Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 4271/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4644/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21.09.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf (Erst-)Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB, mindestens 50 statt 40) seit dem 07.06.2010 zusteht.
Der 1953 geborene Kläger war als Diplom-Ingenieur (Bauleiter) bis Februar 2012 tätig, seither ist er arbeitslos bzw. befindet er sich in Rente/Altersteilzeit.
Am 07.06.2010 beantragte der Kläger beim Landratsamt des R. (LRA; Blatt 1/2 der Beklagtenakte) erstmals die Feststellung eines GdB. Zu seinem Antrag verwies er auf einen Diabetes mellitus, einen Tinnitus, LWS-Syndrome, ein depressives Erschöpfungssyndrom und Panikstörungen.
Das LRA zog Unterlagen des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. W. bei (Blatt 8/22 der Beklagtenakte), worunter sich ein Entlassbericht vom 245.11.2009 aus der in der Zeit vom 13.10.2009 bis 10.11.2009 zulasten der Deutschen Rentenversicherung durchgeführten psychosomatisch/psychotherapeutischen Rehabilitation findet (Blatt 11/22 der Beklagtenakte; Diagnosen: Anpassungsstörung, anankastische Persönlichkeitsstörung, Tinnitus aurium bds., chron. kompensiert SG-1, Diabetes mellitus Typ II, chronische Cervicalsyndrom).
Auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 19.07.2010 (Blatt 25 der Beklagtenakte; zugrundeliegenden Funktionsbehinderungen: Depression, Psychovegetatives Erschöpfungssyndrom (Einzel-GdB: 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (Einzel-GdB: 20), Diabetes mellitus (Einzel-GdB: 10), Ohrgeräusche/Tinnitus (Einzel-GdB: 10), Polyneuropathie (Einzel-GdB: 10)) stellte das LRA mit Bescheid vom 03.08.2010 (Blatt 26/27 der Beklagtenakte) beim Kläger einen GdB von 40 seit 07.06.2010 fest.
Mit seinem Widerspruch vom 10.08.2010 (Blatt 31/32, 33 der Beklagtenakte) machte der Kläger u.a. geltend, allein schon durch den beidseitigen Tinnitus komme es im beruflichen und privaten Leben zu enormen Beeinträchtigungen. Die hierauf beruhenden betrieblichen Spannungen wirkten sich unverhältnismäßig stark auf seine Psyche aus. Depressionen, Schlaflosigkeit und die Einnahme von starken Medikamenten seien die Folge. Hinzu kämen noch häufig auftretende Ischiasbeschwerden und die manchmal kaum noch zu ertragenden Folgen der Polyneuropathie. Im Übrigen seien eine seit Kindheit bestehende nicht heilbare Lichtdermatose und Gichtanfälle, die zeitweise unsägliche Schmerzen verursachten, nicht berücksichtigt.
Das LRA holte daraufhin eine Auskunft von Dr. W. (Blatt 37/38 der Beklagtenakte) ein sowie eine versorgungsmedizinische Stellungnahme von Dr. St. vom 07.09.2010 (Blatt 39/40 der Beklagtenakte) ein. Der Kläger führte mit Schreiben vom 11.10.2010 (Blatt 42 der Beklagtenakte) u.a. aus, seit der Kindheit an einer genetisch bedingten Lichtdermatose zu leiden. Diese sei nicht behandelbar; er sei seit 1986 nur einmal bei einem Dermatologen gewesen. Er habe das Beste daraus gemacht, "die Sonne zu meiden so gut es eben geht."
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2010 (Blatt 45/47 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück. Ein höherer GdB sei nicht anzunehmen; weder die Gicht noch die Lichtdermatose bedingten einen GdB von jeweils wenigstens 10.
Der Kläger hat am 01.12.2010 beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben und darauf hingewiesen, dass für das Wirbelsäulenleiden ein Teil-GdB von 30 angemessen sei. Für die Depression bzw. das psychovegetative Erschöpfungssyndrom müsse ein Teil-GdB von 40 angenommen werden, denn es bestünden erhebliche soziale Rückzugstendenzen bzw. eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Von einer Kompensation der Tinnitus-Erkrankung könne keine Rede sein; vielmehr führe dieser zu Konzentrationsstörungen, verminderter Stressbelastbarkeit, Schlafstörungen und depressiven Stimmungsschwankungen, weshalb zumindest ein Teil-GdB von 20 gerechtfertigt sei. Auch die Polyneuropathie müsse höher bewertet werden. Die Lichtdermatose bestehe seit Kindheit und könne nicht behandelt werden.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 27/46, 52/53, 54, 59/61 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. W. (Arzt für Allgemeinmedizin) hat dem SG mit Schreiben vom 10.03.2011 u.a. über Diabetes mellitus mit Polyneuropathie, Schlafstörungen, depressive Verstimmung mit Angstzuständen, Herzrasen und Tinnitus berichtet. Zuletzt habe er den Kläger wegen der Panikstörung, eines burn-out-Syndroms und einer somatoformen Störung an einen psychotherapeutisch tätigen Kollegen überwiesen. Wegen der erheblichen Auswirkungen auf dem psychiatrisch-psychosomatischen Sektor müsse hierfür ein Teil-GdB von 40 angenommen werden. Der Diabetes mellitus mit inzwischen mehreren Folgeschäden sei mit einem Teil-GdB von 30 anzusetzen. Insgesamt sei ein GdB von mindestens 50 anzunehmen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Re. hat dem SG unter dem 14.04.2011 geschrieben, er habe den Kläger zweimal untersucht (25.06.2007 und 16.03.2009). Der Kläger habe im Gespräch matt, erschöpft, subdepressiv mit resignativen Zügen gewirkt. Er habe konzentrationsgemindert gewirkt und deutliche Versagensängste gezeigt. Er- halte einen Teil-GdB von 30 für angemessen. Dr. Schn. , Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, hat in ihrer Stellungnahme vom 26.04.2011 mitgeteilt, im Vergleich zu den vom Versorgungsamt festgestellten Diagnosen ergäben sich keine weiteren Diagnosen, eine Erhöhung des GdB in ihrem Fachbereich verneinte sie. Der Facharzt für HNO Dr. F. hat dem SG mit am 17.05.2011 eingegangenem Schreiben mitgeteilt, der Kläger leide an einer beidseitigen milden pantonalen Schwerhörigkeit, derzeit wünsche der Kläger keine Hörgeräteversorgung. Der Tinnitus bestehe in doch recht erheblicher Lautstärke und führe zur Minderung der Konzentrationsfähigkeit und zu Schlaf- bzw. Durchschlafstörungen. Er hat den Teil-GdB für die von ihm beschriebenen Behinderungen mit 10 veranschlagt.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 21.09.2011 die Klage abgewiesen. Der GdB sei mit 40 zutreffend bewertet. Hinsichtlich der orthopädischen Erkrankungen werde schon seit längerem eine fachorthopädische Behandlung nicht mehr durchgefühlt worden. Es liege einzig der radiologische Befund vom 13.07.2009 vor, der eine mäßige Fehlhaltung der LWS ohne Nachweis eines Bandscheibenvorfalls oder einer spinalen Enge beschreibe. Bei einer geringgradigen Bandscheibenprotrusion an der unteren LWS bestünden jedoch keine eindeutigen Hinweise auf eine Wurzelirritationen. In dieser Situation sei für das Wirbelsäulenleiden ein Teil-GdB von 20 angemessen und ausreichend. Für den Diabetes mellitus sei ein über 10 hinausgehender Teil-GdB nicht anzunehmen. Denn alleine die von Dr. W. angeführten Folgeschäden (diabetische Polyneuropathie und beginnende Nephropathie) begründeten eine Höherstufung nicht. Aus HNO-ärztlicher Sicht trage ein Teil-GdB von 10 der leichtgradigen Hörminderung ausreichend Rechnung. Für Ohrgeräusche ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen sähen die Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdB von 0 bis 10 vor. Jedenfalls seien die Folgen dieses Krankheitsbildes im Rahmen der Depression und des psychovegetativen Erschöpfungszustandes, das mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten sei, ausreichend bemessen. Die Lichtdermatose führe zu keiner wesentlichen Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung, ähnlich verhalte es sich mit der Gicht. Insgesamt könne ein GdB von 50 nicht angenommen werden.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 26.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26.10.2011 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er leide unter erheblichen orthopädischen Beeinträchtigungen an der Wirbelsäule, wo abnutzungsbedingte Veränderungen im LWS-Bereich und im HWS-Bereich vorhanden seien. Außerdem bestehe im Bereich des Schultergelenkes eine eingeschränkte Beweglichkeit mit einem schmerzhaften Bogen. Auch erhalte er intervallmäßig Injektionsbehandlungen bzw. physiotherapeutische Maßnahmen, was für das Vorhandensein regelmäßig auftretender Wirbelsäulenblockaden spreche. Nicht gefolgt werden könne dem SG, wenn dieses eine wesentliche Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule schon deshalb nicht annehmen wolle, weil er nicht in einer laufenden fachorthopädischen Behandlung stehe. Bezüglich der Tinnitus-Erkrankung habe er in der Widerspruchsbegründung die Auswirkungen auf seine Psyche detailliert beschrieben. Der Tinnitus führe zu Konzentrationsstörungen, verminderter Stressbelastbarkeit, Schlafstörungen und depressiven Stimmungsschwankungen. Aus dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik ergebe sich, dass erhebliche psychisch-vegetative Begleiterscheinungen vorlägen, weshalb ein GdB von 20 angemessen sei. Insoweit verkenne das SG auch die Systematik der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinrichtlinie. Denn sowohl für eine Hörminderung als auch für einen Tinnitus sei jeweils ein Teil-GdB vorgesehen, wobei der für den Tinnitus vorgesehene Teil-GdB zu erhöhen sei, wenn zusätzlich psychovegetative Begleiterscheinungen aufträten. Bezüglich der psychischen Erkrankung sei den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen, warum die untere Grenze des GdB-Rahmens zur Anwendung komme und nicht die obere. Aus dem Reha-Entlassungsbericht ergebe sich, dass eine Anpassungsstörung bei anankastischer Persönlichkeit bestehe. Beeinträchtigungen bestünden insbesondere in den Bereichen der emotionalen Selbstwahrnehmung und Ressourcengewinnung, in Folge dessen sind die Aktivitäten im beruflichen Bereich sowie die Erholungsfähigkeit beeinträchtigt seien. Aus dem Reha-Bericht ergebe sich auch das Vorhandensein von Einschränkungen bei der Teilhabe an sozialen Aktivitäten, außerdem bereits eine Tendenz zu Zwangshandlungen.
Der Kläger hat einen Bericht des Orthopäden Dr. J. vom 01.12.2012 und einen Bericht des Radiologen Dr. N. vom 22.11.2011 (Blatt 31, 32 der Senatsakte) vorgelegt.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21.09.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Landratsamts des R. vom 03.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 09.11.2010 zu verurteilen, bei ihm seit 07.06.2010 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Zeugenaussage des behandelnden Arztes weise keinerlei objektive Funktionsparameter bezüglich der Wirbelsäule auf. Ohrgeräusche ließen sich nicht objektivieren und könnten daher nur anhand der hieraus resultierenden psychischen Belastungsfolgen bewertet werden. Die vom Kläger geforderte Anrechnung auf die Hörfähigkeit und die psychische Beeinträchtigung stelle eine Doppelbewertung dar, die nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht zulässig sei. Überdies sei der Gesamtkomplex der psychischen Beeinträchtigung durch Dr. Re. zutreffend mit dem Teil-GdB von 30 bewertet, so dass auch im Zusammenhang mit der Auskunft der Psychotherapeutin Dr. Schn. eine weitergehende Bewertung nicht in Betracht komme.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie, Manuelle Medizin, Sportmedizin Dr. Ry. als sachverständige Zeugin. In ihrer Stellungnahme vom 04.04.2012 (Blatt 35/37 der Senatsakte) hat sie berichtet, der Kläger klage über seit Jahren bestehende Schmerzen in der HWS sowie über rezidivierende Probleme mit der BWS und LWS. Seit einem halben Jahr beklage er auch eine Schmerzsymptomatik im linken Kniegelenk, insbesondere nach längerer Belastung. In der jüngsten Zeit beschreibe er auch ein pelziges Gefühl in den Fingern beider Hände sowie ein Rauschen in den Ohren bei bekanntem Tinnitus.
Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädisch-sozialmedizinischen Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallmedizin, Notfallmedizin, Sozialmedizin Dr. T ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.12.2012 (Blatt 43/68 der Senatsakte) depressive Episoden, eine Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule, einen Diabetes mellitus und eine arterielle Hypertonie und Ohrgeräusche beidseits festgestellt. Die depressiven Episoden bewertete er mit einem Teil-GdB von 30, die Wirbelsäulenerkrankung mit einem Teil-GdB von 20, die weiteren Behinderungen mit Teil-GdB-Werten von jeweils 10.
Hiergegen hat der Kläger (Schreiben vom 12.02.2013, Blatt 72/73 der Senatsakte) u.a. eingewandt, dass der Schwerpunkt der Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe und sich erheblich verschlechtert habe.
Für den vom Senat erneut als sachverständigen Zeugen befragten Dr. W. hat dessen Praxisnachfolger Dr. We. in seiner Auskunft vom 12.02.2013 (Blatt 74/83 der Senatsakte) über orale Medikation mit Metformin 850 Behandlung berichtet, eine Hypoglykämie unter alleiniger Biguanidtherapie (Metformin) sei äußerst unwahrscheinlich. Es erfolge keine Insulintherapie. Beklagt würde ein Brennen an den Füßen nach dem Hinlegen. Eine hierfür ursächliche diabetische Polyneuropathie sei angenommen worden, habe aber klinisch oder neurophysiologisch nicht nachgewiesen werden können. Die regelmäßigen Sensibilitätsprüfungen seien unauffällig. Folgeerkrankungen aufgrund der Diabetestherapie seien nicht bekannt.
Der Kläger hat nunmehr einen Bericht der Klinik in der Z. GmbH (psychotherapeutische Medizin, Psychosomatik) vom 24.10.2012 (Blatt 85/88 der Senatsakte) über einen stationären Aufenthalt vom 30.06.2012 bis zum 03.08.2012 vorgelegt, worin die Diagnosen einer schweren akuten depressiven Episode (reaktiv), einer Anpassungsstörung bei Arbeitslosigkeit und Krebserkrankung der Ehefrau, einer Schlafstörung, einer Somatisierungsstörung, eines Diabetes mellitus Typ II, der Verdacht auf ein Reizdarmsyndrom und ein Tinnitus aurium bds. berichtet werden.
Nachdem der Kläger weitere ärztliche Berichte (Bericht des Orthopäden Dr. Fr. vom 07.05.2013 und Ergebnisse ohrenärztlicher Untersuchungen; Blatt 93/97 der Senatsakte) vorgelegt und darauf hingewiesen hatte, dass eine beidseitige Hörgeräteversorgung verordnet worden sei (vgl. Schreiben vom 12.07.2013, Blatt 92 der Senatsakte) und nach einer Stellungnahme des Beklagten (Blatt 101/105 der Senatsakte, mit versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr. Br. vom 17.10.2013), in der die Korrektheit der ohrenärztlichen Untersuchungsbefunde in Zweifel gezogen worden war, hat der Senat beim Facharzt für HNO und Umweltmedizin Dr. Z. ein Gutachten eingeholt. Dr. Z. hat in seinem Gutachten vom 20.02.2014 (Blatt 111/129 der Senatsakte) ausgeführt, auf HNO-ärztlichem Fachgebiet liege eine schwer eingrenzbare gering- bis maximal mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits sowie ein chronischer Tinnitus beidseits vor. Zusätzlich zur Innenohrschwerhörigkeit sei eine beidseitige leichte Schallleitungskomponente über alle Frequenzen nicht auszuschließen. Eine deutliche psychogene Überlagerung auch bezüglich des Tinnitus sei anzunehmen. Die Hörstörung und der chronische Tinnitus beidseits könnten näherungsweise mit einem Teil-GdB von maximal 20 bewertet werden.
In einer vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Br. vom 09.10.2014 (Blatt 135/136 der Senatsakte) hat dieser ausgeführt, die anlässlich der gutachterlichen Untersuchung festgestellte Schwerhörigkeit bleibe "in Teilen unklar". Der Gutachter sei wegen nicht reproduzierbarer Messergebnisse bei den Hörprüfungen zu der Einschätzung gekommen, dass eine übliche Bewertung nach der Tabelle von Boenninghaus und Röser kaum möglich sei. Die objektive Audiometrie mit Schwellenbestimmung habe eine im Vergleich deutlich besser liegende Hörschwelle ergeben. Die Werte der Sprachaudiometrie seien bei mehrfach durchgeführten Messungen zu stark voneinander abgewichen, so dass sie als gesicherter Bewertungsmaßstab nicht hätten herangezogen werden können. Die im Rahmen einer psychischen Überlagerung oder einer etwaigen Verdeutlichungstendenz angenommenen Werte könnten jedoch nicht dazu führen, dem Kläger eine höhere Bewertung zuteil werden zu lassen. Da die objektive Messung der Hörschwelle keinen pathologischen Befund ergeben habe und die übrigen, subjektiven Einflüssen unterliegenden Messergebnisse nicht reproduzierbar seien, könne nicht empfohlen werden, für diese Störung einen höheren GdB als 10 anzuerkennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 03.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 09.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 40. Das SG hat die Klage zu recht abgewiesen.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Das Funktionssystem des Rumpfes (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, besteht beim Kläger eine mittelgradig ausgeprägte degenerative Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule mit endgradiger Funktionsbeschränkung sowie eine endgradige Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule. Dies konnte der Senat auf der Basis des Gutachtens von Dr. T. feststellen. Jedoch konnte der Gutachter Dr. T. im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule keine Verschleißerscheinungen nachweisen, die das altersentsprechende Maß überschritten (Blatt 61 der Senatsakte = Seite 19 des Gutachtens). Im Hinblick auf die Beweglichkeit der Wirbelsäule in ihren einzelnen Abschnitten konnte Dr. T. überall lediglich endgradige Funktionseinschränkungen darstellen (vgl. Blatt 61, 67 der Senatsakte = Seite 19, 67 des Gutachtens): Gutachten Dr. T. Untersuchung am 04.12.2012 HWS Kinn-Jugulum-Abstand 2 cm, bei maximaler Überstreckung: 19 cm Drehung rechts/links 60-0-60 Seitwärtsneigung rechts/links 40-0-40 BWS/LWS Streckung/Vorbeugung (FBA) 11 cm Ott 30/32 cm Schober 10/14 cm Seitneigung rechts/links 40-0-40 Seitdrehung rechts/links im Sitzen 40-0-40
Dr. T. konnte keine wesentlichen Muskelhartspanne oder Myogelosen, eine bedeutsame Druckschmerzhaftigkeit oder einen segmentalen Stauchungs- oder Durchfederungsschmerz darstellen. Die Rückenmuskulatur war physiologisch normal aufgebaut. Dagegen hat Dr. Fr. (Blatt 93 der Senatsakte) im Bericht vom 07.05.2013 bei einem Schober-Zeichen von 10/13 cm lumbal paravertebral Myogelosen, neurologisch ohne Befund, beschrieben. Neurologische bzw. radikuläre Ausfallerscheinungen bestehen auch nach dem Gutachten von Dr. T. nicht (z.B. Blatt 58 der Senatsakte = Seite 16 des Gutachtens). Der Kläger hat dagegen Schmerzen und dreimal jährlich Ischiasbeschwerden (Blatt 47 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens Dr. T. ) beschrieben. Rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden wurden auch vom Kläger gegenüber seinen Ärzten beschrieben (vgl. Berichte Dr. J. vom 01.02.2012, Blatt 31 der LSG-Akte bzw. Auskunft Dr. Ry. vom 04.04.2012, Blatt 35/37 der LSG-Akte). In der orthopädischen Arztpraxis von Dr. J. , Dr. Ry. u. Koll. war der Kläger jedoch erstmalig am 14.11.2011 vorstellig geworden und bis April 2012 insgesamt auch nur zweimal behandelt (Aussage von Dr. Ry. vom 04.04.2012). Dr. W. hat eine Behandlungsfrequenz von zwei- bis dreimal pro Monat für das Jahr 2010 angegeben, jedoch sind in seiner Darstellung der hierbei geklagten Beschwerden keine wirbelsäulenbezogene Gesundheitsstörungen genannt, die Anlass für Praxisbesuche des Klägers im Jahr 2010 waren (Aussage von Dr. W. vom 10.03.2011). Der Senat konnte daher rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilitäten nicht feststellen. Allenfalls kommen seltene und kurz dauernd auftretende Wirbelsäulensyndrome in Betracht. Länger andauernde oder schwere Syndrome konnten auch die behandelnden Ärzte nicht darstellen. Damit konnte der Senat in keinem der Wirbelsäulenabschnitte mittelgradige funktionelle Auswirkungen feststellen. Dies wird auch durch Dr. T. bestätigt, der einen Teil-GdB von 20 für den oberen Rand des Ermessensspielraumes hält (Blatt 61 der Senatsakte = Seite 19 des Gutachtens). Dass der Kläger an der Halswirbelsäule unter einer mittelgradig ausgeprägten degenerativen Verschleißerkrankung leidet, bedeutet für sich noch keine mittelschweren funktionellen Auswirkungen i.S. von B Nr. 18.9 VG. Denn zum Einen sind nicht die Diagnosen sondern vielmehr die funktionellen Auswirkungen bei der GdB-Bemessung zu berücksichtigen, zum Anderen konnte der Senat aber mittelschwere funktionelle Auswirkungen gerade nicht feststellen. Damit ist im Funktionssystem des Rumpfes ein Einzel-GdB von 10 anzusetzen.
Im Funktionssystem der Arme (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Hände und die Schulter gehören, konnte der Senat die vom Kläger angegebenen eingeschränkte Beweglichkeit des Schultergelenks mit einem schmerzhaften Bogen nicht feststellen. Weder ergeben sich aus dem Rehabericht der B.-Klinik noch dem Gutachten von Dr. T. relevante Einschränkungen der Funktion der Schultern. So hat Dr. T. eine normgemäße Beweglichkeit (vgl. Blatt 66 der Senatsakte = Anlage zum Gutachten "Messblatt für Obere Gliedmaßen") erhoben und einen schmerzhaften Bogen bei beidseits problemlos möglichen Schürzen- und Nackengriff verneint. Ein Einzel-GdB konnte der Senat daher in Anbetracht der Vorgaben von B Nr. 18.13 VG in diesem Funktionssystem nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Beine (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), konnte der Senat auf Basis der Auskünfte der behandelnden Ärzte (vgl. z.B. Auskunft Dr. Ry. , Blatt 35/37 der LSG-Akte, Bericht Dr. Fr. , Blatt 93 der LSG-Akte) und des Gutachtens von Dr. T. keinen Einzel-GdB feststellen, denn relevante Funktionsbeeinträchtigungen (dazu vgl. B Nr. 18.13 VG) sind weder vorgetragen worden noch konnte der Senat solche ermitteln. Soweit vereinzelt eine Spreizfußbildung (Gutachten Dr. T. , Blatt 58 der Senatsakte = Seite 16 des Gutachtens) angesprochen wurde, rechtfertigt diese - weil vorliegend ohne statische Auswirkungen - keinen Teil-GdB von 10. Auch die Schmerzhaftigkeit der Knie begründet ohne funktionelles Defizit keinen Teil-GdB.
Das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) ist beim Kläger durch eine depressive Erkrankung bei psychovegetativem Erschöpfungssyndrom beeinträchtigt. Diese psychische Erkrankung wird als reaktive Depression (Dr. Re. vom 16.03.2009, Blatt 32 der SG-Akte, Bericht Klinik an der Z. vom 24.10.2012, Blatt 85/89 der Senatsakte), mittelgradige depressive Störung (Bericht Dr. Re. vom 22.11.2011, Blatt 75 der Senatsakte), chronifizierte mittelgradige depressive Störung (Bericht Dr. Re. vom 22.11.2012, Blatt 78 der Senatsakte) und als Anpassungsstörung bei anankastischer Persönlichkeit (Rehabericht B.-Klinik vom 24.11.2009, Blatt 36/46 der SG-Akte, Bericht Klinik an der Z. vom 24.10.2012, Blatt 85/89 der Senatsakte) beschrieben. Da jedoch - wie von den Ärzten der Klinik an der Z. und Dr. Re. dargestellt - eine reaktive Erkrankung vorliegt, bei der jeweils eine Besserung nach Behandlung eingetreten ist (dazu vgl. Rehabericht B.-Klinik vom 24.11.2009, Blatt 36/46 der SG-Akte, Bericht Klinik an der Z. vom 24.10.2012, Blatt 85/89 der Senatsakte) handelt es sich - selbst wenn eine chronische Basisdepressivität angenommen wird - nicht um einen Dauerzustand gesundheitlicher Beeinträchtigung. Bei Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf ist der GdB mit einem Durchschnittswert zu bewerten (A Nr. 2 Buchst. f) VG), sodass bei der GdB-Beurteilung von dem "durchschnittlichen" Ausmaß der Beeinträchtigung ausgegangen werden muss (a.a.O.). Insgesamt wurde der Kläger sowohl im Rehabericht als auch im Bericht der Klinik an der Z. (ebenso Berichte Dr. Re. vom 22.11.2012 und 22.11.2011, Blatt 78, 75 der Senatsakte) als wach, bewusstseinsklar und in allen Qualitäten voll orientiert beschrieben. Er hatte zwar Konzentrationsstörungen gezeigt, jedoch keine ausgeprägten mnestischen und kognitiven Defizite. Dr. Re. diagnostizierte jeweils eine mittelgradige – zuletzt chronifizierte – Depression. Der Bericht der Klinik an der Z. beschreibt den Kläger im Juli 2012 unter schwerer akuter depressiver Episode als im Antrieb deutlich reduziert und hinsichtlich der Psychomotorik insgesamt verlangsamt. Der formale Gedankengang war leicht verlangsamt und inhaltlich grüblerisch eingeengt auf Themen seiner momentanen Lebenssituation; dagegen konnte der Rehabericht der B.-Klinik aufgrund der Behandlung im Oktober/November 2009 noch über einen geordneten formalen Gedankengang ohne belangvolle depressive Symptomatik berichten. Affektiv wurde der Kläger von den Ärzten der Klinik an der Z. als deutlich depressiv verstimmt, teilweise verzweifelt beschrieben, jedoch wurden depressive Wahninhalte ebenso wenig gefunden, wie Anhaltspunkte für akute/latente Suizidalität. Der Kläger wurde nach erfolgreicher medikamentöse Einstellung psychisch stabilisiert zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen. Der Kläger hat schließlich gegenüber dem Gutachter Dr. Z. im November 2013 nicht mehr über eine antidepressive Medikation berichtet (Blatt 115 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens) und bereits dem orthopädischen Gutachter Dr. T. bei dessen Untersuchung am 04.12.2012 bei eine im Mai 2012 beendete psychotherapeutische Gesprächstherapie und keine Wiederaufnahme der fachärztlichen Behandlung beschrieben. Bei der am 22.11.2012 erfolgten fachärztlichen Untersuchung bei Dr. Re. wurde dann keine schwere, sondern wieder die bisherige mittelgradige depressive Störung diagnostiziert. Gemäß B Nr. 3.7 VG 3.7 ist für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ein GdB-Rahmen von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten ein GdB-Rahmen von 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten ein GdB-Rahmen von 80 bis 100 vorgesehen. Vom Vorliegen einer schweren Störung, insbesondere einer schweren Zwangskrankheit, konnte sich der Senat auch bei der beim Kläger bestehenden anankastischen Persönlichkeit nicht überzeugen. Denn keiner der behandelnden Ärzte konnte hier Anhaltspunkte für eine besondere Relevanz dieser Störung im Zusammenspiel mit der depressiven Erkrankung darstellen. Daher ist der vom Beklagten um vom SG angenommene Teil-GdB von 30 für eine bestehende stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig. Auch der Senat konnte sich nicht vom Vorliegen eines relevanten sozialen Rückzugs überzeugen. So wurde im Rehabericht der B.-Klinik ein arbeitender Kläger beschrieben, der bei einem strukturierten, genau geplanten Tagesablauf leitende Tätigkeit aus technischer Bauleiter ausübt. Er verfügt über einen "befriedigenden" Freundeskreis, Spaß mache es dem Kläger, in Geschäften zu bummeln. Dieses Verhalten mit strukturiertem Tagesablauf, Freundeskreis und dem Bummeln in Geschäften, mithin unter sozialem Kontakt, zeigt gerade keinen relevanten sozialen Rückzug auf. Ein solcher kann auch nicht dem Bericht der Klinik an der Z. entnommen werden. Der dort beschriebene Eintritt in die Altersteilzeit (gegenüber Dr. T. hat der Kläger von Arbeitslosigkeit berichtet, Blatt 45 der Senatsakte = Seite 3 des Gutachtens) und damit die Aufgabe der Beschäftigung bedeutet gerade keinen sozialen Rückzug, sondern eine - wenn auch durch Mobbing und die Arbeitssituation bedingte - bewusste Lebensgestaltung (vgl. Bericht der Klinik an der Z. , Blatt 88 der SG-Akte = Seite 4 des Berichts). Auch konnte er in der Klinik mit anderen Patienten in Kontakt treten, was ebenfalls nicht auf einen erheblichen sozialen Rückzug hindeutet. So hat der Kläger gegenüber Dr. T. bei dessen Untersuchung im Dezember 2012 einen strukturierten Tagesablauf beschrieben, der Hausarbeiten, Spaziergänge, Einkäufe, Büroarbeiten, Internetsurfen, Kontakte zu seiner Schwester und zum Freundeskreis umfasst (vgl. Blatt 46/47 der Senatsakte = Seite 4/5 des Gutachtens). Auch ein Urlaub im Mai 2012 (Kreuzfahrt auf der Aida) wurde berichtet. Diese Umstände zeigen, dass der Kläger noch in der Lage ist, sozial zu kommunizieren und ein relevanter sozialer Rückzug nicht eingetreten ist. Dem Gutachter Dr. Z. hat er gar keine Anhaltspunkte für einen sozialen Rückzug mehr angegeben. Zwar mag der Tod der Mutter im Jahr 2010 und die Krebserkrankung der Ehefrau den Kläger belastet haben, doch hat sich dies "lediglich" in reaktiven Depressionen ausgedrückt, die einer Besserung zugänglich waren und daher keinen Dauerzustand bildeten. Die Beeinträchtigung der emotionalen Selbstwahrnehmung als solche stellt dabei keine funktionelle Beeinträchtigung dar. Sie ist Grundlage und Teil der depressiv bedingten Erschöpfung, deren hieraus resultierenden funktionellen Einschränkungen der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit wie dargelegt bereits berücksichtigt sind. Im Ergebnis und im Hinblick auf die mit der beim Kläger bestehenden Erkrankung einhergehenden Schwankungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Teil-GdB von 30 jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig ist. Dabei hat er die Erschöpfungssituation, die Anpassungsstörung, die Schlafstörung und die Somatisierungsstörung mitberücksichtigt.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) ist wegen einer Polyneuropathie bzw. Sensibilitätsstörungen ein weiterer Teil-GdB nicht festzustellen. Nach B Nr. 3.11 ergeben sich bei den Polyneuropathien die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund motorischer Ausfälle (mit Muskelatrophien), sensibler Störungen oder Kombinationen von beiden. Der GdB motorischer Ausfälle ist in Analogie zu den peripheren Nervenschäden einzuschätzen. Bei den sensiblen Störungen und Schmerzen ist zu berücksichtigen, dass schon leichte Störungen zu Beeinträchtigungen - z. B. bei Feinbewegungen - führen können. Zwar hat der Kläger geltend gemacht, es bestehe eine Polyneuropathie und eine Gefühlsstörung am Oberschenkel. Jedoch konnte sich der Senat nicht vom Vorliegen dieser Erkrankungen oder hieraus resultierenden Funktionsstörungen überzeugen. Dr. Wa. hat gegenüber dem Senat (ausgesagt, dass sich eine diabetische Polyneuropathie nicht bestätigt habe. Außerdem hat er bei den regelmäßigen Sensibilitätsprüfungen einen unauffälligen Befund mitgeteilt (Blatt 74 der Senatsakte). Soweit der Kläger Sensibilitätsstörungen an den Beinen geltend macht, konnte auch Dr. T. diese in seinem Gutachten nicht objektivieren, außerdem konnte der Senat daraus folgende Teilhabebeeinträchtigungen nicht feststellen. Gleiches gilt für eine teilweise angenommene Neuralgie bei brennenden Füßen nach dem Zu-Bett-Gehen. Ein Teil-GdB war daher nicht festzusetzen. Daran, dass der Beklagte (vgl. die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. St. , Blatt 38/39 der Beklagtenakte) bisher insoweit einen Teil-GdB von 10 angenommen hatte, ist der Senat nicht gebunden. Hieran hat der Beklagte unter Bezugnahme auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Br. vom 17.10.2013 zuletzt auch nicht mehr festgehalten.
Im Hinblick auf die Bewertung der psychiatrischen Erkrankungen des Klägers mit einem Teil-GdB von 30 ist der Einzel-GdB im Rahmen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche mit 30 anzunehmen.
Das Funktionssystem der Ohren (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) ist beim Kläger durch den von Dr. Z. festgestellten chronischen Tinnitus sowie die Schwerhörigkeit beidseits beeinträchtigt. Im Funktionssystem der Ohren ist unter Berücksichtigung des Teil-GdB von 10 für die Schwerhörigkeit sowie eines Teil-GdB von 20 für den Tinnitus unter integrativer Bewertung ein Einzel-GdB von 20 zu bilden. Soweit der Kläger hier eine besondere berufliche Beeinträchtigung durch die Konzentrationsstörungen und die Unmöglichkeit zu Telefonieren geltend macht, begründet dies keinen GdB. Denn nach A Nr. 2 Buchst. b) VG ist der GdB grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen. Nach B Nr. 5.3 VG ist für Ohrgeräusche (Tinnitus) ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen ein GdB-Rahmen von 0 bis 10 vorgesehen. Bestehen dagegen erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen ist der GdB mit 20 anzunehmen, bei wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägte depressive Störungen) ist ein GdB-Rahmen von 40 bis 50 und bei schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten mindestens ein GdB von 50 vorgesehen. Beim Kläger bestehen - wie zuvor ausgeführt - psychovegetative Begleiterscheinungen (Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen), wobei fraglich ist, ob diese einerseits erheblich sind – im Entlassungsbericht der Klinik in der Z. vom 24.10.2012 und im Arztbrief von Dr. Re. vom 22.11.2012 werden zuletzt nur Ein- und Durchschlafstörungen gegenüber Schlaflosigkeit, wie im Arztbrief von Dr. Re. vom 22.11.2011, berichtet – und andererseits diese eher Folgen der Depression – ein Zusammenhang der Konzentrations- und Schlafstörungen mit dem Tinnitus wird im Entlassungsbericht der Klinik in der Z. vom 24.10.2012 nicht hergestellt bei depressionsbedingter Grübelneigung und Unfähigkeit zur Entspannung mit anamnestischen angegebener Depression seit 5 Jahren und Tinnitus seit 4 Jahren – anstatt des Tinnitus sind. Dagegen ist die depressive Erkrankung (dazu s.o.) nicht wesentlich auf den Tinnitus zurückzuführen, denn es handelt sich - wie auch die Ärzte der Klinik an der Z. bestätigt haben, um eine reaktive Depression, also um eine unmittelbare Reaktion in Bezug auf einen belastenden Vorfall, der im Leben des Klägers vorgekommen ist, und nicht um eine überwiegend durch die Ohrgeräusche verursachte Erkrankung. Damit konnte der Senat einen Teil-GdB von 20 für den Tinnitus nicht uneingeschränkt annehmen, jedenfalls ist diese Bewertung nicht zu niedrig. Die Schwerhörigkeit des Klägers ließ sich durch den Gutachter Dr. Z. zwar nachweisen, jedoch konnte der Umfang der Schwerhörigkeit beidseits nicht nachvollziehbar objektiviert werden. Vielmehr hat Dr. Z. angegeben, in der mitarbeitsabhängigen Sprachaudiometrie seien nicht reproduzierbare Ergebnisse aufgetreten (Blatt 123 f. der Senatsakte = Seite 13 des Gutachtens). Auch in der Tonaudiometrie hat sich ein kongruenter Verlauf der Luft- und Knochenleitungskurven nicht ermitteln lassen. Der beidseitig bereits ab 3 kHz mit 35 dB weißem Rauschen abdeckbare Tinnitus ist eindeutig ein Zeichen einer tatsächlich besseren Hörfähigkeit (Gutachten Dr. Z. Blatt 123 der Senatsakte = Seite 13 des Gutachtens). Lässt sich aber mitarbeitsabhängig eine Beurteilung nach der von den VG verbindlich vorgesehenen Messmethode nach Boenninghaus und Röser (vgl. B Nr. 5.2.1 VG) nicht ermitteln, wäre ein GdB mangels entsprechender Feststellung nicht anzunehmen. Jedoch konnte der Senat unter Berücksichtigung der weiteren Ärztlichen Unterlagen von Dr. E. (Blatt 94 ff. der Senatsakte) und dessen Auskunft gegenüber dem SG (Blatt 59/61 der SG-Akte) sich von einem Teil-GdB von 10 überzeugen. Zwar hat der Kläger durch die Vorlage der Hörgeräteverordnung im Berufungsverfahren sinngemäß eine Verschlechterung geltend gemacht. Doch hatte Dr. E. bereits gegenüber dem SG eine - vom Kläger damals nicht gewünschte - Hörgeräteversorgung für erforderlich gehalten. Da die von Dr. Z. gemessenen Werte einen objektivierbaren Rückschluss auf den tatsächlichen Umfang der Hörbeeinträchtigung nicht zulassen, jedoch anhand der bisherigen Befunde ein Teil-GdB von 10, so hat dies Dr. F. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom Mai 2011 für die Gehörseinschränkung und den Tinnitus zusammen bejaht,angenommen werden kann, ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Teil-GdB vorliegend anzusetzen ist.
Die das Funktionssystem Herz und Kreislauf (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) betreffende Hypertonie wurde vom Gutachter Dr. T. erstmals festgestellt (Blatt 48/49 der Senatsakte = Seite 8/9 des Gutachtens). Folgeerkrankungen bestehen nicht. Gegenüber dem HNO-ärztlichen Gutachter Dr. Z. hat der Kläger angegeben (Blatt 115 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens), dass der Blutdruck seit einem Jahr medikamentöse bei täglicher Medikamenteneinnahme (1 x Ramipril täglich) gut eingestellt ist. Augenhintergrundveränderungen konnten nicht festgestellt werden (vgl. auch Blatt 33 der SG-Akte). Daher konnte der Senat keine Leistungsbeeinträchtigungen feststellen und damit unter Berücksichtigung der Vorgaben von B Nr. 9.3 VG einen Teil-GdB von 10 nicht annehmen. Da im Funktionssystem keine weiteren Funktionsbehinderungen vorliegen entspricht der Einzel-GdB dem Teil-GdB, weshalb vorliegend ein Einzel-GdB nicht anzunehmen war.
Im Funktionssystem des Stoffwechsels und der inneren Sekretion (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) besteht beim Kläger ein medikamentös behandelter Diabetes mellitus Typ II. Dr. Wa. (Blatt 74 der Senatsakte) konnte gegenüber dem Senat darlegen, dass der Kläger mit Metformin behandelt ist, eine Hypoglykämie äußerst unwahrscheinlich ist und eine Insulintherapie nicht durchgeführt wird. Außerdem konnte er Folgeerkrankungen ausschließen. Auch in augenärztlicher Hinsicht bestehen keine Folgeerkrankungen (vgl. das Attest von Dr. Di. vom 30.04.2010, Blatt 33 der SG-Akte). Da die Behandlung mit Metformin regelhaft eine Hypoglykämie nicht auslösen kann und der Kläger nicht in seiner Lebensführung beeinträchtigt ist, konnte der Senat unter Beachtung der Vorgaben von B Nr. 15.1 VG einen Teil-GdB nicht annehmen. Da im Funktionssystem keine weiteren Funktionsbehinderungen vorliegen entspricht der Einzel-GdB dem Teil-GdB, weshalb vorliegend ein Einzel-GdB nicht anzunehmen war. Da sowohl die Regelungen der AHP als auch die bis zum 15.07.2010 geltenden Regelungen der VG nicht zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus geeignet waren, kann auch für in der Vergangenheit liegende Zeiträume auf die Neufassung der Vorschrift nach B Nr. 15.1 in der Fassung vom 14.07.2010 zurückgegriffen werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R –, juris). Da der Kläger mit Medikamenten, die die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen (Metformin, vgl. die Auskunft von Dr. Wa. , Blatt 74 der Senatsakte) behandelt wurde, ist auch kein Einzel-GdB für die Zeit bis zum 14.07.2010 anzunehmen.
Die geltend gemachten Lichtdermatose, die im Funktionssystem der Haut (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) zu berücksichtigen sind, ist ebenfalls nicht mit einem Einzel-GdB zu bemessen. Nach B Nr. 17 VG sind bei der Beurteilung des GdS von Hautkrankheiten Art, Ausdehnung, Sitz, Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, Begleiterscheinungen (wie Jucken, Nässen, Brennen, unangenehme und abstoßende Gerüche) und die Rezidivbereitschaft bzw. die Chronizität sowie die Notwendigkeit wiederholter stationärer Behandlung zu berücksichtigen. Bei Hautkrankheiten mit stark schwankendem Leidensverlauf kommt ein Durchschnitts-GdB in Betracht. Keiner der zahlreichen vorgelegten ärztlichen Befunde enthält die Diagnose einer Lichtdermatose, weshalb diese Behinderung bereits nicht nachgewiesen ist. Jedenfalls ist der Kläger wegen dieser Erkrankung keiner Behandlung bedürftig, der Kläger muss weder Medikamente ein- noch ärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen. Er hat in seinem Widerspruch angegeben, die Sonne zu meiden. Da dies auch durch Kleidung erfolgen kann, bedingt weder die Erkrankung noch das Vermeiden der Sonne eine GdB-relevante Teilhabebeeinträchtigung, sodass ein Einzel-GdB in diesem Funktionssystem nicht anzusetzen war. Auch wenn die Lichtdermatose als Sonnenlichtallergie betrachtet wird, kommt daher die Festsetzung eines GdB nicht in Betracht.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen; insbesondere konnte der Senat keine Gichterkrankung in GdB-relevantem Ausmaß feststellen. Die sonstigen bereits berücksichtigten Funktionsbehinderungen sind auch nach Prüfung durch den Senat zutreffend bewertet.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Arztauskünfte und ärztlichen Unterlagen sowie Gutachten bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit 40, gebildet aus Teil-GdB-Werten von - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes (Wirbelsäule), - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Ohren und - wobei Teil-GdB-Werte von 10 regemäßig nicht erhöhend wirken - zu bemessen. Dabei hat der Senat besonders berücksichtigt, dass sich die Folgen des Tinnitus sowie die Teilhabebeeinträchtigungen aufgrund der depressiven Erkrankung sowie der Anpassungsstörungen deutlich überlagern. Dies hat Dr. Z. in seinem Gutachten mit seinem Hinweis auf die psychischen Überlagerung deutlich herausgestellt.
Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 40 ist der Senat der Beurteilung durch Dr. W. nicht gefolgt. Dessen Bewertung mit einem GdB Von 50 konnte jedoch angesichts des eklatanten Abweichens von den Vorgaben der VG trotz der von ihm selbst mitgeteilten Befunde nicht Bestand haben und den Senat daher auch nicht überzeugen.
Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 40 hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Feststellung des GdB. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf (Erst-)Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB, mindestens 50 statt 40) seit dem 07.06.2010 zusteht.
Der 1953 geborene Kläger war als Diplom-Ingenieur (Bauleiter) bis Februar 2012 tätig, seither ist er arbeitslos bzw. befindet er sich in Rente/Altersteilzeit.
Am 07.06.2010 beantragte der Kläger beim Landratsamt des R. (LRA; Blatt 1/2 der Beklagtenakte) erstmals die Feststellung eines GdB. Zu seinem Antrag verwies er auf einen Diabetes mellitus, einen Tinnitus, LWS-Syndrome, ein depressives Erschöpfungssyndrom und Panikstörungen.
Das LRA zog Unterlagen des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. W. bei (Blatt 8/22 der Beklagtenakte), worunter sich ein Entlassbericht vom 245.11.2009 aus der in der Zeit vom 13.10.2009 bis 10.11.2009 zulasten der Deutschen Rentenversicherung durchgeführten psychosomatisch/psychotherapeutischen Rehabilitation findet (Blatt 11/22 der Beklagtenakte; Diagnosen: Anpassungsstörung, anankastische Persönlichkeitsstörung, Tinnitus aurium bds., chron. kompensiert SG-1, Diabetes mellitus Typ II, chronische Cervicalsyndrom).
Auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 19.07.2010 (Blatt 25 der Beklagtenakte; zugrundeliegenden Funktionsbehinderungen: Depression, Psychovegetatives Erschöpfungssyndrom (Einzel-GdB: 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (Einzel-GdB: 20), Diabetes mellitus (Einzel-GdB: 10), Ohrgeräusche/Tinnitus (Einzel-GdB: 10), Polyneuropathie (Einzel-GdB: 10)) stellte das LRA mit Bescheid vom 03.08.2010 (Blatt 26/27 der Beklagtenakte) beim Kläger einen GdB von 40 seit 07.06.2010 fest.
Mit seinem Widerspruch vom 10.08.2010 (Blatt 31/32, 33 der Beklagtenakte) machte der Kläger u.a. geltend, allein schon durch den beidseitigen Tinnitus komme es im beruflichen und privaten Leben zu enormen Beeinträchtigungen. Die hierauf beruhenden betrieblichen Spannungen wirkten sich unverhältnismäßig stark auf seine Psyche aus. Depressionen, Schlaflosigkeit und die Einnahme von starken Medikamenten seien die Folge. Hinzu kämen noch häufig auftretende Ischiasbeschwerden und die manchmal kaum noch zu ertragenden Folgen der Polyneuropathie. Im Übrigen seien eine seit Kindheit bestehende nicht heilbare Lichtdermatose und Gichtanfälle, die zeitweise unsägliche Schmerzen verursachten, nicht berücksichtigt.
Das LRA holte daraufhin eine Auskunft von Dr. W. (Blatt 37/38 der Beklagtenakte) ein sowie eine versorgungsmedizinische Stellungnahme von Dr. St. vom 07.09.2010 (Blatt 39/40 der Beklagtenakte) ein. Der Kläger führte mit Schreiben vom 11.10.2010 (Blatt 42 der Beklagtenakte) u.a. aus, seit der Kindheit an einer genetisch bedingten Lichtdermatose zu leiden. Diese sei nicht behandelbar; er sei seit 1986 nur einmal bei einem Dermatologen gewesen. Er habe das Beste daraus gemacht, "die Sonne zu meiden so gut es eben geht."
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2010 (Blatt 45/47 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück. Ein höherer GdB sei nicht anzunehmen; weder die Gicht noch die Lichtdermatose bedingten einen GdB von jeweils wenigstens 10.
Der Kläger hat am 01.12.2010 beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben und darauf hingewiesen, dass für das Wirbelsäulenleiden ein Teil-GdB von 30 angemessen sei. Für die Depression bzw. das psychovegetative Erschöpfungssyndrom müsse ein Teil-GdB von 40 angenommen werden, denn es bestünden erhebliche soziale Rückzugstendenzen bzw. eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Von einer Kompensation der Tinnitus-Erkrankung könne keine Rede sein; vielmehr führe dieser zu Konzentrationsstörungen, verminderter Stressbelastbarkeit, Schlafstörungen und depressiven Stimmungsschwankungen, weshalb zumindest ein Teil-GdB von 20 gerechtfertigt sei. Auch die Polyneuropathie müsse höher bewertet werden. Die Lichtdermatose bestehe seit Kindheit und könne nicht behandelt werden.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 27/46, 52/53, 54, 59/61 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. W. (Arzt für Allgemeinmedizin) hat dem SG mit Schreiben vom 10.03.2011 u.a. über Diabetes mellitus mit Polyneuropathie, Schlafstörungen, depressive Verstimmung mit Angstzuständen, Herzrasen und Tinnitus berichtet. Zuletzt habe er den Kläger wegen der Panikstörung, eines burn-out-Syndroms und einer somatoformen Störung an einen psychotherapeutisch tätigen Kollegen überwiesen. Wegen der erheblichen Auswirkungen auf dem psychiatrisch-psychosomatischen Sektor müsse hierfür ein Teil-GdB von 40 angenommen werden. Der Diabetes mellitus mit inzwischen mehreren Folgeschäden sei mit einem Teil-GdB von 30 anzusetzen. Insgesamt sei ein GdB von mindestens 50 anzunehmen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Re. hat dem SG unter dem 14.04.2011 geschrieben, er habe den Kläger zweimal untersucht (25.06.2007 und 16.03.2009). Der Kläger habe im Gespräch matt, erschöpft, subdepressiv mit resignativen Zügen gewirkt. Er habe konzentrationsgemindert gewirkt und deutliche Versagensängste gezeigt. Er- halte einen Teil-GdB von 30 für angemessen. Dr. Schn. , Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, hat in ihrer Stellungnahme vom 26.04.2011 mitgeteilt, im Vergleich zu den vom Versorgungsamt festgestellten Diagnosen ergäben sich keine weiteren Diagnosen, eine Erhöhung des GdB in ihrem Fachbereich verneinte sie. Der Facharzt für HNO Dr. F. hat dem SG mit am 17.05.2011 eingegangenem Schreiben mitgeteilt, der Kläger leide an einer beidseitigen milden pantonalen Schwerhörigkeit, derzeit wünsche der Kläger keine Hörgeräteversorgung. Der Tinnitus bestehe in doch recht erheblicher Lautstärke und führe zur Minderung der Konzentrationsfähigkeit und zu Schlaf- bzw. Durchschlafstörungen. Er hat den Teil-GdB für die von ihm beschriebenen Behinderungen mit 10 veranschlagt.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 21.09.2011 die Klage abgewiesen. Der GdB sei mit 40 zutreffend bewertet. Hinsichtlich der orthopädischen Erkrankungen werde schon seit längerem eine fachorthopädische Behandlung nicht mehr durchgefühlt worden. Es liege einzig der radiologische Befund vom 13.07.2009 vor, der eine mäßige Fehlhaltung der LWS ohne Nachweis eines Bandscheibenvorfalls oder einer spinalen Enge beschreibe. Bei einer geringgradigen Bandscheibenprotrusion an der unteren LWS bestünden jedoch keine eindeutigen Hinweise auf eine Wurzelirritationen. In dieser Situation sei für das Wirbelsäulenleiden ein Teil-GdB von 20 angemessen und ausreichend. Für den Diabetes mellitus sei ein über 10 hinausgehender Teil-GdB nicht anzunehmen. Denn alleine die von Dr. W. angeführten Folgeschäden (diabetische Polyneuropathie und beginnende Nephropathie) begründeten eine Höherstufung nicht. Aus HNO-ärztlicher Sicht trage ein Teil-GdB von 10 der leichtgradigen Hörminderung ausreichend Rechnung. Für Ohrgeräusche ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen sähen die Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdB von 0 bis 10 vor. Jedenfalls seien die Folgen dieses Krankheitsbildes im Rahmen der Depression und des psychovegetativen Erschöpfungszustandes, das mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten sei, ausreichend bemessen. Die Lichtdermatose führe zu keiner wesentlichen Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung, ähnlich verhalte es sich mit der Gicht. Insgesamt könne ein GdB von 50 nicht angenommen werden.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 26.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26.10.2011 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er leide unter erheblichen orthopädischen Beeinträchtigungen an der Wirbelsäule, wo abnutzungsbedingte Veränderungen im LWS-Bereich und im HWS-Bereich vorhanden seien. Außerdem bestehe im Bereich des Schultergelenkes eine eingeschränkte Beweglichkeit mit einem schmerzhaften Bogen. Auch erhalte er intervallmäßig Injektionsbehandlungen bzw. physiotherapeutische Maßnahmen, was für das Vorhandensein regelmäßig auftretender Wirbelsäulenblockaden spreche. Nicht gefolgt werden könne dem SG, wenn dieses eine wesentliche Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule schon deshalb nicht annehmen wolle, weil er nicht in einer laufenden fachorthopädischen Behandlung stehe. Bezüglich der Tinnitus-Erkrankung habe er in der Widerspruchsbegründung die Auswirkungen auf seine Psyche detailliert beschrieben. Der Tinnitus führe zu Konzentrationsstörungen, verminderter Stressbelastbarkeit, Schlafstörungen und depressiven Stimmungsschwankungen. Aus dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik ergebe sich, dass erhebliche psychisch-vegetative Begleiterscheinungen vorlägen, weshalb ein GdB von 20 angemessen sei. Insoweit verkenne das SG auch die Systematik der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinrichtlinie. Denn sowohl für eine Hörminderung als auch für einen Tinnitus sei jeweils ein Teil-GdB vorgesehen, wobei der für den Tinnitus vorgesehene Teil-GdB zu erhöhen sei, wenn zusätzlich psychovegetative Begleiterscheinungen aufträten. Bezüglich der psychischen Erkrankung sei den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen, warum die untere Grenze des GdB-Rahmens zur Anwendung komme und nicht die obere. Aus dem Reha-Entlassungsbericht ergebe sich, dass eine Anpassungsstörung bei anankastischer Persönlichkeit bestehe. Beeinträchtigungen bestünden insbesondere in den Bereichen der emotionalen Selbstwahrnehmung und Ressourcengewinnung, in Folge dessen sind die Aktivitäten im beruflichen Bereich sowie die Erholungsfähigkeit beeinträchtigt seien. Aus dem Reha-Bericht ergebe sich auch das Vorhandensein von Einschränkungen bei der Teilhabe an sozialen Aktivitäten, außerdem bereits eine Tendenz zu Zwangshandlungen.
Der Kläger hat einen Bericht des Orthopäden Dr. J. vom 01.12.2012 und einen Bericht des Radiologen Dr. N. vom 22.11.2011 (Blatt 31, 32 der Senatsakte) vorgelegt.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21.09.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Landratsamts des R. vom 03.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 09.11.2010 zu verurteilen, bei ihm seit 07.06.2010 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Zeugenaussage des behandelnden Arztes weise keinerlei objektive Funktionsparameter bezüglich der Wirbelsäule auf. Ohrgeräusche ließen sich nicht objektivieren und könnten daher nur anhand der hieraus resultierenden psychischen Belastungsfolgen bewertet werden. Die vom Kläger geforderte Anrechnung auf die Hörfähigkeit und die psychische Beeinträchtigung stelle eine Doppelbewertung dar, die nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht zulässig sei. Überdies sei der Gesamtkomplex der psychischen Beeinträchtigung durch Dr. Re. zutreffend mit dem Teil-GdB von 30 bewertet, so dass auch im Zusammenhang mit der Auskunft der Psychotherapeutin Dr. Schn. eine weitergehende Bewertung nicht in Betracht komme.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie, Manuelle Medizin, Sportmedizin Dr. Ry. als sachverständige Zeugin. In ihrer Stellungnahme vom 04.04.2012 (Blatt 35/37 der Senatsakte) hat sie berichtet, der Kläger klage über seit Jahren bestehende Schmerzen in der HWS sowie über rezidivierende Probleme mit der BWS und LWS. Seit einem halben Jahr beklage er auch eine Schmerzsymptomatik im linken Kniegelenk, insbesondere nach längerer Belastung. In der jüngsten Zeit beschreibe er auch ein pelziges Gefühl in den Fingern beider Hände sowie ein Rauschen in den Ohren bei bekanntem Tinnitus.
Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädisch-sozialmedizinischen Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallmedizin, Notfallmedizin, Sozialmedizin Dr. T ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.12.2012 (Blatt 43/68 der Senatsakte) depressive Episoden, eine Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule, einen Diabetes mellitus und eine arterielle Hypertonie und Ohrgeräusche beidseits festgestellt. Die depressiven Episoden bewertete er mit einem Teil-GdB von 30, die Wirbelsäulenerkrankung mit einem Teil-GdB von 20, die weiteren Behinderungen mit Teil-GdB-Werten von jeweils 10.
Hiergegen hat der Kläger (Schreiben vom 12.02.2013, Blatt 72/73 der Senatsakte) u.a. eingewandt, dass der Schwerpunkt der Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe und sich erheblich verschlechtert habe.
Für den vom Senat erneut als sachverständigen Zeugen befragten Dr. W. hat dessen Praxisnachfolger Dr. We. in seiner Auskunft vom 12.02.2013 (Blatt 74/83 der Senatsakte) über orale Medikation mit Metformin 850 Behandlung berichtet, eine Hypoglykämie unter alleiniger Biguanidtherapie (Metformin) sei äußerst unwahrscheinlich. Es erfolge keine Insulintherapie. Beklagt würde ein Brennen an den Füßen nach dem Hinlegen. Eine hierfür ursächliche diabetische Polyneuropathie sei angenommen worden, habe aber klinisch oder neurophysiologisch nicht nachgewiesen werden können. Die regelmäßigen Sensibilitätsprüfungen seien unauffällig. Folgeerkrankungen aufgrund der Diabetestherapie seien nicht bekannt.
Der Kläger hat nunmehr einen Bericht der Klinik in der Z. GmbH (psychotherapeutische Medizin, Psychosomatik) vom 24.10.2012 (Blatt 85/88 der Senatsakte) über einen stationären Aufenthalt vom 30.06.2012 bis zum 03.08.2012 vorgelegt, worin die Diagnosen einer schweren akuten depressiven Episode (reaktiv), einer Anpassungsstörung bei Arbeitslosigkeit und Krebserkrankung der Ehefrau, einer Schlafstörung, einer Somatisierungsstörung, eines Diabetes mellitus Typ II, der Verdacht auf ein Reizdarmsyndrom und ein Tinnitus aurium bds. berichtet werden.
Nachdem der Kläger weitere ärztliche Berichte (Bericht des Orthopäden Dr. Fr. vom 07.05.2013 und Ergebnisse ohrenärztlicher Untersuchungen; Blatt 93/97 der Senatsakte) vorgelegt und darauf hingewiesen hatte, dass eine beidseitige Hörgeräteversorgung verordnet worden sei (vgl. Schreiben vom 12.07.2013, Blatt 92 der Senatsakte) und nach einer Stellungnahme des Beklagten (Blatt 101/105 der Senatsakte, mit versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr. Br. vom 17.10.2013), in der die Korrektheit der ohrenärztlichen Untersuchungsbefunde in Zweifel gezogen worden war, hat der Senat beim Facharzt für HNO und Umweltmedizin Dr. Z. ein Gutachten eingeholt. Dr. Z. hat in seinem Gutachten vom 20.02.2014 (Blatt 111/129 der Senatsakte) ausgeführt, auf HNO-ärztlichem Fachgebiet liege eine schwer eingrenzbare gering- bis maximal mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits sowie ein chronischer Tinnitus beidseits vor. Zusätzlich zur Innenohrschwerhörigkeit sei eine beidseitige leichte Schallleitungskomponente über alle Frequenzen nicht auszuschließen. Eine deutliche psychogene Überlagerung auch bezüglich des Tinnitus sei anzunehmen. Die Hörstörung und der chronische Tinnitus beidseits könnten näherungsweise mit einem Teil-GdB von maximal 20 bewertet werden.
In einer vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Br. vom 09.10.2014 (Blatt 135/136 der Senatsakte) hat dieser ausgeführt, die anlässlich der gutachterlichen Untersuchung festgestellte Schwerhörigkeit bleibe "in Teilen unklar". Der Gutachter sei wegen nicht reproduzierbarer Messergebnisse bei den Hörprüfungen zu der Einschätzung gekommen, dass eine übliche Bewertung nach der Tabelle von Boenninghaus und Röser kaum möglich sei. Die objektive Audiometrie mit Schwellenbestimmung habe eine im Vergleich deutlich besser liegende Hörschwelle ergeben. Die Werte der Sprachaudiometrie seien bei mehrfach durchgeführten Messungen zu stark voneinander abgewichen, so dass sie als gesicherter Bewertungsmaßstab nicht hätten herangezogen werden können. Die im Rahmen einer psychischen Überlagerung oder einer etwaigen Verdeutlichungstendenz angenommenen Werte könnten jedoch nicht dazu führen, dem Kläger eine höhere Bewertung zuteil werden zu lassen. Da die objektive Messung der Hörschwelle keinen pathologischen Befund ergeben habe und die übrigen, subjektiven Einflüssen unterliegenden Messergebnisse nicht reproduzierbar seien, könne nicht empfohlen werden, für diese Störung einen höheren GdB als 10 anzuerkennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 03.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 09.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 40. Das SG hat die Klage zu recht abgewiesen.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Das Funktionssystem des Rumpfes (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, besteht beim Kläger eine mittelgradig ausgeprägte degenerative Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule mit endgradiger Funktionsbeschränkung sowie eine endgradige Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule. Dies konnte der Senat auf der Basis des Gutachtens von Dr. T. feststellen. Jedoch konnte der Gutachter Dr. T. im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule keine Verschleißerscheinungen nachweisen, die das altersentsprechende Maß überschritten (Blatt 61 der Senatsakte = Seite 19 des Gutachtens). Im Hinblick auf die Beweglichkeit der Wirbelsäule in ihren einzelnen Abschnitten konnte Dr. T. überall lediglich endgradige Funktionseinschränkungen darstellen (vgl. Blatt 61, 67 der Senatsakte = Seite 19, 67 des Gutachtens): Gutachten Dr. T. Untersuchung am 04.12.2012 HWS Kinn-Jugulum-Abstand 2 cm, bei maximaler Überstreckung: 19 cm Drehung rechts/links 60-0-60 Seitwärtsneigung rechts/links 40-0-40 BWS/LWS Streckung/Vorbeugung (FBA) 11 cm Ott 30/32 cm Schober 10/14 cm Seitneigung rechts/links 40-0-40 Seitdrehung rechts/links im Sitzen 40-0-40
Dr. T. konnte keine wesentlichen Muskelhartspanne oder Myogelosen, eine bedeutsame Druckschmerzhaftigkeit oder einen segmentalen Stauchungs- oder Durchfederungsschmerz darstellen. Die Rückenmuskulatur war physiologisch normal aufgebaut. Dagegen hat Dr. Fr. (Blatt 93 der Senatsakte) im Bericht vom 07.05.2013 bei einem Schober-Zeichen von 10/13 cm lumbal paravertebral Myogelosen, neurologisch ohne Befund, beschrieben. Neurologische bzw. radikuläre Ausfallerscheinungen bestehen auch nach dem Gutachten von Dr. T. nicht (z.B. Blatt 58 der Senatsakte = Seite 16 des Gutachtens). Der Kläger hat dagegen Schmerzen und dreimal jährlich Ischiasbeschwerden (Blatt 47 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens Dr. T. ) beschrieben. Rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden wurden auch vom Kläger gegenüber seinen Ärzten beschrieben (vgl. Berichte Dr. J. vom 01.02.2012, Blatt 31 der LSG-Akte bzw. Auskunft Dr. Ry. vom 04.04.2012, Blatt 35/37 der LSG-Akte). In der orthopädischen Arztpraxis von Dr. J. , Dr. Ry. u. Koll. war der Kläger jedoch erstmalig am 14.11.2011 vorstellig geworden und bis April 2012 insgesamt auch nur zweimal behandelt (Aussage von Dr. Ry. vom 04.04.2012). Dr. W. hat eine Behandlungsfrequenz von zwei- bis dreimal pro Monat für das Jahr 2010 angegeben, jedoch sind in seiner Darstellung der hierbei geklagten Beschwerden keine wirbelsäulenbezogene Gesundheitsstörungen genannt, die Anlass für Praxisbesuche des Klägers im Jahr 2010 waren (Aussage von Dr. W. vom 10.03.2011). Der Senat konnte daher rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilitäten nicht feststellen. Allenfalls kommen seltene und kurz dauernd auftretende Wirbelsäulensyndrome in Betracht. Länger andauernde oder schwere Syndrome konnten auch die behandelnden Ärzte nicht darstellen. Damit konnte der Senat in keinem der Wirbelsäulenabschnitte mittelgradige funktionelle Auswirkungen feststellen. Dies wird auch durch Dr. T. bestätigt, der einen Teil-GdB von 20 für den oberen Rand des Ermessensspielraumes hält (Blatt 61 der Senatsakte = Seite 19 des Gutachtens). Dass der Kläger an der Halswirbelsäule unter einer mittelgradig ausgeprägten degenerativen Verschleißerkrankung leidet, bedeutet für sich noch keine mittelschweren funktionellen Auswirkungen i.S. von B Nr. 18.9 VG. Denn zum Einen sind nicht die Diagnosen sondern vielmehr die funktionellen Auswirkungen bei der GdB-Bemessung zu berücksichtigen, zum Anderen konnte der Senat aber mittelschwere funktionelle Auswirkungen gerade nicht feststellen. Damit ist im Funktionssystem des Rumpfes ein Einzel-GdB von 10 anzusetzen.
Im Funktionssystem der Arme (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), wozu auch die Hände und die Schulter gehören, konnte der Senat die vom Kläger angegebenen eingeschränkte Beweglichkeit des Schultergelenks mit einem schmerzhaften Bogen nicht feststellen. Weder ergeben sich aus dem Rehabericht der B.-Klinik noch dem Gutachten von Dr. T. relevante Einschränkungen der Funktion der Schultern. So hat Dr. T. eine normgemäße Beweglichkeit (vgl. Blatt 66 der Senatsakte = Anlage zum Gutachten "Messblatt für Obere Gliedmaßen") erhoben und einen schmerzhaften Bogen bei beidseits problemlos möglichen Schürzen- und Nackengriff verneint. Ein Einzel-GdB konnte der Senat daher in Anbetracht der Vorgaben von B Nr. 18.13 VG in diesem Funktionssystem nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Beine (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), konnte der Senat auf Basis der Auskünfte der behandelnden Ärzte (vgl. z.B. Auskunft Dr. Ry. , Blatt 35/37 der LSG-Akte, Bericht Dr. Fr. , Blatt 93 der LSG-Akte) und des Gutachtens von Dr. T. keinen Einzel-GdB feststellen, denn relevante Funktionsbeeinträchtigungen (dazu vgl. B Nr. 18.13 VG) sind weder vorgetragen worden noch konnte der Senat solche ermitteln. Soweit vereinzelt eine Spreizfußbildung (Gutachten Dr. T. , Blatt 58 der Senatsakte = Seite 16 des Gutachtens) angesprochen wurde, rechtfertigt diese - weil vorliegend ohne statische Auswirkungen - keinen Teil-GdB von 10. Auch die Schmerzhaftigkeit der Knie begründet ohne funktionelles Defizit keinen Teil-GdB.
Das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) ist beim Kläger durch eine depressive Erkrankung bei psychovegetativem Erschöpfungssyndrom beeinträchtigt. Diese psychische Erkrankung wird als reaktive Depression (Dr. Re. vom 16.03.2009, Blatt 32 der SG-Akte, Bericht Klinik an der Z. vom 24.10.2012, Blatt 85/89 der Senatsakte), mittelgradige depressive Störung (Bericht Dr. Re. vom 22.11.2011, Blatt 75 der Senatsakte), chronifizierte mittelgradige depressive Störung (Bericht Dr. Re. vom 22.11.2012, Blatt 78 der Senatsakte) und als Anpassungsstörung bei anankastischer Persönlichkeit (Rehabericht B.-Klinik vom 24.11.2009, Blatt 36/46 der SG-Akte, Bericht Klinik an der Z. vom 24.10.2012, Blatt 85/89 der Senatsakte) beschrieben. Da jedoch - wie von den Ärzten der Klinik an der Z. und Dr. Re. dargestellt - eine reaktive Erkrankung vorliegt, bei der jeweils eine Besserung nach Behandlung eingetreten ist (dazu vgl. Rehabericht B.-Klinik vom 24.11.2009, Blatt 36/46 der SG-Akte, Bericht Klinik an der Z. vom 24.10.2012, Blatt 85/89 der Senatsakte) handelt es sich - selbst wenn eine chronische Basisdepressivität angenommen wird - nicht um einen Dauerzustand gesundheitlicher Beeinträchtigung. Bei Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf ist der GdB mit einem Durchschnittswert zu bewerten (A Nr. 2 Buchst. f) VG), sodass bei der GdB-Beurteilung von dem "durchschnittlichen" Ausmaß der Beeinträchtigung ausgegangen werden muss (a.a.O.). Insgesamt wurde der Kläger sowohl im Rehabericht als auch im Bericht der Klinik an der Z. (ebenso Berichte Dr. Re. vom 22.11.2012 und 22.11.2011, Blatt 78, 75 der Senatsakte) als wach, bewusstseinsklar und in allen Qualitäten voll orientiert beschrieben. Er hatte zwar Konzentrationsstörungen gezeigt, jedoch keine ausgeprägten mnestischen und kognitiven Defizite. Dr. Re. diagnostizierte jeweils eine mittelgradige – zuletzt chronifizierte – Depression. Der Bericht der Klinik an der Z. beschreibt den Kläger im Juli 2012 unter schwerer akuter depressiver Episode als im Antrieb deutlich reduziert und hinsichtlich der Psychomotorik insgesamt verlangsamt. Der formale Gedankengang war leicht verlangsamt und inhaltlich grüblerisch eingeengt auf Themen seiner momentanen Lebenssituation; dagegen konnte der Rehabericht der B.-Klinik aufgrund der Behandlung im Oktober/November 2009 noch über einen geordneten formalen Gedankengang ohne belangvolle depressive Symptomatik berichten. Affektiv wurde der Kläger von den Ärzten der Klinik an der Z. als deutlich depressiv verstimmt, teilweise verzweifelt beschrieben, jedoch wurden depressive Wahninhalte ebenso wenig gefunden, wie Anhaltspunkte für akute/latente Suizidalität. Der Kläger wurde nach erfolgreicher medikamentöse Einstellung psychisch stabilisiert zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen. Der Kläger hat schließlich gegenüber dem Gutachter Dr. Z. im November 2013 nicht mehr über eine antidepressive Medikation berichtet (Blatt 115 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens) und bereits dem orthopädischen Gutachter Dr. T. bei dessen Untersuchung am 04.12.2012 bei eine im Mai 2012 beendete psychotherapeutische Gesprächstherapie und keine Wiederaufnahme der fachärztlichen Behandlung beschrieben. Bei der am 22.11.2012 erfolgten fachärztlichen Untersuchung bei Dr. Re. wurde dann keine schwere, sondern wieder die bisherige mittelgradige depressive Störung diagnostiziert. Gemäß B Nr. 3.7 VG 3.7 ist für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ein GdB-Rahmen von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten ein GdB-Rahmen von 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten ein GdB-Rahmen von 80 bis 100 vorgesehen. Vom Vorliegen einer schweren Störung, insbesondere einer schweren Zwangskrankheit, konnte sich der Senat auch bei der beim Kläger bestehenden anankastischen Persönlichkeit nicht überzeugen. Denn keiner der behandelnden Ärzte konnte hier Anhaltspunkte für eine besondere Relevanz dieser Störung im Zusammenspiel mit der depressiven Erkrankung darstellen. Daher ist der vom Beklagten um vom SG angenommene Teil-GdB von 30 für eine bestehende stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig. Auch der Senat konnte sich nicht vom Vorliegen eines relevanten sozialen Rückzugs überzeugen. So wurde im Rehabericht der B.-Klinik ein arbeitender Kläger beschrieben, der bei einem strukturierten, genau geplanten Tagesablauf leitende Tätigkeit aus technischer Bauleiter ausübt. Er verfügt über einen "befriedigenden" Freundeskreis, Spaß mache es dem Kläger, in Geschäften zu bummeln. Dieses Verhalten mit strukturiertem Tagesablauf, Freundeskreis und dem Bummeln in Geschäften, mithin unter sozialem Kontakt, zeigt gerade keinen relevanten sozialen Rückzug auf. Ein solcher kann auch nicht dem Bericht der Klinik an der Z. entnommen werden. Der dort beschriebene Eintritt in die Altersteilzeit (gegenüber Dr. T. hat der Kläger von Arbeitslosigkeit berichtet, Blatt 45 der Senatsakte = Seite 3 des Gutachtens) und damit die Aufgabe der Beschäftigung bedeutet gerade keinen sozialen Rückzug, sondern eine - wenn auch durch Mobbing und die Arbeitssituation bedingte - bewusste Lebensgestaltung (vgl. Bericht der Klinik an der Z. , Blatt 88 der SG-Akte = Seite 4 des Berichts). Auch konnte er in der Klinik mit anderen Patienten in Kontakt treten, was ebenfalls nicht auf einen erheblichen sozialen Rückzug hindeutet. So hat der Kläger gegenüber Dr. T. bei dessen Untersuchung im Dezember 2012 einen strukturierten Tagesablauf beschrieben, der Hausarbeiten, Spaziergänge, Einkäufe, Büroarbeiten, Internetsurfen, Kontakte zu seiner Schwester und zum Freundeskreis umfasst (vgl. Blatt 46/47 der Senatsakte = Seite 4/5 des Gutachtens). Auch ein Urlaub im Mai 2012 (Kreuzfahrt auf der Aida) wurde berichtet. Diese Umstände zeigen, dass der Kläger noch in der Lage ist, sozial zu kommunizieren und ein relevanter sozialer Rückzug nicht eingetreten ist. Dem Gutachter Dr. Z. hat er gar keine Anhaltspunkte für einen sozialen Rückzug mehr angegeben. Zwar mag der Tod der Mutter im Jahr 2010 und die Krebserkrankung der Ehefrau den Kläger belastet haben, doch hat sich dies "lediglich" in reaktiven Depressionen ausgedrückt, die einer Besserung zugänglich waren und daher keinen Dauerzustand bildeten. Die Beeinträchtigung der emotionalen Selbstwahrnehmung als solche stellt dabei keine funktionelle Beeinträchtigung dar. Sie ist Grundlage und Teil der depressiv bedingten Erschöpfung, deren hieraus resultierenden funktionellen Einschränkungen der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit wie dargelegt bereits berücksichtigt sind. Im Ergebnis und im Hinblick auf die mit der beim Kläger bestehenden Erkrankung einhergehenden Schwankungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Teil-GdB von 30 jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig ist. Dabei hat er die Erschöpfungssituation, die Anpassungsstörung, die Schlafstörung und die Somatisierungsstörung mitberücksichtigt.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) ist wegen einer Polyneuropathie bzw. Sensibilitätsstörungen ein weiterer Teil-GdB nicht festzustellen. Nach B Nr. 3.11 ergeben sich bei den Polyneuropathien die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund motorischer Ausfälle (mit Muskelatrophien), sensibler Störungen oder Kombinationen von beiden. Der GdB motorischer Ausfälle ist in Analogie zu den peripheren Nervenschäden einzuschätzen. Bei den sensiblen Störungen und Schmerzen ist zu berücksichtigen, dass schon leichte Störungen zu Beeinträchtigungen - z. B. bei Feinbewegungen - führen können. Zwar hat der Kläger geltend gemacht, es bestehe eine Polyneuropathie und eine Gefühlsstörung am Oberschenkel. Jedoch konnte sich der Senat nicht vom Vorliegen dieser Erkrankungen oder hieraus resultierenden Funktionsstörungen überzeugen. Dr. Wa. hat gegenüber dem Senat (ausgesagt, dass sich eine diabetische Polyneuropathie nicht bestätigt habe. Außerdem hat er bei den regelmäßigen Sensibilitätsprüfungen einen unauffälligen Befund mitgeteilt (Blatt 74 der Senatsakte). Soweit der Kläger Sensibilitätsstörungen an den Beinen geltend macht, konnte auch Dr. T. diese in seinem Gutachten nicht objektivieren, außerdem konnte der Senat daraus folgende Teilhabebeeinträchtigungen nicht feststellen. Gleiches gilt für eine teilweise angenommene Neuralgie bei brennenden Füßen nach dem Zu-Bett-Gehen. Ein Teil-GdB war daher nicht festzusetzen. Daran, dass der Beklagte (vgl. die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. St. , Blatt 38/39 der Beklagtenakte) bisher insoweit einen Teil-GdB von 10 angenommen hatte, ist der Senat nicht gebunden. Hieran hat der Beklagte unter Bezugnahme auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Br. vom 17.10.2013 zuletzt auch nicht mehr festgehalten.
Im Hinblick auf die Bewertung der psychiatrischen Erkrankungen des Klägers mit einem Teil-GdB von 30 ist der Einzel-GdB im Rahmen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche mit 30 anzunehmen.
Das Funktionssystem der Ohren (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) ist beim Kläger durch den von Dr. Z. festgestellten chronischen Tinnitus sowie die Schwerhörigkeit beidseits beeinträchtigt. Im Funktionssystem der Ohren ist unter Berücksichtigung des Teil-GdB von 10 für die Schwerhörigkeit sowie eines Teil-GdB von 20 für den Tinnitus unter integrativer Bewertung ein Einzel-GdB von 20 zu bilden. Soweit der Kläger hier eine besondere berufliche Beeinträchtigung durch die Konzentrationsstörungen und die Unmöglichkeit zu Telefonieren geltend macht, begründet dies keinen GdB. Denn nach A Nr. 2 Buchst. b) VG ist der GdB grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen. Nach B Nr. 5.3 VG ist für Ohrgeräusche (Tinnitus) ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen ein GdB-Rahmen von 0 bis 10 vorgesehen. Bestehen dagegen erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen ist der GdB mit 20 anzunehmen, bei wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägte depressive Störungen) ist ein GdB-Rahmen von 40 bis 50 und bei schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten mindestens ein GdB von 50 vorgesehen. Beim Kläger bestehen - wie zuvor ausgeführt - psychovegetative Begleiterscheinungen (Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen), wobei fraglich ist, ob diese einerseits erheblich sind – im Entlassungsbericht der Klinik in der Z. vom 24.10.2012 und im Arztbrief von Dr. Re. vom 22.11.2012 werden zuletzt nur Ein- und Durchschlafstörungen gegenüber Schlaflosigkeit, wie im Arztbrief von Dr. Re. vom 22.11.2011, berichtet – und andererseits diese eher Folgen der Depression – ein Zusammenhang der Konzentrations- und Schlafstörungen mit dem Tinnitus wird im Entlassungsbericht der Klinik in der Z. vom 24.10.2012 nicht hergestellt bei depressionsbedingter Grübelneigung und Unfähigkeit zur Entspannung mit anamnestischen angegebener Depression seit 5 Jahren und Tinnitus seit 4 Jahren – anstatt des Tinnitus sind. Dagegen ist die depressive Erkrankung (dazu s.o.) nicht wesentlich auf den Tinnitus zurückzuführen, denn es handelt sich - wie auch die Ärzte der Klinik an der Z. bestätigt haben, um eine reaktive Depression, also um eine unmittelbare Reaktion in Bezug auf einen belastenden Vorfall, der im Leben des Klägers vorgekommen ist, und nicht um eine überwiegend durch die Ohrgeräusche verursachte Erkrankung. Damit konnte der Senat einen Teil-GdB von 20 für den Tinnitus nicht uneingeschränkt annehmen, jedenfalls ist diese Bewertung nicht zu niedrig. Die Schwerhörigkeit des Klägers ließ sich durch den Gutachter Dr. Z. zwar nachweisen, jedoch konnte der Umfang der Schwerhörigkeit beidseits nicht nachvollziehbar objektiviert werden. Vielmehr hat Dr. Z. angegeben, in der mitarbeitsabhängigen Sprachaudiometrie seien nicht reproduzierbare Ergebnisse aufgetreten (Blatt 123 f. der Senatsakte = Seite 13 des Gutachtens). Auch in der Tonaudiometrie hat sich ein kongruenter Verlauf der Luft- und Knochenleitungskurven nicht ermitteln lassen. Der beidseitig bereits ab 3 kHz mit 35 dB weißem Rauschen abdeckbare Tinnitus ist eindeutig ein Zeichen einer tatsächlich besseren Hörfähigkeit (Gutachten Dr. Z. Blatt 123 der Senatsakte = Seite 13 des Gutachtens). Lässt sich aber mitarbeitsabhängig eine Beurteilung nach der von den VG verbindlich vorgesehenen Messmethode nach Boenninghaus und Röser (vgl. B Nr. 5.2.1 VG) nicht ermitteln, wäre ein GdB mangels entsprechender Feststellung nicht anzunehmen. Jedoch konnte der Senat unter Berücksichtigung der weiteren Ärztlichen Unterlagen von Dr. E. (Blatt 94 ff. der Senatsakte) und dessen Auskunft gegenüber dem SG (Blatt 59/61 der SG-Akte) sich von einem Teil-GdB von 10 überzeugen. Zwar hat der Kläger durch die Vorlage der Hörgeräteverordnung im Berufungsverfahren sinngemäß eine Verschlechterung geltend gemacht. Doch hatte Dr. E. bereits gegenüber dem SG eine - vom Kläger damals nicht gewünschte - Hörgeräteversorgung für erforderlich gehalten. Da die von Dr. Z. gemessenen Werte einen objektivierbaren Rückschluss auf den tatsächlichen Umfang der Hörbeeinträchtigung nicht zulassen, jedoch anhand der bisherigen Befunde ein Teil-GdB von 10, so hat dies Dr. F. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom Mai 2011 für die Gehörseinschränkung und den Tinnitus zusammen bejaht,angenommen werden kann, ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Teil-GdB vorliegend anzusetzen ist.
Die das Funktionssystem Herz und Kreislauf (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) betreffende Hypertonie wurde vom Gutachter Dr. T. erstmals festgestellt (Blatt 48/49 der Senatsakte = Seite 8/9 des Gutachtens). Folgeerkrankungen bestehen nicht. Gegenüber dem HNO-ärztlichen Gutachter Dr. Z. hat der Kläger angegeben (Blatt 115 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens), dass der Blutdruck seit einem Jahr medikamentöse bei täglicher Medikamenteneinnahme (1 x Ramipril täglich) gut eingestellt ist. Augenhintergrundveränderungen konnten nicht festgestellt werden (vgl. auch Blatt 33 der SG-Akte). Daher konnte der Senat keine Leistungsbeeinträchtigungen feststellen und damit unter Berücksichtigung der Vorgaben von B Nr. 9.3 VG einen Teil-GdB von 10 nicht annehmen. Da im Funktionssystem keine weiteren Funktionsbehinderungen vorliegen entspricht der Einzel-GdB dem Teil-GdB, weshalb vorliegend ein Einzel-GdB nicht anzunehmen war.
Im Funktionssystem des Stoffwechsels und der inneren Sekretion (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) besteht beim Kläger ein medikamentös behandelter Diabetes mellitus Typ II. Dr. Wa. (Blatt 74 der Senatsakte) konnte gegenüber dem Senat darlegen, dass der Kläger mit Metformin behandelt ist, eine Hypoglykämie äußerst unwahrscheinlich ist und eine Insulintherapie nicht durchgeführt wird. Außerdem konnte er Folgeerkrankungen ausschließen. Auch in augenärztlicher Hinsicht bestehen keine Folgeerkrankungen (vgl. das Attest von Dr. Di. vom 30.04.2010, Blatt 33 der SG-Akte). Da die Behandlung mit Metformin regelhaft eine Hypoglykämie nicht auslösen kann und der Kläger nicht in seiner Lebensführung beeinträchtigt ist, konnte der Senat unter Beachtung der Vorgaben von B Nr. 15.1 VG einen Teil-GdB nicht annehmen. Da im Funktionssystem keine weiteren Funktionsbehinderungen vorliegen entspricht der Einzel-GdB dem Teil-GdB, weshalb vorliegend ein Einzel-GdB nicht anzunehmen war. Da sowohl die Regelungen der AHP als auch die bis zum 15.07.2010 geltenden Regelungen der VG nicht zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus geeignet waren, kann auch für in der Vergangenheit liegende Zeiträume auf die Neufassung der Vorschrift nach B Nr. 15.1 in der Fassung vom 14.07.2010 zurückgegriffen werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R –, juris). Da der Kläger mit Medikamenten, die die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen (Metformin, vgl. die Auskunft von Dr. Wa. , Blatt 74 der Senatsakte) behandelt wurde, ist auch kein Einzel-GdB für die Zeit bis zum 14.07.2010 anzunehmen.
Die geltend gemachten Lichtdermatose, die im Funktionssystem der Haut (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) zu berücksichtigen sind, ist ebenfalls nicht mit einem Einzel-GdB zu bemessen. Nach B Nr. 17 VG sind bei der Beurteilung des GdS von Hautkrankheiten Art, Ausdehnung, Sitz, Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, Begleiterscheinungen (wie Jucken, Nässen, Brennen, unangenehme und abstoßende Gerüche) und die Rezidivbereitschaft bzw. die Chronizität sowie die Notwendigkeit wiederholter stationärer Behandlung zu berücksichtigen. Bei Hautkrankheiten mit stark schwankendem Leidensverlauf kommt ein Durchschnitts-GdB in Betracht. Keiner der zahlreichen vorgelegten ärztlichen Befunde enthält die Diagnose einer Lichtdermatose, weshalb diese Behinderung bereits nicht nachgewiesen ist. Jedenfalls ist der Kläger wegen dieser Erkrankung keiner Behandlung bedürftig, der Kläger muss weder Medikamente ein- noch ärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen. Er hat in seinem Widerspruch angegeben, die Sonne zu meiden. Da dies auch durch Kleidung erfolgen kann, bedingt weder die Erkrankung noch das Vermeiden der Sonne eine GdB-relevante Teilhabebeeinträchtigung, sodass ein Einzel-GdB in diesem Funktionssystem nicht anzusetzen war. Auch wenn die Lichtdermatose als Sonnenlichtallergie betrachtet wird, kommt daher die Festsetzung eines GdB nicht in Betracht.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen; insbesondere konnte der Senat keine Gichterkrankung in GdB-relevantem Ausmaß feststellen. Die sonstigen bereits berücksichtigten Funktionsbehinderungen sind auch nach Prüfung durch den Senat zutreffend bewertet.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Arztauskünfte und ärztlichen Unterlagen sowie Gutachten bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit 40, gebildet aus Teil-GdB-Werten von - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes (Wirbelsäule), - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Gehirns einschließlich der Psyche, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Ohren und - wobei Teil-GdB-Werte von 10 regemäßig nicht erhöhend wirken - zu bemessen. Dabei hat der Senat besonders berücksichtigt, dass sich die Folgen des Tinnitus sowie die Teilhabebeeinträchtigungen aufgrund der depressiven Erkrankung sowie der Anpassungsstörungen deutlich überlagern. Dies hat Dr. Z. in seinem Gutachten mit seinem Hinweis auf die psychischen Überlagerung deutlich herausgestellt.
Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 40 ist der Senat der Beurteilung durch Dr. W. nicht gefolgt. Dessen Bewertung mit einem GdB Von 50 konnte jedoch angesichts des eklatanten Abweichens von den Vorgaben der VG trotz der von ihm selbst mitgeteilten Befunde nicht Bestand haben und den Senat daher auch nicht überzeugen.
Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 40 hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Feststellung des GdB. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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