L 6 U 2668/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 3640/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2668/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Mai 2011 und der Bescheid vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2010 aufgehoben und eine Rotatorenmanschettenruptur rechts mit Riss der Supraspinatussehne, Infraspinatussehne und des kranialen Zügels des Subscapularissehnenanteils als Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. September 2009 festgestellt.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz zur Hälfte und in zweiter Instanz in voller Höhe.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen streitig.

Der am 28.01.1955 geborene Kläger betrieb eine Landwirtschaft und einen Viehhandel. Am 22.09.2009 ging beim Verladen von Bullen auf seinen Viehlaster bei einem anderen landwirtschaftlichen Anwesen beim Austreiben des letzten Bullen dieser in der Stallbox auf ihn los. Der Kläger stürzte beim Ausweichen und rutschte zwischen den Absperrrohren hindurch in die leere Nachbarstallbox. Dabei verletzte er sich die rechte Schulter, hatte sofort starke Schmerzen und konnte den Arm unmittelbar danach kaum mehr bewegen. Der Kläger rief einen Bekannten an, damit dieser den Viehlaster zum Schlachthaus fuhr, da ihm dies nicht mehr möglich war. Am folgenden Tag suchte der Kläger morgens den Durchgangsarzt Dr. H. auf, der im Durchgangsarztbericht vom 26.09.2009 an Befunden eine massive Weichteilschwellung der rechten Schulter, einen diffusen Druckschmerz ventral, eine Abduktion bis 20°, eine Elevation bis 30° und eine schmerzhafte Rotationsbewegung erhob, eine Schulterprellung rechts diagnostizierte und Analgetika sowie eine Ruhigstellung mittels Gilchristbandage verordnete.

In der Unfallanzeige vom 18.10.2009 gab der Kläger an, durch schnelle Reaktion habe er sich zur Seite retten können, dabei sei er gestürzt und habe sich an Oberarm und Schulter verletzt. Im Fragebogen zu Schulterverletzungen kreuzte er an, die Verletzung sei durch einen seitlichen Anprall und Sturz erfolgt, ein Abfangen des Sturzes bzw. eine Verdrehung im Schultergelenk sowie eine Verletzung durch einen Zug am Arm-/Schultergelenk sei nicht erfolgt. Die Beschwerden seien sofort aufgetreten. Das Schultergelenk habe im Anschluss nicht belastet werden können.

Dr. H. legte den Computertomographie-Bericht (CT-Bericht) der rechten Schulter des Radiologen Dr. G. vom 28.09.2009 vor (CT vom 25.09.2009: Kleine osteophytäre Ausziehungen im AC-Gelenk, subchondrale kleine Zysten am Humeruskopf, regelrechte Artikulation des Humeruskopfes in der Pfanne und keine Frakturlinien). Im Nachschaubericht vom 24.11.2009 äußerte Dr. Miesner den Verdacht auf eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne und Subscapularissehne mit sekundärer Schultersteife rechts. Die Blutergüsse an der rechten Schulter seien vollständig abgeklungen, es lägen keine wesentlichen Weichteilschwellungen mehr vor, der Kläger habe über Schmerzen beim Liegen geklagt, die Abduktion sei bis 50° möglich, die Elevation bis 60°, Schürzengriff und Nackengriff seien unvollständig. Er veranlasste bei dem Radiologen Dr. R. das MRT vom 24.11.2009. Dieser befundete eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne mit Retraktion eben noch Grad II nach Patte bisher ohne wesentliche Muskelatrophie, Ruptur der Infraspinatussehne mit beginnender unregelmäßiger Sehnenretraktion und Aufspleißung, Ruptur des kranialen Zügels der Subscapularissehnenanteile, begleitender Gelenkerguss und deutliche periartikuläre Ergussbildung. Der Muskel sei bisher nicht wesentlich fettdurchsetzt, es bestehe ein mäßiggradiger Humeruskopfhochstand. Bei den Nachuntersuchungen durch Dr. S. war die Beweglichkeit weiterhin stark eingeschränkt (am 04.12.2009 Seitwärtsheben 20 bis 30° / Anheben bis 30°, am 10.12.2009 nach Krankengymnastik Anheben 55 bis 60° / Seitwärtsheben 45 bis 50°, am 21.12.2009 Anheben / Seitwärtsheben jeweils bis 60°). Der Kläger gab an, keine Schmerzen zu haben. Dr. R. teilte am 21.01.2010 gegenüber der Beklagten telefonisch mit, aufgrund des CT vom 25.09.2009 habe keine Rotatorenmanschettenverletzung diagnostiziert werden können, sondern erst durch das MRT. Es lägen die typischen Symptome für eine traumatische Entstehung (u.a. Bluterguss) vor. Es habe sich nur eine geringe Arthrose, aber keine Omarthrose im Schultergelenk bestätigt.

Anlässlich der stationären Behandlung des Klägers vom 21. bis 25.01.2010 im Klinikum H. wurde eine Arthroskopie der rechten Schulter durchgeführt. Im Operationsbericht vom 21.01.2010 wurden an Diagnosen eine alte Supraspinatussehnenruptur, eine partielle Infraspinatussehnenruptur rechte Schulter, ein kompletter Riss Retraktionsgrad III nach Patte, Defektgröße 3 nach Bateman, eine Tendinitis der langen Bizepssehne, eine gering reaktive Synovialitis des Glenohumeralgelenkes und eine chronische Bursitis subacromialis gestellt. Aufgrund der Defektzone sei eine Refixation der Supraspinatussehne unmöglich gewesen. Bei der Palpation habe sich die Supraspinatussehne auch mit intensiven Bemühungen nicht lateralisieren und mobilisieren lassen. Die Infraspinatussehne sei im kranialen Anteil ebenfalls rupturiert, teilweise retrahiert. Es sei die Tenotomie der langen Bizepssehne erfolgt und die Resektion von Bursa-Anteilen. Es habe sich blutig tingierter Gelenkerguss serös entleert. Der Beklagten wurde mit Schreiben vom 05.02.2010 mitgeteilt, bei retrahierter Supraspinatussehne und Cuff-Arthropathie bestehe die Notwendigkeit zur Durchführung eines Latissimus-dorsi-Tranfers.

Die Beklagte zog bei der IKK B. und H., der Krankenkasse des Klägers, ein Vorerkrankungsverzeichnis bei. Dort war unter anderem ein Speichenschaftbruch rechts und eine Bursitis im Schulterbereich, distale Radiusfraktur im November 2002, aufgeführt.

Da der Beratungsarzt Dr. S., Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, in seiner Stellungnahme vom 09.02.2009 den Unfallzusammenhang bei Retraktion bereits vier Monate nach dem angeschuldigten Ereignis und Vorschaden als unwahrscheinlich erachtete, beauftragte die Beklagte Prof. Dr. G. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser führte in seinem chirurgischen Zusammenhangsgutachten nach ambulanter klinischer und radiologischer Untersuchung des Klägers am 19.03.2010 aus, es bestehe eine deutliche Kraftlosigkeit und schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der rechten Schulter. Der angegebene Unfallmechanismus sei nicht geeignet, eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur herbeizuführen. Im zwei Monate nach dem Unfall durchgeführten MRT habe sich bereits eine massive Rotatorenmanschettenruptur mit Beteiligung aller drei Sehnen, mit einer starken Retraktion sowie einer fettigen Degeneration mit deutlicher Atrophie des Supraspinatusmuskels und des Infraspinatusmuskels gezeigt. Unfallunabhängig liege eine vorbestehende degenerativ bedingte unfallunabhängige Rotatorenmanschettenruptur mit bereits eingetretener Omarthrose und degenerativen Veränderungen des AC-Gelenks der rechten Schulter vor. Im beiliegenden Röntgenbericht von Prof. Dr. B. vom 19.03.2010 wurden eine glatt begrenzte Gelenkkontur des Humeruskopfes und eine zentrale Artikulation im Glenoid beschrieben. Es lägen keine signifikanten degenerativen Veränderungen im Glenohumeralgelenk und kein Nachweis von Frakturen vor, der Subacromialraum sei etwas eng gestellt.

Mit Schreiben vom 12.05.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der massive Rotatorenmanschettenriss rechts mit Beteiligung aller drei Sehnen sei nicht auf den Unfall vom 22.09.2009 zurückzuführen, unfallbedingt seien keine weiteren Heilbehandlungsmaßnahmen erforderlich, die vorgesehene Operation sei kassenärztlich durchzuführen.

Mit Schreiben vom 26.05.2010 wurde seitens des Klägers um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides gebeten. Die Erkrankung sei auch über den 26.10.2009 hinaus Folge des Arbeitsunfalls. Der nach dem Unfall im Bereich der verletzten Schulter bestehende massive Bluterguss könne nur von einer frischen Verletzung stammen. Eine Vorerkrankung der betroffenen Schulter sei nicht festgehalten. Bis zum Unfall sei er von Seiten der Schulter voll leistungsfähig und völlig beschwerdefrei gewesen. Die festgestellte Atrophie der Schulterblattmuskulatur sei bei der Erstuntersuchung in der Durchgangsarztpraxis noch nicht da gewesen. Im Röntgenbild und der Kernspinuntersuchung seien Verschleißerscheinungen des AC-Gelenkes sichtbar gewesen. Diese seien aber nicht zwangsläufig mit Verschleiß der Rotatorenmanschette verbunden.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 08.07.2010 mit, das Schreiben vom 26.05.2010 werde als Widerspruch gegen den Bescheid über die Ablehnung weiterer unfallbedingter Behandlungsmaßnahmen vom 12.05.2010 gewertet.

Der Beratungsarzt Dr. S. gab in seiner Stellungnahme vom 31.08.2010 an, die Röntgenaufnahme vom 23.09.2009 zeige einen Oberarmkopfhochstand und eine Sklerosierung des Supraspinatussehnenansatzes. Das CT vom 25.09.2009 zeige eine Arthrose des AC- und Schultergelenkes (beginnend) und einen geringeren Oberarmkopfhochstand als beim Röntgen (projektionsbedingt). Außerdem machte Dr. S. stichwortartige Ausführungen zu den Einlassungen des Klägers im Widerspruchsverfahren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Dr. S. komme zu dem Ergebnis, ein Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette an der Schulter mit Riss der Supraspinatussehne, Infraspinatussehne und des kranialen Zügels des Subscapularissehnenanteils sei unwahrscheinlich, da bereits vier Monate nach dem angeschuldigten Ereignis eine Retraktion der Sehnenstümpfe vorliege. Die Röntgenaufnahme und das CT zeigten einen Oberarmkopfhochstand sowie eine Arthrose des AC- und Schultergelenks. Ein vorbestehender Vorschaden müsse nicht zu Beschwerden führen. Die dokumentierte Weichteilschwellung bedeute nicht, dass ein massiver Bluterguss bestanden habe. Sie sei auch als Folge einer lokalen Gewalteinwirkung denkbar. Das eingeholte Gutachten komme zu der Einschätzung, das Ereignis habe zu einer Distorsion der rechten Schulter geführt. Der in der Unfallanzeige und dem Fragebogen zur Schulter angegebene Unfallhergang sei nicht geeignet, eine Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette zu verursachen.

Am 21.10.2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und ausgeführt, ein Gutachten werde bestätigen, dass die drei Sehnen unfallursächlich verletzt worden seien. Die Beklagte hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Mit Urteil vom 12.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der vom Kläger in dem Fragebogen Schulterverletzung detailliert geschilderte Ablauf der Verletzung sei nicht geeignet, eine Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen, da es sich um einen seitlichen Schlag auf die Schulter und somit eine direkte Krafteinwirkung auf die Schulter gehandelt habe. Prof. Dr. G. habe schlüssig dargelegt, dass die erhobenen medizinischen Befunde gegen einen Unfallzusammenhang sprechen würden. Er verweise insbesondere auf eine starke Retraktion sowie eine fettige Degeneration mit deutlicher Atrophie. Dies werde durch die Ausführungen von Dr. S. bestätigt, der auf eine AC-Gelenkarthrose und darauf, dass die Weichteilschwellung als Folge einer lokalen Gewalt zu fordern sei, verweise.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 26.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.06.2011 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, das erstinstanzliche Urteil stütze sich ebenso wie die eingeholten Gutachten ausschließlich auf seine in den Formularvordrucken "angekreuzten" Antworten. Bei der privaten Unfallversicherung habe er zum Sachverhalt geschildert, dass es zu keinem direkten Anprall der rechten Schulter gekommen sei, er habe sich mit der Hand an einem Gitter abfangen können. Er hat ein Gutachten für die private Unfallversicherung AXA von Dr. R., Facharzt für Chirurgie, Klinikum H., nach ambulanter Untersuchung am 11.11.2010 vorgelegt. Darin hat Dr. R. ausgeführt, das MRT vom 24.11.2009 zeige eine frische Rotatorenmanschettenruptur ohne Zeichen einer älteren fettigen Degeneration der Muskulatur. Röntgenbilder vom 11.11.2010 zeigten deutliche degenerative Veränderungen im AC-Gelenk der rechten Schulter. Die Pro-Kriterien für eine frische Läsion überwögen. So sei das Vorerkrankungsverzeichnis leer, es lägen ein geeigneter Unfallablauf, ein Arztbesuch innerhalb von 3 Tagen, eine Schwellung und Bewegungseinschränkung, keine Sekundärveränderungen im Erst-Röntgenbefund, keine fettige Degeneration im MRT nach 8 Wochen und eine Progredienz der Sekundärveränderungen im Röntgen bei der Begutachtung vor. Als Contra-Kriterium liege eine AC-Gelenksarthrose rechts vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Mai 2011 und den Bescheid vom 12. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Gesundheitsstörungen "Rotatorenmanschettenruptur rechts mit Riss der Supraspinatussehne, Infraspinatussehne und des kranialen Zügels des Sub¬scapularissehnenanteils" Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. September 2009 sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin P. hat mit Schreiben vom 30.11.2011 angegeben, er habe den Kläger noch nie wegen Beschwerden an der rechten oberen Extremität behandelt. Der Facharzt für Chirurgie Dr. M. hat in seinem Schreiben vom 04.01.2012 ausgeführt, die Erstbehandlung am 23.09.2009 sei in ihrer Gemeinschaftspraxis durch Dr. H. durchgeführt worden, der nächste Behandlungstermin am 24.11.2009 habe bei ihm stattgefunden. Der Kläger habe den genauen Ablauf wegen hoher Geschwindigkeit des Unfallhergangs und der insgesamt lebensbedrohlichen Situation nicht mehr schildern können. Bei der Zweitbefragung sei ersichtlich geworden, dass er sich wahrscheinlich die Schulterverletzung hauptsächlich durch das Festhalten bzw. Durchschlüpfen durch die Gitterstäbe zugezogen habe. Der Facharzt für Chirurgie PD Dr. S. hat mit Schreiben vom 18.01.2012 insbesondere ausgeführt, die MRT-Untersuchung habe keine fettige Atrophie der umgebenden Muskulatur gezeigt, was gegen eine alte Verletzung spreche.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, den zeitlich ersten Aussagen des Unfallherganges komme größere Bedeutung zu. Im Übrigen spreche der am Tag nach dem Unfall erhobene Befund einer massiven Weichteilschwellung der rechten Schulter für eine lokale Gewalteinwirkung. Die Angaben von Dr. M. zum Ereignishergang könnten dem Durchgangsarztbericht und Nachschaubericht nicht entnommen werden, es handle sich um Mutmaßungen, die sich wohl kaum objektivieren ließen. Nachdem sich bereits am 23.09.2009 röntgenologisch ein Oberarmkopfhochstand als Ausdruck eines Rotatorenmanschettenschadens gezeigt habe und im MRT vom 24.11.2009 eine massive Rotatorenmanschettenruptur mit Beteiligung aller drei Sehnen und starker Retraktion nachgewiesen worden sei, bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 22.09.2009 und dem Rotatorenmanschettenschaden an der rechten Schulter. Der Kläger habe am 22.12.2011 einen weiteren Unfall mit Beteiligung der linken Schulter erlitten, wobei unter anderem ein Rotatorenmanschettenschaden an der linken Schulter festgestellt worden sei. Nach Beurteilung des operierenden Klinikums H. und des Beratungsfacharztes der Beklagten handle es sich dabei um einen degenerativen, d. h. unfallunabhängigen Sehnenschaden. Bedeutsame Anknüpfungstatsachen zur Beurteilung einer Erkrankung oder Verletzung der Rotatorenmanschette seien auch gleichartige Veränderungen an der gegenseitigen Schulter. Die Beklagte hat die Verwaltungsakte bezüglich des Unfalls vom 22.12.2011 vorgelegt. Im Operationsbericht vom 09.02.2012 wurde eine Ruptur des äußeren Blattes der Supraspinatussehne mit Retraktion Grad II nach Pate bei intaktem inneren Blatt infolge eines Outlet-Impingements, eine Synovialitis des Glenohumeralgelenks und eine Bursitis subacromialis links diagnostiziert. Eine Kausalität mit dem Unfallereignis sei aufgrund der Retraktion der Sehne und den abgerundeten Sehnenenden ausgeschlossen, zudem bestehe das knöcherne Impingement.

Der Senat hat Prof. Dr. U. mit der Erstellung eines Gutachtens einschließlich eines radiologischen Zusatzgutachtens beauftragt. Prof Dr. D. hat in seinem radiologischen Gutachten nach röntgenologischer Untersuchung am 22.05.2012 und MRT am 31.05.2012 ausgeführt, ob die Verletzungen bei dem vom Kläger angegebenen Trauma am 22.09.2009 aufgetreten seien oder bereits vorbestanden hätten, könne aus radiologischer Sicht letztlich nicht eindeutig geklärt werden, da das zur Entscheidungsfindung relevante MRT erst mehr als zwei Monate nach dem Trauma durchgeführt worden sei. Die bei dieser Untersuchung bestehende Retraktion und Atrophie der Supra- und Infraspinatusmuskulatur sei auch bereits durch eine zweimonatige Funktionslosigkeit zu erklären. Die drei Tage nach dem Unfall durchgeführte CT-Aufnahme beweise aber eine deutliche degenerative Vorschädigung der Rotatorensehnenmanschette, die die Ruptur zumindest begünstigt habe. Prof. Dr. U. hat in seinem unfallchirurgischen Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 22.05.2012 ausgeführt, der Kläger habe die Landwirtschaft seit dem Unfall verpachtet. In Kenntnis der Akten, der erhobenen Befunde, der Untersuchung des Klägers und der vorgenommenen radiologischen Untersuchung sowie bei vernünftiger Abwägung aller Umstände lägen seines Erachtens nach alle Zeichen einer frischen Verletzung vor und es spreche mehr für eine unfallbedingte Genese der diagnostizierten Rotatorenmanschettenruptur rechts als für eine degenerative Genese. Bezüglich der rechten Schulter liege ein negatives Vorerkrankungsverzeichnis vor. Der Unfallhergang sei nicht eindeutig zu klären, es habe sich aber mit Sicherheit ein Unfall ereignet. Im Anschluss an den Unfall habe der Kläger sofort Schmerzen im verletzten Schultergelenk verspürt und zeitnah am Tag danach den Arzt aufgesucht. Entsprechende Befunde seien eindeutig dokumentiert, so ein ausgeprägtes Hämatom mit Schwellneigung an der rechten Schulter posttraumatisch. Sonographisch sei eine Rotatorenmanschettenruptur mit Erguss zwei Monate nach dem Unfall festgestellt worden. Zwei Monate nach dem Unfallgeschehen erkläre sich eine Retraktion der Supraspinatussehne auch als Unfallfolge. Als Contra-Kriterien seien ein ungeklärter Unfallhergang und eine Acromioclavikulargelenksarthrose unklaren Ausmaßes aufzuführen. Für einen körperlich tätigen Landwirt würden die beschriebenen degenerativen Veränderungen des rechten Schultergelenks jedoch nicht das altersentsprechende Ausmaß überschreiten. An Unfallfolgen bestehe eine persistierende massive Rotatorenmanschettenruptur mit fortbestehendem Impingementsyndrom und massiver Bewegungseinschränkung der rechten Schulter.

Die Beklagte hat dem entgegnet, die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs im Gutachten von Prof. Dr. U. sei nicht schlüssig, und hat eine beratungsfachärztliche Stellungnahme von Dr. S. vorgelegt. Dr. S. hat darin insbesondere ausgeführt, eine massive Weichteilschwellung sei Ausdruck sowohl einer reversiblen als auch einer irreversiblen Gefäßschädigung im Bereich der Schulter, vorwiegend der Rotatorenmanschette. Die Interpretation, dass die typischen Symptome für eine traumatische Entstehung vorgelegen hätten, könne er aus dem MRT-Befund nicht ableiten. Es habe kein wesentlicher intraartikulärer Erguss und kein Knochenmarködem vorgelegen. Derartige Änderungen wären Hinweise für eine traumatische Schädigung. Die Zeichen einer Vorschädigung (Retraktion und partielle fettige Degeneration) im MRT seien ebenso wie der Hochstand des Oberarmkopfes gegenüber der Schulterpfanne mit konsekutiver Einengung des Subacromialraums in der CT-Aufnahme vom 25.09.2009 nicht gewürdigt worden. Ebenso nicht die röntgenmanifesten Veränderungen bereits am 25.09.2009, die für eine Vorschädigung des Schultergelenkes sprächen. Auch der Operationsbericht spreche gegen die Annahme einer traumatischen Schädigung der Rotatorenmanschette im Rahmen eines Ereignisses ca. vier Monate vor dem operativen Eingriff. Bei der Größe der Defektzone der Rotatorenmanschette sei eine operative Refixation der zusammenhangsgetrennten Sehnenstümpfe nicht mehr möglich gewesen, so hätten sich bereits narbige Verwachsungen im Bereich der Subscapularissehne und der glenohumeralen Ligamente gezeigt. Die Sehnenenden der Supraspinatussehne am Tuberculum seien abgerundet und retrahiert gewesen. Lediglich die unterstellte, nicht im Detail wiedergegebene Hergangsschilderung von Dr. M. und der unfallzeitpunktnahe Arztbesuch sowie der klinische Erstbefund ließen an eine unfallbedingte Zusammenhangstrennung denken. Der kernspintomographische, sonographische und insbesondere auch der intraoperative Befund sprächen für eine sich langsam zunehmende schleichende Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette. Eine unfallbedingte richtungsgebende Verschlimmerung sei bei dieser Ausgangslage unwahrscheinlich. Am 09.02.2012 sei auch eine nicht traumatische Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette links operativ versorgt worden.

Prof. Dr. U. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.02.2013 insbesondere ausgeführt, den Röntgenbildern des Unfalltages ließen sich außer der Acromioclavikulargelenksarthrose keine degenerativen Veränderungen entnehmen. Anamnestisch seien die genannten degenerativen Veränderungen bis zum Ereignis stumm gewesen. Es habe keine wesentliche, das altersentsprechende Ausmaß übersteigende Degeneration des rechten Schultergelenks bestanden. Die traumatisch bedingten Veränderungen des rechten Schultergelenkes seien hingegen eindeutig dokumentiert. Nicht gefolgt werden könne den Aussagen von Dr. S. zur Wertung des Operationsbefundes. Die Operation habe vier Monate nach dem Unfallgeschehen stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt könne über die Genese der Schädigung keine zuverlässige Aussage gemacht werden, vorhandene narbige Verwachsungen könnten vor oder nach dem Unfall entstanden sein.

Prof. Dr. G. hat in seiner bei ihm von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 15.05.2013 insbesondere ausgeführt, die CT-Aufnahme vom 25.09.2009 zeige bereits auch eine Atrophie im Bereich des Supraspinatusmuskels, welcher die Fossa supraspinata nicht vollständig ausfülle. Die starke Sehnenretraktion und fortgeschrittene Muskelatrophie im MRT sowie die Muskelatrophie im durchgeführten CT vom 25.09.2009 würden auf eine vorbestehende Schädigung der Rotatorenmanschette hinweisen und sprächen eher für ein älteres degeneratives Geschehen mit schleichender Durchtrennung der Rotatorenmanschette und konsekutiver Retraktion und Schrumpfung des Muskelbauches mit einer fettigen Degeneration. Ebenso weise der intraoperative Befund mit einer fixiert retrahierten Supraspinatussehne ohne eine Mobilisationstendenz nach lateral und als abgerundet beschriebenen Sehnenenden auf ein älteres Geschehen hin. Ein ausgeprägtes Hämatom sei kein wegweisender Befund für eine Verletzung der Rotatorenmanschette. Der Kläger habe auch angegeben, mit der Schulter an das Gitter angeschlagen zu sein.

Prof. Dr. U. hat in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 02.09.2013 ausgeführt, das MRT lasse aufgrund des kritischen Zeitintervalls eine zuverlässige zeitliche Zuordnung der beschriebenen Läsion nicht zu. Darüber hinaus bestünden Vorbehalte gegen die Auswertung des MRTs. Das MRT erfülle nicht die von Canetti et al beschriebenen Kriterien zur vergleichenden Beurteilung der Muskelatrophie. Aufgrund des Zeitintervalls sei auch vom intraoperativen Bild her eine eindeutige Zuordnung zu einem degenerativen Schaden oder einem traumatischen Ereignis nicht möglich. Soweit es nachvollzogen werden könne, habe eine nennenswerte Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes vor dem Unfall nicht bestanden. Der Kläger habe als Landwirt gearbeitet. Die jetzt vorliegende Invalidität bezüglich des rechten Schultergelenkes könne zumindest nicht ausschließlich degenerativen Ursachen zugeschrieben werden.

Auf Antrag und Kosten des Klägers hat der Senat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. T. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem unfallchirurgischen Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 31.01.2014 ausgeführt, der anzunehmende Verletzungsmechanismus sei geeignet, eine unfallbedingte Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschettensehnen herbeizuführen. Wenn der Kläger sich mit der rechten Hand am oberen Querholm festhaltend aufgrund der lebensbedrohlichen Situation unter der unteren Absperrung mehr durchstürze als kontrolliert abrolle, komme es zu einer krampfhaften explosionsartigen Anspannung und zu einer plötzlichen und starken Krafteinwirkung bei vorher muskulär fixierter Rotatorenmanschette. Durch den Sturz komme es zusätzlich zu einer schlagartigen plötzlichen passiven Bewegung, die eine überfallartige Dehnungsbelastung der Sehnen der Rotatorenmanschette bewirke. Bei der täglichen schweren Arbeit in der Landwirtschaft und als Viehhändler von Großtieren sei ein beschwerdefreies vollschichtiges Verrichten bei vorbestehender ausgedehnter Rotatorenmanschettenläsion mit vollständiger Zerreißung des Ober- und Untergrätenmuskels und Teilzerreißung des Unterschulterblattmuskels nicht vorstellbar. Nach Abklingen der Blutergussschwellung und gleichzeitiger Schonung des rechten Armes sei es nach den Angaben des Klägers relativ schnell zu einem Abklingen der Beschwerden gekommen. Ein rasches Abnehmen des Beschwerdebildes sei als verletzungsspezifisch zu bewerten. Die Befunde der apparativen Diagnostik seien nur eingeschränkt unterstützend zur Klärung der Zusammenhangsfrage heranzuziehen, da sie entweder nicht optimal durchgeführt, nicht geeignet oder verzögert durchgeführt worden seien. Insgesamt sprächen die Befunde jedoch eher für als gegen eine traumatische Genese. Im Röntgenbild zeige sich keine knöcherne Verletzung, der Oberarm sei zentriert in der Schulterpfanne, es liege keine Omarthrose, nur wenig AC-Gelenksarthrose und keine subacromiale Einengung vor. Das CT vom 25.09.2009 zeige eine regelrechte Stellung in der Pfanne, die Arthrosezeichen seien nur subchondral, also unter dem Knorpel, dies bestätige auch der Sichtbefund intraoperativ. Der OP-Bericht vom 21.01.2010 gebe einen blutig tingierten Erguss an. Dies sei Zeichen einer stattgehabten Verletzung, worauf Dr. Spier nicht eingehe, wie auch nicht darauf, dass der Knorpelüberzug an Humeruskopf und Glenoid als regelrecht beschrieben worden sei und keine subacrominale Einengung vorgelegen habe. Aus dem Operationsbefund ergebe sich, dass nachweislich keine Omarthrose bestehe. Das MRT unterstütze die traumatische Genese der Rotatorenmanschettenverletzung. Neben der Sehnenverletzung würden eine ödematöse Durchdringung der Muskulatur und ein periartikulärer Erguss beschrieben, wie auch in der Sonographie. Mögliche Contra-Kriterien für eine frische traumatische Rotatorenmanschettenruptur seien widerlegt. Es bestehe kein Befund über die altersentsprechend zu erwartende Acromioclavikulargelenksarthrose hinaus, der geeignet wäre, eine massiv fortgeschrittene degenerative Rotatorenmanschettenschädigung (alle drei Sehnen seien massiv getroffen) herbei zu führen. Die Verletzungen mehrerer Strukturen aus einer Funktion seien verletzungstypisch.

Die Beklagte hat insbesondere darauf hingewiesen, gegen die Annahme der vom Gutachter. Dr. T. unterstellten Abläufe spreche der vom Kläger im Fragebogen Schulterverletzung detailliert geschilderte Ablauf der Verletzung. Die Berichterstatterin hat am 30.09.2014 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und begründet. Der Kläger hat aufgrund des Arbeitsunfalles vom 22.09.2009 einen Anspruch auf Feststellung eines Risses der Supraspinatussehne sowie der Infraspinatussehne und des kranialen Zügels des Subscaularissehnenanteils als Unfallfolge.

Rechtsgrundlagen für die Feststellung von Unfallfolgen sind die §§ 7 und 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 102 SGB VII haben die Versicherten gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge, wenn ein Gesundheitsschaden durch den Gesundheitserstschaden eines Versicherungsfalls oder infolge der Erfüllung eines Tatbestandes des § 11 SGB VII rechtlich wesentlich verursacht wird (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -, NZS 2012, 909; so auch u.a. Senatsurteil vom 23.01.2014 - L 6 U 2741/12 - juris).

Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Vollbeweis) nachgewiesen werden. Lässt sich ein Nachweis nicht führen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten. Für die Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und dem - hier als Arbeitsunfall anerkannten - Unfallereignis (haftungsbegründende Kausalität), welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen. Die Kausalitätsbeurteilung hat dabei auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine (von möglicherweise vielen) Bedingung für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z.B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein. Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursache des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -, a.a.O.).

Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.).

Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze und nach Auswertung der medizinischen Unterlagen sowie unter Würdigung der Angaben des Klägers hält es der Senat für hinreichend wahrscheinlich, dass der Riss der Supraspinatussehne sowie der Infraspinatussehne und des kranialen Zügels des Subscapularissehnenanteils wesentlich ursächlich durch den Arbeitsunfall vom 22.09.2009 eingetreten sind.

Der Unfallhergang steht vorliegend nicht als Contra-Argument der Feststellung der geltend gemachten Unfallfolgen entgegen. Denn auch wenn der genaue Unfallablauf nicht mehr rekonstruierbar ist und Unwägbarkeiten verbleiben, lässt sich jedenfalls nicht ausschließen, dass der Unfallhergang geeignet für die Hervorrufung der nachgewiesenen Rotatorenmanschettenruptur war, wovon auch die Gutachter Prof. Dr. U. und Dr. T. sowie der behandelnde Durchgangsarzt Dr. M. ausgehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Schilderungen über Unfallmechanismen generell unzuverlässig sind, da Aussagen aufgrund der begrenzten Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen und der Neigung, aus einer einmal eingetretenen Unfallsituation Rückschlüsse auf deren Hergang zu ziehen, nur einen begrenzten Beweiswert haben. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Fähigkeit des Menschen eingeschränkt ist, retrospektiv hinsichtlich einer völlig überraschend aufgetretenen Unfallsituation Bewegungsabläufe quasi in Einzelbildern darzustellen (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2013 - L 6 U 283/11 - juris). Vorliegend kommt noch hinzu, dass die gefährliche Situation mit dem den Kläger bedrängenden Bullen die anderen Eindrücke überlagert. Nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher Angaben zu den Umständen des Sturzes und den Örtlichkeiten geht der Senat nicht von einem schlichten - für eine solche Verletzung ungeeigneten - direkten Sturz auf die Schulter aus. Denn der Kläger ist nicht nur auf den Boden gestürzt, sondern er hat sich während dieses Sturzvorganges zwischen bzw. unter den Absperrrohren der Stallbox hindurch in die Nachbarstallbox gerettet. Wie dies genau vonstatten gegangen ist, weiß der Kläger selbst nicht mehr und kann es somit nicht schildern. Bei der Größe des Klägers von etwa 183 cm und einem Gewicht von etwa 100 kg kann der Kläger nicht ohne Kontakt mit den Absperrrohren in die Nachbarbox gelangt sein. Denn die Absperrrohre haben, wie der Kläger im Erörterungstermin ausgeführt hat, bei einer Höhe der Absperrung von etwa 140 cm und vier bis fünf Trennrohren einen Abstand von etwa 30 bis 40 cm zueinander. Bei den Begutachtungen durch Prof. Dr. G. im März 2010 sowie bei Dr. R ... im November 2010 hat der Kläger darüber hinaus angegeben, dass er sich beim Sturz an dem Absperrgeländer festgehalten hat. Auch war es in der Box aufgrund des Rinderkotes rutschig. Aus der Gesamtschau der Angaben und insbesondere der im Erörterungstermin gemachten Angaben zu den Örtlichkeiten folgt für den Senat, dass eine Verdrehung des Armes ebenso wie ein massives plötzliches Hoch- oder Rückwärtsreißen des Armes z.B. beim Hängenbleiben mit dem Arm bei erheblicher Beschleunigung des Körpers oder Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm oder eine starke Zugbelastung bei gewaltsamer Rotation des Armes als eine geeignete Zugbeanspruchung mit unnatürlicher Längendehnung der Sehne des Supraspinatus, was entsprechend der unfallmedizinischen Literatur anerkannte geeignete Unfallmechanismen sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, 2010, S. 412), beim rutschenden Sturz durch die Absperrrohre vorgelegen haben kann. Eine Dehnung der betroffenen Sehnen ist bei lebensnaher Betrachtung des Geschehensablaufes jedenfalls nicht ausgeschlossen. Aufgrund der Komplexität des Vorganges mit Sturz und Rutschen unter den Absperrrohren hindurch liegt auch eine Geeignetheit des Unfallvorganges für die Läsion der drei betroffenen Sehnen vor. Die Komplexität des Vorganges ist neben dem Vorliegen der gefährlichen Situation mit auch ein Grund dafür, dass sich der Kläger an den genauen Ablauf nicht erinnern kann. Wie sich aus den Ausführungen im Erörterungstermin ergeben hat, war der Kläger vor Schreck und Schmerz zunächst ganz benommen. Nachdem sich der Kläger im Wesentlichen nur daran erinnern kann, dass er gestürzt und in der Nachbarbox mit Schmerzen in der Schulter und im Arm aufgekommen ist, steht nach Auffassung des Senats der Würdigung des Unfallherganges als geeignet nicht entgegen, dass der Kläger in dem Fragebogen zu Schulterverletzungen angekreuzt hat, dass keine Verdrehung im Schultergelenk, kein Abfangen des Sturzes sowie keine Verletzung durch einen Zug am Arm-/Schultergelenk erfolgt ist. Denn er hat mit der Angabe eines seitlichen Sturzes schlicht nur angegeben, an was er sich erinnern kann. Es hieße die Beweisanforderungen zu überspannen, wenn gerade auch wie vorliegend bei einem mehrphasigen Unfallgeschehen die Schilderung eines detaillierten Bewegungsablaufs verlangt würde, an die der Betroffene sich nicht erinnern kann. Da andererseits der konkrete Ablauf des Ereignisses nicht erwiesen ist, kann der Unfallhergang auch nicht als Pro-Argument zugunsten des Klägers herangezogen werden.

Mit Blick auf die naturwissenschaftliche Kausalität haben die Sachverständigen Prof. Dr. U. und Dr. T. für den Senat schlüssig und überzeugend ausgeführt, dass mehr für als gegen eine unfallbedingte Genese der Rotatorenmanschettenruptur rechts mit Beteiligung von drei Sehnen spricht. So spricht der unmittelbar nach dem Ereignis erhobene Befund für eine traumatisch bedingte Rotatorenmanschettenruptur. Der Kläger hat sofort massive Schmerzen im Arm verspürt und konnte unmittelbar nach dem Ereignis den Arm nicht bewegen und gebrauchen. So hat der Kläger angegeben, dass ihm schwarz vor Augen gewesen ist und er Schweißausbrüche vor Schmerzen gehabt hat und er noch am Unfallort einen Bekannten anrufen musste, damit dieser den Viehlaster für ihn fährt. Es haben sich alsbald eine massive Weichteilschwellung und ausgedehnte Blutergüsse gebildet, wie im Durchgangsarzt- und Nachschaubericht beschrieben. Nach dem Abklingen dieser Verletzungsfolgen hat sich auch der Schmerz bald zurückgebildet, wie sich aus den Angaben des Klägers in den Nachschauberichten ergibt, und die Schmerzen haben vor allem nur noch nachts im Liegen vorgelegen. Die Bewegungseinschränkungen und die Kraftlosigkeit sind jedoch über Monate hinweg ausgeprägt bestehen geblieben.

Ein starker initial abklingender Schmerz, eine sofortige Arbeitsniederlegung, ein baldiger Arztbesuch, ein Hämatom / eine Schwellung und eine Pseudoparalyse sind Prokriterien für eine frische traumatische Rotatorenmanschettenläsion (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 418; Habermayer/Lichtenberg/Magosch, Schulterchirurgie, 4. Auflage 2010, S. 847). Schwere und mit einer Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette einhergehende Verletzungen haben das Schmerzmaximum in den frühen Tagen und Wochen nach dem Ereignis. Zusammenhangstrennungen ohne inneren Bezug zum Unfall können einen zweiphasigen Schmerzverlauf aufweisen – mit (zweitem) Schmerzmaximum Wochen oder Monate nach dem Unfall, als Ausdruck eines sekundär entstehenden Impingement-Syndroms (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 414). Bei der traumatischen Zerreißung bildet sich der unmittelbar entstandene initial permanente Schmerz nach wenigen Tagen zurück. Der Verletzte leidet dann unter einer aktiven Bewegungseinschränkung, Kraftminderung und vor allem nächtlichen Beschwerden. In der Regel können Patienten nach einer traumatischen Rotatorenmanschettenläsion für einen Zeitraum von ein bis drei Monate den Arm aktiv nicht über die Schulterhöhe anheben (vgl. Habermayer/Lichtenberg/Magosch, a.a.O., S. 844).

Damit liegt ein typischer Erstbefund einer Rotatorenmanschettenläsion nach traumatischer Genese und eine typische Entwicklung danach vor, worauf die Gutachter Prof. Dr. U. und Dr. T. zutreffend hinweisen. Zur Überzeugung des Senats lässt sich die massive Weichteilschwellung auch nicht allein als Folge des Aufpralles erklären, nachdem der Kläger nicht aus dem Stand mit voller Wucht direkt auf die Schulter geprallt ist, sondern vielmehr aus gebückter Position stürzend zwischen den Absperrrohren hindurch gerutscht ist. Bei diesem Vorgang ist eine derart massive Weichteilschwellung und auch das Auftreten ausgedehnter Blutergüsse im Schulterbereich, wie sie im Nachschaubericht angegeben, von Seiten des Beratungsarztes Dr. S. aber übersehen wurden, nicht zu erwarten. Hinzu kommt, dass der Kläger im Erörterungstermin darauf hingewiesen hat, dass es Herbst gewesen ist und er einen dicken Mantel angehabt hat, der Aufprall als solcher daher gedämpft wurde und allein keine derartige Schwellung und Ergüsse hätte verursachen können. Die massive Weichteilschwellung und ausgedehnte Blutergüsse sprechen vielmehr dafür, dass es durch den Unfall - zumindest auch - zu inneren Verletzungen an der Rotatorenmanschette gekommen ist.

Auch die Auswertung sämtlicher medizinischer Unterlagen zu den bildgebenden Befunden und dem Operationsbefund ergibt in der Gesamtwürdigung nach Auffassung des Senats, dass der Unfall wahrscheinlich zumindest wesentliche Mitursache der Ruptur der Supraspinatussehne, der Infraspinatussehne sowie des kranialen Zügels des Subscapularissehnenanteils ist.

Als Indiz für eine traumatische Läsion der Rotatorenmanschette sind der im MRT vom 24.11.2009 erkennbar begleitende Gelenkerguss und die deutliche periartikuläre Ergussbildung zu würdigen. Auch der im OP-Bericht erwähnte blutig tingierte Gelenkerguss ist als Zeichen einer stattgehabten Verletzung zu sehen, worauf insbesondere Dr. T. hinweist, der als weiteres Pro-Kriterium beschreibt, dass die Verletzung mehrerer Strukturen - wie beim Kläger vorliegend gegeben - aus einem Funktionsverbund verletzungstypisch ist.

Soweit Dr. S. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme darauf hingewiesen hat, dass sich im MRT kein Hill-Sachs-Defekt (bone bruise im Bereich des Defekts) als Hinweis für eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion gefunden hat (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 415) kann dies hier als Contra-Argument nicht überzeugen. Denn dieser muss nicht bei jeder Rotatorenmanschettenruptur auftreten und verschwindet zudem innerhalb von wenigen Monaten wieder (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2014, a.a.O.). Ein Knochenödem (bone bruise) am Tuberculum majus ist lediglich innerhalb von sechs Wochen für eine traumatische Läsion charakteristisch. Das MRT ist vorliegend aber erst neun Wochen nach dem Unfall erstellt worden. Auch ist es nur in speziellen "wassersensitiven" fettgestättigten T2-gewichteten Sequenzen (STIR, SPIR) erkennbar (Habermayer/Lichtenberg/Magosch, a.a.O., S. 845). Aus dem fehlenden Nachweis eines bone bruise in dem diesen Ansprüchen nicht genügenden MRT vom 24.11.2009 kann daher kein Anhaltspunkt für eine degenerative Genese der Rotatorenmanschettenschädigung gesehen werden. Auch der Zustand der Sehnen, wie sie sich im MRT und bei der Operation gezeigt haben, lässt aufgrund des zeitlichen Abstandes zum Unfall von zwei Monaten bzw. vier Monaten, keine aussagekräftige Bewertung im Hinblick auf eine durch den Unfall traumatisch mitbedingte oder eine rein degenerative Genese zu.

Entscheidend ist jedoch für die Gesamtwürdigung, dass sich zwar eine degenerativ bedingte Schadensanlage im Bereich der Rotatorenmanschette zeigt, jedoch nicht in einem solchen Ausmaß, dass deshalb ein rein degenerativer Rotatorenmanschettenschaden in seinem kompletten Ausmaß wahrscheinlich ist.

Der radiologische Gutachter Prof. Dr. D. hat in seinem radiologischen Zusatzgutachten den MRT-Befund mit deutlicher Retraktion der Supraspinatussehne und partiell fettiger Degeneration des Supraspinatusmuskels dahingehend gewürdigt, dass die im MRT vorliegende Retraktion und Atrophie der Supra- und Infraspinatusmuskulatur auch bereits durch eine zweimonatige Funktionslosigkeit zu erklären wäre. Auch Prof. Dr. U. hat darauf hingewiesen, dass eine Zuordnung des MRT-Befundes zu einer primär degenerativen oder traumatischen Läsion nicht eindeutig möglich ist, wobei zwei Monate nach dem Unfallgeschehen sich seiner Ansicht nach eine Retraktion der Supraspinatussehne durchaus als Unfallfolge erklärt. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass das MRT nicht die von Canetti et al beschriebenen Kriterien zur vergleichenden Beurteilung der Muskelatrophie erfüllt und daher Vorbehalte gegen die Auswertung des MRT insoweit bestehen. Auch der das MRT erstellende Radiologe Dr. R. hat gegenüber der Beklagten angegeben, dass er von einer traumatischen Entstehung der Rotatorenmanschettenläsion ausgeht und hat darauf hingewiesen, dass sich nur eine geringe Arthrose, aber keine Omarthrose (wie zunächst nach dem CT vermutet) im Schultergelenk bestätigt hat. Ebenso hat der behandelnde PD Dr. S. in seiner Stellungnahme angegeben, dass sich bei der Supraspinatussehne keine wesentliche Muskelatrophie gezeigt hat, und hat aus dem Fehlen einer fettigen Atrophie der umgebenden Muskulatur gefolgert, dass dies gegen eine alte Verletzung spricht. Zwar hat demgegenüber Prof. Dr. G. eine starke Retraktion sowie eine fettige Degeneration mit deutlicher Atrophie des Supraspinatusmuskels und des Infraspinatusmuskels in den radiologischen Aufnahmen erkannt und aus dem MRT gefolgt, dass die Atrophie und ausgeprägte Retraktion zwei Monate nach dem Unfall eher für ein älteres degeneratives Geschehen mit schleichender Durchtrennung der Rotatorenmanschette und konsekutiver Retraktion und Schrumpfung des Muskelbauches mit einer fettigen Degeneration spricht. Nachdem diese Einschätzung aber weder den Beurteilungen der Radiologen entspricht, denen hierfür die höhere Sachkunde zukommt, noch den Einschätzungen des behandelnden Arztes sowie der Gutachter Prof. Dr. U. und Dr. T., vermag dies den Senat nicht zu überzeugen.

Ebenso vermag sich der Senat nicht der Auffassung von Prof. Dr. G. und dem Beratungsarzt Dr. S. anzuschließen, dass der intraoperative Befund mit einer fixiert retrahierten Supraspinatussehne ohne eine Mobilisationstendenz nach lateral als Hinweis auf ein älteres Geschehen gedeutet werden muss, nachdem die Sehnenenden als abgerundet beschrieben worden sind und sich bereits narbige Verwachsungen im Bereich der Subscapularissehne und der glenohumeralen Ligamente gefunden haben. Denn Prof. Dr. U. hat darauf verwiesen, dass vier Monate nach dem Unfallgeschehen erfahrungsgemäß über die Genese der Schädigung keine zuverlässige Aussage gemacht werden kann. Vorhandene narbige Verwachsungen können nämlich vor oder nach dem Unfall entstanden sein. Eine Beurteilung der Genese aufgrund des Zustandes der Sehnenränder ist erfahrungsgemäß nur innerhalb von 12 Wochen möglich (vgl. Habermayer/Lichtenberg/Magosch, a.a.O., S. 845/847).

Auch aus dem drei Tage nach dem Unfall durchgeführten CT ergibt sich zur Überzeugung des Senats kein Nachweis dafür, dass der Schaden der Rotatorenmanschette bereits degenerativ vorbestanden hat. Prof. Dr. G. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme zwar angegeben, dass das CT bereits eine Atrophie im Bereich des Supraspinatusmuskels zeigt, was auf eine vorstehende (degenerative) Schädigung der Rotatorenmanschette hinweist. Risse in den Sehnen der Rotatorenmanschette hat auch er jedoch nicht erkannt. Prof. Dr. D. hat in seinem radiologischen Zusatzgutachten nach Auswertung der CT-Aufnahmen vom 25.09.2009 zwar darauf hingewiesen, dass diese eine deutliche degenerative Vorschädigung der Rotatorenmanschette beweisen. Eine Rotatorenmanschettenverletzung hat er aber nicht auf den Bildern erkannt und auch der Radiologe Dr. Röder hat angegeben, dass durch das CT noch nicht eine Rotatorenmanschettenverletzung hat diagnostiziert werden können, sondern dies erst das MRT ergeben hat. Aufgrund der höheren Sachkunde der Radiologen ist deren Bewertung des CT, wonach sich daraus noch nicht der Befund einer Rotatorenmanschettenruptur ergibt, der Beurteilung zugrunde zu legen.

Darüber hinaus hat Dr. T. noch darauf hingewiesen, dass das CT erst beginnende Zeichen einer degenerativen Schädigung zeigt, da subchondrale Zystenbildungen definitionsgemäß noch keine Arthrose des Schultergelenkes sind. Dass Arthrosezeichen nur subchondral, also unter dem Knorpel vorgelegen haben, ergibt sich auch aus dem Operationsbericht vom 21.01.2010, in dem ein regelrechter Knorpelüberzug des Humeruskopfes angegeben wird, wie auch aus den Röntgenbefunden. So hat Prof. Dr. B. im postoperativen Röntgenbefund vom 19.03.2010 eine glatt begrenzte Gelenkkontur des Humeruskopfes und zentrale Artikulation im Glenoid sowie einen etwas enggestellten Subakromialraum beschrieben und angegeben, dass keine signifikanten degenerativen Veränderungen im Glenohumeralgelenk vorliegen. Auch Prof. Dr. U. weist darauf hin, dass sich den Röntgenbildern des Unfalltages außer der Acromioclavikulargelenksarthrose keine degenerativen Veränderungen entnehmen lassen und bewertet die degenerativen Veränderungen insgesamt als nicht über das altersentsprechende Ausmaß hinausgehend. Hiermit stimmt überein, dass auch Dr. T. auf den Röntgenbildern vom 23.09.2011 keine wesentliche Omarthrose und auch keine AC-Gelenksarthrose erkennt, die mit einer knöchernen Einengung des Subacromialraumes geeignet wäre, eine massiv fortgeschrittene degenerative Rotatorenmanschettenschädigung aller drei Sehnen herbeizuführen. Auch weist er darauf hin, dass sich dies auch nicht in der Beschreibung des Subacromialraumes im Operationsbericht findet. Selbst in dem vom Kläger vorgelegten Gutachten für die private Unfallversicherung von Dr. R. wird zu einem Röntgenbefund vom 11.11.2010 weiterhin ein regelrechter Sitz des Humeruskopfes mit glatten Konturen bei leichtem Humeruskopfhochstand mit leichtgradig eingeengtem subakromialen Raum und deutlich degenerativen Veränderungen im AC-Gelenk beschrieben. Schließlich hat Dr. T. in der Röntgenuntersuchung am 31.01.2014 nur wenig Zeichen der Omarthrose und Zeichen der Schultereckgelenksarthrose mit osteophytärer Randzackenbildung bei Oberarmkopfhochstand angegeben. Daraus folgt, dass zwar ein arthrotisch verändertes AC-Gelenk und ein leichtgradig eingeengter Subakromialraum sowie ein leichter Humeruskopfhochstand wohl bereits zum Zeitpunkt des Unfalles vorgelegen haben, die degenerativen Veränderungen allerdings nicht ein Ausmaß erreicht hatten, das die im MRT und bei der Operation vorgefundenen massiven Schäden an allen drei Sehnen der Rotatorenmanschette zu begründen vermag.

Ungeachtet der nicht altersüberschreitenden degenerativen Veränderungen war der Kläger bis zu dem Arbeitsunfall auch in der Lage, seiner körperlich stark belastenden Tätigkeit sowohl in der Landwirtschaft wie auch beim Viehhandel ohne Einschränkungen nachzugehen und dabei insbesondere sehr schulterbelastend zu arbeiten. Wie sich aus dem Vorerkrankungsverzeichnis ergibt, lagen bei dem Kläger vor dem Unfall keine ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen wegen Beschwerden an der rechten Schulter vor. Infolge der verbliebenen Gesundheitseinschränkungen hat der Kläger hingegen nach dem Unfallereignis seine landwirtschaftliche Tätigkeit aufgegeben und die Landwirtschaft verpachtet. Der zeitliche Zusammenhang des Auftretens der Beschwerden genügt zwar für sich allein für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den Gesundheitsstörungen und dem Arbeitsunfall nicht. Er ist aber als Indiz für einen solchen Kausalzusammenhang mit zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2013, a.a.O.).

Zwar ist bei dem Kläger nach einem Unfall am 22.12.2011 mit MRT vom 30.12.2011 an der linken Schulter eine Ruptur der Supraspinatussehne mit Retraktion am Übergang Grad II nach Patte festgestellt worden und hat der Operationsbericht vom 09.02.2012 eine traumatische Genese durch diesen Unfall ausgeschlossen. Allerdings hat es sich dabei nicht um eine gleichartige Schädigung der Rotatorenmanschette gehandelt. Vielmehr hat sich bei der Operation nur eine Ruptur des äußeren Blattes der Supraspinatussehne gezeigt, wohingegen an der rechten Schulter ein kompletter Riss der Supraspinatussehne, eine partielle Infraspinatussehnenruptur und eine Ruptur des kranialen Zügels des Subscapularissehnenanteils vorgelegen haben. Ein vergleichbar massiver Befund ist an der linken Schulter somit nicht aufgetreten. Da sich jedoch insbesondere dieser massive Befund an den drei Sehnen durch die dokumentierten degenerativen Vorschäden nicht ausreichend erklären lässt, liegt eine mit der linken Schulter vergleichbare Konstellation nicht vor.

Soweit Dr. S. noch darauf hingewiesen hat, dass die Behandlung am 26.10.2009 (zunächst) beendet worden ist und am 10.10.2009 Arbeitsfähigkeit bestanden hat, lassen sich hieraus keine Rückschlüsse ziehen, da nach dem unfallnahen Röntgen- und CT-Befund noch nicht von einer Verletzung der Rotatorenmanschette, sondern nur von einer Schulterprellung ausgegangen worden war, weshalb bei der Erstuntersuchung am 23.09.2009 eine Ruhigstellung mittel Gilchristbandage verordnet und eine voraussichtliche Arbeitsfähigkeit ab dem 10.10.2009 angegeben worden ist.

Die Gesamtwürdigung ergibt daher zur Überzeugung des Senats, dass der Arbeitsunfall für die Rotatorenmanschettenruptur mit Beteiligung der Supra- und Infraspinatussehne sowie des kranialen Zügels des Subscapularissehnenanteils wahrscheinlich neben den degenerativen Veränderungen als wesentliche Ursache mitursächlich war. Nach obigen Ausführungen liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass bei klinisch stummen Beschwerden bereits vor dem Unfallereignis eine Ruptur mit sämtlichen drei betroffenen Sehnen degenerativ bestanden hat. Auch ist unter Würdigung der Befunde und dem Unfallgeschehen nicht davon auszugehen, dass der degenerative Schaden von derart überragender Bedeutung gewesen ist, dass der Unfall lediglich eine Gelegenheitsursache für die Rotatorenmanschettenruptur gewesen wäre und mithin jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis in etwa zur selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Dass die im MRT dargestellte Ruptur aufgrund der Vorschäden und anlagebedingten Veränderungen ohne das angeschuldigte Unfallereignis eingetreten wäre, ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Vielmehr wird von den Gutachtern Prof. Dr. U. und Dr. T. überzeugend ausgeführt, dass die Zeichen der degenerativen Vorschädigung des Schultergelenkes nicht ausreichend gewesen sind, um einen derart massiven Schaden an der Rotatorenmanschette mit Beteiligung dreier Sehnen allein als degenerativen Prozess hervorzurufen bzw. durch eine sogenannte Gelegenheitsursache zu verursachen. Daher ist der Unfall wesentliche Teilursache. Den isolierten, ausschließlich traumatischen Supraspinatussehnenriss gibt es nicht. In Frage kommt allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne der wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration. Kommt es bei einer stummen Anlage erst durch das Unfallereignis zu einem manifesten Krankheitsgeschehen, ist der eingetretene Schaden als im Sinne der Entstehung verursacht zu beurteilen. Nicht die Degeneration wird durch den Unfall verschlimmert, sondern es liegt ein unfallbedingter Riss einer vorgeschädigten Sehne vor (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 390 und 412). Dass das Unfallereignis in seiner Intensität der Einwirkung auf die Rotatorenmanschette nur das Ausmaß einer Alltagsbelastung erreicht hat, was den Rückschluss auf eine rechtlich erhebliche unfallvorbestehende Sehnendegeneration im Sinne einer Gelegenheitsursache zuließe, kann der Senat in Anbetracht des Sturzes mit gleichzeitigem Hindurchrutschen unter den Absperrrohren mit der Folge einer massiven Weichteilschwellung, massivem sofortigen Schmerz und sofort massiv eingeschränkter Beweglichkeit nicht feststellen. Dies geht zu Lasten der insoweit beweisbelasteten Beklagten (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2013, a.a.O. sowie Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 01.07.2001 – L 8 U 197/11 -, juris).

Mithin haben die Beklagte und das SG zu Unrecht die Feststellung der Rotatorenmanschettenruptur rechts mit Riss der Supraspinatussehne, Infraspinatussehne und des kranialen Zügels des Subscapularissehnenanteils als Folge des Arbeitsunfalls abgelehnt. Der Berufung des Klägers ist daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt, dass der in erster Instanz noch gestellte Leistungsantrag unzulässig war.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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