Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KR 26/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 961/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 1/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.6.2011 geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit der Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.256,50 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die den Beigeladenen zu 1) bis 4) zwischen dem 1.1.2003 und dem 31.8.2005 gewährte Vergütung für ihre Tätigkeit im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" bei dem Kläger in vollem Umfang pauschal beitragspflichtig zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung oder teilweise steuerfrei im Sinne vom § 3 Nr. 26 EStG und somit beitragsfrei in der Sozialversicherung im Sinne vom § 14 Abs. 1 Satz 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) gewesen ist.
Der Kläger ist eine im Vereinsregister beim Amtsgericht S (VR 000) eingetragene Untergliederung des Caritasverbandes für die Diözese N e.V. Er bietet u.a. die tägliche Anlieferung einer warmen Mahlzeit in Form des so genannten "Rollenden Mittagstisches" an, der mittlerweile in "Essen auf Rädern" umbenannt worden ist. Dabei bediente er sich im Streitzeitraum u.a. der Beigeladenen zu 1) bis 4), die die Mahlzeiten auslieferten.
Die Beklagte führte zunächst für alle versicherungspflichtig Beschäftigten des Klägers am 15.6.2005 bei der Zentralen Gehaltsabrechnungsstelle (ZGAST) des Caritasverbandes für die Diözese N e.V. eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen einer Ergänzungsprüfung für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis zum 31.8.2005 prüfte sie im Anschluss am 21.9.2005 in den Räumen des Steuerbüros T & Partner GmbH in X, bei dem der Kläger die Lohnbuchhaltung für seine "Aushilfen", worunter er geringfügig und nebenberuflich Beschäftigte fasste, abrechnen ließ.
Durch Bescheid vom 30.1.2006 stellte die Beklagte nach vorheriger Anhörung gegenüber dem Kläger als Ergebnis der Betriebsprüfung fest, dass sich für den Prüfzeitraum eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 8.149,75 EUR ergebe. Auf die Beigeladenen zu 1) bis 4) entfielen davon 3.256,50 EUR. Im Einzelnen ergaben sich für diese aus den Anlagen des Bescheides folgende Beitragsnachberechnungen:
- betreffend die Beigeladene zu 1):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
01/-06/2004
steuerfreies Brutto = 770,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 84,70 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 92,40 Euro
Gesamtnachforderung = 177,10 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 2.464,00 Euro
Gesamtnachforderung = 562,10 Euro
- betreffend die Beigeladene zu 2):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.231,04 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,41 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,73 Euro
Gesamtnachforderung = 283,14 Euro
01/- 12/2004
steuerfreies Brutto = 1.694,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 186,34 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 203,28 Euro
Gesamtnachforderung = 389,62 Euro
01/-08/2005
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 4.619,04 Euro
Gesamtnachforderung = 1.057,76 Euro
- betreffend die Beigeladene zu 3):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
01/-14.07.2004
steuerfreies Brutto = 841,96 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 92,62 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 101,64 Euro
Gesamtnachforderung = 193,66 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 2.535,96 Euro
Gesamtnachforderung = 578,66 Euro
- betreffend die Beigeladene zu 4):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
01/-12/2004
steuerfreies Brutto = 1.694,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 186,34 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 203,28 Euro
Gesamtnachforderung = 389,62 Euro
01/-08/2005
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 4.620,00 Euro
Gesamtnachforderung = 1.057,98 Euro
Der Kläger verteilte dabei den seiner Ansicht nach bestehenden Steuerfreibetrag i.H.v. damals 1.848,00 Euro/Jahr auf 12 Monate. In allen Fällen versäumte er es, im Monat März 2004 154,00 Euro des Entgeltes steuerfrei zu stellen.
Zur Begründung ihrer Beitragsnachforderung gab die Beklagte an, dass Zahlungen an die geringfügig beschäftigten Beigeladenen zu 1) bis 4) als Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG steuer- und beitragsfrei gezahlt worden seien, obwohl keine von dieser Norm begünstigte Tätigkeit vorgelegen habe. Insbesondere handele es sich nicht um einen Fall der Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen. Der reine Transport von Speisen sei keine begünstigte Tätigkeit. Die bei der Essensübergabe entstehenden Kontakte mit alten, kranken oder behinderten Menschen seien von untergeordneter Bedeutung. Die bloße Auslieferung von fertigen Mahlzeiten stelle keine Hilfe bei häuslichen Verrichtungen und Einkäufen dar. Die Leistung des "Rollenden Mittagstisches" zähle auch nicht zu den Hilfsmaßnahmen der Altenhilfe i.S.v. § 71 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) bzw. der bis zum 31.12.2004 geltenden, gleichlautenden Vorgängerregelung des § 75 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Daraus folge, dass für die an die Mitarbeiter des "Rollenden Mittagstisches" beitragsfrei gezahlten Aufwandsentschädigungen auf Grundlage der in den Lohnunterlagen ausgewiesenen Entgeltbeträge pauschale Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung festzusetzen seien. Der Bescheid betraf darüber hinaus noch weitere Mitarbeiter des Klägers, die zum einen gänzlich, zum anderen teilweise auch in anderen Bereichen (z.B. als Verwaltungskraft, Fuhrparkpfleger, Fahrdienst für Senioren) tätig waren.
Hiergegen legte der Kläger durch seine Steuerberatungsgesellschaft am 6.2.2006 Widerspruch ein. Die gewährten Aufwandsentschädigungen seien sowohl lohnsteuer- als auch sozialversicherungsbeitragsfrei, da sie auf einer nebenberuflichen Tätigkeit im Bereich der Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Auftrage einer gemeinnützigen Einrichtung beruhten. Unter Pflege in diesem Sinne sei nicht nur die Dauerpflege zu verstehen. Hierunter fielen auch Hilfsdienste bei der häuslichen Betreuung durch angelernte Pflegekräfte und bei der Altenhilfe entsprechend § 71 SGB XII i.V.m. den Lohnsteuerrichtlinien. Unter Zugrundelegung dieser Norm des Sozialhilferechts seien die Leistungen der Beigeladenen zu 1) bis 4) Leistungen der Altenhilfe. Diese schlössen die Unterstützung bei häuslichen Verrichtungen und Einkäufen, aber auch die Lieferung von warmen Mahlzeiten ein.
Nachdem die Beklagte im Rahmen ihrer Ermittlungen von Amts wegen Stellungnahmen der Mitarbeiter zu ihrer jeweiligen Tätigkeit eingeholt hatte, half sie dem Widerspruch durch Bescheid vom 27.11.2008 teilweise ab, indem sie den Nachforderungsbetrag auf 7.010,96 EUR festsetzte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.1.2009). Es bleibe dabei, dass im Gegensatz zum Fahrdienst für Senioren (Personenbeförderung), bei dem es sich um einen Fall der Altenhilfe handele, im Fall des "Rollenden Mittagstisches" § 3 Nr. 26 EStG für gewährte Aufwandsentschädigungen nicht in Anspruch genommen werden könne. Dies decke sich auch mit der steuerrechtlichen Einschätzung des Finanzamtes N, wonach "Essen auf Rädern" nicht als begünstigte Tätigkeit im Sinne der Norm anzusehen sei, da bei dieser Dienstleistung der Transport der Speisen im Vordergrund stehe.
Hiergegen hat der Kläger am 20.2.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhoben. Er hat zur Begründung ausgeführt, dass sich der "Rollende Mittagstisch" an pflegebedürftige und wegen Alters gebrechliche Personen richte, denen täglich eine warme Mahlzeit in ihr häusliches Wohnumfeld geliefert werden solle. Die Anlieferung werde von ehrenamtlich für ihn tätigen Kräften durchgeführt, die für die täglichen Anlieferungstouren seine Fahrzeuge benutzten. Für die Anlieferungstätigkeit, die stets auch verbunden sei mit der persönlichen Kontaktaufnahme zu den Betreuten, zahle er diesen Personen eine nach § 3 Nr. 26 EStG steuer- und beitragsfreie Aufwandsentschädigung. Die Beklagte verkenne bei ihrer Bewertung des Sachverhalts die tatsächlichen Verhältnisse. Auch wenn die ehrenamtlich bei ihm tätigen Aushilfsfahrer grundsätzlich dazu eingesetzt würden, den von ihnen versorgten Personen im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" die vorbereiteten Speisen vorbeizubringen, verrichteten sie für die entsprechenden Personen auch betreuende Tätigkeiten. Zum Teil sei es erforderlich, das Essen aufzudecken bzw. bei der Einnahme der Speisen behilflich zu sein. Bei den Anlieferungen handele es sich um einen der wenigen Sozialkontakte der betagten Kunden, so dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter schon aus eigener Intention kurz dort verweilten und ein persönliches Gespräch führten. Es sei daher keineswegs durchgängig so, dass die erwähnten Speisen an der Haustür abgegeben würden. Vielmehr stehe die von persönlicher Zuwendung getragene Tätigkeit im Vordergrund.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2009 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den Inhalt ihrer Bescheide Bezug genommen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass die aufgrund der Tätigkeit entstehenden sozialen Kontakte für die Senioren von Bedeutung seien und eine Art Zuwendungsleistung darstellten. Allerdings stünde aus ihrer Sicht weiterhin der Transport der Speisen bei der Ausübung der Tätigkeit im Vordergrund.
Durch Beschluss vom 30.6.2009 sind alle von dem Bescheid betroffenen Mitarbeiter des Klägers sowie die betroffenen Einzugsstellen und Sozialversicherungsträger zum Verfahren beigeladen worden.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Rechtsstreit ist am 22.10.2009, am 24.6.2010, am 30.9.2010 und am 27.1.2011 erörtert worden. Neben umfangreicher Anhörung der Beteiligten ist zudem am 27.1.2011 die Zeugin S vernommen worden.
Der Kläger hat sich nach dem Ergebnis der Anhörung der Beigeladenen und Vernehmung der Zeugin in seiner Rechtsauffassung bestätigt gesehen. Die Mehrheit derselben hätte bekundet, dass eine konkrete Anweisung bestanden habe, notwendige Zuwendungen zu erbringen und auf das persönliche Umfeld der Kunden des "Rollenden Mittagstisches" zu achten, insbesondere bemerkenswerte Veränderungen am Ende der Tour der Zeugin S zu melden. Zum Teil hätten die angehörten Beigeladenen auch dezidiert über Einzelheiten ihrer Essenauslieferung berichtet, die über die bloße Abgabe von Speisen hinausgegangen sei und weitergehende Kontakte sowie Handreichungen für die Kunden beinhaltet habe. Die vom Kläger angeordneten und durch die ehrenamtlich tätigen Personen erbrachten weiteren Zusatzdienstleistungen könnten zwanglos unter den Oberbegriff "Betreuungsleistung" subsumiert werden.
Die Beklagte hat sich ebenfalls in ihrer bisherigen Auffassung bestätigt gesehen. Durch die angehörten Beigeladenen sei überwiegend bekundet worden, dass das Hauptaugenmerk auf der Ausgabe des Essens gelegen und für die Betreuung der Empfänger nicht ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden habe. Überdies stehe keineswegs fest, dass eine Pflicht zur Beobachtung und Meldung bestanden habe. Eine etwaige Rückmeldung der gesundheitlichen Verfassung der Essensempfänger gegenüber dem Kläger stelle überdies noch keine Betreuung i.S.v. § 3 Nr. 26 EStG dar.
Durch Urteil vom 30.6.2011 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2009 aufgehoben. Es hat sich der Argumentation des Klägers angeschlossen. Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG lägen für die streitige Tätigkeit u.a. der Beigeladenen zu 1) bis 4) im streitigen Zeitraum vor. Bei dem "Rollenden Mittagstisch" sowie den damit in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen habe es sich um die Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Sinne von Hilfsdiensten bei der häuslichen Betreuung gehandelt. Dies stehe nach der Anhörung der Beteiligten sowie der Vernehmung der Zeugin S fest. Es sei davon auszugehen, dass durch den Kläger entsprechende Anweisungen erteilt worden seien, die Menüs nicht nur auszuliefern, sondern ergänzende Hilfeleistung zu erbringen. Es habe sich um eine Leistung des karitativ tätigen Klägers gehandelt, die über die bloße Essenslieferung hinausgegangen sei. Dies unterscheide den "Rollenden Mittagstisch" von sonstigen, insbesondere gewerblichen Menü-Bringe-Diensten. Qualitativ vermochte das SG insoweit keinen Unterschied zu dem vom Kläger betriebenen Fahrdienst zu erkennen, den auch die Beklagte als von § 3 Nr. 26 EStG erfasst angesehen habe. Auch beim Fahrdienst werde eine über den bloßen Transport hinausgehende Hilfeleistung in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand und den Anforderungen der jeweils hilfsbedürftigen Person erbracht. Der Kläger habe im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" über die reine Auslieferung hinaus auch Leistungen der Unterstützung für die Kunden bei häuslichen Verrichtungen bis hin zur Durchführung von Einkäufen, sowie weitere Hilfestellung angeboten und vorgehalten. Ob diese nun und ggf. in welchem Umfang von den einzelnen Kunden tatsächlich abgerufen worden seien, könne letztlich für die Einordnung der begünstigten Tätigkeit nicht den Ausschlag geben. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten haben 16.8.2011 zugestellte Urteil hat diese am 9.9.2011 Berufung eingelegt.
Sie hält das Urteil für fehlerhaft. Bei der beitragsrechtlichen Beurteilung der Zahlungen für die Tätigkeit im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" sei in erster Linie auf die steuerrechtlichen Tatbestände abzustellen. Die Lieferung einer Mahlzeit reiche für die Annahme einer Pflegeleistung gerade nicht aus. Wenn man die Heimpersonalverordnung (HeimPersVO) in Einrichtungen der Altenpflege heranziehe, so werde der Begriff "betreuende Tätigkeiten" dort in § 5 Abs. 1 ausgelegt als Tätigkeiten, bei denen der überwiegende Anteil in unmittelbarem Kontakt mit den Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern bestehe (Pflege, Therapie, Betreuung, Förderung). Nicht zu den betreuenden Tätigkeiten gehörten danach die Verwaltung sowie die hauswirtschaftliche Versorgung. Das Transportieren von Speisen, ggf. verbunden mit dem Öffnen der Wohnungstüren mit mitgebrachten Schlüsseln, das Öffnen der Essensverpackung sowie eine Weitergabe der dabei gewonnenen Beobachtungen an den Kläger erfüllten vor diesem Hintergrund nicht den Tatbestand der Betreuung und Pflege. Der Kläger selbst habe darauf hingewiesen, dass im Einzelfall bei Auffälligkeiten der Kontakt mit der Pflegedienstleitung aufgenommen werde, was belege, dass es einen "separaten Pflegedienst" gebe, der die häusliche Betreuung übernehme. Auch habe er bestätigt, dass die Mitarbeiter des Menü-Bringe-Dienstes keine Altenpflegedienstleistung erbringen durften.
Die Bekundungen der Beigeladenen bestätigten, dass die Tätigkeit als Auslieferungsfahrer des "Rollenden Mittagstisches" keine tatsächlichen Pflegedienstleistungen umfasst habe und aufgrund der Zeitknappheit auch nicht habe umfassen können. Nach der Anhörung der Beigeladenen ergebe sich kein eindeutiges Bild, ob ergänzende Hilfestellungen entsprechend einer Anweisung des Klägers zu erbringen gewesen seien oder nicht. Selbst wenn es eine solche Anweisung gegeben haben sollte, so habe sie sich darin erschöpft, auf das Umfeld der Kunden zu achten, Auffälligkeiten, Beobachtungen und Unregelmäßigkeiten zu melden. Darüber hinausgehende weitere Vorgaben wie z.B. konkrete Hilfestellung zu geben, Pflegeleistungen zu erbringen oder aber Aufgaben zu erfüllen, hätten nicht bestanden. Die Mitarbeiter hätten nach dem Rechten zu sehen und das Essen zu übergeben gehabt. Die jeweils dargestellten weiteren Tätigkeiten (Kleinschneiden der Portionen, Füttern eines blinden Kunden) hätten nur Einzelfälle betroffen. Die bloße Weitergabe von Informationen zu sonstigen Vorkommnissen stelle keine betreuende/pflegende Tätigkeit dar. Abgesehen davon ergebe sich nach Anhörungen und Zeugeneinvernahme, dass das Zeitkontingent in der Praxis grundsätzlich nicht ausreichend gewesen sei, um entsprechende Nebenleistungen flächendeckend zu erbringen. Über den Einzelfall hinaus sei der Zeitrahmen für die Tour sehr knapp bemessen gewesen.
Jedenfalls sei nicht erwiesen, dass der "Rollende Mittagstisch" über die bloße Essensauslieferung hinaus tatsächlich weitere pflegende oder betreuende Tätigkeiten beinhaltete. Somit treffe die objektive Beweislast den Kläger. Ein Vergleich zwischen der Erbringung des Fahrdienstes und der Essensauslieferung im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" führe dazu, dass ersterem durchaus pflegende Aspekte zuzusprechen seien, da die pflegende Person selbst Subjekt des Transportes sei. Beim "Rollenden Mittagstisch" stehe demgegenüber allein das Mittagessen als Gegenstand des Transportes im Mittelpunkt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.6.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie Nachforderungen betreffend die Beigeladenen zu 1.) bis 4.) des vorliegenden Verfahrens betrifft.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er tritt der Berufung entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Ergänzend verweist er auf Abschnitt 3.26 der Lohnsteuerrichtlinien 2011 und die darin niedergelegte Auffassung der Steuerverwaltung. Die Verwaltungsanweisungen hielten ausdrücklich fest, welche Tätigkeiten nicht der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 26 EStG unterfielen, und verwiesen ergänzend auf den Auffangtatbestand des § 3 Nr. 26a EStG.
Der Rechtsstreit ist am 30.8.2013 mit den Beteiligten erörtert worden.
Durch Trennungsbeschluss vom 2.10.2013 ist das Verfahren der jetzigen Beigeladenen zu 1) bis 4) von dem Verfahren L 8 R 842/11 abgetrennt und unter dem Az. L 8 R 961/13 fortgeführt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschriften, und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 4)-15) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2, 3 SGG). Die vollständige Entscheidung ist der Beklagten am 16.8.2011 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem LSG am 9.9.2011 eingegangen.
II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet.
Der Kläger begehrt im Klageverfahren nach Trennung die Aufhebung des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten vom 30.1.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2009, soweit diese von ihm Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1) bis 4) in Höhe von insgesamt 3.256,50 EUR nachfordert. Der Teilabhilfebescheid vom 27.11.2008 ist gemäß § 86 SGG Bestandteil des Widerspruchsverfahrens geworden. Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass dieser sich auch auf den Ursprungsbescheid vom 30.1.2006 bezieht.
Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig, soweit er die Beigeladenen zu 1) bis 4) betrifft, und verletzt somit den Kläger nicht in seinen Rechten i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
Die Beklagte hat - als zuständige Behörde auf Grund einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) - zu Recht festgestellt, dass die Vergütung der Beigeladenen zu 1) bis 4) im Streitzeitraum für ihre Tätigkeit beim "Rollenden Mittagstisch" des Klägers in vollem Umfang der pauschalen Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt. Sie hat die Höhe der Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge auch zutreffend berechnet.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Versicherungs- und Beitragspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung besteht u.a. bei einem abhängigen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis i. S. v. § 7 SGB IV (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigung geringfügig i.S.v. § 8 SGB IV ist (vgl. § 7 Abs. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung liegt eine geringfügige Beschäftigung u.a. vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 325,00 Euro (ab 1.4.2003 400,00 Euro) nicht übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1; sog. Entgeltgeringfügigkeit). In diesem Fall sind allerdings vom Arbeitgeber trotz bestehender Versicherungsfreiheit der Beschäftigten Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten (vgl. § 249b Satz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).
Bei versicherungspflichtig Beschäftigten zur Beitragsbemessung ebenso wie bei der Beurteilung der Frage, ob aufgrund des gezahlten Entgelts Versicherungspflicht besteht, wird das aus der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Danach sind grundsätzlich alle Zahlungen des Klägers an die Beigeladenen zu 1) bis 4) als Arbeitsentgelt zu behandeln.
Zu Recht ist die Beklagte dabei davon ausgegangen, dass § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV in der im Streitzeitraum geltenden Fassung, wonach die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt gelten, im vorliegenden Fall nicht eingreift.
Nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG sind steuerfrei u.a. Einnahmen aus der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von - im Streitzeitraum - insgesamt 1.848 Euro im Jahr.
Da es im vorliegenden Fall jedenfalls am Merkmal der "Pflege" fehlt, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die übrigen Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG erfüllt sind. Allerdings geht der Senat davon aus, dass der Kläger eine Einrichtung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zur Förderung gemeinnütziger Zwecke und die Tätigkeit der Beigeladenen auch als nebenberuflich anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt (BFH, Urteil v. 30.3.1990,VI R 188/87, BFHE 160, 486). Da nach § 1 Abs. 1 Anlage 5 AVR die regelmäßige Arbeitszeit der Mitarbeiter durchschnittlich 38,5 Stunden in der Woche, also 167,40 Stunden im Monat entsprach, ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die durchschnittliche Arbeitszeit nicht über 55,80 Stunden lag. Aus den vorliegenden Lohnkonten bzw. Lohn-/Gehaltsabrechnungen ergeben sich für die Beigeladene zu 1) für Januar 2003 bis Juni 2004 762,25 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 42,35 Stunden, für die Beigeladene zu 2) für Januar 2003 bis August 2005 1.469,46 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 45,92 Stunden, für die Beigeladene zu 3) für Januar 2003 bis zum 14.7.2004 704,68 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 40,27 Stunden und schließlich für die Beigeladene zu 4) für Januar 2003 bis August 2005 1.746,63 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 54,58 Stunden.
Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 4) für den "Rollenden Mittagstisch" des Klägers war jedoch keine Pflegetätigkeit im Sinne von § 3 Nr. 26 EStG.
Der vorliegende Fall bietet keinen Einlass, die Auslegung des Begriffs "Pflege" in § 3 Nr. 26 EStG abschließend zu klären. Die Regelung ist durch Art. 3 Nr. 1 Vereinsförderungsgesetz eingefügt worden und beruht ausweislich der Gesetzesmaterialien auf "gesellschaftspolitischen Gründen" (BT-Drs. 11/5582, S. 32; hierzu: v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Bd. 3/§ 3 Rdnr. B 26/94, Stand April 2014). Diese allgemein gehaltene Formulierung schließt es jedenfalls nicht aus, den Kreis der begünstigten Tätigkeiten auf sämtliche in § 14 Abs. 4 SGB XI und § 71 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - bzw. dem im Streitzeitraum z.T. noch geltenden § 75 Bundessozialhilfegesetz - und darüber hinaus auf Sofortmaßnahmen gegenüber Schwerkranken und Verunglückten (also Ersthelfer und Rettungssanitäter) zu erstrecken (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 23.3.2006, II 317/04, juris; so auch die Lohnsteuer-Richtlinien 2003-2005, R 17). Wie der Wortlaut der Bestimmung, der die Pflege auf den Personenkreis der alten, kranken oder behinderten Menschen bezieht, und ihr Charakter als Katalogausnahmetatbestand aber klarstellen, muss es sich um Leistungen handeln, die im persönlichen Kontakt zum Empfänger erbracht werden (BFH, Beschluss v. 1.6.2004, XI B 117/02, juris). Darüber hinaus müssen sie einen spezifischen, ihre Gemeinnützigkeit begründenden Inhalt haben. Daran fehlt es wenn sich die Tätigkeit ausschließlich auf die Leistung hauswirtschaftlicher Verrichtungen beschränkt (v. Beckerath, a.a.O., Rdnr. B 26/102).
Ausgehend werden - ungeachtet ihrer jeweiligen Bezeichnung - die Leistungen reiner Menübringdienste nicht von § 3 Nr. 26 EStG erfasst. Denn sie erschöpfen sich in der hauswirtschaftlichen Leistung der Lieferung einer andernorts zubereiteten Mahlzeit. Die Auslieferung des Essens unterfällt - anders als die Beratung über die Möglichkeit, derartige Dienste in Anspruch zu nehmen - auch nicht § 71 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII oder § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, der den altersgerechten Umbau bzw. die altersgerechte Ausstattung von Wohnungen und die Inanspruchnahme von Sozialleistungen zum Erhalt der Wohnung umfasst (vgl. Sehmsdorf in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 71 Rdnr. 19 ff.), nicht jedoch die hauswirtschaftliche Versorgung in der Wohnung.
Die Richtigkeit dieser Auslegung wird in systematischer Hinsicht gestützt durch den zum 1.1.2007 in Kraft getretenen § 3 Nr. 26a EStG, wonach Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag juristischer Personen des öffentlichen Rechts und bestimmter Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke bis insgesamt 500,00 EUR jährlich steuerfrei sind. Die Funktion des § 3 Nr. 26a EStG besteht darin, Aufwandsentschädigungen für solche (ehrenamtlichen) Tätigkeiten steuerlich zu begünstigen, die nicht unter § 3 Nr. 26 EStG fallen, weil sie nicht unmittelbar auf die persönliche Pflege solcher Personen ausgerichtet sind, die wegen Alter, Krankheit oder Behinderung pflegebedürftig sind (vgl. Frotscher, EStG, Stand Mai 2014, § 3 Nr. 26a, Rdnr. 2). Der Umstand, dass die Gesetzesmaterialien die Mitarbeit beim "Essen auf Rädern" ausdrücklich dem neuen § 3 Nr. 26a EStG unterstellen (vgl. BT-Drs. 16/5200, S. 17 zu Nr. 4), erlaubt den Umkehrschluss, dass diese Tätigkeit von § 3 Nr. 26 EStG nicht erfasst worden ist. Dementsprechend hat sich der Kläger im Laufe des Verfahrens selbst auf § 3 Nr. 26a EStG berufen, dabei allerdings übersehen, dass diese Vorschrift erst zum 1.1.2007 in Kraft getreten ist und daher im Streitzeitraum nicht in Anspruch genommen werden kann.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der vom Kläger betriebene "Rollende Mittagstisch" im Streitzeitraum ein Menübringdienst war, dessen Leistungen nicht durch darüber hinausgehende pflegerische Kontakte zu den Empfängern der Mahlzeiten geprägt war.
Der Kläger hatte sich - entgegen der Annahme des SG - gegenüber seinen Kunden im Streitzeitraum schon vertraglich nicht verpflichtet, Zusatzleistungen aus dem Bereich Pflege oder Betreuung zu erbringen. Auch wenn der "Rollende Mittagstisch" im Streitzeitraum weniger institutionalisiert gewesen oder professionell betrieben worden ist als heute, so hat sich bis auf den Namen ("Essen auf Rädern") nach den Angaben seines Geschäftsführers und Bevollmächtigten nichts Wesentliches geändert. Die geübte Praxis gibt weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart einen Anhaltspunkt dafür, dass irgendeine (Zusatz-)Leistung gegenüber den Kunden vertraglich zugesagt worden wäre. Angeboten und vereinbart war und ist stattdessen die bloße Belieferung mit dem ausgewählten Essen. Eine Weiterentwicklung hat diesbezüglich nicht stattgefunden. Die damals noch nicht üblichen, heutigen Bestellbögen enthalten weder Felder für die Angabe von eventuell zu kontaktierenden Angehörigen oder Pflegediensten, Besonderheiten wie Pflegestufen oder Behinderungen noch Extrawünschen. Zusatzleistungen, wie etwa die mundgerechte Zubereitung, konnten nicht vereinbart werden.
Derartige Zusatzleistungen sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch allenfalls in Einzelfällen erbracht worden.
Üblicherweise erfolgte die vereinbarte Lieferung eines Mittagessens in Thermoverpackung vor bzw. an die Haustür oder (ggf. mit Hilfe vorhandener Schlüssel) in die Wohnung auf den Esstisch. Wenn in diesen Fällen noch die Umverpackung und der oder die Deckel vom Essen genommen worden sind, so ist darin eine pflegerische Leistung nicht zu erkennen.
Die Kunden sind - abgesehen von wenigen Ausnahmefällen (ein Fall, in dem für einen blinden Kunden die Mahlzeiten kleingeschnitten wurden, ein Fall, in dem ein Kunde gefüttert wurde) - nicht bei der weiteren Zubereitung oder Einnahme der Mahlzeiten betreut oder überwacht worden. im Sinne einer aktiven Betreuung bei der Einnahme der Mahlzeiten überwacht worden. Hierfür ließ die zur Verfügung stehende Zeit von 2 ½ bis 3 ½ Stunden bei 25-35 Mittagessen pro Tour auch keinerlei Raum. Bei 25 (35) Essen standen 150 (210) Minuten und damit durchschnittlich 6 (6) Minuten für Anfahrt und Übergabe zur Verfügung. Der "rollende Mittagstisch" war gerade mit der Zielsetzung zeitlich eng getaktet, in der Mittagszeit alle Kunden mit halbwegs warmem Essen zu versorgen.
Es besteht weiter kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) Beratungsleistungen zu erbringen hatten. Die Entgegennahme von Bestellscheinen oder -wünschen durch die Fahrer(innen) des "Rollenden Mittagstisches" reicht hierfür nicht aus.
Aufmunternde Worte bzw. kurze Gespräche anlässlich der Übergabe der Mahlzeiten "zwischen Tür und Angel" oder aber auch in den Wohnräumen des Kunden mögen zwar auch den Charakter einer persönlichen Zuwendung haben, waren jedoch nur untergeordneter Bedeutung, wie offenbar auch das von dem Kläger wiederholt behauptete ehrenamtliche Engagement der Mitarbeiter/innen. Auf Befragen durch den Senat haben die Beigeladenen zu 1) bis 3) übereinstimmend angegeben, dass sie aus wirtschaftlichen Erwägungen der Tätigkeit nachgegangen seien.
Soweit Mitarbeiter des Klägers in Notfällen für die Gewährleistung weiterer Hilfe durch Angehörige, den Pflegedienst oder Rettungskräfte gesorgt haben, wäre hierzu jeder Essensbote im Hinblick auf § 323c Strafgesetzbuch ebenfalls verpflichtet gewesen.
Soweit der Kläger behauptet, die Mitarbeiter des "Rollenden Mittagstisches" hätten sich nach Abschluss ihrer Tour jeweils zum Rapport über besondere Auffälligkeiten von Kunden melden müssen, ist dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits nicht bewiesen. Selbst wenn es eine solche Rapportpflicht gegeben haben sollte, würde dies nicht zur Annahme einer Pflegetätigkeit i.S.v. § 3 Nr. 26 EStG führen. Denn eine entsprechende Leistung war den Kunden nicht geschuldet.
Soweit die Beigeladene zu 4) nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) bis 3) im Streitzeitraum nur noch in der Küche tätig gewesen sein und nicht mehr im Kontakt mit den Kunden gestanden haben soll, bedurfte dieses keiner näheren Aufklärung. Auch in diesem Fall scheidet eine Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG aus.
Die geltend gemachte, der Höhe nach zutreffende Beitragsnachforderung für die Zeit vom 1.1.2003 bis zum 31.8.2005 ist bei ihrer Feststellung am 30.1.2006 nicht verjährt (vgl. § 25 Abs. 1 SGB IV) gewesen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Der Streitwert bestimmt sich gemäß § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden wirtschaftlichen Bedeutung. In dem abgetrennten Verfahren wendet er sich gegen eine Beitragsforderung von 3.256,50 Euro.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die den Beigeladenen zu 1) bis 4) zwischen dem 1.1.2003 und dem 31.8.2005 gewährte Vergütung für ihre Tätigkeit im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" bei dem Kläger in vollem Umfang pauschal beitragspflichtig zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung oder teilweise steuerfrei im Sinne vom § 3 Nr. 26 EStG und somit beitragsfrei in der Sozialversicherung im Sinne vom § 14 Abs. 1 Satz 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) gewesen ist.
Der Kläger ist eine im Vereinsregister beim Amtsgericht S (VR 000) eingetragene Untergliederung des Caritasverbandes für die Diözese N e.V. Er bietet u.a. die tägliche Anlieferung einer warmen Mahlzeit in Form des so genannten "Rollenden Mittagstisches" an, der mittlerweile in "Essen auf Rädern" umbenannt worden ist. Dabei bediente er sich im Streitzeitraum u.a. der Beigeladenen zu 1) bis 4), die die Mahlzeiten auslieferten.
Die Beklagte führte zunächst für alle versicherungspflichtig Beschäftigten des Klägers am 15.6.2005 bei der Zentralen Gehaltsabrechnungsstelle (ZGAST) des Caritasverbandes für die Diözese N e.V. eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen einer Ergänzungsprüfung für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis zum 31.8.2005 prüfte sie im Anschluss am 21.9.2005 in den Räumen des Steuerbüros T & Partner GmbH in X, bei dem der Kläger die Lohnbuchhaltung für seine "Aushilfen", worunter er geringfügig und nebenberuflich Beschäftigte fasste, abrechnen ließ.
Durch Bescheid vom 30.1.2006 stellte die Beklagte nach vorheriger Anhörung gegenüber dem Kläger als Ergebnis der Betriebsprüfung fest, dass sich für den Prüfzeitraum eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 8.149,75 EUR ergebe. Auf die Beigeladenen zu 1) bis 4) entfielen davon 3.256,50 EUR. Im Einzelnen ergaben sich für diese aus den Anlagen des Bescheides folgende Beitragsnachberechnungen:
- betreffend die Beigeladene zu 1):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
01/-06/2004
steuerfreies Brutto = 770,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 84,70 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 92,40 Euro
Gesamtnachforderung = 177,10 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 2.464,00 Euro
Gesamtnachforderung = 562,10 Euro
- betreffend die Beigeladene zu 2):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.231,04 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,41 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,73 Euro
Gesamtnachforderung = 283,14 Euro
01/- 12/2004
steuerfreies Brutto = 1.694,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 186,34 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 203,28 Euro
Gesamtnachforderung = 389,62 Euro
01/-08/2005
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 4.619,04 Euro
Gesamtnachforderung = 1.057,76 Euro
- betreffend die Beigeladene zu 3):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
01/-14.07.2004
steuerfreies Brutto = 841,96 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 92,62 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 101,64 Euro
Gesamtnachforderung = 193,66 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 2.535,96 Euro
Gesamtnachforderung = 578,66 Euro
- betreffend die Beigeladene zu 4):
01/-03/2003
steuerfreies Brutto = 462,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 46,20 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 55,40 Euro
Gesamtnachforderung = 101,64 Euro
04/-12/2003
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
01/-12/2004
steuerfreies Brutto = 1.694,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 186,34 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 203,28 Euro
Gesamtnachforderung = 389,62 Euro
01/-08/2005
steuerfreies Brutto = 1.232,00 Euro
Krankenversicherungsbeitrag (10 % bis 31.03.2003, 11 % ab 01.04.2003) = 135,52 Euro
Rentenversicherungsbeitrag (12 %) = 147,84 Euro
Gesamtnachforderung = 283,36 Euro
Einkünfte / Beiträge insgesamt
steuerfreies Brutto = 4.620,00 Euro
Gesamtnachforderung = 1.057,98 Euro
Der Kläger verteilte dabei den seiner Ansicht nach bestehenden Steuerfreibetrag i.H.v. damals 1.848,00 Euro/Jahr auf 12 Monate. In allen Fällen versäumte er es, im Monat März 2004 154,00 Euro des Entgeltes steuerfrei zu stellen.
Zur Begründung ihrer Beitragsnachforderung gab die Beklagte an, dass Zahlungen an die geringfügig beschäftigten Beigeladenen zu 1) bis 4) als Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG steuer- und beitragsfrei gezahlt worden seien, obwohl keine von dieser Norm begünstigte Tätigkeit vorgelegen habe. Insbesondere handele es sich nicht um einen Fall der Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen. Der reine Transport von Speisen sei keine begünstigte Tätigkeit. Die bei der Essensübergabe entstehenden Kontakte mit alten, kranken oder behinderten Menschen seien von untergeordneter Bedeutung. Die bloße Auslieferung von fertigen Mahlzeiten stelle keine Hilfe bei häuslichen Verrichtungen und Einkäufen dar. Die Leistung des "Rollenden Mittagstisches" zähle auch nicht zu den Hilfsmaßnahmen der Altenhilfe i.S.v. § 71 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) bzw. der bis zum 31.12.2004 geltenden, gleichlautenden Vorgängerregelung des § 75 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Daraus folge, dass für die an die Mitarbeiter des "Rollenden Mittagstisches" beitragsfrei gezahlten Aufwandsentschädigungen auf Grundlage der in den Lohnunterlagen ausgewiesenen Entgeltbeträge pauschale Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung festzusetzen seien. Der Bescheid betraf darüber hinaus noch weitere Mitarbeiter des Klägers, die zum einen gänzlich, zum anderen teilweise auch in anderen Bereichen (z.B. als Verwaltungskraft, Fuhrparkpfleger, Fahrdienst für Senioren) tätig waren.
Hiergegen legte der Kläger durch seine Steuerberatungsgesellschaft am 6.2.2006 Widerspruch ein. Die gewährten Aufwandsentschädigungen seien sowohl lohnsteuer- als auch sozialversicherungsbeitragsfrei, da sie auf einer nebenberuflichen Tätigkeit im Bereich der Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Auftrage einer gemeinnützigen Einrichtung beruhten. Unter Pflege in diesem Sinne sei nicht nur die Dauerpflege zu verstehen. Hierunter fielen auch Hilfsdienste bei der häuslichen Betreuung durch angelernte Pflegekräfte und bei der Altenhilfe entsprechend § 71 SGB XII i.V.m. den Lohnsteuerrichtlinien. Unter Zugrundelegung dieser Norm des Sozialhilferechts seien die Leistungen der Beigeladenen zu 1) bis 4) Leistungen der Altenhilfe. Diese schlössen die Unterstützung bei häuslichen Verrichtungen und Einkäufen, aber auch die Lieferung von warmen Mahlzeiten ein.
Nachdem die Beklagte im Rahmen ihrer Ermittlungen von Amts wegen Stellungnahmen der Mitarbeiter zu ihrer jeweiligen Tätigkeit eingeholt hatte, half sie dem Widerspruch durch Bescheid vom 27.11.2008 teilweise ab, indem sie den Nachforderungsbetrag auf 7.010,96 EUR festsetzte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.1.2009). Es bleibe dabei, dass im Gegensatz zum Fahrdienst für Senioren (Personenbeförderung), bei dem es sich um einen Fall der Altenhilfe handele, im Fall des "Rollenden Mittagstisches" § 3 Nr. 26 EStG für gewährte Aufwandsentschädigungen nicht in Anspruch genommen werden könne. Dies decke sich auch mit der steuerrechtlichen Einschätzung des Finanzamtes N, wonach "Essen auf Rädern" nicht als begünstigte Tätigkeit im Sinne der Norm anzusehen sei, da bei dieser Dienstleistung der Transport der Speisen im Vordergrund stehe.
Hiergegen hat der Kläger am 20.2.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhoben. Er hat zur Begründung ausgeführt, dass sich der "Rollende Mittagstisch" an pflegebedürftige und wegen Alters gebrechliche Personen richte, denen täglich eine warme Mahlzeit in ihr häusliches Wohnumfeld geliefert werden solle. Die Anlieferung werde von ehrenamtlich für ihn tätigen Kräften durchgeführt, die für die täglichen Anlieferungstouren seine Fahrzeuge benutzten. Für die Anlieferungstätigkeit, die stets auch verbunden sei mit der persönlichen Kontaktaufnahme zu den Betreuten, zahle er diesen Personen eine nach § 3 Nr. 26 EStG steuer- und beitragsfreie Aufwandsentschädigung. Die Beklagte verkenne bei ihrer Bewertung des Sachverhalts die tatsächlichen Verhältnisse. Auch wenn die ehrenamtlich bei ihm tätigen Aushilfsfahrer grundsätzlich dazu eingesetzt würden, den von ihnen versorgten Personen im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" die vorbereiteten Speisen vorbeizubringen, verrichteten sie für die entsprechenden Personen auch betreuende Tätigkeiten. Zum Teil sei es erforderlich, das Essen aufzudecken bzw. bei der Einnahme der Speisen behilflich zu sein. Bei den Anlieferungen handele es sich um einen der wenigen Sozialkontakte der betagten Kunden, so dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter schon aus eigener Intention kurz dort verweilten und ein persönliches Gespräch führten. Es sei daher keineswegs durchgängig so, dass die erwähnten Speisen an der Haustür abgegeben würden. Vielmehr stehe die von persönlicher Zuwendung getragene Tätigkeit im Vordergrund.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2009 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den Inhalt ihrer Bescheide Bezug genommen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass die aufgrund der Tätigkeit entstehenden sozialen Kontakte für die Senioren von Bedeutung seien und eine Art Zuwendungsleistung darstellten. Allerdings stünde aus ihrer Sicht weiterhin der Transport der Speisen bei der Ausübung der Tätigkeit im Vordergrund.
Durch Beschluss vom 30.6.2009 sind alle von dem Bescheid betroffenen Mitarbeiter des Klägers sowie die betroffenen Einzugsstellen und Sozialversicherungsträger zum Verfahren beigeladen worden.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Rechtsstreit ist am 22.10.2009, am 24.6.2010, am 30.9.2010 und am 27.1.2011 erörtert worden. Neben umfangreicher Anhörung der Beteiligten ist zudem am 27.1.2011 die Zeugin S vernommen worden.
Der Kläger hat sich nach dem Ergebnis der Anhörung der Beigeladenen und Vernehmung der Zeugin in seiner Rechtsauffassung bestätigt gesehen. Die Mehrheit derselben hätte bekundet, dass eine konkrete Anweisung bestanden habe, notwendige Zuwendungen zu erbringen und auf das persönliche Umfeld der Kunden des "Rollenden Mittagstisches" zu achten, insbesondere bemerkenswerte Veränderungen am Ende der Tour der Zeugin S zu melden. Zum Teil hätten die angehörten Beigeladenen auch dezidiert über Einzelheiten ihrer Essenauslieferung berichtet, die über die bloße Abgabe von Speisen hinausgegangen sei und weitergehende Kontakte sowie Handreichungen für die Kunden beinhaltet habe. Die vom Kläger angeordneten und durch die ehrenamtlich tätigen Personen erbrachten weiteren Zusatzdienstleistungen könnten zwanglos unter den Oberbegriff "Betreuungsleistung" subsumiert werden.
Die Beklagte hat sich ebenfalls in ihrer bisherigen Auffassung bestätigt gesehen. Durch die angehörten Beigeladenen sei überwiegend bekundet worden, dass das Hauptaugenmerk auf der Ausgabe des Essens gelegen und für die Betreuung der Empfänger nicht ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden habe. Überdies stehe keineswegs fest, dass eine Pflicht zur Beobachtung und Meldung bestanden habe. Eine etwaige Rückmeldung der gesundheitlichen Verfassung der Essensempfänger gegenüber dem Kläger stelle überdies noch keine Betreuung i.S.v. § 3 Nr. 26 EStG dar.
Durch Urteil vom 30.6.2011 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2009 aufgehoben. Es hat sich der Argumentation des Klägers angeschlossen. Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG lägen für die streitige Tätigkeit u.a. der Beigeladenen zu 1) bis 4) im streitigen Zeitraum vor. Bei dem "Rollenden Mittagstisch" sowie den damit in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen habe es sich um die Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Sinne von Hilfsdiensten bei der häuslichen Betreuung gehandelt. Dies stehe nach der Anhörung der Beteiligten sowie der Vernehmung der Zeugin S fest. Es sei davon auszugehen, dass durch den Kläger entsprechende Anweisungen erteilt worden seien, die Menüs nicht nur auszuliefern, sondern ergänzende Hilfeleistung zu erbringen. Es habe sich um eine Leistung des karitativ tätigen Klägers gehandelt, die über die bloße Essenslieferung hinausgegangen sei. Dies unterscheide den "Rollenden Mittagstisch" von sonstigen, insbesondere gewerblichen Menü-Bringe-Diensten. Qualitativ vermochte das SG insoweit keinen Unterschied zu dem vom Kläger betriebenen Fahrdienst zu erkennen, den auch die Beklagte als von § 3 Nr. 26 EStG erfasst angesehen habe. Auch beim Fahrdienst werde eine über den bloßen Transport hinausgehende Hilfeleistung in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand und den Anforderungen der jeweils hilfsbedürftigen Person erbracht. Der Kläger habe im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" über die reine Auslieferung hinaus auch Leistungen der Unterstützung für die Kunden bei häuslichen Verrichtungen bis hin zur Durchführung von Einkäufen, sowie weitere Hilfestellung angeboten und vorgehalten. Ob diese nun und ggf. in welchem Umfang von den einzelnen Kunden tatsächlich abgerufen worden seien, könne letztlich für die Einordnung der begünstigten Tätigkeit nicht den Ausschlag geben. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten haben 16.8.2011 zugestellte Urteil hat diese am 9.9.2011 Berufung eingelegt.
Sie hält das Urteil für fehlerhaft. Bei der beitragsrechtlichen Beurteilung der Zahlungen für die Tätigkeit im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" sei in erster Linie auf die steuerrechtlichen Tatbestände abzustellen. Die Lieferung einer Mahlzeit reiche für die Annahme einer Pflegeleistung gerade nicht aus. Wenn man die Heimpersonalverordnung (HeimPersVO) in Einrichtungen der Altenpflege heranziehe, so werde der Begriff "betreuende Tätigkeiten" dort in § 5 Abs. 1 ausgelegt als Tätigkeiten, bei denen der überwiegende Anteil in unmittelbarem Kontakt mit den Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern bestehe (Pflege, Therapie, Betreuung, Förderung). Nicht zu den betreuenden Tätigkeiten gehörten danach die Verwaltung sowie die hauswirtschaftliche Versorgung. Das Transportieren von Speisen, ggf. verbunden mit dem Öffnen der Wohnungstüren mit mitgebrachten Schlüsseln, das Öffnen der Essensverpackung sowie eine Weitergabe der dabei gewonnenen Beobachtungen an den Kläger erfüllten vor diesem Hintergrund nicht den Tatbestand der Betreuung und Pflege. Der Kläger selbst habe darauf hingewiesen, dass im Einzelfall bei Auffälligkeiten der Kontakt mit der Pflegedienstleitung aufgenommen werde, was belege, dass es einen "separaten Pflegedienst" gebe, der die häusliche Betreuung übernehme. Auch habe er bestätigt, dass die Mitarbeiter des Menü-Bringe-Dienstes keine Altenpflegedienstleistung erbringen durften.
Die Bekundungen der Beigeladenen bestätigten, dass die Tätigkeit als Auslieferungsfahrer des "Rollenden Mittagstisches" keine tatsächlichen Pflegedienstleistungen umfasst habe und aufgrund der Zeitknappheit auch nicht habe umfassen können. Nach der Anhörung der Beigeladenen ergebe sich kein eindeutiges Bild, ob ergänzende Hilfestellungen entsprechend einer Anweisung des Klägers zu erbringen gewesen seien oder nicht. Selbst wenn es eine solche Anweisung gegeben haben sollte, so habe sie sich darin erschöpft, auf das Umfeld der Kunden zu achten, Auffälligkeiten, Beobachtungen und Unregelmäßigkeiten zu melden. Darüber hinausgehende weitere Vorgaben wie z.B. konkrete Hilfestellung zu geben, Pflegeleistungen zu erbringen oder aber Aufgaben zu erfüllen, hätten nicht bestanden. Die Mitarbeiter hätten nach dem Rechten zu sehen und das Essen zu übergeben gehabt. Die jeweils dargestellten weiteren Tätigkeiten (Kleinschneiden der Portionen, Füttern eines blinden Kunden) hätten nur Einzelfälle betroffen. Die bloße Weitergabe von Informationen zu sonstigen Vorkommnissen stelle keine betreuende/pflegende Tätigkeit dar. Abgesehen davon ergebe sich nach Anhörungen und Zeugeneinvernahme, dass das Zeitkontingent in der Praxis grundsätzlich nicht ausreichend gewesen sei, um entsprechende Nebenleistungen flächendeckend zu erbringen. Über den Einzelfall hinaus sei der Zeitrahmen für die Tour sehr knapp bemessen gewesen.
Jedenfalls sei nicht erwiesen, dass der "Rollende Mittagstisch" über die bloße Essensauslieferung hinaus tatsächlich weitere pflegende oder betreuende Tätigkeiten beinhaltete. Somit treffe die objektive Beweislast den Kläger. Ein Vergleich zwischen der Erbringung des Fahrdienstes und der Essensauslieferung im Rahmen des "Rollenden Mittagstisches" führe dazu, dass ersterem durchaus pflegende Aspekte zuzusprechen seien, da die pflegende Person selbst Subjekt des Transportes sei. Beim "Rollenden Mittagstisch" stehe demgegenüber allein das Mittagessen als Gegenstand des Transportes im Mittelpunkt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.6.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie Nachforderungen betreffend die Beigeladenen zu 1.) bis 4.) des vorliegenden Verfahrens betrifft.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er tritt der Berufung entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Ergänzend verweist er auf Abschnitt 3.26 der Lohnsteuerrichtlinien 2011 und die darin niedergelegte Auffassung der Steuerverwaltung. Die Verwaltungsanweisungen hielten ausdrücklich fest, welche Tätigkeiten nicht der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 26 EStG unterfielen, und verwiesen ergänzend auf den Auffangtatbestand des § 3 Nr. 26a EStG.
Der Rechtsstreit ist am 30.8.2013 mit den Beteiligten erörtert worden.
Durch Trennungsbeschluss vom 2.10.2013 ist das Verfahren der jetzigen Beigeladenen zu 1) bis 4) von dem Verfahren L 8 R 842/11 abgetrennt und unter dem Az. L 8 R 961/13 fortgeführt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschriften, und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 4)-15) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2, 3 SGG). Die vollständige Entscheidung ist der Beklagten am 16.8.2011 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem LSG am 9.9.2011 eingegangen.
II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet.
Der Kläger begehrt im Klageverfahren nach Trennung die Aufhebung des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten vom 30.1.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2009, soweit diese von ihm Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1) bis 4) in Höhe von insgesamt 3.256,50 EUR nachfordert. Der Teilabhilfebescheid vom 27.11.2008 ist gemäß § 86 SGG Bestandteil des Widerspruchsverfahrens geworden. Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass dieser sich auch auf den Ursprungsbescheid vom 30.1.2006 bezieht.
Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig, soweit er die Beigeladenen zu 1) bis 4) betrifft, und verletzt somit den Kläger nicht in seinen Rechten i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
Die Beklagte hat - als zuständige Behörde auf Grund einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) - zu Recht festgestellt, dass die Vergütung der Beigeladenen zu 1) bis 4) im Streitzeitraum für ihre Tätigkeit beim "Rollenden Mittagstisch" des Klägers in vollem Umfang der pauschalen Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt. Sie hat die Höhe der Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge auch zutreffend berechnet.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Versicherungs- und Beitragspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung besteht u.a. bei einem abhängigen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis i. S. v. § 7 SGB IV (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigung geringfügig i.S.v. § 8 SGB IV ist (vgl. § 7 Abs. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung liegt eine geringfügige Beschäftigung u.a. vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 325,00 Euro (ab 1.4.2003 400,00 Euro) nicht übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1; sog. Entgeltgeringfügigkeit). In diesem Fall sind allerdings vom Arbeitgeber trotz bestehender Versicherungsfreiheit der Beschäftigten Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten (vgl. § 249b Satz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).
Bei versicherungspflichtig Beschäftigten zur Beitragsbemessung ebenso wie bei der Beurteilung der Frage, ob aufgrund des gezahlten Entgelts Versicherungspflicht besteht, wird das aus der Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Danach sind grundsätzlich alle Zahlungen des Klägers an die Beigeladenen zu 1) bis 4) als Arbeitsentgelt zu behandeln.
Zu Recht ist die Beklagte dabei davon ausgegangen, dass § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV in der im Streitzeitraum geltenden Fassung, wonach die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt gelten, im vorliegenden Fall nicht eingreift.
Nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG sind steuerfrei u.a. Einnahmen aus der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von - im Streitzeitraum - insgesamt 1.848 Euro im Jahr.
Da es im vorliegenden Fall jedenfalls am Merkmal der "Pflege" fehlt, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die übrigen Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG erfüllt sind. Allerdings geht der Senat davon aus, dass der Kläger eine Einrichtung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zur Förderung gemeinnütziger Zwecke und die Tätigkeit der Beigeladenen auch als nebenberuflich anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt (BFH, Urteil v. 30.3.1990,VI R 188/87, BFHE 160, 486). Da nach § 1 Abs. 1 Anlage 5 AVR die regelmäßige Arbeitszeit der Mitarbeiter durchschnittlich 38,5 Stunden in der Woche, also 167,40 Stunden im Monat entsprach, ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die durchschnittliche Arbeitszeit nicht über 55,80 Stunden lag. Aus den vorliegenden Lohnkonten bzw. Lohn-/Gehaltsabrechnungen ergeben sich für die Beigeladene zu 1) für Januar 2003 bis Juni 2004 762,25 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 42,35 Stunden, für die Beigeladene zu 2) für Januar 2003 bis August 2005 1.469,46 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 45,92 Stunden, für die Beigeladene zu 3) für Januar 2003 bis zum 14.7.2004 704,68 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 40,27 Stunden und schließlich für die Beigeladene zu 4) für Januar 2003 bis August 2005 1.746,63 Stunden, mithin ein Monatsdurchschnitt von 54,58 Stunden.
Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 4) für den "Rollenden Mittagstisch" des Klägers war jedoch keine Pflegetätigkeit im Sinne von § 3 Nr. 26 EStG.
Der vorliegende Fall bietet keinen Einlass, die Auslegung des Begriffs "Pflege" in § 3 Nr. 26 EStG abschließend zu klären. Die Regelung ist durch Art. 3 Nr. 1 Vereinsförderungsgesetz eingefügt worden und beruht ausweislich der Gesetzesmaterialien auf "gesellschaftspolitischen Gründen" (BT-Drs. 11/5582, S. 32; hierzu: v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Bd. 3/§ 3 Rdnr. B 26/94, Stand April 2014). Diese allgemein gehaltene Formulierung schließt es jedenfalls nicht aus, den Kreis der begünstigten Tätigkeiten auf sämtliche in § 14 Abs. 4 SGB XI und § 71 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - bzw. dem im Streitzeitraum z.T. noch geltenden § 75 Bundessozialhilfegesetz - und darüber hinaus auf Sofortmaßnahmen gegenüber Schwerkranken und Verunglückten (also Ersthelfer und Rettungssanitäter) zu erstrecken (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 23.3.2006, II 317/04, juris; so auch die Lohnsteuer-Richtlinien 2003-2005, R 17). Wie der Wortlaut der Bestimmung, der die Pflege auf den Personenkreis der alten, kranken oder behinderten Menschen bezieht, und ihr Charakter als Katalogausnahmetatbestand aber klarstellen, muss es sich um Leistungen handeln, die im persönlichen Kontakt zum Empfänger erbracht werden (BFH, Beschluss v. 1.6.2004, XI B 117/02, juris). Darüber hinaus müssen sie einen spezifischen, ihre Gemeinnützigkeit begründenden Inhalt haben. Daran fehlt es wenn sich die Tätigkeit ausschließlich auf die Leistung hauswirtschaftlicher Verrichtungen beschränkt (v. Beckerath, a.a.O., Rdnr. B 26/102).
Ausgehend werden - ungeachtet ihrer jeweiligen Bezeichnung - die Leistungen reiner Menübringdienste nicht von § 3 Nr. 26 EStG erfasst. Denn sie erschöpfen sich in der hauswirtschaftlichen Leistung der Lieferung einer andernorts zubereiteten Mahlzeit. Die Auslieferung des Essens unterfällt - anders als die Beratung über die Möglichkeit, derartige Dienste in Anspruch zu nehmen - auch nicht § 71 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII oder § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, der den altersgerechten Umbau bzw. die altersgerechte Ausstattung von Wohnungen und die Inanspruchnahme von Sozialleistungen zum Erhalt der Wohnung umfasst (vgl. Sehmsdorf in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 71 Rdnr. 19 ff.), nicht jedoch die hauswirtschaftliche Versorgung in der Wohnung.
Die Richtigkeit dieser Auslegung wird in systematischer Hinsicht gestützt durch den zum 1.1.2007 in Kraft getretenen § 3 Nr. 26a EStG, wonach Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag juristischer Personen des öffentlichen Rechts und bestimmter Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke bis insgesamt 500,00 EUR jährlich steuerfrei sind. Die Funktion des § 3 Nr. 26a EStG besteht darin, Aufwandsentschädigungen für solche (ehrenamtlichen) Tätigkeiten steuerlich zu begünstigen, die nicht unter § 3 Nr. 26 EStG fallen, weil sie nicht unmittelbar auf die persönliche Pflege solcher Personen ausgerichtet sind, die wegen Alter, Krankheit oder Behinderung pflegebedürftig sind (vgl. Frotscher, EStG, Stand Mai 2014, § 3 Nr. 26a, Rdnr. 2). Der Umstand, dass die Gesetzesmaterialien die Mitarbeit beim "Essen auf Rädern" ausdrücklich dem neuen § 3 Nr. 26a EStG unterstellen (vgl. BT-Drs. 16/5200, S. 17 zu Nr. 4), erlaubt den Umkehrschluss, dass diese Tätigkeit von § 3 Nr. 26 EStG nicht erfasst worden ist. Dementsprechend hat sich der Kläger im Laufe des Verfahrens selbst auf § 3 Nr. 26a EStG berufen, dabei allerdings übersehen, dass diese Vorschrift erst zum 1.1.2007 in Kraft getreten ist und daher im Streitzeitraum nicht in Anspruch genommen werden kann.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der vom Kläger betriebene "Rollende Mittagstisch" im Streitzeitraum ein Menübringdienst war, dessen Leistungen nicht durch darüber hinausgehende pflegerische Kontakte zu den Empfängern der Mahlzeiten geprägt war.
Der Kläger hatte sich - entgegen der Annahme des SG - gegenüber seinen Kunden im Streitzeitraum schon vertraglich nicht verpflichtet, Zusatzleistungen aus dem Bereich Pflege oder Betreuung zu erbringen. Auch wenn der "Rollende Mittagstisch" im Streitzeitraum weniger institutionalisiert gewesen oder professionell betrieben worden ist als heute, so hat sich bis auf den Namen ("Essen auf Rädern") nach den Angaben seines Geschäftsführers und Bevollmächtigten nichts Wesentliches geändert. Die geübte Praxis gibt weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart einen Anhaltspunkt dafür, dass irgendeine (Zusatz-)Leistung gegenüber den Kunden vertraglich zugesagt worden wäre. Angeboten und vereinbart war und ist stattdessen die bloße Belieferung mit dem ausgewählten Essen. Eine Weiterentwicklung hat diesbezüglich nicht stattgefunden. Die damals noch nicht üblichen, heutigen Bestellbögen enthalten weder Felder für die Angabe von eventuell zu kontaktierenden Angehörigen oder Pflegediensten, Besonderheiten wie Pflegestufen oder Behinderungen noch Extrawünschen. Zusatzleistungen, wie etwa die mundgerechte Zubereitung, konnten nicht vereinbart werden.
Derartige Zusatzleistungen sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch allenfalls in Einzelfällen erbracht worden.
Üblicherweise erfolgte die vereinbarte Lieferung eines Mittagessens in Thermoverpackung vor bzw. an die Haustür oder (ggf. mit Hilfe vorhandener Schlüssel) in die Wohnung auf den Esstisch. Wenn in diesen Fällen noch die Umverpackung und der oder die Deckel vom Essen genommen worden sind, so ist darin eine pflegerische Leistung nicht zu erkennen.
Die Kunden sind - abgesehen von wenigen Ausnahmefällen (ein Fall, in dem für einen blinden Kunden die Mahlzeiten kleingeschnitten wurden, ein Fall, in dem ein Kunde gefüttert wurde) - nicht bei der weiteren Zubereitung oder Einnahme der Mahlzeiten betreut oder überwacht worden. im Sinne einer aktiven Betreuung bei der Einnahme der Mahlzeiten überwacht worden. Hierfür ließ die zur Verfügung stehende Zeit von 2 ½ bis 3 ½ Stunden bei 25-35 Mittagessen pro Tour auch keinerlei Raum. Bei 25 (35) Essen standen 150 (210) Minuten und damit durchschnittlich 6 (6) Minuten für Anfahrt und Übergabe zur Verfügung. Der "rollende Mittagstisch" war gerade mit der Zielsetzung zeitlich eng getaktet, in der Mittagszeit alle Kunden mit halbwegs warmem Essen zu versorgen.
Es besteht weiter kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) Beratungsleistungen zu erbringen hatten. Die Entgegennahme von Bestellscheinen oder -wünschen durch die Fahrer(innen) des "Rollenden Mittagstisches" reicht hierfür nicht aus.
Aufmunternde Worte bzw. kurze Gespräche anlässlich der Übergabe der Mahlzeiten "zwischen Tür und Angel" oder aber auch in den Wohnräumen des Kunden mögen zwar auch den Charakter einer persönlichen Zuwendung haben, waren jedoch nur untergeordneter Bedeutung, wie offenbar auch das von dem Kläger wiederholt behauptete ehrenamtliche Engagement der Mitarbeiter/innen. Auf Befragen durch den Senat haben die Beigeladenen zu 1) bis 3) übereinstimmend angegeben, dass sie aus wirtschaftlichen Erwägungen der Tätigkeit nachgegangen seien.
Soweit Mitarbeiter des Klägers in Notfällen für die Gewährleistung weiterer Hilfe durch Angehörige, den Pflegedienst oder Rettungskräfte gesorgt haben, wäre hierzu jeder Essensbote im Hinblick auf § 323c Strafgesetzbuch ebenfalls verpflichtet gewesen.
Soweit der Kläger behauptet, die Mitarbeiter des "Rollenden Mittagstisches" hätten sich nach Abschluss ihrer Tour jeweils zum Rapport über besondere Auffälligkeiten von Kunden melden müssen, ist dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits nicht bewiesen. Selbst wenn es eine solche Rapportpflicht gegeben haben sollte, würde dies nicht zur Annahme einer Pflegetätigkeit i.S.v. § 3 Nr. 26 EStG führen. Denn eine entsprechende Leistung war den Kunden nicht geschuldet.
Soweit die Beigeladene zu 4) nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1) bis 3) im Streitzeitraum nur noch in der Küche tätig gewesen sein und nicht mehr im Kontakt mit den Kunden gestanden haben soll, bedurfte dieses keiner näheren Aufklärung. Auch in diesem Fall scheidet eine Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG aus.
Die geltend gemachte, der Höhe nach zutreffende Beitragsnachforderung für die Zeit vom 1.1.2003 bis zum 31.8.2005 ist bei ihrer Feststellung am 30.1.2006 nicht verjährt (vgl. § 25 Abs. 1 SGB IV) gewesen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Der Streitwert bestimmt sich gemäß § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden wirtschaftlichen Bedeutung. In dem abgetrennten Verfahren wendet er sich gegen eine Beitragsforderung von 3.256,50 Euro.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved