L 6 KR 865/10

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 38 KR 675/10
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 865/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klagen gegen die Bescheide vom 18. April 2011 werden abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2012 zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung verpflichtet ist.

Der 1950 geborene Kläger war selbständiger Inkassounternehmer und ist seit dem 1.Oktober 1991 freiwilliges Mitglied der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. (nachfolgend einheitlich: Beklagte zu 1.) und seit dem 1. Januar 1995 Mitglied der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2. (nachfolgend einheitlich: Beklagte zu 2.).

Er war seit August 2007 arbeitsunfähig erkrankt und gab an, im Rahmen seiner Tätigkeit Opfer einer Gewalttat geworden zu sein. Die Beklagte zu 1. gewährte ihm Krankengeld; der Kläger war in dieser Zeit beitragsfrei. Mit Bescheid vom 21. April 2009 teilte ihm die Beklagte zu 1. mit, dass nach Erreichen der Höchstanspruchsdauer, Krankengeld nur noch bis zum 30. April 2009 gezahlt werden könne. Mit Überprüfungsbescheid vom 14. Oktober 2010 lehnte sie eine Rücknahme des Bescheides vom 21. April 2009 ab. Widerspruch und Klage waren erfolglos. Das beim Senat anhängige Berufungsverfahren (L 6 KR 1282/12) wurde noch nicht entschieden.

Die Beklagten zu 1. und 2. setzten durch jeweils gemeinsame Bescheide vom 20. und 28. Mai 2009 unter Beachtung einer Mindesteinnahmegrenze von 1.890 EUR die ab dem 1. Mai 2009 zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung unter Vorbehalt fest. Die endgültige Festsetzung sollte nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheids erfolgen. In seinem Widerspruch vom 2. Juli 2009 berief sich der Kläger unter anderem darauf, ihm sei telefonisch zugesagt worden, dass er in der "Rehabilitationsphase" zwar kein Krankengeld erhalte aber beitragsfrei gestellt sei. Die Beklagten zu 1. und 2. bestritten mit Schreiben vom 22. Juli 2009, dass eine solche Aussage gemacht worden sei. Mit Abhilfebescheid vom 25. August 2009 stuften sie den Kläger als bedürftigen Selbständigen ein und setzten die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung unter Beachtung einer Mindesteinnahmegrenze von 1.260 EUR neu fest, den Widerspruch wiesen sie mit gemeinsamen Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2009 zurück.

Das Sozialgericht Gotha hat die am 29. Januar 2010 erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Juli 2010, dem Kläger zugestellt am 7. Juli 2010, abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Beitragsbefreiung lägen nicht vor.

Mit seiner am Montag, den 9. August 2010 beim Thüringer Landessozialgericht eingegangenen Berufung begehrt der Kläger die Aufhebung der Beitragsbescheide. Es sei zu berücksichtigen, dass er Opfer einer Gewalttat geworden sei. Der erkennende Senat solle entscheiden, dass er als Opfer einer Gewalttat einer Sonderregelung unterliege, die eine Beitragserhebung von vornherein ausschließe. Darüber hinaus sei ihm am 17. April 2009 fernmündlich zugesagt worden, ihn für die Zeit der Rehabilitation ab dem 1. Mai 2009 beitragsfrei zu stellen. Das diese Erklärung nicht schriftlich fixiert sei, sei unschädlich, weil es sich bei der Beklagten nicht um eine Behörde handele und das Schriftformerfordernis nicht gelte. Im Übrigen habe er nach dem Telefonat den Inhalt in einem Schreiben "Einigung vom 17.04.2009" zusammengefasst und an die Beklagten zu 1. und 2. übersandt, wonach er sich mit "Herrn Sch. von der W. Zentrale der B. E." am 17. April 2009 u.a. über eine Beitragsfreiheit für die Dauer der Wiedereingliederungsphase geeinigt habe. Die Beklagten hätten dem Schreiben nicht widersprochen. Da ihm noch Ansprüche auf Krankengeld für die Zeit von Mai bis Dezember 2009 in Höhe von 8.000 EUR und für die Zeit von Juli 2011 bis Dezember 2012 in Höhe von 18.000 EUR zustünden, sei er bis einschließlich Dezember 2012 beitragsfrei gestellt. Letztlich habe das Sozialgericht fehlerhaft ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 18. April 2011 für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2012 aufzuheben.

Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass die Heranziehung des Klägers zu Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung ab dem 1. Mai 2009 nicht zu beanstanden sei.

Die Beklagten zu 1. und 2. haben nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheids 2009 durch vier Bescheide vom 18. April 2011 die Beiträge für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 30. April 2011 endgültig festgesetzt, ohne dass es zu einer Beitragsnachforderung kam. Mit weiterem Bescheid vom 18. April 2011 erfolgte eine Neufestsetzung der Beiträge ab dem 1. Mai 2011 unter Berücksichtigung einer Mindesteinnahmegrenze von 1.277,50 EUR.

Der Senat hat durch seinen Berichterstatter am 17. Juni 2013 einen Erörterungstermin durchgeführt. Zum genauen Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 67 f. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2014 L. Sch., Sachgebietsleiter in der Leistungsabteilung/Entgeltersatzleistungen der Beklagten, sowie die Ehefrau des Klägers, B. K. als Zeugen vernommen. Zum genauen Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Bezüglich des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Nachdem sich der Kläger auf die Beitragsfreiheit für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2012 beruft, sind die erst im Verlauf des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheide vom 18. April 2011 nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Sie haben die vorläufige Beitragsfestsetzung vollständig ersetzt. Der Senat entscheidet daher insoweit auf Klage und nicht auf Berufung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 96 Rn. 7). Er kann offen lassen, ob die Einbeziehung nach § 96 SGG im Berufungsverfahren die Zulässigkeit der Berufung voraussetzt (vgl. zum Streitstand Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 96 Rn. 7 m.w.N.), denn diese war zulässig. Sie wurde am 9. August 2010 fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG). Dessen fehlerhafte Datierung auf den 19. Juli 2010 ist ohne Bedeutung. Jedenfalls ist er am 7. Juli 2010 zugestellt worden und die Berufungsfrist lief am 9. August 2010 ab, weil das Ende der Frist (7. August 2010) auf einen Sonnabend fiel (§ 64 Abs. 3 SGG).

Der Senat hat in der Sache zu entscheiden. Eine Zurückverweisung an das Sozialgericht kommt nicht in Betracht. Die nunmehr allein gegenständlichen Bescheide sind erst nach der erstinstanzlichen Entscheidung ergangen. Zudem ist eine Zurückverweisung an das Sozialgericht nach § 159 Abs. 1 SGG nur möglich, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein Verfahrensmangel liegt hier zwar vor, denn das Sozialgericht hätte nicht nach § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen, weil die Sache weder tatsächlich noch rechtlich einfach war. Zudem war der Sachverhalt damals nicht geklärt. Allerdings wäre die Beweisaufnahme nicht umfangreich und aufwändig gewesen. In jedem Fall hat der Senat durch seine eigenen Ermittlungen diesen Fehler beseitigt. Zur Vollständigkeit weist er darauf hin, dass er selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 SGG unter Abwägung der Beteiligteninteressen auf eine Zurückverweisung verzichten und in der Sache entscheiden kann (vgl. Bundessozialgericht(BSG), Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 87/00 R, nach juris Rn. 20).

Die Klagen gegen die Bescheide vom 18. April 2011 für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2012 sind unbegründet. Die Beitragsfestsetzung durch die Beklagten zu 1. und 2. ist nicht zu beanstanden.

Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dies ist durch die Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27. Oktober 2008, zuletzt geändert am 30. Mai 2011 geschehen. Nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV), nach § 240 Abs. 4 Satz 4 SGB V bestimmt jedoch der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde gelegt werden. Diese Vorschriften sind für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung entsprechend anzuwenden (§ 57 Abs. 4 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI)).

Der Kläger ist bei der Beklagten zu 1. freiwillig krankenversichert und damit nach § 20 Abs. 3 SGB XI bei der Beklagten zu 2. versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung. Seine Einnahmen sind so gering, dass lediglich die Mindesteinnahmegrenze heranzuziehen ist. Die Beitragsberechnung der Beklagten begegnet keinen rechtlichen Bedenken, solche werden auch durch den Kläger nicht vorgetragen. Die Beklagten zu 1. und 2. haben von der Möglichkeit des § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI Gebrauch gemacht und gemeinsame Beitragsbescheide erlassen. Eine Beitragsfreiheit des Klägers im streitigen Zeitraum vom 1. Mai 2009 bis zum 31. Dezember 2012 bestand nicht.

Sie ergibt sich nicht aus § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach u.a. ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld beitragsfrei ist. Die Beklagte zu 1. hat mit Bescheid vom 21. April 2009 bestandskräftig festgestellt, dass ab dem 1. Mai 2009 kein Anspruch mehr auf Krankengeld besteht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger beantragt hat, im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Rücknahme des Bescheids zu erreichen. Solange der entsprechende Verwaltungsakt vorhanden ist, muss er beachtet werden. Der Senat ist auch nicht gehalten, den Ausgang des Berufungsverfahrens (L 6 KR 1282/12) abzuwarten. Sollte es dazu kommen, dass die Beklagte zur Rücknahme des Bescheides vom 21. April 2009 verpflichtet wird, besteht ein Anspruch des Klägers auf Änderung der Beitragsbescheide nach den §§ 44 ff. SGB X.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, seine Arbeitsunfähigkeit sei durch eine Gewalttat verursacht worden. Es bestehen diesbezüglich in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung keine Sonderregelungen. Damit war dem insoweit gestellten Antrag des Klägers ohne Prüfung der Voraussetzungen nicht nachzugehen. Das Fehlen von Sonderregelungen ist unbedenklich. Die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung dienen der Absicherung der allgemeinen Lebensrisiken Krankheit und Pflegebedürftigkeit, ohne dass es auf den Grund ankommt. Soweit ein Zusammenhang mit Gewalttaten besteht, stellt der Gesetzgeber noch andere Möglichkeiten zur Verfügung. Der Kläger ist - bei Vorliegen der Voraussetzungen - auf die Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) zu verweisen.

Eine Beitragsfreiheit ist nicht dadurch entstanden, dass der Kläger nach dem Telefonat vom 17. April 2009 den Inhalt schriftlich fixiert und an die Beklagten zu 1. und 2. übersandt hat und diese nicht widersprochen haben. Ein durch Schweigen geschlossener Vertrag ist hierdurch nicht zustande gekommen, auch nicht nach den Grundsätzen des sog. Kaufmännischen Bestätigungsschreibens (vgl. Kramer in Münchener Kommentar Bürgerliches Gesetzbuch, 4. Auflage 2001, § 151 Rn. 12 ff.). Sie können ausschließlich zwischen Kaufleuten Anwendung finden, nicht aber im Verhältnis von Sozialversicherungsträger und Versicherten.

Der Kläger erlangte auch durch das Telefonat vom 17. April 2009 keine Beitragsfreiheit. Die Erklärungen des Zeugen Sch. sind nicht als - grundsätzlich möglicher - mündlicher Verwaltungsakt auszulegen. Der Senat konnte nicht mit dem notwendigen Vollbeweis feststellen, dass dieser eine Regelung mit potentiell verbindlicher Rechtsfolge (vgl. Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 31 Rdnr. 23) getroffen hat. Die mündliche Erklärung eines Behördenvertreters ist grundsätzlich auszulegen. Ob der Erklärende einen Regelungswillen zur Setzung einer Rechtsfolge hatte, richtet sich nicht nach seinen Vorstellungen sondern danach, wie ein verständiger Empfänger die Erklärung nach den Umständen des Einzelfalls verstehen konnte. Der Zeuge Sch. hat auf Befragung in der Senatssitzung am 25. Februar 2014 angegeben, dass er sich nicht mehr erinnern könne, ob über eine Beitragsfreiheit gesprochen wurde, was aufgrund des Zeitablaufs und des Umstandes, dass in dem Gespräch vorrangig andere Themen (Krankengeld, Wahltarife) erörtert wurden, nachvollziehbar ist. Er hätte ggf. den Kläger darauf hingewiesen, dass Beitragsfreiheit nur bei Bestätigung des Wahltarifs und Bezug von Krankengeld erfolgen könne. Ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass er im Telefongespräch am 17. April 2009 eine Regelung auf Beitragsfreiheit ohne Bezug von Krankengeld getroffen hatte, ergeben sich weder daraus noch aus dem Vortrag des Klägers und der Zeugin K ... Der Kläger hat in der Sitzung vom 17. Dezember 2013 vorgetragen, der Zeuge Sch. habe ihm bestätigt, er werde "für die zweite Hälfte der Blockfrist" beitragsfrei gestellt. Dann war Voraussetzung der Beitragsfreiheit der hier streitige Anspruch auf Krankengeld, den der Zeuge aber auch nach den Angaben des Klägers nicht bestätigte und dessen Beginn auch nach dem klägerischen Vortrag ungeklärt war. Dies spricht allenfalls für die Rechtsauskunft, dass im Fall der Krankengeldzahlung Beitragsfreiheit besteht (§ 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Eine verbindliche Regelung im Einzelfall erfolgte damit jedoch nicht und konnte bei verständiger Würdigung auch nicht so verstanden werden. Die Zeugin B. K. hat auf Befragen angegeben, sie habe das Telefongespräch über den Lautsprecher mitgehört. Der Zeuge Sch. habe auf die telefonische Schilderung der Umstände durch den Kläger gesagt: "Wenn das so ist, dann werden Sie für die zweite Hälfte der ersten Blockfrist freigestellt. Ich stelle das im Haus durch". Auch daraus kann nur entnommen werden, dass der Zeuge eine abstrakte Rechtsauskunft gab und die Sache weiterleiten aber keine eigene Entscheidung treffen wollte. Dies ist auch deshalb nachvollziehbar, weil er für Beitragsangelegenheiten überhaupt nicht zuständig war, denn er arbeitete damals nicht in der Beitrags- sondern in der Leistungsabteilung.

Die Erklärung des Zeugen Sch. kann auch nicht als Zusicherung, keinen Beitragsbescheid zu erlassen, ausgelegt werden. Eine solche Zusage wäre mangels Schriftform unwirksam. Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Behörde im Sinne dieses Gesetzbuches ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 2 SGB X). Entgegen der Auffassung des Klägers hat eine Behörde gehandelt. Die Beklagten zu 1. und 2. sind als Träger der Sozialversicherung tätig geworden. In Rechtsprechung und Literatur ist zwar streitig, ob Träger der Sozialversicherung selbst auch Behörden sind oder ob nur die vertretungsberechtigten Organe diese Eigenschaft haben (vgl. zum Streitstand Mutschler in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Oktober 2012, § 1 SGB X Rn. 9 m.w.N.). Die Frage hat jedoch keine praktische Bedeutung, da zumindest die vertretungsberechtigten Organe nach der ausdrücklichen Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB IV Behördeneigenschaft haben und die Sozialversicherungsträger durch sie handeln. Eine schriftliche Zusicherung liegt auch nicht in der "Einigung vom 17.04.2009", denn es handelt sich nur um ein allein vom Kläger gefertigtes und unterschriebenes Schriftstück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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