S 12 KA 441/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 441/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 90/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 11 Abs. 1 Satz 1 GEHV in der ab Juli 2011 geltenden Fassung, wonach die Kassenärztliche Vereinigung Hessen berechtigt ist, sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der KV Hessen ausgezahlt werden, für die EHV heranzuziehen, ist nicht zu beanstanden (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 05.11.2014 - S 12 KA 392/13 -).
2. Eine KV-übergreifende Berufsausübungsgemeinschaft ist Beitragsschuldnerin auch für die Umsätze ihrer Gesellschafter, die diese im Rahmen von Sonderverträgen erzielen. Die Beiträge hierfür können auf der Grundlage der gegenüber den Gesellschaftern der Berufsausübungsgemeinschaft mit Praxissitz in Hessen jeweils quartalsweise ergangenen Schätzbescheiden festgesetzt werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Einbehalt in Höhe von insgesamt 41.766,24 EUR für die Erweiterte Honorarverteilung aus dem Umsatz aus Sonderverträgen nach § 11 Abs. 6 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV) für die vier Quartale III/11 bis II/12 im Honorarbescheid für das Quartal II/12.

Die Klägerin ist eine KV-übergreifende Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Praxissitz in A-Stadt, bestehend aus zehn Fachärzten für Orthopädie, die alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Die Gesellschafter Dr. A1 und Dr. A2 haben ihren Praxissitz in ZS.

Die Beklagte setzte gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin mit Praxissitz in Hessen jeweils mit Bescheid vom 11.09.2012 für das Quartal III/11, mit Bescheid vom 24.10.2012 für das Quartal IV/11, mit Bescheid vom 25.10.2012 für das Quartal I/12 und mit Bescheid vom 26.10.2012 für das Quartal II/12 die Umsätze für GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nach § 11 Abs. 6 GEHV im Wege der Schätzung auf jeweils 25.000,00 EUR fest. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies sie, die Quartalswidersprüche verbindend, aber für jeden Vertragsarzt gesondert, mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2013 als unzulässig zurück. Hiergegen haben die Vertragsärzte am 25.07.2013 die Klage zu den Az.: S 12 KA 434 bis 436 und 442 bis 446/13 erhoben, die bis auf das Verfahren des Dr. A3 auf Antrag der Beteiligten zum Ruhen gebracht worden sind.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 28.09.2012 das Honorar der Klägerin für das Quartal II/12 auf 342.962,62 EUR fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich betrug das Honorar 348.847,69 EUR bei 7.748 Behandlungsfällen und einer Honoraranforderung von 466.789,23 EUR. Für die EHV aus Sonderverträgen behielt sie den strittigen Betrag in Höhe von 41.766,24 EUR ein, den sie in der "Übersicht der wichtigsten Eckdaten Ihrer Abrechnung" aufführte. In der arztbezogenen "Arztrechnung" nahm die Beklagte für acht der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (alle außer den außerhalb Hessens zugelassenen Mitgliedern Dr. A2 und Dr. A1 - für letztere erfolgte keine Honorarfestsetzung -, also für Dr. A4., Prof. Dr. A5, Dr. A6, A3, Dr. A7, Dr. A8, A9, Dr. A10) jeweils folgende Festsetzungen "Einbehalt EHV Sonderverträge" vor:

Quartal Einbehaltener Betrag in EUR
III/11 1.250,00
IV/11 1.318,25
I/12 1.322,75
II/12 1.329,78
Gesamt 5.220,78

Im "Nachweis zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gemäß § 5 der Grundsätze der EHV Primärkassen und Ersatzkassen" ging sie von folgenden Rechengrößen aus:
Honoraranforderung gesamt 465.562,47 EUR
Abzüglich vollständig befreite Honoraranteile 0,00 EUR
Verbleibende Honoraranforderung 465.562,47 EUR
Abzüglich berücksichtigungsfähiger Kostenanteil von 13,0853 % 60.920,25 EUR
Verbleibt in die EHV einzubeziehende Honoraranforderung 404.642,22 EUR
EHV-relevante Honorar von der Honoraranforderung 86,91 %

Im Begleitschreiben zur Übersendung der Honorarunterlagen mit Datum vom 12.11.2012 wies die Beklagte darauf hin, dass Einnahmen aus GKV-Leistungen, die nicht über sie abgerechnet werden würden, seit dem Quartal III/11 der EHV unterliegen würden, worüber sie bereits mehrfach informiert habe. Die Belastung der EHV-Abzüge auf die gemeldeten Beiträge bzw. die mit gesonderten Bescheiden mitgeteilten Schätzbeträge erfolge für die Quartale III/11 bis II/12 im Rahmen der Honorarabrechnung II/12. Für die Berechnung des EHV-Abzuges seien jeweils die in dem entsprechenden Melde-Quartal gültige EHV-Belastungsquote herangezogen worden. Der EHV-Abzug auf die Sonderverträge könne arzt- und quartalsbezogen in der Arztrechnung in der Zeile "Einbehalt EHV Sonderverträge vor Q/JJ" nachvollzogen werden. Eine praxisbezogene Summierung führe die Übersicht auf. Ferner erläuterte sie die Abzüge der Verwaltungskosten in diesem Zusammenhang.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2012 Widerspruch ein, den sie auf den Einbehalt der EHV aus Sonderverträgen beschränkte. Zur Begründung verwies sie auf die Widerspruchsgründe, die sie gegen die von der Beklagten vorgenommenen Schätzungen vorgetragen habe. Ergänzend trug sie vor, nach Feststellung des Rechtsanwalts C. bestünden grundsätzliche Zweifel, dass durch ein Landesgesetz eine Erweiterung der Bemessungsgrundlage auf Einkünfte aus Sonderverträgen überhaupt hätte erfolgen dürfen. Es dürften nur die Leistungen einbezogen werden, die nicht mehr über das kassenärztliche System abgerechnet werden würden. Leistungen, die aufgrund fehlender Abrechnungsmöglichkeiten, stationärer Leistungserbringung oder sonstigen Gründen in keinem Fall über die Beklagte hätten abgerechnet werden dürften, könnten nicht bei der Berechnung des Beitrages zur EHV zu Grunde gelegt werden.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Widerspruch gegen den EHV-Abzug aus den Schätzbescheiden bzw. Sonderverträgen könne nicht Gegenstand des vorliegenden Widerspruchsverfahrens sein. Sie verweise auf verschiedene Verfahren. Hierzu werden 32 Aktenzeichen genannt.

Hiergegen hat die Klägerin am 25.07.2013 die Klage erhoben. Sie verweist auf ihre Rechtsfähigkeit als GbR, die durch den Einbehalt in ihren eigenen Rechten verletzt sei. Die Widerspruchsverfahren der Gesellschafter würden eine andere Rechtspersönlichkeit treffen. Es liege ein Begründungsmangel vor. Die Schätzbescheide seien persönlich an die acht Gesellschafter gerichtet gewesen, da sie mit der individuellen Arztnummer versehen gewesen seien. Aber auch aus diesen werde die Höhe des einbehaltenen Honorars nicht ersichtlich. Ihr gegenüber sei kein Schätzbescheid erlassen worden. Die Beklagte hätte die Einzelbeträge bei jedem Gesellschafter persönlich beitreiben müssen. Unabhängig davon halte sie die Schätzbescheide selbst für rechtswidrig. Die Gesellschafter Dr. A1 und Dr. A2 mit Praxissitz in ZS. seien Mitglieder der KV Rheinland-Pfalz und seien nicht verpflichtet, Abgaben an die EHV zu leisten. Auch deshalb sei der Abzug rechtswidrig. Ihre Belastung verstoße gegen das Äquivalenzprinzip. Es würden zwei nicht abgabepflichtige Mitglieder belastet werden. Die Beiträge könnten nicht ihr gegenüber als Berufsausübungsgemeinschaft festgesetzt werden. Eine KV-übergreifende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft sei mit einem Medizinischen Versorgungszentrum nicht vergleichbar. In § 10 GEHV werde eine Berufsausübungsgemeinschaft nicht genannt. Es sei ihr nicht gelungen, durch eine Rückrechnung die EHV-Quoten zu beziffern. Die Einbehalte müssten für jeden Gesellschafter ausgewiesen werden.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 28.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2013 aufzuheben, soweit ein Einbehalt EHV in Höhe von 41.766,24 EUR aus Sonderverträgen vorgenommen wurde, und die Beklagte zu verurteilen, den Betrag von 41.766,24 EUR an sie auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der einbehaltene EHV-Betrag beruhe auf der Grundlage der Schätzbescheide aller acht Betriebsstättenmitglieder für die Quartale III/11 bis II/12. Sie verweise auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und ihr Vorbringen im Verfahren zu Az.: S 12 KA 442/13. Der Honorarbescheid bezeichne eindeutig die einzelnen Abzüge. Im Anschreiben zu den Honorarunterlagen werde ihr Vorgehen erläutert. Sie habe prozentuale EHV-Abzüge von einem Umsatz von jeweils 25.000,00 EUR in Höhe von 5 %, 5,2729 %, 5,2908 % bzw. 5,3191 % vorgenommen, was die abgesetzten Beträge ergebe. Die Schätzbescheide hätten nicht an die Klägerin ergehen müssen. Erst mit dem streitgegenständlichen Honorarbescheid werde eine die Klägerin betreffende Rechtsfolge ausgelöst. Die Umsatzschätzung des jeweiligen Einzelarztes sei zunächst nur eine abstrakte Maßnahme, welche nur diesen belaste. Die Beiträge aufgrund der Einnahmen aus Selektivverträgen seien im Honorarbescheid II/12 für jeden einzelnen Arzt festgesetzt worden. Eine zeitlich vorhergehende oder wiederholende gesonderte Festsetzung der Quote oder des Abzugs sei nicht erfolgt. Die Umsätze aus Sonderverträgen seien vorher nur direkt gegenüber den einzelnen Mitgliedern gesondert festgesetzt worden. Die Klägerin könne über die Honorarbescheide III/11, IV/11 und I/12 die EHV-Quoten ausrechnen, diese wiederum auf dem für das jeweilige Quartal angegebenen EHV-Einbehalt anwenden und durch Rückrechnung den jeweiligen Schätzbetrag ermitteln.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Die Beklagte hat erstmals im angefochtenen Honorarbescheid für das Quartal II/12 verbindlich gegenüber der Klägerin den Einbehalt in Höhe von insgesamt 41.766,24 EUR für die Erweiterte Honorarverteilung aus dem Umsatz aus Sonderverträgen für die vier Quartale III/11 bis II/12 und die Einzelbeiträge für die Mitglieder der Klägerin festgesetzt.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 28.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2013 ist, soweit der Einbehalt EHV in Höhe von 41.766,24 EUR aus Sonderverträgen vorgenommen wurde, rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte war nicht zu verurteilen, den Betrag von 41.766,24 EUR an die Klägerin auszuzahlen.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, weil er insbesondere ausreichend begründet ist. Er ist auch materiell rechtmäßig. Zu Recht geht die Beklagte davon aus, dass die Klägerin Beitragsschuldnerin ist. Die Klägerin wird auch als KV-übergreifende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft nicht benachteiligt. Die Beklagte konnte die strittigen EHV-Beiträge auf der Grundlage der gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin mit Praxissitz in Hessen jeweils quartalsweise ergangenen Schätzbescheide erlassen. Die Höhe des Schätzbetrags war nicht zu beanstanden. Die Satzungsgrundlage und das dieser zugrunde liegende Landesgesetz sind rechtmäßig.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere ist er noch ausreichend begründet.

Einer Begründung bedarf der Honorarbescheid im Hinblick auf § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur hinsichtlich der wesentlichen Faktoren, die für die Berechnung des Honorars wesentlich sind. Die Vorschrift verlangt nicht, schriftliche Verwaltungsakte in allen Einzelheiten zu begründen. Vielmehr sind dem Betroffenen nur die wesentlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dabei richten sich Inhalt und Umfang der notwendigen Begründung nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets und nach den Umständen des einzelnen Falles. Die Begründung braucht sich nicht ausdrücklich mit allen in Betracht kommenden Umständen und Einzelüberlegungen auseinander zu setzen. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß wahrnehmen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals ausführlich darzulegen. Bei Honorarbescheiden dürfen die Anforderungen an die Darlegungen und Berechnungen nicht überspannt werden. Denn bei ihnen kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass sie sich an einen sachkundigen Personenkreis richten, der mit den Abrechnungsvoraussetzungen vertraut ist bzw. zu dessen Pflichten es gehört, über die Grundlagen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen Bescheid zu wissen. Das erlaubt es den KVen, auch hinsichtlich der Honorarberechnung entsprechende Kenntnisse, welche von ihr regelmäßig durch Rundschreiben oder anderweitige Veröffentlichungen unter allen Vertragsärzten verbreitet werden, vorauszusetzen und die Begründung ihrer Honorarbescheide hierauf einzustellen. Im Hinblick hierauf hat es das BSG nicht für erforderlich gehalten, dass eine KV alle für die Festlegung einer Honorarbegrenzungsmaßnahme wesentlichen Umstände, Zahlen und Beträge im Einzelnen im Bescheid aufführt; es reicht vielmehr aus, wenn sich der für die Berechnung maßgebliche Rechenvorgang aus dem HVM ergibt (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 32 f. m. w. N.). Diese Grundsätze gelten auch für die Festsetzung eines EHV-Einbehalts.

Diesen Anforderungen wird die Begründung des angefochtenen Honorarbescheids nur annähernd gerecht. Der Honorarbescheid enthält die für die Berechnung des EHV-Einbehalts maßgebliche - quartalsbezogene - EHV-Quote nicht. Auch werden die maßgeblichen Vergütungen aus den Sonderverträgen weder insgesamt noch quartalsbezogen genannt. Gegenüber der Klägerin als Schuldnerin der Einbehalte sind die Umsätze und Einbehalte quartalsbezogen darzustellen. Die quartalsbezogenen Einbehalte können allerdings durch Addition der Festsetzungen innerhalb der Arztrechnung ermittelt werden, so dass sie noch hinreichend bestimmt sind. Die maßgeblichen Vergütungen können aufgrund der quartalsweise gegenüber den Gesellschaftern ergangenen Bescheide erschlossen werden. Die EHV-Quoten hat die Beklagte öffentlich bekannt gemacht. Es kann aber letztlich dahinstehen, ob die Begründung noch ausreichend ist, da eine erforderliche Begründung nachträglich bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens gegeben werden kann (§ 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X) und die Beklagte im Gerichtsverfahren weitere Angaben gemacht hat. Ferner kann wegen eines Begründungsmangels allein die Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 42 Satz 1 SGB X). Hier aber sind die Abzüge aus der Multiplikation der Vergütungen aus Sonderverträgen mit der EHV-Quote zu berechnen, so dass der Beklagten keinerlei Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zukommt. Von daher handelt es sich um eine gebundene Verwaltung und kann ausgeschlossen werden, dass ein Begründungsmangel die strittige Festsetzung beeinflusst hat.

Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Festsetzung der EHV-relevanten Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen sind die Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, gültig ab: 01.07.2006 und in der geänderten Fassung ab Juli 2011 (im Folgenden: GEHV). Danach nimmt jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen auch im Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV). Die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel werden durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannt durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor zu quotieren. Die Quotierung durch den Nachhaltigkeitsfaktor darf die EHV-Ansprüche um bis zu maximal 20 % mindern. Soweit der Nachhaltigkeitsfaktor einen Wert von weniger als 80% der EHV-Ansprüche erreicht, wird die Belastungsgrenze der aktiven Vertragsärzte nach Satz 2 ausnahmsweise soweit erhöht, dass die Ansprüche bis zur Höhe von 80 % bedient werden können. Die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung nach Satz 2 dürfen in diesem Fall aber einen Wert von 6 % nicht überschreiten. Soweit die quotenmäßige Belastung der Punktwerte den Wert von 6 % überschreitet, erfolgt eine weitere Absenkung des Nachhaltigkeitsfaktors (§ 8 Abs. 1 Satz 1 bis 8 GEHV).

§ 11 GEHV "Ergänzende Bestimmungen zur Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung" lautet wie folgt:

(1) Zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung werden ergänzend zu der Quotierung der Gesamtvergütung nach § 8 (1) GEHV sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, herangezogen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung.
(2) Die auf ein Quartal entfallenden Einnahmen von Vertragsärzten aus Umsätzen ärztlicher Tätigkeit nach Abs. 1 werden mit der nach § 8 Abs. 2 für das entsprechende Quartal errechneten Quote rechnerisch belastet und zur Finanzierung der EHV herangezogen. Dieser Finanzierungsbeitrag ist bei der Auszahlung des Quartalshonorars aus der Gesamtvergütung einzubehalten. Rechnet der jeweilige Vertragsarzt im Quartal weniger Honorar über die KVH ab, als sein Finanzierungsbeitrag zur EHV aus Sonderverträgen nach dieser Vorschrift beträgt, ist er verpflichtet den nicht verrechenbaren Betrag unverzüglich nach Erhalt eines entsprechenden Zahlungsbescheides an die KVH zu zahlen.
(3) Der sich aus Abs. 2 insgesamt ergebende Finanzierungsbetrag aus allen Einnahmen aus Sonderverträgen wird zu der nach § 8 Abs. 1 GEHV errechneten Quote hinzugerechnet. Dies geschieht in der Weise, dass, wenn die Quote nicht ausreichend ist, um alle EHV-Ansprüche zu finanzieren, die zusätzlichen Finanzierungsmittel zunächst zu verwenden sind, um die Quotierung der Ansprüche über den Nachhaltigkeitsfaktor zu reduzieren. Sollte durch die zusätzlichen Finanzierungsmittel der Nachhaltigkeitsfaktor 1,0 betragen und weitere Mittel unverbraucht sein, werden diese unverbrauchten Restbeträge in der Weise verteilt, dass der sich rechnerisch ergebende Faktor größer 1 dann tatsächlich zur Berechnung des Auszahlungsbetrages zugrunde gelegt wird.
(4) Die Vertragsärzte, die nach diesem Paragrafen zur Finanzierung der EHV über die Einbeziehung von Leistungen aus Sonderverträgen einen Finanzierungsbeitrag leisten, erhalten für jedes Quartal des zusätzlichen Finanzierungsbeitrages eine Punktegutschrift in entsprechender Anwendung der Vorschriften des § 3 GEHV.
(5) Bei der Berechnung des zusätzlichen Finanzierungsbeitrages nach Abs. 2 und der Punktegutschrift nach Abs. 4 sind alle Betriebskosten in entsprechender Anwendung des § 5 GEHV zu berücksichtigen. Soweit eine Anwendung der Kostenermittlung nach § 5 nicht in Betracht kommt, weil im Rahmen der sondervertraglichen Vergütung nicht ausschließlich Gebührenordnungsnummern des EBM abgerechnet werden oder die Vertragsinhalte der KVH nicht bekannt sind, können stattdessen pauschale EBM-analoge Berechnungsverfahren angewendet werden. Über die hierfür zu verwendende geeignete Datenbasis entscheidet der Vorstand im Benehmen mit dem Beratenden Fachausschuss EHV und betroffenen Vertretern der Vertreterversammlung.
(6) Die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind verpflichtet, den Umsatz, den sie aufgrund der Abrechnung für Leistungen nach Abs. 1 erhalten, gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen nach Abschluss eines Quartals offenzulegen, abzüglich der Kosten und Honorare, die weiteren Selektivvertragsteilnehmern zu zahlen sind, wenn nur ein Gesamthonorar zur Auszahlung kommt. Sofern sie dieser Verpflichtung nicht innerhalb von drei Monaten nach Ende eines Quartals nachkommen, ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen befugt, die Vergütung für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbracht hat und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt wurden, zu schätzen. Eine Schätzung ist auch möglich, wenn Angaben nicht plausibel oder vollständig sind. Diese Schätzung wird gegenüber dem Vertragsarzt festgesetzt. Der Nachweis des Umsatzes, sofern er sich nicht aus den vorliegenden Verträgen und/oder der Summen- und Leistungsstatistik ergibt, ist durch eine Bescheinigung eines angehörenden der steuerberatenden Berufe zu führen.
(7) Gegen diese Festsetzung ist binnen eines Monats gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären. Als vollständig gelten Unterlagen nur, wenn aus ihnen abschließend erkennbar ist, dass es sich bei den angegebenen Vergütungen um alle Vergütungen aus Sonderverträgen handelt.

Danach ist die Beklagte berechtigt, sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, für die EHV heranzuziehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GEHV), und zwar mit derselben EHV-Quote wie die von der Beklagten abgerechneten Honorarumsätze.

Zu Recht geht die Beklagte davon aus, dass die Klägerin Beitragsschuldnerin ist.

Für die berufliche Kooperation im Status der Berufsausübungsgemeinschaft bzw. Gemeinschaftspraxis i. S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte ist kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebietes oder ähnlicher Fachgebiete zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschließen, wobei - über die gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Personal hinaus - die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten und die gemeinschaftliche Karteiführung und Abrechnung in den Vordergrund treten. Einen Schwerpunkt bildet die Zusammenarbeit zur gemeinsamen Einnahmenerzielung. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis ist neben einer Beteiligung der Partner an den Investitionen und Kosten der Praxis grundsätzlich auch eine Beteiligung am immateriellen Wert der Praxis (dem "Goodwill") erforderlich, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall unterschiedlich sein kann. Diese Form der Zusammenarbeit bedarf vorheriger Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (§ 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV) (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R - SozR 4-5520 § 33 Nr. 6 = BSGE 96, 99 = ZMGR 2006, 148 = NZS 2006, 544 = GesR 2006, 450 = MedR 2006, 611 = Breith 2007, 185, juris Rdnr. 14 f. m.w.N.). Die Klägerin ist als Berufsausübungsgemeinschaft damit alleinige Inhaberin des Honoraranspruchs und werden ihr die Beiträge zur EHV abgezogen (für ein MVZ s. BSG, Urt. v. 19.02.2014 B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 28 ff.). Entsprechend werden die für die Finanzierung der EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GEHV), also nicht durch Beitragsfestsetzung gegenüber jedem Vertragsarzt oder angestelltem Arzt, der durch die Quotierung eine Anwartschaft im Rahmen der EHV erwirbt. Dies gilt entsprechend für die Vergütungen aus den sog. Selektiv- bzw. Sonderverträgen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GEHV), weshalb die Beklagte zutreffend auf diese - hier geschätzten - Vergütungen die jeweiligen quartalsbezogenen EHV-Quoten zur Berechnung der weiteren EHV-Abzüge angewandt hat.

Die Klägerin wird auch als KV-übergreifende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft nicht benachteiligt. Für die Gesellschafter, die außerhalb des Bezirks der Beklagten ihren Vertragsarztsitz haben, werden Beiträge zur EHV nicht erhoben. Soweit die Berufsausübungsgemeinschaft herangezogen wird, werden nur die Honoraranteile veranlagt, die den hessischen Mitgliedern zuzurechnen sind. Allein der Umstand der Bildung einer KV-übergreifenden überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft kann nicht dazu führen, dass die GEHV nicht zur Anwendung gelangt. Eine Benachteiligung der Klägerin vermochte die Kammer darin nicht zu erkennen.

Soweit die Beklagte neben der Festsetzung gegenüber der Klägerin im Honorarbescheid in der Rubrik "Übersicht über die wichtigsten Eckdaten Ihrer Abrechnung" auch innerhalb der Rubrik "Arztrechnung" vorgenommen hat, beruht dies letztlich darauf, dass die Anwartschaft und der spätere EHV-Anspruch arztbezogen zu ermitteln ist, da nicht die hier klagende - Berufsausübungsgemeinschaft, sondern jeder innerhalb dieser tätige Vertragsarzt (bzw. angestellte Arzt) Teilnehmer an der EHV werden kann (§§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 3 GEHV).

Soweit die Beklagte die Festsetzung der EHV-Abzüge in mehreren Teilakten, nämlich arztbezogen vornimmt bzw. nur für vier Quartale zusammen, ist dies nicht zu beanstanden. Zweifellos erfolgte dadurch eine bestimmte und verbindliche Festsetzung. Im Übrigen können die quartalsbezogenen Festsetzungen durch die Addition der arzt- und quartalsbezogenen Festsetzungen bzw. hier durch Multiplikation einer einzelnen arztbezogenen Festsetzung mit dem Faktor 8, da alle arztbezogenen Festsetzungen in gleicher Höhe erfolgten, leicht ermittelt werden. Die quartalsbezogenen Festsetzungen gegenüber der Klägerin belaufen sich auf folgende Beiträge:

Quartal Einbehaltener Betrag arztbezogen in EUR Einbehaltener Betrag gegenüber der Klägerin in EUR
III/11 1.250,00 10.000,00
IV/11 1.318,25 10.546,00
I/12 1.322,75 10.582,00
II/12 1.329,78 10.638,24
Gesamt 5.220,78 41.766,24

Die Beklagte konnte die strittigen EHV-Beiträge auf der Grundlage der gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin mit Praxissitz in Hessen jeweils quartalsweise ergangenen Schätzbescheide erlassen. Auf deren Rechtmäßigkeit kommt es nicht an, da sie wirksam erlassen wurden. Diese Schätzbescheide entfalten Drittwirkung gegenüber der Klägerin.

Auskunftspflichtig nach § 11 Abs. 6 Satz 1 GEHV ist der einzelne Vertragsarzt und nicht die evtl. bestehende Berufsausübungsgemeinschaft. Ihm gegenüber ist die Beklagte bei fehlender oder unzureichender Auskunft befugt, eine Schätzung vorzunehmen und den Schätzbescheid zu erlassen. Das ist insofern konsequent, als Vertragspartner eines Sondervertrags nicht zwingend die Berufsausübungsgemeinschaft wird, sondern u. U. der einzelne Vertragsarzt selbst. Dieser tritt einem Hausarztvertrag bei bzw. unter weiteren Voraussetzungen kann u. U. auch mit ihm ein Hausarztarztvertrag geschlossen werden (§ 73b Abs. 5 SGB V). Verträge zur besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung und zur integrierten Versorgung können ebf. mit einzelnen Vertragsärzten geschlossen werden (§ 73c Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 140b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Andererseits sind zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung ergänzend zu der Quotierung der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen aus den Sonderverträgen heranzuziehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GEHV). Schuldner dieser Leistung kann aber als der gegenüber der Beklagten auftretende Leistungserbringer nur die Berufsausübungsgemeinschaft sein, auch wenn der einzelne Arzt und nicht die Berufsausübungsgemeinschaft oder ein MVZ die Anwartschaft auf spätere Teilnahme an der EHV erwirbt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV), da die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt werden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GEHV). Die Heranziehung sämtlicher Vergütungen aus den Sonderverträgen zu der Quotierung der Gesamtvergütung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GEHV bedeutet demnach, dass die auf die einzelnen Gesellschafter einer Berufsausübungsgemeinschaft entfallenden weiteren Einnahmen dem der EHV unterliegenden Honorar der Berufsausübungsgemeinschaft - fiktiv - hinzugerechnet werden. Von daher entfalten die Festsetzungen über den Umfang dieser Einnahmen aus Sonderverträgen Drittwirkung gegenüber der Berufsausübungsgemeinschaft.

Auf die Bestandskraft der Festsetzungen gegenüber den Gesellschaftern einer Berufsausübungsgemeinschaft kommt es nicht an.

Bei der Erweiterten Honorarverteilung nach den GEHV handelt es sich noch um eine Honorarverteilung i. S. d. § 87b SGB V, auch wenn für diese viele Besonderheiten gelten (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 13.07.2011 - L 4 KA 52/10 -, Umdruck S. 6 m.w.N.). Die Berechtigung der Beklagten zur Durchführung der EHV und die Verpflichtung des Vertragsarztes zur Duldung der damit verbundenen Minderung des für ihn geltenden Auszahlungspunktwertes hat das Bundessozialgericht ausdrücklich als integralen Bestandteil des besonderen Status angesehen, unter dem die hessischen Vertragsärzte in der aktiven wie in der inaktiven Phase an der Honorarverteilung teilnehmen (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 115 f.; BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 22). Gerade für die Beitragseinziehung bei den aktiven Vertragsärzten bzw. Leistungserbringern gilt, dass dies Teil der Honorarverteilung ist. Von daher ist § 87b Satz 4 SGB V hier anwendbar, wonach Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie gegen deren Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung haben. Dies gilt auch für Festsetzungen der Einnahmen aus Sonderverträgen, die der EHV unterworfen werden. Von daher kommt es nicht darauf an, ob der Widerspruch der Klägerin gegen die Festsetzung der EHV-Beiträge auch als Widerspruch gegen die Schätzbescheide gegenüber ihren Gesellschaftern zu werten ist oder ob die Widerspruchseinlegung der Gesellschafter gegen die Schätzbescheide aufschiebende Wirkung auch gegenüber der Klägerin entfaltet.

Im Übrigen konnte die Beklagte die Schätzbescheide in der Höhe der von ihr auf 25.000,00 EUR geschätzten Durchschnittseinnahmen festsetzen. Die Satzung ermächtigt die Beklagte bei fehlenden Angaben des Arztes zur Schätzung. Die Beklagte hat nunmehr im Verfahren eines der Gesellschafter der Klägerin zum Az.: S 12 KA 442/13 den Umfang der Einnahmen aus Sonderverträgen angegeben und hierzu weitere Unterlagen vorgelegt. Danach ist von folgenden Einnahmen (Angaben in EUR) auszugehen:

Quartal III/11 IV/11 I/12 II/12
Gesamtsumme 11.313.339,05 10.148.049,42 11.504.895,80 10.263.640,20
Summe Schätzbescheide 4.600.000,00 2.818.750,00 3.756.250,00 3.493.750,00
Summe Meldungen ) 0 EUR 6.713.339,05 7.329.299,42 7.748.645,80 6.789.890,20
Anzahl Ärzte 820 923
Obere 30 % 6.175.175,00 7.089.907,80
Anzahl Ärzte 246 277
Durchschnitt 25.102,34 25.595,34

Bei ihrer Schätzung konnte die Beklagte von den Durchschnittseinnahmen auf der Grundlage der oberen 30 % der gemeldeten Umsätze ausgehen, da zu Recht vermutet werden kann, dass derjenige, der seine Umsätze nicht meldet, überdurchschnittliche Umsätze hat und in dieses Drittel fällt. Der Klägerin bzw. ihren Gesellschaftern wäre es ohne weiteres möglich, die Schätzgröße durch Angabe ihrer tatsächlichen Umsätze zu widerlegen. Als ungefähre Schätzgröße konnte die Beklagte auch von einem einheitlichen Betrag in allen vier streitbefangenen Quartalen ausgehen. Soweit mit dem LSG Hessen davon auszugehen ist, dass bei Schätzungen kein der Gerichtskontrolle entzogener Beurteilungsspielraum besteht, sondern das Gericht die Schätzung selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen hat, was allerdings nicht bedeutet, dass das Gericht nunmehr erneut alle Schätzungsgrundlagen erhebt und eine völlig eigene Schätzung vornimmt, sondern es ausreicht, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu Eigen macht (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 27.08.2014 - L 4 KA 11/13 - unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 14.07.1998 - 11/7 RAr 41/87 - SozR 4100 § 115 Nr. 2, S. 14; BSG, Urt. v. 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 - SozR 3-5550 § 35 Nr. 1 = MedR 1998, 338, juris Rdnr. 28), so konnte die Kammer die Schätzung aus den genannten Gründen nachvollziehen. Insofern kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte die Grundlagen ihrer Schätzung in den Bescheiden gegenüber den Gesellschaftern oder im Bescheid zur Beitragsfestsetzung nicht angegeben hat.

Die Bescheide sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Satzungsgrundlage oder das dieser zugrunde liegende Landesgesetz wegen Verstoßes gegen die Gesetzgebungskompetenz rechtswidrig und damit nichtig wäre. Die Satzungsgrundlage und das dieser zugrunde liegende Landesgesetz sind rechtmäßig.

Das seit 1954 in Hessen bestehende Altersversorgungssystem der Beklagten, das die Altersversorgung der Vertragsärzte - anders als in allen anderen KV-Bezirken - neben dem Versorgungswerk der Ärztekammer Hessen sicherstellt, war in den vergangenen Jahren wiederholt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen, wobei z. T. auch die Gültigkeit und/oder Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlagen bestritten worden sind. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung hat die Ermächtigungsgrundlagen für die EHV dabei immer in allen Instanzen als ausreichend angesehen.

§ 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen v. 22.12.1953 (HessGVBl. 1953, 206) (im Folgenden: KVHG) ist in der bis zum 22.12.2009 geltenden Fassung bundesrechts- und verfassungskonform und also uneingeschränkt wirksam. Nach § 8 Abs. 1 KVHG, sowohl in der alten als auch der gegenwärtig geltenden Fassung,) sorgt die KV Hessen "im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Kassenärzte und Hinterbliebenen von Kassenärzten (seit 2009: ‚ Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten‘). Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden." Bundesgesetzliche Grundlage für die landesrechtliche Vorschrift des § 8 KVHG ist die nach wie vor geltende Regelung des Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.08.1955 (BGBl I 513). Danach bleiben landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt. Diese Vorschrift schützt die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden Versorgungseinrichtungen von Kassen-(heute: Vertrags-)Ärzten. Diese Vorschrift ist ebenfalls verfassungsgemäß (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rdnr. 22 ff.; ausführlich BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, juris Rdnr. 20 bis 64; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde von BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR 3289/08 - nicht zur Entscheidung angenommen; s. a. die Verfassungsbeschwerde gegen die Parallelentscheidung BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 39/07 R - juris, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde von BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschl. v. 15.06.2009 - 1 BvR 3290/08 - ebf. nicht zur Entscheidung angenommen, zitiert nach den Angaben zu den BSG-Entscheidungen in juris). Das Bundessozialgericht hat jüngst nochmals für diese Vorläuferfassung entschieden, dass § 8 KVHG i.V.m. Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR verfassungsgemäß ist, insbesondere eine hinreichend präzise Ermächtigungsgrundlage für den Satzungsgeber enthält, im Rahmen der betroffenen grundrechtlichen Gewährleistungen von Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG einerseits und Art. 14 Abs. 1 GG andererseits Regelungen zu treffen. Die Vorschriften bilden nicht nur mit hinreichender Bestimmtheit eine Grundlage für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch für die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Nach Auffassung des Senats des BSG hat sich gezeigt, dass die Beklagte auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigungen auf (auch) grundlegende Änderungen in der Versorgungsstruktur in Bezug auf die EHV sachgerecht zu reagieren imstande ist. Das betrifft sowohl die 1991 erfolgte Erweiterung der EHV auf Honorare, die für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen über die KV verteilt worden sind, als auch die Entscheidung, die Psychologischen Psychotherapeuten nicht in die EHV einzubeziehen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris Rdnr. 30 ff.).

§ 11 GEHV wurde durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung der KV Hessen in den Sitzungen vom 20.02.2010, 29.05.2010 und 28.08.2010 verabschiedet und gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V vom Hessischen Sozialministerium mit Schreiben vom 10.06.2011 genehmigt und veröffentlicht durch das Mitgliederrundschreiben der Beklagten "EHV Aktuell" vom 06.07.2011. Gründe für eine formelle Rechtswidrigkeit sind derzeit nicht ersichtlich. Soweit der Prozessbevollmächtigte dies in der mündlichen Verhandlung bestritten hat, konnte er dies weder konkretisieren noch substantiieren. Von daher hält es die Kammer gegenwärtig für ausreichend, dass die Beklagte die wirksame Verabschiedung der veröffentlichten Norm durch den Genehmigungsvermerk des Hessischen Sozialministeriums in Kopie vorgelegt hat, obwohl sie im Gerichtsverfahren der Kammer verschiedene Unterlagen zum Normgebungsprozess nicht oder nur unvollständig bzw. mit Schwärzungen versehen in rechtswidriger Weise vorenthalten hat. Die Kammer hat dennoch von einer Durchsetzung ihres Auskunfts- und Vorlageanspruchs abgesehen, weil es letztlich in diesem Verfahren hierauf nicht ankommt und um weiterer Verfahrensverzögerungen zu vermeiden.

§ 11 GEHV mit der Einbeziehung der Honorare aus Selektivverträgen wiederum beruht auf § 8 KVHG in der Fassung des hessischen Landesgesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14.12.2009, GVBl. 2009, Teil I, 662, in Kraft getreten am 23.12.2009.

Danach sorgt die Kassenärztliche Vereinigung Hessen zunächst wie bisher im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten. Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden (Abs. 1). Zur Sicherung der nach Abs. 1 errichteten Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen werden neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, der Erweiterten Honorarverteilung unterworfen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Abs. 2). Die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind verpflichtet, den Umsatz, den sie aufgrund der Abrechnung für Leistungen nach Abs. 2 erhalten, gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen offenzulegen. Sofern sie dieser Verpflichtung nicht innerhalb von drei Monaten nachkommen, ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen befugt, die Vergütung für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbracht hat und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt wurden, zu schätzen. Gegen diese Verfügung ist binnen eines Monats gegen über der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären (Abs. 3). Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen ist berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs. 2 zu regeln. Durch Satzung werden auch die Anforderungen an Form und Inhalt der Offenlegung nach Abs. 3 geregelt (Abs. 4).

Das Gesetz geht zurück auf einen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD vom 09.06.2009 (LTag-Drs. 18/767; zu den eingegangene Stellungnahmen zu der schriftlichen Anhörung s. Ausschussvorlage AFG 18/6, Teil 1 und Teil 2 mit Stand: 26.08.2009, abrufbar über die Parlamentsdatenbank unter http://starweb.hessen.de/starweb/LIS/Pd Eingang.htm), nachdem ein erster Entwurf vom 06.07.2004 (LTag-Drs. 16/2469) im Landtag nach dem Ablehnungsvorschlag des Sozialpolitischen Ausschusses (LTag-Drs. 16/3200) von der Regierungsfraktion CDU abgelehnt worden war (PlPr 16/53 v. 26.11.2004, S. 3621-3626; zur ersten Lesung s. PlPr 16/42 v. 14.07.2004, S. 2786-2789). Im Gesetzentwurf vom 09.06.2009 weist die SPD-Fraktion auf die Verpflichtung zum Abschluss von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V bis zum 30.06.2009 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008, BGBl. I, S. 2426 hin. Hierdurch würden Leistungen, die bisher von zugelassenen Vertragsärzten im System der gesetzlichen Krankenversicherung für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten erbracht worden sind und über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen als Gesamtvergütung abgerechnet wurden, aus diesem Abrechnungskreislauf ausgegliedert werden. Dies führe zu dem Problem, dass aus der Gesamtvergütung herausgebrochene Teile auch nicht ohne weiteres in die Berechnung der Umlage für die EHV zur Deckung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften der Altersversorgung einbezogen werden könnten. Im Ergebnis werde die Bemessungsgrundlage für die EHV deutlich verringert. Deshalb sei eine Änderung des § 8 KVHG dringend erforderlich. Im Hinblick auf die, auch durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Juli 2008 (- B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65) erforderlich gewordene, anstehende Gesamtdiskussion über die Zukunft der EHV stelle die vorgeschlagene Änderung des § 8 KVHG eine Zwischenlösung dar. Die Entscheidung hierüber sollte aber der Gesamtdiskussion vorangestellt werden, da ansonsten eine Erfüllung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften voraussichtlich bereits im Quartal III/09 nicht mehr gewährleistet werden könne. Die Änderung sei auch erforderlich, da das BSG in seinem bereits erwähnten Urteil eine Regelungspflicht des Landesgesetzgebers für die Anpassung der EHV an Änderungen der Vertragslandschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erkannt habe. Gegenüber dem Entwurf wurde in Abs. 2 der Verweis auf Verträge insb. nach §§ 73b und 73c SGB V herausgenommen und es bei der Bezugnahme auf die Vergütung aus Direktverträgen belassen und es wurden ausdrücklich auch Verträge zur Integrierten Versorgung aufgenommen. Die Entwurfsfassung sah in Abs. 3 zunächst neben der Offenlegungspflicht des Arztes einen Auskunftsanspruch der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gegenüber den Krankenkassen über die Vergütungshöhe des einzelnen Arztes vor, was dann durch die Ermächtigung zur Schätzung nach Abs. 3 Satz 2 bis 4 ersetzt wurde. Die Endfassung geht zunächst weitgehend auf den nicht weiter begründeten Änderungsantrag der SPD-Fraktion vom 16.09.2009 (LTag Drs. 18/1104; zu den eingegangene Stellungnahmen zu der schriftlichen Anhörung s. Ausschussvorlage AFG 18/6, Teil 1 mit Stand: 11.11.2009) zurück. Der Ausschuss für Arbeit, Familie und Gesundheit empfahl dann dem Plenum mit den Stimmen der Fraktion der SPD bei Enthaltung der übrigen Fraktionen, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags in zweiter Lesung anzunehmen (LTagDrs. 18/1610 v. 27.11.2009). In einem weiteren, ebf. nicht begründeten Änderungsantrag vom 08.12.2009 (LTag-Drs. 18/1682) schlug die SPD-Fraktion dann die verabschiedete Fassung vor (zur parlamentarischen Beratung s. PlPr 18/14 v. 17.06.2009, S.874-879; 18/29 v. 09.12.2009, S.2085-2087).

Der Landesgesetzgeber hat mit der Neufassung damit von der ihm vom Bundesgesetzgeber eingeräumten Regelungskompetenz Gebrauch gemacht. Das Bundessozialgericht hat wiederholt betont, wovon abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, dass § 8 KVHG a.F. i. V. m. Art.4 § 1 Abs. 2 GKAR nicht nur mit hinreichender Bestimmtheit eine Grundlage für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch für die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung bildet (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rdnr. 24; BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, juris Rdnr. 42 ff.). Dies galt bisher in erster Linie für Änderungen der GEHV seitens der Beklagten, da der Landesgesetzgeber bisher keine Veranlassung sah, die Rechtsgrundlage selbst anzupassen. So hat das BSG auf die 1991 erfolgte Erweiterung der EHV auf Honorare, die für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen über die KV verteilt worden sind als auch auf die Entscheidung, die Psychologischen Psychotherapeuten nicht in die EHV einzubeziehen, hingewiesen (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rdnr. 25). Weiter zu nennen ist die Einbeziehung der MVZ bzw. die bei diesen und bei Vertragsärzten angestellten Ärzte in die EHV (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 8/13 R - juris). Diese Rechtsauffassung gilt erst recht auch für den Landesgesetzgeber (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 01.11.2006 - L 6/7 KA 66/04 - juris Rdnr. 69 und 80 ff.). Soweit deshalb ein entsprechendes Versorgungssystem auf landesgesetzlicher Grundlage bereits eingeführt war, ist auch von einer entsprechenden Kompetenz des Landes zur Weiterentwicklung desselben auszugehen, ohne dass das Land auf den einmal gegebenen Regelungszustand festgelegt sein kann und darf (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 01.11.2006 - L 6/7 KA 66/04 - juris Rdnr. 81). Auch der Landesgesetzgeber ist befugt, Anpassungen auf sich verändernde Versorgungsstrukturen vorzunehmen. Insoweit war die Beklagte als Satzungsgeberin nicht selbst befugt, die Änderungen vorzunehmen, da die hier strittigen Honoraranteile außerhalb des Kompetenzbereichs der Beklagten erzielt werden. Die Notwendigkeit der Anpassungen der EHV ergab sich aus der veränderten Versorgungsstruktur.

Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) v. 26.03.2007, BGBl. I 2007, S. 378, propagierte zur Stärkung bzw. Schaffung von Wettbewerbsstrukturen die Abkehr vom Kollektiv- zum Selektivvertragssystem. Die bereits zuvor bestehende, aber eher bescheidene und wenig angenommene Tendenz des Gesetzgebers, die Vertragskompetenz der Krankenkassen unter Ausschaltung der KVen zur Schaffung neuer Versorgungsstrukturen zu erweitern, wurde erheblich ausgebaut insbesondere durch die §§ 73b, 73c und 73d SGB V in der damaligen Fassung. Die bereits ab 2004 eingeführte hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V wurde nunmehr für alle Krankenkassen obligatorisch als flächendeckende Versorgung. Mit der "Besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung" nach § 73c SGB V können die Krankenkassen fakultativ Verträge mit vertragsärztlichen Leistungserbringern, ihren Gemeinschaften, Managementgesellschaften oder auch den KVen über Versorgungsaufträge, die sowohl die versichertenbezogene gesamte ambulante ärztliche Versorgung als auch einzelne Bereiche der ambulanten ärztlichen Versorgung umfassen, schließen. Die integrierte Versorgung sollte im Hinblick auf eine bevölkerungsbezogene Flächendeckung ausgebaut werden (§ 140a Abs. 1 Satz 2 SGB V). Diese ist insbesondere dann anzunehmen, wenn entweder in einer größeren Region (z. B. mehrerer Stadt- oder Landkreise) die Behandlung einer versorgungsrelevanten Volkskrankheit (z. B. Diabetes, Schlaganfallprävention oder Bandscheibenerkrankungen) umfassend in einer integrierten Versorgung angeboten wird oder in einer auch kleineren Region das gesamte oder ein Großteil des Krankheitsgeschehen der Versicherten in einer integrierten Versorgung ermöglicht wird (vgl. BTDrs. 16/3100, S. 152). Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) v. 15.12.2008, BGBl I, 2426 setzte den Krankenkassen nunmehr eine Frist bis zum 30.6.2009 zum Abschluss von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V. Gleichzeitig wurde der Sicherstellungsauftrag der KVen reduziert (so ausdrücklich § 140a Abs. 1 Satz 3 SGB V und die durch das GKV-WSG eingefügten §§ 73b Abs. 4 Satz 5, 73c Abs. 4 Satz 4 SGB V), ohne den Sicherstellungsgrundsatz der Kassenärztlichen Vereinigungen als Grundsatz (§ 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V) abzuschaffen. Entsprechend ist die Gesamtvergütung zu verringern (§§ 73b Abs. 7, 73c Abs. 6 SGB V).

Von daher ist die Einschätzung des Landesgesetzgebers jedenfalls innerhalb seines Gestaltungsspielraums, hierdurch würden Leistungen, die bisher von zugelassenen Vertragsärzten im System der gesetzlichen Krankenversicherung für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten erbracht und über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen als Gesamtvergütung abgerechnet worden sind, aus diesem Abrechnungskreislauf ausgegliedert werden, was die Probleme der EHV verschärfen könnten, nicht zu beanstanden. Das Bundessozialgericht hat bereits im Jahr 2008 gerade im Hinblick auf die neuen Versorgungsformen darauf hingewiesen, ob solchen strukturellen Umbrüchen allein durch Regelungen auf der Ebene der Honorarverteilung Rechnung getragen werden könne, erscheine fraglich. Insoweit habe indessen das beigeladene Land in diesem Verfahren ausdrücklich seine Verpflichtung bekräftigt, zu reagieren und gesetzliche Regelungen zu entwickeln, auf deren Grundlage die Beklagte in Bezug auf die EHV tätig werden könnte. Bei (unterstellt) grundlegenden Systemverschiebungen erforderlichen notwendigen Anpassungen unterliege es keinem Zweifel, dass bei solchen Veränderungen der Landesgesetzgeber gesetzliche Vorgaben normieren müsste, auf deren Grundlage dann konkretisierende Bestimmungen von der Ärztekammer und/oder in den Regelungen über die (erweiterte) Honorarverteilung zu treffen wären (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - a.a.O. Rdnr. 50 und 52). In einem obiter dictum hat das BSG bisher § 8 KVHG in der Neufassung folgerichtig nicht beanstandet (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - juris Rdnr. 25).

Der Landesgesetzgeber hat auch nicht danach unterschieden, ob es sich bei den Leistungen nach den Sonderverträgen um Leistungen handelt, die vormals über die Beklagte im Rahmen der Teilnahme an der Honorarverteilung handelt. Auch soweit in Sonderverträgen zusätzliche Leistungen vereinbart werden, was im begrenzten Rahmen zulässig ist, handelt es sich um Leistungen "aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung", da die gesetzlichen Krankenkassen immer Kostenträger dieser Leistungen sind und ihr Leistungskatalog den gesetzlichen Vorgaben entsprechen muss. Besondere Kostenstrukturen im Rahmen der Sonderverträge werden durch § 11 Abs. 5 GEHV hinreichend berücksichtigt.

Nach allem war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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