L 11 R 4055/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2601/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4055/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.08.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger macht einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente geltend.

Der 1953 geborene Kläger wurde in Kroatien geboren und zog im Jahr 1970 in die Bundesrepublik Deutschland. Nach seinen Angaben hat er in Kroatien in den Jahren 1968 bis 1970 den Beruf des Einschalers erlernt. Nach seinem Zuzug nach Deutschland im Jahr 1970 war er bis Januar 2009 als Einschaler und zuletzt als Vorarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 09.02.2009 ist er arbeitsunfähig erkrankt.

Am 07.12.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog den Reha-Entlassungsbericht der Reha Süd GmbH, Freiburg, über die ambulante Reha-Maßnahme vom 03.06.2009 bis 24.06.2009 bei. In dem Entlassbericht wurde ausgeführt, dass der Kläger derzeit arbeitsunfähig in seiner bisherigen Tätigkeit als Einschaler sei, diese Tätigkeit in absehbarer Zeit jedoch wieder vollschichtig ausüben könne. Nach Verbesserung der Beschwerden sei eine stufenweise Wiedereingliederung über vier Wochen zu erwägen. Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin am 08.02.2010 von Dr. R. orthopädisch begutachten. Dieser diagnostizierte ein wiederkehrendes Halswirbel- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibendegeneration, ein Impingementsyndrom beider Schultern bei Rotatorenmanschettenproblematik sowie einen medikamentös eingestellten Bluthochdruck. Er führte hinsichtlich der Leistungsbeurteilung aus, dass der Kläger in seiner letzten beruflichen Tätigkeit unter drei Stunden leistungsfähig sei, für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr leistungsfähig.

Mit Bescheid vom 18.02.2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig sei und die Verweisungstätigkeit als Anleiter in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen/Registrator auch vollschichtig ausüben könne.

Hiergegen legte der Kläger am 04.03.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, dass auf orthopädischem Fachgebiet weiterer Aufklärungsbedarf bestünde. Nach einer sozialmedizinischen Stellungnahme durch Dr. R. im Widerspruchsverfahren lehnte die Beklagte mit im Wesentlichen gleicher Begründung den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2010 ab.

Hiergegen richtet sich die am 18.05.2010 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage. Zur Begründung hat der Kläger darauf hingewiesen, dass belastungsunabhängige zunehmende Schmerzzustände im Bereich der Schulter vorhanden seien und die Beweglichkeit der Schulter erheblich eingeschränkt sei. Weiter seien wiederkehrende belastungsunabhängige Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule zu berücksichtigen. Diese würden sich bei der geringsten Belastung verstärken. Hinsichtlich der von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeit sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass diese nur in ganz geringem Umfang vorhanden sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass der Berufsschutz des Klägers nicht hinreichend belegt sein dürfte. Zwar habe er nach eigenen Angaben als Vorarbeiter gearbeitet. Nach dem Reha-Entlassungsbericht habe er jedoch keine Ausbildung absolviert und sei als angelernter Vorarbeiter/Einschaler und zuletzt als Vorarbeiter tätig gewesen. Auch im Reha-Antrag habe der Kläger selbst erklärt, dass er angelernter Arbeiter sei. Im Übrigen könne der Kläger jedoch auch auf die Tätigkeit eines Registrators oder Poststellenmitarbeiters verwiesen werden. Diese Tätigkeiten seien auch Facharbeitern sozial zumutbar. An der im Widerspruchsbescheid außerdem benannten Verweisungstätigkeit als Anleiter in überbetrieblichen Einrichtungen werde nicht mehr festgehalten.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung von sachverständigen Zeugenauskünften bei den den Kläger behandelnden Ärzten. Dr. M., Facharzt für Orthopädie, hat ausgeführt, dass eine leichte körperliche Erwerbstätigkeit von sechs Stunden pro Tag ausgeübt werden könne. Demgegenüber hat Dr. S., Arzt für Allgemeinmedizin, die Auffassung vertreten, dass leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr regelmäßig ausgeübt werden könnten. Dr. S., Facharzt für Neurologie, hat vornehmlich qualitative Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit angenommen. Eine dauerhafte quantitative bzw konditionelle Einschränkung der Erwerbsfähigkeit lasse sich aus den vorhandenen Befunden nicht ableiten. Der Arzt für HNO-Heilkunde, Dr. A., hat sich zu einer Leistungseinschätzung nicht in der Lage gesehen.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.08.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Überzeugung der Kammer sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen auszuüben. Insoweit hat sich die Kammer auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. M., Dr S. und Dr. A. gestützt. Es bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Letztlich könne die Frage des Berufsschutzes dahingestellt bleiben. Denn der Kläger könne mit dem bestehenden Restleistungsvermögen, wie es Dr. M. festgestellt habe, auf die Tätigkeit als Registrator und Poststellenmitarbeiter verwiesen werden. Das Urteil ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 08.09.2011 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die am 13.09.2011 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Berufung, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 16.09.2011 vorgelegt worden ist. Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass er an einem wiederkehrenden Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibendegeneration, Pannikulitis in der Nacken- und Rückenregion, Impingementsyndrom beider Schultern bei Rotatorenmanschettenproblematik, einen medikamentös eingestellten Bluthochdruck, einem Schlafapnoe-Syndrom sowie verschwommenem Sehen und an Migräneanfällen leide. Im Laufe des Klageverfahrens habe sich darüber hinaus seine psychische Situation verschlechtert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.08.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat den Reha-Entlassungsbericht über die beim Kläger durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme vom 23.11.2011 bis 28.12.2011 vorgelegt. Hierbei waren beim Kläger folgende Diagnosen festgestellt worden: Mittelgradige depressive Episode, HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, Impingementsyndrom beider Schultern und arterielle Hypertonie. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bauarbeiter sei der Kläger als arbeitsunfähig zu entlassen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien zu prüfen. Er stehe dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte und mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen im Übrigen vollschichtig zur Verfügung.

Der Senat hat eine orthopädische Begutachtung des Klägers durch Dr. H. veranlasst. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 15.02.2012 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 07.12.2011 folgende Diagnosen gestellt:

- Cervicalsyndrom mit Muskelspannungsstörungen bei degenerativen HWS-Veränderungen - Lumbalsyndrom mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und Muskelspannungsstörung bei degenerativen LWS-Veränderungen - Funktionsdefizit rechte Schulter bei Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur und -naht - Impingementsyndrom linke Schulter, ohne wesentliches Funktionsdefizit - Ulna plus Variante nach Hulten bds mit Belastungsschmerz beider Handgelenke.

Als nichtorthopädische Diagnosen seien ferner zu berücksichtigen:

- chronisches Schmerzsyndrom - depressive Episode - Schlafapnoe-Syndrom

Der Kläger sei noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen die Woche auszuüben. Nicht mehr zumutbar seien schwere Tätigkeiten. Grundsätzlich möglich seien leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten, diese sollten überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des zwischenzeitlichen Positionswechsels zum Stehen und Umhergehen erfolgen, jedoch nicht dauerhaft im Stehen und Gehen. Ausgeschlossen werden solle darüber hinaus ständiges Steigen auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten unter Kälte, Nässe oder Zuglufteinwirkung, Arbeiten in ständiger einseitiger oder vornübergebeugter Körperhaltung, Überkopfarbeiten bzw in ständig aktiver Armvorhalteposition und regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg. Möglich und zumutbar seien leichte, verwaltende, organisierende und überwachende Tätigkeiten, wie auch Montagetätigkeiten im Sitzen.

Nachdem der Kläger eine Stellungnahme von Dr. D. vorgelegt hatte, der dem Kläger bescheinigt hat, an einer deutlich depressiven Symptomatik zu leiden, hat das Gericht darüber hinaus die neurologisch-psychiatrische Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. R. veranlasst. In seinem Gutachten vom 27.05.2013, das auf einer Untersuchung des Klägers am 11.02.2013 beruht, hat der Gutachter beim Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt:

- leichtgradig ausgeprägte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung - Dysthymia - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und mehrerer Gelenke - leichte Schädigung der Nervenwurzel S1 links - Schlafapnoe-Syndrom, welches mittels Beatmungsgerät (CPAP) behandelt wird und - mittels Hörgeräte versorgte Hypakusis (Schwerhörigkeit beidseits).

Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit sei der Kläger sogar in der Lage leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Akkord - bzw Fließbandtätigkeiten zu verrichten. Es sollten keine Lasten mehr mit einem Gewicht von über 10 kg gehoben und getragen werden. Darüber hinaus seien Arbeiten in Nässe und Kälte ohne Schutzkleidung zu vermeiden. Auch Tätigkeiten in Früh- bzw Spätschicht kämen nicht mehr in Frage. Angesichts der Fähigkeiten des Klägers, in Zimmerlautstärke ein Gespräch zu führen, sei eine durchschnittliche Beanspruchung des Gehörs noch leidensgerecht. Vermieden werden sollten jedoch lärmbelastende Tätigkeiten oder eine hohe Beanspruchung des Gehörs. Publikumsverkehr sei jedoch zumutbar. Auch eine durchschnittliche Belastung des Sehvermögens sei leidensgerecht. Auch eine besondere geistige Beanspruchung mit hoher oder höherer Verantwortung könne dem Kläger angesichts der unauffälligen kognitiven Funktionen noch auferlegt werden. Überwiegende oder ständige Überkopfarbeiten sollten unter Berücksichtigung der Schulterschmerzen beidseits vermieden werden. Bezüglich der Körperhaltung sei ein Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen sinnvoll. Sollten diese Vorgaben nicht möglich sein, so könne es dem Kläger noch zugemutet werden, ständig zu sitzen, überwiegend zu gehen und überwiegend zu stehen. Überwiegende oder ständige Zwangshaltungen kämen demgegenüber nicht mehr in Frage. Auch sollte der Kläger im Wege der Schmerzsymptomatik weder Leitern noch Gerüste besteigen, während ihm Treppensteigen noch zugemutet werden könne.

Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das Gericht darüber hinaus Herrn Dr. G. gemäß § 109 SGG mit der neurologisch-psychiatrisch-psychosomatischen Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 06.06.2014 aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 30.04.2014 folgende Diagnosen: - schwere depressive Störung, hoch chronifiziert - multifokale komplexe Schmerzerkrankung - Wurzelreizsyndrom der L5 und S1 Wurzel linksseitig - degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit Halswirbelsäulenschmerzen - Migräne und Spannungskopfschmerzen - eine somatoforme Schmerzstörung - Schlafapnoe-Syndrom - Adipositas - primäre Hypertonie.

Insbesondere die Kombination aus schwerer depressiver Störung, Schmerzstörung mit organischen und somatoformen Anteilen beeinträchtige die berufliche Leistungsfähigkeit in erheblicher Weise. Vor diesem Hintergrund seien lediglich leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Zeitdruck und getakteter Arbeiten in Form von Akkordtätigkeiten im Einschichtbetrieb, unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, unter Vermeidung von hohen kognitiven Anforderungen, von Zwangshaltungen, von Gefährdungssituationen sowie unter Vermeidung starker thermischer Reize oder inhalativer Belastung möglich. Hinsichtlich des Anfahrtsweges seien maximal 20 bis 30 Minuten in öffentlichen Verkehrsmitteln außerhalb der Rush Hour bei einem möglichen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen durchführbar. Die berufliche Tätigkeit sollte einen Wechsel aus Sitzen, Gehen und Stehen ermöglichen. Auch unter Berücksichtigung dieser genannten qualitativen Einschränkungen sei der Kläger nur noch in der Lage eine solche Tätigkeit maximal drei bis vier Stunden täglich durchzuführen.

Dr. D. hat in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme zum Gutachten von Dr. G. ausgeführt, dass das Gutachten von Herrn Prof. Dr. R. nachvollziehbar und schlüssig sei, weshalb diesem gefolgt werden könne. Demgegenüber weise das Gutachten von Dr. G. mehrere Unklarheiten auf, weshalb diesem nicht gefolgt werden könne.

Das Gericht hat Prof. Dr. R. um ergänzende Stellungnahme zu dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Herrn Dr. G. gebeten. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 29.09.2014 mitgeteilt, dass er bei seiner Auffassung verbleibe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 16.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.05.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünftagewoche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. R., welches der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten kann. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert.

Hinsichtlich der Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet stützt sich der Senat insbesondere auf das orthopädische Fachgutachten von Dr. H ... Im Rahmen der Begutachtung zeigte sich von somatisch-orthopädischer Seite eine mäßig ausgeprägte Bewegungsstörung sowohl im Bereich der Hals- wie auch der Lendenwirbelsäule mit entsprechender Muskelspannung. Angegeben wurden auch Ausstrahlungen in den rechten Arm, wobei diese keinem neurogenen Dermatom zugeordnet werden konnten. Die Motorik und der Muskelstatus der oberen Extremitäten waren unauffällig. Auch die grobe Kraft war nicht behindert. An den unteren Extremitäten fand sich ebenfalls ein unauffälliger Muskelstatus beider Beine bei einer sensiblen Minderempfindung entsprechend dem Dermaton S1 links bei unauffälliger Motorik. Dementsprechend korrelieren dazu sowohl im Röntgenbild wie auch im Kernspintomogramm degenerative Veränderungen einzelner Bandscheiben, weshalb der Gutachter nachvollziehbar und schlüssig eine eingeschränkte Belastungsfähigkeit des Achsorgans Wirbelsäule feststellt. Auch an den oberen Extremitäten bestehen nach den Ausführungen des Gutachtens deutlich schmerzhafte Funktionseinschränkungen der rechten Schulter mit Reibegeräuschen der Rotatorenmanschette und einer Kraftabschwächung beim Supraspinatussehnentest. In der linken Schulter findet sich nur ein geringfügiges Impingementsyndrom als Zeichen der Einklemmung der Sehne der Rotatorenmanschette und dem Schulterdach, jedoch keine höhergradige Beschwerdesymptomatik. An den Handgelenken finden sich Druckschmerzen zentral zwischen Elle und Speiche sowie den angrenzenden Handwurzelknochen ohne relevante Bewegungsdefizite und ohne erkennbare Schwellung oder Reizung. Röntgenologisch korrespondiert dies mit einem diskreten Längenmissverhältnis zwischen Elle und Speiche. Damit lassen sich Schmerzen zB im Aufstützen oder auch bei forcierten Bewegungen nach handrücken- oder hohlhandwärts erklären. Hinzu kommt eine Überlagerung durch eine Schmerzchronifizierung und Depression. Von somatischer orthopädischer Seite leitet der Gutachter hieraus nachvollziehbar und schlüssig qualitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ab. Grundsätzlich möglich sind weiterhin leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten. Diese sollten überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des zwischenzeitlichen Positionswechsels zum Stehen und Umhergehen erfolgen. Nicht mehr zumutbar sind Tätigkeiten dauerhaft im Stehen und Gehen. Ausgeschlossen werden sollten des Weiteren ständiges Steigen auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten in Kälte, Nässe oder Zuglufteinwirkung, Arbeiten in ständiger einseitiger oder vornübergebeugter Körperhaltung, Überkopfarbeiten bzw in ständig aktiver Armvorhalteposition und regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg.

Diese Leistungseinschätzung wird auch durch das Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren von Dr. R. gestützt, der in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Gutachter eine Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Leistungseinschränkungen von mindestens sechs Stunden täglich annimmt. Auch der behandelnde Facharzt für Orthopädie, Dr. M., hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vor dem SG angegeben, dass er leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts für zumutbar erachtet.

Auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ergibt sich zur Überzeugung des Senats keine quantitative Leistungseinschränkung. Der Senat stützt sich hierbei auf das Gutachten von Prof. Dr. R ... Danach finden sich beim Kläger eine leichtgradige, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und mehrerer Gelenke. Durch die Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule ist es zu einer leichten Schädigung der Nervenwurzel S1 links gekommen. Bei der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung handelt es sich um eine Erkrankung, bei der psychische Konflikte in Form von körperlichen Beschwerden ausgedrückt werden. Im vorliegenden Fall des Klägers besteht eine Diskrepanz zwischen der Intensität bzw dem Ausbreitungsgebiet der geklagten Beschwerden und den organisch nachweisbaren Befunden. Ein Teil dieser Diskrepanz erklärt sich durch das Krankheitsbild der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Die Analyse der Alltagsaktivitäten und vor allem der nur leichtgradig gestörte psychische Befund zeigen aber, dass es sich nur um einen leichten, nicht um einen mittelschweren oder schweren Ausprägungsgrad handelt. Eine Dysthymia (depressive Verstimmung) führt zu keiner sozialmedizinisch relevanten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Trotz der Dysthymia ist der Kläger noch fähig, mit den wesentlichen Anforderung des täglichen Lebens zurechtzukommen. So ist der Kläger bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten, also zum Ort, zur Zeit, zur Person und situativ voll orientiert. Der Antrieb ist nicht vermindert. Auch äußerlich erkennbare Zeichen der inneren Unruhe finden sich nicht. Hinsichtlich der Stimmungslage ist der Kläger zumeist subdepressiv. Bei der Besprechung angenehmer Themen kommt es zu einer Stimmungsaufhellung und die affektive Modulationsfähigkeit ist nicht eingeschränkt. Die Auffassungsgabe, die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeitsdauer ist nicht beeinträchtigt. Auch die mnestischen Funktionen sind im Bezug auf das Kurz- und Langzeitgedächtnis nicht eingeschränkt. Insoweit ist der Kläger in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Akkord bzw Fließbandtätigkeiten könnten hingegen nicht mehr verrichtet werden. Darüber hinaus sind Arbeiten in Nässe und Kälte ohne Schutzkleidung zu vermeiden. Auch Tätigkeiten in Früh- bzw Spätschicht kommen nicht mehr in Frage. Zu vermeiden sind weiterhin lärmbelastende Tätigkeiten oder eine hohe Beanspruchung des Gehörs. Im Übrigen sind überwiegende oder ständige Überkopfarbeiten zu vermeiden. Bezüglich der Körperhaltung ist ein Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen sinnvoll. Zumutbar ist auch ein ständiges Sitzen, ein überwiegendes Gehen oder überwiegendes Stehen. Zwangshaltungen, welche kniende oder hockende Positionen beinhalten, kommen nicht mehr in Frage. Leitern oder Gerüste sollten angesichts der Schmerzsymptomatik nicht mehr bestiegen werden, während Treppensteigen noch zugemutet werden kann.

Die Leistungseinschätzung von Prof. Dr. R., der sich der Senat anschließt, leitet sich nachvollziehbar und schlüssig aus den von ihm erhobenen Befunden ab. Sie wird im Übrigen auch durch die im November und Dezember 2011 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme gestützt. Soweit dort noch von einer mittelgradigen depressiven Episode ausgegangen wird, hat Prof. Dr. R. eine Verbesserung der Gesundheitssituation festgestellt. Auch der Reha-Entlassungsbericht kam insoweit zu dem Ergebnis, dass dem Kläger noch unter Berücksichtigung seiner orthopädisch und psychischen Leiden leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen zumutbar sind.

Nicht zu folgen vermochte der Senat dem Gutachten von Dr. G., der unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen eine Leistungsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden annahm. Zwar nimmt dieser eine schwere depressive Symptomatik mit Hinweisen auf methodisches Erleben und eine gravierende Ausprägung der Schmerzerkrankung an. Zutreffend weisen Dr. D. und Prof. Dr. R. in ihrer ergänzenden Stellungnahmen jedoch darauf hin, dass bei einem schwergradigen Befund eine akut-stationäre psychiatrische Behandlung erforderlich wäre, wie es im vorliegenden Fall gerade nicht erfolgt ist. Darüber hinaus nimmt Dr. G. in seinem Gutachten auch keine Verschlechterung an, sondern postuliert eine zumindest seit Dezember 2011 bestehende Schwere der Erkrankung. Dies lässt sich jedoch mit dem von Prof. Dr. R. festgestellten Befunden und Diagnosen, die nachvollziehbar und schlüssig sind, nicht in Einklang bringen. Dementsprechend hat Prof. Dr. R. in seiner ergänzenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die von Dr. G. festgestellten Befund und die Diagnosen im Widerspruch dazu stehen, dass der Kläger durchaus in der Lage war, über 40 Minuten ein Gespräch zu führen. Darüber hinaus findet sich in dem Gutachten von Dr. G. auch keine Auseinandersetzung mit den im Gutachten von Prof. Dr. R. enthaltenen Angaben. Dies ist jedoch im Hinblick auf die unterschiedlichen Angaben etwa zum Tagesablauf und der Schmerzstärke erforderlich. Insoweit stützt sich der Gutachter Dr. G. ohne kritische Hinterfragung der Angaben des Klägers maßgeblich auf dessen subjektive Einschätzung. Die fehlende Konsistenzprüfung führt dazu, dass das Gutachten von Dr. G. nicht zu überzeugen vermag.

Die Leistungseinschätzung des behandelnden Allgemeinarztes Dr. S. ist durch das Gutachten von Prof. Dr. R. widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Außerdem mag es gerade bei der Behandlung psychischer Leiden sinnvoll oder gar geboten sein, dass der behandelnde Arzt davon ausgeht, dass der Patient an den Beschwerden, die er schildert, auch leidet. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. lässt sich nicht entnehmen, worauf sich seine Leistungseinschätzung stützt, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über sechs Stunden nicht mehr möglich sein sollen.

Zur Überzeugung des Senats vermögen auch die Erkrankungen des Klägers in ihrer Gesamtheit keine quantitative Leistungseinschränkung zu begründen. Zwar nimmt insbesondere Dr. G. in seinem Gutachten eine entsprechende Leistungseinschränkung aufgrund einer Gesamtschau der Erkrankungen an. Auch in den Gutachten von Herrn Dr. H. und Herrn Prof. Dr. R. werden jedoch nicht nur orthopädisch oder neurologisch psychiatrische Erkrankungen berücksichtigt. Vielmehr findet sich auch in diesen Gutachten eine Berücksichtigung der übrigen Erkrankungen des Klägers. Darüber hinaus stützt auch der Reha-Entlassungsbericht vom November/Dezember 2011 die Leistungseinschätzung der Gutachter Dr. H. und Prof. Dr. R., wenn dieser bei einer fachübergreifende Leistungseinschätzung ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen sieht.

Schließlich fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre. Von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien ist nicht auszugehen (Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögens von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass der Kläger vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist 1953 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbstätigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbstätigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihn unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen in ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 3 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit im Sinne des § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar ist, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG, vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN).

Nach den bisherigen Feststellungen der Sachverständigen ist zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Einschaler nicht mehr zumutbar. Der Kläger kann jedoch - auch wenn man zu seinen Gunsten von einer bisherigen Facharbeitertätigkeit und Berufsschutz ausgeht - zur Überzeugung des Senats auf die Tätigkeit eines Registrators verwiesen werden. Das SG hat dies zutreffend ausgeführt. Derartige Tätigkeiten existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang, wie der Senat bereits mehrfach dargelegt hat (vgl Senatsurteile vom 27.05.2014, L 11 R 5946/10, 13.11.2012, L 11 R 5240/10 und 21.01.2014, L 11 R 5639/10, alle juris). Danach existiert allein im süddeutschen Raum im Bereich des öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkasse sowie der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen eine signifikante Anzahl an entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen jenseits der 500, die keine (spezifische) abgeschlossene Berufsausbildung und eine Anlernzeit von maximal drei Monaten erfordern (vgl eingehend LSG Baden-Württemberg 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris). Das Vorhandensein einer nennenswerten Zahl entsprechender Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt belegt im Übrigen auch die tarifvertragliche Erfassung dieser Tätigkeit im Änderungstarifvertrag Nr 4 vom 02.01.2012 zu PV-L. Gegenstand dieses Änderungstarifvertrags ist die im Geldordnung zum TV-L, über welche sich die Tarifvertragsparteien am 10.04.2012 geeinigt haben. Diese sieht in ihrem Teil II "Tätigkeitsmerkmale für bestimmte Beschäftigungsgruppen" Ziffer 16 dezidierte Eingruppierungsregelungen für Beschäftigte in Registraturen vor, die sich über acht Entgeltgruppen erstrecken. Vor dem Hintergrund der Einschätzungsprärogative, die den Tarifvertragsparteien bezüglich der Arbeitswirklichkeit zuzuerkennen ist (vgl BSG 12.09.1991, B RJ 34/09, SozR 3-2200 § 1246 Nr 17, juris Rdnr 22), dokumentiert bereits diese tarifvertragliche Erfassung der Existenz einer ausreichenden Anzahl an entsprechenden Arbeitsplätzen. Die Tätigkeit der Registratoren nach Entgeltgruppe 3 umfasst das Vergeben von Aktenzeichen entsprechend den geltenden Aktenplänen und -Nummern, das Anlegen von neuen Akten, das Beachten von Aktenordnungen sowie das Aussondern von Altakten. Dabei achten sie auf die Einhaltung von Aufbewahrungsfristen. Um elektronisch Informationen zu archivieren, verwenden Registratoren elektronische Archivsysteme, in denen Dokumente schnell wiedergefunden werden können. Sie speichern und verwalten digitale Dokumente mit spezieller Software. Im Bereich der Aktenhaltung und Registratur sind sie außerdem für die Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeit verantwortlich (vgl dazu www.berufenet.de). Die hierzu erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Kläger innerhalb von drei Monaten erwerben, auch wenn er eine verwaltungsnahe bzw kaufmännische Ausbildung absolviert hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits über Kenntnisse im Umgang mit Computern verfügt. Denn von einem Facharbeiter kann ggfs erwartet werden, die Grundkompetenz zum Einsatz des PC innerhalb des genannten Zeitraums zu erwerben (Bayerisches LSG 08.02.2012, L 1 R 1005/09, juris Rn 15; LSG Niedersachsen-Bremen, 25.11.2009, L 10 R 269/08, juris Rn 24). Für die Erlangung der Tätigkeit eines Registrators bedarf es keiner besonderen Voraussetzungen, insbesondere keiner Fachkenntnisse, um innerhalb einer Anlernzeit von vier bis sechs Wochen bis maximal drei Monate die erforderlichen Kenntnisse, darunter einfache PC-Kenntnisse, zu erwerben (vgl LSG Baden-Württemberg, 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris Rn 33).

Desgleichen stehen der Ausübung einer Tätigkeit als Registrator keine gesundheitlichen Umstände entgegen. Die Tätigkeit eines Registrators in der Entgeltgruppe 3 ist geprägt durch Arbeiten im Sitzen (vgl www.berufenet.de), aber auch im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen. In körperlicher Hinsicht sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. Schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig; ggfs muss mit Aktenstücken bis 10 kg Gewicht umgegangen werden. Besondere psychische Belastungen kommen nicht vor (vgl zu den körperlichen Anforderungen insgesamt: Bayerisches LSG 08.02.2012 aaO, juris Rdnr 48 und Urteil des LSG Baden-Württemberg 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris). Diesen Anforderungen entspricht das bei dem Kläger bestehende Leistungsvermögen. Es liegen nach den Gutachten von Dr. H. und Prof. Dr. R. keine schwerwiegenden orthopädischen Einschränkungen oder Einschränkungen, die die Gebrauchsfähigkeit der Hände betreffen, vor. Dr. H. hat die Tätigkeit in der Verwaltung sogar als optimal bezeichnet. Auch eine erhebliche Einschränkung der Sehfähigkeit ist nicht gegeben. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger noch eine Registratorentätigkeit mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Prof. Dr. R. hat für den Senat überzeugend ausgeführt, dass das Umstellungs- und Anpassungsvermögen nicht eingeschränkt ist. Der Kläger besitzt die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, um sich innerhalb von drei Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten zu können. Auch die entsprechenden objektiven Fähigkeiten sind gegeben.

Die Tätigkeit eines Registrators nach Entgeltgruppe 3 ist dem Kläger auch subjektiv zuzumuten. Geht man zugunsten des Klägers von einem Facharbeiterstatus aus, darf der Kläger grundsätzlich auf Tätigkeiten verwiesen werden, die den anerkannten Ausbildungsberuf angehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern. Diesen objektiv zumutbaren Verweisungstätigkeiten sind solche Berufe qualitativ gleichwertig, die von den Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag durch ihre tarifliche Einstufung in ihrem qualitativen Leitberufen gleichgestellt sind (BSG 12.09.1991 aaO, juris Rdnr 22 mwN). Die tarifvertragliche Einstufung einer Tätigkeit ist deshalb in der Regel maßgebend für den qualitativen Wert dieser Tätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas, soweit die Einstufung nicht auf qualitätsfremden Merkmalen beruht (BSG aaO). Dies gilt nicht nur für die frühere Einstufung der Registratorentätigkeit in der Vergütungsgruppe VIII zum BAT, die als Weisungstätigkeit grundsätzlich auch eine Facharbeit zumutbar war (BSG aaO, juris Rdnr 23; BSG 27.11.1991, 5 RJ 91/89, juris Rdnr 15). Dies gilt vielmehr auch im Bereich des zum 01.10.2005 bzw 01.11.2006 in Kraft getretenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD bzw TV-L; vgl Senatsurteile vom 13.11.2012, L 11 R 5240/10, juris und 21.01.2014, L 11 5639/10, jeweils mwN; ebenso LSG Baden-Württemberg 19.07.2012, L 10 R 1780/11; Bayerisches LSG 17.04.2012, L 20 R 19/08, juris Rdnr 75).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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