L 4 SB 154/02

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Trier (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 4 SB 154/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 29.07.2002 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beklagten zur Ankündigung eines Nachuntersuchungstermins im Rahmen der Feststellung des Grades der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX).

Bei dem 1948 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Trier mit bindend gewordenem Bescheid vom 02.06.1981 als Behinderung mit einem GdB von 30 fest: "Funktionsbehinderung des Stütz- und Bewegungsapparates bei Wirbelsäulensyndrom und degenerativen Gelenksveränderungen, insbesondere im Bereich beider Hüft- und des linken Kniegelenkes".

Im Dezember 2000 beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB wegen einer inzwischen eingetretenen Verschlimmerung. Das Amt für soziale Angelegenheiten Trier holte Befundberichte des Arztes für Orthopädie F M , des Arztes für Orthopädie Dr. B sowie einen Behandlungsbericht des Kreiskrankenhauses St. F , S ein, zu denen die Versorgungsärztin P eine gutachterliche Stellungnahme abgab. Entsprechend dem Vorschlag der Versorgungsärztin stellte das Amt für soziale Angelegenheiten Trier mit Bescheid vom 30.05.2001 einen GdB von 40 fest und bezeichnete die Behinderung neu.

Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des Chefarztes der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses S Dr. G vor, der über eine vom Kläger anlässlich eines Unfalls im November 2000 erlittene verschobene, distale Speichentrümmerfraktur mit Gelenkbeteiligung am rechten Handgelenk berichtete, von der ein erheblicher Folgeschaden verblieben sei. Hierzu holte der Beklagte eine gutachtliche Stellungnahme ein, wonach die Folgen dieses Leidens mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten seien, weshalb ein GdB von 50 angesetzt werde. Zudem werde eine Nachprüfung im Dezember 2002 empfohlen. Hierauf gestützt erhöhte der Beklagte den GdB mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2001 auf 50 und führte in der Begründung des Widerspruchsbescheids ergänzend aus, es müsse ca. im November 2002 eine Nachprüfung vorgenommen werden, ob die Behinderung noch in diesem Umfange vorliege.

Im vor dem Sozialgericht Trier durchgeführten Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, er wende sich gegen die Ankündigung einer Nachuntersuchung im Oktober 2002 mit dem Ziel, den GdB zu reduzieren. Entgegen der Ansicht des Beklagten könne nach medizinischen Gesichtspunkten eine Besserung seines Leidens nicht eintreten, weshalb es keiner Nachprüfung bedürfe.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.07.2002 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klage fehle das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Der im Widerspruchsbescheid enthaltene Vermerk über die Nachuntersuchung enthalte keine eigenständige Regelung im Sinne des § 31 SGB X. Der Beklagte habe vielmehr ähnlich wie bei einer Anhörung auf eine voraussichtlich anstehende Nachuntersuchung hingewiesen und dabei weder ein Datum festgelegt noch entschieden, in welcher Art eine solche Nachprüfung vorgenommen werde. Ein solcher Hinweis sei nicht als eigenständige Regelung anzusehen. Dem Kläger stehe auch nach Sachlage kein vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines solches Hinweises zu. Er sei durch diesen nicht beschwert, weil der Beklagte jederzeit befugt sei, von Amts wegen das weitere Vorliegen der Voraussetzungen für den festgestellten GdB zu überprüfen.

Am 29.08.2002 hat der Kläger gegen den ihm am 06.08.2002 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor,

das Sozialgericht habe zu Unrecht die Klage als unzulässig verworfen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Trier vom 29.07.2002 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 30.05.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2001 insoweit abzuändern, als keine Nachuntersuchung angekündigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,

die medizinische Sachverständige habe in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 30.10.2001 berücksichtigt, dass eine Nachprüfung der Teil-Behinderung Nr. 3 vorzusehen sei, wozu sie nach den maßgeblichen Anhaltspunkten verpflichtet gewesen sei. Der Kläger sei durch diese Ankündigung nicht in seinen Rechten verletzt, so dass kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe.

Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten (Az.: 20-2263) sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, da das Sozialgericht zu Recht die Klage als unzulässig abgewiesen hat.

I.

Soweit die Klage des Klägers gegen den angefochtenen Widerspruchsbescheid als Anfechtungsklage anzusehen sein sollte, ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Es fehlt damit am Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar handelt es sich bei dem Widerspruchsbescheid vom 12.11.2001 grundsätzlich um einen Bescheid, den der Kläger mit einer Anfechtungsklage anfechten kann. Dies gilt jedoch nur, soweit er durch die dort getroffenen Regelungen beschwert ist, sei es durch den Regelungssatz des Bescheids oder eine selbständig anfechtbare Nebenbestimmung (§ 54 Abs. 1 Satz 2; Abs. 2 Satz 1 SGG).

Dem Hinweis des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 12.11.2001, dass ca. im November 2002 eine Nachprüfung vorgenommen werden müsse, kommt kein eigenständiger Regelungsgehalt dazu, wie das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere handelt es sich nicht um eine selbständige und damit anfechtbare Regelung, weil der Beklagte durch diesen Hinweis keine eigenständige Entscheidung getroffen hat, sondern lediglich die Ankündigung für eine später zu treffende Maßnahme ausgesprochen hat (vgl. dazu: Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., nach § 54 Rdn. 6; 7a). Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid nicht eine Nachuntersuchung festgesetzt, was evtl. eine selbständig anfechtbare Regelung sein könnte, sondern lediglich einen Hinweis auf die Möglichkeit einer solchen Nachuntersuchung gegeben. Durch diesen Hinweis ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

II.

Die Klage kann auch -wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat- nicht als Feststellungsklage dahingehend ausgelegt werden, es solle festgestellt werden, der Beklagte sei nicht berechtigt, eine Nachuntersuchung durchzuführen. Eine solche Feststellungsklage wäre unbegründet. Insoweit hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beklagte berechtigt ist, das weitere Vorliegen der Voraussetzungen, die zur Feststellung des GdB von 50 geführt haben, von Amts wegen zu überprüfen.

Dem Beklagten obliegt es nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch –Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung (GdB) festzustellen. Nach § 48 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X) ist bei wesentlichen Änderungen eine völlige oder teilweise Aufhebung für die Zukunft möglich. Das schließt notwendigerweise die Berechtigung des Beklagten zur Prüfung ein, ob die Voraussetzungen zur Feststellung einer Behinderung und ihres GdB fortbestehen, da sich gesundheitliche Verhältnisse naturgemäß auch verändern können, sei es im Sinne einer Besserung oder im Sinne einer Verschlimmerung.

Dieses Recht, das der Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen auszuüben hat, beinhaltet von Amts wegen die Pflicht zur Ermittlung, wie die Behinderung zu bezeichnen ist und welchen GdB sie bedingt. Die Mittel, deren sich der Beklagte hierbei bedienen darf, ergeben sich im Verwaltungsverfahren aus § 21 SGB X. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung bedient sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. So kann sie insbesondere Auskünfte einholen, Beteiligte anhören, Zeugen oder Sachverständige vernehmen, Akten beiziehen oder Augenschein einnehmen. An der Ermittlung des Sachverhalts sollen die Beteiligten mitwirken (§ 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X).

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass der Beklagte ermessensfehlerhaft, z.B. willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen, beabsichtigt, eine Überprüfung des GdB und der Behinderung vorzunehmen. Nachdem dem Beklagten eine gutachterliche versorgungsärztliche Stellungnahme vorlag, die eine solche Nachuntersuchung für geboten erachtete, war es jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, den Kläger auf die Möglichkeit einer späteren Nachprüfung hinzuweisen.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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