S 12 KA 466/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 466/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, die zur Gruppe der ausschließlich, d. h. über 90 %, psychotherapeutisch tätigen Ärzten gehört und die an einer Innenohrschwerhörigkeit leidet, die es ihr nach eigenem Vorbringen unmöglich macht, einen auskultatorischen Befund zu erheben, muss nach § 3 Abs. 6 Bereitschaftsdienstordnung der KV Hessen nicht vom Notdienst befreit werden, wenn fachgruppendurchschnittliche Umsätze erzielt werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Befreiung aus gesundheitlichen Gründen vom ärztlichen Bereitschaftsdienst A-Stadt bzw. jetzt ärztlichen Bereitschaftsdienst UV., in dem der ärztliche Bereitschaftsdienst A-Stadt zum 01.04.2014 aufgegangen ist.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie mit Praxissitz in A Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie gehört zur Gruppe der ausschließlich, d. h. über 90 %, psychotherapeutisch tätigen Ärzten.

Die Klägerin beantragte am 26.11.2012 die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst A-Stadt. Sie trug vor, sie leide seit Jahren an einer Innenohrschwerhörigkeit, die einen progredienten Verlauf habe. Diese Erkrankung mache es ihr unmöglich, einen auskultatorischen Befund zu erheben, was bei der Durchführung der notärztlichen Tätigkeit unerlässlich sei. Ein fachärztliches Attest von Herrn Dr. FT. füge sie bei.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22.02.2013 den Antrag auf Befreiung ab. Zur Begründung führte sie aus, für die Erkrankung der Klägerin gebe es medizinische Hilfsmittel, z.B. ein Stethoskop für Schwerhörige, die Ihr die Befundung erleichtern würden.

Hiergegen legte die Klägerin am 08.03.2013 Widerspruch ein. Sie wies nochmals auf ihre Innenohrschwerhörigkeit hin, die einem progredienten Verlauf aufweise und es ihr unmöglich mache, im Rahmen einer Inanspruchnahme im Bereitschaftsdient einen ordnungsgemäßen auskultatorischen Befund zu erheben. Der Ablehnung fehle es an einer hinreichenden Begründung. Sie habe einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf Befreiung nach § 3 Abs. 2 der Notdienstordnung i. V. m. § 26 Abs. 1 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen. Danach sei ein Vertragsarzt insbesondere dann von einer grundsätzlichen Verpflichtung zur Teilnahme am allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst zur befreien, wenn er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei. Bestimmte wichtige Frequenzbereiche, die für eine ordnungsgemäße Untersuchung notwendig seien, könne sie nicht hören. Dies könne auch durch technische Hilfsmittel nicht ausgeglichen werden.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 3 Abs. 2 ihrer Notdienstordnung setze eine Befreiung aus gesundheitlichen Gründen weiter voraus, dass diese wesentliche Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit habe. Eine derartige gesundheitliche Minderleistungsfähigkeit müsse zwingen kumulativ zu den vorliegenden gesundheitlichen Gründen hinzukommen, um eine Befreiungstatbestands zu begründen. Die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin hätten jedoch keine wesentlichen Auswirkungen auf ihre sonstige vertragsärztliche Tätigkeit. Ihre Fallzahl stelle sich in den letzten Jahren wie folgt dar:

Quartal Fallzahl der Klägerin (PK+EK+sonstige)
III/10 37
IV10 39
I//11 37
II/11 44
III/11 44
IV/11 37
I/12 39
II/12 48
III/12 37

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne die Freistellung zusätzlich von beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Arztes abhängig gemacht werden. Der Klägerin sei es insofern zumutbar, einen geeigneten Vertreter auf eigene Kosten zu beauftragen, der die Dienste übernehme.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.08.2013 die Klage erhoben. Sie ist weiterhin aus den bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründen der Auffassung, sie habe ein subjektives Recht auf Befreiung. Weiter trägt sie vor, die Bestimmung der Notallverordnung müsse zumindest verfassungskonform ausgelegt werden. Auch setze die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine von der Beklagten genannte Kumulation nicht voraus. Danach sei zwingend zu unterscheiden zwischen einer vollständigen Befreiung von der Verpflichtung zum allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst und einer Befreiung hiervon in Gestalt eines zumutbaren Mittragens seiner Belastungen. Es sei ihr nicht zumutbar, einen geeigneten Vertreter auf ihre eigenen Kosten zu bestellen. Sie verfüge als ärztliche Psychotherapeutin per se nicht über die finanziellen Mittel, wie sie anderen Fachgruppen zur Verfügung stünden, und zum anderen sei die von der Beklagten behauptete Aufrechterhaltung des Praxisbetriebes in dem insoweit erforderlichen Umfang bereits nach den von ihr selbst vorgelegten Zahlen nicht gegeben, denn die Behandlungsfallzahl sinke vom Quartal II/12 auf das Quartal III/12 um nahezu 25 v. H. Schließlich zeigten die Behandlungsfallzahlen im Weiteren, dass sie eine nur grundsätzlich konstant niedrige Zahl an Patienten im Verhältnis zu ihrer Fachgruppe behandle. Die Beklagte lasse auch die im Verhältnis zu psychologischen Psychotherapeuten bestehende Verletzung der Bedingungen gleicher Berufsausübung bei gleicher Partizipation an der Gesamtvergütung völlig außer Acht. Dies habe sie im Rahmen der Ermessungsausübung nicht berücksichtigt. Eine Schwankung der Behandlungsfallzahlen zwischen 48 und 36 könne nicht als unerheblich bezeichnet werden. Im Gegensatz zu einem gesunden Arzt könne sie den Notdienst für den Fall, dass der Vertreter ausfalle oder sie keinen finde, nicht selbst ausüben. Der Notdienst sei Teil des Sicherstellungsauftrags und gehöre zu den Aufgaben der Beklagten. Sie sei deshalb aus gesundheitlichen Gründen zu befreien, unabhängig davon, ob in ihrer Praxis eine gesundheitliche Minderleistung vorliege. Die von der Beklagten vorgelegten Zahlen zum Durchschnittshonorar ließen nicht erkennen, welche Fachgruppen insgesamt einbezogen worden seien und wie sich die Vergleichsgruppe zusammensetze. Sie sei nicht nur hochgradig schwerhörig, sondern im Bereich der für die Auskultation relevanten Frequenzbereiche derart beeinträchtigt, dass sie selbst unter Zuhilfenahme eines Stethoskops nicht sicher einen Auskultationsbefund erheben könne.

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 22.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2013 die Beklagte zu verpflichten, sie vom ärztlichen Bereitschaftsdienst zu befreien,
hilfsweise,
sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
weiter hilfsweise für den Fall des Unterliegens,
die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst, aus den im angefochtenen Widerspruchsbescheid genannten Gründen. Ergänzend führt sie aus, die Fallzahlen der Klägerin bewegten sich konstant im Rahmen von 36 bis 48 Fällen und das von ihr erwirtschaftete Honorar liege konstant um 20.000 Euro und zuletzt bei 17.774,43 Euro im Quartal I/13. Eine gesundheitliche Minderleistung könne nicht festgestellt werden. Psychologische Psychotherapeuten seien nicht zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst verpflichtet, weil sie keine Ärzte seien. Die Klägerin sei auch zur entsprechenden Fortbildung verpflichtet. Im Rahmen der Ermessungsausübung wäre auch zu berücksichtigen, ob dem Arzt die Teilnahme zumutbar wäre. Dabei sei auch auf die Häufigkeit der Diensteinteilung und die Möglichkeit der Vertreterregelung auf eigene Kosten zu stellen. Bei dem genannten Honorar sei der Klägerin einer Vertreterbestellung zumutbar. Das Honorar der Klägerin habe in den Quartalen IV/11 bis II/13 konstant über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Eine nochmalige Überprüfung ihrer Fachabteilung habe ergeben, dass es bei ihrer Entscheidung bleibe. Es gebe besondere Stethoskope für hochgradig Schwerhörige, die Auskultationsbefunde zu erheben ermöglichten. Ferner teile sie mit, dass der ärztliche Bereitschaftsdienst A-Stadt ab 01.04.2014 im ärztlichen Bereitschaftsdienst UV. aufgegangen sei. Für den Zeitraum 01.04. bis 31.12.2014 sei die Klägerin nur einmal zum Hintergrunddienst eingeteilt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig.

Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2013 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst. Sie hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage war daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.

Die Beklagte hat zu Recht eine Befreiung vom allgemeinen organisierten Notdienst abgelehnt.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit das Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch, V. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Zur Erfüllung ihrer Pflichten hat die Beklagte die ab 01.05.2005 gültige Notdienstordnung erlassen, bekannt gegeben durch die Bekanntmachung vom 20.09.2002 (Teil I), geändert durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 24.11.2004, bekannt gegeben als Anlage 1 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 15.12.2004, und durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 13.12.2008, bekannt gegeben durch Rundschreiben vom 29.12.2008 (im Folgenden: Notdienstordnung). Ab 01.10.2013 gilt die Bereitschaftsdienstordnung, beschlossen von der Vertreterversammlung am 25.05.2013, veröffentlicht im Mitgliedermagazin der Beklagten "Auf den Punkt", Nr. 3, Juni 2013, Teil info.service, S. 8 ff. (im Folgenden: ÄBDO), geändert zum 01.01.2014, was aber ohne Auswirkung auf das hier streitige Begehren ist. Diese Notdienstordnungen haben Satzungsqualität. Nach beiden Fassungen der Notdienstordnung besteht kein Anspruch der Klägerin, so dass dahinstehen kann, ob die Klägerin sich überhaupt noch auf die Notdienstordnung berufen könnte.

Nach der Notdienstordnung nehmen am organisierten allgemeinen Notdienst grundsätzlich alle niedergelassenen Vertragsärzte an einer Notdienstgemeinschaft teil (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Notdienstordnung), nach der ÄBDO grundsätzlich alle Arztsitze im Umfang ihres Versorgungsauftrags (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ÄBDO). Eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Freistellung vom organisierten Notdienst kann nach § 3 Abs. 2 Notdienstordnung auf Antrag eines Vertragsarztes vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium u. a. ausgesprochen werden, wenn
a) ein Vertragsarzt aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit oder Behinderung) hierzu nicht in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;
b) bei einer Vertragsärztin eine Schwangerschaft besteht (bis zum 12. Monat nach der Entbindung);
c) ein Vertragsarzt das 65. Lebensjahr vollendet hat;
d) ein Vertragsarzt wegen besonders belastender familiärer Pflichten oder wegen politischer, berufspolitischer oder wissenschaftlicher Tätigkeit nicht nur vorübergehend an der Teilnahme am organisierten Notdienst gehindert ist;
e) sonstige von einem Vertragsarzt im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am Notdienst auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann, bestehen.

Ein Antrag auf Befreiung vom organisierten Notdienst gemäß Abs. 2 ist schriftlich mit entsprechender Begründung an die für die Notdienstgemeinschaft zuständige Bezirksstelle zu richten (§ 3 Abs. 3 Notdienstordnung). Der Vorstand oder ein von ihm beauftragtes Gremium hat auf Antrag eines Vertragsarztes über dessen Freistellung von der Teilnahmeverpflichtung am organisierten Notdienst zu entscheiden. Dabei sind die unter § 3 genannten Sachverhalte zu prüfen. Bevor eine Entscheidung über eine vollständige oder teilweise, ggf. auch zeitlich begrenzte Freistellung erfolgt, ist zu prüfen ob
a) dem betreffenden Vertragsarzt eine ärztliche Tätigkeit anderer Art im Rahmen der organisierten Dienste zugemutet werden kann. Als solche Tätigkeiten kommen insbesondere in Betracht:
aa) Bereitschaft für Notdienstleistungen in den Räumen der eigenen Praxis oder in der Notdienstzentrale bzw. an einer dazu von der zuständigen Bezirksstelle vorgesehenen Stelle bzw. nach der Änderung vom Vorstand oder einem von ihm beauftragten Gremium
bb) telefonische ärztliche Beratung in einer Notdienstzentrale oder Notdienstleitstelle
cc) Dienst im Rahmen der Rufbereitschaft/Hintergrundbereitschaft
dd) Bereitschaftsdienst zur konsiliarischen Unterstützung des Notarztes;
b) im Falle der Freistellung aus gesundheitlichen Gründen oder wegen körperlicher Behinderung eine nachteilige Auswirkung der gesundheitlichen Verhältnisse auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Vertragsarztes festzustellen ist;
c) dem Vertragsarzt auferlegt werden kann, die Dienste auf eigene Kosten oder zumindest mit dessen Kostenbeteiligung von einem eigenen Vertreter wahrnehmen zu lassen; in diesem Fall hat die Bezirksstelle auch die Höhe des Kostenersatzes festzulegen (§ 6 Abs. 2 Notdienstordnung).

Nach § 3 Abs. 6 ÄBDO, der sich insofern wenig von der Vorgängerbestimmung unterscheidet, hat sich vorrangig vor einer Befreiung von der Teilnahme am ÄBD ein Arzt eigenständig und zu eigenen Lasten einen geeigneten Vertreter zu suchen. Eine ggf. befristete, teilweise bzw. vollständige Befreiung von der Teilnahme am ÄBD kann auf schriftlichen Antrag von der KVH ausgesprochen werden. Befreiungsgründe können sein:
a) gesundheitliche Gründen (Krankheit oder Behinderung), so dass der Arzt nicht zur Teilnahme am ÄBD in der Lage ist, und dies wesentliche Auswirkungen auf seine sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat;
b) die Vollendung des 65. Lebensjahres,
c) Schwangerschaft bis zum 12. Monat nach der Entbindung
d) sonstige im Einzelfall darzulegende, schwerwiegende Gründe, aufgrund derer eine Teilnahme am ÄBD auf Zeit oder dauernd nicht zugemutet werden kann.

Die Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst ist Folge der aus der Zulassung resultierenden Teilnahmeverpflichtung. Zur vertragsärztlichen Versorgung gehört auch der Notfalldienst (§ 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V) (vgl. BSG, Urt. v. 12.10.1994 - 6 RKa 29/93 - USK 94139, juris Rdnr. 10). Ein Vertragsarzt übernimmt als Mitglied der KV mit seiner Zulassung die Verpflichtung, in zeitlicher Hinsicht umfassend für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Das umfasst auch die Zeiten außerhalb der Sprechstunde. Der einzelne Arzt wird dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notfalldienst organisiert, von der täglichen Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet, muss dafür aber den Notfalldienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang vertragsärztlich tätig ist (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 = MedR 2007, 504, juris Rdnr. 10; BSG, Urt. v. 11.05.2011 B 6 KA 23/10 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 11 = GesR 2011, 487 = NZS 2012, 398 = MedR 2012, 411 = USK 2011-28, juris Rdnr. 13).

Grundsätzlich sind alle Vertragsärzte zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst geeignet. Der Anspruch eines Vertragsarztes beschränkt sich darauf, im Rahmen der Gleichbehandlung nicht öfters zum Notfalldienst herangezogen zu werden als die übrigen Ärzte.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat wiederholt betont, dass es sich bei der Sicherstellung eines ausreichenden Not- und Bereitschaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe der Vertragsärzte handelt, die nur erfüllt werden kann, wenn alle zugelassenen Ärzte unabhängig von der Fachgruppenzugehörigkeit und sonstigen individuellen Besonderheiten und ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Personen oder Gruppen gleichmäßig herangezogen werden (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124, juris Rdnr. 15; BSG v. 06.02.2008 - B 6 KA 13/06 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 7 = MedR 2009, 428 = ZMGR 2008, 213 = USK 2008-18, juris Rdnr. 14).

Der in der Notfalldienstverpflichtung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit ist auch dann hinzunehmen, wenn er für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringt. Erst beim Vorliegen schwerwiegender Gründe kann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten und eine Befreiung des Betroffenen geboten sein (vgl. BSG, Urt. v. 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - a.a.O., Rdnr. 15). Die Kassenärztliche Vereinigung muss auf Erfüllung der Verpflichtung nicht bestehen, wenn genügend Kassenärzte freiwillig teilnehmen, sie kann allerdings die nicht teilnehmenden Vertragsärzte zur Finanzierung heranziehen (vgl. BSG, Urt. v. 03.09.1987 - 6 RKa 1/87 - SozR 2200 § 368m Nr. 4, juris Rdnr. 17). Der Notdienst ist in gleicher Weise Bestandteil der hausärztlichen als auch der fachärztlichen Versorgung (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - a.a.O., Rdnr. 11). Auch Fachärzte sind grundsätzlich geeignet zur Teilnahme am Notfalldienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 6 RKa 8/78 - USK 8055, juris Rdnr. 12 m.w.N.). Beruft sich ein Facharzt auf einen Eignungsverlust, so trägt er hierfür die Feststellungslast (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 6 RKa 8/78 - a.a.O., Rdnr. 12 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de). Es besteht auch eine Pflicht zur Fortbildung für eine Tätigkeit im Notdienst (vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1980 - 6 RKa 8/78 - a.a.O., Rdnr. 12 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.07.2003 - L 5 KA 3081/02 - juris Rdnr. 22).

Ausnahmen von der Teilnahmeverpflichtung können als Ermessensvorschrift ausgestaltet werden (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, juris Rdnr. 12). Das BSG hat eine Bestimmung, nach der bei der Entscheidung über eine völlige, teilweise und zeitweilige Freistellung vom Notfallvertretungsdienst u. a. stets zu prüfen ist, ob dem Arzt aufgegeben werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem geeigneten Vertreter wahrnehmen zu lassen, mit höherem Recht als vereinbar angesehen. Aus übergeordnetem Recht ergibt sich nicht, dass auf diese Prüfung zu verzichten ist, wenn der persönlichen Teilnahme am Notfallvertretungsdienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Vielmehr lässt sich mit dem übergeordneten Recht vereinbaren, die Freistellung vom Notfallvertretungsdienst zusätzlich von beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Arztes, insbesondere von seinem Honorarumsatz abhängig zu machen. Das Kassenarztrecht überträgt die ärztliche Versorgung der Versicherten denjenigen freiberuflich tätigen Ärzten, die dazu bereit sind. Mit der auf ihren Antrag hin ausgesprochenen Zulassung übernehmen die Ärzte die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung. Die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung ist nicht auf gewisse Zeiträume (z. B. Sprechstunden, Werktage) beschränkt, sondern muss auch in zeitlicher Hinsicht umfassend sein ("rund um die Uhr"). Die Erfüllung dieser Aufgabe macht es, wenn nicht anderweitig vorgesorgt, erforderlich, für bestimmte Zeiten (insbesondere für die Wochenenden) einen Notfallvertretungsdienst zu organisieren. Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Kassenärzte handelt, sind auch alle Kassenärzte zur Mitwirkung heranzuziehen, und zwar in einer alle gleichmäßig belastenden Weise. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Kassenarzt hat den Notfallvertretungsdienst, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange kassenärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Kassenärzte zu Lasten ihrer Kollegen von kassenärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Kassenarztrechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des Notfallvertretungsdienst nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Kassenarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z.B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt oder dem Kassenarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfallvertretungsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (vgl. BSG, Urt. v. 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - a.a.O., Rdnr. 13).

An dieser Rechtsprechung hat das BSG festgehalten. Es hat betont, die bundesrechtliche Verpflichtung aller Vertragsärzte zu einem gleichwertigen Mittragen der Belastungen infolge des ärztlichen Notfalldienstes besteht auch für den Fall, dass einer persönlichen Teilnahme am Notfalldienst gesundheitliche Gründe entgegenstehen. Eine vollständige (ersatzlose) Befreiung kommt unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Belastung (Art 3 Abs. 1 GG) nur unter zusätzlichen Voraussetzungen in Frage, wenn nämlich gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Praxistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Hat mithin der aus gesundheitlichen oder vergleichbar schwerwiegenden Gründen an der persönlichen Notdienstleistung gehinderte Arzt primär einen Vertreter zur Ableistung der ihm obliegenden Notfalldienste zu stellen, so muss unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots dasselbe erst recht gelten, wenn ein Arzt aus anderen Gründen - wie z. B. wegen fehlender aktueller Kenntnisse und Fähigkeiten für den Notdienst - den Notfalldienst nicht persönlich erbringen darf. Verfügt die Kassenärztliche Vereinigung den Ausschluss eines Arztes vom Notfalldienst wegen solcher Ungeeignetheit, so enthält dies lediglich das Verbot, den Notfalldienst persönlich zu erbringen. Seine Pflicht zum Mittragen der Belastungen des Notfalldienstes bleibt davon unberührt; deshalb muss er auf eigene Kosten einen geeigneten Vertreter für die Durchführung der ihm obliegenden Notdienste stellen (vgl. BSG v. 06.02.2008 - B 6 KA 13/06 R - a.a.O., Rdnr. 14).

Ausgehend hiervon sind die genannten Satzungsbestimmungen der Beklagten, insbesondere § 3 Abs. 2 Buchst. a Notdienstordnung bzw. § 3 Abs. 6 Satz 3 Buchst. a ÄBDO, die allein als Befreiungstatbestände in Betracht kommen, da andere Gründe nicht vorgetragen werden und auch nicht ersichtlich sind, nicht zu beanstanden. Danach sind gesundheitliche Gründe, selbst wenn sie zur Ungeeignetheit der Versehung des Notfallvertretungsdienstes führen sollten, nicht ausreichend, einen Befreiungstatbestand zu begründen. Kumulativ muss hinzukommen, dass die gesundheitliche Minderleistungsfähigkeit Auswirkungen auf die sonstige tägliche vertragsärztliche Tätigkeit hat. Soweit VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 03.11.1998 – 9 S 3399/96MedR 1999, 228, 231 der Auffassung ist, die Bestellung eines Vertreters setze die Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst auch im konkreten Einzelfall voraus, da ansonsten jede Befreiung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Vertreterbestellung verweigert werden könnte, stützt sich die Entscheidung auf hier nicht anzuwendende berufsrechtliche Vorschriften. Daraus folgt aber nicht, dass es der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungshoheit verwehrt wäre, die genannte Regelung zu treffen. Gleiches gilt für die Entscheidung des VG Karlsruhe, wonach ein ausschließlich privatärztlich niedergelassener Arzt (hier: Facharzt für Orthopädie), der aus gesundheitlichen Gründen nicht am Notdienst teilnehmen kann, nicht auf eine Vertreterbestellung verwiesen werden kann, auch nicht in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, wenn diese Einschränkung der Befreiungsmöglichkeit nicht satzungsrechtlich (Berufsordnung) geregelt ist (vgl. VG Karlsruhe v. 08.12.2011 - 9 K 262/11 - ZMGR 2012, 196, juris Rdnr. 23 ff.). Die Notdienstordnung bzw. ÄBDO der Beklagten sieht gerade eine ausdrückliche Satzungsbestimmung vor. Das an der Auffassung des VGH Baden-Württemberg anknüpfende obiter dictum des LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - www.sozialgerichtsbarkeit.de, Ausdruck S. 5, wonach ein ungeeigneter Arzt nicht auf die Möglichkeit, einen Vertreter zu bestellen, verwiesen werden könne, setzt sich – aufgrund des dortigen Streitgegenstandes folgerichtig - nicht mit der genannten BSG-Rechtsprechung auseinander. Der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen war aber auch aus anderen Gründen nicht zu folgen. Mit der genannten Regelung nimmt die Beklagte den einzelnen Vertragsarzt in die Verantwortung zur Durchführung des Notfallvertretungsdienstes. Die Regelung enthält inzident die Vermutung, dass, soweit Auswirkungen auf die Praxistätigkeit nicht ersichtlich sind, der Vertragsarzt nicht nur in der Lage ist, seiner Praxistätigkeit nachzukommen, sondern auch geeignet ist, den Notfallvertretungsdienst zu versehen. Fühlt er sich subjektiv hierzu nicht in der Lage, so kann er sich – auf eigene Kosten – vertreten lassen. Führt er dennoch den Notdienst durch, so obliegt es ihm wie bei seiner täglichen vertragsärztlichen Tätigkeit, im Einzelfall zu entscheiden, ob er sich selbst in der Lage sieht, die notwendige Behandlung durchzuführen oder den Patienten zu verweisen, ggf. in stationäre Behandlung. Von daher sieht die Kammer auch kein besonderes Haftungsrisiko durch die genannte Regelung. Letztlich kann durch die genannte Regelung jeder Arzt zur Teilnahme am Notfallvertretungsdienst herangezogen werden, wobei es seiner Entscheidung obliegt, ob er dieser Verpflichtung persönlich oder durch Beauftragung eines Vertreters nachkommt (s. bereits SG Marburg, Urt. v. 18.01.2006 - S 12 KA 49/05 - juris Rdnr. 30).

Im Hinblick auf die weitere Voraussetzung, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung keine wesentliche Auswirkung auf die weitere Tätigkeit haben kann, sieht die Kammer auch keine Benachteiligung gesundheitlich beeinträchtigter Vertragsärzte gegenüber nicht gesundheitlich beeinträchtigten Vertragsärzten (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Regelung stellt wesentlich auf den Status als freiberuflich tätiger Vertragsarzt ab, der als Selbständiger auch Verpflichtungen nachzukommen hat. Soweit er dazu nicht selbst in der Lage ist, wird er nicht unzumutbar mit Kosten belastet. Das wirtschaftliche Junktim stellt sicher, dass er selbst dann, wenn der Notfallvertretungsdienst nicht allein durch die darin vom Vertreter erbrachten Leistungen erbracht werden kann, nur dann mit den zusätzlichen Kosten belastet wird, wenn ansonsten die gesundheitliche Beeinträchtigung ohne Auswirkung auf die übrige Praxistätigkeit ist (s. auch SG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2013 - S 2 KA 392/12 - juris Rdnr. 20 ff.).

Die Kammer sieht auch nach gegenwärtigem Recht keine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin von der Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst und damit auch von der Verpflichtung zur Organisierung eines Vertreters für den Fall ihrer nicht persönlichen Wahrnehmung des Notfalldienstes unter der Auflage der Kostenübernahme für die Vertretung zu befreien. Insbesondere auch die Befreiungsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 6 ÄBDO sind als tatbestandliche Befreiungsvoraussetzungen zu verstehen und nicht als bloße ermessenslenkende Vorschriften. Von daher war der angefochtene Bescheid nicht wegen Ermessensnichtgebrauch zu beanstanden, da bereits die Voraussetzungen für eine Befreiung nach den satzungsrechtlichen Grundlagen nicht vorliegen. Gleichwohl sieht die Kammer keine rechtlichen Hindernisse, den vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Verwaltungspraxis während seiner Tätigkeit in einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung unterbreiten Vorschlag in eine Notdienstordnung zu übernehmen. Die mit zwei Vertragsärzten besetzte Kammer hält es jedenfalls für sinnvoll, dass der insofern auch als Anregung zu verstehende Vorschlag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin von der Beklagten einer eingehenden Prüfung unterzogen wird.

Auswirkungen auf die übrige Praxistätigkeit aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung waren nicht festzustellen.

Die Umsatzzahlen der Klägerin zeigen, dass sie im Jahr 2012 auf Grund ihrer Erkrankung und Operation einen Umsatzrückgang erlitten hat, dass aber seit dem Quartal III/12 der Umsatz wieder ansteigt und im Quartal IV/12 18.773,97 Euro betrug. Gleiches gilt für die Fallzahlen, die im Quartal IV/12 mit 69 Fällen annähernd die bereits im Jahr 2011 erzielten Fallzahlen erreicht. Mit ihren Fallzahlen liegt die Klägerin jedenfalls über denen der Vergleichsgruppe. Die Klägerin hatte im Quartal III/12 eine Fallzahl von 58, die aus 461 Praxen bei 431 Behandlerstellen bestehende Vergleichsgruppe hatte eine Fallzahl im Durchschnitt von 45. Auch unter der Berücksichtigung, dass nicht in allen Praxen eine Zulassung für einen vollen Versorgungsauftrag bestand, lag die Fallzahl der Klägerin über dem Durchschnitt. Entsprechendes gilt für das Quartal IV/12 mit einer Fallzahl der Klägerin von 69 gegenüber 45 der Fachgruppe. Im Übrigen können Fallzahlen bei Psychotherapeuten nur bedingt herangezogen werden, da insb. die Frequenz der Behandlungsstunden und der Umfang der probatorischen Sitzungen die Fallzahlen stark beeinflussen können. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich im Verhältnis des Honorarumsatzes der Klägerin im Vergleich zu dem der Fachgruppe. Nach den von der Beklagten genannten Daten lag das Honorar der Klägerin im Jahr 2011 immer über dem Fachgruppendurchschnitt und war in den Quartalen I und II/12 unterdurchschnittlich und näherte sich im Quartal III/12 bereits dem Durchschnitt an. Ab dem Quartal IV/12 liegt das klägerische Honorar wieder über dem Fachgruppendurchschnitt. Im Quartal I/13 betrug der Umsatz der Praxis 22.323,63 Euro bei 68 Behandlungsfällen. Soweit die Klägerin vorträgt, im Quartal II/13 sei der Umsatz rückläufig, ist nicht erkennbar, dass es sich hierbei um einen gesundheitsbedingten, auf Dauer angelegten Umsatzrückgang handelt.

Ein Anspruch des Vertragsarztes gegen eine KV, bestimmte Arztgruppen generell vom Notdienst zu befreien, besteht bundesrechtlich von vornherein nicht (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - a.a.O., Rdnr. 20). Auch Fachärzte sind einschließlich der ärztlichen Psychotherapeuten zur Teilnahme am Notfalldienst grundsätzlich geeignet (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - a.a.O., Rdnr. 12 m.w.N.; BSG, Urt. v. 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 - BSGE 44, 252, 257 f. = SozR 2200 § 368n Nr. 12; BSG, Urt. v. 19.10.1971 - 6 RKa 24/70 - BSGE 33, 165, 167 = SozR Nr. 3 zu BMV-Ärzte); nicht herangezogen werden können lediglich die Psychologischen Psychotherapeuten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.12.2004 - L 10 KA 5/04 - juris; LSG Niedersachsen, Urt. v. 25.04.2001 - L 3/5 KA 67/99 - juris). Im Hinblick auf deren unterschiedliche Ausbildung und Approbation und unterschiedliche Behandlungsbefugnis kann darin keine Benachteiligung der Klägerin als ärztliche Psychotherapeutin gesehen werden.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Klägerin gesundheitlich beeinträchtigt ist. Aufgrund der nicht zu beanstandenden Notdienstordnung der Beklagten kam es hierauf für die Kammer aber nicht an.

Die Möglichkeit einer Vertreterbestellung ist angesichts der Häufigkeit der Heranziehung zu den Diensten nicht ausgeschlossen oder unzumutbar. Nach Auskunft der Beklagten wird die Klägerin aktuell in einem Zeitraum von neun Monaten (01.04. bis 31.12.2014) einmal zum Hintergrunddienst herangezogen. Die Kammer weist ferner auf die Stundenpauschale für den normalen Notdienst nach § 7 Abs. 1 Buchst. a ÄBDO hin, die das finanzielle Risiko einer Vertreterbestellung wesentlich minimiert, die allerdings nicht für den Hintergrunddienst gilt.

Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher im Hauptantrag abzuweisen.

Aus den genannten Gründen besteht aber auch kein Anspruch auf Neubescheidung. Die Klage war daher im ersten Hilfsantrag gleichfalls abzuweisen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Sprungrevision liegen nicht vor (§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

Nach allem war die Klage daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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