Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 531/14 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ebenso wie ein sog. Antrag auf Vorrat (vgl. BSG, Urt. v. 12.09.2001 - B 6 KA 90/00 R - SozR 3-5520 § 25 Nr. 5, juris Rdnr. 23) unzulässig ist, ist auch die Versagung einer Praxisverlegung wegen evtl. in nicht absehbarer Ferne liegender Engpässe unzulässig.
1. Es wir die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 10.09.2014 bis zum Ablauf der Berufungsfrist nach einer Entscheidung der Kammer im Hauptsacheverfahren mit Aktenzeichen: S 12 KA 455/14 angeordnet.
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
3. Die Beigeladene zu 1) hat der Antragstellerin ¾ der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und ¾ der Gerichtskosten zu tragen. ¼ der Gerichtskosten hat die Antragstellerin zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um eine Genehmigung der Antragstellerin als Allgemeinärztin nach § 103 Abs. 4b Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. § 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V zur Anstellung der Frau Dr. med. CI.
Die 1951 geb. und jetzt 63-jährige Frau Dr. med. CI. war als Ärztin für Allgemeinmedizin mit vollem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B Stadt zugelassen. Am 18.06.2013 verzichtete sie auf ihre Zulassung zum 30.06.2014 und beantragte die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens. Sie beantragte unter Datum vom 01.04.2014, ihren Praxissitz in die Praxis der Klägerin zur Begründung ihres Anstellungsverhältnisses einzubringen.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen stellte mit Beschluss vom 20.05.2014 das Ende der Zulassung der Frau Dr. CI. zum 30.09.2014 infolge Verzichts fest. Hiergegen legte Frau Dr. CI. vorsorglich am 12.08.2014 Widerspruch gegen die Möglichkeit der Beendigung ihrer Zulassung nach dem 30.09.2014 ein, da sie in jedem Fall ihre Zulassung behalten wolle. Unter Datum vom 14.08.2014 erklärte sie, sie wolle auf die Zulassung nur unter Vorbehalt für den Fall der Genehmigung ihrer Anstellung verzichten.
Der Antragsgegner und Beklagte stellte mit Beschluss vom 10.09.2014 das Ende der Zulassung der Frau Dr. CI. zum 30.09.2014 fest.
Die Antragstellerin beantragte am 08.04.2014 die Anstellung der Frau Dr. CI. zum 01.10.2014.
Die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen empfahl, die Verlegung des Arztsitzes in den 15 km entfernten Standort in A-Stadt abzulehnen. Der Planungsbereich Mittelbereich A-Stadt sei im hausärztlichen Bereich mit 113,76 % gesperrt. Im Mittelbereich A-Stadt mit 401.673 Einwohnern seien 287 Hausärzte mit insgesamt 276,65 Versorgungsaufträgen zugelassen. Die Gemeinde B-Stadt mit seinen 10.019 Einwohnern (Stand: 31.12.2012) werde aktuell durch 9 Hausärzte mit jeweils einem vollen Versorgungsauftrag versorgt. Frau Dr. CI. sei im B-Stadt Ortsteil C-Stadt niedergelassen und sei hier die einzige Hausärztin. Die Entfernung von C-Stadt nach B Stadt (Zentrum) betrage 7,4 km, während das südlich zu B-Stadt gelegene D-Stadt in 4,7 km zu erreichen sei. Bei B-Stadt und D-Stadt handele es sich um ländliche Flächengemeinden. Eine gute verkehrsbedingte Anbindung sowie eine Gewährleistung von Mobilität durch den öffentlichen Nahverkehr stünden nur eingeschränkt zur Verfügung. Von D-Stadt an den A-Stadt Hauptbahnhof benötige man mit dem ÖPNV mindestens eine Stunde bei mehrmaligem Umsteigen. Die Verbindungen seien zum Teil von dem Angebot der XXXXX abhängig. Es handele sich um ein vom Land Hessen abgestoßenes Pilotprojekt für den öffentlichen Nahverkehr in ländlichen Regionen. Eine Abrechnungsanalyse der in B-Stadt tätigen Hausärzte habe für die Quartale III/12 bis II/13 ergeben, dass Frau Dr. CI. selbst den hessischen Durchschnitt der Hausärzte in den genannten Quartalen unterschreite. Durchschnittlich werde der hessische Durchschnittswert von ihr um ca. 23 % (ca. 258 Fälle) unterschritten. Die Fallzahlen von 6 der 8 weiteren Hausärzte in B-Stadt unterschritten ebenfalls den hessischen Durchschnitt der Fachgruppe um durchschnittlich ca. 34 %. Im Gegensatz hierzu überschritten die zwei übrigen Hausärzte den hessischen Durchschnitt um ca. 39 %. Die Fallzahlen der zwei in D-Stadt tätigen Hausärzte überschritten den hessischen Durchschnitt der Hausärzte um durchschnittlich ca. 24 %. Die Altersstruktur der in B Stadt niedergelassenen Hausärzte lasse vermuten, dass vier Hausärzte ihre vertragsärztliche Tätigkeit in absehbarer Zeit beenden würden. In D-Stadt werde voraussichtlich einer der Hausärzte die Tätigkeit beenden. Eine Patientenwohnortanalyse der von Frau Dr. CI. in Quartal II/13 behandelten Patienten habe ergeben, dass ca. 67 % der Patienten aus B-Stadt sowie den südwestlich zu B-Stadt gelegenen Orten stammten. Ca. 10 % der behandelten Patienten stammten aus A-Stadt, ca. 6 % aus E-Stadt. Die Verlegung des Arztsitzes im Zuge der beantragten Anstellung der Frau Dr. CI. sei unter Versorgungsgesichtspunkten nachteilig. Auf Grund der Altersstruktur sei zu vermuten, dass vier Hausärzte ihre vertragsärztliche Tätigkeit in vorhersehbarer Zeit beenden würden, so dass bei einer nichtnahtlosen Nachbesetzung – welche sich in ländlichen Regionen schwierig gestalte – in Zukunft ein Versorgungsengpass in B-Stadt und der Umgebung entstehe. Darüber hinaus würde sich die Fahrt der Patienten aus B-Stadt sowie den südwestlich zu B-Stadt gelegenen Orten wie beispielsweise D-Stadt für den Großteil der von Frau Dr. CI. behandelten Patienten nachteilig auf die Versorgung dieser auswirke. Eine Konzentration auf die Stadtgebiete sei entgegenzuwirken.
Der Zulassungsausschuss gab dem Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung zur Beschäftigung der Allgemeinärztin Dr. CI. als angestellte Ärztin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 31 Stunden gem. § 95 Abs. 9 und 103 Abs. 4b SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV mit Wirkung zum 01.10.2014 statt. Zur Begründung führte er aus, auf Grund der unterdurchschnittlichen Fallzahlen von Frau Dr. CI. in Kontext der noch freien Kapazitäten habe er sich nicht der Stellungnahme der Bedarfsprüfung angeschlossen.
Hiergegen legte die Beilgeladene zu 1) am 21.07.2014 Widerspruch unter Wiederholung ihrer bisherigen Ausführungen ein.
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Antragsgegner erschien die Antragstellerin in Begleitung der anzustellenden Ärztin, für die Beigeladene zu 1) erschien niemand.
Der Antragsgegner wies mit Beschluss vom 10.09.2014, ausgefertigt am 06.10.2014, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Antragsteller und Frau Dr. CI. hätten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit der anthroposophischen und homöopathischen Medizin liege. Diese Schwerpunktbildung ergebe sich aus der Abrechnung mit der Beigeladenen zu 1) nicht, da derartige Leistungen nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit mit der Beigeladenen zu 1) abgerechnet würden und auch nicht der Gesamtvergütung unterlägen. Vielmehr werde hier im Einzelfall eine individuelle Abrechnung mit einzelnen gesetzlichen Krankenversicherungen aufgrund von entsprechenden Verträgen vorgenommen. Die Beigeladene zu 1) gehe deshalb von falschen Voraussetzungen aus. Auch sei festzustellen, dass die Fallzahlen der Frau Dr. CI. unter dem hessischen Durchschnitt lägen, so dass bereits aus diesem Grund davon auszugehen sei, dass sie auch unterdurchschnittlich im hausärztlichen Bereich tätig sei. Dieser Umstand, zusammen mit der außerbudgetären Tätigkeit im anthroposophischen und homöopathischen Bereich spreche dafür, dass eine Verlagerung des Praxisstandortes zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der hausärztlichen Versorgung führe. Darüber hinaus bleibe festzuhalten, dass nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) sechs der acht weiteren Hausärzte in B-Stadt ebenfalls in ihrer Abrechnung erheblich unter dem hessischen Durchschnitt lägen. Ein Zeitpunkt für die Beendigung der hausärztlichen Tätigkeit einiger Ärzte stehe nicht fest und hierüber könne auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine abschließende Aussage nicht getroffen werden, ob eine Nachfolge stattfinde. Dieses Argument stelle ein Vorgreifen auf künftige Fallgestaltungen dar. Angesichts des verfassungsrechtlich hohen Ranges der Berufsfreiheit könne auf dieser Grundlage eine Versagung der Genehmigung nicht vorgenommen werden.
Hiergegen hat die Beigeladene zu 1) am 15.10.2014 die Klage zum Az.: S 12 KA 455/14 erhoben, die sie bisher nicht begründet hat.
Die Antragstellerin hat am 13.11.2014 den Antrag auf die sofortige Vollziehung des Beschlusses gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, die Beigeladene zu 1) führe selbst aus, es sei ein hinreichendes Versorgungsangebot in B-Stadt gegeben. Frau CI. versorge auf Grund ihres anthroposophischen und homöopathischen Schwerpunkts eine überregionale Patientenschaft. Die Ausführungen der Beigeladenen zu 1) zur Versorgungssituation spiegelten mithin die Belange der Praxis überhaupt nicht wieder. Durch Verlagerung des Versorgungsauftrags trete keineswegs eine Verschlechterung der Versorgung ein. Der Antragsgegner habe dies zutreffend herausgearbeitet. Auf eine künftige Versorgungssituation könne nicht abgestellt werden. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, Frau Dr. CI. könne ihre Patienten in der Praxis der Antragstellerin nicht ausüben. Sie betreue eine ganz erhebliche Anzahl von Patienten, 1.700 bis 1.900 Patienten, was nur im Zusammenwirken mit weiteren Ärzten dauerhaft möglich sei. Ihr Interesse an einer kontinuierlichen Versorgung der Patienten und der sich für die Praxisorganisation ergebenen Zwänge führten zu einem Überwiegen des Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit der Entscheidung. So seien bereits Patienten angestellt worden, die nunmehr von Frau Dr. CI. nicht behandelt werden könnten. Es entstehe unmittelbarer finanzieller Schaden. Die Antragstellerin führt weiter aus, in dem Stadtteil, in dem sie tätig sei, sei in den letzten Jahren die Versorgung durch Wegzug von Hausärzten deutlich schlechter geworden. Die Versorgung der Patienten sei gefährdet, so dass auch ein öffentliches Interesse an der kontinuierlichen Versorgung der Vielzahl der Patienten bestehe. Nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit am bisherigen Standpunkt stünden der Frau Dr. CI. die Praxisräume nicht zur Nutzung zur Verfügung.
Die Antragstellerin beantragt,
die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 10.09.2014 anzuordnen.
Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
Er sieht einen Anordnungsanspruch als eindeutig gegeben an. Bei § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV handele es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Hinsichtlich des Art. 12 GG müssten allerdings die entgegenstehenden Gründe der vertragsärztlichen Versorgung in nachprüfbarer und nachvollziehbarer Form festgestellt werden können. Unter Wiederholung seiner Ausführungen im angefochtenen Beschluss geht er weiterhin davon aus, dass durchgreifende Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Erteilung der beantragten Anstellungsgenehmigung nicht entgegenstünden. Es bestünden allerdings Zweifel, ob ein hinreichender Anordnungsgrund gegeben sei. Soweit die Antragstellerin auf den Umfang ihrer Praxis hinweise, handele es sich nicht um einen plötzlich aufgetretenen Versorgungsengpass, der kurzfristig zu beheben sei. Vielmehr strebe die Antragstellerin offensichtlich an, eine künftige Entlastung hinsichtlich ihrer kontinuierlich gewachsenen Patientenmenge zu erhalten. Es sei auch unklar, ob Frau CI. nicht in ihrer bisherigen Praxis weiterhin tätig sein könne. Auf der anderen Seite sei zu beachten, dass an den Anordnungsgrund dann umso geringere Anforderungen zu stellen seien, wenn ein Anordnungsanspruch in aller Klarheit bestehe. Letzteres dürfte der Falls ein.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Beigeladene zu 1) wiederholt ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, sollte Frau Dr. CI. ihren Sitz wegen überwiegend anthroposophischer Leistungen nicht ausgefüllt haben, könne dies nicht zur Genehmigung der Sitzverlegung in die Stadt führen. Die Altersstruktur könne für die Prüfung der kurz- bis mittelfristigen Versorgungsstruktur nicht ohne Beachtung bleiben. Es fehle an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin sei für die Versorgung ihrer Patienten allein verantwortlich. Ihre ablehnende Haltung sei bekannt gewesen, so dass finanzielle Verluste für die Dauer des Gerichtsverfahrens nicht zu berücksichtigen seien.
Die übrigen Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 14.11.2014 die Beiladung ausgesprochen. Die Kammer hat die Verwaltungsakten des Antragsgegners und die Verfahrensakte S 12 KA 455/14 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Klage der Beigeladenen zu 1) gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 10.09.2014 hat aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 SGG).
Bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage zu bewerten sind, umso schwerwiegender muss das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts an der aufschiebenden Wirkung sein, um eine Aussetzung rechtfertigen zu können. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. LSG Bayern, Beschl. v. 30.07.2009 L 12 B 1074/08 KA ER - juris Rdnr. 16). Zu berücksichtigen sind außerdem sondergesetzlich geregelte Prüfungsmaßstäbe, wie z. B. das Erfordernis ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bei der Anforderungen von Beiträgen und sonstigen öffentlichen Abgaben (§ 86a Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 SGG) oder gesetzliche Wertungen, die dem öffentlichen Vollziehungsinteresse im Einzelfall generell den Vorrang einräumen. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage (schon) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben, der Aufschub der Vollziehung also entgegen § 86a Abs. 1 SGG nicht den Regel-, sondern den Ausnahmefall darstellt. Schließlich muss das Gericht immer bedenken, welche nachteiligen Folgen dem Antragsteller aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, vor allem für seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen erwachsen und ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 2 GG) im Besonderen sind vor Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren als Präventivmaßnahme nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig; die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus. Außerdem darf der Rechtsschutzanspruch (Art. 19 Abs. 4 GG) gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug einer Maßnahme umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.01.2011 - L 5 KA 3990/10 ER-B - juris Rdnr. 58; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35; LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 - L 4 KA 29/11 B ER -, Umdruck S. 8 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.01.2011 - L 5 AS 452/10 B ER - juris Rdnr. 38; BVerfG, Kammerbeschl. v. 15.04.2010 - 1 BvR 722/10 - juris Rdnr. 20).
Nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen kursorischen Überprüfung ist von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Antragsgegners vom 10.09.2014 auszugehen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zu Recht die Genehmigung zur Anstellung der Frau Dr. med. CI. erteilt. Im Übrigen überwiegen im Rahmen einer Folgenabwägung die Nachteile, die der Antragstellerin bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung entstehen würden.
Anspruchsgrundlage für eine Anstellungsgenehmigung ist § 103 Abs. 4b Satz 1 Halbsatz 1 SGB V. Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG) v. 22.12.2011, BGBl I 2011, in Anlehnung an die Regelungen in Absatz 4a geschaffene Anspruchsgrundlage ermöglicht es einem Vertragsarzt, in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seinen Vertragsarztsitz zu verzichten, um als angestellter Arzt nicht nur in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, sondern jetzt auch – soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen – die entsprechende angestellte Tätigkeit in einer Vertragsarztpraxis. Die Voraussetzung, dass keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, erfolgt nach der Gesetzesbegründung zu Absatz 4a in Anlehnung an die Vorschrift zur Verlegung eines Praxissitzes nach § 24 Ärzte-ZV und soll der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung dienen. Führe daher die Übernahme einer Praxis zu Versorgungsproblemen am bisherigen Sitz der Praxis, stünden diese Versorgungsprobleme einer solchen Übernahme entgegen (Vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 77). Das GKV-VStG hat den Anspruch auf Praxisverlegung nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV in eine Ermessensvorschrift umgewandelt und auf die Genehmigungsvoraussetzung "wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen" beschränkt. Damit soll klargestellt werden, dass die Verlegung eines Vertragsarztsitzes nur dann genehmigt werden kann, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen und dass die Zulassungsausschüsse bei der Prüfung eines Antrages auf Verlegung des Vertragsarztsitzes vorrangig darauf zu achten haben, dass Versorgungsgesichtspunkte einer Verlegung des Vertragsarztsitzes nicht entgegenstehen. Führt damit z. B. die Verlegung eines Vertragsarztsitzes in einen anderen Stadtteil zu Versorgungsproblemen in dem Stadtteil, in dem sich der Vertragsarztsitz derzeit befindet, hat der Zulassungsausschuss den Verlegungsantrag abzulehnen (vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 43 u. 105). Damit hat der Verordnungsgeber die Voraussetzung zur Praxisverlegung von einer Erlaubnisnorm mit Verbotsvorbehalt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15.10.2009, a.a.O. Rdnr. 31; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.12.2010 - L 11 KA 95/10 B ER - juris Rdnr. 51) in eine Verbotsnorm mit Erlaubnisvorbehalt umgestaltet, um eine restriktivere Genehmigungspraxis herbeizuführen. Aber auch nach dem bis dahin geltenden Recht durften "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" einer Verlegung nicht entgegenstehen. Hierzu hat bereits das Bundessozialgericht entschieden, dass bei dem für eine Praxisverlegung maßgeblichen Tatbestandsmerkmal der "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" allein planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände zu prüfen sind. Mit Hilfe dieses Merkmals kann z. B. möglicherweise daraufhin hingewirkt werden, dass ein Vertragsarzt seinen Vertragsarztsitz nicht gerade in einen schon gut versorgten Teil des Planungsbereichs verlegt (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R - BSGE 86, 121 = SozR 3-5520 § 24 Nr. 4, juris Rdnr. 28).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte die Versorgungssituation hinreichend konkret und nachvollziehbar dargelegt.
Der Antragsgegner hat bereits im angefochtenen Beschluss nachvollziehbar dargelegt, dass die von der Beigeladenen zu 1) im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Gründe gegen die Genehmigung der Anstellung nicht ausreichen, um die Versagung der Genehmigung aus bedarfsplanerischen Gründen abzulehnen. Die Kammer verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss (§ 136 Abs. 3 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass offensichtlich im Bereich B-Stadt eine deutlich bessere Versorgung als im Durchschnitt des gesamten Planungsbereichs auf der Grundlage einer Arzt-Patienten-Relation besteht. Die Beigeladene zu 1) gibt als Einwohnerzahl für den gesamten Planungsbereich 401.673 Einwohner an, die von 276,65 Ärzten (Arztsitzen) hausärztlich betreut werden. Die Arzt-Einwohner-Relation beträgt demnach für den gesamten Planungsbereich 1.451,9 Einwohner pro Vertragsarztsitz. Im Bereich B-Stadt gibt die Beigeladene zu 1) die Einwohnerzahl mit 10.019 Einwohnern an, die von 9 Ärzten versorgt werden. Damit liegt eine Einwohner-Arzt-Relation von 1.113,2 Einwohnern pro Vertragsarztsitz vor. Geht man davon aus, dass nach Aufgabe des Vertragsarztsitzes durch Frau Dr. CI. nur noch 8 Ärzte zur Verfügung stehen, ergibt sich noch eine Relation von 1.252,4 Einwohner pro Vertragsarztsitz, die immer noch deutlich über dem Durchschnitt liegt. Wie demgegenüber die Versorgungslage im Umfeld der Antragstellerin ist, wird von der Beigeladenen zu 1) oder dem Antragsgegner nicht dargelegt.
Aus den genannten Zahlen der Antragstellerin ergibt sich jedenfalls, dass diese annähernd das Doppelte einer durchschnittlichen hausärztlichen Arztpraxis an Patienten versorgt. Soweit die Beigeladene zu 1) auf drohende Zulassungsbeendigungen weiterer Vertragsärzte verweist, sind die Angaben insofern nicht ansatzweise nachvollziehbar, da weder Alter noch voraussichtliche Dauer noch Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit angegeben werden. Im Übrigen können solche drohenden Beendigungen allenfalls dann berücksichtigt werden, wenn sie sich in irgendeiner Weise konkretisiert haben. Allein auf das Alter abzustellen, reicht hierfür nicht aus. Insofern gilt grundsätzlich, dass ebenso wie ein sog. Antrag auf Vorrat (vgl. BSG, Urt. v. 12.09.2001 - B 6 KA 90/00 R - SozR 3-5520 § 25 Nr. 5, juris Rdnr. 23) unzulässig ist, auch die Versagung einer Praxisverlegung wegen evtl. in nicht absehbarer Ferne liegender Engpässe unzulässig ist. Insofern kann auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen ein Anspruch der Klägerin auf Genehmigung der Anstellung nicht versagt werden, und liegen weitere Ermittlungsmöglichkeiten, die evtl. zu einer Versagung führen könnten, jedenfalls nicht auf der Hand.
Aufgrund der Einteilung der Planungskreise in Mittelbereiche kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Praxisverlegung von B-Stadt nach A-Stadt planungsrechtlich als Verlegung aus einem Landkreis in eine Zentrumsstadt zu betrachten ist. Die Zusammenfassung mehrerer Gemeinden zu einem Mittelbereich bedeutet, dass sie planungsrechtlich gleich zu behandeln sind. Im Übrigen hat es die Beigeladene zu 1) in der Hand, im Bedarfsplan von den Vorgaben der Bedarfsplanungsrichtlinie abzuweichen (§ 101 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Es kann von den Abgrenzungen der Planungsbereiche abgewichen werden (vgl. Pawlita in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 99 SGB V, Rdnr. 15 ff.). Soweit die Beigeladene zu 1) auf eine sog. Vorwegnahme der Hauptsache verweist, trifft dies aufgrund der Vorläufigkeit und Begrenztheit der getroffenen Regelung nicht zu. Im Übrigen würde der Nichterlass der Regelung für den Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache dazu führen, dass die angestellte Ärztin keinerlei Leistungen erbringen dürfte. Insofern würde gleichfalls eine sog. Vorwegnahme der Hauptsache vorliegen.
Nach allem ist davon auszugehen, dass die Entscheidung des Antragsgegners rechtmäßig ist.
Auf Grund der genannten Rechtslage sind an den Anordnungsgrund allenfalls ganz geringe Anforderungen zu stellen. Insofern ergibt eine Folgenabwägung, dass der Antragstellerin die von ihr geschilderten Nachteile entstehen. Ergeht keine einstweilige Anordnung, so wird für die weitere Dauer des Verfahrens ohne Rechtsgrundlage in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit der Antragstellerin nach Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Insofern scheiden auch Versorgungsengpässe am bisherigen Praxisstandort aus, weil auch nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 1) allenfalls zukünftig von Versorgungsengpässen auszugehen ist.
Insofern war dem Antrag im tenorierten Umfang stattzugeben.
Der Antrag war aber insoweit abzulehnen, als das Gericht nur bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine Anordnung treffen kann, wobei Rechtsmittelfristen einzubeziehen sind. Die Antragstellerin hat im Antragsschriftsatz ausdrücklich die einstweilige Anordnung für eine unbegrenzte Dauer begehrt. Dem konnte nicht in vollem Umfang entsprochen werden, da eine Zuständigkeit der Kammer nur bis zum Verfahrensabschluss in der Instanz besteht.
Nach allem war dem Antrag im tenorierten Umfang stattzugeben und war er im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Antragstellerin war mit Kosten für den Teil des Unterliegens zu belasten. Der Antragsgegner war mit Kosten nicht zu belasten und hat seine Kosten selbst zu tragen. Für ihn hat die Beigeladene zu 1) die Kosten allein zu tragen, da das Hauptsacheverfahren von ihr geführt wird und nur aus diesem Grund der Antrag von der Antragstellerin gestellt wurde. Der Antragsgegner hat in diesem Verfahren keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 1) hat einen Antrag gestellt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Nach Abschnitt C.X.17.1 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl. 2012 (Stand: Mai 2012), ist der Streitwert für die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes (§ 95 Abs. 2 Satz 7 SGB V) in Anlehnung an Zulassungsstreitigkeiten auf den Regelstreitwert pro Quartal für drei Jahre (LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 12.07.2011 - L 5 KA 19/11 B ER -) festzusetzten. Ausgehend hiervon ist auf die Dauer des Hauptsacheverfahrens von einem Jahr abzustellen. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
3. Die Beigeladene zu 1) hat der Antragstellerin ¾ der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und ¾ der Gerichtskosten zu tragen. ¼ der Gerichtskosten hat die Antragstellerin zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um eine Genehmigung der Antragstellerin als Allgemeinärztin nach § 103 Abs. 4b Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. § 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V zur Anstellung der Frau Dr. med. CI.
Die 1951 geb. und jetzt 63-jährige Frau Dr. med. CI. war als Ärztin für Allgemeinmedizin mit vollem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B Stadt zugelassen. Am 18.06.2013 verzichtete sie auf ihre Zulassung zum 30.06.2014 und beantragte die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens. Sie beantragte unter Datum vom 01.04.2014, ihren Praxissitz in die Praxis der Klägerin zur Begründung ihres Anstellungsverhältnisses einzubringen.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen stellte mit Beschluss vom 20.05.2014 das Ende der Zulassung der Frau Dr. CI. zum 30.09.2014 infolge Verzichts fest. Hiergegen legte Frau Dr. CI. vorsorglich am 12.08.2014 Widerspruch gegen die Möglichkeit der Beendigung ihrer Zulassung nach dem 30.09.2014 ein, da sie in jedem Fall ihre Zulassung behalten wolle. Unter Datum vom 14.08.2014 erklärte sie, sie wolle auf die Zulassung nur unter Vorbehalt für den Fall der Genehmigung ihrer Anstellung verzichten.
Der Antragsgegner und Beklagte stellte mit Beschluss vom 10.09.2014 das Ende der Zulassung der Frau Dr. CI. zum 30.09.2014 fest.
Die Antragstellerin beantragte am 08.04.2014 die Anstellung der Frau Dr. CI. zum 01.10.2014.
Die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen empfahl, die Verlegung des Arztsitzes in den 15 km entfernten Standort in A-Stadt abzulehnen. Der Planungsbereich Mittelbereich A-Stadt sei im hausärztlichen Bereich mit 113,76 % gesperrt. Im Mittelbereich A-Stadt mit 401.673 Einwohnern seien 287 Hausärzte mit insgesamt 276,65 Versorgungsaufträgen zugelassen. Die Gemeinde B-Stadt mit seinen 10.019 Einwohnern (Stand: 31.12.2012) werde aktuell durch 9 Hausärzte mit jeweils einem vollen Versorgungsauftrag versorgt. Frau Dr. CI. sei im B-Stadt Ortsteil C-Stadt niedergelassen und sei hier die einzige Hausärztin. Die Entfernung von C-Stadt nach B Stadt (Zentrum) betrage 7,4 km, während das südlich zu B-Stadt gelegene D-Stadt in 4,7 km zu erreichen sei. Bei B-Stadt und D-Stadt handele es sich um ländliche Flächengemeinden. Eine gute verkehrsbedingte Anbindung sowie eine Gewährleistung von Mobilität durch den öffentlichen Nahverkehr stünden nur eingeschränkt zur Verfügung. Von D-Stadt an den A-Stadt Hauptbahnhof benötige man mit dem ÖPNV mindestens eine Stunde bei mehrmaligem Umsteigen. Die Verbindungen seien zum Teil von dem Angebot der XXXXX abhängig. Es handele sich um ein vom Land Hessen abgestoßenes Pilotprojekt für den öffentlichen Nahverkehr in ländlichen Regionen. Eine Abrechnungsanalyse der in B-Stadt tätigen Hausärzte habe für die Quartale III/12 bis II/13 ergeben, dass Frau Dr. CI. selbst den hessischen Durchschnitt der Hausärzte in den genannten Quartalen unterschreite. Durchschnittlich werde der hessische Durchschnittswert von ihr um ca. 23 % (ca. 258 Fälle) unterschritten. Die Fallzahlen von 6 der 8 weiteren Hausärzte in B-Stadt unterschritten ebenfalls den hessischen Durchschnitt der Fachgruppe um durchschnittlich ca. 34 %. Im Gegensatz hierzu überschritten die zwei übrigen Hausärzte den hessischen Durchschnitt um ca. 39 %. Die Fallzahlen der zwei in D-Stadt tätigen Hausärzte überschritten den hessischen Durchschnitt der Hausärzte um durchschnittlich ca. 24 %. Die Altersstruktur der in B Stadt niedergelassenen Hausärzte lasse vermuten, dass vier Hausärzte ihre vertragsärztliche Tätigkeit in absehbarer Zeit beenden würden. In D-Stadt werde voraussichtlich einer der Hausärzte die Tätigkeit beenden. Eine Patientenwohnortanalyse der von Frau Dr. CI. in Quartal II/13 behandelten Patienten habe ergeben, dass ca. 67 % der Patienten aus B-Stadt sowie den südwestlich zu B-Stadt gelegenen Orten stammten. Ca. 10 % der behandelten Patienten stammten aus A-Stadt, ca. 6 % aus E-Stadt. Die Verlegung des Arztsitzes im Zuge der beantragten Anstellung der Frau Dr. CI. sei unter Versorgungsgesichtspunkten nachteilig. Auf Grund der Altersstruktur sei zu vermuten, dass vier Hausärzte ihre vertragsärztliche Tätigkeit in vorhersehbarer Zeit beenden würden, so dass bei einer nichtnahtlosen Nachbesetzung – welche sich in ländlichen Regionen schwierig gestalte – in Zukunft ein Versorgungsengpass in B-Stadt und der Umgebung entstehe. Darüber hinaus würde sich die Fahrt der Patienten aus B-Stadt sowie den südwestlich zu B-Stadt gelegenen Orten wie beispielsweise D-Stadt für den Großteil der von Frau Dr. CI. behandelten Patienten nachteilig auf die Versorgung dieser auswirke. Eine Konzentration auf die Stadtgebiete sei entgegenzuwirken.
Der Zulassungsausschuss gab dem Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung zur Beschäftigung der Allgemeinärztin Dr. CI. als angestellte Ärztin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 31 Stunden gem. § 95 Abs. 9 und 103 Abs. 4b SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV mit Wirkung zum 01.10.2014 statt. Zur Begründung führte er aus, auf Grund der unterdurchschnittlichen Fallzahlen von Frau Dr. CI. in Kontext der noch freien Kapazitäten habe er sich nicht der Stellungnahme der Bedarfsprüfung angeschlossen.
Hiergegen legte die Beilgeladene zu 1) am 21.07.2014 Widerspruch unter Wiederholung ihrer bisherigen Ausführungen ein.
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Antragsgegner erschien die Antragstellerin in Begleitung der anzustellenden Ärztin, für die Beigeladene zu 1) erschien niemand.
Der Antragsgegner wies mit Beschluss vom 10.09.2014, ausgefertigt am 06.10.2014, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Antragsteller und Frau Dr. CI. hätten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit der anthroposophischen und homöopathischen Medizin liege. Diese Schwerpunktbildung ergebe sich aus der Abrechnung mit der Beigeladenen zu 1) nicht, da derartige Leistungen nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit mit der Beigeladenen zu 1) abgerechnet würden und auch nicht der Gesamtvergütung unterlägen. Vielmehr werde hier im Einzelfall eine individuelle Abrechnung mit einzelnen gesetzlichen Krankenversicherungen aufgrund von entsprechenden Verträgen vorgenommen. Die Beigeladene zu 1) gehe deshalb von falschen Voraussetzungen aus. Auch sei festzustellen, dass die Fallzahlen der Frau Dr. CI. unter dem hessischen Durchschnitt lägen, so dass bereits aus diesem Grund davon auszugehen sei, dass sie auch unterdurchschnittlich im hausärztlichen Bereich tätig sei. Dieser Umstand, zusammen mit der außerbudgetären Tätigkeit im anthroposophischen und homöopathischen Bereich spreche dafür, dass eine Verlagerung des Praxisstandortes zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der hausärztlichen Versorgung führe. Darüber hinaus bleibe festzuhalten, dass nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) sechs der acht weiteren Hausärzte in B-Stadt ebenfalls in ihrer Abrechnung erheblich unter dem hessischen Durchschnitt lägen. Ein Zeitpunkt für die Beendigung der hausärztlichen Tätigkeit einiger Ärzte stehe nicht fest und hierüber könne auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine abschließende Aussage nicht getroffen werden, ob eine Nachfolge stattfinde. Dieses Argument stelle ein Vorgreifen auf künftige Fallgestaltungen dar. Angesichts des verfassungsrechtlich hohen Ranges der Berufsfreiheit könne auf dieser Grundlage eine Versagung der Genehmigung nicht vorgenommen werden.
Hiergegen hat die Beigeladene zu 1) am 15.10.2014 die Klage zum Az.: S 12 KA 455/14 erhoben, die sie bisher nicht begründet hat.
Die Antragstellerin hat am 13.11.2014 den Antrag auf die sofortige Vollziehung des Beschlusses gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, die Beigeladene zu 1) führe selbst aus, es sei ein hinreichendes Versorgungsangebot in B-Stadt gegeben. Frau CI. versorge auf Grund ihres anthroposophischen und homöopathischen Schwerpunkts eine überregionale Patientenschaft. Die Ausführungen der Beigeladenen zu 1) zur Versorgungssituation spiegelten mithin die Belange der Praxis überhaupt nicht wieder. Durch Verlagerung des Versorgungsauftrags trete keineswegs eine Verschlechterung der Versorgung ein. Der Antragsgegner habe dies zutreffend herausgearbeitet. Auf eine künftige Versorgungssituation könne nicht abgestellt werden. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, Frau Dr. CI. könne ihre Patienten in der Praxis der Antragstellerin nicht ausüben. Sie betreue eine ganz erhebliche Anzahl von Patienten, 1.700 bis 1.900 Patienten, was nur im Zusammenwirken mit weiteren Ärzten dauerhaft möglich sei. Ihr Interesse an einer kontinuierlichen Versorgung der Patienten und der sich für die Praxisorganisation ergebenen Zwänge führten zu einem Überwiegen des Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit der Entscheidung. So seien bereits Patienten angestellt worden, die nunmehr von Frau Dr. CI. nicht behandelt werden könnten. Es entstehe unmittelbarer finanzieller Schaden. Die Antragstellerin führt weiter aus, in dem Stadtteil, in dem sie tätig sei, sei in den letzten Jahren die Versorgung durch Wegzug von Hausärzten deutlich schlechter geworden. Die Versorgung der Patienten sei gefährdet, so dass auch ein öffentliches Interesse an der kontinuierlichen Versorgung der Vielzahl der Patienten bestehe. Nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit am bisherigen Standpunkt stünden der Frau Dr. CI. die Praxisräume nicht zur Nutzung zur Verfügung.
Die Antragstellerin beantragt,
die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 10.09.2014 anzuordnen.
Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
Er sieht einen Anordnungsanspruch als eindeutig gegeben an. Bei § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV handele es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Hinsichtlich des Art. 12 GG müssten allerdings die entgegenstehenden Gründe der vertragsärztlichen Versorgung in nachprüfbarer und nachvollziehbarer Form festgestellt werden können. Unter Wiederholung seiner Ausführungen im angefochtenen Beschluss geht er weiterhin davon aus, dass durchgreifende Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Erteilung der beantragten Anstellungsgenehmigung nicht entgegenstünden. Es bestünden allerdings Zweifel, ob ein hinreichender Anordnungsgrund gegeben sei. Soweit die Antragstellerin auf den Umfang ihrer Praxis hinweise, handele es sich nicht um einen plötzlich aufgetretenen Versorgungsengpass, der kurzfristig zu beheben sei. Vielmehr strebe die Antragstellerin offensichtlich an, eine künftige Entlastung hinsichtlich ihrer kontinuierlich gewachsenen Patientenmenge zu erhalten. Es sei auch unklar, ob Frau CI. nicht in ihrer bisherigen Praxis weiterhin tätig sein könne. Auf der anderen Seite sei zu beachten, dass an den Anordnungsgrund dann umso geringere Anforderungen zu stellen seien, wenn ein Anordnungsanspruch in aller Klarheit bestehe. Letzteres dürfte der Falls ein.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Beigeladene zu 1) wiederholt ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, sollte Frau Dr. CI. ihren Sitz wegen überwiegend anthroposophischer Leistungen nicht ausgefüllt haben, könne dies nicht zur Genehmigung der Sitzverlegung in die Stadt führen. Die Altersstruktur könne für die Prüfung der kurz- bis mittelfristigen Versorgungsstruktur nicht ohne Beachtung bleiben. Es fehle an einem Anordnungsgrund. Die Antragstellerin sei für die Versorgung ihrer Patienten allein verantwortlich. Ihre ablehnende Haltung sei bekannt gewesen, so dass finanzielle Verluste für die Dauer des Gerichtsverfahrens nicht zu berücksichtigen seien.
Die übrigen Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 14.11.2014 die Beiladung ausgesprochen. Die Kammer hat die Verwaltungsakten des Antragsgegners und die Verfahrensakte S 12 KA 455/14 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Klage der Beigeladenen zu 1) gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 10.09.2014 hat aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 SGG).
Bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage zu bewerten sind, umso schwerwiegender muss das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts an der aufschiebenden Wirkung sein, um eine Aussetzung rechtfertigen zu können. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. LSG Bayern, Beschl. v. 30.07.2009 L 12 B 1074/08 KA ER - juris Rdnr. 16). Zu berücksichtigen sind außerdem sondergesetzlich geregelte Prüfungsmaßstäbe, wie z. B. das Erfordernis ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bei der Anforderungen von Beiträgen und sonstigen öffentlichen Abgaben (§ 86a Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 SGG) oder gesetzliche Wertungen, die dem öffentlichen Vollziehungsinteresse im Einzelfall generell den Vorrang einräumen. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage (schon) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben, der Aufschub der Vollziehung also entgegen § 86a Abs. 1 SGG nicht den Regel-, sondern den Ausnahmefall darstellt. Schließlich muss das Gericht immer bedenken, welche nachteiligen Folgen dem Antragsteller aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, vor allem für seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen erwachsen und ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 2 GG) im Besonderen sind vor Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren als Präventivmaßnahme nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig; die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus. Außerdem darf der Rechtsschutzanspruch (Art. 19 Abs. 4 GG) gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug einer Maßnahme umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.01.2011 - L 5 KA 3990/10 ER-B - juris Rdnr. 58; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35; LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 - L 4 KA 29/11 B ER -, Umdruck S. 8 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.01.2011 - L 5 AS 452/10 B ER - juris Rdnr. 38; BVerfG, Kammerbeschl. v. 15.04.2010 - 1 BvR 722/10 - juris Rdnr. 20).
Nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen kursorischen Überprüfung ist von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Antragsgegners vom 10.09.2014 auszugehen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zu Recht die Genehmigung zur Anstellung der Frau Dr. med. CI. erteilt. Im Übrigen überwiegen im Rahmen einer Folgenabwägung die Nachteile, die der Antragstellerin bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung entstehen würden.
Anspruchsgrundlage für eine Anstellungsgenehmigung ist § 103 Abs. 4b Satz 1 Halbsatz 1 SGB V. Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG) v. 22.12.2011, BGBl I 2011, in Anlehnung an die Regelungen in Absatz 4a geschaffene Anspruchsgrundlage ermöglicht es einem Vertragsarzt, in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seinen Vertragsarztsitz zu verzichten, um als angestellter Arzt nicht nur in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, sondern jetzt auch – soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen – die entsprechende angestellte Tätigkeit in einer Vertragsarztpraxis. Die Voraussetzung, dass keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, erfolgt nach der Gesetzesbegründung zu Absatz 4a in Anlehnung an die Vorschrift zur Verlegung eines Praxissitzes nach § 24 Ärzte-ZV und soll der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung dienen. Führe daher die Übernahme einer Praxis zu Versorgungsproblemen am bisherigen Sitz der Praxis, stünden diese Versorgungsprobleme einer solchen Übernahme entgegen (Vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 77). Das GKV-VStG hat den Anspruch auf Praxisverlegung nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV in eine Ermessensvorschrift umgewandelt und auf die Genehmigungsvoraussetzung "wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen" beschränkt. Damit soll klargestellt werden, dass die Verlegung eines Vertragsarztsitzes nur dann genehmigt werden kann, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen und dass die Zulassungsausschüsse bei der Prüfung eines Antrages auf Verlegung des Vertragsarztsitzes vorrangig darauf zu achten haben, dass Versorgungsgesichtspunkte einer Verlegung des Vertragsarztsitzes nicht entgegenstehen. Führt damit z. B. die Verlegung eines Vertragsarztsitzes in einen anderen Stadtteil zu Versorgungsproblemen in dem Stadtteil, in dem sich der Vertragsarztsitz derzeit befindet, hat der Zulassungsausschuss den Verlegungsantrag abzulehnen (vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 43 u. 105). Damit hat der Verordnungsgeber die Voraussetzung zur Praxisverlegung von einer Erlaubnisnorm mit Verbotsvorbehalt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15.10.2009, a.a.O. Rdnr. 31; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.12.2010 - L 11 KA 95/10 B ER - juris Rdnr. 51) in eine Verbotsnorm mit Erlaubnisvorbehalt umgestaltet, um eine restriktivere Genehmigungspraxis herbeizuführen. Aber auch nach dem bis dahin geltenden Recht durften "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" einer Verlegung nicht entgegenstehen. Hierzu hat bereits das Bundessozialgericht entschieden, dass bei dem für eine Praxisverlegung maßgeblichen Tatbestandsmerkmal der "Gründe der vertragsärztlichen Versorgung" allein planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände zu prüfen sind. Mit Hilfe dieses Merkmals kann z. B. möglicherweise daraufhin hingewirkt werden, dass ein Vertragsarzt seinen Vertragsarztsitz nicht gerade in einen schon gut versorgten Teil des Planungsbereichs verlegt (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R - BSGE 86, 121 = SozR 3-5520 § 24 Nr. 4, juris Rdnr. 28).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte die Versorgungssituation hinreichend konkret und nachvollziehbar dargelegt.
Der Antragsgegner hat bereits im angefochtenen Beschluss nachvollziehbar dargelegt, dass die von der Beigeladenen zu 1) im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Gründe gegen die Genehmigung der Anstellung nicht ausreichen, um die Versagung der Genehmigung aus bedarfsplanerischen Gründen abzulehnen. Die Kammer verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss (§ 136 Abs. 3 SGG).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass offensichtlich im Bereich B-Stadt eine deutlich bessere Versorgung als im Durchschnitt des gesamten Planungsbereichs auf der Grundlage einer Arzt-Patienten-Relation besteht. Die Beigeladene zu 1) gibt als Einwohnerzahl für den gesamten Planungsbereich 401.673 Einwohner an, die von 276,65 Ärzten (Arztsitzen) hausärztlich betreut werden. Die Arzt-Einwohner-Relation beträgt demnach für den gesamten Planungsbereich 1.451,9 Einwohner pro Vertragsarztsitz. Im Bereich B-Stadt gibt die Beigeladene zu 1) die Einwohnerzahl mit 10.019 Einwohnern an, die von 9 Ärzten versorgt werden. Damit liegt eine Einwohner-Arzt-Relation von 1.113,2 Einwohnern pro Vertragsarztsitz vor. Geht man davon aus, dass nach Aufgabe des Vertragsarztsitzes durch Frau Dr. CI. nur noch 8 Ärzte zur Verfügung stehen, ergibt sich noch eine Relation von 1.252,4 Einwohner pro Vertragsarztsitz, die immer noch deutlich über dem Durchschnitt liegt. Wie demgegenüber die Versorgungslage im Umfeld der Antragstellerin ist, wird von der Beigeladenen zu 1) oder dem Antragsgegner nicht dargelegt.
Aus den genannten Zahlen der Antragstellerin ergibt sich jedenfalls, dass diese annähernd das Doppelte einer durchschnittlichen hausärztlichen Arztpraxis an Patienten versorgt. Soweit die Beigeladene zu 1) auf drohende Zulassungsbeendigungen weiterer Vertragsärzte verweist, sind die Angaben insofern nicht ansatzweise nachvollziehbar, da weder Alter noch voraussichtliche Dauer noch Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit angegeben werden. Im Übrigen können solche drohenden Beendigungen allenfalls dann berücksichtigt werden, wenn sie sich in irgendeiner Weise konkretisiert haben. Allein auf das Alter abzustellen, reicht hierfür nicht aus. Insofern gilt grundsätzlich, dass ebenso wie ein sog. Antrag auf Vorrat (vgl. BSG, Urt. v. 12.09.2001 - B 6 KA 90/00 R - SozR 3-5520 § 25 Nr. 5, juris Rdnr. 23) unzulässig ist, auch die Versagung einer Praxisverlegung wegen evtl. in nicht absehbarer Ferne liegender Engpässe unzulässig ist. Insofern kann auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen ein Anspruch der Klägerin auf Genehmigung der Anstellung nicht versagt werden, und liegen weitere Ermittlungsmöglichkeiten, die evtl. zu einer Versagung führen könnten, jedenfalls nicht auf der Hand.
Aufgrund der Einteilung der Planungskreise in Mittelbereiche kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Praxisverlegung von B-Stadt nach A-Stadt planungsrechtlich als Verlegung aus einem Landkreis in eine Zentrumsstadt zu betrachten ist. Die Zusammenfassung mehrerer Gemeinden zu einem Mittelbereich bedeutet, dass sie planungsrechtlich gleich zu behandeln sind. Im Übrigen hat es die Beigeladene zu 1) in der Hand, im Bedarfsplan von den Vorgaben der Bedarfsplanungsrichtlinie abzuweichen (§ 101 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Es kann von den Abgrenzungen der Planungsbereiche abgewichen werden (vgl. Pawlita in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 99 SGB V, Rdnr. 15 ff.). Soweit die Beigeladene zu 1) auf eine sog. Vorwegnahme der Hauptsache verweist, trifft dies aufgrund der Vorläufigkeit und Begrenztheit der getroffenen Regelung nicht zu. Im Übrigen würde der Nichterlass der Regelung für den Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache dazu führen, dass die angestellte Ärztin keinerlei Leistungen erbringen dürfte. Insofern würde gleichfalls eine sog. Vorwegnahme der Hauptsache vorliegen.
Nach allem ist davon auszugehen, dass die Entscheidung des Antragsgegners rechtmäßig ist.
Auf Grund der genannten Rechtslage sind an den Anordnungsgrund allenfalls ganz geringe Anforderungen zu stellen. Insofern ergibt eine Folgenabwägung, dass der Antragstellerin die von ihr geschilderten Nachteile entstehen. Ergeht keine einstweilige Anordnung, so wird für die weitere Dauer des Verfahrens ohne Rechtsgrundlage in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit der Antragstellerin nach Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Insofern scheiden auch Versorgungsengpässe am bisherigen Praxisstandort aus, weil auch nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 1) allenfalls zukünftig von Versorgungsengpässen auszugehen ist.
Insofern war dem Antrag im tenorierten Umfang stattzugeben.
Der Antrag war aber insoweit abzulehnen, als das Gericht nur bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine Anordnung treffen kann, wobei Rechtsmittelfristen einzubeziehen sind. Die Antragstellerin hat im Antragsschriftsatz ausdrücklich die einstweilige Anordnung für eine unbegrenzte Dauer begehrt. Dem konnte nicht in vollem Umfang entsprochen werden, da eine Zuständigkeit der Kammer nur bis zum Verfahrensabschluss in der Instanz besteht.
Nach allem war dem Antrag im tenorierten Umfang stattzugeben und war er im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Antragstellerin war mit Kosten für den Teil des Unterliegens zu belasten. Der Antragsgegner war mit Kosten nicht zu belasten und hat seine Kosten selbst zu tragen. Für ihn hat die Beigeladene zu 1) die Kosten allein zu tragen, da das Hauptsacheverfahren von ihr geführt wird und nur aus diesem Grund der Antrag von der Antragstellerin gestellt wurde. Der Antragsgegner hat in diesem Verfahren keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 1) hat einen Antrag gestellt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Nach Abschnitt C.X.17.1 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl. 2012 (Stand: Mai 2012), ist der Streitwert für die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes (§ 95 Abs. 2 Satz 7 SGB V) in Anlehnung an Zulassungsstreitigkeiten auf den Regelstreitwert pro Quartal für drei Jahre (LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 12.07.2011 - L 5 KA 19/11 B ER -) festzusetzten. Ausgehend hiervon ist auf die Dauer des Hauptsacheverfahrens von einem Jahr abzustellen. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
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