Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 16366/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 2052/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners zu 1) wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2014 geändert.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird in vollem Umfang abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1966 geborene Antragsteller ist bulgarischer Staatsbürger mit dem Geburtsort D in Bulgarien.
Am 13. Februar 2014 beantragte er erstmalig bei dem Antragsgegner zu 1) Leis-tungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bei der Antrag-stellung gab er im "Zusatzfragebogen Ausländer" mit Datum vom 27. Februar 2014 als Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland "2008" und auf die Frage nach einer polizeilichen Anmeldung "keine polizeiliche Anmeldung" an. Auf die Frage "Warum sind Sie hier/womit begründen Sie ihren Aufenthalt in Deutschland?" gab der Antragsteller "Arbeitsuche" an und auf die Frage "Waren Sie schon einmal als Arbeitnehmer oder Selbstständiger in Deutschland tätig?" kreuzte er "Nein" an.
Bei der Antragstellung legte der Antragsteller eine am 13. Juli 2012 ausgestellte bulgarische "Identity Card" vor, in der als Wohnort/Aufenthaltsort ("R") "D" einge-tragen ist. Außerdem legte der Antragsteller eine Erklärung von Herrn S G von dem Berliner Aids-Hilfe e.V. vom 21. Januar 2014 vor. In dieser Erklärung wurde angegeben, der Antragsteller lebe "seit 8 Jahren in Deutschland" und leide an "drei chronischen Krankheiten mit zahlreichen Komplikationen" (u.a. einer HIV- Infektion "in einem fortgeschrittenen Stadium"). Wegen des kalten Wetters baue er derzeit physisch und psychisch sehr schnell ab und befinde sich in akuter Lebensgefahr.
Des Weiteren holte der Antragsgegner zu 1) eine Auskunft des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Meldeauskunft) vom 10. Februar 2014 ein, nach der der Antragsteller bei der Meldebehörde nicht gemeldet und dort unbekannt war. In einem in den Verwaltungsakten des Antragsgegners enthaltenen von dem Antragsteller unterschriebenen Schreiben vom 16. Januar 2014, gerichtet an den Antragsgegner zu 3, führte der Antragsteller aus, er habe sich bis zu der Räumung der Unterkunft in der E in der K Straße in Berlin Mitte aufgehalten; derzeit (16. Januar 2014) übernachte er in einem Zeltlager am Oranienburger in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg.
Mit Bescheid vom 10. März 2014 lehnte der Antragsgegner zu 1) den Antrag des Antragstellers vom 13. Februar 2014 ab. Er habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, weil er ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe. Die Ent-scheidung beruhe auf § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II.
Gegen diesen Ablehnungsbescheid vom 10. März 2014 erhob der Antragsteller persönlich mit Schreiben vom 13. März 2014 mit der Begründung Widerspruch, in seinem Fall greife die Begründung der Ablehnung nach § 7 Absatz 1 S. 2 SGB II nicht, denn sein Anspruch ergebe sich daraus, dass er seit über acht Jahren in Deutschland lebe und zwar seit März 2006. Die ersten zwei Jahre habe er in Hamburg und die darauf folgenden in Berlin verbracht. Bis zu seiner Erkrankung sei er für seinen Lebensunterhalt allein ohne staatliche Hilfe aufgekommen. Er lebe hier, weil er als Transperson in Bulgarien der Verfolgung ausgesetzt sei. Diese Tatsachen seien durchaus bekannt und gingen insbesondere aus einer Bescheinigung des Gesundheitsamtes Kreuzberg hervor. Im Januar 2013 sei er schwer erkrankt und habe seinen Lebensunterhalt nicht mehr verdienen können. Nach monatelangem Krankenhausaufenthalt sei er obdachlos geworden.
Außerdem legte der Antragsteller eine Bescheinigung von Frau Dr. A W vom Gesundheitsamt Friedrichshain-Kreuzberg vom 11. März 2013 vor. In dieser heißt es, der Antragsteller befinde sich dort seit "5.3.2010" in ärztlicher Kontrolle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 wies der Antragsgegner den Wi-derspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 10. März 2014 als unbe-gründet zurück.
Mit anwaltlichem Schreiben bereits vom 19. März 2014 beantragte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin (Az. S 43 AS 6897/14 ER) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zudem, den Antragsgegner zu 1) ab dem 19. März 2014 zur vorläufigen Bewilligung von Arbeitslosengeld II zu verpflichten; § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II könne zumindest im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht angewendet werden.
In diesem sozialgerichtlichen Verfahren legte der Antragsteller eine eigene "ei-desstattliche Erklärung" vom 7. April 2014 vor, in der er erklärte:
"Ich lebe seit 2007 ununterbrochen in Deutschland, zunächst in Hamburg und seit Dezember 2008 in Berlin.
Ich gehöre zur Minderheit der Roma. Wegen meiner Transidentität war ich Verfolgungen in Bulgarien ausgesetzt, sowohl von meiner Familie als auch von anderen Personen. Als ich noch in Bulgarien lebte, wurde ich wegen meiner Identität regelmäßig verprügelt. Meine vier in meiner Geburtsstadt D lebenden Brüder akzeptieren meine Identität und Lebensweise nicht und haben mir angedroht, mich zu töten. Meine Brüder M, S und R haben mich auch verprügelt, als sie letztes Jahr in Berlin waren.
Ich glaube, dass ich getötet würde, wenn ich nach Bulgarien zurückkehren würde."
Außerdem hat der Antragsteller eine "eidesstattliche Versicherung" von Herrn S G vom Berliner Aids- Hilfe e.V. vom 2. April 2014 vorgelegt. In dieser Erklärung hat Herr G angegeben, als Sozialarbeiter für die Betreuung von HIV bedrohten Jungen und jungen Männern seit 2008 zuständig gewesen zu sein. Den Antragsteller habe er Ende des Jahres 2008, spätestens seit Januar 2009 kennen gelernt und betreut. In der Arztpraxis des Vereins sei der Antragsteller 2009 und bis Sommer 2010 anzutreffen gewesen. Er habe ihn dann zur Betreuung und Behandlung an das Gesundheitsamt Friedrichshain- Kreuzberg vermittelt und dort sei er betreut worden. Ende 2011/Anfang 2012 habe er ihn im Krankenhaus der Justiz wieder getroffen und seitdem intensiv betreut.
Mit Beschluss vom 9. April 2014 verpflichtete das Sozialgericht Berlin den hiesigen Antragsgegner zu 1) zur Leistungserbringung für den Zeitraum vom 19. März 2014 bis zum 31. Juli 2014, zuletzt in monatlicher Höhe von 391 EUR. Im anschließenden Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az. L 5 AS 949/14 B ER) setzte der Vorsitzende des 5. Senats mit Beschluss vom 28. April 2014 auf Antrag des hiesigen Antragsgegners zu 1) die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts aus. Mit Schreiben vom 30. April 2014 wies der Berichterstatter des 5. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg außerdem darauf hin, dass weder für ein fortdauerndes Aufenthaltsrecht als ehemaliger Arbeitnehmer noch für ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizG/EU Anhaltspunkte vorlägen; insbesondere sei ein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet seit mehr als fünf Jahren nicht erkennbar. Nachdem der Antragsteller gegen den Beschluss des Senatsvorsitzenden des 5. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. April 2014 Verfas-sungsbeschwerde einlegte, hob der Senatsvorsitzende mit Beschluss vom 7. Mai 2014 den Beschluss vom 28. April 2014 auf und lehnte den Antrag des hiesigen Antragsgegners zu 1) auf Aussetzung der Vollstreckung ab. Erstmals im Verfahren der Verfassungsbeschwerde sei ein Daueraufenthaltsrecht nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz geltend gemacht worden, so dass die Erfolgsaussichten der Beschwerde des hiesigen Antragsgegners zu 1) offener einzuschätzen seien. Mit Beschluss vom 29. Juli 2014 wies der 5. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg schließlich die Beschwerde des hiesigen Antragsgegners zu 1) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. April 2014 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Antragsteller könne sich mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit als ehemaliger selbstständiger Erbringer von Dienstleistungen auf ein fortdauerndes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz EU berufen. Er habe sich zumindest seit Januar 2009 in Deutschland aufgehalten und sei seither der Prostitution nachgegangen, bis er im Januar 2013 schwer erkrankt sei und die Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2014 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II über den 31. Juli 2014 hinaus.
Außerdem hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin am 9. Juli 2014 be-antragt, "die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, im Namen des Antragsgegners zu 1) dem Antragsteller vorläufig Arbeitslosengeld II ab 1. August 2014 bis zum 30. Januar 2015, längstens bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, zu gewähren." Die Sach- und Rechtslage sei unverändert und der Antragsteller nach wie vor hilfebedürftig. Der Antrag sei nicht nur gegen den Antragsgegner zu 1) zu richten (Jobcenter), sondern auch gegen Antragsgegner zu 2) (die Bundesagentur für Arbeit) und den Antragsgegner zu 3) (das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Pankow), weil in den Berliner Jobcentern Beschlüsse regelmäßig nicht zeitnah umgesetzt und so die Antragsteller zu einer Zwangsvollstreckung gezwungen würden. Da der Antragsgegner zu 1) kein Konto besitze und keine Immobilien, sondern nur die Antragsgegner zu 2) und 3), könne gegen ihn regelmäßig nicht vollstreckt werden. Daher sei gegebenenfalls eine Vollstreckung gegen die Träger der Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44b SGB II, die eine strukturelle Ähnlichkeit mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufwiesen, nötig. Damit der Vollstreckungstitel auch diese Antragsgegner erfasse, sei für eine effektive Umsetzung der Antrag auch gegen sie zu richten.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2014 hat der Antragsgegner erneut unter Hinweis auf § 7 Absatz 1 S. 2 SGB II eine Leistungsgewährung abgelehnt.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 24. Juli 2014 den Antragsgegner zu 1) im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit von August 2014 bis Januar 2015 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 391 EUR zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Europarechtskonformität des § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II. Zur Aufrechterhaltung des Existenzminimums sei daher der Antragsgegner zu 1) zur vorläufigen Leistungserbringung zu verpflichten.
Gegen diesen dem Antragsgegner zu 1) am 31. Juli 2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner zu 1) am 4. August 2014 Beschwerde bei dem Landesso-zialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt und zudem die Aussetzung der Voll-streckung des Beschlusses vom 24. Juli 2014 beantragt.
Mit Beschluss vom 14. August 2014 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg antragsgemäß die Vollstreckung aus dem Beschluss unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ausgesetzt. Hiergegen hat der Antragsteller Verfassungsbeschwerde beim Verfassungsge-richtshof des Landes Berlin eingelegt und Anhörungsrüge erhoben. Der Verfas-sungsgerichtshof hat zunächst mit Beschluss vom 2. September 2014 den Aus-setzungsbeschluss vorläufig ausgesetzt (VerfGH 138A/14) und schließlich mit Beschluss vom 30. September 2014 den Aussetzungsbeschluss vom 14. August 2014 aufgehoben (VerfGH 138/14); die Entscheidung des 5. Senats des Lan-dessozialgerichts Berlin-Brandenburg sei nicht erkennbar berücksichtigt worden und dadurch das rechtliche Gehör verletzt.
Der Antragsteller weist darauf hin, dass bereits der 5. Senat des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, der zu § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II dieselbe Rechtsansicht wie der 29. Senat vertrete, für einen vorherigen Zeitraum einen Leistungsanspruch bejaht habe. Ob die Antragsgegner zu 2) und 3) passiv legitimiert seien, müsse nicht diskutiert werden, weil das in der Antragsschrift dargestellte Vollstreckungsproblem nicht vorgelegen habe. Im Übrigen sei die Beschwerde des Antragsgegners zu 1) nach erzwungener Zahlung der begehrten Leistungen unzulässig. Um sich die Möglichkeit des Rechtsmittels zu bewahren, sei der Antragsgegner gehalten, eine Auszahlung bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu vermeiden. Tatsächlich seien aber nun am 3. September 2014 für den Zeitraum von August 2014 bis September 2014 und Ende September 2014 für Oktober 2014 Leistungen überwiesen worden. Der Senat hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 19. September 2014 u.a. aufgegeben, seinen behaupteten langjährigen Aufenthalt in Deutschland und eine ausgeübte Erwerbstätigkeit durch Vorlage von Belegen glaubhaft zu machen (Meldebescheinigungen, Gewerbeanmeldungen, Steuerbescheide, Rechnungen, Quittungen etc.). Hierauf hat der Antragsteller erneut seine bereits vorgelegte Erklärung vom 7. April 2014 und die "eidesstattliche Versicherung" von Herrn G vom 2. April 2014 übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Be-teiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte L 5 AS 949/14 B ER und der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners zu 1) () Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners zu 1) ist zulässig.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die Beschwerde des Antragsgegners zu 1) nach der erzwungenen Zahlung der begehrten Leistungen nicht unzulässig geworden. Zwar hat der ehemalige 25. Senat des Landessozialgerichts Berlin- Brandenburg früher die Ansicht vertreten, dass bei vollständiger Zahlung ein Rechtschutzbedürfnis des Antragsgegners für ein Beschwerdeverfahren entfalle (unter anderem Beschluss vom 9. April 2008, L 25 B 543/08 AS ER, zitiert nach juris). Jedoch hat der Antragsgegner zu 1) selbst nach der Behauptung des An-tragstellers nicht für den gesamten hier streitigen Zeitraum (August 2014 bis Januar 2015), sondern lediglich für die Monate August 2014 bis Oktober 2014 gezahlt. Zudem existiert auch keine einhellige Rechtsprechung "aller AS- Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg", nach der bei einer Zahlung ein Rechtsschutzbedürfnis entfallen würde. Der oben genannten Rechtsprechung sind andere Senate nicht gefolgt. So hat beispielsweise der 9. Senat schon vorher entschieden (Beschluss vom 7. November 2007, L 9 B 572/07 KR ER, zitiert nach juris), dass allenfalls bei einer vorbehaltslosen Gewährung das Rechtsschutzinteresse entfallen kann. Von einer vorbehaltlosen Gewährung ist jedoch gerade nicht auszugehen, wenn ausdrücklich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 199 SGG gestellt wird und letztlich der Antragsgegner aufgrund einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zur vorläufigen Zahlung gezwungen wird. Es ist nach Ansicht des Senats nicht nachvollziehbar, wenn ein Beteiligter zur vorläufigen Zahlung gezwungen wird und ihm dann die grundsätzlich auch ihm zustehende Beschwerdemöglichkeit mit der Begründung abgesprochen wird, er habe ja gezahlt.
Die Beschwerde ist schließlich auch begründet. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Antragsgegner zu 1) zu Unrecht vorläufig zur Leistung für den im Streit befindlichen Zeitraum verpflichtet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitge-genstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragstellerin das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OVG Hamburg, NVwZ 1990, 975).
Vorliegend scheitert das Begehren zumindest an einem nicht glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügig-keitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB II).
Nach diesen Regelungen ist der begehrte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht überwiegend wahrscheinlich im Sinne der Legaldefinition des § 23 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und damit nicht glaubhaft gemacht.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller überhaupt hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II und erwerbsfähig im Sinne von § 7 Absatz 1 S. 1 Nr. 2 SGB II ist.
An der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers bestehen erhebliche Bedenken, da der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben zumindest seit Januar 2013 aufgrund schwerer Erkrankungen nicht mehr in der Lage ist, seiner ausgeübten Tätigkeit nachzugehen. Nach der gesetzlichen Definition des § 8 Abs. 1 SGB II ist jedoch nur erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Befindet er sich "in einem fortgeschrittenen Stadium" eine HIV- Erkrankung mit "akuter Lebensgefahr", wie in der "eidesstattlichen Versicherung" von Herrn Gvom 21. Januar 2014 erklärt, so dürften Zweifel an einer Erwerbsfähigkeit des Antragstellers mehr als angebracht sein.
An der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers bestehen Bedenken, weil der An-tragsteller nach seinen eigenen Angaben spätestens seit einem Krankenhaus-aufenthalt ab Januar 2013 nicht mehr in der Lage war, selbst Erwerbseinkünfte zu erzielen. Seinen ersten Leistungsantrag stellte er aber erst am 13. Februar 2014, also über ein Jahr später, so dass zweifelhaft ist, wovon er über ein Jahr gelebt hat und nun nicht mehr leben kann.
Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II vorliegen. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist ein Leistungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil voraussichtlich der Leis-tungsausschluss des § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greift.
Nach dieser Regelung ist der Antragsteller von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn sich sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Ar-beitsuche ergibt.
Vorliegend ist im Hinblick auf die bereits erwähnte zweifelhafte Erwerbsfähigkeit auch zweifelhaft, ob der Antragsteller überhaupt in der Lage wäre, eine Arbeit aufzunehmen, d.h., ob er sich in Deutschland überhaupt zur Arbeitsuche aufhält.
Ob ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche tatsächlich besteht, kann bei einem nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greifenden Leistungsausschluss jedoch dahinstehen. Ein anderes Aufenthaltsrecht des Antragstellers ist jedenfalls für den im Streit befindlichen Zeitraum nicht anzunehmen.
Soweit der 5. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im vorherge-henden Beschwerdeverfahren des Antragstellers (L 5 AS 949/14 B ER) im Be-schluss vom 7. Mai 2014 ein eventuelles Aufenthaltsrecht nach § 60 Abs. 1 AufenthG andeutet und im Beschluss vom 29. Juli 2014 ein Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 des Freizügigkeitsgesetzes/ EU ein Aufenthaltsrecht bejaht, vermag dem der erkennende Senat nicht zu folgen.
Ein eventuelles Aufenthaltsrecht aus § 60 Abs. 1 AufenthG dürfte schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil die Rechtsstellung des Antragstellers als bulgari-schen Staatsbürger von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Uni-onsbürgern geregelt ist und daher das Aufenthaltsgesetz nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG auf ihn grundsätzlich keine Anwendung findet. In § 11 Abs. 1 Freizü-gigkeitsgesetz/EU ist zudem ausdrücklich geregelt, welche Regelungen des Auf-enthaltsgesetzes entsprechend Anwendung finden; § 60 Abs. 1 AufenthG ist hiervon nicht erfasst. Etwas anderes kann nach § 11 Abs. 2 Freizügigkeitsge-setz/EU allenfalls dann gelten, wenn die Ausländerbehörde das Nichtbestehen oder den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU festgestellt hat. Eine solche Feststellung der Ausländerbehörde ist aber nicht einmal behauptet noch sonst ersichtlich.
Auch ein andauerndes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 1 Freizügigkeitsgesetz/ EU kann der Senat nicht als glaubhaft gemacht ansehen.
Nach § 2 Abs. 3 S. 1 Freizügigkeitsgesetz/ EU bleibt das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Ar-beitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusam-menhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 S. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU).
Vorliegend kann von einem fortlaufenden Aufenthaltsrecht schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil nicht einmal eine vorherige Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger im Sinne von § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU glaubhaft gemacht ist.
Eine Tätigkeit als Arbeitnehmer wird von dem Antragsteller selbst nicht einmal behauptet.
Für die behauptete selbständige Tätigkeit als Prostituierter hat der Antragsteller trotz Aufforderung keinerlei Belege beigebracht.
Bereits mit Schreiben vom 19. September 2014 hat das Gericht den Antragsteller aufgefordert, hierzu vorhandene Unterlagen in Form von beispielsweise Mel-debescheinigungen, Gewerbeanmeldungen, Steuerbescheide, Rechnungen und Quittungen vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Antragsteller nicht nachge-kommen. Stattdessen hat er lediglich, wie schon im vorherigen Beschwerdever-fahren, eine eigene "eidesstattliche Erklärung" vom 7. April 2014 und eine "ei-desstattliche Versicherung" des Herrn G vom 2. April 2014 vorgelegt.
Diese Erklärungen sind zur Glaubhaftmachung einer selbständigen Tätigkeit je-doch nicht geeignet.
In seiner eigenen Erklärung vom 7. April 2014 erwähnt der Antragsteller nicht einmal die Ausübung einer Tätigkeit in Deutschland. Sie enthält vielmehr lediglich Ausführungen darüber, dass er sich aufgrund seiner Transidentität in Deutschland aufhält und nicht mehr in Bulgarien.
Die Erklärung von Herrn G lässt ebenfalls keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf eine selbständige Tätigkeit des Antragstellers zu. In seiner Erklärung vom 2. April 2014 bestätigt Herr G zwar, dass er den Antragsteller in seiner Tätigkeit als Sozialarbeiter in der Homosexuellenszene und Transpersonen wiederholt in Berlin gesehen und betreut hat. Ob und in welchem Umfang der Antragsteller aber tatsächlich hier einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, kann aus dieser Erklärung nicht hergeleitet werden. So ist insbesondere mit keinem Wort erwähnt, ob und in welchem Umfang der Antragsteller Einnahmen dort erzielt hat. Danach bleibt aber schon zweifelhaft, ob und in welchem Umfang der Antragsteller überhaupt eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat. Nur eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jedoch nach § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU privilegiert.
Die auf Art. 49 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (ehemals Art. 43 EG-Vertrag) basierende Niederlassungsfreiheit umfasst die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 25. Juli 1991, C-221/89, zitiert nach juris). Maßgeblich ist die Möglichkeit für einen Unionsangehörigen, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates als seines Herkunftsstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen (EuGH, Urteil vom 11. März 2010, C-384/08, zitiert nach juris). Sofern es sich um eine Tätigkeit handelt, deren Umfang sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt, wird eine Niederlassung verneint (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010, C-14/09, vgl. auch Beschluss des Senats vom 25. Juli 2012, L 29 AS 1504/12 B ER, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. August 2012, L 11 AS 39/12 B ER m. w. N., jeweils zitiert nach juris).
Schon die fehlende Betriebsstätte lässt Zweifel an der Annahme einer selbstän-digen Tätigkeit im Sinne der europäischen Rechtsprechung aufkommen. Auch die eigenen Angaben des Antragstellers im Antragsverfahren sprechen gegen eine ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit. Damals hat der Antragsteller mit Datum vom 27. Februar 2014 auf die Frage "Waren Sie schon einmal als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger in Deutschland tätig?" mit "Nein" geantwortet und sein Recht zum Aufenthalt allein mit "Arbeitsuche" begründet. Und selbst die heutigen Behauptungen des Antragstellers enthalten keine Angaben auf den Umfang der Tätigkeit und erzielte Einkünfte.
Entscheidend ist nach Ansicht des Senates im Hinblick auf ein Aufenthaltsrecht aus einer behaupteten selbständigen Erwerbstätigkeit aber schließlich darauf abzustellen, dass ein solches Aufenthaltsrecht zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nur innerhalb der Rechtsordnung, d.h. nur für eine legale Tätigkeit, bestehen kann (so schon Hessisches Landessozialgericht mit Beschluss vom 13. September 2007,L 9 AS 44/07 ER, und im Ergebnis auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012, L 3 AS 1477/11, beide zitiert nach Juris). Vorliegend hat der Antragsteller jedoch selbst nach seinen eigenen Angaben keine legale Tätigkeit ausgeübt. Er war nicht einmal in Deutschland angemeldet, hat kein Gewerbe angemeldet, keine Steuern und Sozialabgaben entrichtet und damit allenfalls "Schwarzarbeit" geleistet. Selbst wenn der Antragsteller mithin eine illegale Tätigkeit ausgeübt hat, könnte er hieraus kein fortdauerndes Aufenthaltsrecht ableiten.
Schließlich kommt auch ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht aus § 4a Freizügig-keitsgesetz/EU nicht in Betracht.
Nach dieser Regelung haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vor-liegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht).
Vorliegend ist ein solcher rechtmäßiger Aufenthalt von mindestens fünf Jahren nicht glaubhaft gemacht.
Wie bereits dargestellt, ist der Antragsteller selbst nach seinen eigenen Angaben allenfalls einer illegalen Tätigkeit nachgegangen, die kein Aufenthaltsrecht im Sinne von § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU begründen kann. Eine Arbeitsuche oder ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen im Sinne von § 2 Freizügig-keitsgesetz/EU hat der Antragsteller für die behaupteten Jahre seiner Anwesenheit in Deutschland nicht einmal behauptet.
Zudem sind auch die eigenen Angaben des Antragstellers zur Aufenthaltsdauer schon in sich widersprüchlich und daher kaum für eine Glaubhaftmachung ge-eignet.
So gab der Antragsteller im Februar 2014 im "Zusatzfragebogen Ausländer" noch an, im Jahre 2008 nach Deutschland eingereist zu sein. Nach dem ablehnenden Bescheid des Antragsgegners zu 1) vom 10. März 2014 hat er dann in seinem Widerspruchsschreiben vom 13. März 2014 behauptet, seit März 2006 in Deutschland zu leben, um dann schließlich in seiner "eidesstattlichen Erklärung" vom 7. April 2014 einen ununterbrochenen Aufenthalt in Deutschland seit 2007 zu behaupten.
Zum tatsächlichen Einreisezeitpunkt und zur Dauer des Aufenthalts in Deutsch-land ist zudem ebenfalls festzustellen, dass auch hier keinerlei Belege bei-spielsweise in Form einer Meldebescheinigung vorliegen, die die Angaben des Antragstellers stützen könnten. Vielmehr hat er sich nach seinen Angaben vom Februar 2014 überhaupt nicht polizeilich angemeldet.
Ein ständiger rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland im Sinne von § 4 a Frei-zügigkeitsgesetz/EU ergibt sich schließlich auch nicht aus der vorgelegten ei-desstattlichen Versicherung des Herrn G vom 2. April 2014 oder der Bescheinigung von Frau Dr. Weiß vom 11. März 2013.
Herrn G hat zwar erklärt, dass er den Antragsteller seit "Ende des Jahres 2008, spätestens aber seit Januar 2009" kenne und ihn bis Sommer 2010 und dann erneut wieder seit "Ende 2011/Anfang 2012" betreut habe. Auch hat Frau Dr. Weiß hat eine "ärztliche Kontrolle seit 5.3.2010" bestätigt. Daraus ergibt sich jedoch nicht einmal, dass sich der Antragsteller ständig in Deutschland aufgehalten hat. Dagegen spricht schon der am 13. Juli 2012 in Bulgarien ausgestellte Identitätsausweis, der als Aufenthaltsort des Antragstellers "Dobrich" in Bulgarien angibt und dem als Urkunde ein hoher Beweiswert zukommt. Zudem sind diese Erklärungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in keiner Weise aussagekräftig.
Nach alledem ist von einer gelungenen Glaubhaftmachung eines weiteren Auf-enthaltsrechts nicht auszugehen. Weder die Dauer des Aufenthaltes noch die Tätigkeit innerhalb Deutschlands sind mangels jeglicher Unterlagen auch nur ansatzweise belegt. Im Gegenteil spricht die einzige vorgelegte Urkunde (der Identitätsausweis aus Bulgarien) für einen Aufenthalt in Bulgarien zumindest im Jahre 2012. Zur behaupteten Tätigkeit existieren zudem nur die Behauptungen des Antragstellers.
Wie der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden hat (vergleiche schon Beschluss vom 21. Juni 2006, L 29 B 314/06 AS ER, zitiert nach juris), ist bei der Prüfung ob von einer gelungenen Glaubhaftmachung eines behaupteten An-spruches auszugehen ist, nicht entscheidend auf die Angaben des Antragstellers abzustellen. Vielmehr beurteilt sich die Frage nach allen äußeren, objektiv er-kennbaren Umständen. Insofern ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Erklä-rungen der Beteiligten, die mehr und mehr erfahren haben, worauf es ankommt, um die Voraussetzungen für einen behaupteten Anspruch zu erfüllen, immer weniger glaubhaft werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Januar 1998 - 12 M 345/98 -, FEVS 48, Seite 545 m.w.N.).
Lässt sich danach ein Aufenthaltsrecht allenfalls aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, so greift der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, der nach Ansicht des Senats anwendbar ist.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass er eine Europarechtswidrigkeit dieser Regelung nicht feststellen kann. Der Senat hat schon mehrfach darauf hingewiesen (unter anderen in den Beschlüssen vom 5. März 2012, L 29 AS 414/12 B ER, vom 7. Juni 2012, L 29 AS 920/12 B ER, vom 12. Juni 2012, L 29 AS 914/12 B ER, vom 22. Juni 2012, L 29 AS 1252/12 B ER und vom 9. November 2012, L 29 AS 1782/12 B ER, jeweils zitiert nach juris), dass nur eine Überzeugung von der Europarechtswidrigkeit dieser Regelung ausnahmsweise berechtigen könnte, dieses formelle Gesetz nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung eines in Kraft getretenen Gesetzes (hier § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II) stellt einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar (vgl. zur Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009, 1 BvR 2492/08, zitiert nach juris) und birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG). Nicht zuletzt deshalb ist nach Art. 100 GG ein Gesetz auch nur dann nicht anzuwenden und das Verfassungsgericht anzurufen, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist.
Dieser Maßstab gilt nach Ansicht des Senats auch bei einer vermeintlichen Eu-roparechtswidrigkeit der anzuwendenden einfachgesetzlichen Regelung. Es wäre ein eklatanter Wertungswiderspruch, wenn lediglich "Zweifel" an der Vereinbarkeit einer einfachgesetzlichen Norm mit der Verfassung noch zur Anwendung des Gesetzes führen, solche Zweifel im Hinblick auf Europarechtliche Regelungen, die nicht einmal den Rang von Verfassungsrecht haben, aber zur Nichtanwendung der gesetzlichen Regelung berechtigen würden. Entsprechend kann eine Nichtanwendung allenfalls dann in Betracht kommen, wenn das erkennende Gericht zu der Überzeugung eines Verstoßes der anzuwendenden Regelung ge-gen höherrangiges europäisches Recht kommt. Eine solche Überzeugung von einem Verstoß des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gegen Recht der Europäischen Union konnte und kann der Senat aus den in den oben genannten Beschlüssen genannten Gründen nicht gewinnen. Der Senat verweist insoweit auf seine bis-herige Rechtsprechung, insbesondere die oben genannten Beschlüsse, und sieht von einer Wiederholung der Ausführungen hierzu ab.
Der Senat ist auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundessozial-gerichts (BSG) vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R - Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften [EuGH]) nicht von der Europarechtswidrigkeit der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II überzeugt und hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Der Senat verweist in diesem Zusammenhang zunächst auf die Mitteilung der Europäischen Kommission (Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaft-und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Freizügigkeit der EU-Bürger und ihrer Familien: fünf grundlegende Maßnahmen - vom 25. November 2013 - COM (2013) 837 final - deutsche Fassung veröffentlicht unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/ com/2013/com2013 0837de01.pdf). Hierin hat die Europäische Kommission im Zusammenhang mit der bestehenden Rechtslage betont, dass nach Ablauf der ersten drei Monate des Aufenthalts bis zur Erlangung des Daueraufenthaltsrechts im Aufnahmemitgliedstaat der Unionsbürger ohne Erwerbstätigkeit bzw. Unionsbürger, der erstmals eine Anstellung sucht, einen Anspruch auf "Sozialhilfe" (Mittel, die "ein Mitgliedstaat in der Regel Personen [gewährt], die nicht über ausreichende Mittel zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse verfügen") nach Uni-onsrecht nicht besitzt. Denn, um sein Aufenthaltsrecht zu erlangen, hätte er schließlich den nationalen Behörden gegenüber ausreichende Mittel nachweisen müssen, die mindestens der Einkommensschwelle entsprechen, unterhalb der Sozialhilfe gewährt wird. In der Mitteilung ist u.a. wörtlich ausgeführt:
" 2.2. Wer hat Anspruch auf Sozialhilfe?
Sozialhilfe gewährt ein Mitgliedstaat in der Regel Personen, die nicht über ausreichende Mittel zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse verfügen.
Mobile Arbeitnehmer aus der EU und ihre Familienangehörigen haben ab Beginn ihres Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat Anspruch auf dieselben Sozialhilfeleistungen wie die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Sonstige EU-Bürger mit rechtmäßigem Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat müssen genauso behandelt werden wie die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats, jedoch gibt es bestimmte Vorschriften, um den Aufnahmemitgliedstaat vor unangemessenen finanziellen Belastungen zu schützen.
Während der ersten drei Monate des Aufenthalts ist der Aufnahmemit-gliedstaat nach dem EU-Recht nicht verpflichtet, EU-Bürgern ohne Er-werbstätigkeit oder Personen, die erstmals eine Anstellung suchen, Sozi-alhilfe zu gewähren.
Was den anschließenden Aufenthalt bis zu fünf Jahren betrifft, so ist es in der Praxis unwahrscheinlich, dass der betreffende EU-Bürger Anspruch auf Sozialhilfe hat. Schließlich hätte er, um sein Aufenthaltsrecht zu erlangen, den nationalen Behörden gegenüber ausreichende Mittel nachweisen müssen, die mindestens der Einkommensschwelle entsprechen, unterhalb der Sozialhilfe gewährt wird.
Beantragt jedoch ein nicht erwerbstätiger EU-Bürger Sozialhilfe, bei-spielsweise wenn sich seine wirtschaftliche Situation im Laufe der Zeit ändert, so muss sein Antrag im Lichte seines Rechts auf Gleichbehandlung geprüft werden. In bestimmten Fällen können die nationalen Behörden bei einem Antrag auf Sozialhilfe begründete Zweifel hegen, dass die betreffende Person zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Sozialhilfesystems geworden ist.
In diesem Fall kann ein Mitgliedstaat die Gewährung von Sozialhilfe oder besonderen beitragsunabhängigen Leistungen an einen EU-Bürger aus einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass dieser die Vo-raussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt von über drei Monaten erfüllt ..."
Und auch der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hat in seinen Schlussanträgen vom 20. Mai 2014 (Rechtssache C-333/13, http://curia.europa.eu ) in dem Vorabentscheidungsersuchen des Sozialgerichts Leipzig zur Zulässigkeit eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats in diesem Sinne ausgeführt:
" 104. Die Richtlinie 2004/38 macht das Recht eines Unionsbürger, der nicht (als Arbeitnehmer oder Selbständiger) erwerbstätig ist, auf einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten ausdrücklich von der doppelten Vo-raussetzung abhängig, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen.
105. Es erscheint mir daher legitim, dass ein Mitgliedstaat Bürgern die Gewährung von Sozialhilfeleistungen verweigern kann, soweit diese ihre Freizügigkeit einzig und allein mit dem Ziel ausüben, Sozialhilfe in einem anderen Mitgliedstaat zu erhalten, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel verfügen, um ein Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten zu beanspruchen.
106. Den Mitgliedstaaten dieses Recht zu verweigern, würde zur Folge haben, dass ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der bei seiner Ankunft im Staatsgebiet eines anderen Mitgliedstaats keine ausreichenden Existenzmittel hat, um für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, au-tomatisch und de facto darüber verfügen würde, und zwar durch die Ge-währung einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung, deren Ziel darin besteht, den Lebensunterhalt des Empfängers sicherzustellen, in dem es ihm ermöglicht wird, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.
107. Die kumulative Anwendung der beiden sekundärrechtlichen Normen - der Verordnung Nr. 883/2004 und der Richtlinie 2004/38 - würde, wenn sie so ausgelegt würden, dass sie den allgemeinen Ausschluss der Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als des Aufnahmemitgliedstaats von der Gewährung einer Sozialhilfeleistung dieser Art verhindern, dazu führen, den vom Gesetzgeber in dieser Richtlinie ausgedrückten Willen zunichtezumachen. 113. Entweder verfügt der Unionsbürger über ausreichende Existenzmittel und kann sich somit im Staatsgebiet des Mitgliedstaats seiner Wahl aufhalten und wird wegen der Tatsache, dass er über ausreichende Existenzmittel verfügt, Sozialhilfeleistungen, deren Gegenstand darin besteht, das Existenzminimum sicherzustellen, nicht in Anspruch nehmen müssen - oder er verfügt nicht über ausreichende Existenzmittel und erfüllt damit theoretisch die Voraussetzungen um diese Art von Sozialhilfeleistungen zu erhalten, kann sich dann aber in Anbetracht von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 nicht in einem anderen Mitgliedstaat als dem aufhalten, dessen Staatsangehöriger er ist. 139. Daher bin ich nach alledem der Auffassung, dass die Verordnung Nr. 883/2004 und die Richtlinie 2004/38 der Entscheidung eines nationalen Gesetzgebers nicht entgegenstehen, die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines allgemeinen Kriteriums - wie dem Grund der Ankunft im Staatsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats -, das geeignet ist, das Fehlen einer tatsächlichen Verbindung mit diesem Staat nachzuweisen, vom Bezug einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung auszuschließen, um eine übermäßige Belastung für sein So-zialhilfesystem zu verhindern."
Das bedeutet vorliegend, dass sich der Antragsteller - auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausführungen der Europäischen Kommission sowie des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs - im streitigen Zeitraum nicht auf ein Aufenthaltsrecht berufen kann, denn Voraussetzung für einen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von über drei Monaten wäre auch hiernach der Nachweis ausreichender Mittel durch den Antragsteller. Über solche Mittel verfügt er nach eigenen Angaben nicht.
Danach ist abschließend festzustellen, dass jedenfalls zumindest aufgrund des anzuwendenden Leistungsausschlusses § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nicht gelungen ist.
Dass das BSG - wie bereits ausgeführt - am 12. Dezember 2013 das Verfahren zum Aktenzeichen B 4 AS 9/13 R ausgesetzt und dem EuGH – im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II – diverse Fragen über die Auslegung der Verträge bzw. der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstiger Stellen der Union im Wege einer Vorabentscheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgelegt hat, kann zu keiner anderen Entscheidung führen. Weder folgt daraus eine eigene Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV, noch führt dies zu einem vorläufigen Bewilligungsanspruch.
Eine eigene Vorlage im Rahmen des Art. 267 Abs. 2 AEUV kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Senat davon überzeugt ist, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht gegen europäisches Recht verstößt und anwendbar ist.
Auch eine Vorlagepflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV hält der Senat nicht für ge-geben. Zwar ist der Beschluss des erkennenden Senats gemäß § 177 SGG nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts anfechtbar. Die Regelung des Abs. 3 des Art. 267 AEUV ist auf Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz jedoch schon deshalb nicht anwendbar, weil einstweilige Entscheidungen schon nach ihrer Konzeption und Intention gerade keine endgültigen und nicht mehr angreifbaren Entscheidungen im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV darstellen, sondern nur vorläufige Regelungen bis längstens zum Abschluss eines durchzu-führenden Hauptsacheverfahrens; entsprechend erstreckt sich die materielle Rechtskraft eines Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz allenfalls bis zur Hauptsacheentscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Auflage, 2014, § 86 b Rn. 19a, mit weiteren Nachweisen).
Außerdem ist der erkennende Senat mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. Beschluss vom 6. Februar 2014, 7 CE 13.2222, zitiert nach juris) der Auffassung, dass wegen der im vorläufigen Rechtsschutz grundsätzlich beste-henden Eilbedürftigkeit die durch eine Vorlage an den EuGH entstehende Ver-fahrensverzögerung in der Regel nicht tunlich ist. Ein Vorlageverfahren beim EuGH dauert üblicherweise mehrere Monate bis Jahre, sodass eine Vorlage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Aushöhlung des Gebotes auf effektiven Rechtsschutz führen würde. Zur Erreichung des Ziels des Art. 267 AEUV, die einheitliche Auslegung und Anwendung europäischen Rechts sicherzustellen, ist es daher gegebenenfalls geboten aber auch ausreichend, im durchzuführenden Hauptsacheverfahren vor einer nicht mehr mit Rechtsmitteln angreifbaren Ent-scheidung die Frage der Vereinbarkeit des deutschen Rechtsakts mit europäischem Recht an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Schließlich folgt aus dem Vorlagebeschluss auch kein Anspruch beispielsweise auf eine vorläufige Bewilligung nach § 328 SGB III.
Soweit der 10. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 15. August 2014 (L 10 AS 1593/14 B ER, zitiert nach juris) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung hierzu die Ansicht vertritt, unter Berücksichtigung der oben bereits erwähnten Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH (B 4 AS 9/13 R) sei unter Anwendung von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III die Leistung abschlagsfrei zu gewähren, so vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen.
Zum einen hat der erkennende Senat bereits zuvor insbesondere entschieden, dass es sich bei § 328 SGB III um eine Ermächtigungsnorm für eine vorläufige Entscheidung der Verwaltung handelt, die im Ermessen der Verwaltung steht und für die kein Raum mehr nach einer endgültigen Entscheidung ist (Beschluss vom 20. März 2014, L 29 AS 514/14 B ER, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris).
Zum anderen vermag der Senat die Ausführungen im oben erwähnten Beschluss für die Annahme einer gebundenen Entscheidung mit einer "instantiellen Autorität des BSG" nicht nachzuvollziehen.
Das Bundesverfassungsgericht hat zur Frage der Bindungswirkung höchstrichtli-cher Entscheidungen mit Beschluss vom 21. Juli 2010 (u.a. 1 BvL 11/06, m.w.N., zitiert nach juris Rz. 79) ausgeführt:
"Zwar wirken fachgerichtliche Entscheidungen, obwohl sie nur Einzelfälle beurteilen und inter partes binden, darüber hinaus, wenn sie zur Klärung zweifelhafter und umstrittener Rechtslagen beitragen und damit als Präjudiz für künftige Fälle bedeutsam sind (vgl. Maurer, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 79 Rn. 135). Gerade für die höchstrichterliche Rechtsprechung hat diese Funktion Eingang in die Verfahrensordnungen gefunden. Vor allem aus den Revisionsvorschriften lässt sich die Aufgabe der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Vereinheitlichung der Recht-sprechung entnehmen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG für die hier be-troffene Sozialgerichtsbarkeit). Weil die unteren Instanzen an die höchst-richterliche Rechtsprechung außerhalb der Bindungswirkung der Revisi-onsentscheidung im konkreten Verfahren (vgl. § 170 Abs. 5 SGG) jedoch nicht gebunden sind, ist die Eignung judikativer Akte als Anknüpfungspunkt schutzwürdigen Vertrauens im Vergleich zu Normen, die generelle Verbindlichkeit beanspruchen, eingeschränkt. Die Rechtspflege ist aufgrund der Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 GG) konstitutionell uneinheitlich (Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 410 (Dez. 1973)). Kein Prozessbeteiligter kann daher darauf vertrauen, der Richter werde stets an einer bestimmten Rechtsauffassung aus der bisherigen Judikatur festhalten (vgl. BVerfGE 78, 123 (126); 87, 273 (278)). Entsprechend ist auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in ungeklärten Rechtslagen weniger geeignet, schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage zu erzeugen, als eine klarstellende gesetzliche Regelung (vgl. BVerfGE 59, 128 (165); 84, 212 (227); 105, 17 (38); BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 1992 - 1 BvR 496/87 -, NZA 1993, S. 213 (214)). Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung (vgl. BVerfGE 84, 212 (227); 122, 248 (277)). Der Geltungsgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus beruht allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und Kompetenz des Gerichts (vgl. BVerfGE 84, 212 (227); 122, 248 (277)). Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (vgl. BVerfGE 72, 302 (326); 122, 248 (277 f.))."
Unter Anwendung dieser Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation ist zunächst anzumerken, dass das BSG in seinem oben erwähnten Vorlagebeschluss nicht einmal eine vermeintliche Europarechtswidrigkeit des Ausschlus-statbestandes angenommen hat, sondern lediglich Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts geäußert und den Vorbehalt der Bundesregierung sogar ausdrücklich als wirksam angesehen hat. Danach ist nicht einmal erkennbar, dass das BSG den Leistungsausschluss im § 7 SGB II für europarechtswidrig hält und deshalb ein Leistungsanspruch ansonsten in Betracht kommen kann. Es stellt sich dann aber schon die Frage, inwiefern durch eine Ablehnung der vorläufigen Bewilligung von einer Ansicht des BSG abgewichen und dessen "instantielle Autorität" infrage gestellt werden könnte.
Selbst wenn im Übrigen das BSG im - nicht einmal verfahrensabschließenden - Vorlagebeschluss den Ausschlusstatbestand ausdrücklich als europarechtswidrig angesehen hätte, so wäre dies wohl kaum als "gefestigte, langjährige Recht-sprechung" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzu-sehen, so dass nicht einmal ein schutzwürdiger Vertrauensschutz auf Seiten der Beteiligten an einer bestimmten Rechtslage noch gar eine Bindung der Verwaltung entstehen könnte. Wie die Rechtsprechung ist auch die vollziehende Gewalt nach Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) nur an Recht und Gesetz gebunden und damit grundsätzlich auch an § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II.
Schließlich besteht wegen der nicht feststellbaren Europarechts- bzw. Völker-rechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses auch nicht die Möglichkeit einer Entscheidung über eine Folgenabwägung, weil auch dies letztlich zur Nichtan-wendung der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II und zu einer unzulässigen Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung führen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, ausführlich u.a. Beschluss vom 22. August 2013, L 29 AS 1952/13 B ER, m.w.N., zitiert nach juris).
Durch diesen Beschluss hat sich der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts (§ 199 Abs. 2 SGG) erledigt. Durch die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses vom 14. August 2014 durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin vom 30. September 2014 ist zudem die diesbezügliche Anhörungsrüge des Antragstellers erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird in vollem Umfang abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1966 geborene Antragsteller ist bulgarischer Staatsbürger mit dem Geburtsort D in Bulgarien.
Am 13. Februar 2014 beantragte er erstmalig bei dem Antragsgegner zu 1) Leis-tungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bei der Antrag-stellung gab er im "Zusatzfragebogen Ausländer" mit Datum vom 27. Februar 2014 als Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland "2008" und auf die Frage nach einer polizeilichen Anmeldung "keine polizeiliche Anmeldung" an. Auf die Frage "Warum sind Sie hier/womit begründen Sie ihren Aufenthalt in Deutschland?" gab der Antragsteller "Arbeitsuche" an und auf die Frage "Waren Sie schon einmal als Arbeitnehmer oder Selbstständiger in Deutschland tätig?" kreuzte er "Nein" an.
Bei der Antragstellung legte der Antragsteller eine am 13. Juli 2012 ausgestellte bulgarische "Identity Card" vor, in der als Wohnort/Aufenthaltsort ("R") "D" einge-tragen ist. Außerdem legte der Antragsteller eine Erklärung von Herrn S G von dem Berliner Aids-Hilfe e.V. vom 21. Januar 2014 vor. In dieser Erklärung wurde angegeben, der Antragsteller lebe "seit 8 Jahren in Deutschland" und leide an "drei chronischen Krankheiten mit zahlreichen Komplikationen" (u.a. einer HIV- Infektion "in einem fortgeschrittenen Stadium"). Wegen des kalten Wetters baue er derzeit physisch und psychisch sehr schnell ab und befinde sich in akuter Lebensgefahr.
Des Weiteren holte der Antragsgegner zu 1) eine Auskunft des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Meldeauskunft) vom 10. Februar 2014 ein, nach der der Antragsteller bei der Meldebehörde nicht gemeldet und dort unbekannt war. In einem in den Verwaltungsakten des Antragsgegners enthaltenen von dem Antragsteller unterschriebenen Schreiben vom 16. Januar 2014, gerichtet an den Antragsgegner zu 3, führte der Antragsteller aus, er habe sich bis zu der Räumung der Unterkunft in der E in der K Straße in Berlin Mitte aufgehalten; derzeit (16. Januar 2014) übernachte er in einem Zeltlager am Oranienburger in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg.
Mit Bescheid vom 10. März 2014 lehnte der Antragsgegner zu 1) den Antrag des Antragstellers vom 13. Februar 2014 ab. Er habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, weil er ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe. Die Ent-scheidung beruhe auf § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II.
Gegen diesen Ablehnungsbescheid vom 10. März 2014 erhob der Antragsteller persönlich mit Schreiben vom 13. März 2014 mit der Begründung Widerspruch, in seinem Fall greife die Begründung der Ablehnung nach § 7 Absatz 1 S. 2 SGB II nicht, denn sein Anspruch ergebe sich daraus, dass er seit über acht Jahren in Deutschland lebe und zwar seit März 2006. Die ersten zwei Jahre habe er in Hamburg und die darauf folgenden in Berlin verbracht. Bis zu seiner Erkrankung sei er für seinen Lebensunterhalt allein ohne staatliche Hilfe aufgekommen. Er lebe hier, weil er als Transperson in Bulgarien der Verfolgung ausgesetzt sei. Diese Tatsachen seien durchaus bekannt und gingen insbesondere aus einer Bescheinigung des Gesundheitsamtes Kreuzberg hervor. Im Januar 2013 sei er schwer erkrankt und habe seinen Lebensunterhalt nicht mehr verdienen können. Nach monatelangem Krankenhausaufenthalt sei er obdachlos geworden.
Außerdem legte der Antragsteller eine Bescheinigung von Frau Dr. A W vom Gesundheitsamt Friedrichshain-Kreuzberg vom 11. März 2013 vor. In dieser heißt es, der Antragsteller befinde sich dort seit "5.3.2010" in ärztlicher Kontrolle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 wies der Antragsgegner den Wi-derspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 10. März 2014 als unbe-gründet zurück.
Mit anwaltlichem Schreiben bereits vom 19. März 2014 beantragte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin (Az. S 43 AS 6897/14 ER) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zudem, den Antragsgegner zu 1) ab dem 19. März 2014 zur vorläufigen Bewilligung von Arbeitslosengeld II zu verpflichten; § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II könne zumindest im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht angewendet werden.
In diesem sozialgerichtlichen Verfahren legte der Antragsteller eine eigene "ei-desstattliche Erklärung" vom 7. April 2014 vor, in der er erklärte:
"Ich lebe seit 2007 ununterbrochen in Deutschland, zunächst in Hamburg und seit Dezember 2008 in Berlin.
Ich gehöre zur Minderheit der Roma. Wegen meiner Transidentität war ich Verfolgungen in Bulgarien ausgesetzt, sowohl von meiner Familie als auch von anderen Personen. Als ich noch in Bulgarien lebte, wurde ich wegen meiner Identität regelmäßig verprügelt. Meine vier in meiner Geburtsstadt D lebenden Brüder akzeptieren meine Identität und Lebensweise nicht und haben mir angedroht, mich zu töten. Meine Brüder M, S und R haben mich auch verprügelt, als sie letztes Jahr in Berlin waren.
Ich glaube, dass ich getötet würde, wenn ich nach Bulgarien zurückkehren würde."
Außerdem hat der Antragsteller eine "eidesstattliche Versicherung" von Herrn S G vom Berliner Aids- Hilfe e.V. vom 2. April 2014 vorgelegt. In dieser Erklärung hat Herr G angegeben, als Sozialarbeiter für die Betreuung von HIV bedrohten Jungen und jungen Männern seit 2008 zuständig gewesen zu sein. Den Antragsteller habe er Ende des Jahres 2008, spätestens seit Januar 2009 kennen gelernt und betreut. In der Arztpraxis des Vereins sei der Antragsteller 2009 und bis Sommer 2010 anzutreffen gewesen. Er habe ihn dann zur Betreuung und Behandlung an das Gesundheitsamt Friedrichshain- Kreuzberg vermittelt und dort sei er betreut worden. Ende 2011/Anfang 2012 habe er ihn im Krankenhaus der Justiz wieder getroffen und seitdem intensiv betreut.
Mit Beschluss vom 9. April 2014 verpflichtete das Sozialgericht Berlin den hiesigen Antragsgegner zu 1) zur Leistungserbringung für den Zeitraum vom 19. März 2014 bis zum 31. Juli 2014, zuletzt in monatlicher Höhe von 391 EUR. Im anschließenden Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az. L 5 AS 949/14 B ER) setzte der Vorsitzende des 5. Senats mit Beschluss vom 28. April 2014 auf Antrag des hiesigen Antragsgegners zu 1) die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts aus. Mit Schreiben vom 30. April 2014 wies der Berichterstatter des 5. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg außerdem darauf hin, dass weder für ein fortdauerndes Aufenthaltsrecht als ehemaliger Arbeitnehmer noch für ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizG/EU Anhaltspunkte vorlägen; insbesondere sei ein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet seit mehr als fünf Jahren nicht erkennbar. Nachdem der Antragsteller gegen den Beschluss des Senatsvorsitzenden des 5. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. April 2014 Verfas-sungsbeschwerde einlegte, hob der Senatsvorsitzende mit Beschluss vom 7. Mai 2014 den Beschluss vom 28. April 2014 auf und lehnte den Antrag des hiesigen Antragsgegners zu 1) auf Aussetzung der Vollstreckung ab. Erstmals im Verfahren der Verfassungsbeschwerde sei ein Daueraufenthaltsrecht nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz geltend gemacht worden, so dass die Erfolgsaussichten der Beschwerde des hiesigen Antragsgegners zu 1) offener einzuschätzen seien. Mit Beschluss vom 29. Juli 2014 wies der 5. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg schließlich die Beschwerde des hiesigen Antragsgegners zu 1) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. April 2014 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Antragsteller könne sich mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit als ehemaliger selbstständiger Erbringer von Dienstleistungen auf ein fortdauerndes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz EU berufen. Er habe sich zumindest seit Januar 2009 in Deutschland aufgehalten und sei seither der Prostitution nachgegangen, bis er im Januar 2013 schwer erkrankt sei und die Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2014 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II über den 31. Juli 2014 hinaus.
Außerdem hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin am 9. Juli 2014 be-antragt, "die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verurteilen, im Namen des Antragsgegners zu 1) dem Antragsteller vorläufig Arbeitslosengeld II ab 1. August 2014 bis zum 30. Januar 2015, längstens bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, zu gewähren." Die Sach- und Rechtslage sei unverändert und der Antragsteller nach wie vor hilfebedürftig. Der Antrag sei nicht nur gegen den Antragsgegner zu 1) zu richten (Jobcenter), sondern auch gegen Antragsgegner zu 2) (die Bundesagentur für Arbeit) und den Antragsgegner zu 3) (das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Pankow), weil in den Berliner Jobcentern Beschlüsse regelmäßig nicht zeitnah umgesetzt und so die Antragsteller zu einer Zwangsvollstreckung gezwungen würden. Da der Antragsgegner zu 1) kein Konto besitze und keine Immobilien, sondern nur die Antragsgegner zu 2) und 3), könne gegen ihn regelmäßig nicht vollstreckt werden. Daher sei gegebenenfalls eine Vollstreckung gegen die Träger der Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44b SGB II, die eine strukturelle Ähnlichkeit mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufwiesen, nötig. Damit der Vollstreckungstitel auch diese Antragsgegner erfasse, sei für eine effektive Umsetzung der Antrag auch gegen sie zu richten.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2014 hat der Antragsgegner erneut unter Hinweis auf § 7 Absatz 1 S. 2 SGB II eine Leistungsgewährung abgelehnt.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 24. Juli 2014 den Antragsgegner zu 1) im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit von August 2014 bis Januar 2015 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 391 EUR zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Europarechtskonformität des § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II. Zur Aufrechterhaltung des Existenzminimums sei daher der Antragsgegner zu 1) zur vorläufigen Leistungserbringung zu verpflichten.
Gegen diesen dem Antragsgegner zu 1) am 31. Juli 2014 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner zu 1) am 4. August 2014 Beschwerde bei dem Landesso-zialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt und zudem die Aussetzung der Voll-streckung des Beschlusses vom 24. Juli 2014 beantragt.
Mit Beschluss vom 14. August 2014 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg antragsgemäß die Vollstreckung aus dem Beschluss unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ausgesetzt. Hiergegen hat der Antragsteller Verfassungsbeschwerde beim Verfassungsge-richtshof des Landes Berlin eingelegt und Anhörungsrüge erhoben. Der Verfas-sungsgerichtshof hat zunächst mit Beschluss vom 2. September 2014 den Aus-setzungsbeschluss vorläufig ausgesetzt (VerfGH 138A/14) und schließlich mit Beschluss vom 30. September 2014 den Aussetzungsbeschluss vom 14. August 2014 aufgehoben (VerfGH 138/14); die Entscheidung des 5. Senats des Lan-dessozialgerichts Berlin-Brandenburg sei nicht erkennbar berücksichtigt worden und dadurch das rechtliche Gehör verletzt.
Der Antragsteller weist darauf hin, dass bereits der 5. Senat des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, der zu § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II dieselbe Rechtsansicht wie der 29. Senat vertrete, für einen vorherigen Zeitraum einen Leistungsanspruch bejaht habe. Ob die Antragsgegner zu 2) und 3) passiv legitimiert seien, müsse nicht diskutiert werden, weil das in der Antragsschrift dargestellte Vollstreckungsproblem nicht vorgelegen habe. Im Übrigen sei die Beschwerde des Antragsgegners zu 1) nach erzwungener Zahlung der begehrten Leistungen unzulässig. Um sich die Möglichkeit des Rechtsmittels zu bewahren, sei der Antragsgegner gehalten, eine Auszahlung bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu vermeiden. Tatsächlich seien aber nun am 3. September 2014 für den Zeitraum von August 2014 bis September 2014 und Ende September 2014 für Oktober 2014 Leistungen überwiesen worden. Der Senat hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 19. September 2014 u.a. aufgegeben, seinen behaupteten langjährigen Aufenthalt in Deutschland und eine ausgeübte Erwerbstätigkeit durch Vorlage von Belegen glaubhaft zu machen (Meldebescheinigungen, Gewerbeanmeldungen, Steuerbescheide, Rechnungen, Quittungen etc.). Hierauf hat der Antragsteller erneut seine bereits vorgelegte Erklärung vom 7. April 2014 und die "eidesstattliche Versicherung" von Herrn G vom 2. April 2014 übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Be-teiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte L 5 AS 949/14 B ER und der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners zu 1) () Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners zu 1) ist zulässig.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die Beschwerde des Antragsgegners zu 1) nach der erzwungenen Zahlung der begehrten Leistungen nicht unzulässig geworden. Zwar hat der ehemalige 25. Senat des Landessozialgerichts Berlin- Brandenburg früher die Ansicht vertreten, dass bei vollständiger Zahlung ein Rechtschutzbedürfnis des Antragsgegners für ein Beschwerdeverfahren entfalle (unter anderem Beschluss vom 9. April 2008, L 25 B 543/08 AS ER, zitiert nach juris). Jedoch hat der Antragsgegner zu 1) selbst nach der Behauptung des An-tragstellers nicht für den gesamten hier streitigen Zeitraum (August 2014 bis Januar 2015), sondern lediglich für die Monate August 2014 bis Oktober 2014 gezahlt. Zudem existiert auch keine einhellige Rechtsprechung "aller AS- Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg", nach der bei einer Zahlung ein Rechtsschutzbedürfnis entfallen würde. Der oben genannten Rechtsprechung sind andere Senate nicht gefolgt. So hat beispielsweise der 9. Senat schon vorher entschieden (Beschluss vom 7. November 2007, L 9 B 572/07 KR ER, zitiert nach juris), dass allenfalls bei einer vorbehaltslosen Gewährung das Rechtsschutzinteresse entfallen kann. Von einer vorbehaltlosen Gewährung ist jedoch gerade nicht auszugehen, wenn ausdrücklich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 199 SGG gestellt wird und letztlich der Antragsgegner aufgrund einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts zur vorläufigen Zahlung gezwungen wird. Es ist nach Ansicht des Senats nicht nachvollziehbar, wenn ein Beteiligter zur vorläufigen Zahlung gezwungen wird und ihm dann die grundsätzlich auch ihm zustehende Beschwerdemöglichkeit mit der Begründung abgesprochen wird, er habe ja gezahlt.
Die Beschwerde ist schließlich auch begründet. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Antragsgegner zu 1) zu Unrecht vorläufig zur Leistung für den im Streit befindlichen Zeitraum verpflichtet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitge-genstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragstellerin das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OVG Hamburg, NVwZ 1990, 975).
Vorliegend scheitert das Begehren zumindest an einem nicht glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügig-keitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB II).
Nach diesen Regelungen ist der begehrte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht überwiegend wahrscheinlich im Sinne der Legaldefinition des § 23 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und damit nicht glaubhaft gemacht.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller überhaupt hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II und erwerbsfähig im Sinne von § 7 Absatz 1 S. 1 Nr. 2 SGB II ist.
An der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers bestehen erhebliche Bedenken, da der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben zumindest seit Januar 2013 aufgrund schwerer Erkrankungen nicht mehr in der Lage ist, seiner ausgeübten Tätigkeit nachzugehen. Nach der gesetzlichen Definition des § 8 Abs. 1 SGB II ist jedoch nur erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Befindet er sich "in einem fortgeschrittenen Stadium" eine HIV- Erkrankung mit "akuter Lebensgefahr", wie in der "eidesstattlichen Versicherung" von Herrn Gvom 21. Januar 2014 erklärt, so dürften Zweifel an einer Erwerbsfähigkeit des Antragstellers mehr als angebracht sein.
An der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers bestehen Bedenken, weil der An-tragsteller nach seinen eigenen Angaben spätestens seit einem Krankenhaus-aufenthalt ab Januar 2013 nicht mehr in der Lage war, selbst Erwerbseinkünfte zu erzielen. Seinen ersten Leistungsantrag stellte er aber erst am 13. Februar 2014, also über ein Jahr später, so dass zweifelhaft ist, wovon er über ein Jahr gelebt hat und nun nicht mehr leben kann.
Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II vorliegen. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist ein Leistungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil voraussichtlich der Leis-tungsausschluss des § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greift.
Nach dieser Regelung ist der Antragsteller von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn sich sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Ar-beitsuche ergibt.
Vorliegend ist im Hinblick auf die bereits erwähnte zweifelhafte Erwerbsfähigkeit auch zweifelhaft, ob der Antragsteller überhaupt in der Lage wäre, eine Arbeit aufzunehmen, d.h., ob er sich in Deutschland überhaupt zur Arbeitsuche aufhält.
Ob ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche tatsächlich besteht, kann bei einem nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greifenden Leistungsausschluss jedoch dahinstehen. Ein anderes Aufenthaltsrecht des Antragstellers ist jedenfalls für den im Streit befindlichen Zeitraum nicht anzunehmen.
Soweit der 5. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im vorherge-henden Beschwerdeverfahren des Antragstellers (L 5 AS 949/14 B ER) im Be-schluss vom 7. Mai 2014 ein eventuelles Aufenthaltsrecht nach § 60 Abs. 1 AufenthG andeutet und im Beschluss vom 29. Juli 2014 ein Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 des Freizügigkeitsgesetzes/ EU ein Aufenthaltsrecht bejaht, vermag dem der erkennende Senat nicht zu folgen.
Ein eventuelles Aufenthaltsrecht aus § 60 Abs. 1 AufenthG dürfte schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil die Rechtsstellung des Antragstellers als bulgari-schen Staatsbürger von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Uni-onsbürgern geregelt ist und daher das Aufenthaltsgesetz nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG auf ihn grundsätzlich keine Anwendung findet. In § 11 Abs. 1 Freizü-gigkeitsgesetz/EU ist zudem ausdrücklich geregelt, welche Regelungen des Auf-enthaltsgesetzes entsprechend Anwendung finden; § 60 Abs. 1 AufenthG ist hiervon nicht erfasst. Etwas anderes kann nach § 11 Abs. 2 Freizügigkeitsge-setz/EU allenfalls dann gelten, wenn die Ausländerbehörde das Nichtbestehen oder den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU festgestellt hat. Eine solche Feststellung der Ausländerbehörde ist aber nicht einmal behauptet noch sonst ersichtlich.
Auch ein andauerndes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 S. 1 Freizügigkeitsgesetz/ EU kann der Senat nicht als glaubhaft gemacht ansehen.
Nach § 2 Abs. 3 S. 1 Freizügigkeitsgesetz/ EU bleibt das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Ar-beitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusam-menhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 S. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU).
Vorliegend kann von einem fortlaufenden Aufenthaltsrecht schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil nicht einmal eine vorherige Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger im Sinne von § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU glaubhaft gemacht ist.
Eine Tätigkeit als Arbeitnehmer wird von dem Antragsteller selbst nicht einmal behauptet.
Für die behauptete selbständige Tätigkeit als Prostituierter hat der Antragsteller trotz Aufforderung keinerlei Belege beigebracht.
Bereits mit Schreiben vom 19. September 2014 hat das Gericht den Antragsteller aufgefordert, hierzu vorhandene Unterlagen in Form von beispielsweise Mel-debescheinigungen, Gewerbeanmeldungen, Steuerbescheide, Rechnungen und Quittungen vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Antragsteller nicht nachge-kommen. Stattdessen hat er lediglich, wie schon im vorherigen Beschwerdever-fahren, eine eigene "eidesstattliche Erklärung" vom 7. April 2014 und eine "ei-desstattliche Versicherung" des Herrn G vom 2. April 2014 vorgelegt.
Diese Erklärungen sind zur Glaubhaftmachung einer selbständigen Tätigkeit je-doch nicht geeignet.
In seiner eigenen Erklärung vom 7. April 2014 erwähnt der Antragsteller nicht einmal die Ausübung einer Tätigkeit in Deutschland. Sie enthält vielmehr lediglich Ausführungen darüber, dass er sich aufgrund seiner Transidentität in Deutschland aufhält und nicht mehr in Bulgarien.
Die Erklärung von Herrn G lässt ebenfalls keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf eine selbständige Tätigkeit des Antragstellers zu. In seiner Erklärung vom 2. April 2014 bestätigt Herr G zwar, dass er den Antragsteller in seiner Tätigkeit als Sozialarbeiter in der Homosexuellenszene und Transpersonen wiederholt in Berlin gesehen und betreut hat. Ob und in welchem Umfang der Antragsteller aber tatsächlich hier einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, kann aus dieser Erklärung nicht hergeleitet werden. So ist insbesondere mit keinem Wort erwähnt, ob und in welchem Umfang der Antragsteller Einnahmen dort erzielt hat. Danach bleibt aber schon zweifelhaft, ob und in welchem Umfang der Antragsteller überhaupt eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat. Nur eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jedoch nach § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU privilegiert.
Die auf Art. 49 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (ehemals Art. 43 EG-Vertrag) basierende Niederlassungsfreiheit umfasst die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 25. Juli 1991, C-221/89, zitiert nach juris). Maßgeblich ist die Möglichkeit für einen Unionsangehörigen, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates als seines Herkunftsstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen (EuGH, Urteil vom 11. März 2010, C-384/08, zitiert nach juris). Sofern es sich um eine Tätigkeit handelt, deren Umfang sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt, wird eine Niederlassung verneint (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010, C-14/09, vgl. auch Beschluss des Senats vom 25. Juli 2012, L 29 AS 1504/12 B ER, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. August 2012, L 11 AS 39/12 B ER m. w. N., jeweils zitiert nach juris).
Schon die fehlende Betriebsstätte lässt Zweifel an der Annahme einer selbstän-digen Tätigkeit im Sinne der europäischen Rechtsprechung aufkommen. Auch die eigenen Angaben des Antragstellers im Antragsverfahren sprechen gegen eine ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit. Damals hat der Antragsteller mit Datum vom 27. Februar 2014 auf die Frage "Waren Sie schon einmal als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger in Deutschland tätig?" mit "Nein" geantwortet und sein Recht zum Aufenthalt allein mit "Arbeitsuche" begründet. Und selbst die heutigen Behauptungen des Antragstellers enthalten keine Angaben auf den Umfang der Tätigkeit und erzielte Einkünfte.
Entscheidend ist nach Ansicht des Senates im Hinblick auf ein Aufenthaltsrecht aus einer behaupteten selbständigen Erwerbstätigkeit aber schließlich darauf abzustellen, dass ein solches Aufenthaltsrecht zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nur innerhalb der Rechtsordnung, d.h. nur für eine legale Tätigkeit, bestehen kann (so schon Hessisches Landessozialgericht mit Beschluss vom 13. September 2007,L 9 AS 44/07 ER, und im Ergebnis auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012, L 3 AS 1477/11, beide zitiert nach Juris). Vorliegend hat der Antragsteller jedoch selbst nach seinen eigenen Angaben keine legale Tätigkeit ausgeübt. Er war nicht einmal in Deutschland angemeldet, hat kein Gewerbe angemeldet, keine Steuern und Sozialabgaben entrichtet und damit allenfalls "Schwarzarbeit" geleistet. Selbst wenn der Antragsteller mithin eine illegale Tätigkeit ausgeübt hat, könnte er hieraus kein fortdauerndes Aufenthaltsrecht ableiten.
Schließlich kommt auch ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht aus § 4a Freizügig-keitsgesetz/EU nicht in Betracht.
Nach dieser Regelung haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vor-liegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht).
Vorliegend ist ein solcher rechtmäßiger Aufenthalt von mindestens fünf Jahren nicht glaubhaft gemacht.
Wie bereits dargestellt, ist der Antragsteller selbst nach seinen eigenen Angaben allenfalls einer illegalen Tätigkeit nachgegangen, die kein Aufenthaltsrecht im Sinne von § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU begründen kann. Eine Arbeitsuche oder ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen im Sinne von § 2 Freizügig-keitsgesetz/EU hat der Antragsteller für die behaupteten Jahre seiner Anwesenheit in Deutschland nicht einmal behauptet.
Zudem sind auch die eigenen Angaben des Antragstellers zur Aufenthaltsdauer schon in sich widersprüchlich und daher kaum für eine Glaubhaftmachung ge-eignet.
So gab der Antragsteller im Februar 2014 im "Zusatzfragebogen Ausländer" noch an, im Jahre 2008 nach Deutschland eingereist zu sein. Nach dem ablehnenden Bescheid des Antragsgegners zu 1) vom 10. März 2014 hat er dann in seinem Widerspruchsschreiben vom 13. März 2014 behauptet, seit März 2006 in Deutschland zu leben, um dann schließlich in seiner "eidesstattlichen Erklärung" vom 7. April 2014 einen ununterbrochenen Aufenthalt in Deutschland seit 2007 zu behaupten.
Zum tatsächlichen Einreisezeitpunkt und zur Dauer des Aufenthalts in Deutsch-land ist zudem ebenfalls festzustellen, dass auch hier keinerlei Belege bei-spielsweise in Form einer Meldebescheinigung vorliegen, die die Angaben des Antragstellers stützen könnten. Vielmehr hat er sich nach seinen Angaben vom Februar 2014 überhaupt nicht polizeilich angemeldet.
Ein ständiger rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland im Sinne von § 4 a Frei-zügigkeitsgesetz/EU ergibt sich schließlich auch nicht aus der vorgelegten ei-desstattlichen Versicherung des Herrn G vom 2. April 2014 oder der Bescheinigung von Frau Dr. Weiß vom 11. März 2013.
Herrn G hat zwar erklärt, dass er den Antragsteller seit "Ende des Jahres 2008, spätestens aber seit Januar 2009" kenne und ihn bis Sommer 2010 und dann erneut wieder seit "Ende 2011/Anfang 2012" betreut habe. Auch hat Frau Dr. Weiß hat eine "ärztliche Kontrolle seit 5.3.2010" bestätigt. Daraus ergibt sich jedoch nicht einmal, dass sich der Antragsteller ständig in Deutschland aufgehalten hat. Dagegen spricht schon der am 13. Juli 2012 in Bulgarien ausgestellte Identitätsausweis, der als Aufenthaltsort des Antragstellers "Dobrich" in Bulgarien angibt und dem als Urkunde ein hoher Beweiswert zukommt. Zudem sind diese Erklärungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in keiner Weise aussagekräftig.
Nach alledem ist von einer gelungenen Glaubhaftmachung eines weiteren Auf-enthaltsrechts nicht auszugehen. Weder die Dauer des Aufenthaltes noch die Tätigkeit innerhalb Deutschlands sind mangels jeglicher Unterlagen auch nur ansatzweise belegt. Im Gegenteil spricht die einzige vorgelegte Urkunde (der Identitätsausweis aus Bulgarien) für einen Aufenthalt in Bulgarien zumindest im Jahre 2012. Zur behaupteten Tätigkeit existieren zudem nur die Behauptungen des Antragstellers.
Wie der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden hat (vergleiche schon Beschluss vom 21. Juni 2006, L 29 B 314/06 AS ER, zitiert nach juris), ist bei der Prüfung ob von einer gelungenen Glaubhaftmachung eines behaupteten An-spruches auszugehen ist, nicht entscheidend auf die Angaben des Antragstellers abzustellen. Vielmehr beurteilt sich die Frage nach allen äußeren, objektiv er-kennbaren Umständen. Insofern ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Erklä-rungen der Beteiligten, die mehr und mehr erfahren haben, worauf es ankommt, um die Voraussetzungen für einen behaupteten Anspruch zu erfüllen, immer weniger glaubhaft werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Januar 1998 - 12 M 345/98 -, FEVS 48, Seite 545 m.w.N.).
Lässt sich danach ein Aufenthaltsrecht allenfalls aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, so greift der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, der nach Ansicht des Senats anwendbar ist.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass er eine Europarechtswidrigkeit dieser Regelung nicht feststellen kann. Der Senat hat schon mehrfach darauf hingewiesen (unter anderen in den Beschlüssen vom 5. März 2012, L 29 AS 414/12 B ER, vom 7. Juni 2012, L 29 AS 920/12 B ER, vom 12. Juni 2012, L 29 AS 914/12 B ER, vom 22. Juni 2012, L 29 AS 1252/12 B ER und vom 9. November 2012, L 29 AS 1782/12 B ER, jeweils zitiert nach juris), dass nur eine Überzeugung von der Europarechtswidrigkeit dieser Regelung ausnahmsweise berechtigen könnte, dieses formelle Gesetz nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung eines in Kraft getretenen Gesetzes (hier § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II) stellt einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar (vgl. zur Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009, 1 BvR 2492/08, zitiert nach juris) und birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG). Nicht zuletzt deshalb ist nach Art. 100 GG ein Gesetz auch nur dann nicht anzuwenden und das Verfassungsgericht anzurufen, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist.
Dieser Maßstab gilt nach Ansicht des Senats auch bei einer vermeintlichen Eu-roparechtswidrigkeit der anzuwendenden einfachgesetzlichen Regelung. Es wäre ein eklatanter Wertungswiderspruch, wenn lediglich "Zweifel" an der Vereinbarkeit einer einfachgesetzlichen Norm mit der Verfassung noch zur Anwendung des Gesetzes führen, solche Zweifel im Hinblick auf Europarechtliche Regelungen, die nicht einmal den Rang von Verfassungsrecht haben, aber zur Nichtanwendung der gesetzlichen Regelung berechtigen würden. Entsprechend kann eine Nichtanwendung allenfalls dann in Betracht kommen, wenn das erkennende Gericht zu der Überzeugung eines Verstoßes der anzuwendenden Regelung ge-gen höherrangiges europäisches Recht kommt. Eine solche Überzeugung von einem Verstoß des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gegen Recht der Europäischen Union konnte und kann der Senat aus den in den oben genannten Beschlüssen genannten Gründen nicht gewinnen. Der Senat verweist insoweit auf seine bis-herige Rechtsprechung, insbesondere die oben genannten Beschlüsse, und sieht von einer Wiederholung der Ausführungen hierzu ab.
Der Senat ist auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundessozial-gerichts (BSG) vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R - Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften [EuGH]) nicht von der Europarechtswidrigkeit der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II überzeugt und hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Der Senat verweist in diesem Zusammenhang zunächst auf die Mitteilung der Europäischen Kommission (Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschaft-und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Freizügigkeit der EU-Bürger und ihrer Familien: fünf grundlegende Maßnahmen - vom 25. November 2013 - COM (2013) 837 final - deutsche Fassung veröffentlicht unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/ com/2013/com2013 0837de01.pdf). Hierin hat die Europäische Kommission im Zusammenhang mit der bestehenden Rechtslage betont, dass nach Ablauf der ersten drei Monate des Aufenthalts bis zur Erlangung des Daueraufenthaltsrechts im Aufnahmemitgliedstaat der Unionsbürger ohne Erwerbstätigkeit bzw. Unionsbürger, der erstmals eine Anstellung sucht, einen Anspruch auf "Sozialhilfe" (Mittel, die "ein Mitgliedstaat in der Regel Personen [gewährt], die nicht über ausreichende Mittel zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse verfügen") nach Uni-onsrecht nicht besitzt. Denn, um sein Aufenthaltsrecht zu erlangen, hätte er schließlich den nationalen Behörden gegenüber ausreichende Mittel nachweisen müssen, die mindestens der Einkommensschwelle entsprechen, unterhalb der Sozialhilfe gewährt wird. In der Mitteilung ist u.a. wörtlich ausgeführt:
" 2.2. Wer hat Anspruch auf Sozialhilfe?
Sozialhilfe gewährt ein Mitgliedstaat in der Regel Personen, die nicht über ausreichende Mittel zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse verfügen.
Mobile Arbeitnehmer aus der EU und ihre Familienangehörigen haben ab Beginn ihres Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat Anspruch auf dieselben Sozialhilfeleistungen wie die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Sonstige EU-Bürger mit rechtmäßigem Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat müssen genauso behandelt werden wie die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats, jedoch gibt es bestimmte Vorschriften, um den Aufnahmemitgliedstaat vor unangemessenen finanziellen Belastungen zu schützen.
Während der ersten drei Monate des Aufenthalts ist der Aufnahmemit-gliedstaat nach dem EU-Recht nicht verpflichtet, EU-Bürgern ohne Er-werbstätigkeit oder Personen, die erstmals eine Anstellung suchen, Sozi-alhilfe zu gewähren.
Was den anschließenden Aufenthalt bis zu fünf Jahren betrifft, so ist es in der Praxis unwahrscheinlich, dass der betreffende EU-Bürger Anspruch auf Sozialhilfe hat. Schließlich hätte er, um sein Aufenthaltsrecht zu erlangen, den nationalen Behörden gegenüber ausreichende Mittel nachweisen müssen, die mindestens der Einkommensschwelle entsprechen, unterhalb der Sozialhilfe gewährt wird.
Beantragt jedoch ein nicht erwerbstätiger EU-Bürger Sozialhilfe, bei-spielsweise wenn sich seine wirtschaftliche Situation im Laufe der Zeit ändert, so muss sein Antrag im Lichte seines Rechts auf Gleichbehandlung geprüft werden. In bestimmten Fällen können die nationalen Behörden bei einem Antrag auf Sozialhilfe begründete Zweifel hegen, dass die betreffende Person zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Sozialhilfesystems geworden ist.
In diesem Fall kann ein Mitgliedstaat die Gewährung von Sozialhilfe oder besonderen beitragsunabhängigen Leistungen an einen EU-Bürger aus einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass dieser die Vo-raussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt von über drei Monaten erfüllt ..."
Und auch der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hat in seinen Schlussanträgen vom 20. Mai 2014 (Rechtssache C-333/13, http://curia.europa.eu ) in dem Vorabentscheidungsersuchen des Sozialgerichts Leipzig zur Zulässigkeit eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats in diesem Sinne ausgeführt:
" 104. Die Richtlinie 2004/38 macht das Recht eines Unionsbürger, der nicht (als Arbeitnehmer oder Selbständiger) erwerbstätig ist, auf einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten ausdrücklich von der doppelten Vo-raussetzung abhängig, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen.
105. Es erscheint mir daher legitim, dass ein Mitgliedstaat Bürgern die Gewährung von Sozialhilfeleistungen verweigern kann, soweit diese ihre Freizügigkeit einzig und allein mit dem Ziel ausüben, Sozialhilfe in einem anderen Mitgliedstaat zu erhalten, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel verfügen, um ein Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten zu beanspruchen.
106. Den Mitgliedstaaten dieses Recht zu verweigern, würde zur Folge haben, dass ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der bei seiner Ankunft im Staatsgebiet eines anderen Mitgliedstaats keine ausreichenden Existenzmittel hat, um für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, au-tomatisch und de facto darüber verfügen würde, und zwar durch die Ge-währung einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung, deren Ziel darin besteht, den Lebensunterhalt des Empfängers sicherzustellen, in dem es ihm ermöglicht wird, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.
107. Die kumulative Anwendung der beiden sekundärrechtlichen Normen - der Verordnung Nr. 883/2004 und der Richtlinie 2004/38 - würde, wenn sie so ausgelegt würden, dass sie den allgemeinen Ausschluss der Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als des Aufnahmemitgliedstaats von der Gewährung einer Sozialhilfeleistung dieser Art verhindern, dazu führen, den vom Gesetzgeber in dieser Richtlinie ausgedrückten Willen zunichtezumachen. 113. Entweder verfügt der Unionsbürger über ausreichende Existenzmittel und kann sich somit im Staatsgebiet des Mitgliedstaats seiner Wahl aufhalten und wird wegen der Tatsache, dass er über ausreichende Existenzmittel verfügt, Sozialhilfeleistungen, deren Gegenstand darin besteht, das Existenzminimum sicherzustellen, nicht in Anspruch nehmen müssen - oder er verfügt nicht über ausreichende Existenzmittel und erfüllt damit theoretisch die Voraussetzungen um diese Art von Sozialhilfeleistungen zu erhalten, kann sich dann aber in Anbetracht von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 nicht in einem anderen Mitgliedstaat als dem aufhalten, dessen Staatsangehöriger er ist. 139. Daher bin ich nach alledem der Auffassung, dass die Verordnung Nr. 883/2004 und die Richtlinie 2004/38 der Entscheidung eines nationalen Gesetzgebers nicht entgegenstehen, die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines allgemeinen Kriteriums - wie dem Grund der Ankunft im Staatsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats -, das geeignet ist, das Fehlen einer tatsächlichen Verbindung mit diesem Staat nachzuweisen, vom Bezug einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung auszuschließen, um eine übermäßige Belastung für sein So-zialhilfesystem zu verhindern."
Das bedeutet vorliegend, dass sich der Antragsteller - auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausführungen der Europäischen Kommission sowie des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs - im streitigen Zeitraum nicht auf ein Aufenthaltsrecht berufen kann, denn Voraussetzung für einen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von über drei Monaten wäre auch hiernach der Nachweis ausreichender Mittel durch den Antragsteller. Über solche Mittel verfügt er nach eigenen Angaben nicht.
Danach ist abschließend festzustellen, dass jedenfalls zumindest aufgrund des anzuwendenden Leistungsausschlusses § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nicht gelungen ist.
Dass das BSG - wie bereits ausgeführt - am 12. Dezember 2013 das Verfahren zum Aktenzeichen B 4 AS 9/13 R ausgesetzt und dem EuGH – im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II – diverse Fragen über die Auslegung der Verträge bzw. der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstiger Stellen der Union im Wege einer Vorabentscheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgelegt hat, kann zu keiner anderen Entscheidung führen. Weder folgt daraus eine eigene Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV, noch führt dies zu einem vorläufigen Bewilligungsanspruch.
Eine eigene Vorlage im Rahmen des Art. 267 Abs. 2 AEUV kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Senat davon überzeugt ist, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht gegen europäisches Recht verstößt und anwendbar ist.
Auch eine Vorlagepflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV hält der Senat nicht für ge-geben. Zwar ist der Beschluss des erkennenden Senats gemäß § 177 SGG nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts anfechtbar. Die Regelung des Abs. 3 des Art. 267 AEUV ist auf Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz jedoch schon deshalb nicht anwendbar, weil einstweilige Entscheidungen schon nach ihrer Konzeption und Intention gerade keine endgültigen und nicht mehr angreifbaren Entscheidungen im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV darstellen, sondern nur vorläufige Regelungen bis längstens zum Abschluss eines durchzu-führenden Hauptsacheverfahrens; entsprechend erstreckt sich die materielle Rechtskraft eines Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz allenfalls bis zur Hauptsacheentscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Auflage, 2014, § 86 b Rn. 19a, mit weiteren Nachweisen).
Außerdem ist der erkennende Senat mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (vgl. Beschluss vom 6. Februar 2014, 7 CE 13.2222, zitiert nach juris) der Auffassung, dass wegen der im vorläufigen Rechtsschutz grundsätzlich beste-henden Eilbedürftigkeit die durch eine Vorlage an den EuGH entstehende Ver-fahrensverzögerung in der Regel nicht tunlich ist. Ein Vorlageverfahren beim EuGH dauert üblicherweise mehrere Monate bis Jahre, sodass eine Vorlage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Aushöhlung des Gebotes auf effektiven Rechtsschutz führen würde. Zur Erreichung des Ziels des Art. 267 AEUV, die einheitliche Auslegung und Anwendung europäischen Rechts sicherzustellen, ist es daher gegebenenfalls geboten aber auch ausreichend, im durchzuführenden Hauptsacheverfahren vor einer nicht mehr mit Rechtsmitteln angreifbaren Ent-scheidung die Frage der Vereinbarkeit des deutschen Rechtsakts mit europäischem Recht an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Schließlich folgt aus dem Vorlagebeschluss auch kein Anspruch beispielsweise auf eine vorläufige Bewilligung nach § 328 SGB III.
Soweit der 10. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 15. August 2014 (L 10 AS 1593/14 B ER, zitiert nach juris) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung hierzu die Ansicht vertritt, unter Berücksichtigung der oben bereits erwähnten Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH (B 4 AS 9/13 R) sei unter Anwendung von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III die Leistung abschlagsfrei zu gewähren, so vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen.
Zum einen hat der erkennende Senat bereits zuvor insbesondere entschieden, dass es sich bei § 328 SGB III um eine Ermächtigungsnorm für eine vorläufige Entscheidung der Verwaltung handelt, die im Ermessen der Verwaltung steht und für die kein Raum mehr nach einer endgültigen Entscheidung ist (Beschluss vom 20. März 2014, L 29 AS 514/14 B ER, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris).
Zum anderen vermag der Senat die Ausführungen im oben erwähnten Beschluss für die Annahme einer gebundenen Entscheidung mit einer "instantiellen Autorität des BSG" nicht nachzuvollziehen.
Das Bundesverfassungsgericht hat zur Frage der Bindungswirkung höchstrichtli-cher Entscheidungen mit Beschluss vom 21. Juli 2010 (u.a. 1 BvL 11/06, m.w.N., zitiert nach juris Rz. 79) ausgeführt:
"Zwar wirken fachgerichtliche Entscheidungen, obwohl sie nur Einzelfälle beurteilen und inter partes binden, darüber hinaus, wenn sie zur Klärung zweifelhafter und umstrittener Rechtslagen beitragen und damit als Präjudiz für künftige Fälle bedeutsam sind (vgl. Maurer, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 3. Aufl. 2006, § 79 Rn. 135). Gerade für die höchstrichterliche Rechtsprechung hat diese Funktion Eingang in die Verfahrensordnungen gefunden. Vor allem aus den Revisionsvorschriften lässt sich die Aufgabe der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Vereinheitlichung der Recht-sprechung entnehmen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG für die hier be-troffene Sozialgerichtsbarkeit). Weil die unteren Instanzen an die höchst-richterliche Rechtsprechung außerhalb der Bindungswirkung der Revisi-onsentscheidung im konkreten Verfahren (vgl. § 170 Abs. 5 SGG) jedoch nicht gebunden sind, ist die Eignung judikativer Akte als Anknüpfungspunkt schutzwürdigen Vertrauens im Vergleich zu Normen, die generelle Verbindlichkeit beanspruchen, eingeschränkt. Die Rechtspflege ist aufgrund der Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 GG) konstitutionell uneinheitlich (Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 410 (Dez. 1973)). Kein Prozessbeteiligter kann daher darauf vertrauen, der Richter werde stets an einer bestimmten Rechtsauffassung aus der bisherigen Judikatur festhalten (vgl. BVerfGE 78, 123 (126); 87, 273 (278)). Entsprechend ist auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in ungeklärten Rechtslagen weniger geeignet, schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage zu erzeugen, als eine klarstellende gesetzliche Regelung (vgl. BVerfGE 59, 128 (165); 84, 212 (227); 105, 17 (38); BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 1992 - 1 BvR 496/87 -, NZA 1993, S. 213 (214)). Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung (vgl. BVerfGE 84, 212 (227); 122, 248 (277)). Der Geltungsgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus beruht allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und Kompetenz des Gerichts (vgl. BVerfGE 84, 212 (227); 122, 248 (277)). Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (vgl. BVerfGE 72, 302 (326); 122, 248 (277 f.))."
Unter Anwendung dieser Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation ist zunächst anzumerken, dass das BSG in seinem oben erwähnten Vorlagebeschluss nicht einmal eine vermeintliche Europarechtswidrigkeit des Ausschlus-statbestandes angenommen hat, sondern lediglich Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts geäußert und den Vorbehalt der Bundesregierung sogar ausdrücklich als wirksam angesehen hat. Danach ist nicht einmal erkennbar, dass das BSG den Leistungsausschluss im § 7 SGB II für europarechtswidrig hält und deshalb ein Leistungsanspruch ansonsten in Betracht kommen kann. Es stellt sich dann aber schon die Frage, inwiefern durch eine Ablehnung der vorläufigen Bewilligung von einer Ansicht des BSG abgewichen und dessen "instantielle Autorität" infrage gestellt werden könnte.
Selbst wenn im Übrigen das BSG im - nicht einmal verfahrensabschließenden - Vorlagebeschluss den Ausschlusstatbestand ausdrücklich als europarechtswidrig angesehen hätte, so wäre dies wohl kaum als "gefestigte, langjährige Recht-sprechung" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzu-sehen, so dass nicht einmal ein schutzwürdiger Vertrauensschutz auf Seiten der Beteiligten an einer bestimmten Rechtslage noch gar eine Bindung der Verwaltung entstehen könnte. Wie die Rechtsprechung ist auch die vollziehende Gewalt nach Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) nur an Recht und Gesetz gebunden und damit grundsätzlich auch an § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II.
Schließlich besteht wegen der nicht feststellbaren Europarechts- bzw. Völker-rechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses auch nicht die Möglichkeit einer Entscheidung über eine Folgenabwägung, weil auch dies letztlich zur Nichtan-wendung der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II und zu einer unzulässigen Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung führen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, ausführlich u.a. Beschluss vom 22. August 2013, L 29 AS 1952/13 B ER, m.w.N., zitiert nach juris).
Durch diesen Beschluss hat sich der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts (§ 199 Abs. 2 SGG) erledigt. Durch die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses vom 14. August 2014 durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin vom 30. September 2014 ist zudem die diesbezügliche Anhörungsrüge des Antragstellers erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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