L 11 EG 2798/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 EG 219/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 2798/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.05.2014 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger beanspruchen die Gewährung von Elterngeld über die bereits bewilligten Zeiträume hinaus.

Der 1983 geborene Kläger und die 1982 geborene Klägerin sind verheiratet und Eltern der am 05.05.2013 geborenen Zwillinge K. M. G. (K) und H. M. E. (H). Die Klägerin bezog vom 28.03 bis 01.08.2013 Mutterschaftsgeld iHv 13,00 EUR kalendertäglich und einen Arbeitgeberzuschuss iHv 58,42 EUR kalendertäglich. In der Zeit von März 2012 bis Februar 2013 erzielte sie Einkommen aus abhängiger Beschäftigung iHv 42.484,80 EUR. Der Kläger erzielte im Zeitraum Mai 2012 bis April 2013 Einkommen aus abhängiger Beschäftigung iHv 45.015,00 EUR. Nach der Geburt der Zwillinge gaben beide Eltern ihre Erwerbstätigkeit auf. Am 30.07.2013 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat von H und den 13. und 14. Lebensmonat von K; der Kläger beantragte Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat von K und den 13. und 14. Lebensmonat von H.

Mit Bescheid vom 10.10.2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate von H iHv 1.635,82 EUR monatlich, wobei sich der Auszahlungsbetrag durch Anrechnung von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss in den ersten beiden Monaten auf Null und im dritten Lebensmonat auf 158,31 EUR reduzierte. Mit weiterem Bescheid vom 10.10.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Elterngeld an die Klägerin für den 13. und 14. Lebensmonat von K ab. Mit Änderungsbescheid vom 15.11.2013 gewährte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für K für den dritten Lebensmonat iHv 158,31 EUR. Unter Berücksichtigung der durch den Bezug von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss als verbraucht geltenden ersten drei Lebensmonate sei dies die günstigste Elterngeldbewilligung; für die Lebensmonate 13 und 14 verblieb es bei der Ablehnung.

Mit Bescheid vom 15.11.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für die ersten elf Lebensmonate von K iHv 1.665,08 EUR, für den zwölften Lebensmonat wurde die Gewährung abgelehnt. Für den 13. und 14. Lebensmonat von H erhielt der Kläger mit Bescheid vom 30.10.2013 Elterngeld iHv 1.665,08 EUR.

Zur Begründung ihrer Entscheidungen führte die Beklagte aus, dass die Eltern insgesamt einen Anspruch auf zwölf Monatsbeträge sowie zwei weitere Monatsbeträge an Elterngeld hätten, soweit eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolge. Ein Elternteil könne mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil Mutterschaftsleistungen in Form des Mutterschaftsgeldes oder des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld zustünden, gälten als Monate, für die dieser Elternteil Elterngeld beziehe. Wegen der erhaltenen Mutterschaftsleistungen seien für jedes Kind drei Monate Elterngeld als bereits bezogen anzusehen.

Die Klägerin legte am 11.11.2013 gegen den Bewilligungsbescheid vom 10.10.2013 Widerspruch ein wegen der Kürzung des Elterngeldes in den ersten drei Lebensmonaten von H. Mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 20.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Ebenfalls am 11.11.2013 legte die Klägerin Widerspruch ein gegen den Bescheid vom 10.10.2013 wegen Ablehnung der Gewährung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von K. Das Mutterschaftsgeld könne nicht parallel bei beiden Kindern angerechnet werden, wenn es nur einmal bezahlt werde. Gegen den Änderungsbescheid vom 15.11.2013 legte sie ebenfalls Widerspruch ein. Der Kläger widersprach am 12.12.2013 der Ablehnung von Elterngeld für den 12. Lebensmonat von K.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 20.12.2013 wies die Beklagte jeweils die Widersprüche zurück. Sie bezog sich zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, SozR 4-7837 § 1 Nr 4). Das BSG habe entschieden, dass auch bei Bezug eigenständiger Elterngeldansprüche für Mehrlinge § 4 Abs 3 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) aF gelte, wonach Lebensmonate des Kindes, in denen der berechtigten Person Mutterschaftsleistungen zustünden, als Monate gälten, für die sie Elterngeld beziehe. Dementsprechend seien insbesondere Lebensmonate, in denen die Mutter Mutterschaftsleistungen während der für Mehrlinge auf mindestens zwölf Wochen verlängerten Mutterschutzfristen beziehe, hinsichtlich der Elterngeldansprüche für alle Mehrlinge als Bezugsmonate der Mutter zu behandeln. In diesen Fällen verringere sich die höchstmögliche Zahl der Monatsbeträge, die von der anderen berechtigten Person je Mehrling in Anspruch genommen werde könne, um mindestens drei, im Falle von Frühgeburten ggf auch um vier oder fünf Monate. Der Vater habe damit je Mehrling einen Anspruch auf höchstens elf Monatsbeträge, wenn die Mutter Mutterschaftsleistungen beziehe.

Am 22.01.2014 haben der Kläger (S 6 EG 219/14 – Elterngeld für den 12. Lebensmonat von K) und die Klägerin (S 6 EG 220/14 – Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von K) zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Das SG hat beide Klagen mit Beschluss vom 07.02.2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Zur Begründung der Klagen haben die Kläger vorgetragen, es sei zwar richtig, dass grundsätzlich Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss als Einkommensersatzleistung bei der Berechnung des Elterngeldes nicht unberücksichtigt bleiben könnten. § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG diene bei Einlingsgeburten einem sinnvollen und nachvollziehbaren Zweck, denn es werde eine Umgehung der Anrechnungsregelung in § 3 Abs 1 BEEG allein im Wege geschickter Verteilung der Bezugsmonate verhindert. Bei Mehrlingsgeburten könne die Vorschrift zu systematischen Verwerfungen und verfassungsrechtlichen Problemen führen, wenn sie für jeden Mehrling von Neuem angewandt werde, während beide Elternteile für die gesamten ersten 14 Lebensmonate der Kinderbetreuung gegenüber eigener Erwerbstätigkeit den Vorzug gäben. Der Gesetzgeber habe bei der Gestaltung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG die Möglichkeit des parallelen Elterngeldbezugs durch beide Elternteile nicht bedacht. Dann verzichteten nämlich beide Elternteile auf eine Erwerbstätigkeit, der Vater erhalte jedoch keinen den Mutterschaftsleistungen entsprechenden Einkommensersatz. Fielen für jedes Kind drei Bezugsmonate der Anrechnung zum Opfer, verlören die Eltern sechs Monate Einkommensersatz, erhielten jedoch nur für drei Monate Mutterschaftsleistungen. Durch den Bezug von Mutterschaftsleistungen stehe die Familie hier für drei Monate um etwa 1.200,00 EUR schlechter dar als wenn keine Mutterschaftsleistungen bezogen worden wären. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebiete, dass keine Wertungswidersprüche aus der Anwendbarkeit verschiedener Normen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen entstünden. Da das BEEG auf die Mutterschaftsleistungen Bezug nehme, sei einer solchen Widersprüchlichkeit auf der Ebene des BEEG zu begegnen.

Es liege eine Ungleichbehandlung iSd Art 3 Grundgesetz (GG) vor etwa im Vergleich zum Fall einer Zwillingsadoption. Hier erhielten die Eltern keine Mutterschaftsleistungen und könnten daher für bis zu 28 entgangene Monatseinkommen innerhalb der ersten 14 Lebensmonate der Kinder Ersatzleistungen nach dem BEEG beanspruchen. Die Ungleichbehandlung gegenüber leiblichen Kindern, für die wegen Berücksichtigung der Mutterschaftsleistungen nur für 25 Monatseinkommen Ersatzleistungen bezogen werden könnten, sei nicht zu rechtfertigen. Ebenso liege eine Ungleichbehandlung vor im Verhältnis zu Partnern einer eingetragenen Lebensgemeinschaft, wenn es sich dabei um zwei Frauen handele, die jeweils zeitgleich ein Kind zur Welt brächten; beide könnten für beide Kinder Elterngeld beanspruchen, erhielten jedoch auch beide Mutterschaftsleistungen. Verstärkt würden die Wertungswidersprüche in Fällen, in denen die Bezugsdauer von Mutterschaftsleistungen noch erweitert werde, etwa bei Frühgeburten. Zudem solle das Mutterschaftsgeld die Geburtsfolgen für die Mutter auffangen und werde nicht für die Betreuung der Kinder gezahlt. Es sei daher systematisch unstimmig, diese Lebensmonate auch für den Elterngeldanspruch des Vaters komplett zu streichen. § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG sei daher verfassungskonform dahin auszulegen, dass er im Fall einer Mehrlingsgeburt nur für einen Mehrling anwendbar sei. Die Regelung müsse nicht zwingend so verstanden werden, dass die betreffenden Monate als solche gälten, in denen der Berechtigte Elterngeld für sämtliche Kinder beziehe. Selbst wenn der Wortlaut die vorgeschlagene Auslegung nicht decken sollte, sei eine teleologische Reduktion geboten und zulässig. Gehe man von einer Regelungslücke aus, könne diese – als anderer methodischer Begründungsansatz - im Wege der analogen Anwendung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG für lediglich einen Mehrling erfolgen.

Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 23.05.2014 abgewiesen. Streitig sei allein der Bezugszeitraum des Elterngeldes auf der Grundlage des § 4 BEEG. Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach § 3 Abs 1 Nr 1 BEEG Mutterschaftsgeld oder sonstige anzurechnende Einnahmen zustehen, gälten als Monate, für die dieser Elternteil Elterngeld beziehe (§ 4 Abs 3 Satz 2 BEEG). Den Klägern stünden auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG (27.06.2013 aaO) für jedes Kind 14 Monate an Elterngeld zu. Dem Kläger seien für K Leistungen für den 1. bis 11. Lebensmonat bewilligt worden. Dem Bezug für den 12. Lebensmonat stehe § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG entgegen, denn der Klägerin sei nach der Geburt für die Zeit vom 05.05. bis 01.08.2013 Mutterschaftsgeld gezahlt worden. Der 1. bis 3. Lebensmonat von K gälten daher als Monate, in denen der Klägerin Elterngeld zugestanden habe. Danach seien bereits drei der 14 möglichen Bezugsmonate verbraucht. Für den Kläger verblieben damit nur noch elf Monate. Dasselbe gelte dem Grunde nach für die Klägerin, die daher für den 13. und 14. Lebensmonat von K keinen Anspruch auf Elterngeld habe. Über den Mutterschaftsbezug würden bereits drei Monate des Elterngeldbezugs angerechnet. Ergänzt werde dies durch den Änderungsbescheid vom 15.11.2013, der für den 3. Lebensmonat zusätzlich weitere 158,31 EUR an Elterngeld zuerkenne. Soweit die Kläger als bedenklich ansähen, dass das Mutterschaftsgeld auf das Elterngeld für beide Kinder angerechnet werde, entspreche dies der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG 27.06.2013, aaO). Zum einen sei der Wortlaut des Gesetzes eindeutig, zum anderen würden auch Sinn und Zweck des Elterngeldes durch diese Verfahrensweise gewahrt. § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG ergänze die Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG. Die Vorschrift diene dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden. Das vorrangige Mutterschaftsgeld verdränge das Elterngeld (unter Hinweis auf BT-Drs 16/1889 S 22). Diese Argumentation treffe auch auf den Fall einer Zwillingsgeburt zu. Der Klägerin hätten für einen Monat mit 31 Tagen Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss iHv 2.214,02 EUR zugestanden. Dieser Betrag übersteige den Anspruch des Klägers auf Elterngeld iHv 1.365,08 EUR (ohne Mehrlingszuschlag von 300,00 EUR) und der Klägerin iHv 1.335,82 EUR. Lasse man den Mehrlingszuschlag unberücksichtigt, deckten die Leistungen sogar 80% des Elterngeldanspruchs beider Eltern ab. Einen Verfassungsverstoß vermöge das SG hierin nicht zu erkennen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Die vom Kläger genannten Vergleichsgruppen seien keine wesentlich gleichen Sachverhalte; bei Zwillingsadoption werde überhaupt kein Mutterschaftsgeld gezahlt. Selbst wenn man beide Sachverhalte vergleichen wollte, wäre bei einer Zwillingsgeburt 80% des Elterngeldes beider Eltern durch Mutterschaftsleistungen abgedeckt, was jedenfalls keine unverhältnismäßige Ungleichbehandlung darstelle. Im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit stehe dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zu.

Gegen das ihnen am 05.06.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.07.2014 eingelegte Berufung der Kläger. Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.05.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2013 zu verurteilen, ihm auch für den zwölften Lebensmonat von K Elterngeld iHv 1.665,08 EUR zu gewähren.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.05.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10.10.2013 sowie Änderung des Änderungsbescheids vom 15.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2013 zu verurteilen, ihr für den 13. und 14. Lebensmonat von K Elterngeld iHv jeweils 1.635,82 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Das BSG habe die hier in Frage stehende Problematik der Anrechnung von Mutterschaftsleistungen bei beiden Zwillingen erst vor kurzem entschieden (Urteil vom 27.06.2013, aaO). Die Beklagte und das SG hätten sich an die gesetzliche Regelung gehalten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Kläger, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, haben keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Kläger sind statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 15.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2013 und vom 10.10.2013, abgeändert durch Bescheid vom 15.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Elterngeld für den 12. Lebensmonat von K, die Klägerin keinen Anspruch auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von K.

Die geltend gemachten Ansprüche richten sich nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - vom 05.12.2006 [BGBl I 2006, S 2748ff], in Kraft getreten durch Art 3 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes am 01.01.2007, zuletzt geändert durch Art 1 des Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes vom 15.02.2013 [BGBl I 2013, S 254 ff]). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG für einen Anspruch dem Grunde nach sind erfüllt. Die Kläger hatten auch während der ersten 14 Lebensmonate des am 05.05.2013 geborenen K ihren Wohnsitz in Deutschland, lebten mit diesem in einem Haushalt, betreuten und erzogen das Kind und übten keine Erwerbstätigkeit aus (§ 1 Abs 6 BEEG). Sie beantragten das Elterngeld schriftlich am 30.07.2013 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Geburt ihrer Zwillinge (§ 7 Abs 1 BEEG).

Elterngeld kann in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden (§ 4 Abs 1 Satz 1 BEEG). Es wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt. Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen (§ 4 Abs 2 BEEG). Ein Elternteil kann mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen (§ 4 Abs 3 Satz 1 BEEG). Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach § 3 Abs 1 Nr 1 bis 3 anzurechnende Einnahmen zustehen, gelten als Monate, für die dieser Elternteil Elterngeld bezieht (§ 4 Abs 3 Satz 2 BEEG). Bei Zwillingsgeburten steht den Eltern für jedes Kind Elterngeld im gesetzlichen Umfang von bis zu 14 Monatsbeträgen zu (BSG 27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, SozR 4-7837 § 1 Nr 4).

Gemäß § 3 BEEG werden Mutterschaftsleistungen in Form des Mutterschaftsgeldes nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte und des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 14 des Mutterschutzgesetzes, die der berechtigten Person für die Zeit ab dem Tag der Geburt des Kindes zustehen, auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 BEEG oder nach § 2 BEEG iVm § 2a BEEG angerechnet. Das gleiche gilt für Dienst- und Anwärterbezüge sowie Zuschüsse, die der berechtigten Person nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften für die Zeit eines Beschäftigungsverbots ab dem Tag der Geburt des Kindes zustehen. Stehen der berechtigten Person die Einnahmen nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen.

Da die Klägerin nach der Geburt ihrer Kinder bis zum 01.08.2013 Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 EUR kalendertäglich und einen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 58,42 EUR erhalten hat, besteht für die Klägerin für den 1. und 2. Lebensmonat der Kinder kein Anspruch auf Elterngeld. Für den 3. Lebensmonat von K beträgt ihr Anspruch auf Elterngeld 158,31 EUR (Änderungsbescheid vom 15.11.2013). Die von der Beklagten insoweit erfolgte Neuberechnung ist für die Klägerin günstiger, da die gesamten ersten drei Lebensmonate wegen des Bezugs der og Leistungen nach der Fiktion des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG ohnehin als Bezugsmonate der Klägerin gelten (vgl BSG 26.05.2011, B 10 EG 11/10 R, juris). Die Anrechnungsvorschrift gilt unabhängig davon, ob die Geburt zum oder vor dem errechneten Termin erfolgte (BSG 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R, SozR 4-7837 § 3 Nr 1). Damit sind drei Monate der Bezugszeit von Elterngeld für K verbraucht. Der Kläger hat antragsgemäß für den 1. bis 11. Lebensmonat von K Elterngeld iHv 1.665,08 EUR erhalten (Bescheid vom 15.11.2013). Damit sind insgesamt 14 Monate und damit die Höchstdauer der Bezugszeit für beide Eltern nach § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG erfüllt. Weiteres Elterngeld für den 12. bis 14. Lebensmonat von K können die Kläger nach dem Gesetz nicht verlangen.

Durch die gesetzliche Fiktion von Elterngeldbezugsmonaten werden die Lebensmonate des Kindes mit zeitlich kongruenten anzurechnenden Leistungen, wie das nach § 3 Abs 1 Satz 1 BEEG anzurechnende Mutterschaftsgeld, kraft Gesetzes zwingend der Person zugeordnet, die Anspruch auf die anzurechnende Leistung hat. Dies ist beim Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 1 RVO die Mutter. § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG ergänzt die Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG. Durch eine zwingende gesetzliche Zuordnung von Bezugsmonaten, in denen nach diesen Vorschriften anzurechnende Leistungen zustehen, werden die sich aus § 5 Abs 1 und 2 BEEG ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten der Eltern (Bestimmung des anspruchsberechtigten Elternteils) eingeschränkt. Die Vorschrift stellt damit sicher, dass die Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG nicht durch eine entsprechende Gestaltung der Bezugsberechtigung von den Eltern umgangen werden. Sie dient - wie die Anrechnungsregelungen - dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden. Mit der Anrechnung verdrängt das vorrangige Mutterschaftsgeld das Elterngeld, soweit es für denselben Bezugszeitraum zu erbringen wäre (zum Ganzen BSG 26.05.2011, B 10 EG 12/10 R, SozR 4-7837 § 4 Nr 2 mwN). Für Mehrlinge hat der Gesetzgeber insoweit keine abweichende Regelung getroffen (BSG 27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, SozR 4-7837 § 1 Nr 4).

In der Gesetzesbegründung zu § 3 Abs 1 BEEG heißt es dazu (BT-Drs 16/1889 S 22): "Absatz 1 betrifft das Verhältnis von Elterngeld und Mutterschaftsleistungen Diese Leistungen und das Elterngeld dienen insoweit dem gleichen Zweck, als sie für den gleichen Leistungszeitraum aus demselben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen. Sie können deshalb nicht nebeneinander gewährt werden. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, ist im Falle gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt. Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Leistungen sind für den beschränkten Zeitraum und den eingeschränkten Berechtigtenkreis auch wegen des grundsätzlich weitergehenden Umfangs als vorrangige Leistung gegenüber dem Elterngeld anzusehen und deshalb auf das Elterngeld anzurechnen."

An dieser Zielsetzung ändert sich nichts dadurch, dass bei Zwillingsgeburten für jedes Kind jeder Elternteil die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen kann und zudem das Elterngeld bei Mehrlingsgeburt die damit verbundene besondere Belastung der Eltern mit einem Erhöhungsbetrag berücksichtigt (BT-Drs 16/1889 S 21). Für die von den Klägern angestrebte verfassungskonforme Auslegung von § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG ist damit kein Raum.

Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen auch nicht gegen das GG. Ein Verstoß gegen Art 3 GG, wonach die Kläger gegenüber Adoptiveltern von Zwillingen benachteiligt werden, ist nicht gegeben. Gleiches gilt im Vergleich zu Partnerinnen eingetragener Lebenspartnerschaften, die zeitgleich ein Kind gebären. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des BVerfG: BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 §1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN).

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; ständige Rechtsprechung). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12 S 25; BVerfGE 67, 70, 85f; ständige Rechtsprechung). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96f; 105, 73, 110f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus könne im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip Art 20 Abs 1 GG von Bedeutung sein.

Die von den Klägern gewählten Vergleichsgruppen weisen insoweit Unterschiede gegenüber der hier vorliegenden Konstellation von Zwillingseltern auf, als dass Adoptiveltern gar keinen Anspruch auf Mutterschaftsleistungen und Partnerinnen eingetragener Lebenspartnerschaften ggf beide einen entsprechenden Anspruch haben. Es handelt sich daher schon nicht um identische Sachverhalte. Wie das SG zutreffend und überzeugend vorgerechnet hat, werden hier durch die Mutterschaftsleistungen zudem 80% der Elterngeldansprüche für beide Elternteile abgedeckt. Bei dieser Vergleichsberechnung durfte der Mehrlingszuschlag von 300 EUR außer Betracht bleiben, denn dieser hat keine Einkommensersatzfunktion (BSG 27.06.2013, B 10 EG 8/12 R, aaO). Die somit nur geringfügige wirtschaftliche Schlechterstellung von Zwillingseltern, die beide für den gesamten Zeitraum von 14 Monaten ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, im Vergleich zu Zwillingseltern ohne Bezug von Mutterschaftsleistungen ist nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber darf generalisieren und pauschalieren, er muss – und kann - nicht für jede denkbare Fallkonstellation die optimale und bestmögliche Lösung regeln. Praktikabilität und Einfachheit des Rechts sind im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).

Soweit durch den Bezug von Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss faktisch die Anspruchsdauer von Elterngeld verkürzt wird, wird auch die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise berührt, denn weder indirekt noch direkt wird ein Zwang auf die Eltern ausgeübt, anstelle der Kinderbetreuung wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Solange die Mutter Mutterschaftsgeld bezieht, besteht ein Beschäftigungsverbot. Die insoweit erforderliche Förderungs- und Unterstützungspflicht erfüllt der Staat durch die Regelungen des Mutterschutzgesetzes. Durch die Kombination von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss werden Frauen während des Beschäftigungsverbots so abgesichert, dass kein Anreiz besteht, unter Inkaufnahme gesundheitlicher Risiken zum Zwecke der Existenzsicherung zu arbeiten (BVerfG 18.11.2003, 1 BvR 302/96, BVerfGE 109, 64). Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Zielen wie auch fiskalischen Interessen dienen (BSG 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R, SozR 4-7838 § 3 Nr 1). Eine Zweckverfehlung des Elterngeldes in der hier vorliegenden Konstellation ist angesichts der begrenzten Auswirkungen für drei Monate nicht zu erkennen. Darüber hinaus verpflichtet Art 6 Abs 1 GG den Gesetzgeber nicht dazu, die familiäre Eigenbetreuung von Kindern in einem weiteren Umfang zu fördern, als dies bereits durch die Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit geschieht (vgl BVerfG 06.06.2011, 1 BvR 2712/09, NJW 2011, 2869).

Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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