L 10 R 1180/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 734/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1180/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.02.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.

Der am 1956 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Ab 1979 arbeitete er als Fahrer von Tanklastzügen, zunächst im Mineralölhandel seines Vaters, später nach dessen Übernahme durch eine GmbH, deren Geschäftsführung seine Frau innehatte, in deren Betrieb und nach eigenen Angaben in einem Umfang von 60 bis 70 Stunden pro Woche. Der Kläger übte diese Tätigkeit bis 2010, zuletzt in einem verminderten Umfang von noch vier Stunden täglich, aus. Das Unternehmen wurde Anfang August 2010 verkauft. Beim Nachfolger erhielt der Kläger eine Anstellung im telefonischen Verkauf von Brennstoffen. Derzeit ist er vier Stunden täglich tätig (Bl. 213 LSG-Akte).

Im Reha-Entlassungsbericht der Medical P. P. K.-Klinik über die stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Frühjahr 2008 wurde eine schwere depressive Episode diagnostiziert. Der Kläger könne sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer wie auch mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Tages- und Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Empfohlen wurde eine Reduktion der täglichen Arbeitszeit.

Am 06.06.2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B ... Dieser diagnostizierte beim Kläger auf Grundlage einer nervenärztlichen Untersuchung im September 2008 eine depressive Entwicklung bei anhaltender Belastung, daneben einen chronischen Alkoholabusus sowie eine Persönlichkeitsakzentuierung. Er verwies auf eine gewisse Diskrepanz zwischen der im Reha-Entlassungsbericht formulierten Diagnose einer schweren depressiven Episode einerseits und der Therapieempfehlung andererseits, in welcher keinerlei psychopharmakologische Medikation empfohlen wurde. Zum Zeitpunkt der Begutachtung fand weder eine ambulante Psychotherapie noch eine antidepressive Behandlung statt. In Übereinstimmung mit dem Reha-Entlassungsbericht erachtete Dr. B. die zuletzt ausgeübte Tätigkeit wie auch mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr für zumutbar. Dabei sollten Arbeiten mit Nacht- oder Wechselschicht ausgeschlossen bleiben. Bei geregelter Arbeitszeit (i.S. von acht Stunden täglich), so seine Einschätzung, sollten unter Inanspruchnahme ambulanter Behandlungsmöglichkeiten auch für mittelschwere Tätigkeiten ein vollschichtiges Leistungsvermögen erhalten bleiben. Mit Bescheid vom 06.10.2008 sowie Widerspruchsbescheid vom 05.02.2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers, gestützt auf das Gutachten von Dr. B., ab.

Hiergegen hat der Kläger am 19.02.2009 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Das Gericht hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen vernommen. Sowohl der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. wie auch der Hausarzt Dr. R. haben eine quantitative Leistungseinschränkung des Klägers auf Grund der psychischen Beeinträchtigungen angenommen. Das Sozialgericht hat weiterhin den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat beim Kläger, beruhend u.a. auf ambulanten Untersuchungen im November und Dezember 2009, eine mittelschwere depressive Episode sowie eine Anpassungsstörung, daneben einen episodischen Alkoholmissbrauch und HWS- und LWS-Beschwerden ohne Hinweise auf eine radikuläre segmentale Störung diagnostiziert. Dem Kläger könnten auf Grund der depressiven Störung und der damit verbundenen Einschränkung der psychomentalen Belastbarkeit Arbeiten unter Zeitdruck und Stress (wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten), Arbeiten mit hoher geistiger Beanspruchung, die ein vermehrtes Konzentrationsvermögen voraussetzten, sowie Arbeiten mit erhöhter Verantwortung und unter nervlicher Belastung nicht mehr zugemutet werden. Im Übrigen könne er noch sechs Stunden und mehr täglich leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 Kilogramm in wechselnder Körperhaltung unter Beachtung einiger, durch die Wirbelsäulenbeschwerden bedingter Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Die Tätigkeit als Tanklastwagenfahrer entspreche nicht dem positiven Leistungsbild des Klägers. Zwar vermöge er unter Aufwand erheblicher Energie die jetzigen Tätigkeiten noch in einem zeitlichen Umfang von bis zu vier Stunden aufrecht zu erhalten, dies aber nur unter Inkaufnahme einer weiteren Verschlechterung.

Das Sozialgericht hat weiterhin eine fachorthopädische Begutachtung durch Dr. J. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten, beruhend auf einer Untersuchung des Klägers im April 2010, eine minimale Fehlstatik der Wirbelsäule ohne funktionelle Einschränkungen und neurologische Ausfälle, ein Streckdefizit des Mittelgelenks D4 rechts, eine diskrete Dupuytren`sche Kontraktur D3 und D 4 beidseits ohne Funktionseinschränkung der Finger und einen minimalen Reizzustand beider Kniegelenke mit Zustand nach Innenmeniskussanierung beidseits, ohne Funktionseinschränkung der Kniegelenke, festgestellt. Der Kläger könne aus orthopädischer Sicht noch leichte und mittelschwere, zeitweise auch schwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 20 Kilogramm verrichten. Vermieden werden sollten regelmäßige Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung, in Wirbelsäulenzwangshaltung, häufige Tätigkeiten im Knien und in der Hocke sowie regelmäßiges Arbeiten in Kälte und Nässe.

Das Sozialgericht hat weiterhin bei der M.-Klinik für Akutpsychosomatik Bad W. den Entlassungsbericht über die stationäre psychosomatische Akutbehandlung im August und September 2010 beigezogenen. Dort ist bei Diagnose einer depressiven Episode, gegenwärtig mittelgradig, ausgeführt worden, man habe beim Kläger eine gewisse Stärkung und Stabilisierung erreichen können. Der Kläger habe die neu eingeführte Medikation gut vertragen und diese habe ihm einen verbesserten Schlaf ermöglicht.

Mit Urteil vom 24.02.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine dauerhafte Reduzierung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht sei, gestützt auf die Gutachten von Dr. N. und Dr. J. , nicht festzustellen gewesen. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit stehe dem Kläger gleichfalls nicht zu. Die Berufstätigkeit des Klägers als Tanklastwagenfahrer sei ohne entsprechende Berufsausbildung allenfalls dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereiches zuzuordnen, weshalb der Kläger breit verweisbar auf die ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei.

Gegen das dem Kläger am 12.03.2011 zugestellte Urteil hat dieser am 18.03.2011 Berufung eingelegt und geltend gemacht, er sei als Fahrer eines Gefahrguttransporters der oberen Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen, weshalb eine konkrete, ihm noch zumutbare Tätigkeit zu benennen sei. Darüber hinaus könne er selbst leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr regelmäßig sechs Stunden täglich verrichten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.02.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zunächst auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine psychiatrische Fachbegutachtung durch Dr. S. veranlasst. Dieser ist in seinem Gutachten, beruhend auf ambulanten Untersuchungen im Juli und August 2011, u. a. zur Diagnose einer schweren depressiven Episode, einer Dysthymia, eines chronifizierten Schmerzsyndroms und einer somatoformen autonomen Funktionsstörung gelangt. Auf Grund der Schwere der Depression in Kombination mit der chronischen Dysthymia sei dem Kläger auf absehbare Zeit keine Tätigkeit von sechs oder mehr Stunden täglich möglich, unabhängig von der damit verbundenen körperlichen Belastung; dies gelte seit mindestens Januar 2008. Perspektivisch könne der Kläger nach entsprechender Vorbereitung wieder einer bis zu halbschichtigen Tätigkeit nachgehen.

Der Senat hat weiterhin den behandelnden Orthopäden Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen und im Anschluss hieran neuerlich Dr. J. mit der Erstattung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Dr. J. hat, beruhend auf einer Untersuchung im Juli 2013, ergänzend eine leichte Schultereckgelenksarthrose beidseits ohne Reizzustand, eine geringe Fehlstatik der Wirbelsäule und einen geringen Reizzustand nunmehr nur noch des rechten Knies diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm sechs Stunden und mehr verrichten, möglichst im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Vermieden werden sollten wiederkehrende Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltung, wiederkehrende Überkopfarbeiten beidseits, häufige Arbeiten in der Hocke und im Knien sowie Arbeiten in Nässe und Kälte. Es habe sich gegenüber der Begutachtung im April 2010 eine leichte Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingestellt, aus welcher zusätzliche qualitative Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit resultierten.

Der Senat hat zuletzt - nachdem ein zuvor bei Dr. S. eingeholtes Gutachten vom Senat als nicht verwertbar angesehen worden ist - noch eine Begutachtung auf psychiatrischem Gebiet durch Prof. Dr. E. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten, beruhend auf einer Untersuchung im März 2014, beim Kläger eine depressive Episode im Sinne einer chronisch-depressiven Episode oder im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung diagnostiziert. Auf Grund der psychomotorischen Hemmung bzw. Antriebshemmung könne der Kläger einfache Tätigkeiten noch drei bis unter sechs Stunden täglich durchführen; dies ohne Schichttätigkeiten, Übernahme von Verantwortung, geistige Beanspruchung und regelmäßiger Teilnahme am Straßenverkehr. Es handle sich nicht um eine Leistungseinschränkung von Dauer, vielmehr bestehe Aussicht auf Wiederherstellung in absehbarer Zeit. In einer ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige mitgeteilt, es spreche statistisch mehr dafür als dagegen, dass der Kläger innerhalb von sechs Monaten geheilt oder doch deutlich in seinem Gesundheitszustand gebessert werden könne.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2009 ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, gegebenenfalls bei Berufsunfähigkeit. Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB -) für die vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Wie bereits im Ergebnis das Sozialgericht gelangt auch der Senat in Würdigung des Berufungsvorbringens der Beteiligten und der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme zu der Auffassung, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine derartige Rente nicht erfüllt, weil er zum einen - was einen Anspruch nach § 43 SGB VI anbelangt - zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Zu vermeiden sind Arbeiten unter Zeitdruck und Stress (wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten), Arbeiten mit geistiger Beanspruchung, die ein vermehrtes Konzentrationsvermögen voraussetzten, Arbeiten mit Verantwortung, unter nervlicher Belastung, mit regelmäßiger Teilnahme am Straßenverkehr, Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, wiederkehrende Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltung, wiederkehrende Überkopfarbeiten beidseits, häufige Arbeiten in der Hocke und im Knien sowie Arbeiten in Nässe und Kälte, dabei sollten die Arbeiten möglichst im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen erfolgen. Zum anderen - was den geltend gemachten Anspruch nach § 240 SGB VI betrifft - kann er sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle verwiesen werden.

Der Kläger leidet in erster Linie an Erkrankungen auf nervenärztlichem Gebiet, sowie daneben auf orthopädischem Gebiet.

Aus den Erkrankungen auf nervenärztlichem Gebiet folgen - so bereits zutreffend das Sozialgericht in seiner Entscheidung - keine zeitlichen Leistungseinschränkungen. Der Senat folgt der entsprechenden Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. N. , die in Übereinstimmung mit derjenigen von Dr. B. im Verwaltungsverfahren bzw. dem Reha-Entlassungsbericht vom Juli 2008 steht und für die Zeit ab Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. E. dessen Einschätzung. Soweit der Sachverständige Dr. S. zu einer anderen Beurteilung gelangt ist, vermag dies nicht zu überzeugen.

Ganz im Vordergrund steht beim Kläger eine depressive Episode im Sinne einer chronischen depressiven Episode, wobei von einem chronisch-fluktuierenden Verlauf mit unterschiedlicher Ausprägung der Symptome auszugehen ist (so zuletzt Prof. Dr. E. ). Sowohl Dr. B. in seinem Gutachten vom September 2008 im Verwaltungsverfahren wie auch der im Verfahren vor dem Sozialgericht beauftragte Sachverständige Dr. N. kommen - anhand des von ihnen erhobenen Befundes und der von ihnen gestellten Diagnosen ohne weiteres schlüssig und nachvollziehbar - zu einem über sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen (Dr. N.: nicht zumutbar sind Arbeiten unter Zeitdruck und Stress, wie beispielweise Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten sowie Arbeiten, die eine hohe geistige Beanspruchung oder ein vermehrtes Konzentrationsvermögen voraussetzen oder mit erhöhter Verantwortung und nervlicher Belastung einhergehen). Während Dr. B. noch Auffassungsgabe, Konzentrationsvermögen, Merkfähigkeit und Gedächtnis ungestört und keine eigenständige Antriebsstörung fand, hat Dr. N. leichtgradige kognitive Funktionsstörungen in Form von Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Auffassungs- wie auch Gedächtnisstörungen mit zeitweise verlangsamtem Gedankengang festgestellt. Er hat bei dem Kläger eine affektiv ausgeprägte depressive Herabstimmung mit Antriebsdefizit, Freudlosigkeit, Weinerlichkeit, Interesselosigkeit und eingeschränkter Mitschwingungs- und affektiver Modulationsfähigkeit festgestellt. Trotz dieser teilweisen Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers gegenüber dem im Gutachten Dr. B. dargestellten Befund ist die Leistungseinschätzung von Dr. N. schlüssig und nachvollziehbar. Denn wie der Sachverständige sehr detailliert und ausführlich herausgearbeitet hat, ist die zum Zeitpunkt seiner Begutachtung vorhanden gewesene Konfliktsituation und die depressive Störung ganz maßgeblich durch die beruflichen Anforderungen (bzw. Überforderungen) durch die Tätigkeit als Tanklastwagenfahrer mit Arbeitszeiten von 60 bis 70 Stunden wöchentlich bei gleichzeitiger Mitverantwortung für das wirtschaftliche Wohlergehen des der Ehefrau übertragenen Betriebs begründet gewesen. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Kläger trotz der vorgenannten Gesundheitsstörungen zum damaligen Zeitpunkt die Tätigkeit als Tanklastwagenfahrer noch in einem zeitlichen Umfang von bis zu vier Stunden täglich ausgeübt hat. Daher schließt sich der Senat der Einschätzung des Sozialgerichts an, wonach eine quantitative Leistungseinschränkung für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen nicht zu begründen ist. Eine quantitative Leistungseinschränkung ist auch insoweit nicht belegt, als, dokumentiert durch das Gutachten von Dr. S. und nachfolgend Prof. Dr. E. eine Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten ist.

Hierauf hat bereits Dr. H. in seiner von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme hingewiesen. Er hat insbesondere zu Recht ausgeführt, dass sich Dr. S. mit der Annahme eines aufgehobenen Leistungsvermögens bereits seit Januar 2008 in Widerspruch sowohl zur Beurteilung im Reha-Entlassungsbericht als auch zur Beurteilung von Dr. B. setzt, ohne dies hinreichend anhand von Befunden zu begründen. Die von Dr. S. hierzu pauschal gegebene Begründung (langer Krankheitsverlauf, Chronifizierung, zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen, unzureichende Veränderungsfähigkeit) trägt seine Einschätzung nicht. Insbesondere zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen stehen der Annahme bereits zuvor dadurch verursachter Leistungseinschränkungen gerade entgegen. Eine Auseinandersetzung insbesondere mit der Beurteilung von Dr. B. findet nicht statt.

Hinzu kommt, dass die Beurteilung von Dr. S. , insbesondere was den Ausprägungsgrad der unstreitig beim Kläger vorhandenen depressiven Erkrankung anbelangt, wesentlich auf den Ergebnissen der von ihm durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen und damit auf den subjektiven Angaben des Klägers beruht. Dem gegenüber lässt der von Dr. S. erhobene psychopathologische Befund keine derart gravierenden Einschränkungen erkennen, die die Beurteilung des Sachverständigen - aufgehobenes Leistungsvermögen - nachvollziehbar machen würde. So hat Dr. S. in den kognitiven Fähigkeiten des Klägers (Aufmerksamkeit, Auffassung, Konzentration, Gedächtnis) nur leichte Defizite festgestellt. Den formalen Gedankengang hat er zwar als etwas umständlich und weitschweifig beschrieben, dann aber als inhaltlich unauffällig und ausreichend gut eingrenzbar. Der beschriebene reduzierte Antrieb findet sich auch im Gutachten von Dr. N. und von Prof. Dr. E. , zu Zeitpunkten, zu denen der Kläger tatsächlich berufstätig war, im Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. N. noch als Tanklastwagenfahrer, im Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. E. halbtags am Telefon. Damit ist die Leistungsbeurteilung von Dr. S. für den Senat nicht überzeugend.

Der Sachverständige Prof. Dr. E. hat beim Kläger eine depressive Episode mit überwiegend mittelschwerer Ausprägung der einzelnen Symptome diagnostiziert. Es hat sich bei der Begutachtung eine leicht verlangsamte Auffassungsgabe und verminderte Konzentrationsfähigkeit, eine eingeschränkte affektive Schwingungsfähigkeit mit einem deprimiert ausgelegten Affekt, ein bei Energie- und Lustlosigkeit verminderter Antrieb und eine psychomotorische Hemmung mit dem Gefühl der Verlangsamung und des Widerstandes gegen intendierte Tätigkeiten gezeigt. Der Sachverständige hat indes keine schwere psychomotorische Antriebshemmung und keinen starren, tiefentraurigen Affekt festgestellt. Auf Grund der festgestellten psychomotorischen Hemmung sind - so Prof. Dr. E. - dem Energieniveau des Klägers derzeit körperlich begründbare Grenzen gesetzt. Die allen Tätigkeiten zu Grunde liegende psychische Energie ist derzeit reduziert, was sich in einer Verlangsamung und einem vorschnellen Abbruch von Tätigkeiten äußert. Aus dieser psychomotorischen Hemmung heraus resultiert - so nachvollziehbar der Sachverständige - derzeit eine quantitative Leistungseinschränkung; dem Kläger sind danach leichte körperliche Arbeiten unter den von Dr. N. bereits benannten qualitativen Einschränkungen sowie zusätzlich unter Vermeidung einer regelmäßigen Teilnahme am Straßenverkehr nur noch drei bis vier Stunden täglich möglich. Allerdings - so Prof. Dr. E. - kommt weder den genannten Leistungseinschränkungen noch den Befunden Dauercharakter zu. Vielmehr handelt es sich um einen vorübergehenden Zustand mit Aussicht auf Wiederherstellung in absehbarer Zeit. So nimmt der Kläger derzeit - so seine Angaben gegenüber dem Sachverständigen - keine Medikamente ein. Eine solche psychopharmakologische Therapie ist indes für die Genesung wesentlich und führt - wie Prof. Dr. E. überzeugend dargelegt hat - in der deutlichen Mehrzahl der Fälle zum Erfolg. Vor diesem Hintergrund kommt der Sachverständige auch für den Senat nachvollziehbar zum Ergebnis, dass bei einer gebotenen pharmakologischen Therapie innerhalb von sechs Monaten eine Heilung oder doch deutliche Besserung des Gesundheitszustands des Klägers zu erwarten ist.

Soweit dem gegenüber Dr. S. eine Besserungsaussicht mit der Begründung eines aus seiner Sicht langen Krankheitsverlaufs mit unzureichenden Behandlungserfolgen und behaupteter testpsychologisch erwiesener unzureichender Veränderungsfähigkeit des Klägers verneint, vermag dies nicht zu überzeugen. So wies bereits Dr. B. in seinem Gutachten vom September 2008 darauf hin, dass die bei Entlassung aus der Reha-Maßnahme angeratene Psychotherapie ohne gleichzeitige psychopharmakologische Medikation keine suffiziente antidepressive Behandlung darstellte. Zwar hat dann Dr. N. in seinem Gutachten über eine stattgehabte Behandlung mit Antidepressiva berichtet; zu diesem Zeitpunkt hat der Sachverständige gegenüber dem Entlassungsbericht auch einen besseren psychischen Befund erheben können und ist folgerichtig zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen gelangt. Bemerkenswerterweise ist dann im Bericht der M.-Klinik vom September 2010 über eine Wiederaufnahme einer Medikation mit dem Medikament Mirtazapin berichtet worden. Der Kläger hat danach die Medikation gut vertragen und mit einem verbesserten Schlaf hiervon profitiert. Im Ergebnis - so der Arztbericht - hat der Kläger durch die Behandlung eine Stärkung und Stabilisierung erfahren. Dabei ist zu bedenken, dass Prof. Dr. E. diese neu aufgenommene Medikation in ihrer Dosierung (30 mg Mirtazapin) als nicht ausreichend beurteilt hat. Diese Entwicklung spricht für die Einschätzung von Prof. Dr. E ... Gegenüber Dr. S. hat der Kläger wiederum mitgeteilt, er habe zwar über einen längeren Zeitraum Mirtazapin eingenommen, mittlerweile nehme er aber keine Medikamente mehr ein. Somit hat sich der Kläger bei Untersuchung durch Prof. Dr. E. letztlich wieder in einem unbehandelten "Akutstadium" befunden gekennzeichnet durch eine fehlende pharmakologische und insuffiziente nervenfachärztliche Behandlung, wobei schon die Aufnahme einer suffizienten medikamentösen Behandlung indes in weniger als sechs Monaten einen guten Erfolg erwarten lässt. Eine quantitative Leistungsminderung liegt damit auch unter Berücksichtigung des von Prof. Dr. E. erhobenen Leistungsvermögen nicht vor. Denn die durch eine psychische Störung bedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit muss voraussichtlich auf längere Dauer, d. h. länger als sechs Monate vorliegen. Seelisch bedingte Störungen scheiden für die Begründung einer Erwerbsminderung aus, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe (BSG, Urteil vom 21.10.1969, 11 RA 219/66 in SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO) sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann (BSG, Urteil vom 01.07.1964, 11/1 RA 158/61 in SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO), wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (BSG a.a.O.). Dies ist hier nach den vorstehenden Darlegungen von Prof. Dr. E. der Fall.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem von Dr. S. angenommenen Schmerzsyndrom. Ein solches chronisches Schmerzsyndrom hat einzig Dr. S. angenommen, wohin gegen Dr. B. und Dr. N. eine solche Diagnose schon nicht gestellt haben. Ebenso verweist auch Prof. Dr. E. darauf, dass eine vermehrte Schmerzwahrnehmung beim Kläger - so denn eine solche vorläge - als Bestandteil eines depressiven Syndroms aufzufassen wäre und kein unabhängiges Schmerzsyndrom darstellen würde. Einen entsprechenden Befund hat Prof. Dr. E. indes schon nicht erhoben. Letztlich kann die Klärung dieser Frage dahinstehen. Auch Dr. S. hat dem chronischen Schmerzsyndrom keine Relevanz für die von ihm angenommene Leistungseinschränkung zuerkannt. Er hat vielmehr sowohl die quantitativen wie aber auch die qualitativen Leistungseinschränkungen aus der Schwere der Depression in Kombination mit der von ihm angenommenen chronischen Dysthymia abgeleitet.

Der Senat hält das weiterhin eingeholte Gutachten des Dr. S. vom März 2013 nicht für verwertbar. Grund hierfür ist, dass der Sachverständige in einem Schreiben an den Senat eingeräumt hat, den Namen des Klägers mit dem Namen eines von ihm gleichzeitig zu Begutachtenden verwechselt zu haben. Angesichts dessen und dem Umstand, dass zwischen der Untersuchung des Klägers am 13.08.2012 und der Erstellung des Gutachtens am 08.03.2013 eine Zeitspanne von annähernd sieben Monaten liegt, bestehen für den Senat ganz erhebliche Zweifel, ob sich der Sachverständige bei Erstellung seines Gutachtens über die Identität der zu begutachtenden Person noch sicher gewesen ist. Dieses Gutachten kann daher der Beurteilung nicht zu Grunde gelegt werden.

Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich letztlich auch nicht aus den auf orthopädischem Gebiet beklagten Beschwerden. So hat Dr. J. im erstinstanzlichen Verfahren einen weitgehend unauffälligen orthopädischen Befund erhoben mit einem nur minimalen Fehlstatik der Wirbelsäule ohne funktionelle Einschränkung oder neurologische Ausfälle, einem nur minimalen Reizzustand beider Kniegelenke ohne Funktionseinschränkung und einem Streckdefizit des Mittelgelenks D4, rechts mit diskreter Dupuytren`scher Kontraktur D3 und 4 beidseits, wiederum ohne Funktionseinschränkung. Demzufolge hat der Sachverständige noch leichte bis mittelschwere, zeitweise sogar schwere körperliche Tätigkeiten, verbunden mit Heben und Tragen von Lasten bis 20 Kilogramm für zumutbar erachtet. Im Rahmen der auf die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäden Dr. B. vom November 2011 über eine Lumbago bei Bandscheibenvorfall L4/5 und degenerativen Veränderungen und die ergänzende Mitteilung vom April 2013 über einen unveränderten Zustand hin veranlasste weitere orthopädische Begutachtung durch Dr. J. hat dieser eine leichte Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers im Hinblick auf seine ursprüngliche Begutachtung festgestellt, aus der zusätzliche qualitative Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit resultieren. So hat er beim Kläger jetzt eine geringe Fehlstatik der Wirbelsäule ohne Funktionseinschränkung und ohne neurologische Ausfälle, eine leichte Schultereckgelenksarthrose beidseits ohne Reizzustand, weiterhin ein diskretes Streckdefizit in den Mittelgelenken D4 beidseits mit leichter Dupuytren`scher Kontraktur D3 und D4 beidseits ohne Funktionseinschränkung der Finger, einen geringen Reizzustand des rechten Kniegelenks bei objektivierten Knorpelschäden, ein Retropatellarsyndrom beidseits sowie einen geringen Spreizfuß beidseits diagnostiziert. Auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde ist der Sachverständige für den Senat nachvollziehbar zu weitergehenden qualitativen Einschränkungen, resultierend aus den Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere der Lendenwirbelsäule, sowie im Bereich des rechten Kniegelenkes, gelangt: Danach kann der Kläger aus orthopädischer Sicht (nur) noch leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm, möglichst im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, verrichten; zu vermeiden sind wiederkehrende Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltungen, wiederkehrende Überkopfarbeiten beidseits, häufige Arbeiten in der Hocke und im Knien sowie Arbeiten in Nässe und Kälte. Ebenso schlüssig und nachvollziehbar ist der Sachverständige zum Ergebnis gelangt, dass mit diesen qualitativen Leistungseinschränkungen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet ausreichend Rechnung getragen werden kann und quantitative Leistungseinschränkungen anhand des erhobenen Befundes nicht gerechtfertigt werden können.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Wie das Sozialgericht unter Darstellung der rechtlichen Grundlagen einer solchen Rente zutreffend ausgeführt hat, ist für die Frage von Berufsunfähigkeit auf die zuletzt vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Tanklastwagenfahrer abzustellen.

Diesen Beruf kann der Kläger nicht mehr ausüben. Hiermit ist er aber noch nicht berufsunfähig. Dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn es auch keine andere Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.

Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30.09.1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).

Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.

Soweit der Kläger als Tanklastwagenfahrer tätig war, kann er den Anforderungen dieser Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gerecht werden.

Der Senat hält es schon für zweifelhaft, dass die vom Kläger verrichtete Tätigkeit als Tanklastwagenfahrer - ohne die vorgeschriebene zweijährige Ausbildung als Berufskraftfahrer nach alter Rechtslage bzw. die nun vorgeschriebene dreijährige Ausbildung durchlaufen zu haben - überhaupt dem Ausbildungsberufsbild des Berufskraftfahrers entsprach. Die Angaben, die der Kläger im Rahmen der Berufsanamnese gegenüber den Sachverständigen gemacht hat, weisen ihn als Kraftfahrer von Tankfahrzeugen aus, der Kunden mit Heizöl zu beliefern hatte. Mit diesem einseitigen Tätigkeitsbild ist schon fraglich, ob die Anforderungen eines oberen Anlernberufs bzw. gar eines Facharbeiterberufs erfüllt werden. Letztlich kann dies dahin gestellt bleiben. Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers diese Tätigkeit der genannten dritten Stufe nach dem Mehrstufenschema zuordnen wollte, so ist er nicht berufsunfähig.

Denn er kann sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle verwiesen werden, die - wie der Senat mit Urteil vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 bereits auf der Grundlage des dort beim Sachverständigen Metzger eingeholten berufskundlichen Gutachtens mit ergänzender Stellungnahme und der Entlohnung einer solchen Tätigkeit, so der Sachverständige, nach der Vergütungsgruppe VIII des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) entschieden hat - eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit darstellt. Entsprechende Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden (Urteil des Senats vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 im Anschluss an den Sachverständigen Metzger; Urteil des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2012, L 13 R 4924/09 - juris - auf der Grundlage umfangreicher Auskünfte von Arbeitgebern im Bereich des öffentlichen Dienstes, von gesetzlichen Krankenkassen, von privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen).

Nach dem BAT wird der Mitarbeiter in der Poststelle in Vergütungsgruppe VIII BAT - so der genannte Sachverständige - eingestuft. Bei der Vergütungsgruppe VIII BAT handelt es sich um Tätigkeiten für Angelernte und damit um eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit (BSG, Urteil vom 27.11.1991, 5 RJ 91/89). Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), des Bundes (TV-Bund) und für die Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber (TV-VKA) zunächst nichts geändert, weil eine die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT ersetzende Regelung zunächst nicht vereinbart worden ist. Dies gilt für die Beschäftigen des Bundes und der Kommunen auch derzeit. Für die Beschäftigten der Länder ist am 01.01.2012 die Entgeltordnung der Länder (Anlage A zum TV-L) in Kraft getreten. Zwar gilt damit für Beschäftigte des Landes die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT nicht mehr. Indessen ist hierdurch für die Frage der Zumutbarkeit einer Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle keine Änderung eingetreten. Die Vergütungsgruppe VIII BAT (Tätigkeiten schwierigerer Art) entspricht inhaltlich im Wesentlichen der Entgeltgruppe (EG) 3 der neuen Entgeltordnung der Länder, sodass die bisher nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnten Beschäftigten - und damit auch der Mitarbeiter in der Poststelle - nach EG 3 entlohnt werden. Dies haben die Ermittlungen des 13. Senats im genannten Verfahren L 13 R 4924/09 bestätigt, s. Urteil vom 25.09.2012, a.a.O.

Ebenso wie Tätigkeiten, die nach Vergütungsgruppe VIII BAT entlohnt werden, sind Tätigkeiten nach EG 3 der Entgeltordnung der Länder einem Facharbeiter sozial zumutbar (Urteil des Senats vom 13.12.2012, L 10 R 1162/09; Urteil des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2012, a.a.O.). Nach Teil I "Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst" dieser Entgeltordnung erfasst die EG 3 Tätigkeiten, die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erfordern, die über eine Einarbeitung i.S. der EG 2 (= einfache Tätigkeiten) hinausgeht. Wie bei Vergütungsgruppe VIII BAT (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.1991, 5 RJ 34/90 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17) ist damit eine längere Anlernzeit erforderlich. Demgegenüber gilt die EG 4 für schwierige Tätigkeiten (Nr. 1) und erfasst (EG 4 Nr. 2) auch Tätigkeiten der EG 3, die mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordern; insoweit handelt es sich um früher in BAT VIII Nr. 1b aufgeführte, einen Bewährungsaufstieg nach BAT VII ermöglichende Tätigkeiten. Dies zeigt, dass die Vergütungsgruppe BAT VIII im Wesentlichen der EG 3 entspricht. Entsprechend sehen die Tarifverträge zur Überleitung der Beschäftigten (TVÜ-Länder, TVÜ-Bund, TVÜ-VKA) eine Entlohnung der in Vergütungsgruppe VIII BAT eingruppierten Beschäftigten nach EG 3 bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung vor. Auch die EG 3 der neuen Entgeltordnung der Länder enthält, da sie inhaltlich, also hinsichtlich der qualitativen Anforderungen der Vergütungsgruppe BAT VIII entspricht, somit für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeiten. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass in anderen Bereichen der Entgeltordnung für die Länder die Einstufung nach EG 4 einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfordert. So betrifft die EG 4 nach Teil III "Beschäftigte mit körperlich / handwerklich geprägten Tätigkeiten" und dort Nr. 1 "Allgemeine Tätigkeitsmerkmale" Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als drei Jahren und damit gerade auch Facharbeiter i.S. des oben dargestellten Mehrstufenschemas (mehr als zwei Jahre Ausbildungszeit). Entsprechend sind von der nächst niedrigen tariflichen Entgeltgruppe erfasste Tätigkeiten einem Facharbeiter zumutbar (BSG, Urteil vom 07.10.1987, 4a RJ 91/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 149), hier also jene der EG 3.

Die Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle umfasst (Urteil des Senats vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 im Anschluss an den Sachverständigen Metzger; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15.04.2011, L 5 R 331/09 - juris -; zusammenfassend Urteil des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2012, a.a.O.) die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost (Postsäcke, Postkörbe, Pakete, Briefsendungen, u.a.) sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. eines Eingangs-/Weiterleitungsvermerkes, das Anklammern der Anlagen, das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben bereiten Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher. Es handelt es sich hierbei regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssen. Doch sind solche Transporttätigkeiten in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird (Urteil des Senats vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 mit den darin wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen Metzger). Demgemäß ist - was für die Benennung auch als körperlich leichte Verweisungstätigkeit genügt - die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, sodass die zu verrichtenden Aufgaben nicht den Schweregrad leichter körperlicher Tätigkeiten übersteigen (so bereits LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.5.1997, L 2 I 47/95 m. w. N.).

Das Leistungsvermögen des Klägers entspricht diesem Anforderungsprofil.

Denn nach dem vom Senat eingeholten Gutachten von Dr. J. kann der Kläger noch leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten, möglichst im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm sechs Stunden und mehr verrichten. Dass dem Kläger damit gegebenenfalls nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar ist. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keine Zweifel. Soweit nach Dr. J. wiederkehrende Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung und in Wirbelsäulenzwangshaltung, wiederkehrende Überkopfarbeiten beidseits, häufige Arbeiten in der Hocke und im Knien sowie Arbeiten in Nässe und Kälte vermieden werden sollten, werden solche Tätigkeiten im Rahmen einer Tätigkeit in der Poststelle gerade nicht abverlangt. Auch die Gesundheitsstörungen auf psychischem Gebiet stehen einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter nicht entgegen. Denn diese geht insbesondere nicht mit Zeitdruck, Stress oder hoher geistiger Beanspruchung bzw. erhöhter Verantwortung einher.

Der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist der Kläger auch nach seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen. Denn der Kläger war nicht nur in der Lage, als Tanklastwagenfahrer die einschlägigen gesetzlichen Regelungen für Gefahrguttransporte zu beachten und die erforderlichen speditionstypischen Anforderungen für eine solche Tätigkeit zu erfüllen. Er konnte vielmehr auch als Verkäufer für Brennstoffe für das von seiner Ehefrau abgegebene Unternehmen tätig werden. Der Senat hat angesichts dieses bisherigen Einsatzbereichs des Klägers keine Zweifel, dass er zur vollwertigen Ausübung einer Tätigkeit auf einer Poststelle - nach einer zumutbaren betrieblichen Einweisungs- oder Einarbeitungszeit von längstens drei Monaten - in der Lage ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977, 5 RJ 96/76 in SozR 2200 § 1246 Nr. 23; BSG, Urteil vom 08.09.1982, 5 b RJ 36/82). Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist eine längere Einarbeitung als drei Monate in der Regel nicht notwendig (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 23.03.2006, a.a.O. im Anschluss an den Sachverständigen Metzger; ebenso das Ergebnis der Ermittlungen des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom 25.09.2012, a.a.O.). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger die Anforderungen an die Tätigkeit in einer Poststelle innerhalb einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig erfüllen kann.

Unerheblich ist, ob dem Kläger überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trägt die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94 in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved