Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3182/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1993/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.03.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen Entscheidungen der Beklagten im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation.
Der am 1969 geborene Kläger ist gelernter Maurer und seit Jahren arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Medizinische und berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation, hinsichtlich derer der Kläger zahlreiche Rechtsstreitigkeiten führte, führten nicht zu einer Wiedereingliederung des Klägers in das Erwerbsleben. Seit dem 01.01.2012 bezieht der Kläger von der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Auf seinen Anfang Oktober 2011 gestellten Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 29.11.2011 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlungsdienstes, um für sich einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz zu erschließen. Die Leistungsgewährung erfolgte für die Dauer von sechs Monaten und begann am 05.12.2011. Als privater Arbeitsvermittlungsdienst wurde das Centrum für Kompetenzbilanzierung Süd (Firma C. Süd) beauftragt, das den Kläger bei seiner Bewerbung bei der Firma G. S. GmbH in O./N. unterstützte, wo er bereits erfolgreich einen Probearbeitstag absolviert hatte. Nachdem sich die Möglichkeit einer Einstellung des Klägers konkretisiert hatte und seitens der Firma G. S. GmbH Interesse an einer betrieblichen Qualifizierung des Klägers bekundet worden war, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17.01.2012 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine berufliche Integrationsmaßnahme, die bei der Firma C. Süd voraussichtlich vom 01.02. bis 30.04.2012 durchgeführt werden sollte.
Im Hinblick auf die Schwierigkeit, den entsprechenden Arbeitsplatz in O./N. mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, beantragte der Kläger die Finanzierung eines PKW und einer, nach Angaben des Klägers zum Führen eines Kraftfahrzeugs erforderlichen Brille, da er nur dadurch in die Lage versetzt werde, eine Tätigkeit in O./N. auch auszuüben. Mit Bescheid vom 17.01.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe mangels Erfüllung der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen ab, da der Kläger, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen, nicht aus behinderungsbedingten Gründen auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sei. Im Hinblick auf die beantragte Sehhilfe zum Führen eines Fahrzeugs verneinte sie ihre Zuständigkeit, da es sich nicht um eine ausschließlich am Arbeitsplatz getragene spezielle Sehhilfe handele.
Nachdem die Firma G. S. GmbH von einer Einstellung des Klägers Abstand genommen hatte und eine weitere Vermittlungsbemühung der Firma C. Süd (aus deren Sicht am Verhalten des Klägers) gescheitert war, erklärte die Firma C. Süd am 02.03.2012 gegenüber der Beklagten die Begleitung und Betreuung des Klägers für beendet.
Mit Bescheid vom 06.03.2012 widerrief die Beklagte daraufhin ihren Bewilligungsbescheid vom 17.01.2012 und führte zur Begründung aus, im Bewilligungsbescheid sei ein Widerruf vorbehalten und die Firma G. S. GmbH habe von einer Beschäftigungsaufnahme abgesehen, sodass die berufliche Rehabilitationsmaßnahme dementsprechend nicht angetreten worden sei. Mit Bescheid vom 12.03.2012 hob die Beklagte ferner den Bescheid vom 29.11.2011 auf, da die Maßnahme bei der Firma C. Süd am 02.03.2012 abgebrochen worden sei. Eine weitere Betreuung durch die Firma C. finde nicht statt, sodass das Maßnahmeziel bis zum Ende nicht erreicht werden könne.
Die gegen die Bescheide vom 17.01., 06.03. und 12.03.2012 jeweils eingelegten Widersprüche des Klägers wurden mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2012 zurückgewiesen. Das hiergegen am 19.11.2012 angerufene Sozialgericht Reutlingen hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27.03.2013 und im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, für die beantragte KFZ-Hilfe sowie die Sehhilfe erfülle der Kläger nicht die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen; im Übrigen habe die Beklagte wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zu Recht sowohl die Bewilligung der Integrationsmaßnahme als auch die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlers aufgehoben.
Gegen den ihm am 04.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.05.2013 Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, ihm stünden die beantragten Leistungen zu. Die Beklagte habe auch keine Gründe gehabt, die begonnenen Maßnahmen abzubrechen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.03.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2012 zu verurteilen, ihm KFZ-Hilfe und eine Sehhilfe zu gewähren sowie die Bescheide vom 06.03.2012 und 12.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Mit seiner gegen den Bescheid vom 17.01.2012 gerichteten Klage wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der beantragten Kraftfahrzeug- und Sehhilfe mit dem Begehren, diese negative Entscheidung zu beseitigen und die Beklagte unmittelbar zur Gewährung der entsprechenden Leistungen zu verurteilen. Insoweit ist seine Klage daher als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung durch den Senat. Damit stünde dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nur zu, wenn er zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats die Anspruchsvoraussetzungen für diese, den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuzurechnenden Sozialleistungen erfüllen würde. Dies ist nicht der Fall.
Rechtsgrundlage der begehrten Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs sind die (nach § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - i.V.m. den §§ 33 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX -, dort insbesondere § 33 Abs. 1 und 8 Nr. 1 anzuwendenden) Regelungen der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV setzen die Leistungen (u.a.: Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, § 2 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV) u.a. voraus, dass der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Denn der Kläger hatte und hat keinen Arbeitsplatz inne. Deshalb war und ist er auch nicht auf ein Kraftfahrzeug angewiesen, um einen Arbeitsplatz zu erreichen. Auch sonstige Orte einer Leistung der beruflichen Bildung oder gar ein Ausbildungsort stehen nicht in Rede.
Gleiches gilt für die begehrte Sehhilfe als Hilfsmittel, das grundsätzlich als Leistung zur Teilhabe in Betracht kommt (vgl. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX). Die beantragte Brille benötigt der Kläger nach seinen Angaben zum Führen eines Kraftfahrzeugs. Da er aber - wie dargelegt mangels Arbeitsplatz - keinen Anspruch auf Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs hat und auch über kein Kraftfahrzeug verfügt, benötigt er auch keine Sehhilfe zum Führen eines Kraftfahrzeugs. Es bedarf daher keiner weiteren Erwägungen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte als angegangener Leistungsträger nach anderen Rechtsvorschriften grundsätzlich als leistungspflichtig in Betracht käme.
Soweit sich der Kläger gegen die Bescheide vom 06.03.2012 und 12.03.2012 wendet, mit dem die Beklagte die Bewilligung der Integrationsmaßnahme im Zeitraum vom 01.02. bis 30.04.2012 widerrief bzw. die Bewilligung der Inanspruchnahme des privaten Arbeitsvermittlungsdienstes C. Süd aufhob, ist grundsätzlich zwar die reine Anfechtungsklage die richtige Klageart. Denn grundsätzlich tritt mit der gerichtlichen Kassation eines Aufhebungsbescheides der aufgehobene Bescheid und damit dessen Regelungsinhalt (z.B. eine Leistungsbewilligung) wieder in Kraft. Indessen ist dies vorliegend nicht der Fall. Denn die durch die angefochtenen Bescheide aufgehobenen Leistungsbewilligungen können auch durch die Beseitigung der angefochtenen Bescheide nicht mehr in Kraft treten.
Allerdings bejaht der Kläger die Zulässigkeit dieser Anfechtungsklagen. Denn hierfür genügt es, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beschwert ist ein Kläger nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage ist somit, dass der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil dieser Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig sei und subjektiv in rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreife (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Auflage, § 54 Rdnrn. 7, 10 - sogenannte Klagebefugnis -). Hier wendet sich der Kläger gerade gegen Bescheide über die Aufhebung von Leistungsbewilligungen und macht die Verletzung seiner Rechte geltend.
Die Anfechtungsklagen sind jedoch nicht begründet. Denn entgegen der Behauptung des Klägers wird er tatsächlich durch die angefochtenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt.
Mit dem Bescheid vom 06.03.2012 hob die Beklagte den Bescheid vom 17.01.2012 auf. Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte in Bezug auf den bei der Firma G. S. GmbH in Aussicht stehenden Arbeitsplatz eine Qualifizierungsmaßnahme bei der Firma C. Süd bewilligt. Tatsächlich aber erhielt der Kläger den Arbeitsplatz bei der Firma G. S. GmbH nicht (und auch keinen anderen Arbeitsplatz), sodass eine hierauf, auf diesen Arbeitsplatz bei der Firma G. S. GmbH gerichtete Integrationsmaßnahme nicht mehr durchführbar war. Damit erledigte sich die Leistungsbewilligung durch Wegfall des Förderungszieles und entfaltete nach § 39 Abs. 2 SGB X keine Rechtswirkungen mehr. Jedenfalls aber - sofern die beschriebene Erledigung der Leistungsbewilligung nicht angenommen würde - zog die Beklagte mit der Aufhebung dieser Leistungsbewilligung durch den angefochtenen Bescheid - dann nach § 48 SGB X, was das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat - die entsprechende Konsequenz. In beiden Fällen (Erledigung des Bescheides vom 17.01.2012 in sonstiger Weise oder Aufhebung durch den Bescheid vom 06.03.2012) würde die gerichtliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 06.03.2012 die Durchführung der ursprünglich bewilligten Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr ermöglichen. Im Ergebnis wird der Kläger durch den Bescheid vom 06.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2012 somit nicht in eigenen Rechten verletzt.
Vergleichbares gilt in Bezug auf den Bescheid vom 12.03.2012 über die Aufhebung des Bescheides vom 29.11.2011 (sinngemäß für die Zukunft, so zutreffend das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung). Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte dem Kläger mit Wirkung ab dem 05.12.2011 für sechs Monate die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlungsdienstes bewilligt und die Firma C. Süd beauftragt. Nachdem die Firma C. Süd gegenüber der Beklagten am 02.03.2012 mangels Perspektive die Begleitung und Betreuung des Klägers für beendet erklärt hatte, war die Grundlage für die weitere Inanspruchnahme der Firma C. Süd (jedenfalls zunächst) entfallen. Bis zu dem für die reine Anfechtungsklage maßgebenden Abschluss des Widerspruchsverfahrens mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2012 war auch der Zeitraum, für den die Bewilligung erfolgte (sechs Monate ab 05.12.2011), längst verstrichen, sodass selbst bei Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2012 die frühere Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab Erlass des Bescheides vom 12.03.2012 nicht mehr in Kraft treten könnte. Damit wird auch insoweit der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt.
Soweit der Kläger auch im vorliegenden Rechtsstreit - wie in den anderen beim Senat ebenfalls anhängigen Verfahren L 10 R 1358/13, L 10 R 1359/13, L 10 R 1992/13 - mit Schreiben vom 08.02.2014 die Verurteilung der Beklagten zu Schadensersatz und im Hinblick auf den 1996 gestellten Antrag zur Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit beantragt hat, handelt es sich insoweit um ein Begehren. Der Senat entscheidet deshalb nur einmal über dieses Begehren, und zwar im Verfahren L 10 R 1992/13, in dem der Kläger auch den entsprechenden Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen Entscheidungen der Beklagten im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation.
Der am 1969 geborene Kläger ist gelernter Maurer und seit Jahren arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Medizinische und berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation, hinsichtlich derer der Kläger zahlreiche Rechtsstreitigkeiten führte, führten nicht zu einer Wiedereingliederung des Klägers in das Erwerbsleben. Seit dem 01.01.2012 bezieht der Kläger von der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Auf seinen Anfang Oktober 2011 gestellten Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 29.11.2011 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlungsdienstes, um für sich einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz zu erschließen. Die Leistungsgewährung erfolgte für die Dauer von sechs Monaten und begann am 05.12.2011. Als privater Arbeitsvermittlungsdienst wurde das Centrum für Kompetenzbilanzierung Süd (Firma C. Süd) beauftragt, das den Kläger bei seiner Bewerbung bei der Firma G. S. GmbH in O./N. unterstützte, wo er bereits erfolgreich einen Probearbeitstag absolviert hatte. Nachdem sich die Möglichkeit einer Einstellung des Klägers konkretisiert hatte und seitens der Firma G. S. GmbH Interesse an einer betrieblichen Qualifizierung des Klägers bekundet worden war, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17.01.2012 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine berufliche Integrationsmaßnahme, die bei der Firma C. Süd voraussichtlich vom 01.02. bis 30.04.2012 durchgeführt werden sollte.
Im Hinblick auf die Schwierigkeit, den entsprechenden Arbeitsplatz in O./N. mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, beantragte der Kläger die Finanzierung eines PKW und einer, nach Angaben des Klägers zum Führen eines Kraftfahrzeugs erforderlichen Brille, da er nur dadurch in die Lage versetzt werde, eine Tätigkeit in O./N. auch auszuüben. Mit Bescheid vom 17.01.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe mangels Erfüllung der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen ab, da der Kläger, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen, nicht aus behinderungsbedingten Gründen auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sei. Im Hinblick auf die beantragte Sehhilfe zum Führen eines Fahrzeugs verneinte sie ihre Zuständigkeit, da es sich nicht um eine ausschließlich am Arbeitsplatz getragene spezielle Sehhilfe handele.
Nachdem die Firma G. S. GmbH von einer Einstellung des Klägers Abstand genommen hatte und eine weitere Vermittlungsbemühung der Firma C. Süd (aus deren Sicht am Verhalten des Klägers) gescheitert war, erklärte die Firma C. Süd am 02.03.2012 gegenüber der Beklagten die Begleitung und Betreuung des Klägers für beendet.
Mit Bescheid vom 06.03.2012 widerrief die Beklagte daraufhin ihren Bewilligungsbescheid vom 17.01.2012 und führte zur Begründung aus, im Bewilligungsbescheid sei ein Widerruf vorbehalten und die Firma G. S. GmbH habe von einer Beschäftigungsaufnahme abgesehen, sodass die berufliche Rehabilitationsmaßnahme dementsprechend nicht angetreten worden sei. Mit Bescheid vom 12.03.2012 hob die Beklagte ferner den Bescheid vom 29.11.2011 auf, da die Maßnahme bei der Firma C. Süd am 02.03.2012 abgebrochen worden sei. Eine weitere Betreuung durch die Firma C. finde nicht statt, sodass das Maßnahmeziel bis zum Ende nicht erreicht werden könne.
Die gegen die Bescheide vom 17.01., 06.03. und 12.03.2012 jeweils eingelegten Widersprüche des Klägers wurden mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2012 zurückgewiesen. Das hiergegen am 19.11.2012 angerufene Sozialgericht Reutlingen hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27.03.2013 und im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, für die beantragte KFZ-Hilfe sowie die Sehhilfe erfülle der Kläger nicht die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen; im Übrigen habe die Beklagte wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zu Recht sowohl die Bewilligung der Integrationsmaßnahme als auch die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlers aufgehoben.
Gegen den ihm am 04.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.05.2013 Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, ihm stünden die beantragten Leistungen zu. Die Beklagte habe auch keine Gründe gehabt, die begonnenen Maßnahmen abzubrechen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.03.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2012 zu verurteilen, ihm KFZ-Hilfe und eine Sehhilfe zu gewähren sowie die Bescheide vom 06.03.2012 und 12.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Mit seiner gegen den Bescheid vom 17.01.2012 gerichteten Klage wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der beantragten Kraftfahrzeug- und Sehhilfe mit dem Begehren, diese negative Entscheidung zu beseitigen und die Beklagte unmittelbar zur Gewährung der entsprechenden Leistungen zu verurteilen. Insoweit ist seine Klage daher als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung durch den Senat. Damit stünde dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nur zu, wenn er zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats die Anspruchsvoraussetzungen für diese, den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuzurechnenden Sozialleistungen erfüllen würde. Dies ist nicht der Fall.
Rechtsgrundlage der begehrten Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs sind die (nach § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - i.V.m. den §§ 33 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX -, dort insbesondere § 33 Abs. 1 und 8 Nr. 1 anzuwendenden) Regelungen der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV setzen die Leistungen (u.a.: Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, § 2 Abs. 1 Nr. 1 KfzHV) u.a. voraus, dass der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Denn der Kläger hatte und hat keinen Arbeitsplatz inne. Deshalb war und ist er auch nicht auf ein Kraftfahrzeug angewiesen, um einen Arbeitsplatz zu erreichen. Auch sonstige Orte einer Leistung der beruflichen Bildung oder gar ein Ausbildungsort stehen nicht in Rede.
Gleiches gilt für die begehrte Sehhilfe als Hilfsmittel, das grundsätzlich als Leistung zur Teilhabe in Betracht kommt (vgl. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX). Die beantragte Brille benötigt der Kläger nach seinen Angaben zum Führen eines Kraftfahrzeugs. Da er aber - wie dargelegt mangels Arbeitsplatz - keinen Anspruch auf Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs hat und auch über kein Kraftfahrzeug verfügt, benötigt er auch keine Sehhilfe zum Führen eines Kraftfahrzeugs. Es bedarf daher keiner weiteren Erwägungen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte als angegangener Leistungsträger nach anderen Rechtsvorschriften grundsätzlich als leistungspflichtig in Betracht käme.
Soweit sich der Kläger gegen die Bescheide vom 06.03.2012 und 12.03.2012 wendet, mit dem die Beklagte die Bewilligung der Integrationsmaßnahme im Zeitraum vom 01.02. bis 30.04.2012 widerrief bzw. die Bewilligung der Inanspruchnahme des privaten Arbeitsvermittlungsdienstes C. Süd aufhob, ist grundsätzlich zwar die reine Anfechtungsklage die richtige Klageart. Denn grundsätzlich tritt mit der gerichtlichen Kassation eines Aufhebungsbescheides der aufgehobene Bescheid und damit dessen Regelungsinhalt (z.B. eine Leistungsbewilligung) wieder in Kraft. Indessen ist dies vorliegend nicht der Fall. Denn die durch die angefochtenen Bescheide aufgehobenen Leistungsbewilligungen können auch durch die Beseitigung der angefochtenen Bescheide nicht mehr in Kraft treten.
Allerdings bejaht der Kläger die Zulässigkeit dieser Anfechtungsklagen. Denn hierfür genügt es, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beschwert ist ein Kläger nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage ist somit, dass der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil dieser Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig sei und subjektiv in rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreife (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Auflage, § 54 Rdnrn. 7, 10 - sogenannte Klagebefugnis -). Hier wendet sich der Kläger gerade gegen Bescheide über die Aufhebung von Leistungsbewilligungen und macht die Verletzung seiner Rechte geltend.
Die Anfechtungsklagen sind jedoch nicht begründet. Denn entgegen der Behauptung des Klägers wird er tatsächlich durch die angefochtenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt.
Mit dem Bescheid vom 06.03.2012 hob die Beklagte den Bescheid vom 17.01.2012 auf. Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte in Bezug auf den bei der Firma G. S. GmbH in Aussicht stehenden Arbeitsplatz eine Qualifizierungsmaßnahme bei der Firma C. Süd bewilligt. Tatsächlich aber erhielt der Kläger den Arbeitsplatz bei der Firma G. S. GmbH nicht (und auch keinen anderen Arbeitsplatz), sodass eine hierauf, auf diesen Arbeitsplatz bei der Firma G. S. GmbH gerichtete Integrationsmaßnahme nicht mehr durchführbar war. Damit erledigte sich die Leistungsbewilligung durch Wegfall des Förderungszieles und entfaltete nach § 39 Abs. 2 SGB X keine Rechtswirkungen mehr. Jedenfalls aber - sofern die beschriebene Erledigung der Leistungsbewilligung nicht angenommen würde - zog die Beklagte mit der Aufhebung dieser Leistungsbewilligung durch den angefochtenen Bescheid - dann nach § 48 SGB X, was das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat - die entsprechende Konsequenz. In beiden Fällen (Erledigung des Bescheides vom 17.01.2012 in sonstiger Weise oder Aufhebung durch den Bescheid vom 06.03.2012) würde die gerichtliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 06.03.2012 die Durchführung der ursprünglich bewilligten Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr ermöglichen. Im Ergebnis wird der Kläger durch den Bescheid vom 06.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2012 somit nicht in eigenen Rechten verletzt.
Vergleichbares gilt in Bezug auf den Bescheid vom 12.03.2012 über die Aufhebung des Bescheides vom 29.11.2011 (sinngemäß für die Zukunft, so zutreffend das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung). Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte dem Kläger mit Wirkung ab dem 05.12.2011 für sechs Monate die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlungsdienstes bewilligt und die Firma C. Süd beauftragt. Nachdem die Firma C. Süd gegenüber der Beklagten am 02.03.2012 mangels Perspektive die Begleitung und Betreuung des Klägers für beendet erklärt hatte, war die Grundlage für die weitere Inanspruchnahme der Firma C. Süd (jedenfalls zunächst) entfallen. Bis zu dem für die reine Anfechtungsklage maßgebenden Abschluss des Widerspruchsverfahrens mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2012 war auch der Zeitraum, für den die Bewilligung erfolgte (sechs Monate ab 05.12.2011), längst verstrichen, sodass selbst bei Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2012 die frühere Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab Erlass des Bescheides vom 12.03.2012 nicht mehr in Kraft treten könnte. Damit wird auch insoweit der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt.
Soweit der Kläger auch im vorliegenden Rechtsstreit - wie in den anderen beim Senat ebenfalls anhängigen Verfahren L 10 R 1358/13, L 10 R 1359/13, L 10 R 1992/13 - mit Schreiben vom 08.02.2014 die Verurteilung der Beklagten zu Schadensersatz und im Hinblick auf den 1996 gestellten Antrag zur Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit beantragt hat, handelt es sich insoweit um ein Begehren. Der Senat entscheidet deshalb nur einmal über dieses Begehren, und zwar im Verfahren L 10 R 1992/13, in dem der Kläger auch den entsprechenden Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved