L 8 RA 33/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 3295/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 33/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur „zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz“ (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz -AAÜG-).

Der 1922 geborene Kläger durchlief nach eigenen Angaben von 1940 bis 1942 eine Facharbeiterausbildung und war ab 1. März 1951 als Arbeitsvorbereiter beim M- und G Bbeschäftigt. Vom 1. März 1959 bis zum altersbedingten Ausscheiden am 28. Februar 1987 (Altersrente seit 1. März 1987) war der Kläger beim VEB BMK (Bau- und Montagekombinat) Ingenieurhochbau Berlin beschäftigt. In dem streitigen Zeitraum von Januar 1966 bis Februar 1987 war der Kläger bis Dezember 1984 als Gruppenleiter tätig. Von Januar 1985 bis Februar 1987 arbeitete der Kläger als Gruppenleiter für Normentwicklung.

Der Kläger gehörte während seiner Berufstätigkeit in der DDR keinem Zusatzversorgungssystem an. Seit 1980 war er Mitglied der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Seit März 1987 bezog er eine Altersrente aus der Sozialversicherung der DDR.

Am 26. Januar 2001 beantragte er bei der Beklagten in ihrer Funktion als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und verwies darauf, dass von dieser Zusatzversorgung auch bestimmte Personen erfasst werden könnten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers gehabt hätten und machte geltend, die Zeit vom 1. Januar 1966 bis zum Rentenbeginn, in der er als Gruppenleiter bzw. für die Normentwicklung im VEB Ingenieurhochbau gearbeitet habe, werde davon erfasst. Mit Bescheid vom 8. März 2001 lehnte die Beklagte (Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme) die Feststellung von in dem angesprochenen Zusatzversorgungssystem zurückgelegten Zeiten ab, weil keine konkrete Versorgungszusage vorgelegen habe, der Kläger nicht dem genannten Personenkreis unterfalle und schließlich auch nicht auf eine Versorgung habe vertrauen dürfen. Im Widerspruchsverfahren machte er geltend, er habe zu den unentbehrlichen Spezialisten im Produktionsablauf des VEB Ingenieurhochbau gehört, seine Altersgruppe sei aber für ein Studium zu alt und als rentennaher Jahrgang von der kontingentierten Intelligenzrente ausgeschlossen gewesen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 26. April 2001 als unbegründet zurück. Sie führte dazu aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung entsprechender Zeiten, denn eine positive Versorgungszusage habe zu DDR-Zeiten nicht vorgelegen. Der Kläger habe auch nicht darauf vertrauen können, ihm werde im Leistungsfall eine Versorgungsrente bewilligt werden. Sie legte dazu näher dar, dass der Kläger nur im Rahmen einer Ermessensregelung hätte einbezogen werden können, was aber nicht geschehen sei. Eine ingenieurtechnische Ausbildung mit Abschluss im Sinne der Versorgungsordnung läge nicht vor. Nur die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit reiche insoweit nicht aus.

Dagegen hat sich der Kläger mit seiner zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gewandt und weiterhin geltend gemacht, für ihn seien Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der technischen Intelligenz festzustellen, denn er habe als Gruppenleiter Aufgaben wahrgenommen, die die Qualifikation eines Ingenieurs erforderten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. November 2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Nach der näher dargelegten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestünden drei Fallgruppen, für die die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem in Betracht komme. Zu den ersten beiden Fallgruppen zähle der Kläger nicht, denn weder läge eine zu beachtende Rentenbewilligung bzw. Versorgungszusage vor noch habe der Kläger berechtigt aufgrund eines besonderen Vertrauenstatbestandes auf eine Bewilligung eines Versorgungsanspruchs am 1. Juli 1990 vertrauen dürfen, falls der Leistungsfall bis Ende Juni 1990 eingetreten wäre.

Aber auch zu der dritten allenfalls in Betracht kommenden Fallgruppe, bei der auf die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung abgestellt werde, zähle der Kläger nicht. Denn er habe keine Tätigkeit ausgeübt, für die ihrer Art nach abstrakt-generell die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vorgesehen gewesen sei; es könne sich dabei nur um solche Tätigkeiten handeln, die von der Versorgungsordnung selber erfasst werden. Nach der Versorgungsordnung und den dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen werde der Kläger jedoch, was näher ausgeführt wird, als Gruppenleiter nicht abstrakt-generell als Versorgungsberechtigter erfasst, denn der Kläger gehöre nicht zu dem Personenkreis, der die Berufsbezeichnung Ingenieur habe führen dürfen. Dass der Kläger auf Antrag seines Arbeitgebers hätte erfasst werden können, genüge diesen Anforderungen nicht.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt, mit der er weiterhin die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz beansprucht.

Der Kläger beantragt nach dem Inhalt seines Vorbringens,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1966 bis 28. Februar 1987 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, da es der Rechtslage entspreche.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten als Zusatzversorgungsträger geführten Verwaltungsakte (Versicherungs-Nr. , die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur Zusatzversorgung der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) verneint.

Die Vorschriften des AAÜG finden auf den Kläger keine Anwendung (§ 1 AAÜG). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz „für Ansprüche und Anwartschaften“, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. „Erworben worden sind“ in diesem Sinne aus der Perspektive des am 1. August 1991 in Kraft getretenen AAÜG Versorgungsanwartschaften auch, wenn Nichteinbezogene rückschauend nach den Regeln der Versorgungssysteme, soweit sie aufgrund des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (Bundesgesetzblatt II S. 889) am 3. Oktober 1990 zu sekundären Bundesrecht geworden waren, praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30. Juni 1990 hätten einbezogen werden müssen. Dies ist der Fall, wenn sie - ohne erfolgte Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag) - aus bundesrechtlicher Sicht einen Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage nach den Regelungen der Versorgungssysteme unter Beachtung des Gleichheitsgebotes gehabt hätten. Schließlich wird nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG eine Versorgungsanwartschaft fingiert, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt einmal eine durch Einzelfallregelung konkretisierte Aussicht bestand, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten, diese Aussicht (Anwartschaft) aber aufgrund der Regelungen der Versorgungssysteme vor dem 1. Juli 1990 wieder entfallen war (BSG Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 21/02 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

Da der Kläger, wie er selbst einräumt, zu keinem Zeitpunkt in der DDR eine Versorgungszusage oder einen Einzelvertrag mit der konkreten Aussicht hatte, bei Eintritt des Versorgungsfalles Leistungen zu erhalten, können die Vorschriften des AAÜG mithin auf ihn nur Anwendung finden, wenn ihm aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, d.h. nach den insoweit vom Einigungsvertrag noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebotes umgesetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung am 30. Juni 1990 hätte eingeräumt werden müssen, er also, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, zum 1. Juli 1990 im (jetzt) rechtsstaatlichen Umfeld Leistungen aus dem Versorgungssystem hätte beanspruchen können. Dies wäre der Fall gewesen, wenn er nach den Regelungen des Versorgungssystems „obligatorisch“ im Sinne einer „gebundenen Verwaltung“ - ohne Ermessensspielraum des Versorgungsträgers - in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte einbezogen werden müssen, weil die abstrakt- generellen Voraussetzungen hierfür insoweit am 30. Juni 1990 erfüllt waren. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor.

Der Kläger hatte aus bundesrechtlicher Sicht keine Versorgungsanwartschaft im dargelegten Sinne erworben. Er hätte, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, nach der Versorgungsordnung für die technische Intelligenz und den dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen lediglich durch eine Ermessensentscheidung (und nicht „kraft Gesetzes“) in das Zusatzversorgungssystem einbezogen werden können. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil nimmt der Senat daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine derartige Ermessensentscheidung kann bundesrechtlich nicht - rückschauend - ersetzt werden (BSG Urteil vom 31. Juli 2002 a.a.O.).

Soweit der Kläger darauf verweist, dass er Arbeiten erledigt habe, wie sie sonst oder auch ein Ingenieur verrichtet hätte, ergibt sich daraus keine andere Beurteilung. Denn allein durch die Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit wurde die persönliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in dieses Zusatzversorgungssystem nicht erfüllt; der Arbeitnehmer musste auch berechtigt gewesen sein, die entsprechende Berufsbezeichnung zu führen (BSG Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Zur Führung einer solchen Berufsbezeichnung war der Kläger ausweislich der Akten nicht berechtigt und macht er auch nicht geltend.

Da der Kläger nach alledem nicht abstrakt-generell in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz einzubeziehen war, sondern nur aufgrund einer Ermessensentscheidung im Einzelfall, und eine solche Ermessensentscheidung - wie der Kläger selbst einräumt - zu DDR-Zeiten nicht ergangen ist, lässt sich eine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 AAÜG nicht bejahen (BSG Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 6/01 R - = SozR 3-8570 § 8 Nr. 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
Saved