L 6 RJ 141/01

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 6 RJ 141/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.3.2001 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung einer Rentennachzahlung.

Mit Bescheid vom 15.1.1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1.8.1994. Für die Zeit vom 1.8.1994 bis zum 28.2.1998 wurde der Nachzahlungsbetrag auf 72.176,22 DM festgesetzt. Während des dem Bescheid vorausgegangenen Verfahrens ging der Kläger keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Er bezog in diesem Zeitraum Leistungen des Arbeitsamtes Landau. In der Zeit von April 1995 bis November 1995 bezog er Krankengeld von der Beigeladenen zu 4). Während dieser Zeit erhielten der Kläger und seine Familie auch von der Beigeladenen zu 3) und später von der Beigeladenen zu 5) Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sowie Wohngeld von dem Beigeladenen zu 2).

Die Beigeladene zu 3) zeigte der Beklagten mit Schreiben vom 17.8.1994 an, dass sie dem Kläger laufende Hilfe zum Lebensunterhalt leiste und machte vorsorglich auf einen Rentennachzahlungsanspruch einen Anspruch auf Erstattung geltend. Diesen Anspruch bezifferte die Beigeladene zu 3) mit Schreiben vom 16.3.1998 für den Zeitraum von August 1994 bis August 1996 auf insgesamt 10.290,97 DM. Die Beigeladene zu 4) teilte mit Schreiben vom 13.6.1995 der Beklagten mit, dass der Kläger ab 12.4.1995 Krankengeld beziehe. Mit Schreiben vom 3.2.1998 forderte die Beigeladene zu 4) für Krankengeldzahlungen im Zeitraum vom 12.4.1995 bis zum 12.11.1995 einen Erstattungsbetrag in Höhe von 7.875,20 DM. Die Beigeladene zu 5) meldete mit Schreiben vom 5.11.1996 ihren Erstattungsanspruch an und bezifferte ihn mit Schreiben vom 3.3.1998 für Hilfe zum Lebensunterhalt in der Zeit vom 1.9.1996 bis zum 28.2.1998 auf 4.281,90 DM. Der Beigeladene zu 2) zeigte mit Schreiben vom 23.1.1997 an, dass der Kläger für die Zeit vom 1.9.1996 bis zum 31.8.1997 Wohngeld bezogen habe und gegebenenfalls Erstattungsansprüche geltend gemacht würden. Diese bezifferte der Beigeladene zu 2) mit Schreiben vom 4.3.1998 auf insgesamt 133,-- DM. Das Versorgungsamt Karlsruhe machte einen Erstattungsbetrag von 27.114,-- DM am 9.2.1998 wegen einer der Ehefrau des Klägers gewährten Elternrente geltend. Die Beigeladene zu 1) machte die Erstattung eines Betrages von 47.583,75 DM durch Schreiben des Arbeitsamtes Landau vom 18.2.1998 geltend.

Am 29.1.1998 zahlte die Beklagte dem Kläger einen Vorschuss in Höhe von 6.000,-- DM auf die Rentennachzahlung. Der Kläger verpflichtete sich, zuviel gezahlte Beträge zu erstatten, falls für einen Zeitraum, für den die Nachzahlung geleistet wurde, von einem weiteren Leistungsträger noch Leistungen gewährt wurden. Mit Schreiben vom 7.5.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass von der Rentennachzahlung in Höhe von 72.176,22 DM ein Betrag von 112,-- DM für den Beigeladenen zu 2), ein Betrag von 7.875,20 DM für die Beigeladene zu 4), ein Betrag von 6.723,96 DM für die Beigeladene zu 3) und ein Betrag von 15.540,78 DM für das Versorgungsamt Karlsruhe einbehalten würden. Die Rentenzahlung werde weiterhin einbehalten, bis über die Einwendungen bei der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 5) entschieden sei. Die Beklagte hat folgende Beträge ausgezahlt: An die Beigeladene zu 1) 38.277,60 DM, an den Beigeladenen zu 2) 112,-- DM, an die Beigeladene zu 3) 6.723,96 DM, an die Beigeladene zu 4) 7.875,20 DM, an die Beigeladene zu 5) 507,80 DM, an das Versorgungsamt Karlsruhe 18.539,48 DM.

Der Kläger hat am 16.4.1998 Klage beim Sozialgericht Speyer (SG) erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Vorschuss auf die Rentennachzahlung in Höhe von insgesamt 6.000,-- DM mit Bescheid vom 4.2.1999 zurückgefordert. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid hat die Beklagte mit der Begründung zurückgewiesen, der Rückforderungsbescheid vom 4.2.1999 habe Bestandskraft erlangt. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 5.10.2000 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Einbehaltung des Nachzahlungsbetrages zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie dargelegt, dass der Kläger, soweit er sich gegen die Erstattungsansprüche der Beigeladenen sowie des Versorgungsamtes Karlsruhe wende, gegen die jeweiligen Leistungsträger vorgehen müsse.

Durch Urteil vom 21.3.2001 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 7.5.1998 sowie den Bescheid vom 4.2.1999 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 5.10.2000 insoweit aufgehoben, als ein Erstattungsanspruch des Versorgungsamtes Karlsruhe bei der Auszahlung der Nachzahlung berücksichtigt worden sei. Das SG hat die Beklagte verurteilt, die Nachzahlung in Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruchs des Versorgungsamtes, vorbehaltlich der Forderungen anderer Gläubiger, an den Kläger auszuzahlen. Zu Unrecht habe die Beklagte Ansprüche des Versorgungsamtes Karlsruhe befriedigt. Hier fehle es an der erforderlichen Personenidentität, da nicht der Kläger, sondern seine Ehefrau Anspruch auf Elternrente habe. Im Übrigen könne die Beklagte dem Kläger wegen der begehrten Nachzahlung die gesetzliche Erfüllungsfiktion entgegenhalten. Die Rückforderung des Vorschusses in Höhe von 6.000,-- DM sei rechtswidrig. Im Übrigen seien weitere Aufrechnungen und Verrechnungen anderer Sozialleistungsträger sowie Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse anderer Gläubiger des Klägers zu berücksichtigen.

Gegen das am 2.5.2001 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 5.6.2001 Berufung eingelegt.

Durch Bescheid vom 1.8.2001 hat die Beklagte eine Verrechnung zugunsten des Beigeladenen zu 1) wegen Rückforderung von Arbeitslosenhilfe für Zeiträume von 1986 bis 1988 in Höhe von 4.097,89 DM vorgenommen. Über den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid ist noch nicht entschieden.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Erstattungsforderungen vom erkennenden Senat zu prüfen sei. Es sei rechtswidrig, dass in den Forderungen der Beigeladenen zu 3) und 5) auch Beträge enthalten seien, die er für seinen Stiefenkel D S –nunmehr Sa- erhalten habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.3.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7.5.1998 und 4.2.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.10.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Betrag in Höhe von 66.176,22 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die getroffenen Entscheidungen für zutreffend. Darüber hinaus stünden einer Auskehrung des Betrages in Höhe von 18.539,48 DM weitere Forderungen gegenüber. Zunächst sei die Rechtmäßigkeit der Aufrechnung mit der Forderung der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 4.057,69 DM zu klären. Es lägen mehrere Pfändungs- und Überweisungsverfügungen sowie gerichtliche Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vor: Verbandsgemeindekasse Bellheim vom 5.2.1998 über 38.827,42 DM, Finanzamt Germersheim vom 6.11.1998 über 900,-- DM, zugunsten von Herrn W M vom 14.7.1999 über ca 4.600,-- DM, zugunsten der N Inkasso vom 12.10.1999 über ca 8.200,-- DM, zugunsten der Sparkasse G vom 22.3.2001 über 1.500,-- DM, zugunsten von Frau M Z vom 3.8.2001 über ca 5.400,-- DM. Außerdem liege eine Abtretungserklärung vom 25.2.2000 zugunsten der Deutschen B GmbH über eine Forderung von 555,-- DM vor. Es verbleibe damit kein Betrag, der an den Kläger auszuzahlen sei.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 3) hat vorgetragen, dass im Zeitraum von August 1994 bis August 1996 nur für die Bedarfsgemeinschaft E S Sozialhilfe gezahlt worden sei. D S habe lediglich bis 1.9.1990 pauschalierte Sozialhilfe erhalten.

Die Beigeladene zu 5) hat ausgeführt, dass sie der Auffassung gewesen sei, der Stiefenkel sei zur Bedarfsgemeinschaft des Klägers zu rechnen. Aber auch wenn dies zu verneinen sei, bestehe der Erstattungsanspruch in der geltend gemachten Höhe.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht hat die Beklagte die Erstattungsforderungen der Beigeladenen von der Rentennachzahlung des Klägers einbehalten und an die Beigeladenen ausgekehrt. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 12.539,48 DM. Die Beklagte kann insoweit ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.

Das Urteil des SG ist, soweit es vom Kläger angefochten worden ist, nicht zu beanstanden. Der Senat sieht daher insoweit von der Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren nichts vorgetragen, was eine andere Entscheidung rechtfertigt.

Zunächst ist festzustellen, dass im Rahmen der Erstattung von Sozialleistungen der Leistungsträger, der die Erstattung vorzunehmen hat, die Regelungsbefugnis des zuständigen vorleistenden Trägers zu akzeptieren hat (von Wulffen, SGB X, Kommentar, 4. Auflage, § 104, RdNr 7 mwN). Zwar werden von den §§ 103, 104 SGB X nur rechtmäßig erbrachte Leistungen erfasst. Gleichwohl ist es nicht Aufgabe des verpflichteten Leistungsträgers, im Erstattungsverfahren eine umfassende Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung vorzunehmen. Es ist vielmehr Sache desjenigen, der von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger Leistungen erhalten hat, in diesem Rechtsverhältnis klären zu lassen, ob zu Recht Leistungen zurückgefordert werden. Die Rückforderung ist abhängig von der zugrundeliegenden Sozialleistung, deren Rechtmäßigkeit grundsätzlich, soweit es um Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz geht, von den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu klären ist.

Es ist damit nicht Aufgabe der Beklagten und auch nicht des Senats, die Rechtmäßigkeit sämtlicher Erstattungsforderungen zu überprüfen. Vielmehr ist nur eine summarische Prüfung vorzunehmen. Hiernach ergibt sich, dass die Beklagte zu Recht die Erstattungsforderungen der Beigeladenen befriedigt hat.

Unzutreffend ist die Behauptung des Klägers, die Beigeladenen zu 3) und 5) würden von ihm Sozialhilfeleistungen zurückfordern, die er für seinen Stiefenkel D S -nunmehr Sa - erhalten habe.

Die Beigeladene zu 3) hat ausgeführt, dass sie für die Bedarfsgemeinschaft S bestehend aus dem Kläger, seiner Ehefrau und seinem Sohn Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet habe. Sowohl seiner Ehefrau als auch seinem Sohn ist der Kläger zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Er kann sich hierbei nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen.

Der Vortrag des Klägers, die Beigeladene zu 5) habe von ihm Leistungen betreffend seinen Stiefenkel zurückgefordert, führt nicht zum Erfolg. Der Beigeladenen zu 5) ist für die Monate September 1996 und September 1997 bis Februar 1998 ein Betrag in Höhe von 507,80 DM erstattet worden. In den Beträgen, die der Kläger in den streitigen Monaten als laufende Hilfe zum Lebensunterhalt von der Beigeladenen zu 5) erhalten hat, sind auch Beträge enthalten, die die Beigeladene zu 5) für D Sa gezahlt hat. Ungeachtet der Frage, ob D Sa nach § 16 BSHG der Bedarfsgemeinschaft des Klägers zugerechnet werden durfte, besteht gleichwohl ein Erstattungsanspruch in der von der Beklagten erstatteten Höhe. Zunächst ist allerdings festzustellen, dass der Kläger gegen die Bewilligungsbescheide, in denen in seiner Bedarfsgemeinschaft D Sa berücksichtigt wurde, keinen Rechtsbehelf eingelegt hat. Unterstellt, D Sa durfte bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht berücksichtigt werden, ist festzustellen, dass dem Kläger im streitigen Zeitraum von September 1997 bis Februar 1998 kein Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt und im September 1996 nur ein reduzierter Anspruch zugestanden hat. In diesem Fall müssten die Wohnungskosten auf D Sa anteilig umgelegt werden, so dass diese Kosten für den Kläger nicht mehr berücksichtigungsfähig wären. Das anteilige Kindergeld für D Sa dürfte ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Insgesamt ergibt sich damit für den streitigen Zeitraum ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 5) jedenfalls in Höhe von 507,80 DM.

Soweit der Kläger sich mit Forderungen nicht befriedigter Gläubiger auseinandersetzt, gehen seine Einwendungen fehl. Hier muss sich der Kläger gegen die Leistungsträger wenden, die Erstattungsforderungen geltend machen, und gegen die Pfändungsgläubiger in den dafür vorgesehenen Vollstreckungsverfahren vorgehen.

Die Beklagte hat ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des Betrages von 18.539,48 DM. Zunächst bleibt abzuwarten, ob die Verrechnung der Beklagten mit einer Forderung der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 4.057,69 DM rechtmäßig ist. Die Verrechnung ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Im Übrigen übersteigt allein die Pfändungs- und Überweisungsverfügung der Beigeladenen zu 3) in Höhe von 38.827,42 DM den noch verbliebenen Betrag. Der Beklagten ist es als Drittschuldnerin aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsverfügung gemäß § 43 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz Rheinland-Pfalz verboten, an den Kläger zu leisten. Auch hier ist es Sache des Klägers, gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung im Verwaltungsverfahren bzw verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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