Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3865/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2933/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.04.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch nicht im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Laserepilation der Gesichts- und sonstigen Körperbehaarung geltend.
Die Klägerin ist 1987 geboren. Bei ihr besteht eine Transsexualität Mann zu Frau nach den Kriterien des ICD 10 F64.0. Nachdem die Beklagte, bei der die Klägerin krankenversichert ist, zunächst mehrere Anträge der Klägerin auf Übernahme der Kosten für eine Epilationsbehandlung abgelehnt hatte, weil ihrer Meinung nach die für geschlechtsangleichende therapeutischen Maßnahmen notwendige gegengeschlechtliche Hormonsubstitution noch nicht ausreichend lange durchgeführt worden war, anerkannte sie auf der Grundlage eines sozialmedizinischen Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 01.02.2013 mit Bescheid vom 11.03.2013, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Epilation im Gesichtsbereich vorlägen, nicht aber für andere Körperregionen. Sie lehnte es jedoch ab, die Kosten für eine Laserepilation zu übernehmen. Die Epilation mittels Lasers zeige keinen langfristigen Behandlungserfolg, weshalb sie vom GBA nicht anerkannt sei. Es bestehe die Möglichkeit einer Epilation mittels Elektrokoagulation. Diese Behandlung könne der Arzt direkt mit der Krankenkasse abrechnen.
Dagegen reichte die Klägerin am 11.04.2013 Widerspruch ein. Es sei ihr von Anfang an um eine Laserepilationstherapie im Bereich Gesicht und Körper gegangen. Trotz zwölfmonatiger Hormonbehandlung bestehe nach wie vor eine ausgeprägte Hypertrichose bei männlichem Haarverteilungsmuster. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar liege bei der Klägerin eine Mann-zu-Frau-Transsexualität vor, des Weiteren habe der MDK auch bestätigt, das männlicher Haarwuchs im Bereich des Gesichts vorliege. Deshalb bestehe grundsätzlich Anspruch auf Maßnahmen der Krankenbehandlung. Allerdings müsse die Leistung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfe das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nur erbracht werden, wenn der GBA entsprechend Empfehlungen abgegeben habe. Als Methode zur Behandlung eines entstellenden Haarwuchses könne die Epilation durch Elektrokoagulation zu Lasten der Beklagten erbracht werden. Hinsichtlich der Laserepilation habe der GBA keine Empfehlung abgegeben, diese sei daher kein Bestandteil der vertragsärztlichen Leistung und könne von der Klägerin nicht beansprucht werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.07.2013 Klage erhoben, mit der sie die Kostenübernahme einer Laserepilation der Gesichts- und sonstigen Körperbehaarung begehrt. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus hat sie vorgetragen, dass sie sämtliche von ihr geforderten Schritte bzw Unterlagen für die Laserbehandlung vorgelegt habe. Bei der Elektrokoagulation handele es sich um eine veraltete Technik. Zu dem benötige sie Haarentfernung am ganzen Körper. Diese sei vor der endgültigen Operation, insbesondere auch im Genitalbereich, erforderlich. Die Kosten für Elektrokoagulation seien zudem im Vergleich zur Laserepilation vergleichbar hoch, wenn nicht sogar höher, da durch die Laserepilation die Therapiezeit verkürzt werde.
Mit Urteil vom 09.04.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V grundsätzlich zur Gewährung einer ärztlichen Behandlung der Klägerin verpflichtet sei, diese Verpflichtung umfasse jedoch nicht die Behandlung durch eine Laserepilation, denn dabei handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um eine neue Behandlungsmethode. Danach sei die Behandlungsmethode neu, wenn sie bisher nicht als abrechnungsfähige Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten sei. Dies sei bei der Laserepilation der Fall. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Leistung über die Grundsätze des sogenannten Systemversagens, da mit der Nadelepilation eine bewährte Behandlungsmethode zur Verfügung stünde. Es lägen auch keine medizinischen Gründe vor, die einer Behandlung der Klägerin mit dieser Methode entgegen stünden. Ein Anspruch ergebe sich im Übrigen auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98). Das Urteil ist der Klägerin am 13.06.2014 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt worden.
Am 14.07.2014 (Montag) hat die Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass das Urteil erster Instanz das Krankheitsbild der Transsexualität nicht ausreichend bei seiner Entscheidung berücksichtigt habe. Darüber hinaus müsse beachtet werden, dass in anderen Städten für transsexuelle Patienten eine Kostenzusage für eine Laserepilation durch die Krankenkasse erfolge.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.04.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine im Gesicht und am Körper durchzuführende Laserepilation zu übernehmen bzw. zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin am 25.09.2014 wurde darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, das Verfahren durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die Berufung gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise angehört worden.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat in dem angefochtenen Urteil mit zutreffender Begründung entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Bewilligung der Laserepilationsbehandlung zu Lasten der Beklagten hat.
Nach § 27 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nrn 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs 1 Satz 1 SGB V). Der Anspruch auf Krankbehandlung umfasst jedoch nur solche Leistungen, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§§ 2 Abs 1 und 12 Abs 1 SGB V). Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien gemäß § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinie auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Die Krankenkassen sind deshalb nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder der behandelnden Ärzte positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürworten (BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137).
"Neu" ist eine Methode, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM enthalten ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 16 mwN). Gemessen daran ist die Laserepilation neu. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können.
Ein Ausnahmefall des Systemversagens liegt nicht vor. Ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V vorgestellten Verbots und Erlaubnisvorbehalts kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht und nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 12 mwN). Ein solches Systemversagen kann aber nur dann zum Tragen kommen, wenn es keine zugelassene wirksame Behandlungsmethode für die betreffende Krankheit gibt. Im vorliegenden Fall steht jedoch mit der Nadelepilation eine wirksame Behandlungsmethode zur Verfügung und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Behandlungsmethode bei der Klägerin unwirksam sein könnte. Vielmehr hat die Klägerin selbst ausgeführt, dass bei ihr die Nadelepilation im Bereich des Haarwuchses im Gesicht erfolgreich angewandt wurde.
Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung stützen (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12). Der Gesetzgeber hat den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.11.2011, BGBl I 22983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor; 2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung; 3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Im vorliegenden Fall fehlen bereits Hinweise darauf, dass die Erkrankung der Klägerin lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verläuft. Darüber hinaus steht mit der Nadelepilation eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung. Dass es sich um ein langjähriges Verfahren handelt, das mit hohem Zeitaufwand und möglicherweise auch mit zeitweiligen Schmerzen der zu behandelnden Stellen verbunden sein kann, schließt die Behandlung grundsätzlich nicht aus. Bei auftretenden Schmerzen kann erforderlichenfalls eine lokale Betäubung erfolgen. Im Übrigen ist auch die Behandlung mittels Laserepilation nicht völlig schmerzfrei (LSG Niedersachsen-Bremen 17.10.2012, L 1 KR 443/11).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch nicht im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Laserepilation der Gesichts- und sonstigen Körperbehaarung geltend.
Die Klägerin ist 1987 geboren. Bei ihr besteht eine Transsexualität Mann zu Frau nach den Kriterien des ICD 10 F64.0. Nachdem die Beklagte, bei der die Klägerin krankenversichert ist, zunächst mehrere Anträge der Klägerin auf Übernahme der Kosten für eine Epilationsbehandlung abgelehnt hatte, weil ihrer Meinung nach die für geschlechtsangleichende therapeutischen Maßnahmen notwendige gegengeschlechtliche Hormonsubstitution noch nicht ausreichend lange durchgeführt worden war, anerkannte sie auf der Grundlage eines sozialmedizinischen Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 01.02.2013 mit Bescheid vom 11.03.2013, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Epilation im Gesichtsbereich vorlägen, nicht aber für andere Körperregionen. Sie lehnte es jedoch ab, die Kosten für eine Laserepilation zu übernehmen. Die Epilation mittels Lasers zeige keinen langfristigen Behandlungserfolg, weshalb sie vom GBA nicht anerkannt sei. Es bestehe die Möglichkeit einer Epilation mittels Elektrokoagulation. Diese Behandlung könne der Arzt direkt mit der Krankenkasse abrechnen.
Dagegen reichte die Klägerin am 11.04.2013 Widerspruch ein. Es sei ihr von Anfang an um eine Laserepilationstherapie im Bereich Gesicht und Körper gegangen. Trotz zwölfmonatiger Hormonbehandlung bestehe nach wie vor eine ausgeprägte Hypertrichose bei männlichem Haarverteilungsmuster. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar liege bei der Klägerin eine Mann-zu-Frau-Transsexualität vor, des Weiteren habe der MDK auch bestätigt, das männlicher Haarwuchs im Bereich des Gesichts vorliege. Deshalb bestehe grundsätzlich Anspruch auf Maßnahmen der Krankenbehandlung. Allerdings müsse die Leistung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfe das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nur erbracht werden, wenn der GBA entsprechend Empfehlungen abgegeben habe. Als Methode zur Behandlung eines entstellenden Haarwuchses könne die Epilation durch Elektrokoagulation zu Lasten der Beklagten erbracht werden. Hinsichtlich der Laserepilation habe der GBA keine Empfehlung abgegeben, diese sei daher kein Bestandteil der vertragsärztlichen Leistung und könne von der Klägerin nicht beansprucht werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.07.2013 Klage erhoben, mit der sie die Kostenübernahme einer Laserepilation der Gesichts- und sonstigen Körperbehaarung begehrt. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus hat sie vorgetragen, dass sie sämtliche von ihr geforderten Schritte bzw Unterlagen für die Laserbehandlung vorgelegt habe. Bei der Elektrokoagulation handele es sich um eine veraltete Technik. Zu dem benötige sie Haarentfernung am ganzen Körper. Diese sei vor der endgültigen Operation, insbesondere auch im Genitalbereich, erforderlich. Die Kosten für Elektrokoagulation seien zudem im Vergleich zur Laserepilation vergleichbar hoch, wenn nicht sogar höher, da durch die Laserepilation die Therapiezeit verkürzt werde.
Mit Urteil vom 09.04.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V grundsätzlich zur Gewährung einer ärztlichen Behandlung der Klägerin verpflichtet sei, diese Verpflichtung umfasse jedoch nicht die Behandlung durch eine Laserepilation, denn dabei handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um eine neue Behandlungsmethode. Danach sei die Behandlungsmethode neu, wenn sie bisher nicht als abrechnungsfähige Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten sei. Dies sei bei der Laserepilation der Fall. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Leistung über die Grundsätze des sogenannten Systemversagens, da mit der Nadelepilation eine bewährte Behandlungsmethode zur Verfügung stünde. Es lägen auch keine medizinischen Gründe vor, die einer Behandlung der Klägerin mit dieser Methode entgegen stünden. Ein Anspruch ergebe sich im Übrigen auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98). Das Urteil ist der Klägerin am 13.06.2014 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt worden.
Am 14.07.2014 (Montag) hat die Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass das Urteil erster Instanz das Krankheitsbild der Transsexualität nicht ausreichend bei seiner Entscheidung berücksichtigt habe. Darüber hinaus müsse beachtet werden, dass in anderen Städten für transsexuelle Patienten eine Kostenzusage für eine Laserepilation durch die Krankenkasse erfolge.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.04.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine im Gesicht und am Körper durchzuführende Laserepilation zu übernehmen bzw. zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin am 25.09.2014 wurde darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, das Verfahren durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die Berufung gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu der beabsichtigten Verfahrensweise angehört worden.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat in dem angefochtenen Urteil mit zutreffender Begründung entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Bewilligung der Laserepilationsbehandlung zu Lasten der Beklagten hat.
Nach § 27 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nrn 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs 1 Satz 1 SGB V). Der Anspruch auf Krankbehandlung umfasst jedoch nur solche Leistungen, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§§ 2 Abs 1 und 12 Abs 1 SGB V). Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien gemäß § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinie auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Die Krankenkassen sind deshalb nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder der behandelnden Ärzte positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürworten (BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137).
"Neu" ist eine Methode, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM enthalten ist (BSG 05.05.2009, B 1 KR 15/08 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 16 mwN). Gemessen daran ist die Laserepilation neu. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können.
Ein Ausnahmefall des Systemversagens liegt nicht vor. Ungeachtet des in § 135 Abs 1 SGB V vorgestellten Verbots und Erlaubnisvorbehalts kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht und nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 12 mwN). Ein solches Systemversagen kann aber nur dann zum Tragen kommen, wenn es keine zugelassene wirksame Behandlungsmethode für die betreffende Krankheit gibt. Im vorliegenden Fall steht jedoch mit der Nadelepilation eine wirksame Behandlungsmethode zur Verfügung und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Behandlungsmethode bei der Klägerin unwirksam sein könnte. Vielmehr hat die Klägerin selbst ausgeführt, dass bei ihr die Nadelepilation im Bereich des Haarwuchses im Gesicht erfolgreich angewandt wurde.
Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung stützen (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12). Der Gesetzgeber hat den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.11.2011, BGBl I 22983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor; 2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung; 3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Im vorliegenden Fall fehlen bereits Hinweise darauf, dass die Erkrankung der Klägerin lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verläuft. Darüber hinaus steht mit der Nadelepilation eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung. Dass es sich um ein langjähriges Verfahren handelt, das mit hohem Zeitaufwand und möglicherweise auch mit zeitweiligen Schmerzen der zu behandelnden Stellen verbunden sein kann, schließt die Behandlung grundsätzlich nicht aus. Bei auftretenden Schmerzen kann erforderlichenfalls eine lokale Betäubung erfolgen. Im Übrigen ist auch die Behandlung mittels Laserepilation nicht völlig schmerzfrei (LSG Niedersachsen-Bremen 17.10.2012, L 1 KR 443/11).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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