L 3 AS 1312/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 4543/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 1312/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2014 (S 6 AS 4543/13) wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist im vorliegenden Verfahren die Besetzung der Widerspruchsstelle des Beklagten streitig.

Der am 06.01.1963 geborene Kläger bezieht seit längerer Zeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bewohnt eine 82 qm große Wohnung, für die er monatlich eine Kaltmiete in Höhe von 375,50 EUR und Nebenkosten in Höhe von 129,50 EUR, mithin insgesamt in Höhe von 505,00 EUR, bezahlt.

Der Beklagte hatte mit Bewilligungsbescheid vom 08.08.2012 für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 31.01.2013 monatlich Leistungen in Höhe eines Regelbedarfs von 374,00 EUR und von Kosten für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 505,00 EUR bewilligt. Er hatte darin ferner ausgeführt, bei der Bedarfsberechnung würden Unterkunfts- und Heizungskosten grundsätzlich nur in angemessener Höhe berücksichtigt. Im Falle des Klägers betrage die Angemessenheitsgrenze für die Kaltmiete monatlich 320,00 EUR. Seine tatsächliche Kaltmiete betrage jedoch monatlich 375,50 EUR. Er werde daher aufgefordert, seine Mietkosten auf ein angemessenes Maß zu senken. Sollte er bis zum 28.02.2013 seine Wohnungskosten nicht auf ein angemessenes Maß gesenkt haben, würden ab dem 01.03.2013 nur noch eine Kaltmiete in Höhe von monatlich 320,00 EUR und Nebenkosten nur noch für eine angemessene Wohnfläche bei der Berechnung berücksichtigt. Den hiergegen am 30.08.2012 eingelegten Widerspruch hatte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 zurückgewiesen. Mit Änderungsbescheid vom 24.11.2012 hatte der Beklagte für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.01.2013 den Regelbedarf auf 382,00 EUR angehoben. Den hiergegen am 17.12.2012 eingelegten Widerspruch hatte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2013 zurückgewiesen. Die dagegen am 19.10.2012 erhobene und auf die Gewährung eines höheren Regelbedarfs gerichtete Klage (S 2 AS 5737/12) hatte das Sozialgericht Stuttgart (SG) mit Urteil vom 18.04.2013 abgewiesen. Es hatte zur Begründung ausgeführt, die den Regelbedarf regelnden gesetzlichen Regelungen seien verfassungsgemäß. Die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende nach dem SGB II sei für die Zeit seit 01.01.2011 in verfassungsmäßiger Weise und nicht zu niedrig festgesetzt worden. Es hatte sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gestützt und ergänzend ausgeführt, dass Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe dargelegt, derzeit bleibe nur die Annahme, dass jedenfalls die wesentlichen Grundbedarfe durch Leistungen in einer am Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz orientierten Höhe vorübergehend gedeckt werden könnten.

Mit Bewilligungsbescheid vom 17.01.2013 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.02.2013 bis zum 31.07.2013 monatlich einen Regelbedarf in Höhe von 382,00 EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 442,71 EUR. Er führte zur Begründung aus, als Bedarf für die Kosten der Unterkunft werde bei der Kaltmiete nur noch die Mietobergrenze in der Berechnung berücksichtigt. Ebenso würden nur noch die angemessenen Nebenkosten berücksichtigt. Hiergegen legte der Kläger am 20.01.2013 Widerspruch ein.

Mit Änderungsbescheid vom 21.01.2013 erhöhte der Beklagte für die Zeit vom 01.02.2013 bis zum 28.02.2013 die Kosten der Unterkunft und Heizung auf 505,00 EUR. Hiergegen legte der Kläger am 28.01.2013 Widerspruch ein.

Mit Abhilfebescheid vom 04.03.2013 hob der Beklagte den Änderungsbescheid vom 21.01.2013 auf. Mit Änderungsbescheid vom 04.03.2013 erhöhte der Beklagte die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.03.2013 bis zum 31.07.2013 auf 505,00 EUR. Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 20.03.2013 Widerspruch ein.

Mit Bewilligungsbescheid vom 15.07.2013 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.01.2014 monatlich einen Regelbedarf in Höhe von 382,00 EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 442,71 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2013 (W-6.) wies der Beklagte den gegen den Bewilligungsbescheid vom 17.01.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 21.01.2013 und des Änderungsbescheides vom 04.03.2013 erhobenen Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte zur Begründung aus, es werde der gesetzliche Regelsatz in Höhe von monatlich 382,00 EUR und es würden die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 505,00 EUR bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2013 (W-6.) verwarf der Beklagte den gegen den Abhilfebescheid vom 04.03.2013 erhobenen Widerspruch als unzulässig. Er führte zur Begründung aus, der Abhilfebescheid vom 04.03.2013 ändere den Bewilligungsbescheid vom 17.01.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 21.01.2013. Gegen diesen sei aber bereits Widerspruch erhoben worden. Der weitere Widerspruch sei daher unzulässig.

Gegen den Bewilligungsbescheid vom 15.07.2013 legte der Kläger am 17.07.2013 Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 19.07.2013 erhöhte der Beklagte die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.01.2014 auf 505,00 EUR monatlich. Hiergegen legte der Kläger am 24.07.2013 Widerspruch ein.

Am 25.07.2013 hat der Kläger beim SG zwei Klagen erhoben. Er hat sich in den beiden unter den Aktenzeichen S 6 AS 4150/13 und S 6 AS 4165/13 geführten Klageverfahren gegen die Widerspruchsbescheide vom 16.07.2013 gewandt und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei zu verpflichten, höhere Leistungen zu erbringen sowie "die Erhebungsmethode und Daten zur Erlangung der ... geltenden Kaltmieten sowie der kalten und warmen Nebenkosten ... offenzulegen". Der Kläger hat sich in dem unter dem Aktenzeichen S 6 AS 4794/13 geführten und am 20.08.2013 angestrengten Klageverfahren gegen den Bescheid vom 15.07.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 19.07.2013 gewandt. Am 07.08.2013 hat der Kläger eine weitere Klage erhoben. Er hat in dem unter dem Aktenzeichen S 6 AS 4543/13 geführten Klageverfahren - welches Gegenstand des hier anhängigen Berufungsverfahrens ist - unter Hinweis auf eine Entscheidung des BVerfG zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei zu verpflichten, "Widerspruchsverfahren nur noch von unabhängigen und sachkundigen Personen durchführen zu lassen, von denen eine rechtmäßige Sachbehandlung aufgrund besonderer Kenntnisse und Erfahrung erwartet werden" könne.

Der Beklagte hat den gegen den Bewilligungsbescheid vom 15.07.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.07.2013 erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2013 zurückgewiesen.

Er hat ferner mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 den Regelbedarf für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2014 auf 391,00 EUR erhöht. Hiergegen hat der Kläger am 16.12.2013 Widerspruch eingelegt. Der Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2014 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 05.02.2014 die unter dem Aktenzeichen S 6 AS /14 anhängige Klage erhoben. Über diese Klage ist bislang noch nicht entschieden worden.

Das SG hat die unter dem Aktenzeichen S 6 AS 4543/13 geführte und hier streitgegenständliche Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.02.2014 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, es fehle an einem Rechtsschutzinteresse daran, Widerspruchsverfahren nur noch von aus Sicht des Klägers "unabhängigen und sachkundigen" Personen durchführen zu lassen. Sofern der Kläger mit einer Entscheidung des Beklagten nicht einverstanden sei, stehe ihm die Möglichkeit offen, ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Gegen den daraufhin erlassenen Widerspruchsbescheid könne er Klage erheben. Somit sehe das Gesetz ein einfacheres, schnelleres und billigeres Verfahren der Anspruchsdurchsetzung von Leistungsempfängern nach dem SGB II vor. Ein Rechtsschutzinteresse auf eine pauschalen Austausch der in der Widerspruchsstelle des Beklagten tätigen Mitarbeiter bestehe vor diesem Hintergrund nicht. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche Widersprüche des Klägers nicht von aus seiner Sicht "unabhängigen und sachkundigen" Personen bearbeitet würden. Im Übrigen sei die Behauptung des Klägers, die Widerspruchsverfahren würden nicht von "unabhängigen und sachkundigen" Personen durchgeführt, durch nichts dargetan und entspreche nicht der Erfahrung des SG. Ferner lasse sich die vom Kläger zitierte Entscheidung des BVerfG nicht auf sein Begehren übertragen.

Der Kläger hat hiergegen am 17.03.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Er hat auch gegen die weiteren Gerichtsbescheide des SG vom 13.02.2014 und 14.02.2014, mit denen die unter den Aktenzeichen S 6 AS 4150/13, S 6 AS 4165/13 und S 6 AS 4794/13 geführten Klagen abgewiesen worden sind, Berufung eingelegt, über die der erkennende Senat am heutigen Tag ebenfalls entscheidet (L 3 AS 1310/14, L 3 AS 1311/14 und L 3 AS 1313/14).

Der Kläger führt in dem hier streitgegenständlichen und unter dem Aktenzeichen L 3 AS 1312/14 geführten Berufungsverfahren zur Begründung aus, er habe ein Rechtsschutzinteresse. Die Widerspruchsstelle des Beklagten sei kein unabhängiges Organ der Rechtspflege und treffe somit auch keine unabhängigen Entscheidungen nur auf Grundlage der Gesetze und Vorschriften. Er habe den Beklagten aufgefordert, das Zustandekommen der angewandten Kosten der Unterkunft und Heizung aufgrund gesetzlicher Vorgaben nachvollziehbar darzulegen. Der Beklagte verstoße mit seinem Verhalten gegen die notwendige Verwaltungstransparenz. Das SG müsse darauf bestehen, dass der Beklagte unabhängig und sachkundig Widerspruchsverfahren durchführe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, "Widerspruchsverfahren nur noch von unabhängigen und sachkundigen Personen durchführen zu lassen, von denen eine rechtmäßige Sachbehandlung aufgrund besonderer Kenntnisse und Erfahrung erwartet werden kann".

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er stützt sich auf die aus seiner Sicht überzeugenden Ausführungen des SG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 14.02.2014 die unter dem Aktenzeichen S 6 AS 4543/13 geführte Klage abgewiesen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte und unter dem Aktenzeichen L 3 AS 1312/14 geführte Berufung hat daher keinen Erfolg.

Die auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtete Klage, "Widerspruchsverfahren nur noch von unabhängigen und sachkundigen Personen durchführen zu lassen, von denen eine rechtmäßige Sachbehandlung aufgrund besonderer Kenntnisse und Erfahrung erwartet werden kann", ist unzulässig. Zutreffend hat das SG ein diesbezügliches Rechtsschutzinteresse des Klägers verneint, da es dem Kläger, wenn er mit einer Entscheidung des Beklagten nicht einverstanden ist, offen steht, die ihm von Gesetzes wegen zustehenden Rechtsmittel einzulegen und mithin ein einfacheres, schnelleres und billigeres Verfahren der Anspruchsdurchsetzung gegeben ist. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG den umfassenden Ausführungen des SG nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen an.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Rechtskraft
Aus
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