Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 576/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3408/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zu sein, und wendet sich gegen die Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 in Höhe von EUR 970,24.
Der am 26. Juni 1942 geborene Kläger beantragte am 12. Dezember 2007 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Regelaltersrente, die ihm mit Bescheid vom 4. Juni 2008 ab 1. Dezember 2007 (nach Abzug des Beitragsanteils zur Krankenversicherung und des Beitrags zur Pflegeversicherung) in Höhe von anfänglich EUR 423,74 monatlich gewährt wurde. Mit Schreiben vom 4. Juli 2008 teilte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg der Beklagten zu 1) mit, der Kläger habe angegeben, derzeit keiner Krankenkasse anzugehören, jedoch in der KVdR bei der Beklagten versichert sein zu wollen. In der von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg der Beklagten zu 1) übersandten Meldung zur KVdR hatte der Kläger angegeben, eine Erwerbstätigkeit erstmalig am 1. Mai 1960 aufgenommen zu haben.
Die Beklagte zu 1) ging lediglich von einer anrechenbaren Vorversicherungszeit vom 8. Juli 1979 bis 21. August 1980 aus und stellte mit Bescheid vom 15. Juli 2008 gegenüber dem Kläger fest, dass er die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nicht erfülle, da er die geforderten Vorversicherungszeiten als Mitglied oder Familienversicherter nicht nachweisen könne. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 14. August 2008 "Widerspruch". Zur Begründung führte er aus, er begehre die Aufnahme in die Versicherung der Beklagten ab dem Zeitpunkt seines Rentenantrags und verwies auf die "seit letztem Jahr gültige" Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Mit Schreiben vom 25. August 2008 informierte die Beklagte den Kläger über die Voraussetzungen der Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und bat um Übermittlung von Antragsvordrucken, die der Kläger im September 2008 zurückreichte. Darin gab er an, zuletzt im Juni 1979 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) versichert sowie zwischen Juni 1979 und Stellung des Rentenantrags im Dezember 2007 arbeitslos gewesen zu sein. Sein Lebensunterhalt werde durch Familienangehörige sichergestellt. Zur Zeit beziehe er Regelaltersrente in Höhe von EUR 423,74.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2008 bestätigte die Beklagte zu 1) dem Kläger die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. April 2007 und setzte für den Zeitraum ab April 2007 rückwirkend Beiträge fest. Für die Zeit von April bis November 2007 ergaben sich unter Berücksichtigung von (Mindest-)Einnahmen in Höhe von EUR 816,67 Monatsbeiträge in Höhe von EUR 121,28 (Krankenversicherung [13,9 v.H.] und Zusatzbeitrag [0,9 v.H.]: EUR 105,35; Pflegeversicherung: EUR 15,93 [1,95 v.H.]). Hiergegen erhob der Kläger unter dem 19. November 2008 ebenfalls Widerspruch und führte aus, mit der Beitragserhebung für den Zeitraum von April bis November 2007 nicht einverstanden zu sein, da er für diese Monate keinen Rentenantrag gestellt habe. Der Beitragsnachforderung ab Dezember 2007 werde er nachkommen, sobald die Rentenversicherung die Rente tatsächlich leiste.
Die Beklagte zu 1) wies mit Schreiben vom 25. November 2008 auf die Umstände der Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V hin und führte aus, Versicherungsbeginn bei einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei kraft Gesetzes stets der 1. April 2007. Ein späterer Versicherungsbeginn sei nur möglich, wenn nach dem 1. April 2007 eine Versicherung bestanden habe. Dies sei jedoch beim Kläger nicht der Fall. Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 Stellung und beantragte das Ruhen des Widerspruchsverfahrens. Unter dem 19. Juni 2009 unterrichtete die Beklagte den Kläger über einen Rückstand von Beiträgen und Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 2.073,66 und drohte an, das Ruhen der Leistungen festzustellen.
Mit auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassenem Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 wies der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, ein weiteres Ruhen des Widerspruchsverfahrens sei angesichts der klaren Sach- und Rechtslage nicht mehr zu vertreten. Am 1. April 2007 sei die Krankenversicherungspflicht und Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für alle Personen in Kraft getreten, die weder privat noch anderweitig gesetzlich krankenversichert gewesen seien. Die Versicherungspflicht trete kraft Gesetzes ein. Die Betroffenen könnten über ihren Beginn und ihren Umfang keine Bestimmungen treffen. Da der Kläger am und ab 1. April 2007 nicht anderweitig gegen Krankheit versichert gewesen sei, sei weder eine Versicherungspflicht als Rentenantragsteller noch als Rentenbezieher eingetreten. Es werde daher weder dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Juli 2008 noch dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Oktober 2008 abgeholfen. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen er es nicht zu vertreten habe, dass er die Voraussetzungen, die zu einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V führten, erst nach dem 1. April 2007 angezeigt habe. Die Höhe der Beiträge ergebe sich aus der gesetzlich zulässigen Mindesteinnahme vom 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße.
Der Kläger erhob mit am 16. Februar 2010 eingegangenem Schreiben Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Den Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 habe er am 18. Januar 2010 erhalten. Von der Rentenberatungsstelle auf dem Rathaus seines Wohnorts sei ihm mitgeteilt worden, die Rentenversicherung werde seine Krankenversicherung bezahlen. Die Beklagte zu 1) habe ihm am 19. Juni 2009 und damit zwei Tage nach dem Tod seiner Mutter die Krankenversicherung gekündigt und zusätzliche Beitragsforderungen erhoben. Hierzu sei sie nicht befugt. Vorausgegangen sei ein Ablehnungsbescheid vom 23. Januar 2009 für einen Antrag auf Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung für seine zwischenzeitlich verstorbene Mutter.
Die - vom SG als alleinige Beklagte geführte - Beklagte zu 1) trat der Klage unter Wiederholung und Vertiefung der Argumentation aus ihrem Widerspruchsbescheid entgegen.
Nach Durchführung eines Termins zur Erörterung des Sachverhaltes am 27. August 2010 und des Hinweises des Vorsitzenden, der Kläger müsse bei Fortführung der Klage damit rechnen, dass gegen ihn Kosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verhängt würden, lehnte der Kläger den Vorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Das Ablehnungsgesuch wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) als unbegründet zurück (Beschluss vom 25. November 2010 - L 5 SF 576/10 AB -).
Mit Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nicht, denn er sei seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags nicht mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V (Familienversicherung) versichert gewesen. Anrechenbare Vorversicherungszeiten im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V lägen lediglich im Zeitraum vom 8. Juli 1979 bis 21. August 1980 vor. Die erforderliche Vorversicherungszeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V sei damit nicht erfüllt. Auch eine Familienversicherung nach § 10 SGB V habe nicht bestanden. Da auch keine anderweitige Versicherungspflicht nach § 5 SGB V bestehe, der Kläger zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sei und keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall habe, erfülle er die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ab 1. April 2007. Gleichzeitig bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Die Versicherungspflicht trete gemäß § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland ein bzw. beginne nach § 186 Abs. 11 Satz 3 SGB V für Personen - wie dem Kläger -, die am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, an diesem Tag. Gleiches gelte für die soziale Pflegeversicherung. Da er unter § 186 Abs. 11 Satz 3 SGB V und nicht § 186 Abs. 11 Sätze 1 und 2 SGB V falle, komme es auf die Frage nicht an, ob Gründe vorlägen, wegen derer er die Versicherungspflicht erst nach den in § 186 Abs. 11 Sätzen 1 und 2 SGB V genannten Zeiträumen angezeigt habe. Die Beiträge habe der Kläger gemäß § 250 Abs. 3 SGB V und § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 allein zu tragen. Die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge ergebe sich aus § 227 i.V.m. § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V i.V.m. § 223 SGB V. Für die soziale Pflegeversicherung gälten die Regelungen für die Beitragserhebung entsprechend (§ 57 Abs. 1 SGB XI).
Gegen den ihm am 30. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit am 29. Juli 2011 beim SG eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt. Der Versuch der zügigen Beitreibung der ausstehenden Beiträge durch den Gerichtsvollzieher begründe den Verdacht, dass zwischen dem Tod seiner Mutter und der Beklagten ein Zusammenhang bestehe. Er unterstelle dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) und der Beklagten eine direkte Verbindung und Kungelei im Hinblick auf die Aufkündigung seines kompletten Krankenversicherungsschutzes.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Juni 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 15. Juli und 23. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 aufzuheben und festzustellen, dass er ab 1. Dezember 2007 in der Krankenversicherung der Rentner versichert ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Auf Anforderung der Berichterstatterin hat die Beklagte zu 1) mitgeteilt, dass die Anwendung des § 256a SGB V nochmals geprüft worden sei. Unter Verweis auf den vorgelegten Bescheid vom 28. Mai 2014, mit dem die Beklagte zu 1) dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2012 und 31. Juli 2013 Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.868,50 erlassen und im Übrigen einen weitergehenden Beitragserlass zurückgewiesen hat, hat sie dargelegt, ein Erlass der Beiträge sei nicht möglich, da im Zeitraum vom 1. April 2007 bis 31. August 2008 Leistungen in Anspruch genommen und Beiträge entrichtet worden seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Trotz des Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung konnte der Senat entscheiden, weil der Kläger in der ihm zugegangenen Ladung zur mündlichen Verhandlung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der Termin zur mündlichen Verhandlung war auch nicht zu verlegen, weil der Kläger im Schreiben vom 8. Dezember 2014, beim Senat am 10. Dezember 2014 eingegangen, keinen erheblichen Grund hierfür dargetan hat (§§ 202 SGG, 227 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Ausführungen des Klägers in diesem Schreiben sind für das vorliegende Verfahren unerheblich. Allein dass der Kläger angekündigt hat, zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen zu wollen, rechtfertigt eine Verlegung nicht.
1. Obwohl der Kläger bei Erhebung der Klage ausdrücklich nur die zu 1) beklagte Krankenkasse als Beklagte nannte, richtete sich die Klage des Klägers von vornherein nicht nur gegen die zu 1) beklagte Krankenkasse, sondern auch gegen die zu 2) beklagte Pflegekasse, weshalb eine Berichtigung des Rubrums auf Beklagtenseite - auch noch im Berufungsverfahren - möglich und keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG ist. Denn die Klage betraf von Anfang an nicht nur die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung, sondern auch zur Pflegeversicherung. Der Kläger wandte sich von Anfang an, auch bereits im Widerspruchsverfahren, sowohl gegen die Beiträge zur Krankenversicherung als auch gegen die Beiträge zur Pflegeversicherung.
2. Die gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft, denn sie betrifft Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe von EUR 970,24. Damit ist der Beschwerdewert von mehr als EUR 750,00 gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten.
3. Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen der Bescheid vom 15. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009, mit dem die Beklagte zu 1) zugleich im Namen der Beklagten zu 2) feststellte, der Kläger sei nicht versicherungspflichtig in der KVdR. Zum anderen ist der Bescheid vom 23. Oktober 2008 wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 insoweit streitgegenständlich, als die Beklagte zu 1) - ebenfalls im Namen der Beklagten zu 2) - dem Kläger dessen Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 bestätigte und gleichzeitig Beiträge in Höhe von EUR 970,24 forderte.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahren ist demgegenüber der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2014, mit dem die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 31. Juli 2013 Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.868,50 erlassen und im Übrigen einen weitergehenden Beitragserlass zurückgewiesen hatte. Denn dieser Bescheid ist nicht nach §§ 153 Abs.1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, da er die angefochtenen Verwaltungsakte (Bescheide vom 15. Juli 2008 und 23. Oktober 2008) weder abändert noch ersetzt.
4. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 15. Juli und 23. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nicht erfüllt (dazu unter 4a) und zu Recht festgestellt, dass Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sowie Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 SGB XI im Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 mit der hieran geknüpften Beitragspflicht in Höhe von EUR 970,24 besteht (dazu unter 4b).
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Versicherungspflicht in der KVdR gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V - in der zum Zeitpunkt des vom Kläger gestellten Antrags am 12. Dezember 2007 geltenden und am 1. April 2007 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) aa) Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) - sind versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren. Anrechenbar sind alle Zeiten der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Kläger hat jedoch nach den insoweit unstreitigen Berechnungen der Beklagten die erforderliche 9/10-Belegung mit Zeiten in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt. Denn anrechenbare Vorversicherungszeiten in diesem Sinne liegen beim Kläger lediglich im Zeitraum vom 8. Juli 1979 bis 21. August 1980 vor. Auch bestand keine Familienversicherung nach § 10 SGB V.
b) Vielmehr war der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, § 20 Abs.1 Nr. 12 SGB XI im streitigen Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung.
aa) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung (wie die im Folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom 1. April 2007 durch das GKV-WSG) sind seit dem 1. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den nach § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b). Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Dies sind nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI u.a. Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V der Krankenversicherungspflicht unterliegen.
Da der Kläger nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Beklagten zu 1) zuletzt bis August 1980 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) gesetzlich krankenversichert war und am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatte, erfüllte er im streitigen Zeitraum (1. April bis 30. November 2007) die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Gleichzeitig besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 12 SGB XI. Die Versicherungspflicht ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Auf eine etwaig fehlende Kenntnis oder einen entgegenstehenden Willen kommt es nicht an. Diese Mitgliedschaft des Klägers begann nach §§ 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V, 49 Abs. 1 Satz 1 SGB XI am 1. April 2007, weil dies der erste Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland war.
bb) Zu Recht haben die Beklagten Beiträge rückwirkend ab dem 1. April 2007 erhoben.
Der Kläger schuldet aufgrund der Versicherungspflicht nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 12 SGB XI Beiträge für jeden Tag der Mitgliedschaft. Denn nach §§ 223 Abs. 1 SGB V, 54 Abs. 2 Satz 2 SGB XI sind Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen. Der Kläger hat die streitigen Beiträge nach § 250 Abs. 3 SGB V, § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI allein zu tragen.
Die Beklagte zu 1) hat zugleich für die Beklagte zu 2) (dazu unter cc) die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Beitragssätze zutreffend berechnet. Die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge ergibt sich - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - aus § 227 SGB V i.V.m. § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V i.V.m. § 223 SGB V. Für die soziale Pflegeversicherung gelten die Regelungen für die Beitragserhebung entsprechend (§ 57 Abs. 1 SGB XI). Einwände sind insoweit vom Kläger nicht erhoben worden.
cc) Der (Beitrags-)Bescheid vom 23. Oktober 2008 ist, soweit er die Entscheidung über die Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung betrifft, nicht deshalb aufzuheben, weil nicht die Beklagte zu 1), sondern die Beklagte zu 2 ) für diese Entscheidung zuständig ist, sowie weil dieser Bescheid nicht den Hinweis gemäß § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI, wonach Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die - wie vorliegend - ihre Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen können, enthält, dass erlassende Behörde zugleich die Beklagte zu 2) ist. Aus den äußeren Umständen ergibt sich aber gleichwohl, dass er auch von der Beklagten zu 2) stammt, weshalb sowohl die Krankenkasse als auch die Pflegekasse Beklagte des Rechtsstreits sind (siehe dazu bereits oben 1.). Für den Kläger war erkennbar, dass im Bescheid vom 23. Oktober 2008 einheitlich über die Höhe der von ihm zu entrichtenden Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung entschieden wurde. Dies zeigt dann auch der Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009, in welchem der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) ausdrücklich darauf hinwies, der Widerspruchsbescheid ergehe auch im Namen der Beklagten zu 2).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zu sein, und wendet sich gegen die Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 in Höhe von EUR 970,24.
Der am 26. Juni 1942 geborene Kläger beantragte am 12. Dezember 2007 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg Regelaltersrente, die ihm mit Bescheid vom 4. Juni 2008 ab 1. Dezember 2007 (nach Abzug des Beitragsanteils zur Krankenversicherung und des Beitrags zur Pflegeversicherung) in Höhe von anfänglich EUR 423,74 monatlich gewährt wurde. Mit Schreiben vom 4. Juli 2008 teilte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg der Beklagten zu 1) mit, der Kläger habe angegeben, derzeit keiner Krankenkasse anzugehören, jedoch in der KVdR bei der Beklagten versichert sein zu wollen. In der von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg der Beklagten zu 1) übersandten Meldung zur KVdR hatte der Kläger angegeben, eine Erwerbstätigkeit erstmalig am 1. Mai 1960 aufgenommen zu haben.
Die Beklagte zu 1) ging lediglich von einer anrechenbaren Vorversicherungszeit vom 8. Juli 1979 bis 21. August 1980 aus und stellte mit Bescheid vom 15. Juli 2008 gegenüber dem Kläger fest, dass er die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nicht erfülle, da er die geforderten Vorversicherungszeiten als Mitglied oder Familienversicherter nicht nachweisen könne. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 14. August 2008 "Widerspruch". Zur Begründung führte er aus, er begehre die Aufnahme in die Versicherung der Beklagten ab dem Zeitpunkt seines Rentenantrags und verwies auf die "seit letztem Jahr gültige" Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Mit Schreiben vom 25. August 2008 informierte die Beklagte den Kläger über die Voraussetzungen der Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und bat um Übermittlung von Antragsvordrucken, die der Kläger im September 2008 zurückreichte. Darin gab er an, zuletzt im Juni 1979 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) versichert sowie zwischen Juni 1979 und Stellung des Rentenantrags im Dezember 2007 arbeitslos gewesen zu sein. Sein Lebensunterhalt werde durch Familienangehörige sichergestellt. Zur Zeit beziehe er Regelaltersrente in Höhe von EUR 423,74.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2008 bestätigte die Beklagte zu 1) dem Kläger die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. April 2007 und setzte für den Zeitraum ab April 2007 rückwirkend Beiträge fest. Für die Zeit von April bis November 2007 ergaben sich unter Berücksichtigung von (Mindest-)Einnahmen in Höhe von EUR 816,67 Monatsbeiträge in Höhe von EUR 121,28 (Krankenversicherung [13,9 v.H.] und Zusatzbeitrag [0,9 v.H.]: EUR 105,35; Pflegeversicherung: EUR 15,93 [1,95 v.H.]). Hiergegen erhob der Kläger unter dem 19. November 2008 ebenfalls Widerspruch und führte aus, mit der Beitragserhebung für den Zeitraum von April bis November 2007 nicht einverstanden zu sein, da er für diese Monate keinen Rentenantrag gestellt habe. Der Beitragsnachforderung ab Dezember 2007 werde er nachkommen, sobald die Rentenversicherung die Rente tatsächlich leiste.
Die Beklagte zu 1) wies mit Schreiben vom 25. November 2008 auf die Umstände der Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V hin und führte aus, Versicherungsbeginn bei einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei kraft Gesetzes stets der 1. April 2007. Ein späterer Versicherungsbeginn sei nur möglich, wenn nach dem 1. April 2007 eine Versicherung bestanden habe. Dies sei jedoch beim Kläger nicht der Fall. Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 Stellung und beantragte das Ruhen des Widerspruchsverfahrens. Unter dem 19. Juni 2009 unterrichtete die Beklagte den Kläger über einen Rückstand von Beiträgen und Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 2.073,66 und drohte an, das Ruhen der Leistungen festzustellen.
Mit auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassenem Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 wies der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, ein weiteres Ruhen des Widerspruchsverfahrens sei angesichts der klaren Sach- und Rechtslage nicht mehr zu vertreten. Am 1. April 2007 sei die Krankenversicherungspflicht und Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für alle Personen in Kraft getreten, die weder privat noch anderweitig gesetzlich krankenversichert gewesen seien. Die Versicherungspflicht trete kraft Gesetzes ein. Die Betroffenen könnten über ihren Beginn und ihren Umfang keine Bestimmungen treffen. Da der Kläger am und ab 1. April 2007 nicht anderweitig gegen Krankheit versichert gewesen sei, sei weder eine Versicherungspflicht als Rentenantragsteller noch als Rentenbezieher eingetreten. Es werde daher weder dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Juli 2008 noch dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Oktober 2008 abgeholfen. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen er es nicht zu vertreten habe, dass er die Voraussetzungen, die zu einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V führten, erst nach dem 1. April 2007 angezeigt habe. Die Höhe der Beiträge ergebe sich aus der gesetzlich zulässigen Mindesteinnahme vom 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße.
Der Kläger erhob mit am 16. Februar 2010 eingegangenem Schreiben Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Den Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 habe er am 18. Januar 2010 erhalten. Von der Rentenberatungsstelle auf dem Rathaus seines Wohnorts sei ihm mitgeteilt worden, die Rentenversicherung werde seine Krankenversicherung bezahlen. Die Beklagte zu 1) habe ihm am 19. Juni 2009 und damit zwei Tage nach dem Tod seiner Mutter die Krankenversicherung gekündigt und zusätzliche Beitragsforderungen erhoben. Hierzu sei sie nicht befugt. Vorausgegangen sei ein Ablehnungsbescheid vom 23. Januar 2009 für einen Antrag auf Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung für seine zwischenzeitlich verstorbene Mutter.
Die - vom SG als alleinige Beklagte geführte - Beklagte zu 1) trat der Klage unter Wiederholung und Vertiefung der Argumentation aus ihrem Widerspruchsbescheid entgegen.
Nach Durchführung eines Termins zur Erörterung des Sachverhaltes am 27. August 2010 und des Hinweises des Vorsitzenden, der Kläger müsse bei Fortführung der Klage damit rechnen, dass gegen ihn Kosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verhängt würden, lehnte der Kläger den Vorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Das Ablehnungsgesuch wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) als unbegründet zurück (Beschluss vom 25. November 2010 - L 5 SF 576/10 AB -).
Mit Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nicht, denn er sei seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags nicht mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V (Familienversicherung) versichert gewesen. Anrechenbare Vorversicherungszeiten im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V lägen lediglich im Zeitraum vom 8. Juli 1979 bis 21. August 1980 vor. Die erforderliche Vorversicherungszeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V sei damit nicht erfüllt. Auch eine Familienversicherung nach § 10 SGB V habe nicht bestanden. Da auch keine anderweitige Versicherungspflicht nach § 5 SGB V bestehe, der Kläger zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sei und keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall habe, erfülle er die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ab 1. April 2007. Gleichzeitig bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Die Versicherungspflicht trete gemäß § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland ein bzw. beginne nach § 186 Abs. 11 Satz 3 SGB V für Personen - wie dem Kläger -, die am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, an diesem Tag. Gleiches gelte für die soziale Pflegeversicherung. Da er unter § 186 Abs. 11 Satz 3 SGB V und nicht § 186 Abs. 11 Sätze 1 und 2 SGB V falle, komme es auf die Frage nicht an, ob Gründe vorlägen, wegen derer er die Versicherungspflicht erst nach den in § 186 Abs. 11 Sätzen 1 und 2 SGB V genannten Zeiträumen angezeigt habe. Die Beiträge habe der Kläger gemäß § 250 Abs. 3 SGB V und § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 allein zu tragen. Die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge ergebe sich aus § 227 i.V.m. § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V i.V.m. § 223 SGB V. Für die soziale Pflegeversicherung gälten die Regelungen für die Beitragserhebung entsprechend (§ 57 Abs. 1 SGB XI).
Gegen den ihm am 30. Juni 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit am 29. Juli 2011 beim SG eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt. Der Versuch der zügigen Beitreibung der ausstehenden Beiträge durch den Gerichtsvollzieher begründe den Verdacht, dass zwischen dem Tod seiner Mutter und der Beklagten ein Zusammenhang bestehe. Er unterstelle dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) und der Beklagten eine direkte Verbindung und Kungelei im Hinblick auf die Aufkündigung seines kompletten Krankenversicherungsschutzes.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Juni 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 15. Juli und 23. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 aufzuheben und festzustellen, dass er ab 1. Dezember 2007 in der Krankenversicherung der Rentner versichert ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Auf Anforderung der Berichterstatterin hat die Beklagte zu 1) mitgeteilt, dass die Anwendung des § 256a SGB V nochmals geprüft worden sei. Unter Verweis auf den vorgelegten Bescheid vom 28. Mai 2014, mit dem die Beklagte zu 1) dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2012 und 31. Juli 2013 Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.868,50 erlassen und im Übrigen einen weitergehenden Beitragserlass zurückgewiesen hat, hat sie dargelegt, ein Erlass der Beiträge sei nicht möglich, da im Zeitraum vom 1. April 2007 bis 31. August 2008 Leistungen in Anspruch genommen und Beiträge entrichtet worden seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Trotz des Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung konnte der Senat entscheiden, weil der Kläger in der ihm zugegangenen Ladung zur mündlichen Verhandlung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der Termin zur mündlichen Verhandlung war auch nicht zu verlegen, weil der Kläger im Schreiben vom 8. Dezember 2014, beim Senat am 10. Dezember 2014 eingegangen, keinen erheblichen Grund hierfür dargetan hat (§§ 202 SGG, 227 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Ausführungen des Klägers in diesem Schreiben sind für das vorliegende Verfahren unerheblich. Allein dass der Kläger angekündigt hat, zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen zu wollen, rechtfertigt eine Verlegung nicht.
1. Obwohl der Kläger bei Erhebung der Klage ausdrücklich nur die zu 1) beklagte Krankenkasse als Beklagte nannte, richtete sich die Klage des Klägers von vornherein nicht nur gegen die zu 1) beklagte Krankenkasse, sondern auch gegen die zu 2) beklagte Pflegekasse, weshalb eine Berichtigung des Rubrums auf Beklagtenseite - auch noch im Berufungsverfahren - möglich und keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG ist. Denn die Klage betraf von Anfang an nicht nur die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung, sondern auch zur Pflegeversicherung. Der Kläger wandte sich von Anfang an, auch bereits im Widerspruchsverfahren, sowohl gegen die Beiträge zur Krankenversicherung als auch gegen die Beiträge zur Pflegeversicherung.
2. Die gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft, denn sie betrifft Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe von EUR 970,24. Damit ist der Beschwerdewert von mehr als EUR 750,00 gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten.
3. Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen der Bescheid vom 15. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009, mit dem die Beklagte zu 1) zugleich im Namen der Beklagten zu 2) feststellte, der Kläger sei nicht versicherungspflichtig in der KVdR. Zum anderen ist der Bescheid vom 23. Oktober 2008 wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 insoweit streitgegenständlich, als die Beklagte zu 1) - ebenfalls im Namen der Beklagten zu 2) - dem Kläger dessen Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 bestätigte und gleichzeitig Beiträge in Höhe von EUR 970,24 forderte.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahren ist demgegenüber der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2014, mit dem die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 31. Juli 2013 Säumniszuschläge in Höhe von EUR 3.868,50 erlassen und im Übrigen einen weitergehenden Beitragserlass zurückgewiesen hatte. Denn dieser Bescheid ist nicht nach §§ 153 Abs.1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, da er die angefochtenen Verwaltungsakte (Bescheide vom 15. Juli 2008 und 23. Oktober 2008) weder abändert noch ersetzt.
4. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 15. Juli und 23. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nicht erfüllt (dazu unter 4a) und zu Recht festgestellt, dass Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sowie Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 SGB XI im Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 mit der hieran geknüpften Beitragspflicht in Höhe von EUR 970,24 besteht (dazu unter 4b).
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Versicherungspflicht in der KVdR gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V - in der zum Zeitpunkt des vom Kläger gestellten Antrags am 12. Dezember 2007 geltenden und am 1. April 2007 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) aa) Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) - sind versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren. Anrechenbar sind alle Zeiten der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Kläger hat jedoch nach den insoweit unstreitigen Berechnungen der Beklagten die erforderliche 9/10-Belegung mit Zeiten in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt. Denn anrechenbare Vorversicherungszeiten in diesem Sinne liegen beim Kläger lediglich im Zeitraum vom 8. Juli 1979 bis 21. August 1980 vor. Auch bestand keine Familienversicherung nach § 10 SGB V.
b) Vielmehr war der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, § 20 Abs.1 Nr. 12 SGB XI im streitigen Zeitraum vom 1. April 2007 bis 30. November 2007 versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung.
aa) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung (wie die im Folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom 1. April 2007 durch das GKV-WSG) sind seit dem 1. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den nach § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b). Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Dies sind nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI u.a. Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V der Krankenversicherungspflicht unterliegen.
Da der Kläger nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Beklagten zu 1) zuletzt bis August 1980 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) gesetzlich krankenversichert war und am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatte, erfüllte er im streitigen Zeitraum (1. April bis 30. November 2007) die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Gleichzeitig besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 12 SGB XI. Die Versicherungspflicht ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Auf eine etwaig fehlende Kenntnis oder einen entgegenstehenden Willen kommt es nicht an. Diese Mitgliedschaft des Klägers begann nach §§ 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V, 49 Abs. 1 Satz 1 SGB XI am 1. April 2007, weil dies der erste Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland war.
bb) Zu Recht haben die Beklagten Beiträge rückwirkend ab dem 1. April 2007 erhoben.
Der Kläger schuldet aufgrund der Versicherungspflicht nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 12 SGB XI Beiträge für jeden Tag der Mitgliedschaft. Denn nach §§ 223 Abs. 1 SGB V, 54 Abs. 2 Satz 2 SGB XI sind Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen. Der Kläger hat die streitigen Beiträge nach § 250 Abs. 3 SGB V, § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI allein zu tragen.
Die Beklagte zu 1) hat zugleich für die Beklagte zu 2) (dazu unter cc) die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Beitragssätze zutreffend berechnet. Die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge ergibt sich - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - aus § 227 SGB V i.V.m. § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V i.V.m. § 223 SGB V. Für die soziale Pflegeversicherung gelten die Regelungen für die Beitragserhebung entsprechend (§ 57 Abs. 1 SGB XI). Einwände sind insoweit vom Kläger nicht erhoben worden.
cc) Der (Beitrags-)Bescheid vom 23. Oktober 2008 ist, soweit er die Entscheidung über die Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung betrifft, nicht deshalb aufzuheben, weil nicht die Beklagte zu 1), sondern die Beklagte zu 2 ) für diese Entscheidung zuständig ist, sowie weil dieser Bescheid nicht den Hinweis gemäß § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI, wonach Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die - wie vorliegend - ihre Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen können, enthält, dass erlassende Behörde zugleich die Beklagte zu 2) ist. Aus den äußeren Umständen ergibt sich aber gleichwohl, dass er auch von der Beklagten zu 2) stammt, weshalb sowohl die Krankenkasse als auch die Pflegekasse Beklagte des Rechtsstreits sind (siehe dazu bereits oben 1.). Für den Kläger war erkennbar, dass im Bescheid vom 23. Oktober 2008 einheitlich über die Höhe der von ihm zu entrichtenden Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung entschieden wurde. Dies zeigt dann auch der Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009, in welchem der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) ausdrücklich darauf hinwies, der Widerspruchsbescheid ergehe auch im Namen der Beklagten zu 2).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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