankenversicherung für die von der P. gezahlte Leistung mit einem Beitragssatz von 15,5 % statt nur mit einem Beitragssatz von 8,2 % berechnete. Nicht angefochten ist die Festsetzung der Beiträge wegen der von der Caisse Suisse gezahlten Alterspension sowie auch alle weiteren Berechnungsgrundlagen. Insoweit handelt es sich um teilbare Streitgegenstände (vgl BSG 29.02.2012, B 12 KR 19/09 R, juris).

Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Der Umfang der Beitragspflicht zur Krankenversicherung beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden, vorliegend für die Zeit ab 01.01.2012.

Der Kläger ist in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V). Er hat Beiträge zur GKV aus der Rente der Caisse Suisse und aus den Leistungen der P. zu zahlen, nicht jedoch aus der Regelaltersrente der DRV Bund. Nach § 220 Abs 1 Satz 1 SGB V werden die Mittel der Krankenversicherung unter anderem durch Beiträge aufgebracht. Die Beiträge werden nach § 223 Abs 2 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat (§ 252 Abs 1 Satz 1 SGB V). Beiträge aus ausländischen Renten und aus Versorgungsbezügen trägt der versicherungspflichtige Rentner allein (§ 249a Satz 2 und § 250 Abs 1 Nr 1 SGB V). Für Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung besteht eine abweichende Bestimmung: Gemäß § 225 Abs 1 SGB V zahlt allein der Rentenversicherungsträger die Beiträge, die der Versicherungspflichtige – hälftig – aus seiner Rente zu tragen hat.

Bei einem versicherungspflichtigen Rentner werden der Beitragsbemessung ua der Zahlbetrag einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Zahlbetrag eines Versorgungsbezugs zu Grunde gelegt (§ 237 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V). Erfasst sind auch ausländische Renten und Versorgungsbezüge (§ 237 Satz 2 iVm § 228 Abs 1 Satz 2 und § 229 Abs 1 Satz 2 SGB V). Die beitragspflichtigen Einnahmen sind bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen. Einnahmen, die diesen Betrag übersteigen, bleiben grundsätzlich außer Ansatz (§ 223 Abs 3 SGB V). Erreicht der Zahlbetrag der Rente(n) der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die Beitragsbemessungsgrenze, wird danach der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt (§ 238 SGB V). Im Jahr 2012 betrug die Beitragsbemessungsgrenze monatlich 3.825 EUR. Hierauf ist im Falle des Klägers zunächst die Regelaltersrente (126,79 EUR) der DRV Bund anzurechnen. Zur Beitragsbemessungsgrenze verbleiben somit monatlich 3.698,21 EUR. Maximal bis zu dieser Höhe waren die schweizerischen Leistungen (die in der Summe 3.833,80 EUR betragen) als beitragspflichtige Einnahmen zu berücksichtigen.

Für die schweizerischen Leistungen sowohl der Caisse Suisse – insoweit unstreitig – als auch der P. gilt ein Beitragssatz von 8,2%. Für die Bemessung der Beiträge aus ausländischen Renten nach § 228 Abs 1 Satz 2 SGB V gilt die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes (von 15,5%) zzgl 0,45 Beitragssatzpunkte, mithin ein Beitragssatz von 8,2% (§ 247 Satz 2 SGB V; eingefügt durch Art 4 Nr 9 Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze). Hingegen gilt für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen, auch ausländischen, der allgemeine Beitragssatz (§ 248 Satz 1 SGB V) von 15,5% (§ 241 SGB V in der Fassung des Art 1 Nr 17 Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-FinG] vom 22.12.2010, BGBl I, S 2309). Für die hier zur Beitragsbemessung heranzuziehenden schweizerischen Leistungen iHv 3.698,21 EUR ergeben sich bei einem Beitragssatz von 8,2% daher ab 01.01.2012 zu zahlende Krankenversicherungsbeiträge von monatlich 303,25 EUR, wie das SG zutreffend festgestellt hat.

Nach § 228 Abs 1 SGB V gelten als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung Renten der allgemeinen Rentenversicherung sowie Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich der Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung (Satz 1). Satz 1 gilt auch, wenn vergleichbare Renten aus dem Ausland bezogen werden (Satz 2; eingefügt durch Art 4 Nr 7 Buchst a Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.06.2011 mit Wirkung zum 01.07.2011 [Art 13 Abs 3 Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze]). Nach § 229 Satz 1 Nr 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Satz 1 gilt auch, wenn Leistungen dieser Art aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen werden (§ 229 Satz 2 SGB V). Die Einordnung einer aus dem Ausland gezahlten Leistung als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder als Versorgungsbezug ist erforderlich, weil – wie oben dargestellt - unterschiedliche Beitragssätze Anwendung finden.

Nach dem bis 30.06.2011 geltenden Recht unterlagen aus dem Ausland gezahlte Leistungen nur der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie ein Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Satz 1 Nr 5 SGB V waren. Dazu gehörten Leistungen aus ausländischen öffentlich-rechtlichen Rentensystemen nicht (BSG 10.06.1988, 12 RK 39/87, BSGE 63, 231 = SozR 2200 § 180 Nr 41 zum inhaltsgleichen früheren § 180 Abs 8 Reichsversicherungsordnung [RVO]). Mit der Einfügung des § 228 Satz 2 SGB V beseitigte der Gesetzgeber dies aus Gründen der Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Rentenbezieher, und zwar unabhängig davon, ob die Rente aus einem Mitgliedstaat der EU oder einem Drittstaat bezogen wird. Dies sieht der Gesetzgeber aus Gründen der Gleichbehandlung und der Beitragsgerechtigkeit als angezeigt an (BT-Drucks 17/4978 S 20 und BR-Drucks 846/10 S 30) und war im Hinblick auf Art 5 VO EG Nr 883/2004 erforderlich. Für die Beurteilung, ob eine an den Versicherten gezahlte Leistung ein Versorgungsbezug der betrieblichen Altersversorgung nach § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V ist, stellt das BSG mit einer institutionellen Abgrenzung typisierend darauf ab, dass die Leistung, sei es in Form einer einmaligen Kapitalleistung oder einer Rente, von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird (vgl BSG 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 7).

Die dem Kläger von der P. gezahlte Leistung, die auf dem BVG beruht (Zweite Säule der schweizerischen Altersversorgung), ist eine der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente aus dem Ausland gemäß § 228 Satz 2 SGB V und kein Versorgungsbezug gemäß § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 und Satz 2 SGB V. Der Senat folgt der Auffassung des SG im angefochtenen Urteil sowie des 4. Senats des LSG Baden-Württemberg (20.09.2013, L 4 KR 1984/13, juris; vgl zur Zweiten Säule der schweizerischen Altersvorsorge auch BSG 18.12.2008, B 11 AL 32/07 R, BSGE 102, 211 = SozR 4-4300 § 142 Nr 4; BSG 21.07.2009, B 7/7a AL 36/07 R, juris; LSG Baden-Württemberg, 12.05.2011, L 12 AL 1208/10, juris; BFH 25.03.2010, X B 142/09, BVH/NV 2010, 1275; FG Baden-Württemberg 10.03.2010, 14 K 4048/08, EFG 2010, 1213).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist im Wege der rechtsvergleichenden Qualifizierung zu ermitteln, ob es sich bei der ausländischen Leistung um eine Sozialleistung öffentlich-rechtlicher Art handelt und von Ähnlichkeit bzw Vergleichbarkeit der ausländischen und der inländischen Sozialleistung auszugehen ist (BSG 18.12.2008, aaO). Vergleichbarkeit ist dann anzunehmen, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, dh nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Maßgeblicher Gesichtspunkt sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (BSG 29.10.1997, 7 RAr 10/97, BSGE 81, 134, 138 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2 S 11; BSG 18.12.2008, aaO). Die wesentlichen Gesichtspunkte der deutschen Altersrente sind dabei, dass sie erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gezahlt wird und als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung dient (BSG 18.12.2008, aaO). Gemessen hieran sind die Leistungen der P. einer deutschen Regelaltersrente vergleichbar.

Die schweizerische Pensionskassenrente nach dem BVG ist ein gesetzliches Rentenversicherungssystem. Es deckt die für ein Rentenversicherungssystem typischen Versicherungsfälle des Alters, des Todes und der Invalidität ab und ist unter staatlicher Aufsicht organisiert. In Art 1 Abs 1 BVG ist der Zweck des BVG dahin beschrieben, dass die berufliche Vorsorge alle Maßnahmen auf kollektiver Basis umfasst, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalls (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der AHV die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben. Nach Art 2 Abs 1 BVG unterstehen Arbeitnehmer, die das 17. Altersjahr überschritten haben und bei einem Arbeitgeber einen Jahreslohn von mehr als SFR 21.060,00 (Art 7 BVG) beziehen, der obligatorischen Versicherung. Die obligatorische Versicherung endet ua nach Art 10 Satz 2 Buchst a) BVG, wenn das ordentliche Rentenalter (Art 13 BVG) erreicht wird. Nach Art 13 BVG haben Anspruch auf Altersleistungen Männer, die das 65. Altersjahr, und Frauen, die das 62. Altersjahr, seit 1. Januar 2005 das 64. Altersjahr, zurückgelegt haben (Satz 1). Die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung können abweichend davon vorsehen, dass der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht (Satz 2). Die Altersrente wird in Prozenten des Altersguthabens (Umwandlungssatz) berechnet, das der Versicherte bei Erreichen des Rentenalters erworben hat (Art 14 Abs 1 BVG). Der Mindestumwandlungssatz beträgt 6,8% für das ordentliche Rentenalter (Art 14 Abs 2 BVG). Die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen werden in der Regel als Rente ausgerichtet (Art 37 Abs 1 BVG) und monatlich gezahlt (Art 38 BVG). Träger der Leistungen sind Vorsorgeeinrichtungen, die sich in ein Register für die berufliche Vorsorge bei der Aufsichtsbehörde, der sie unterstehen, eintragen lassen müssen (Art 48 Abs 1 BVG). Registrierte Vorsorgeeinrichtungen – wie die P. - müssen die Rechtsform einer Stiftung oder einer Genossenschaft haben oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts sein. Sie müssen Leistungen nach den Vorschriften über die obligatorische Versicherung erbringen und nach dem BVG organisiert, finanziert und verwaltet werden (Art 48 Abs 2 BVG). Die Versorgungseinrichtungen werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch verwaltet (Art 51 BVG). Die Beiträge werden sowohl von den Arbeitgebern als auch von den Arbeitnehmern getragen (Art 66 BVB).

Die dem Kläger nach dem BVG gezahlte Rentenleistung ist nach alledem eine Altersleistung und entspricht einer Altersrente. Sie setzt wie die deutsche Regelaltersrente nicht nur das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze voraus, sondern soll auch dazu dienen, den Lebensunterhalt des Rentners zu sichern. Zwar stellen die Leistungen nach dem BVG im System der schweizerischen Altersversorgung nur eine (die Zweite) Säule dar. Eine hinreichende Sicherung ergibt sich erst aus dem Zusammenwirken von Erster und Zweiter Säule. Dies schließt aber die Vergleichbarkeit nicht aus, denn es genügt, dass die ausländischen Leistungen – wie hier – Teil einer aus mehreren Leistungen bestehenden Gesamtkonzeption sind, die insgesamt auf die Sicherstellung des Lebensunterhalts zielt (BSG 18.12.2008, aaO). Es spielt daher keine Rolle, dass nach Auffassung der Beklagten die Zweite Säule der schweizerischen Altersversorgungssystems eine über die Sicherung des reinen Lebensunterhalts hinausgehende Funktion habe.

Dass das Urteil des BSG vom 18.12.2008 (aaO) zur Frage des Ruhens eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (§ 142 SGB III in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung, seit 01.04.2012 § 156 Abs 3 SGB III) erging, erfordert für die Krankenversicherung keine andere Beurteilung. In den einzelnen Gebieten der Sozialversicherung kann die rechtliche Einstufung einer Leistung als eine der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente aus dem Ausland oder als Versorgungsbezug nicht unterschiedlich erfolgen (LSG Baden-Württemberg 20.09.2013, aaO).

Soweit die Beklagte meint, es sei unerheblich, ob es sich um eine freiwillige oder um eine Pflichtversicherung handle, entscheidend sei der vorliegende Bezug zu einem Beschäftigungsverhältnis, übersieht sie, dass auch Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung häufig einen Bezug zu einem Beschäftigungsverhältnis haben, weil der Betreffende den Anspruch auf die Rente durch die Zahlung von Beiträgen während seiner Beschäftigung erwirbt. Die nach dem BVG gezahlten Rentenleistungen können nicht mit entsprechenden Leistungen nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gleichgesetzt werden. Die Rentenleistungen des BVG beruhen - wie dargestellt - nach Art 2 Abs 1 BVG auf einer obligatorischen Versicherung und damit auf einer Pflichtversicherung. Der Kläger konnte sich dem nicht entziehen. Dies ist nach Auffassung des Senats ein weiterer zu beachtender Gesichtspunkt. Leistungen nach dem BetrAVG erhält der Arbeitnehmer demgegenüber nur bei einer Zusage des Arbeitgebers, wobei der Arbeitgeber zu einer Zusage nicht verpflichtet ist. Zudem haben die Leistungen nach dem BVG einen öffentlich-rechtlichen Charakter (BSG 21.07.2009, aaO), während die Leistungen nach dem BetrAVG im Regelfall privat-rechtlichen Charakter haben (LSG Baden-Württemberg 20.09.2013, aaO).

All dies bestätigt, dass die Pensionsleistungen der P. im Rahmen der Zweiten Säule der schweizerischen Altersversorgung der Regelaltersrente nach deutschem Recht wesentlich näher stehen als Versorgungsbezügen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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