L 4 V 18/02

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 4 V 18/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.03.2002 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Beginn der Gewährung von Berufsschadensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der 1920 geborene Kläger erlitt während seines Wehrdienstes 1942 verschiedene Gesundheitsstörungen. Zuletzt mit Neufeststellungsbescheid vom 22.2.1973 wurden als Schädigungsfolgen nach dem BVG mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 90 vH. anerkannt:

1. Gebrauchsunfähigkeit der linken Hand durch Verlust sämtlicher Finger und eines Teils der Mittelhandknochen von 2 bis 5,

2. Verlust sämtlicher Zehen beider Füße nach Erfrierung mit Narbenbeschwerden,

3 verstärkte Arthrosis deformans im rechten Kniegelenk nach Meniskusoperation (Bl. 370 BA).

Vom Kläger im Januar 1967, Februar 1969 und Dezember 1973 gestellte Anträge auf Berufsschadensausgleich lehnte das Versorgungsamt Landau bindend ab.

Der Kläger hatte von 1926 bis 1934 die Volksschule besucht und danach bis 1940 ohne Berufsausbildung als Landarbeiter gearbeitet. Nach dem Wehrdienst war er als Verwaltungsangestellter und ab 1951 als Werkstattschreiber beschäftigt, konnte wegen der Schädigungsfolgen aber keine schweren körperlichen Arbeiten mehr ausführen.

Im Januar 1980 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag; ergänzend gab er auf Befragen an, er sei wegen der Schädigungsleiden nicht arbeits-, berufs- oder erwerbsunfähig. Im April 1980 untersuchte ihn der Facharzt für Orthopädie Dr. H und führte in seinem Gutachten aus, die Schädigungsfolgen hätten sich nicht verschlimmert und bedingten weiter eine MdE von 90 vH. Ein besonderes berufliches Betroffensein liege nicht vor. Daraufhin lehnte der Beklagte den Neufeststellungsantrag mit Bescheid vom 28.07.1980 ab.

Seit 01.06.1980 bezieht der Kläger von der LVA Rheinland-Pfalz Altersruhegeld, das zunächst nach § 1248 Abs. 1 RVO gewährt wurde (Bl. 690 BA). Auf Anfrage teilte die LVA mit, der Kläger sei nicht wegen der Schädigungsfolgen arbeitsunfähig gewesen.

Im August 1980 beantragte der Kläger Ausgleichsrente unter Hinweis auf das von der LVA gewährte Altersruhegeld. Mit Bescheid vom 04.10.1980 berechnete das Versorgungsamt Landau die Versorgungsleistung des Klägers unter Berücksichtigung der einkommensabhängigen Leistungen und gewährte u.a. Ausgleichsrente.

Im September 1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Berufsschadensausgleich, den ihm das Amt für soziale Angelegenheiten Landau mit Bescheid vom 25.10.1999 ab September 1999 gewährte. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Beginns der Versorgung legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass ihm nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben Berufsschadensausgleich zugestanden habe, obwohl er seinerzeit sein Ausscheiden aus dem Berufsleben sowie die Höhe des Renteneinkommens mitgeteilt habe.

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.01.2000 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, Berufsschadensausgleich sei dem Kläger erst ab dem Antragsmonat zu gewähren. Die von ihm im Januar 1967, Februar 1969 und Dezember 1973 gestellten Anträge auf Berufsschadensausgleich seien zu Recht wegen des beruflichen Werdeganges, der beruflichen Tätigkeit bzw. der Höhe des Einkommens abgelehnt worden. Es habe dem Kläger freigestanden, nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben einen erneuten Antrag auf Berufsschadensausgleich zu stellen, zumal er ab diesem Zeitpunkt auch die Gewährung von Ausgleichsrente beantragt habe.

Die vor dem Sozialgericht Speyer erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 28.03.2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe nicht über den sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ein Anspruch auf Gewährung von Berufsschadensausgleich bereits ab Juni 1980 zu. Zum Zeitpunkt der Bearbeitung des Antrags des Klägers auf Ausgleichsrente im August 1980 sei für den Beklagten nicht offensichtlich gewesen, dass beim Kläger ein schädigungsbedingter Einkommensverlust vorgelegen habe. Das Bestehen eines solchen Einkommensverlustes habe sich damals noch nicht aufdrängen können. Erst nach dem Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 09.08.1995 und der damals neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach Beschädigte, die aufgrund ihrer schädigungsbedingten Schwerbehinderung die vorgezogene Altersgrenze in Anspruch nehmen konnten und deren Einkommen dadurch gemindert sei, Berufsschadensausgleich beanspruchen könnten, habe sich ein solcher Anspruch aufdrängen können. Diese Rechtsprechung habe sich aber erst frühestens in den Jahren 1988/1989 durchgesetzt. In der Zeit bis zur neuerlichen Antragsstellung im September 1999 sei der Beklagte ausweislich des Inhalts der beigezogenen Verwaltungsakte nicht mit einem schädigungsbedingten beruflichen Betroffensein bzw. Einkommensverlust befasst worden.

Am 13.08.2002 hat der Kläger gegen das ihm am 31.07.2002 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor,

er habe mehrfach Anträge auf Gewährung von Berufsschadensausgleich gestellt und mit Schreiben vom 13.08.1980 die Gewährung von Ausgleichsrente beantragt, wobei er eine Ablichtung des Rentenbescheides beigefügt habe. Dieser Antrag in Verbindung mit dem übersandten Rentenbescheid müsse als konkreter Anlass zur Prüfung von Berufsschadensausgleich im Sinne eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs angesehen werden. Es sei ganz offensichtlich, dass die Inanspruchnahme des vorzeitigen Altersruhegeldes in erster Linie durch die anerkannten Schädigungsfolgen bedingt sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.03.2002 aufzuheben, den Bescheid des Amts für soziale Angelegenheiten Landau vom 25.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2000 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm bereits ab 01.06.1980 Berufsschadensausgleich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,

zwar könne grundsätzlich ein Antrag auf Gewährung von Ausgleichsrente, wie ihn der Kläger am 13.08.1980 gestellt habe, auch als Antrag auf Gewährung von Berufsschadensausgleich ausgelegt werden, wenn eine solche Leistung nach Lage des Falles in Betracht hätte kommen können. Zur damaligen Zeit habe sich aber noch nicht die erst später gefestigte Rechtsprechung durchgesetzt, dass das Ausscheiden eines schwerbehinderten Beschädigten aus dem Erwerbsleben mit der Vollendung des 60. Lebensjahres in der Regel als schädigungsbedingt zu gelten habe. Diese Auffassung sei erst mit einem Rundschreiben des BMA seit dem Jahr 1991 und in Rheinland-Pfalz mit Verfügung vom 24.07.1996 verbindlich geworden. Deshalb habe 1980 der Antrag auf Gewährung von Ausgleichsrente nicht auch als Antrag auf Gewährung von Berufsschadensausgleich ausgelegt werden müssen.

Auch habe diese erst später geänderte Rechtsprechung keinen konkreten Anlass für eine allgemeine Aktenüberprüfung geboten. Deshalb habe es eines Antrags bedurft, so dass dem Kläger erstmals aufgrund des Schreibens vom 29.09.1999 Berufsschadensausgleich habe gewährt werden können. Ein Anspruch für die Vergangenheit bestehe daher nicht.

Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakten ( ) sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, da ihm kein Anspruch auf Gewährung von Berufsschadensausgleich bereits ab dem 01.06.1980 bis 31.08.1999 zusteht.

Grundsätzlich beginnt gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 BVG die Beschädigtenversorgung und damit die Gewährung von Berufsschadensausgleich mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat. Da der Kläger im vorliegenden Fall den Berufsschadensausgleich im September 1999 beantragt hatte, hat ihm der Beklagte, nachdem die übrigen Voraussetzungen nach § 30 Abs. 3 ff BVG unstreitig vorliegen, Berufsschadensausgleich erst ab diesem Monat zu leisten. Es kann nicht festgestellt werden - und wird auch nicht vorgetragen -, dass der Kläger ohne sein Verschulden an der früheren Antragstellung verhindert war, so dass eine frühere Versorgung nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG ausscheidet.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, käme deshalb die Gewährung früherer Versorgung nur unter den Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, so dass dahin stehen kann, ob ein solcher Anspruch überhaupt für die gesamte fragliche Zeit gegeben wäre (vgl. z.B. BSG, SozR 3-1200 § 45 Nr. 6 mwN).

Die Gewährung von Berufsschadensausgleich im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs setzt voraus, dass alle Voraussetzungen des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich außer dem Antrag vorgelegen haben und die Versorgungsverwaltung dem Beschädigten nicht geraten hat, einen entsprechenden Leistungsantrag zu stellen, obgleich es auf der Hand lag, dass die Voraussetzungen des Anspruchs wahrscheinlich gegeben waren (BSG, Urteil vom 29.05.1980, Az: 9 RV 18/79; Hansen, Berufsschadensausgleich, S. 26 f mwN).

Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Berechtigten gegenüber erwachsenen Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (stRspr; vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 mwN; SozR 3-3200 § 86a Nr. 2). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, der einen Schaden des Versorgungsberechtigten ausgleichen soll, wird durch eine rechtswidrige Pflichtverletzung der Verwaltung ausgelöst, ohne dass diese dabei ein Verschulden treffen muss, und ist auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Hoheitsträger die ihm aus dem bestehenden Sozialleistungsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Dazu zählt die Pflicht zur Auskunft und Beratung nach §§ 14, 15 SGB I sowie zur verständnisvollen Förderung des Berechtigten. Bei Vorliegen eines konkreten Anlasses hat der Leistungsträger den Berechtigten auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die klar zutage liegen und deren Wahrnehmung offenbar so zweckmäßig ist, dass jeder verständige Anspruchsberechtigte sie mutmaßlich nutzen würde (BSGE 50, S. 88, 91; BSG, SozR 3 - 5795 § 4 Nr. 3).

Es kann nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, dass der Beklagte bereits zu einem früheren Zeitpunkt, ab Juni 1980 verpflichtet gewesen ist, den Kläger auf die Möglichkeit einer Antragsstellung zum Berufsschadensausgleich hinzuweisen. Eine erhebliche Verletzung der Beratungs- und Auskunftspflicht nach den §§ 14, 15 SGB I liegt hier nicht vor. Voraussetzung für das Entstehen einer Beratungspflicht nach § 14 SGB I ist ein Beratungsbegehren oder zumindest ein konkreter Anlass zur Beratung (vgl. BSGE 66, 258, 266; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 und Nr. 15). Daran fehlt es hier.

Als der Kläger im Juni 1980 in den Ruhestand ging und einen Antrag auf Ausgleichsrente stellte, musste sich dem Beklagten nicht aufdrängen, dass dem Kläger ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich zustehen könne. Insbesondere musste der Beklagte nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 3 BSchAVO in der damals geltenden Fassung als glaubhaft gemacht ansehen, dass der Kläger ohne die Schädigung noch erwerbstätig wäre, nachdem er kurz zuvor mitgeteilt hatte, er sei wegen der Schädigungsleiden nicht arbeits-, berufs- oder erwerbsunfähig, und die LVA dies auf Anfrage bestätigte.

Erstmals mit seinem Urteil vom 10.03.1984 (SozR 3100 § 30 Nr. 64) hatte das BSG ausgeführt, der vorgezogene Ruhestand für Schwerbehinderte indiziere ein schädigungsbedingtes Ausscheiden, ohne dass es darauf ankomme, ob die individuelle Schädigung und welche individuellen Gründe für die Aufgabe des konkreten Arbeitsplatzes und für die Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes ursächlich seien, während zuvor noch eine konkrete Prüfung verlangt worden war, aus welchen Gründen ein Beschädigter in Rente gegangen sei. Diese Rechtsprechung hat das BSG dann mit seinem Urteil vom 04.07.1989 fortgeführt (Breith 1990, S. 588). Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist § 8 BSchAVO. Nach dieser Vorschrift gelten als Vergleichseinkommen nach § 30 Abs. 4 BVG bzw. Durchschnittseinkommen nach § 30 Abs. 6 BVG 75 vH des vom BMA bekannt gemachten Betrages, wenn der Beschädigte u.a. auf Grund eines Gesetzes, eines Tarifvertrages, einer Tarifvereinbarung oder einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber von der Möglichkeit des vorzeitigen Übergangs in den Ruhestand unter Verzicht auf Erwerbseinkommen Gebrauch macht und deswegen seine Erwerbstätigkeit aufgibt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BSchAVO).

Die zunächst in der Literatur umstrittene Rechtsprechung (vgl. Überblick bei Hansen, Berufsschadensausgleich, S. 114 ff) hat sich erst zwischen 1984 und 1990 durchgesetzt. Auch wurden erst nach 1980 der bisherige § 8 Abs. 1 BSchAVO durch die Verordnung vom 29.06.1984 (BGBl I, S. 858) um eine Fallgruppe in Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erweitert und die Fälle des vorzeitigen Altersrentenbezugs ausdrücklich mit in § 8 BSchAVO aufgenommen. Erst daraufhin wurde in der Rechtsprechung auf die bis dahin übliche Einzelfallprüfung verzichtet (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 24.10.1989, Az.: L 4 V 38/89 mwN).

Vor diesem Hintergrund hätte für den Beklagten frühestens ab dem Jahr 1984, bzw. unter Berücksichtigung derjenigen BMA-Rundschreiben, in denen sich der BMA der neueren BSG-Rechtsprechung angeschlossen hat (RdSchr. vom 31.10.1991, BArbBl. 2/1992, S. 109), erst ab dem Jahr 1991 ein Anlass bestanden, den Kläger auf die Möglichkeit eines Antrages auf Berufsschadensausgleich hinzuweisen, wenn sich hierfür ein konkreter Anlass ergeben hätte.

Deshalb war auch der Antrag vom August 1980 nicht als Antrag auf Berufsschadensausgleich auszulegen. Der Antrag eines Beschädigten ist unter Berücksichtigung aller Umstände nach dem erkennbaren Willen des Antragstellers auslegungsfähig. Die konkrete Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs als »Berufsschadensausgleich« ist nicht erforderlich. Werden Versorgungsleistungen beantragt, ist das als ein auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen gerichteter Antrag auszulegen (BSG, SozR 3900 § 40 Nr. 12; Verwaltungsvorschrift des BMA zu § 1, Nr. 1 Satz 2), so dass der Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 13.08.1980 auf Ausgleichsrente von Amts wegen auch den Berufsschadensausgleich zu prüfen gehabt hätte, wenn ein solcher Anspruch in Betracht kam. Dies war hier aber nicht der Fall, da nach der damaligen Rechtsanwendung aufgrund von § 8 Abs. 1 Satz 1 BSchAVO Berufsschadensausgleich nur gewährt wurde, wenn ein Beschädigter wegen der Schädigungsfolgen vorzeitig in Rente ging, wofür im Falle des Klägers nichts sprach.

Dass sich nach diesem Verwaltungsverfahren die Rechtsprechung und die Gesetzeslage in § 8 BSchAVO geändert hatte, führte nicht zur Notwendigkeit eines Hinweises an den Kläger. Für einen nach dem Rentenverfahren im Jahr 1980 und vor der Antragstellung im September 1999 zwischen dem Beklagten und dem Kläger erfolgten Kontakt, aus dem ein konkreter Beratungsanlass resultiert haben könnte, gibt es hier keine Anhaltspunkte. Im Rahmen seiner Beratungspflicht nach § 14 SGB I war der Beklagte nicht gehalten, anlässlich der Änderung der Rechtsprechung und der Rechtsansicht des BMA ab dem 01.11.1991 in Bezug auf alle Beschädigten zu prüfen, ob sie davon betroffen sein könnten, und diese ohne konkreten Anlass zu informieren. Eine solche Verpflichtung ist selbst bei gesetzlichen Änderungen mit schwerwiegenden Folgen, wie drohendem Totalverlust eines Anspruchs allenfalls in Ausnahmefällen denkbar (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12; SozR 3-2200 § 86a Nr. 2).

Die Pflichten und Möglichkeiten einer Verwaltung, die auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts Massenverwaltung ist, würden überfordert, wollte man ihr in jedem Fall auch ohne konkreten Anlass eine fortwährende und sorgfältige Prüfung der Akten daraufhin zur Pflicht machen, ob der Leistungsempfänger noch eine andere Leistung in Anspruch nehmen bzw. ein Gestaltungsrecht ausüben könnte. Die Pflicht der Versorgungsverwaltung zur Beratung und Belehrung des Berechtigten über das Recht auf Antragstellung ist daher dann nicht verletzt, wenn kein konkreter Anlass besteht, ihn auf Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die klar zu Tage liegen und deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig ist, dass jeder verständige Versicherte/Berechtigte sie mutmaßlich nutzen wird. Ein solcher Anlass bestand hier erkennbar nicht.

Für eine Auskunftspflicht iS des § 15 SGB I ist es ebenfalls erforderlich, dass ein entsprechender Informationsbedarf der Beschädigten für den zuständigen Beklagten oder eine andere auskunftspflichtige Stelle offen zu Tage tritt (vgl. BSG, SozR 2200 § 1324 Nr. 3; SozR 3-1200 § 14 Nrn. 12, 15). Auch dies war hier nicht der Fall.

Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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