L 3 U 156/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 12 U 1/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 156/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 11/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
BSG: Beschwerde verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09. August 2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls Wohnungshilfe durch Übernahme der Kosten für den Anbau eines Therapieraums.

Der 1956 geborene Kläger erlitt am 01. November 2001 einen schweren, später als Arbeitsunfall anerkannten Autounfall. Er zog sich hierbei ein Polytrauma u.a. mit dem Bruch des sechsten und siebten Brustwirbelkörpers zu, vgl. hierzu etwa sog. Erstes Rentengutachten von Dr. N vom 27. Mai 2003. Es verblieb eine Querschnittlähmung bei lebenslanger Rollstuhlabhängigkeit u.a. mit neurogener Harnblasen- und Mastdarmentleerungsstörung. Die Beklagte gewährt ihm als Entschädigungsleistungen u.a. eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (v.H.), Pflegegeld und Kfz-Hilfe in Form eines rollstuhlfahrergerecht umgebauten Kleinbusses, den er selbst steuert.

Die Beklagte wirkte im Rahmen der Wohnungshilfe zunächst darauf hin, dass , Sohn des Klägers, einen Teil des ursprünglich überschuldeten, später aufgeteilten Hausgrundstücks des Klägers erwarb, um diesem aufgrund notariell beurkundeten Vertrags (Urkundenrolle Nr. 963/2007 des Notars K in Falkensee vom 23. September 2008) mit Grundbucheintragung vom 04. Dezember 2008 auf Lebenszeit eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gemäß § 1093 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Form eines dinglichen Wohnungsrechts für das Erdgeschoss des auf dem aus dem Rubrum ersichtlichen Grundstück (eingetragen im Grundbuch von Brieselang Blatt 5528, Flur 1, Flurstück 1207) befindlichen Wohnhauses und aller Gemeinschaftseinrichtungen des Grundstücks einzuräumen. Dort wohnt der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau. Die Beklagte gewährte ihm in der Folgezeit Wohnungshilfe u.a. zur Herstellung eines 15,89 m² großen, behindertengerechten Badezimmers und einer Hebebühne im Eingangsbereich des Hauses. Der Kläger erhielt zudem eine finanzielle Beihilfe zur Errichtung eines Carports.

Neben den vorgenannten im Rahmen der Wohnungshilfe erbrachten Entschädigungsleistungen gewährte die Beklagte dem Kläger zur Behandlung der Unfallfolgen eine 1,2 x 2,0 m große Therapieliege, auf welcher mit der Zeugin B, der Physiotherapeutin, regelmäßig häusliche Physiotherapie durchgeführt wird. Die Therapieliege ist im Badezimmer aufgestellt. Die Beklagte gewährte dem Kläger zudem einen Motomed-Bewegungstrainer und ein an der Wand anzubringendes Handzuggerät. Diese beiden Geräte bewahrt der Kläger zur Zeit außerhalb der Wohnung auf und nutzt sie nicht. Er erhält auf Kosten der Beklagten zweimal wöchentlich zu Hause Physiotherapie und dreimal wöchentlich Physiotherapie im Unfallkrankenhaus (U); dorthin fährt er jeweils mit seinem Kleinbus. Er leidet wiederholt an Dekubitus-Erkrankungen, welche immer wieder mit Zeiten stationärer Krankenhausbehandlung einhergehen.

Der Kläger beantragte am 11. März 2009 bei der Beklagten zur dauernden Aufstellung und Benutzung der Therapieliege, des Motomed-Bewegungstrainers und des Handzuggeräts die Übernahme der Kosten für die Errichtung eines Therapieraums auf einer bereits ans Haus angebauten Terrasse bei einem Kostenvolumen von rund 27.400 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entwurfsplanung und Kostenschätzung des Ingenieurbüros G vom 25. Mai 2009 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 18. Januar 2011 und der Begründung ab, dem Kläger sei bereits ein neues Badezimmer zur Alleinnutzung geschaffen worden, welches mit einer Grundfläche von 15,89 m² auch das Unterstellen einer Therapieliege und anderer Geräte ermögliche, falls sich der Gesundheitszustand derart verschlechtere, dass er die regelmäßig im U durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen nicht mehr wahrnehmen könne. Durch die Schaffung des neuen Bades sowie durch die durchgeführten Wohnraumanpassungen sei er in der Lage, das Aufsuchen und Verlassen der Wohnung und innerhalb der Wohnung die Benutzung der für ihn notwendigen Räume und die Verrichtungen des täglichen Labens möglichst ohne Hilfe Dritter zu bewerkstelligen.

Der Kläger erhob am 21. Februar 2011 Widerspruch. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01. Dezember 2012 und der Begründung zurück, dass separate Therapieräume im Rahmen von Wohnungshilfemaßnahmen in der Regel nur dann geschaffen würden, wenn rein häusliche Anwendungen zwingend notwendig seien, also u.a. dann, wenn für querschnittgelähmte Versicherte flächendeckend geeignete Einrichtungen nicht erreichbar seien. Auch möge bei komplett Querschnittgelähmten, welche in ihrer Mobilität – im Gegensatz zum Kläger – vollständig eingeschränkt seien, die Schaffung eines entsprechenden Therapieraums sinnvoll erschienen. Dem Kläger könne indes zugemutet werden, aufgrund seiner mithilfe des Rollstuhls sowie seines Pkws noch vorhandenen Mobilität entsprechende Therapieeinrichtungen aufzusuchen sowie, sofern dies für notwendig erachtet werde, seine Therapieliege bzw. weitere Therapiegeräte in seinem Badezimmer unterzubringen.

Der Kläger hat sein Begehren mit der am 02. Januar 2012 zum Sozialgericht Potsdam (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und behauptet, dass er nicht über entsprechenden Wohnraum verfüge, die Hilfsmittel aufzustellen. Er sei auf die Benutzung der Hilfsmittel angewiesen, um regelmäßig zu trainieren und seine gelähmten Beine durchzubewegen. Auch für die Therapieliege sei nicht genügend Platz vorhanden. Sie müsse eigentlich für den Therapeuten von allen Seiten zugänglich sein. Zum Teil kniete die Physiotherapeutin auf der Liege, um ihre Maßnahmen durchzuführen. Es sei allenfalls möglich, die Stirnseite an eine Wand zu stellen. Jedenfalls sei neben der Therapieliege im Badezimmer kein Platz für den Motomed-Bewegungstrainer und das Handzuggerät, welche deshalb woanders untergestellt seien. Platz für diese Therapiegeräte sei auch in den übrigen Räumen des Hauses nicht vorhanden; anderenfalls würden dem Kläger die von ihm bei der Bewegung mit seinem Rollstuhl benötigten Bewegungsflächen verstellt. Wenn die Beklagte den Kläger mit Hilfsmitteln versorge, müsse sie auch für den Platz zu deren Anwendung sorgen. Die Therapie im U könne die Therapie zu Hause nicht ersetzen. Zudem leide der Kläger aufgrund der hohen Sitzbelastung häufig an Druckstellen. In solchen Zeiten könne er die Therapie im U nicht wahrnehmen und sei er auf häusliche Therapiemöglichkeiten angewiesen. Auch im Winter, wenn die Witterungsbedingungen die Fahrt ins ca. 50 km entfernte U nicht zuließen, müsse der Kläger die für seine Gesundheit notwendige Therapie dann zu Hause fortführen.

Das SG hat sich u.a. eine Grundrissskizze und Fotos des Badezimmers und eine Beschreibung des Motomed-Bewegungstrainers vorlegen lassen. Es hat ferner eine Auskunft der Zeugin Bzur Durchführung der häuslichen Physiotherapie vom 21. September 2012 eingeholt, wonach die Schaffung eines Therapieraums eine wünschenswerte Maßnahme sei, auch wenn sich die Wirksamkeit der Therapie dadurch nicht signifikant erhöhen würde, weil diese auch unter den gegebenen, nicht ganz optimalen Bedingungen nach den erforderlichen Regeln durchgeführt werden könne.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09. August 2013 abgewiesen. Es hat im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, davon überzeugt zu sein, dass neben der bereits vorhandenen Therapieliege ein Aufstellen des Motomed-Bewegungstrainers im Badezimmer und die Anbringung des Handzuggeräts an einer Wand in der Wohnung des Klägers möglich seien.

Der Kläger hat gegen das ihm am 05. September 2013 zugestellte Urteil am 02. Oktober 2013 Berufung eingelegt. Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus, dass auch die Lagerung und Nutzung der Therapieliege im Badezimmer untunlich sei. Er leide unfallbedingt an Blasen- und Mastdarminkontinenz, weshalb es vonnöten sei, vor der Physiotherapie jeweils abzuführen. Es sei ihm jeweils hiernach nicht zuzumuten, im Badezimmer, wo er zuvor den Darm entleert habe, die Therapie durchzuführen. Eine zusätzliche Aufstellung des Motomed-Bewegungstrainers sei aufgrund des hiermit verbundenen Platzbedarfs im Badezimmer ausgeschlossen. Es sei auch fraglich, wo in der Wohnung das Handzuggerät aufgestellt werden könne. Es sei ihm nicht zumutbar, Möbel zwecks Anbringung bzw. Aufstellung von Motomed-Bewegungstrainer und Handzuggerät aufzugeben. Auch werde die Stellung der Ehefrau nicht beachtet. Die Möbel gehörten auch ihr. Der Kläger könne nicht ohne Zustimmung seiner Ehefrau etwa die beiden am Meisten genutzten Räume zu Therapieräumen umwidmen. Das Aufstellen von Therapiegeräten im Wohn- und Schlafzimmer würde einen erheblichen Eingriff in seine Rechte und diejenigen seiner Ehefrau darstellen. Sein Gesundheitszustand habe sich mittlerweile erheblich verschlechtert. Er habe eine Verordnung für einen Rollstuhl mit elektrischer Unterstützung bekommen. Weitere Umbauten würden erforderlich werden. Er leide schon jetzt an Verschleißerscheinungen an seinen Schultern. Es werde angeregt, die Revision zuzulassen, weil nicht ausgeurteilt sei, inwieweit Familienangehörige sich bei der Wohnungshilfe dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu unterwerfen hätten.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09. August 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Wohnungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für den Anbau eines Therapieraums nach der Planung des Ingenieurbüros G zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Berichterstatter hat mit Einverständnis der Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung einen Ortstermin im vom Kläger bewohnten Einfamilienhaus im Beisein der Zeugin B durchgeführt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21. Mai 2014 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 21. Mai 2014 Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für den von ihm geplanten Anbau eines Therapieraums.

Einzig in Betracht zu ziehende Anspruchsgrundlage ist § 41 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII). Nach Absatz 1 dieser Vorschrift wird Wohnungshilfe erbracht, wenn infolge Art oder Schwere des Gesundheitsschadens nicht nur vorübergehend die behindertengerechte Anpassung vorhandenen oder die Bereitstellung behindertengerechten Wohnraums erforderlich ist. Nach Absatz 2 wird Wohnungshilfe ferner dann erbracht, wenn sie zur Sicherung der beruflichen Eingliederung erforderlich ist. Nach Absatz 3 umfasst die Wohnungshilfe auch Umzugskosten sowie Kosten für die Bereitstellung von Wohnraum für eine Pflegekraft. Nach Absatz 4 regeln das Nähere die Verbände der Unfallversicherungsträger durch gemeinsame Richtlinien.

Hiervon ausgehend kommt für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch überhaupt nur § 41 Abs. 1 SGB VII als Anspruchsgrundlage in Betracht, ohne dass die Anspruchsvoraussetzungen im vorliegenden Fall vorliegen.

Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist vornehmlich die Sicherstellung der sozialen und medizinischen Rehabilitation des durch einen Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) gesundheitlich geschädigten Versicherten auch für den Bereich des Wohnens. Neben der sozialen bzw. medizinischen Rehabilitation ist auch der spezielle Aspekt der beruflichen Rehabilitation geeignet, die Gewährung von Wohnungshilfe zu begründen; dies kommt durch die Gliederung des § 41 SGB VII in die Absatz 1 und 2 zum Ausdruck. Solange der anspruchsbegründende Umstand vorliegt, nämlich entweder ein versicherungsfallbedingtes Bedürfnis nach dauerhaftem behindertengerechtem Wohnraum (Absatz 1) gegeben ist oder - auch unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatz 1 - die Wohnungshilfe zur Sicherung der beruflichen Eingliederung erforderlich ist (Absatz 2), hat der Versicherte zunächst einmal dem Grunde nach einen unbedingten Anspruch auf die Gewährung von Wohnungshilfe. Aus der gesetzlichen Formulierung ("wird erbracht") folgt, dass die Verwaltung an dieser Stelle der Prüfung des Anspruchs nicht zu einer Ausübung von Ermessen im Sinne eines Entschließungsermessens befugt ist, wie dies etwa bei einer Formulierung mit den Worten "kann" oder "darf" der Fall wäre. Wenn die Prüfung ergeben hat, dass der Anspruch dem Grunde nach gegeben ist, steht dem Unfallversicherungsträger im Hinblick auf die im Einzelfall auszuführenden Maßnahmen ein Auswahlermessen zu (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 06. Mai 2003 – B 2 U 22/02 R -, zitiert nach juris Rn. 19 f.). Soweit das "Nähere" die Verbände der Unfallversicherungsträger durch gemeinsame Richtlinien regeln, vgl. § 41 Abs. 4 SGB VII, ist zum 01. Januar 1998 eine entsprechende Regelung durch die "Gemeinsamen Richtlinien der Verbände der Unfallversicherungsträger über Wohnungshilfe" (Wohnungshilfe-Richtlinien) geschaffen worden. Durch die Bezeichnung der zu schaffenden Regelungen als "Richtlinien" und durch die Benennung der Verbände der Unfallversicherungsträger als Erlassberechtigte macht das Gesetz deutlich, dass § 41 Abs. 4 SGB VII keine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen, sondern lediglich von Verwaltungsvorschriften darstellt. Dadurch, dass der Gesetzgeber den Verbänden der Unfallversicherungsträger das "Nähere" zur Regelung überlassen hat, hat er sie zu einer Konkretisierung des gesetzlichen Anspruchs für ihren Bereich beauftragt. Die Richtlinien haben daher den Zweck, für Entscheidungen über die Gewährung von Wohnungshilfe eine gleichmäßige Verwaltungspraxis und Ermessensausübung sicherzustellen. Nach den gesetzgeberischen Motiven zu § 41 Abs. 4 SGB VII (BT-Drucks. 13/ 2204 S. 86) sollen sich die Richtlinien nur auf den Leistungsinhalt beziehen; daher und auch im Hinblick auf den Rang von Verwaltungsvorschriften in der allgemeinen Normenhierarchie wäre es unzulässig, etwa durch eine einschränkende Beschreibung der anspruchsbegründenden Voraussetzungen in den Richtlinien den Anspruch zu begrenzen. Bei der Auslegung und Anwendung der Regelungen des § 41 SGB VII binden die Richtlinien allein die Verwaltung, grundsätzlich - abgesehen von dem hier nicht relevanten Fall der Selbstbindung - aber nicht die Gerichte (BSG, a.a.O., Rn. 21). Der Anspruch auf Wohnungshilfe nach § 41 SGB VII enthält weder einen im Einzelnen gekennzeichneten Leistungsrahmen noch eine zeitliche oder zahlenmäßige Begrenzung, nach der eine erneute Leistungsgewährung der hier streitigen Art auszuschließen wäre (BSG, a.a.O., Rn. 22). Allerdings gelten die Grundsätze der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung (§ 69 Abs. 2 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV)) auch hier (etwa Ricke, in: Kasseler Kommentar, SGB VII, 83. Erg.-Lfg. 2014, Rn. 2; vgl. auch Nr. 3.2 Wohnungshilfe-Richtlinien). Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet die Beklagte dazu, lediglich die behinderungsbedingt unbedingt erforderlichen Maßnahmen auf einfachem und zweckmäßigem Niveau durchzuführen bzw. zu finanzieren (Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. März 2010 – L 3 U 299/08 –, zitiert nach juris Rn. 44). Der Umfang der Wohnungshilfe ist in den Wohnungshilfe-Richtlinien unter Nr. 5.1 zutreffend wie folgt niedergelegt: 5.1.1 die behindertengerechte Anpassung der bisher genutzten Wohnung (z. B. Ausstattung, Umbau, Ausbau, Erweiterung) 5.1.2 die Bereitstellung einer Behindertenwohnung des öffentlichen oder privaten Wohnungsbaus 5.1.3 die behindertengerechte Anpassung einer anderen Mietwohnung 5.1.4 die Bereitstellung einer Wohnung in einem Wohnzentrum für Schwerbehinderte 5.1.5 die Übernahme der behindertenbedingten Kosten bei Erwerb von Eigentum oder Miteigentum an einer Wohnung oder an einem Wohnhaus 5.1.6 die Übernahme der behindertenbedingten Kosten bei Erwerb von Wohneigentum oder -miteigentum auf Grund des Erbbaurechts 5.1.7 die Bereitstellung einer behindertengerechten Mietwohnung im Eigentum des Unfallversicherungsträgers 5.1.8 Sonstige Hilfen

Nach diesen rechtlichen Vorgaben ist der Anspruch des Klägers zwar nach § 41 Abs. 1 SGB VII dem Grunde nach gegeben. Der Kläger ist allein schon auf Grund der Art und Schwere der durch den Arbeitsunfall vom 01. November 2001 bedingten körperlichen Behinderung (Querschnittslähmung) dauerhaft auf die Nutzung eines Rollstuhles sowie u.a. auf behinderungsgerecht ausgestalteten Wohnraum angewiesen. Dementsprechend gewährte die Beklagte dem Kläger bereits Wohnungshilfe durch behindertengerechte Anpassung des ihm aufgrund des Wohnungsrechts genutzten Einfamilienhauses so, wie es zutreffend Nr. 5.1.1 i.V.m. Nr. 6 Wohnungshilfe-Richtlinien vorsieht, nachdem sie den Kläger bereits beim Erwerb eines dinglichen Wohnungsrechts unterstützt hatte (vgl. Nr. 5.1.5. bzw. 5.1.6 i.V.m. Nr. 10.1 Wohnungshilfe-Richtlinien), um hierauf anhebend weitergehende Wohnungshilfe gewähren zu können. Dadurch, dass der Kläger damals Wohnungshilfe in bestimmter Form erhielt, ist sein Anspruch auf weitere Leistungen indes nicht auf Dauer erloschen, sondern dauerhaft maßgebend, ob der jeweils aktuelle Wohnungshilfe-Bedarf gedeckt ist.

Die Schaffung eines Therapieraums mag als sonstige Hilfe (vgl. Nr. 5.1.8 Wohnungshilfe-Richtlinien) auch als eine Form der Wohnungshilfe durchaus in Betracht zu ziehen sein. Allerdings ist das nach den oben genannten Grundsätzen eröffnete Auswahlermessen der Beklagten nicht auf die Übernahme der Kosten für einen Therapierraum, sozusagen auf Null reduziert. Gleichsam übte die Beklagte, welche ausschließlich die Kosten für die unbedingt erforderlichen und zweckmäßigen Um- bzw. Anbaumaßnahmen tragen muss und auch fortlaufend trägt, insofern ihr Auswahlermessen schon vollständig aus bzw. verbrauchte sie es, ohne dass ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung verbleibt. Eine Ermessensreduzierung scheidet hier allein schon deshalb aus, weil der Kläger in der Tat alle drei Therapiegeräte, welche er in einem gesonderten Therapieraum aufstellen und nutzen möchte, im von ihm bewohnten Haus ohne weitere Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen zumutbar aufstellen und nutzen kann. Dies hat zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG) der Ortstermin einschließlich der Vernehmung der Zeugin B vom 21. Mai 2014 ergeben. Hierzu im Einzelnen:

Zunächst lässt sich die ohnehin schon im Badezimmer befindliche Therapieliege eben dort ohne Weiteres zumutbar und effektiv nutzen. Die Zeugin B hat bereits in ihrer vom SG eingeholten schriftlichen Auskunft vom 21. September 2012 betont, die Physiotherapie mithilfe der im Badezimmer des Klägers befindlichen Therapieliege fachgerecht durchführen zu können, und hat beim Ortstermin demonstriert, wie sie die Liege von der rechts vom Fenster liegenden Badezimmerwand abrücken und so den auf der Liege befindlichen Kläger rundherum physiotherapeutisch, d.h. krankengymnastisch, manuell und mit Lymphdrainage therapieren kann. Soweit sich der Kläger vor den Behandlungen im Badezimmer entleeren muss, sieht der Senat eben hierin kein durchgreifendes Hindernis. Das Badezimmer verfügt über ein großes zweiflügeliges Fenster, mit welchem bei Bedarf stoß- bzw. durchgelüftet werden kann, bevor die Physiotherapie beginnt.

Für den Motomed-Bewegungstrainer, an welchen man mit dem Rollstuhl heranfahren und mit welchem man im Rollstuhl sitzend die Arme bewegen kann, findet sich nach den Feststellungen des Ortstermins hinreichend Platz etwa entweder im Schlafzimmer, und zwar zwischen dem Kopfende der dem Fenster zugewandten Längsseite des Bettes und der Fensterwand, soweit man die dortige Kommode – technisch ohne Weiteres machbar – entfernt, oder im Durchgangszimmer, indem man dort einen der beiden Schreibtisch- bzw. Computerplätze zugunsten des Motomed-Bewegungstrainers aufgibt; auch bietet sich im Durchgangszimmer Platz, wenn dort befindliche Kommoden verrückt oder in andere Räume weggestellt werden. Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum vom Kläger benötigte und deshalb in für ihn erreichbarer Höhe unterzubringende Utensilien, welche dieser derzeit in halbhohen Kommoden im Schlaf- und im Durchgangszimmer – über die Wohnung verteilt - aufbewahrt, nicht z.B. auch in den unteren Teilen der großen Schrankwand im Wohnzimmer untergebracht werden können. Ferner findet sich im großzügig bemessenen – nach der maßstabsgerechten Planungszeichnung des Ingenieurbüros G mindestens 23 m² großen - Wohnzimmer hinreichend Platz für den Motomed-Bewegungstrainer; dieser könnte etwa an der Wand abgestellt werden, welche, wenn man das Wohnzimmer betritt, links abgeht. Dort könnte - alternativ - auch das Handzuggerät an der Wand befestigt werden. Auf die vorbeschriebene Weise könnte vermieden werden, die platzgreifende Eckcouch-Garnitur bzw. die große, über Eck gehende Wohnzimmerschrankwand aufzugeben oder zu verkleinern, um die dortigen Bereiche mit Therapiegeräten zu nutzen.

Soweit mit den – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – dargelegten Aufstellmöglichkeiten nun auch auf den Wohn- und Lebensraum der Ehefrau des Klägers zugegriffen wird, sieht der Senat keine durchgreifenden rechtlichen Hindernisse. Abgesehen davon, dass dem Kläger und nicht seiner Ehefrau das Wohnungsrecht eingeräumt ist, er also Hausrechtsinhaber ist, ist die Unterbringung der Therapiegeräte in den gegebenen Raumverhältnissen nach dem hier anzulegenden Maßstab einer an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu orientierenden Leistungsgewährung für den Kläger und seine Ehefrau objektiv zumutbar; es müssen nur die behinderungsbedingt, d.h. unbedingt erforderlichen Maßnahmen auf einfachem und zweckmäßigem Niveau durchgeführt werden. Sowohl Motomed-Bewegungstrainer als auch das Handzuggerät nehmen nicht viel Platz ein, fallen optisch nicht sonderlich auf und können gegebenenfalls mit einem Vorhang verdeckt werden. Sie sind auch nicht darauf ausgelegt, ganztägig beübt bzw. benutzt zu werden, so dass die insofern befürchteten Einschnitte in die Wohnraumgestaltung und –nutzung für den Kläger und auch für seine Ehefrau hinnehmbar sind, auch wenn letztere – für den Senat nachvollziehbar – nach Möglichkeiten eigentlich nicht tagtäglich und überall in der Wohnung mit den Unfallfolgen ihres Ehemanns konfrontiert werden möchte. Insgesamt erscheint die Wohnung der Eheleute hinreichend groß und bietet genügend Rückzugsbereiche, so dass die Ehefrau, wenn der Kläger etwa im Wohn- oder Schlafraum die Therapiegeräte benutzt, sich in einen anderen Raum zurückziehen kann.

Dafür dass die vom Kläger innegehaltene Wohnung in zumutbarer Weise eben auch die Aufnahme der drei Therapiegeräte zulässt, spricht, dass sie die Richtgröße für Wohnungen mit einem Rollstuhlfahrer (unter Einbeziehung der DIN 18025 Teil 1) deutlich überschreitet, welche bei einem Zweipersonenhaushalt 80,00 m² beträgt, vgl. Nr. 2.2.1 der Anlage zur Wohnungshilfe-Richtlinien (Ermittlung der behindertenbedingten Mehrkosten als Pauschalbetrag bei Errichtung oder Erwerb von Wohnhäusern und Eigentumswohnungen durch Rollstuhlfahrer). Der nach DIN 18025 Teil 1 erforderliche Rollstuhlabstellplatz ist beim Wohnflächenmehrbedarf bereits berücksichtigt, vgl. Nr. 2.2.2 der Anlage zur Wohnungshilfe-Richtlinien. Demgegenüber ist die im Erdgeschoss befindliche Wohnung nach der maßstabsgerechten Planungszeichnung des Ingenieurbüros G mindestens 100 m² groß. Die Überschreitung der Richtgröße ist mithin so deutlich, dass selbst bei Anerkennung eines weiteren Raumbedarfs zur Schaffung einer zusätzlichen Wohnfläche als Individualraum aus rehabilitativen Gründen für die hierfür bei typisierender Betrachtungsweise zu veranschlagenden weiteren 15 m² genügend Platz ist, vgl. nochmals Nr. 2.2.2 der Anlage zur Wohnungshilfe-Richtlinien.

Auf den Unfallfolgen beruhende innerfamiliäre Spannungen und Rücksichtnahmeerfordernisse liegen bei alldem nach Auffassung des Senats grundsätzlich außerhalb des Leistungs- und Verantwortungsbereichs der Beklagten und in der Sphäre des Versicherten.

Vorsorglich wird auf Folgendes hingewiesen: Sollten mit der Aufstellung der Therapiegeräte Stellplätze für Kommoden wegfallen oder behindertengerechte Ersatzbeschaffungen notwendig werden, ist der Kläger, welcher einen eben dies berücksichtigenden, am 21. Mai 2014 zwischen den Beteiligten geschlossenen gerichtlichen Vergleich widerrufen hat, gehalten, entsprechende Bedarfe vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bei der Beklagten geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved