Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
28
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KA 765/14 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Antrag auf sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 13.02.2014 (Bescheid vom 20.03.2014), soweit mit diesem der Antragsteller als Facharzt für Psychosomatische Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde (Anrechnungsfaktor 0,5), wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin. Er begehrt die sofortige Vollziehung der ihm erteilten hälftigen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern fasste am 10.06.2013 den Beschluss, dass sich für einzelne aufgeführte Planungsbereiche bei der Arztgruppe der Psychotherapeuten entsprechend § 25 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie im Einzelnen näher bestimmte Zulassungsmöglichkeiten ergäben, bis für die jeweilige Gruppe an ausschließlich oder überwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzten bzw. Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch be-handeln, die Mindestversorgungsanteile von 25 % bzw. 20 % überschritten seien. Im Planungsbereich Lkr. Mühldorf a. Inn stellte der Landesausschuss bei der Arztgruppe der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte 1,5 verbleibende freie Sitze fest. Potentielle Bewerber hätten ihre Zulassungsanträge und sämtliche hierfür gem. § 18 Ärzte-ZV erforderlichen Unterlagen bis spätestens 30. August 2013 beim zuständigen Zulassungsausschuss einzureichen. Der Beschluss des Landesausschusses wurde im Bayerischen Staatsanzeiger vom 12.07.2013 (Nr. 28) bekannt gemacht.
Für eine Zulassung im Planungsbereich Mühldorf am Inn bewarben sich innerhalb der Frist neben dem Antragsteller die zwei Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. D. und Dr. E., sowie der Beigeladene zu 8., der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist. Der Antrag auf Zulassung des Beigeladenen zu 8. ging am 30.08.2013 beim Zulassungsausschuss ein. Zum Vertragsarztsitz machte der Beigeladene zu 8. in dem Antragsformular folgende Angaben: "Straße, Hausnummer: noch offen PLZ, Ort: Landkreis Mühldorf"
Der Zulassungsausschuss ließ in seiner Sitzung vom 23.10.2013 den Antragsteller sowie Prof. D. und Dr. E. jeweils im Planungsbereich Stadt Mühldorf zur vertragsärztlichen Versorgung zu (jeweils Anrechnungsfaktor 0,5). Der Antrag auf Zulassung des Beigeladenen zu 8. wurde abgelehnt. Der Zulassungsausschuss stellte fest, dass der Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 8. zwar fristgemäß eingegangen, jedoch unvollständig gewesen sei. Der Beigeladene zu 8. habe in seinem Zulassungsantrag keinen Vertragsarztsitz im Planungsbereich Mühldorf angegeben. Der Antrag des Beigeladenen zu 8. sei daher bereits wegen Unvollständigkeit abzulehnen und für die weitere Auswahlentscheidung nicht zu berücksichtigen gewesen. In der mündlichen Verhandlung sei dem Beigeladenen zu 8. durch den Vorsitzenden des Zulassungsausschusses mitgeteilt worden, dass sein Zulassungsantrag nicht berücksichtigt werden könne, da dieser zum Stichtag (30.08.2013) der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses nicht vollständig vorgelegen habe. Er sei darauf hingewiesen worden, dass er keinen Vertragsarztsitz benannt habe. Der Beigeladene zu 8. habe daraufhin mitgeteilt, dass ihm ein Berater der Beigeladenen zu 1. die Vollständigkeit seines Antrages bestätigt habe.
Die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. beantragte mit Schreiben vom 28.10.2013 beim Zulassungsausschuss u.a., über den Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 8. in der nächsten Sitzung erneut zu verhandeln. Zugleich teilte sie mit, dass der Beigeladene zu 8. die Zulassung für einen Vertragsarztsitz in der E-Straße in 84453 Mühldorf begehre.
Mit Schreiben vom 30.12.2013 legte die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. Wider-spruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.10.2013 (Bescheid vom 05.12.2013) ein.
Mit Schreiben vom 21.01.2014 lud der Antragsgegner die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2014. In der Postzustellungsurkunde, mit der die Ladung an die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. versandt wurde und die die falsche Hausnummer der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 8. enthielt, wurde als Tag der Zustellung der 22.01.2014 vermerkt. Diese Postzustellungsurkunde ging mit dem Zustellungsvermerk am 27.01.2014 beim Antragsgegner wieder ein. Die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. teilte mit Telefax vom 12.02.2014 dem Antragsgegner mit, dass weder ihr noch dem Bei-geladenen zu 8. eine Ladung zugegangen sei. Eine Teilnahme sei aufgrund der kurzfristigen Information nicht möglich. Zur Widerspruchsbegründung führte die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. mit Telefax vom 12.02.2014 aus, dass das Verhalten des Beraters der Beigeladenen zu 1., der den Antrag des Beigeladenen zu 8. als vollständig entgegen genommen habe, dem Zulassungsausschuss zuzurechnen sei. Auch hätte es der Amtsermittlungsgrundsatz geboten, die fehlende Angabe des Praxissitzes zu erfragen.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch des Beigeladenen zu 8. mit Beschluss vom 13.02.2014 (Bescheid vom 20.03.2014) zurück. Zur Begründung verwies er auf die Vorschrift des § 18 Ärzte-ZV, wonach in dem Antrag anzugeben sei, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung die Zulassung beantragt werde. Bei der Angabe des Vertragsarztsitzes handele es sich um eine zwingende Komponente. Wenn man auf eine dieser beiden Mindestvoraussetzungen verzichten würde, ergäbe der Antrag für den Antragsgegner (Behörde) überhaupt keinen Sinn. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe der Zulassungsausschuss wegen näherer Angaben zum Vertragsarztsitz nachfragen; das BSG habe jedoch nicht ausgeführt, dass der Zulassungsausschuss nachfragen müsse. Da der Widerspruch bereits wegen des unvollständigen Antrags zurückzuweisen gewesen sei, habe sich der Antragsgegner nicht in der Sache mit der Auswahlentscheidung befassen und eine solche nicht treffen müssen. Vorsorglich sei jedoch darauf hinzuweisen, dass in den Akten ohnehin keine überragenden Kriterien dafür gesprochen hätten, den Beigeladenen zu 8. auszuwählen. Eher wäre wohl das Gegenteil der Fall gewesen. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner die Anträge von Prof. D. und Dr. E., die sofortige Vollziehung der Entscheidung anzuordnen, ab.
Am 06.03.2014 sandte die Deutsche Post AG dem Antragsgegner den Postzustellungs-auftrag hinsichtlich der Ladung der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 8. zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2014 zurück. Beigefügt war der Originalumschlag, auf dem handschriftlich vermerkt war, dass an der angegebenen Anschrift die Bevollmächtigte nicht wohne.
Der Beigeladene zu 8. erhob am 17.04.2014 Klage zum Sozialgericht München gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20.03.2014 (Az. S 28 KA 732/14).
Der Antragsteller hat am 29.04.2014 einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München beantragt. Er begehrt den Sofortvollzug des Beschlusses des Antragsgegners vom 13.02.2014 (Bescheid vom 20.03.2014). Grund sei die dringende psychotherapeutische Versorgung der Patienten im Landkreis Mühldorf, die durch die Klage des Beigeladenen zu 8. blockiert werde. In einigen schweren Fällen, z.B. im Bereich seiner Spezialgebiete Psychoonkologie und Psychotraumatologie, sei von einer realen Gefahr der Chronifizierung des Leidens mit allen negativen Folgen auszugehen. Es bestünde aufgrund der deutlichen Unterversorgung des Landkreises Mühldorf ein dringendes öffentliches Interesse an einem Sofortvollzug.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß:
Der Sofortvollzug des Beschlusses des Antragsgegners vom 13.02.2014 (Be-scheid vom 20.03.2014) wird, soweit mit diesem der Antragsteller als Facharzt für Psychosomatische Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde (Anrechnungsfaktor 0,5), angeordnet.
Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
Er weist darauf hin, dass ihm zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 13.02.2014 die Zustellungsurkunde der Deutschen Post AG vorgelegen habe, wonach die Ladung ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Er habe deshalb davon ausgehen können, dass der Beigeladene zu 8. ordnungsgemäß geladen gewesen sei.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 1. hat darauf hingewiesen, dass die Versorgungssituation im Pla-nungsbereich Mühldorf derzeit bei 143% liege und damit stabil sei. Da der Versorgungs-grad bei über 100% liege, sei die Region regelversorgt. Weil es sich vorliegend um eine partielle Entsperrung hinsichtlich der ärztlichen Psychotherapeuten handele, bestünden keine Anzeichen für einen dringlichen Versorgungsbedarf wie etwa bei Übernahme einer bereits bestehenden Vertragsarztpraxis. Ein dringendes öffentliches Interesse, das einen Sofortvollzug rechtfertigen könnte, sei angesichts der partiellen Entsperrung nicht gegeben.
Der Beigeladene zu 8. hat ausgeführt, dass der Bescheid des Antragsgegners offensichtlich rechtswidrig sei. Die Ladung für die Sitzung des Antragsgegners sei dem Beigeladenen zu 8. nicht zugegangen, so dass sein Recht auf rechtliches Gehör gem. Art. 19 Abs. 4 GG verletzt worden sei. Im Übrigen bestünde kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakte S 28 KA 732/14 und der beigezo-genen Verwaltungsakten des Antragsgegners und des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung, ob entgegen der gesetzlichen Bestimmung in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG die sofortige Vollziehung des streitgegenständlichen Beschlusses anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. sind, umso größere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage des Bei-geladenen zu 8. zu bewerten sind, desto geringere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. BayLSG, Beschluss vom 23.03.2011, Az. L 12 KA 120/10 B ER). Nach diesen Maßstäben ist vorliegend der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollzie-hung der dem Antragsteller erteilten hälftigen Zulassung abzulehnen.
Die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 13.02.2014 (Bescheid vom 20.03.2014) sind bei summarischer Prüfung offen. Es überwiegen auch keine für die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen.
Hintergrund des vorliegenden Rechtsstreits ist die Feststellung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gem. § 101 Abs. 4 SGB V, § 25 Bedarfsplanungs-Richtlinie, wonach sich im Planungsbereich Landkreis Mühldorf am Inn, in dem wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet wurden, 1,5 verbleibende freie Plätze bei der Arztgruppe der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte als sog. privilegierte Zulassungen (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012, Az. B 6 KA 48/11 R, Rn.16) ergeben.
Die Erfolgsaussichten der sog. Konkurrentenklage des Beigeladenen zu 8. hängen maß-geblich davon ab, ob der innerhalb der Bewerbungsfrist beim Zulassungsausschuss ein-gereichte Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 8. zulässig war. Fraglich ist, ob der Bei-geladene zu 8. schon im Zulassungsantrag einen Vertragsarztsitz, d.h. eine konkrete Praxisanschrift – und nicht nur den Planungsbereich "Landkreis Mühldorf" – hätte angeben müssen. Die Rechtsfrage, ob ein Zulassungsantrag eines Arztes, der innerhalb der Bewerbungsfrist keinen Vertragsarztsitz angibt, als unzulässig abgelehnt werden kann, ist bisher nicht abschließend höchstrichterlich geklärt.
Dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, wonach in dem Antrag anzugeben ist, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung die Zulassung beantragt wird, wird entnommen, dass es sich bei der Angabe des Vertragsarztsitzes um eine Verpflichtung handelt (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.1996, Az. 6 RKa 73/96, Rn. 13). Aus dem Wortlaut der Vorschrift kann auch geschlussfolgert werden, dass die Angabe des Vertragsarztsitzes Voraussetzung für eine wirksame Antragstellung ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.10.1996, Az. 6 RKa 52/95, Rn. 16). Ohne die Angabe einer konkreten Praxisanschrift können die Zulassungsgremien dem Zulassungsantrag nicht stattgeben, da die Zulassung nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz) erfolgt (vgl. Bäune in: ders./Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Ärzte-ZV, Zahnärzte-ZV, § 18 Rn. 5). Sinn und Zweck des § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV kann darin gesehen werden, das Verwaltungsverfahren, das der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Versicherten dient, zu beschleunigen. Diese Erwägungen könnten für die Unzulässigkeit des Zulassungsantrages des Beigeladenen zu 8. (der die Anforderungen des § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV im Übrigen auch den Hinweisen des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu seinem Beschluss vom 10.06.2013 entnehmen konnte) und für die Rechtmäßigkeit der vom Antragsgegner bestätigten Entscheidung des Zulassungsausschusses sprechen.
Dagegen könnte jedoch eingewandt werden, dass sich die Funktion des Antrags grund-sätzlich auf die Einleitung eines Verfahrens beschränkt (vgl. § 18 SGB X) und die Behörde auf den Antrag hin den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt (§ 20 SGB X; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.12.2012, Az. L 11 KA 121/12 B ER, Rn. 41). Dementsprechend hat das BSG festgestellt, dass der Zulassungsausschuss von einem Bewerber, der noch keine in Aussicht genommene Praxisanschrift angegeben habe oder angeben könne, nähere Einzelheiten zumindest über den Stand der Planung hinsichtlich der konkreten Umstände der Ausübung der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit erfragen dürfe (BSG, Urteil vom 18.12.1996, Az. 6 RKa 73/96, Rn. 13). Selbst wenn spezielle Regelungen – wie vorliegend § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV – über die einfache Antragstellung hinausgehende Anforderungen etwa bezüglich im Rahmen des Antrags vorzunehmender notwendiger Angaben enthalten, soll es im Zweifel genügen, wenn die erforderlichen An-gaben jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde nachgebracht werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage, § 22 Rn. 35). Der vorliegende Fall, in dem Prof. D. im Rahmen des Zulassungsverfahrens (nach Ablauf der Bewerbungsfrist) ihren geplanten Vertragsarztsitz geändert hat, deutet im Übrigen auf eine Verwaltungspraxis der Zulassungsgremien hin, wonach eine zunächst (rechtzeitig) angegebene Praxisanschrift bis zur letzten mündlichen Verhandlung innerhalb des Zulassungsverfahrens abgeändert werden kann (vgl. hierzu Bäune, ebenda, § 18 Rn. 5). Im Hinblick auf diese – durchaus sinnvolle – Verwaltungspraxis erscheint es eher formalistisch, zwingend die Angabe eines Vertragsarztsitzes schon zum Zeitpunkt der Einreichung des Zulassungsantrages (bzw. bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist) zu verlangen. Ein solches Erfordernis würde ggf. nur dazu führen, dass Bewerber eine fiktive Praxisanschrift im Zulassungsantrag angeben, um die-se dann später auszutauschen.
Wenn gleich die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. aufgrund summarischer Prüfung insgesamt als offen zu bezeichnen sind, sprechen aus Sicht des Gerichts letztgenannte Erwägungen eher dafür, dass der Zulassungsausschuss den Beigeladenen zu 8. in seiner mündlichen Verhandlung – statt ihn mit der Unzulässigkeit seines Zulassungsantrages zu konfrontieren – im Rahmen der Amtsermittlung näher zur Frage seines Praxisstandortes hätte befragen müssen. Diesen geplanten Praxisstandort hat der Beigeladene zu 8. im Übrigen mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28.10.2013, fünf Tage nach der mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses, angegeben (C-Straße in 84453 Mühldorf). Der streitgegenständliche Beschluss des Antragsgegners wäre, sollte das Gericht in der in der mündlichen Verhandlung des Hauptsacheverfahrens entscheidenden Kammerbesetzung der vorgenannten Auffassung folgen, - unabhängig von der Frage einer etwaigen Heilung des Ladungsmangels bezüglich der Teilnahme des Beigeladenen zu 8. an der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners - rechtswidrig.
Im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Klage des Beigeladenen zu 8. Aussicht auf Erfolg hat, graduell höher ist als die Wahrscheinlichkeit, dass die Klage erfolglos bleibt (zum Kriterium des Grades der Erfolgsaussichten vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 12f m.w.N.). Auch liegt die Anordnung des Sofortvollzugs nach Auffassung des Gerichts nicht im öffentlichen Interesse. Die Beigeladene zu 1. hat darauf hingewiesen, dass keine Anzeichen für einen dringlichen Versorgungsbedarf bestünden, da es sich vorliegend um eine partielle Entsperrung hinsichtlich der ärztlichen Psychotherapeuten handele. Gegen die Annahme eines öffentlichen Interesses spricht zudem, dass es sich im Verhältnis zwischen ärztlichen Psychotherapeuten und Patienten um besondere persönliche Vertrauensbeziehungen handelt. Eine ggf. lediglich bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgeübte Berufstätigkeit des Antragstellers wäre für solche besonderen Vertrauensbeziehungen kontraproduktiv. Im Übrigen hat der Antragsteller auch keine gewichtigen eigenen Interessen glaubhaft gemacht. Allein der Ausfall von Praxishonorar aus der Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten begründet keine überwiegenden Interessen des Antragstellers.
Die begehrte sofortige Vollziehung der dem Antragsteller erteilten hälftigen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin. Er begehrt die sofortige Vollziehung der ihm erteilten hälftigen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern fasste am 10.06.2013 den Beschluss, dass sich für einzelne aufgeführte Planungsbereiche bei der Arztgruppe der Psychotherapeuten entsprechend § 25 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie im Einzelnen näher bestimmte Zulassungsmöglichkeiten ergäben, bis für die jeweilige Gruppe an ausschließlich oder überwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzten bzw. Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch be-handeln, die Mindestversorgungsanteile von 25 % bzw. 20 % überschritten seien. Im Planungsbereich Lkr. Mühldorf a. Inn stellte der Landesausschuss bei der Arztgruppe der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte 1,5 verbleibende freie Sitze fest. Potentielle Bewerber hätten ihre Zulassungsanträge und sämtliche hierfür gem. § 18 Ärzte-ZV erforderlichen Unterlagen bis spätestens 30. August 2013 beim zuständigen Zulassungsausschuss einzureichen. Der Beschluss des Landesausschusses wurde im Bayerischen Staatsanzeiger vom 12.07.2013 (Nr. 28) bekannt gemacht.
Für eine Zulassung im Planungsbereich Mühldorf am Inn bewarben sich innerhalb der Frist neben dem Antragsteller die zwei Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. D. und Dr. E., sowie der Beigeladene zu 8., der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist. Der Antrag auf Zulassung des Beigeladenen zu 8. ging am 30.08.2013 beim Zulassungsausschuss ein. Zum Vertragsarztsitz machte der Beigeladene zu 8. in dem Antragsformular folgende Angaben: "Straße, Hausnummer: noch offen PLZ, Ort: Landkreis Mühldorf"
Der Zulassungsausschuss ließ in seiner Sitzung vom 23.10.2013 den Antragsteller sowie Prof. D. und Dr. E. jeweils im Planungsbereich Stadt Mühldorf zur vertragsärztlichen Versorgung zu (jeweils Anrechnungsfaktor 0,5). Der Antrag auf Zulassung des Beigeladenen zu 8. wurde abgelehnt. Der Zulassungsausschuss stellte fest, dass der Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 8. zwar fristgemäß eingegangen, jedoch unvollständig gewesen sei. Der Beigeladene zu 8. habe in seinem Zulassungsantrag keinen Vertragsarztsitz im Planungsbereich Mühldorf angegeben. Der Antrag des Beigeladenen zu 8. sei daher bereits wegen Unvollständigkeit abzulehnen und für die weitere Auswahlentscheidung nicht zu berücksichtigen gewesen. In der mündlichen Verhandlung sei dem Beigeladenen zu 8. durch den Vorsitzenden des Zulassungsausschusses mitgeteilt worden, dass sein Zulassungsantrag nicht berücksichtigt werden könne, da dieser zum Stichtag (30.08.2013) der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses nicht vollständig vorgelegen habe. Er sei darauf hingewiesen worden, dass er keinen Vertragsarztsitz benannt habe. Der Beigeladene zu 8. habe daraufhin mitgeteilt, dass ihm ein Berater der Beigeladenen zu 1. die Vollständigkeit seines Antrages bestätigt habe.
Die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. beantragte mit Schreiben vom 28.10.2013 beim Zulassungsausschuss u.a., über den Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 8. in der nächsten Sitzung erneut zu verhandeln. Zugleich teilte sie mit, dass der Beigeladene zu 8. die Zulassung für einen Vertragsarztsitz in der E-Straße in 84453 Mühldorf begehre.
Mit Schreiben vom 30.12.2013 legte die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. Wider-spruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.10.2013 (Bescheid vom 05.12.2013) ein.
Mit Schreiben vom 21.01.2014 lud der Antragsgegner die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2014. In der Postzustellungsurkunde, mit der die Ladung an die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. versandt wurde und die die falsche Hausnummer der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 8. enthielt, wurde als Tag der Zustellung der 22.01.2014 vermerkt. Diese Postzustellungsurkunde ging mit dem Zustellungsvermerk am 27.01.2014 beim Antragsgegner wieder ein. Die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. teilte mit Telefax vom 12.02.2014 dem Antragsgegner mit, dass weder ihr noch dem Bei-geladenen zu 8. eine Ladung zugegangen sei. Eine Teilnahme sei aufgrund der kurzfristigen Information nicht möglich. Zur Widerspruchsbegründung führte die Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 8. mit Telefax vom 12.02.2014 aus, dass das Verhalten des Beraters der Beigeladenen zu 1., der den Antrag des Beigeladenen zu 8. als vollständig entgegen genommen habe, dem Zulassungsausschuss zuzurechnen sei. Auch hätte es der Amtsermittlungsgrundsatz geboten, die fehlende Angabe des Praxissitzes zu erfragen.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch des Beigeladenen zu 8. mit Beschluss vom 13.02.2014 (Bescheid vom 20.03.2014) zurück. Zur Begründung verwies er auf die Vorschrift des § 18 Ärzte-ZV, wonach in dem Antrag anzugeben sei, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung die Zulassung beantragt werde. Bei der Angabe des Vertragsarztsitzes handele es sich um eine zwingende Komponente. Wenn man auf eine dieser beiden Mindestvoraussetzungen verzichten würde, ergäbe der Antrag für den Antragsgegner (Behörde) überhaupt keinen Sinn. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe der Zulassungsausschuss wegen näherer Angaben zum Vertragsarztsitz nachfragen; das BSG habe jedoch nicht ausgeführt, dass der Zulassungsausschuss nachfragen müsse. Da der Widerspruch bereits wegen des unvollständigen Antrags zurückzuweisen gewesen sei, habe sich der Antragsgegner nicht in der Sache mit der Auswahlentscheidung befassen und eine solche nicht treffen müssen. Vorsorglich sei jedoch darauf hinzuweisen, dass in den Akten ohnehin keine überragenden Kriterien dafür gesprochen hätten, den Beigeladenen zu 8. auszuwählen. Eher wäre wohl das Gegenteil der Fall gewesen. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner die Anträge von Prof. D. und Dr. E., die sofortige Vollziehung der Entscheidung anzuordnen, ab.
Am 06.03.2014 sandte die Deutsche Post AG dem Antragsgegner den Postzustellungs-auftrag hinsichtlich der Ladung der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 8. zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2014 zurück. Beigefügt war der Originalumschlag, auf dem handschriftlich vermerkt war, dass an der angegebenen Anschrift die Bevollmächtigte nicht wohne.
Der Beigeladene zu 8. erhob am 17.04.2014 Klage zum Sozialgericht München gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20.03.2014 (Az. S 28 KA 732/14).
Der Antragsteller hat am 29.04.2014 einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München beantragt. Er begehrt den Sofortvollzug des Beschlusses des Antragsgegners vom 13.02.2014 (Bescheid vom 20.03.2014). Grund sei die dringende psychotherapeutische Versorgung der Patienten im Landkreis Mühldorf, die durch die Klage des Beigeladenen zu 8. blockiert werde. In einigen schweren Fällen, z.B. im Bereich seiner Spezialgebiete Psychoonkologie und Psychotraumatologie, sei von einer realen Gefahr der Chronifizierung des Leidens mit allen negativen Folgen auszugehen. Es bestünde aufgrund der deutlichen Unterversorgung des Landkreises Mühldorf ein dringendes öffentliches Interesse an einem Sofortvollzug.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß:
Der Sofortvollzug des Beschlusses des Antragsgegners vom 13.02.2014 (Be-scheid vom 20.03.2014) wird, soweit mit diesem der Antragsteller als Facharzt für Psychosomatische Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde (Anrechnungsfaktor 0,5), angeordnet.
Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
Er weist darauf hin, dass ihm zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 13.02.2014 die Zustellungsurkunde der Deutschen Post AG vorgelegen habe, wonach die Ladung ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Er habe deshalb davon ausgehen können, dass der Beigeladene zu 8. ordnungsgemäß geladen gewesen sei.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 1. hat darauf hingewiesen, dass die Versorgungssituation im Pla-nungsbereich Mühldorf derzeit bei 143% liege und damit stabil sei. Da der Versorgungs-grad bei über 100% liege, sei die Region regelversorgt. Weil es sich vorliegend um eine partielle Entsperrung hinsichtlich der ärztlichen Psychotherapeuten handele, bestünden keine Anzeichen für einen dringlichen Versorgungsbedarf wie etwa bei Übernahme einer bereits bestehenden Vertragsarztpraxis. Ein dringendes öffentliches Interesse, das einen Sofortvollzug rechtfertigen könnte, sei angesichts der partiellen Entsperrung nicht gegeben.
Der Beigeladene zu 8. hat ausgeführt, dass der Bescheid des Antragsgegners offensichtlich rechtswidrig sei. Die Ladung für die Sitzung des Antragsgegners sei dem Beigeladenen zu 8. nicht zugegangen, so dass sein Recht auf rechtliches Gehör gem. Art. 19 Abs. 4 GG verletzt worden sei. Im Übrigen bestünde kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakte S 28 KA 732/14 und der beigezo-genen Verwaltungsakten des Antragsgegners und des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung, ob entgegen der gesetzlichen Bestimmung in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG die sofortige Vollziehung des streitgegenständlichen Beschlusses anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. sind, umso größere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage des Bei-geladenen zu 8. zu bewerten sind, desto geringere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. BayLSG, Beschluss vom 23.03.2011, Az. L 12 KA 120/10 B ER). Nach diesen Maßstäben ist vorliegend der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollzie-hung der dem Antragsteller erteilten hälftigen Zulassung abzulehnen.
Die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 13.02.2014 (Bescheid vom 20.03.2014) sind bei summarischer Prüfung offen. Es überwiegen auch keine für die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen.
Hintergrund des vorliegenden Rechtsstreits ist die Feststellung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gem. § 101 Abs. 4 SGB V, § 25 Bedarfsplanungs-Richtlinie, wonach sich im Planungsbereich Landkreis Mühldorf am Inn, in dem wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet wurden, 1,5 verbleibende freie Plätze bei der Arztgruppe der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte als sog. privilegierte Zulassungen (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012, Az. B 6 KA 48/11 R, Rn.16) ergeben.
Die Erfolgsaussichten der sog. Konkurrentenklage des Beigeladenen zu 8. hängen maß-geblich davon ab, ob der innerhalb der Bewerbungsfrist beim Zulassungsausschuss ein-gereichte Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 8. zulässig war. Fraglich ist, ob der Bei-geladene zu 8. schon im Zulassungsantrag einen Vertragsarztsitz, d.h. eine konkrete Praxisanschrift – und nicht nur den Planungsbereich "Landkreis Mühldorf" – hätte angeben müssen. Die Rechtsfrage, ob ein Zulassungsantrag eines Arztes, der innerhalb der Bewerbungsfrist keinen Vertragsarztsitz angibt, als unzulässig abgelehnt werden kann, ist bisher nicht abschließend höchstrichterlich geklärt.
Dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, wonach in dem Antrag anzugeben ist, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung die Zulassung beantragt wird, wird entnommen, dass es sich bei der Angabe des Vertragsarztsitzes um eine Verpflichtung handelt (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.1996, Az. 6 RKa 73/96, Rn. 13). Aus dem Wortlaut der Vorschrift kann auch geschlussfolgert werden, dass die Angabe des Vertragsarztsitzes Voraussetzung für eine wirksame Antragstellung ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.10.1996, Az. 6 RKa 52/95, Rn. 16). Ohne die Angabe einer konkreten Praxisanschrift können die Zulassungsgremien dem Zulassungsantrag nicht stattgeben, da die Zulassung nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz) erfolgt (vgl. Bäune in: ders./Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Ärzte-ZV, Zahnärzte-ZV, § 18 Rn. 5). Sinn und Zweck des § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV kann darin gesehen werden, das Verwaltungsverfahren, das der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Versicherten dient, zu beschleunigen. Diese Erwägungen könnten für die Unzulässigkeit des Zulassungsantrages des Beigeladenen zu 8. (der die Anforderungen des § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV im Übrigen auch den Hinweisen des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu seinem Beschluss vom 10.06.2013 entnehmen konnte) und für die Rechtmäßigkeit der vom Antragsgegner bestätigten Entscheidung des Zulassungsausschusses sprechen.
Dagegen könnte jedoch eingewandt werden, dass sich die Funktion des Antrags grund-sätzlich auf die Einleitung eines Verfahrens beschränkt (vgl. § 18 SGB X) und die Behörde auf den Antrag hin den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt (§ 20 SGB X; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.12.2012, Az. L 11 KA 121/12 B ER, Rn. 41). Dementsprechend hat das BSG festgestellt, dass der Zulassungsausschuss von einem Bewerber, der noch keine in Aussicht genommene Praxisanschrift angegeben habe oder angeben könne, nähere Einzelheiten zumindest über den Stand der Planung hinsichtlich der konkreten Umstände der Ausübung der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit erfragen dürfe (BSG, Urteil vom 18.12.1996, Az. 6 RKa 73/96, Rn. 13). Selbst wenn spezielle Regelungen – wie vorliegend § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV – über die einfache Antragstellung hinausgehende Anforderungen etwa bezüglich im Rahmen des Antrags vorzunehmender notwendiger Angaben enthalten, soll es im Zweifel genügen, wenn die erforderlichen An-gaben jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde nachgebracht werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage, § 22 Rn. 35). Der vorliegende Fall, in dem Prof. D. im Rahmen des Zulassungsverfahrens (nach Ablauf der Bewerbungsfrist) ihren geplanten Vertragsarztsitz geändert hat, deutet im Übrigen auf eine Verwaltungspraxis der Zulassungsgremien hin, wonach eine zunächst (rechtzeitig) angegebene Praxisanschrift bis zur letzten mündlichen Verhandlung innerhalb des Zulassungsverfahrens abgeändert werden kann (vgl. hierzu Bäune, ebenda, § 18 Rn. 5). Im Hinblick auf diese – durchaus sinnvolle – Verwaltungspraxis erscheint es eher formalistisch, zwingend die Angabe eines Vertragsarztsitzes schon zum Zeitpunkt der Einreichung des Zulassungsantrages (bzw. bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist) zu verlangen. Ein solches Erfordernis würde ggf. nur dazu führen, dass Bewerber eine fiktive Praxisanschrift im Zulassungsantrag angeben, um die-se dann später auszutauschen.
Wenn gleich die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 8. aufgrund summarischer Prüfung insgesamt als offen zu bezeichnen sind, sprechen aus Sicht des Gerichts letztgenannte Erwägungen eher dafür, dass der Zulassungsausschuss den Beigeladenen zu 8. in seiner mündlichen Verhandlung – statt ihn mit der Unzulässigkeit seines Zulassungsantrages zu konfrontieren – im Rahmen der Amtsermittlung näher zur Frage seines Praxisstandortes hätte befragen müssen. Diesen geplanten Praxisstandort hat der Beigeladene zu 8. im Übrigen mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28.10.2013, fünf Tage nach der mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses, angegeben (C-Straße in 84453 Mühldorf). Der streitgegenständliche Beschluss des Antragsgegners wäre, sollte das Gericht in der in der mündlichen Verhandlung des Hauptsacheverfahrens entscheidenden Kammerbesetzung der vorgenannten Auffassung folgen, - unabhängig von der Frage einer etwaigen Heilung des Ladungsmangels bezüglich der Teilnahme des Beigeladenen zu 8. an der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners - rechtswidrig.
Im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Klage des Beigeladenen zu 8. Aussicht auf Erfolg hat, graduell höher ist als die Wahrscheinlichkeit, dass die Klage erfolglos bleibt (zum Kriterium des Grades der Erfolgsaussichten vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 12f m.w.N.). Auch liegt die Anordnung des Sofortvollzugs nach Auffassung des Gerichts nicht im öffentlichen Interesse. Die Beigeladene zu 1. hat darauf hingewiesen, dass keine Anzeichen für einen dringlichen Versorgungsbedarf bestünden, da es sich vorliegend um eine partielle Entsperrung hinsichtlich der ärztlichen Psychotherapeuten handele. Gegen die Annahme eines öffentlichen Interesses spricht zudem, dass es sich im Verhältnis zwischen ärztlichen Psychotherapeuten und Patienten um besondere persönliche Vertrauensbeziehungen handelt. Eine ggf. lediglich bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgeübte Berufstätigkeit des Antragstellers wäre für solche besonderen Vertrauensbeziehungen kontraproduktiv. Im Übrigen hat der Antragsteller auch keine gewichtigen eigenen Interessen glaubhaft gemacht. Allein der Ausfall von Praxishonorar aus der Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten begründet keine überwiegenden Interessen des Antragstellers.
Die begehrte sofortige Vollziehung der dem Antragsteller erteilten hälftigen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
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