L 5 R 1534/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 6142/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1534/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.03.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu 1. zwischen dem 01.04.2007 und dem 28.07.2013 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin zu 2. steht.

Die Klägerin zu 2. ist eine durch Gesellschafterbeschluss vom 01.08.2006 gegründete GmbH mit einem Stammkapital von (2007) 160.000 EUR. Davon halten E. v. A. und M. v. A. je 40.000 EUR (25 %), 80.000 EUR (50 %) entfallen auf die F.-G. GmbH. Die Gesellschafter fassen ihre Beschlüsse mit der Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen (§ 8 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Gegenstand der GmbH ist die Ausführung von Fließenlegearbeiten sowie der Handel mit Fließen und dazugehörenden Werkstoffen. Geschäftsführer sind W. G. und M. v. A ... Der Kläger zu 1. ist mit 25 % Gesellschafter der Firma Fliesen G. GmbH, weitere Gesellschafter sind H., W. und B. G., auf die ebenfalls je 25 % der Gesellschaftsanteile entfallen. Diese Gesellschaft entscheidet mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 12.12.2002).

Der 1967 geborene Kläger zu 1. ist aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 23.03.2007 seit 01.04.2007 als leitender Angestellter bei der Klägerin zu 2. tätig. Sein Tätigkeitsbereich im Anstellungsvertrag wird als "Prokurist für das Personalwesen (Einstellungen und Entlassungen)" bezeichnet. Der Kläger zu 1. ist dementsprechend unter dem 10.09.2007 als Prokurist mit Einzelprokura im Handelsregister eingetragen. Er erhält ein monatliches Bruttogehalt von 11.000,00 EUR, welches durch Ergänzung zum Anstellungsvertrag vom 24.10.2007 ab 01.11.2007 wegen eines Dienstwagens auf 11.400 EUR erhöht wurde. Das Anstellungsverhältnis kann von beiden Vertragsparteien mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres gekündigt werden. Der Kläger zu 1. erhält im Fall der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Verhinderung das Gehalt für die Dauer von sechs Wochen fortgezahlt und hat einen Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen pro Kalenderjahr. Eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden ist vereinbart. Durch Gesellschafterbeschluss vom 18.12.2008 wurde der Kläger zu 1. vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit. Die entsprechende Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 15.01.2009.

Darüber hinaus ist der Kläger zu 1. Mitgesellschafter der G. GmbH & Co. Projekt und Beteiligungs-KG (zu 25 %) und der W. GmbH & Co. KG (zu 33%) sowie der A.-Fließen GmbH & Co. KG. Außerdem betreut er insgesamt 32 Mietverhältnisse in insgesamt fünf von ihm vermieteten Häusern.

Am 23.07.2008 übersandte der Kläger zu 1. der Beklagten einen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines mitarbeitendem Gesellschafters in der GmbH": Darin ist angegeben, dass der Kläger zu 1. durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse weder herbeiführen noch verhindern kann, die Gesellschaft von den Geschäftsführern W. G. und M. v. A., die jeweils alleinvertretungsberechtigt sind nach außen vertreten wird, der Kläger zu 1. vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit ist und die Tätigkeit aufgrund von familienhaften Rücksichtnahmen durch gleichgeprägtes Nebeneinander zu den anderen Gesellschaftern geprägt sei. Weiter ist angegeben, dass der Kläger zu 1. einem Direktionsrecht nicht unterliege und ein Weisungsrecht in der Praxis tatsächlich laufend nicht ausgeübt werde. Einschränkungen in der freien Bestimmung der Tätigkeit in der Gesellschaft bestünden nicht, die Gestaltung der Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen abhängig, der Kläger zu 1. könne selbständig Personal einstellen und/oder entlassen, müsse sich den Urlaub nicht genehmigen lassen, die Verbuchung der Vergütung erfolge als Lohn/Gehalt und der Kläger zu 1. sei am Gewinn nach gesonderter Vereinbarung beteiligt.

Am 10.10.2008 ging bei der Beklagten der Antrag des Klägers zu 1. auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status in seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2. ein. Er beantrage die Feststellung, dass Versicherungspflicht nicht vorliege.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 22.10.2008, wonach beabsichtigt sei, das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ab 01.04.2007 festzustellen, wies der Kläger zu 1. darauf hin, dass er persönliche Bürgschaften für die Klägerin zu 2. übernommen habe. Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen hat die Fliesen-G. GmbH die gesamtschuldnerische Mithaftung für Ansprüche der H. gegen die Klägerin zu 2. aus einem Rahmenkredit in Höhe von 625.000,00 EUR übernommen und eine selbstschuldnerische Bürgschaft für einen Kreditvertrag der Klägerin zu 2. mit der V. K.-N. über einen Betrag von 75.000,00 EUR. Der Kläger zu 1. hat unter dem 11.12.2003 eine Bürgschaft über 511.291,88 EUR für Forderungen der S. E.-N. gegen die Artfliesen GmbH & Co. KG aus Darlehensverträgen und für die Fliesen-G. GmbH aus Kreditverträgen übernommen.

Mit Bescheiden vom 17.11.2008 stellte die Beklagte zum einen gegenüber dem Kläger zu 1. und zum anderen gegenüber der Klägerin zu 2. fest, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1. bei der Klägerin zu 2. seit dem 01.04.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde.

Hiergegen erhob die Klägerin zu 2. am 10.12.2008 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2009 - ergangen gegenüber der Klägerin zu 2. -zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, maßgeblichen Einfluss hätten mitarbeitende Gesellschafter nur, sofern sie Mehrheitsgesellschafter seien, d. h. mehr als 50 % der Kapitalanteile der GmbH hielten. Sowohl Minderheitsgesellschafter als auch hälftig am Kapital einer GmbH beteiligte mitarbeitende Gesellschafter ohne Geschäftsführerfunktion seien insbesondere nicht in der Lage, Abweichungen von der grundsätzlichen Zuständigkeitsverteilung herbeizuführen, die Dienstaufsicht über die Angestellten vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag der laufenden Geschäftsführung, d. h. dem Geschäftsführer als dem zuständigen Organ zuweise. Auch ein mitarbeitender Gesellschafter einer GmbH mit Sperrminorität, der nicht zum (stellvertretenden) Geschäftsführer bestellt sei, habe keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, der ein Beschäftigungsverhältnis von vornherein ausschließe. Der Kläger zu 1. könne kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben, denn er sei nicht mit 75 % am Stammkapital der Klägerin zu 2. beteiligt. Beschlüsse der Klägerin zu 2. würden mit einer qualifizierten Mehrheit von 75 % gefasst. Er könne zwar Einfluss auf die Firmenpolitik, aber keinen Einfluss auf die Willenserklärung der Gesellschaft hinsichtlich der Beendigung seines Anstellungsvertrags bzw. Mitarbeiterverhältnisses nehmen. Trotz weitgehender Gestaltungsfreiheit der Tätigkeit hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsorts und der Ausübung der Tätigkeit bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da eine Eingliederung in eine von Gesellschaftern vorgegebene Ordnung gegeben sei. Es stehe den Gesellschaftern jederzeit offen, ihr Stimmrecht wahrzunehmen, ohne dass der Kläger zu 1. dies verhindern könne. Seine Handlungsfreiheit werde grundsätzlich vom Gesellschaftsvertrag und von Gesellschafterbeschlüssen eingeschränkt. Dies gelte auch dann, wenn die anderen Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch machten. Ausreichend sei insoweit deren vorhandene Rechtsmacht, dem Kläger zu 1. Weisungen zu erteilen. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich, wie bei Diensten höherer Art üblich, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Eine selbständige Tätigkeit könne daraus jedoch nicht hergeleitet werden, da auch angestellte Leiter/Prokuristen über weitgehende Kompetenzen verfügten. Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche auch nicht, dass der Kläger zu 1. im Wesentlichen selbst über seine Arbeitskraft, den Arbeitsort und die Arbeitszeit verfügen könne. Entscheidend sei vielmehr, dass insoweit einseitige Weisungen der Gesellschafter der GmbH möglich seien und er der Überwachung durch diese unterliege. Des Weiteren habe er Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit würden die Übernahme einer Bürgschaft und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sprechen. Dies sei zwar arbeitnehmeruntypisch, schließe jedoch als einziges Argument ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht aus. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände würden die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwiegen.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.08.2009 erhoben der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. am 10.09.2009 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. machten geltend, die Beteiligung des Klägers zu 1. an den weiteren Gesellschaften zeige, dass es sich in Bezug auf die Klägerin zu 2. um eine gleichberechtigte Beteiligung innerhalb einer Familienverbundenheit handele. Die Familienmitglieder hätten sich grundsätzlich dahingehend besprochen und geeinigt, dass alle Brüder gemeinsam mit dem Vater an allen Firmen gleichmäßig beteiligt und belastet sein sollten. Dass Herr W. G. Geschäftsführer sei, und der Kläger ursprünglich nicht, sei im Grunde genommen rein zufällig. Er sei in jeder Hinsicht in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei. Er kalkuliere im Rahmen von ihm betreuter Bauvorhaben die Preise der Klägerin zu 2. selbständig und handele Vertragskonditionen, Zahlungsbedingungen, Skonto, Preisnachlässe und sonstige Vertragsgestaltungen selbst aus und stehe den Geschäftsführern in nichts nach. Außerdem sei er selbständig und ohne Weisungsgebundenheit für die Einstellung von Mitarbeitern und als Fliesenleger mit der jahrzehntelangen Erfahrung für die technische Betriebsführung zuständig. Er nehme Aufgaben eines eigenverantwortlich handelnden Geschäftsführers wahr. Der Anstellungsvertrag sei nicht speziell im Hinblick auf die tatsächliche Arbeitsgestaltung des Klägers zu 1. entworfen, sondern kurzerhand von anderen vorliegenden Verträgen übernommen worden. Zwischenzeitlich sei er förmlich zum Geschäftsführer bestellt. Seine Tätigkeiten in Bezug auf die Klägerin zu 2. bestünden vorwiegend darin, die verschiedenen Baustellen der Firma abzufahren und dort nach dem Rechten zu schauen. Vor allem habe er ein erhebliches finanzielles, wirtschaftliches und persönliches Risiko übernommen, das darauf beruhe, dass zum Zeitpunkt seines Eintritts in die Firma die Gesellschaft finanziell überschuldet gewesen sei. Des Weiteren hat der Kläger nochmals auf die geleistete Bürgschaft und die Mithaftungserklärung bezüglich der Rahmenkreditlinie bei der H. hingewiesen. Außerdem bestehe für ihn kein Wettbewerbsverbot und die Tätigkeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt. Insgesamt würden alle Merkmale für eine selbständige Tätigkeit sprechen.

Für eine selbständige Tätigkeit sprächen auch die zahlreichen Bürgschaften, die der Kläger zu 1. für die Klägerin zu 2. und für andere Gesellschaften der Familien G. und v. A. übernommen habe. Hierzu wurden neben den bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bürgschaften auch die Bürgschaftserklärung des Klägers zu 1. zugunsten der Klägerin zu 2. vom 06.05.2011 über eine selbstschuldnerische Bürgschaft von 18.750 EUR vorgelegt. Vergleichbare Bürgschaften übernahmen unter dem selben Datum auch die drei anderen Gesellschafter der F.-G. GmbH (vgl. Aufstellung Bl. 140 SG-Akte).

Mit Bescheiden vom 15.01.2010 hat die Beklagte "den Bescheid vom 17.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2009" dahingehend abgeändert, dass der Kläger zu 1. in der seit 01.04.2007 ausgeübten Beschäftigung als mitarbeitender Gesellschafter bei der Klägerin zu 2. versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ist. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 hat die Beklagte zu Protokoll erklärt, diese Entscheidung insoweit abzuändern, als Versicherungspflicht nur zur Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung festgestellt werde.

Weiter haben die Kläger den Geschäftsführervertrag vom 22.10.2009 vorgelegt. Danach wird der Kläger zu 1. als Geschäftsführer mit der Zuständigkeit für den technischen Bereich (Führung der Baustellen einschließlich Preiskalkulation und Vertragsabschlüssen) tätig. Er führt seine Geschäfte selbständig und kann Mitarbeiter einstellen und entlassen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Geschäftsführervertrag). Hinsichtlich der Arbeitszeit unterliegt er keinen Weisungen (§ 3 Abs. 1 Geschäftsführervertrag). Das Bruttoentgelt beträgt 11.400 EUR, für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen werden keine Mehrvergütungen gezahlt. Im Krankheitsfall wird die Vergütung sechs Wochen weiterbezahlt, der Jahresurlaub umfasst 30 Arbeitstage. Der Vertrag kann mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden (§ 8 Abs. 1 Geschäftsführervertrag). Ergänzend wurde ein Handelsregisterauszug vorgelegt, wonach unter Erlöschung der Prokura der Kläger zu 1. am 11.11.2009 zum Geschäftsführer bestellt wurde.

Schließlich haben die Kläger noch die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Firma v. A. G.-Fliesen vom 22.10.2009 vorgelegt, wonach zwei Gesellschafter der Fliesen-G. GmbH und die Gesellschafter E. v. A. und M. v. A. sich schuldrechtlich verpflichten, § 8 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrags zukünftig so zu handhaben, dass einstimmig abgestimmt wird. Die Gesellschafter der Firma Fliesen G. GmbH verpflichten sich untereinander, ebenfalls einstimmig abzustimmen. Kommt keine Einigung zustande, ist der jeweilige Beschluss abgelehnt.

Mit Gerichtsbescheid vom 05.03.2013 hat das Sozialgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Es führt aus, die Kammer entscheide durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung, nachdem der Sachverhalt geklärt sei und die Beteiligten gehört wurden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise. Soweit beantragt sei, den Bescheid der Beklagten vom 17.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger zu 1. den Status eines selbständigen Beschäftigten innehabe und damit kein dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausübe, sei dieser Antrag zwar auf eine unzulässige Elementenfeststellung gerichtet. Die Klage sei unbegründet, weil die Bescheide die Kläger nicht in ihren Rechten verletzten. Die angefochtenen Bescheide in ihrer zuletzt geltenden Fassung seien rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Streitgegenständlich sei der Bescheid der Beklagten vom 17.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2009 in der Fassung vom 15.01.2010 und 30.11.2011. Damit habe die Beklagte zu Recht festgestellt, dass der Kläger in seiner seit 01.04.2007 bei der Klägerin zu 2. ausgeübten Beschäftigung als leitender Angestellter versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Nicht mehr streitig sei das Vorliegen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung. Letztere scheide aufgrund der Höhe des im Anstellungsvertrag vereinbarten Entgelts aus. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass aufgrund des Bescheides vom 29.12.2011 das Vorliegen von Versicherungsfreiheit auch in der Renten- und Arbeitslosenversicherung feststehe. Denn dieser Bescheid sei nach seinem ausdrücklichen Wortlaut in Ausführung des im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 geschlossenen Vergleichs ergangen. Diesen Vergleich habe der Kläger fristgerecht widerrufen. Der Kläger zu 1. sei in seiner Tätigkeit als leitender Angestellter bzw. Geschäftsführer (ab 11.11.2009) bei der Klägerin zu 2. seit 01.04.2007 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Einen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a SGB IV habe er gestellt. Die Tätigkeit des Klägers zu 1. bei der Klägerin zu 2. aufgrund des Anstellungsvertrages vom 23.03.2007 sei in einem fremden Betrieb erfolgt. Betriebs- bzw. Unternehmensinhaber der Klägerin zu 2. seien zu 50% die Fliesen-G. GmbH und zu jeweils 25% Herr E. v. A. und Herr M. v. A ... Der Kläger zu 1. sei zwar an der Fliesen-G. GmbH mit einem Anteil von 25% beteiligt. Dies führe jedoch nicht zu einer eigenen Beteiligung des Klägers zu 1. an der Klägerin zu 2. Denn die Fliesen-G. GmbH sei eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinter stehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zu betrachten (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, a.a.O.). Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers zu 1. für die Klägerin zu 2. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbständig ausgeübt wurde, sei somit der "Anstellungsvertrag" vom 23.03.2007. Dieser Vertrag habe nach Überzeugung der Kammer ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Denn danach sei der Kläger zu 1. für einen näher bestimmten und abgrenzbaren Bereich, nämlich der Tätigkeit eines leitenden Angestellten für das Personalwesen (Einstellungen und Entlassungen), als Prokurist, eingestellt worden. Vereinbart worden sei eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit, nämlich zunächst von 48, später ausgeweitet auf bis zu 60 Stunden. Der Kläger zu 1. erhält nach § 3 des Anstellungsvertrags ein festes monatliches Bruttogehalt von anfangs 11.000,00 EUR, im Fall der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Verhinderung wurde eine Gehaltsfortzahlung auf die Dauer von sechs Wochen vereinbart (§ 3 Nr. 2 des Anstellungsvertrags). Weiter finden sich nähere Vereinbarungen in § 4 des Anstellungsvertrages zu einem Anspruch des Klägers zu 1. auf Ersatz von Spesen, eine Regelung zur Nutzung des Telefonanschlusses der Klägerin zu 2. (nur für private Ferngespräche in normalem Umfang). Weiter ist ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen geregelt (§ 7 des Anstellungsvertrages) sowie eine Kündigungsfrist. Hierbei handele es sich um eine für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis typische Vertragsgestaltung. Auch die im weiteren Verlauf erteilte Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB und der Umstand, dass der Kläger zu 1. nach seinem Vortrag und demjenigen der Klägerin zu 2. selbständig Personal einstellen und/oder entlassen konnte, sich seinen Urlaub nicht genehmigen lassen musste, bei betreuten Bauvorhaben Preise selbständig verhandeln könne und Weisungen nicht erteilt worden sei, rechtfertige nicht die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Der Kläger zu 1. unterliege dadurch zwar nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd zunächst durch die Gesellschafter der GmbH und die Geschäftsführer W. G. und M. v. A. - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch würden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, a.a.O., m.w.N.). Wieweit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen könne, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfalle, zeigten beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt seien, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten hätten und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnähmen (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, a.a.O.). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliege, machten diesen nämlich nicht schon zu einem Selbständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten würden (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, a.a.O.). Eine nach dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in die vorgegebene Ordnung des Betriebes habe bei dem Kläger zu 1. bestanden und bestehe weiterhin. Denn er sei in die durch die Klägerin zu 2. vorgegebene Organisation eingebunden gewesen und dies immer noch. Dies gelte für die Zeit vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer am 11.11.2009 schon deswegen, weil ihm nach dem Anstellungsvertrag nur ein begrenzter Zuständigkeitsbereich zugewiesen worden sei, er keinerlei Vertretungsmacht für die Klägerin zu 2. gehabt habe und auf die Geschicke der Gesellschaft aus Rechtsgründen keinen entscheidenden Einfluss habe nehmen können. Soweit der Kläger insoweit auf seine Beteiligung an der Fliesen-G. GmbH, die wiederum Gesellschafterin der Klägerin zu 2. sei, abstelle, ergebe sich hieraus nichts anderes. Die Fliesen-G. GmbH sei an der Klägerin zu 2. - wie bereits dargelegt - mit einem Anteil von 50% beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 2. fassten die Gesellschafter ihre Beschlüsse mit einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen (§ 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages). Die Fliesen-G. GmbH als juristische Person mit einem Anteil von 50% am Stammkapital der Klägerin zu 2. könnte somit ihr nicht genehme Beschlüsse verhindern. Dies bedeute allerdings bei Weitem noch nicht, dass dem Kläger zu 1. eine derartige Rechtsmacht zukäme. Denn der Kläger zu 1. sei an der Fliesen-G. GmbH ihrerseits lediglich mit einem Anteil von 25% beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Fliesen-G. GmbH fassten die Gesellschafter ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages). Der Kläger habe damit mit einem Stimmenanteil von lediglich 25% nicht die Rechtsmacht, ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Fliesen-G. GmbH zu verhindern. Damit habe er rechtlich auch nicht die Möglichkeit, wesentlichen Einfluss auf die Geschicke der Klägerin zu 2. zu nehmen. Soweit die Kläger insoweit vortrügen, tatsächlich würden Entscheidungen immer gemeinsam und im Einvernehmen getroffen, ändere dies hieran nichts. Denn die hier allein maßgeblichen rechtlichen Verhältnisse würden dem Kläger zu 1. eine entsprechende Rechtsmacht nicht verleihen. Nichts anderes ergebe sich aufgrund der Bürgschaft, die kein mit der Tätigkeit des Klägers zu 1. bei der Klägerin zu 2. verbundenes Risiko begründe. Denn es handele sich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich gewesen sei (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, m.w.N.). Die Gründe für die Bestellung seien vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw. des Dienstverhältnisses zu suchen. Bezogen auf seine Tätigkeit als "leitender Angestellter" habe er gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen, denn als Gegenleistung hierfür stehe ihm die Zahlung eines regelmäßigen Entgelts in nicht unerheblicher Höhe zu.

Gegen den ihnen am 12.03.2013 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 08.04.2013 Berufung eingelegt. Sie führen aus, dass das Sozialgericht die tatsächlichen Verhältnisse der Familien G. und v. A. verkenne. Sämtliche Gesellschafter als auch Geschäftsführer stammten aus den beiden Familien und so werde es auch bleiben. Aus diesem Grund habe schon immer und auch im "Vorgängerunternehmen" der Klägerin zu 2. Einstimmigkeit geherrscht. Die Personen seien alle Handwerker und hätten lediglich auf Anraten des Steuerberaters die Verträge abgeschlossen, ohne das auch nur durchzulesen. Der Kläger sowie Herr W. G., Herr E. v. A. und Herr M. v. A. unterschrieben grundsätzlich und ohne Diskussion und Durchlesen die Unterlagen, die von ihren Beratern vorgelegt würden. Dies könnte der Steuerberater sowie der Prozessbevollmächtigte der Kläger bezeugen. Das Sozialgericht habe auch übersehen, dass der Kläger als Geschäftsführer der Firma Fliesen G. wiederum einen Einfluss auf die Klägerin Ziff. 2 ausüben könne. Er habe keinen Weisungen unterlegen. Die Einstimmigkeit sei zwischenzeitlich nicht nur schuldrechtlich fixiert worden, sondern zur Eintragung ins Handelsregister vorgesehen. Gleiches sei für die Firma Fliesen G. geschehen. Der Kläger zu 1. sei kein Arbeitnehmer, sondern sei eine Bürgschaftsverpflichtung eingegangen. Der im Gesellschaftsvertrag angegebene beschränkte Zuständigkeitsbereich des Klägers zu 1. sei auch in der Lebenswirklichkeit anders gehandhabt worden. Er sei Unternehmer und nicht nur leitender Angestellter. Die Einstimmigkeit habe faktisch bereits immer geherrscht.

Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. beantragen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.03.2013 und die Bescheide der Beklagten vom 17.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2009 in der Fassung der Bescheide vom 15.01.2010 und des Teilanerkenntnisses vom 30.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger Ziff. 1 vom 01.04.2007 bis 28.07.2013 für die Klägerin Ziff. 2 als Selbständiger und damit nicht sozialversicherungspflichtig tätig war,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, aus dem klägerischen Vorbringen würden sich keine für die Entscheidung des Rechtsstreits wesentlich neuen Erkenntnisse ergeben und hat auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Eine Familiengesellschaft liege nicht vor, ein verwandtschaftliches Verhältnis zwischen den Familien v. A. und G. sei nicht ersichtlich. Auch sei der Kläger zu 1. nicht alleiniger Gesellschafter mit den notwendigen Branchenkenntnissen oder der alleinige Kopf und die Seele des Betriebs. Aus der Übernahme der Bürgschaft könne ein Unternehmerrisiko nicht abgeleitet werden.

Am 23.07.2013 wurde eine Änderung des Gesellschaftsvertrags, wonach alleinige Gesellschafter der Klägerin zu 2. nun die natürlichen Personen H. G., W. G., M. G., B. G., E. v. A. und M. v. A. sind, und deren Beschlüsse nach § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages einstimmig gefasst werden, notariell beurkundet. Am 29.07.2013 wurde die Änderung von § 8 Gesellschaftsvertrag in das Handelsregister eingetragen.

In der mündlichen Verhandlung des Senats schlossen die Beteiligten einen Teilvergleich, wonach der Kläger zu 1. seit dem 29.07.2013 für die Klägerin zu 2. selbständig und nicht sozialversicherungspflichtig tätig ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Prozessakten sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und auch sonst zulässig.

Sie ist aber nicht begründet. Das SG Stuttgart hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 05.03.2013 zu Recht abgewiesen. Auch zur Überzeugung des Senats ist der Kläger in seiner Tätigkeit als leitender Angestellter bzw. Geschäftsführer (ab 11.11.2009) bei der Klägerin zu 2. seit 01.04.2007 bis 28.07.2013 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Dies hat die Beklagte (nach Korrektur der Ausgangsbescheide) zutreffend festgestellt.

Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 17.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2000 in der Fassung der Bescheide vom 15.01.2010 und des Teilanerkenntnisses vom 30.11.2011 bezüglich des Zeitraums vom 01.04.2007 bis 28.07.2013. Nicht mehr streitig ist das Vorliegen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Kläger haben sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden; ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz etwa Senatsurteile vom 08.06.2011 – L 5 KR 4009/10 und L 5 R 4078/10).

Der angefochtene Bescheid ist hinreichend bestimmt (§ 33 SGB X) und enthält keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung. Vielmehr ist ersichtlich, dass es um die Tätigkeit des Klägers zu 1. aufgrund des Anstellungsvertrags vom 23.03.2007 als leitender Angestellter bei der Klägerin zu 2. geht (vgl. näher BSG Urt. v. 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R; Urt. v. 04.06.2009 – B 12 R 6/08 R).

Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Der Kläger übt die Tätigkeit als leitender Angestellter seit dem 01.04.2007 als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und nicht als selbständige Tätigkeit aus. Er ist deshalb in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der (hier allein streitigen) Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG Urt. v. 19.06.2001 – B 12 KR 44/00 R). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit (zuletzt z.B. Urt. v. 04.09.2013 – L 5 R 4751/11).

Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG Urt. v. 25.01.2006 – B 12 KR 30/04 R; Urt. v. 19.06.2001 – B 12 KR 44/00 R, m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung vgl. zuletzt BSG Urt. v. 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 R). Die Zuordnung nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d.h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG Urt. v. 24.05.2012 – B 12 KR 14/10 R und – B 12 KR 24/10 R).

Nach den genannten Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit im Unternehmen eines Familienangehörigen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Familiäre Bindungen schließen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG Urt. v. 17.12.2002 – B 7 AL 34/02 R, m.w.N.). Das sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigungsverhältnis in Familienunternehmen ist darüber hinaus abzugrenzen von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit; hierfür sind ebenfalls alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (Urteil d. Senats v. 17.12.2002 – B 7 AL 34/02 R, m.w.N.). Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG Urt. v. 19.02.1987 - 12 RK 45/85 SozR 2200 § 165 Nr. 90; BSG Urt. v. 23.06.1994 – 12 RK 50/93). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG Urt. v. 17.12.2002 – B 7 AL 34/02 R). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG Urt. v. 12.09.1996 – 7 RAR 120/95; zu alledem auch Senatsurteile v. 30.07.2008 – L 5 KR 5339/08 und v. 04.02.2009 – L 5 KR 2219/08).

Nach den genannten Grundsätzen ist ebenfalls zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter (Gesellschafter-Geschäftsführer), schließt ein maßgeblicher rechtlicher (oder in Ausnahmefällen ggf. auch nur tatsächlicher) Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (vgl. BSG Urt. v. vom 23.06.1994 - B 12 RK 72/92; Urt. v. 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R; dazu, hinsichtlich der Größe des Kapitalanteils, auch Hessisches LSG Urt. v. 23.11.2006 - L 1 KR 763/03, m.N. zur Rspr. d. BSG). Solche Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber einem (Mit-)Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Wesentliches Merkmal ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des daraus folgenden Einflusses auf die Gesellschaft. Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität oder über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen verfügt (vgl. auch LSG Baden-Württemberg Urt. v. 17.4.2007 - L 11 KR 5748/06). Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist grundsätzlich von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen (BSG Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).

Fehlt eine Rechtsmacht, besteht aber ein so weitreichender tatsächlicher Einfluss, dass der Betroffene im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, die Inhaber des Unternehmens persönlich dominiert oder diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind, hat das BSG in seiner älteren Rechtsprechung Selbständigkeit angenommen, insbesondere im Fall eines (Fremd-)Geschäftsführers einer GmbH, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist (BSG Urt. v. 15.12.1971 – 3 RK 67/68, SozR Nr. 68 zu § 165 RVO; Urt. v. 24.06.1982 – 12 RK 45/80, juris; Urt. v. 08.12.1987 – 7 RAr 25/86, juris; Urt. v. 05.02.1998 – B 11 AL 71/97 R, SozR 3-4100 § 168 Nr. 22; Urt. v. 14.12.1999 – B 2 U 48/98 R, juris; Urt. v. 17.05.2001 – B 12 KR 34/00 R; Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R; Urt. v. 06.03.2003 – B 11 AL 25/02 R). In seiner neueren Rechtsprechung hat das BSG allerdings Zweifel an dieser "Überlagerungsrechtsprechung" geäußert und die Bedeutung der Rechtsmacht (im Unternehmen) für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung hervorgehoben (vgl. BSG Urt. v. 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 R und – B 12 R 14/10 R); es spreche einiges dafür, der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse maßgebende Bedeutung beizumessen, da entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit sei, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden (BSG, a. a. O.). Unerheblich ist in jedem Fall, dass eine bestehende Rechtsmacht mit daraus folgenden Weisungsrechten (mangels tatsächlichen Anlasses) in der Geschäftspraxis nicht ausgeübt wird, solange sie nur aufrechterhalten bleibt und von ihr (bei gegebenem Anlass, etwa bei einem familiären Zerwürfnis) Gebrauch gemacht werden kann. Eine (bloße) "Schönwetter-Selbstständigkeit" (so BSG, a. a. O.) ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar.

Ausgehend davon kann die Tätigkeit des Klägers als leitender Angestellter bzw. Geschäftsführer der Klägerin zu 1. zwischen 01.04.2007 und dem 28.07.2013 nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden.

Dies hat das Sozialgericht Stuttgart im angegriffenen Gerichtsbescheid bereits überzeugend unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Kriterien ausgeführt. Hierauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Zum Berufungsvorbringen der Kläger ist noch ergänzend folgendes auszuführen:

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers zu 1. für die Klägerin zu 2. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 23.03.2007. Danach wurde der Kläger zu 1. für einen näher bestimmten und abgrenzbaren Bereich, nämlich der Tätigkeit eines leitenden Angestellten für das Personalwesen (Einstellungen und Entlassungen), als Prokurist eingestellt. Vereinbart wurde eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden. Der Kläger zu 1. erhält nach § 3 des Anstellungsvertrags ein festes monatliches Bruttogehalt von damals 11.000,00 EUR, im Fall der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Verhinderung wurde eine Gehaltsfortzahlung auf die Dauer von sechs Wochen vereinbart (§ 3 Nr. 2 des Anstellungsvertrags). Weiter finden sich nähere Vereinbarungen in § 4 des Anstellungsvertrages zu einem Anspruch des Klägers zu 1. auf Ersatz von Spesen, eine Regelung zur Nutzung des Telefonanschlusses der Klägerin zu 2. (nur für private Ferngespräche in normalem Umfang). Ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen ist geregelt (§ 7 des Anstellungsvertrages) sowie eine Kündigungsfrist. Insgesamt handelt es sich um eine für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis typische Vertragsgestaltung. Die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger zu 1. und der Klägerin zu 2. sprechen somit für eine abhängige Beschäftigung.

Der Umstand, dass der Kläger zu 1. nach dem Anstellungsvertrag seine Arbeitszeit frei gestalten konnte, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass sich der Kläger zu 1. auch die Art und den Ort seiner Tätigkeit in der gelebten Praxis weitgehend frei wählen konnte. Eine große Freiheit bei der Ausübung der täglichen beruflichen Tätigkeit ist für leitende Angestellte typisch. Andererseits geht - für abhängig beschäftigte leitende Angestellte typisch - aus dem Vertrag vom 23.03.2007 deutlich hervor, dass für das Bruttogehalt von über 11.000 EUR ein überdurchschnittlicher Arbeitseinsatz, und zwar für die Klägerin zu 2., als Gegenleistung erwartet wird.

Ein weiteres entscheidendes Indiz, das für die abhängige Beschäftigung des Klägers spricht, ist die fehlende Rechtsmacht des Klägers im Unternehmen der Klägerin zu 2. Auch wenn ihm dies aufgrund der gewählten gesellschaftsrechtlichen Konstruktion möglicherweise nicht bewusst gewesen ist, handelt es sich um eine Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen. Der Kläger ist im maßgeblichen Zeitraum nicht direkt an der GmbH beteiligt gewesen. Dass eine Gesellschaft, an der der Kläger wiederum Minderheitsgesellschafter war, beteiligt war, begründet keinen hinreichenden rechtlichen Einfluss. Die rechtlich fehlende Möglichkeit des Klägers zu 1., nicht genehme Beschlüsse seiner Arbeitgeberin, der Klägerin zu 2., zu verhindern, hat das SG zutreffend geprüft und klar aufgezeigt. Mit den ihm als Gesellschafter zustehenden Rechten von 25% der Stimmen der Fliesen G. GmbH kann er, da die einfache Mehrheit bei dieser Gesellschaft ausreicht, Mehrheitsbeschlüsse der anderen Gesellschafter nicht verhindern. Er hätte, wenn sich die anderen Gesellschafter einig sind, die Kündigung des Anstellungsvertrages vom 23.03.2007 nicht verhindern können.

Ob und in welchem Umfang die Gesellschaftermehrheit von ihrer Rechtsmacht in der Geschäftspraxis tatsächlich Gebrauch macht, ist nicht ausschlaggebend. Insoweit ist auch das Vorbringen, dass die handelnden Personen Mitglieder der Familien G. und v. A. seien und schon seit Jahren zusammenarbeiteten, ohne dass es zu Weisungen gegenüber dem Klägers zu 1. gekommen wäre, nicht relevant. Dies mag so sein. Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist aber nicht die im Unternehmensalltag, zumal bei ungestörten ("Schönwetter"-)Verhältnissen, übliche Verfahrensweise, sondern die Verteilung der Rechtsmacht (Lenkungsmacht) maßgeblich, auf die im Bedarfsfall, etwa wenn sich die Gesellschafter, aus welchen Gründen auch immer, zerstritten haben, zurückgegriffen werden kann (vgl. BSG Urt. v. 29.08.2012 – B 12 R 14/10 R, juris). Die familiäre oder freundschaftliche Verbundenheit des Klägers zu Gesellschaftern rechtfertigt daher eine andere Sicht der Dinge nicht. Die mit bestehenden familiären Bindungen zusammenhängenden weniger stark ausgeprägten Weisungen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses führen nicht dazu, dass auf Rechte aus der Gesellschafterstellung - insbesondere im Konfliktfall - verzichtet werden könnte.

Ein ganz atypischer Fall, bei dem die Rechtsmacht nach der oben dargestellten alten Rechtsprechung des BSG durch die tatsächlichen Verhältnisse "überlagert" wäre, liegt nicht vor. Dass der Kläger für das Unternehmen der Klägerin zu 2. faktisch genauso wichtig ist wie die Gesellschafter, darf unterstellt werden. Wird diesem Umstand aber nicht durch entsprechende Unternehmensbeteiligungsrechte Rechnung getragen, bleibt auch der unersetzliche Mitarbeiter nur Beschäftigter (vgl. Senatsurteil vom 22.01.2014 – L 5 R 2329/13). Eine ganz atypische Fallgestaltung, bei der die Bedeutung der Rechtsmacht im Unternehmen für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung wegen besonderer Umstände gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen zurücktreten müsste, liegt in solchen Fällen regelmäßig (noch) nicht vor. Rein tatsächlich besteht kein Anlass für eine solche Fallgestaltung: der Kläger zu 1. besitzt nicht als einziger die erforderlichen Branchenkenntnisse oder hat eine solchen Wissens- und Erfahrungsvorsprung, dass er die anderen Gesellschafter dominieren könnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die anderen Gesellschafter der Familie G. und der Familie v. A. über vergleichbares Wissen und Erfahrung im Fliesenlegerhandwerk verfügen.

An dieser Rechtslage hat sich auch durch die Ernennung zum Geschäftsführer als Folge der Vertragsänderungen vom 22.10.2009 nichts geändert. Dem Kläger ist lediglich ein anderer Geschäftsbereich zugeordnet worden, ansonsten enthält auch der Geschäftsführervertrag vom 22.10.2009 starke Elemente eines Arbeitsverhältnisses. Die Vergütung erfolgt in Form fester monatlicher Bezüge in Höhe von 11.400 EUR, der Kläger zu 1. hat Anspruch auf Urlaub von 30 Arbeitstagen sowie auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Hinzu kommt, dass auch dieser Vertrag eine ordentliche Kündigung mit einer Frist von 6 Monaten ermöglicht. Für Nebentätigkeiten enthält der Vertrag eine ausführliche Regelung, was bei Selbständigkeit nicht hätte extra geregelt werden müssen. Die Freiheit in Bezug auf die Durchführung seiner Arbeit ist auch für Fremdgeschäftsführer ohne Beteiligung an einer Gesellschaft typisch.

Etwas anderes ergibt sich nicht durch die privatvertragliche Einigung, das Stimmrecht nur einheitlich ausüben zu wollen. Zur fehlenden Relevanz dieser Änderungen führt das Sozialgericht überzeugend folgendes aus:

"Soweit der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 01.03.2013 eine auf den 22.10.2009 datierte "Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Firma v. A. G.-Fliesen GmbH am 22.12.2009" vorgelegt hat, nach der sich die Gesellschafter der v. A.-G. Fliesen GmbH und die Gesellschafter der Fliesen-G. GmbH untereinander schuldrechtlich verpflichteten, die Regelung in § 8 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages künftig untereinander so zu handhaben, dass einstimmig abgestimmt werde, ändert dies nichts. Denn eine wirksame Änderung der Gesellschaftsverträge wurde hierdurch nicht herbeigeführt, sodass diese auch weiterhin maßgeblich sind. Eine allein schuldrechtliche Verpflichtung, hiervon abzuweichen, reicht nach Überzeugung der Kammer nicht aus. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass für die Fliesen-G. GmbH überhaupt eine ordnungsgemäß einberufene Gesellschafterversammlung stattgefunden hat. Nach der vorgelegten Niederschrift vom 22.10.2009 wurde lediglich eine Gesellschafterversammlung der v. A. G.-Fliesen GmbH durchgeführt, sodass für die rechtlich hiervon zu trennende Fliesen-G. GmbH in diesem Rahmen keine Entscheidung im Rahmen einer Gesellschafterversammlung stattfinden konnte. Eine wirksame schuldrechtliche Vereinbarung aller vier Gesellschafter der Fliesen-G.-GmbH (H. G., W. G., M. G. und B. G.) ist ebenfalls nicht ersichtlich, da nur zwei Gesellschafter (W. G. und der Kläger zu 1.) die schuldrechtliche Erklärung unterschrieben haben.

Dem ist aus der Sicht des Senats - jedenfalls bis zum Eintrag in das Handelsregister am 29.07.2013- nichts hinzuzufügen.

Ein wesentliches Unternehmerrisiko trägt der Kläger zu 1. als Angestellter einer GmbH bzw. als Geschäftsführer mit indirekter Minderheitsbeteiligung nicht. Müsste die Klägerin zu 2. ihren Geschäftsbetrieb einstellen, so wäre der Kläger zu 1. in diesen Arbeitsverhältnissen nicht anders betroffen als ein Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz verliert. Ein wesentliches Unternehmerrisiko lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht mit der Übernahme von Bürgschaften begründen. Eine Bürgschaft eines Betroffenen für eine Rechtsperson, bei der er die streitige Tätigkeit ausübt, kann in erster Linie zur Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die Zuordnung einer Tätigkeit in einem fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, a.a.O.). Aus den zahlreichen von der Klägerseite vorgelegten Bürgschaftspapieren ist allein die Erklärung vom 10.05.2011 eine Bürgschaft, die der Kläger zu 1. zugunsten der Klägerin zu 2. abgegeben hat. Mit höchstens 18.750 EUR ist sie im Vergleich zum monatlichen Einkommen von 11.400 EUR für den Kläger zu 1. wirtschaftlich von eher untergeordneter Bedeutung. Unbekannt ist, welche konkrete Risiken der Bank durch diese Bürgschaft abgedeckt werden sollten und ob damit für den Kläger zu 1. überhaupt das konkrete Risiko einer Inanspruchnahme aus dieser Bürgschaft verbunden war. Auch hat sich der Kläger zu 1. im Zusammenhang mit der Bürgschaft keine seine Rechtsposition oder seine Einflussmöglichkeiten erweiternden Rechte einräumen lassen. Die anderen vom Kläger zu 1. vorgelegten Bürgschaften betreffen nicht die Klägerin zu 2., sondern Forderungen gegenüber der Fliesen-G. GmbH und der A. Fliesen GmbH und Co. KG, die selbständige und grundsätzlich unabhängig von der Klägerin zu 2. zu beurteilende juristische Personen sind. Insgesamt spricht die Übernahme von Bürgschaften zwar für Selbständigkeit, ihr kommt aber angesichts der geringen Höhe für die erforderliche Gesamtabwägung eher geringes Gewicht zu.

Der Senat verkennt nicht, dass auch Gesichtspunkte, so etwa die Befugnis, Personal unbeschränkt einstellen und entlassen zu dürfen, oder die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB, für eine selbständige Erwerbstätigkeit des Klägers zu 1. sprechen können. Diesen Umständen, namentlich der in als GmbH verfassten Unternehmen nicht seltenen Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot (dazu etwa BSG Urt. v. 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R und B 12 R 14/10 R; Urt. v. 04.07.2007 - B 11a Al 5/06 R), kommt allerdings kein ausschlaggebendes Gewicht in der Gesamtabwägung aller maßgeblichen Einzelfallumstände zu. Sie haben für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung gegenüber der dargestellten Verteilung der Rechtsmacht im Unternehmen, der überwiegend arbeitnehmertypisch konzipierten Vertragsgrundlage für die Tätigkeit des Klägers und dem Fehlen eines hinreichend statusrelevanten Unternehmerrisikos geringeres Gewicht, weshalb es beim Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung bleibt.

Bei einer Gesamtschau aller für und gegen eine abhängige Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte überwiegen die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Klägerin zu 2. sprechen. Er unterliegt der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Teilvergleich vom 10.12.2014 vor dem Senat fällt kostenrechtlich nicht ins Gewicht, nachdem die Beklagte sogleich bereit war, daraus die Konsequenzen zu ziehen, sofern die Stimmbindungsabrede im Handelsregister eingetragen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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