L 5 KR 3611/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 1173/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3611/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.05.2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 72.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für die Notfall- und Krankenhausbehandlung des (am 03.01.2007 verstorbenen) J.K. (im Folgenden: Versicherter) i. H. v. 79.360,37 EUR nach Kassensätzen.

Der 1926 geborene Versicherte, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, war selbständiger Landwirt. Mit Beginn des Bezugs von Altersrente (von der Landwirtschaftlichen Alterskasse) im Jahr 1988 verpachtete er seinen landwirtschaftlichen Betrieb zunächst an seinen Sohn; die Betriebsübertragung fand im Jahr 2006 statt. Der Versicherte blieb Eigentümer eines Mähdreschers. Außerdem arbeitete er in eingeschränktem Umfang im Betrieb mit. Nach dem Tod des Versicherten am 03.01.2007 wurden die landwirtschaftlich genutzten Flächen des Betriebs an Dritte verpachtet.

Am 24.10.2006, um 9.30 Uhr, erlitt der Versicherte einen Unfall in der Scheune des Betriebs seines Sohnes. Der Versicherte wurde notärztlich versorgt und in das Klinikum F. eingeliefert. Im Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. W. (Klinikum F.) ist unter dem 26.10.2006 ausgeführt, der Versicherte sei nach eigenen Angaben in der Scheune gestolpert und auf die rechte Hüfte gestürzt, an der er seitdem Schmerzen habe. Prof. Dr. W. diagnostizierte eine petrochantäre Femurfraktur rechts; der Versicherte wurde zur stationären Behandlung in das Klinikum F. aufgenommen. Nach Ansicht des Prof. Dr. W. sprächen Hergang und Befund nicht gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls.

Unter dem 16.11.2006 gab der Sohn des Versicherten eine Unfallanzeige ab. Zum Unfallhergang führte er aus, der Versicherte sei beim Hantieren in der hofeigenen Scheune (Tenne) beim Rückwärtsgehen gestolpert und auf den Betonboden gefallen. Dabei habe er sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Ergänzend wurde angegeben, der Versicherte habe vor dem Unfall über eine leicht eingeschränkte Arbeitskraft verfügt, habe aber noch regelmäßig tägliche Arbeiten verrichten können. Er habe regelmäßig (u.a.) beim Getreideanbau ca. 4 Stunden täglich mitgeholfen. Andere Tätigkeiten außerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs habe der Versicherte vor dem Unfall nicht verrichtet. Der Unfall habe sich im Zusammenhang mit der Wintereinlagerung des - dem Versicherten gehörenden - Mähdreschers ereignet. Der Versicherte habe dabei auf eigene Initiative ohne Weisung eines Dritten gehandelt und sei von seinem Wohnhaus aus in die Scheune gegangen. Er sei beim Rückwärtsgehen über einen Besen gestolpert.

Während der Krankenhausbehandlung kam es bei dem Versicherten zunächst zu einer Kreislaufdekompensation mit respiratorischer Insuffizienz und nach der operativen Versorgung der Fraktur (am 03.11.2006) zu einer Pneumonie mit septischem Schock und Nierenversagen. Am 03.01.2007 verstarb der Versicherte. Der Klägerin wurden Kosten des Rettungseinsatzes i. H. v. 591,83 EUR und Krankenhausbehandlungskosten i. H. v. 78.768,54 EUR in Rechnung gestellt.

Die Klägerin führte Arztanfragen durch und beauftragte ihren Ermittlungsdienst mit Erhebungen zum Unfallhergang.

Der Allgemeinarzt Dr. W. (Hausarzt des Versicherten) gab unter dem 01.02.2007 an, der Versicherte habe aufgrund seiner Vorerkrankungen (cervikale und lumbale Myelopathie und Vorhofflimmern mit Herzinsuffizienz) nur noch unregelmäßige Arbeiten je nach Gesundheitszustand verrichten können. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre er unter 3 Stunden täglich leistungsfähig gewesen. Prof. Dr. W. teilte im Bericht vom 23.02.2007 mit, beim Versicherten habe eine coronare Herzerkrankung mit Z. n. operativer Myocardrevaskularisation vorgelegen. Vor dem Hintergrund der Vorerkrankungen und des Alters des Versicherten sei die bei dem Unfall erlittene Verletzung sicher als richtungsweisende Verschlechterung der vorbestehenden Erkrankungen anzusehen. Der beratende Arzt der Klägerin Dr. Sp. führte unter dem 03.04.2007 aus, der Unfall des Versicherten und dessen Tod stünden mit Wahrscheinlichkeit in einem Ursachenzusammenhang. Bei der petrochantären Fraktur handele es sich um eine gravierende, nicht nur lokale Verletzung mit hoher posttraumatischer Komplikationsrate.

Der Ermittlungsdienst der Klägerin fertigte Lichtbilder vom Unfallort an, befragte den Sohn und die Witwe des Versicherten und führte im Bericht vom 19.04.2007 aus, die Ermittlungen seien am 17.04.2007 durchgeführt und abgeschlossen worden. Den Unfall habe seinerzeit eine Nachbarin des Versicherten (Zeugin D.-M. - Zeugin D.), die Hilferufe aus der Scheune gehört habe, bemerkt. Sie habe den Versicherten auf dem Scheunenboden vorgefunden. Er habe ihr (insoweit widersprüchlich) gesagt, er sei von der Treppe gefallen bzw. über einen Besen gestolpert; offenbar sei er etwas verwirrt gewesen. Die Zeugin D. habe jedenfalls weder einen Besen noch einen Wagenheber gesehen. In der Scheune sei nur der Mähdrescher gestanden. Sie habe nicht angeben können, was der Versicherte in der Scheune getan habe bzw. habe tun wollen. Offenbar habe er dort irgendetwas hantiert, ihr aber nicht gesagt, warum es sich gehandelt habe. Die von der Zeugin D. herbeigerufene Zeugin L. (Zeugin L.), Krankenschwester von Beruf, habe die gleichen Angaben wie die Zeugin D. gemacht. Der Versicherte habe auch dieser Zeugin nicht gesagt, was er seinerzeit in der Scheune getan habe. Nach Angaben der Zeugin L. sei es in der Scheune relativ dunkel gewesen, weshalb sie sich nicht habe vorstellen können, dass der Versicherte am Mähdrescher tätig gewesen sei. Dem eingetroffenen Notarzt habe sie jedenfalls mit der Taschenlampe leuchten müssen, damit er den Versicherten habe versorgen können. Augenzeugen des Unfalls gebe es nicht, da der Versicherte sich allein in der Scheune aufgehalten habe.

Nach Angaben des Sohnes und der Witwe des Versicherten habe der Mähdrescher, der dem Versicherten gehört habe, in der Scheune gestanden. Mittlerweile sei der Mähdrescher nach P. verkauft worden. Der Versicherte habe seinem Sohn bzw. seiner Ehefrau gesagt, er sei über einen Besen gestolpert, als er in der Scheune hantiert habe; auf Nachfrage der Ehefrau habe er bestritten, von der Treppe gefallen zu sein. Der Sohn des Versicherten habe seinerzeit den Wagenheber unter dem Mähdrescher gesehen bzw. gefunden. Der Versicherte habe den Mähdrescher grundsätzlich nach dem Einsatz im Herbst über die Wintermonate aufgebockt, damit die Reifen nicht monatelang unter Druck stünden. Ob der Versicherte den Wagenheber tatsächlich unmittelbar vor dem Unfall unter dem Mähdrescher abgelegt habe, habe der Sohn nicht zu 100 % bestätigen können. Sein Vater habe ihm grundsätzlich nicht gesagt, was er mache. Außerdem sei er am Unfallmorgen nicht zu Hause gewesen. Dass der Versicherte den Wagenheber unter dem Mähdrescher bei der Vorderachse aufgestellt habe, stelle daher lediglich eine Vermutung dar. Jedenfalls sei ein Wagenheber vorhanden und es gebe auch diverse Holzklötze, die in der Scheune aufbewahrt würden.

Nach Angaben der Witwe des Versicherten habe dieser bis zum Unfall gerade etwa 30 Minuten in der Scheune hantiert. Was er ohne den Unfall noch gemacht hätte, könne sie nicht sagen. Der Versicherte habe jedenfalls nicht mehr täglich und regelmäßig im Betrieb mitgeholfen. An manchen Tagen und Zeiten habe er aus gesundheitlichen Gründen absolut nichts machen können. Körperlich schwere Arbeiten seien ihm nicht mehr möglich gewesen. In den Herbstmonaten des Jahres 2006 habe der Versicherte mit dem Mähdrescher das Getreidefeld gemäht. Das sei in etwa 3-4 Stunden erledigt gewesen. Daneben habe er noch an 2-3 Nachmittagen bei zwei bekannten Landwirten ebenfalls deren Getreide auf dem Feld gedroschen.

Da der Mähdrescher, der nach dem Ernteeinsatz zur Entlastung der Reifen grundsätzlich durch Holzklötze unterbaut worden sei, dem Versicherten gehört habe, habe sich dessen Sohn wenig um das Fahrzeug gekümmert, zumal er dem Versicherten ohnehin nichts habe "recht machen" können. Die Tätigkeit des Versicherten am Unfalltag sei mit dessen Sohn nicht abgesprochen gewesen. Nach Ansicht des Sohnes des Versicherten hätte man den Mähdrescher auch unaufgebockt in der Scheune stehen lassen können. Die Tätigkeit, bei der der Versicherte den Unfall erlitten habe, habe nach klarer Angabe des Sohnes nicht dessen mutmaßlichem Willen entsprochen. Der Versicherte habe, so dessen Sohn, am Unfalltag wieder einmal ganz von sich aus in der Scheune hantiert, ohne dass dazu ein Auftrag erteilt worden wäre. Man habe dem Versicherten freie Hand gelassen und über Vieles hinweggesehen, um Ärger in der Familie zu vermeiden.

Der Versicherte habe vor dem Unfall lediglich nach "Lust und Laune" oder Wohlbefinden nur noch unregelmäßig Kleinigkeiten im Betrieb erledigt. Er habe höchstens 4-6 Stunden in der Woche zu unterschiedlichen Zeiten mitgeholfen. In der Scheune würden neben landwirtschaftlichem Gerät auch private Gegenstände aufbewahrt. Insgesamt wisse man daher nicht, womit der Versicherte seinerzeit tatsächlich beschäftigt gewesen sei.

Im vom Ermittlungsdienst der Klägerin angefertigten Protokoll über die Vernehmung des Sohnes des Versicherten vom 17.04.2007 ist (u.a.) Folgendes festgehalten: Den Unfall habe kein Familienmitglied gesehen. Aus den Erzählungen des Versicherten wisse man, dass der Versicherte über einen Besen gestolpert sei. Er habe seinen Mähdrescher "aufbocken" wollen. Das sei ihm nicht aufgetragen worden, vielmehr habe er aus eigenem Antrieb gehandelt. Wenn es nach der Familie gegangen wäre, hätte der Versicherte ohnehin nicht mehr viel machen sollen. Vorschriften habe er sich freilich nicht machen lassen. Da ihm der Mähdrescher gehört habe, habe er damit machen können, was er gewollt habe. Unmittelbar vor dem Unfall sei er vor dem Haus auf einer Gartenbank gesessen und von dort in die Scheune gegangen. Bis zum Unfall sei der Versicherte etwa 30 Minuten in der Scheune gewesen. Im Übrigen habe er je nach Lust und Laune und Wohlbefinden bzw. Saison nur noch geringfügig im Betrieb mitgeholfen.

Mit an die Witwe des Versicherten gerichtetem - der Beklagten mit Schreiben vom 14.08.2007 ebenfalls bekannt gegebenem - Bescheid vom 14.08.2007 lehnte die Klägerin die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Zur Begründung führte sie aus, es habe nicht geklärt werden können, aus welchen Gründen sich der Versicherte zum Unfallzeitpunkt in der Scheune aufgehalten habe und es könne nicht (mit Vollbeweis) festgestellt werden, ob er im Unfallzeitpunkt eine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb seines Sohnes verrichtet habe. Letzteres sei jedoch - als haftungsbegründende Kausalität - Voraussetzung für den Versicherungsschutz durch die landwirtschaftliche Unfallversicherung (§ 123 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch, SGB VII). Gegen den Bescheid der Klägerin vom 14.08.2007 wurde Widerspruch nicht eingelegt.

Mit Schreiben vom 25.09.2007 meldete die Klägerin bei der Beklagten unter Beifügung einer Kostenaufstellung einen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i. H. v. 79.360,37 EUR (Notfall- und Krankenhausbehandlung des Versicherten) an. Bei der in Rede stehenden Unfallsache handele es sich nicht um einen von ihr zu entschädigenden landwirtschaftlichen Arbeitsunfall.

Unter dem 16.06.2008 (e-mail) lehnte die Beklagte die Erfüllung der Erstattungsforderung ab. Das vom Ermittlungsdienst der Klägerin angefertigte Vernehmungsprotokoll enthalte widersprüchliche Angaben. Der Versicherte habe den Betrieb bereits an seinen Sohn übergeben gehabt und sei daher nicht mehr landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen. Die Klägerin hätte den Leistungsantrag daher nach Maßgabe des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) an sie weiterleiten müssen. Ein Erstattungsanspruch stehe ihr nicht mehr zu.

Am 19.02.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug sie vor, gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII stünden Beschäftigte unter dem Schutz der Unfallversicherung. Für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Versicherten und seinem Sohn, dem landwirtschaftlichen Unternehmer, gebe es keine Hinweise. Der Versicherte habe den Betrieb bereits am 01.10.1988 an seinen Sohn verpachtet und sei am Unfalltag deswegen nicht mehr landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen. Eine Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII scheide aus. Der Versicherte könnte daher allenfalls als nicht nur vorübergehend im landwirtschaftlichen Unternehmen mitarbeitender Familienangehöriger gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5b SGB VII oder als so genannter "Wie-Beschäftigter" im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII unter dem Schutz der landwirtschaftlichen Unfallversicherung gestanden haben. Dann müsste eine ernsthafte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorgelegen haben, die dem Unternehmen zu dienen bestimmt gewesen sei. Hierfür sei erforderlich, dass Art und Umstände, unter denen die Arbeit verrichtet worden sei, einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses geähnelt hätte, wobei die Tätigkeit dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers hätte entsprechen müssen. Die Handlungstendenz hätte fremdwirtschaftlich auf die Belange des Unternehmens gerichtet sein müssen. Daran fehle es, wenn wesentlich eigene Angelegenheiten verfolgt worden wären. Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls setze außerdem voraus, dass die versicherte Tätigkeit, das Unfallereignis und die Erkrankung mit Gewissheit bewiesen seien, insoweit also kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Dritter noch Zweifel habe. Hier habe sich trotz umfangreicher Erhebungen eine Betriebstätigkeit des Versicherten mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung für das landwirtschaftliche Unternehmen seines Sohnes nicht mit Gewissheit nachweisen lassen. Der Mähdrescher, an dem der Versicherte möglicherweise am Unfalltag tätig gewesen sei, habe dem Versicherten gehört und sei deswegen nicht Bestandteil des landwirtschaftlichen Unternehmens gewesen. Da somit Unternehmergleichheit nicht vorliege und der Versicherte wesentlich eigene Zwecke verfolgt und sich damit an dem Mähdrescher eigenwirtschaftlich betätigt habe, komme Versicherungsschutz weder nach § 2 Abs. 1 Nr. 5b SGB VII noch nach § 2 Abs. 2 SGB VII in Betracht, selbst wenn der Versicherte im Unfallzeitpunkt den Mähdrescher habe "aufbocken" wollen. In jedem Fall habe er nicht beabsichtigt, mit dem Mähdrescher für den Betrieb seines Sohnes tätig zu werden. Die Gesamtumstände sprächen dafür, dass sich der Versicherte aus eigenem Antrieb in der Scheune aufgehalten habe. Es sei letztendlich nicht mehr feststellbar, welche Betätigung zu dem Unfall geführt habe. Da die Zeugin Z. dem eingetroffenen Notarzt wegen der Dunkelheit in der Scheune mit einer Taschenlampe habe leuchten müssen, sei eine Tätigkeit am Mähdrescher auch eher unwahrscheinlich. Jedenfalls könne eine zielgerichtete Tätigkeit des Versicherten für das landwirtschaftliche Unternehmen seines Sohnes nicht mehr objektiviert werden. Die objektive Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls trage der Versicherte. Aus dem Durchgangsarztbericht vom 26.10.2006 könne nicht abgeleitet werden, dass sie auf keinen Fall für die Leistungsgewährung zuständig gewesen wäre. Deswegen habe sie auch ein Feststellungsverfahren eingeleitet. Die zu § 14 SGB IX getroffenen Verfahrensabsprachen der Versicherungsträger sollten sicherstellen, dass Leistungsträger, die die Leistung trotz Zweifel an ihrer Zuständigkeit als erstangegangene Träger erbrächten, ihren Erstattungsanspruch nicht gemäß § 14 Abs. 4 SGB X verlören, wenn sich später ihre Unzuständigkeit herausstelle. Der Erstattungsanspruch des unzuständigen Leistungsträgers richte sich in diesen Fällen nach § 105 SGB X.

Die Beklagte trug vor, sie habe die Witwe des Versicherten zum Unfallhergang befragt. Danach sei der Versicherte in der Scheune mit der Wintereinlagerung seines Mähdreschers beschäftigt gewesen. Er habe den Mähdrescher mit einem Wagenheber aufbocken wollen, um die Räder zu entlasten. Ein anderer Grund für den Aufenthalt des Versicherten in der Scheune sei weder ersichtlich noch jemals behauptet worden. Den Mähdrescher habe der Versicherte zum Ernten der haus- und hofeigenen Frucht genutzt und außerdem benachbarten Landwirten bei deren Ernte geholfen. Diese Tätigkeit habe er mit Zustimmung seines Sohnes und den unterstützten Landwirten verrichtet. Damit liege eine versicherte Tätigkeit - wie ein Beschäftigter - im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII vor. Da der Mähdrescher dem Versicherten als Arbeitsgerät gedient habe, seien Aufräumarbeiten grundsätzlich der landwirtschaftlichen Tätigkeit und damit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zuzuordnen. Bei der in Rede stehenden Tätigkeit sei der Versicherte über einen Besen gestolpert und habe sich schwere Verletzungen zugezogen. Diesen Unfallhergang habe seine Witwe geschildert.

Die Regelung des § 14 SGB IX dringe auf eine rasche Zuständigkeitsklärung, um das Verwaltungsverfahren zu verkürzen. Die in dieser Vorschrift vorgesehenen Bearbeitungsfristen seien daher einzuhalten; andernfalls gingen Erstattungsansprüche entsprechend der Regelung in § 111 SGB X unter. Entgegen der Angaben im Durchgangsarztbericht sei der Versicherte nicht selbstständiger Landwirt gewesen. Die Klägerin hätte deshalb prüfen und bemerken müssen, dass er nicht mehr als landwirtschaftlicher Unternehmer tätig gewesen sei und von ihm auch keine Unfallversicherungsbeiträge mehr eingezogen würden. Sie hätte den Leistungsantrag daher binnen zwei Wochen an den zuständigen Kranken- bzw. Rentenversicherungsträger weiterleiten müssen. Das sei versäumt worden. Der Klägerin stehe ein Erstattungsanspruch aus diesem Grund nicht mehr zu, zumal anerkannt sei, dass Erstattungsansprüche ausgeschlossen seien, wenn die Leistung trotz Kenntnis der Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers erbracht werde.

Die Beklagte legte vom Sohn des Versicherten und dessen Witwe unterschriebene Erklärungen vom 05.11.2009 bzw. 21.10.2009 vor. Darin ist ausgeführt, der Versicherte habe den Hof bis zum Bezug der landwirtschaftlichen Altersrente selbst bewirtschaftet und den Betrieb sodann (an seinen Sohn) verpachtet. Er habe aber nach wie vor aktiv auf dem Hof mitgeholfen, diesen quasi alleine weiter betrieben, da der Sohn einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sei, der er immer noch nachgehe. Seit dem Tod des Versicherten seien die landwirtschaftlichen Flächen verpachtet worden. Wie es weithin üblich sei, würden Eltern nach der Hofabgabe weiterhin auf dem Anwesen mithelfen. Andernfalls hätte alles in fremde Hände gegeben werden müssen. Dadurch habe man zusätzliche Mitarbeiter bzw. landwirtschaftliche Helfer und Kosten gespart. Der Versicherte sei (zunächst) bei allen anfallenden Tätigkeiten und Arbeiten auf dem Hof eingebunden gewesen und habe diese Aufgaben auch ausgeführt. Er habe den Hof sodann im Jahr 2006 überschrieben. Zum Aufgabengebiet des Versicherten hätten die komplette Ackerbearbeitung und die Ackerbestellung gehört. In der Erntezeit sei das Abmähen, Versorgen und Verkaufen der Frucht hinzugekommen. Mäharbeiten seien dabei sowohl für den Betrieb wie auch für benachbarte Landwirte übernommen worden. Der Versicherte sei mit Ausnahme der Winterzeit täglich durchschnittlich 2 Stunden im Betrieb tätig gewesen. Er habe allein über das nötige Know-how für den Umgang mit dem Mähdrescher und die insoweit anfallenden landwirtschaftlichen Arbeiten verfügt. Der Aufgabenbereich des Versicherten habe auch die Pflege und Instandhaltung der landwirtschaftlichen Geräte umfasst. Allen Familienmitgliedern sei bekannt gewesen, dass er sich am Unfalltag deshalb in der Scheune aufgehalten habe, weil er den alten Mähdrescher habe winterfest einlagern wollen. Zu einem anderen Zweck habe er sich nicht in der Scheune aufgehalten.

Das Sozialgericht erhob schriftliche Zeugenaussagen der Zeuginnen D. und L. Die Zeugin D. gab an, der Versicherte sei nach dem Unfall ansprechbar gewesen. Er habe gesagt, er habe sich etwas gebrochen, da es beim Sturz "gekracht" hätte, und er sei über einen Besen gestolpert. Über den Grund seines Aufenthalts in der Scheune habe er ihr nichts gesagt. Der Versicherte sei auf dem Rücken gelegen, zwischen Treppe und einem Mähdrescher oder irgendeinem landwirtschaftlichen Gerät; das hätte auch ein Traktor sein können. Der Besen habe vor seinen Beinen gelegen. In der Umgebung habe sicher irgendwelches Werkzeug - worum es sich im Einzelnen gehandelt habe, wisse sie nicht - gelegen, da die Scheune sehr groß sei. Die Zeugin L. gab an, der Versicherte habe bei ihrem Eintreffen etwas unter dem Mähdrescher gelegen. Er sei klar und ansprechbar gewesen und habe Schmerzen in der Hüfte geklagt. Er habe angegeben, gestolpert zu sein. Über den Grund seiner Anwesenheit in der Scheune habe er ihr nichts gesagt. Sie glaube, der Versicherte habe alte Jeans mit Hosenträgern und ein Hemd getragen.

Nachdem die Klägerin abschließend auf ein Urteil des LSG Hessen vom 25.06.2009 (L 8 KR 201/07) zur Bindungswirkung eines Bescheids über die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Erstattungsstreit hingewiesen hatte, führte das Sozialgericht am 08.05.2012 die mündliche Verhandlung durch. In der mündlichen Verhandlung wurden die Witwe und der Sohn des Versicherten als Zeugen vernommen. Die Beklagte trug ergänzend vor, die Verwirkung des Erstattungsanspruches oder das Scheitern des Erstattungsanspruches an der Regelung des § 14 SGB IX werde nicht mehr geltend gemacht.

Die Witwe des Versicherten gab an, der Hof habe insgesamt 25 Morgen Land. Wie viel im Jahr 2006 bewirtschaftet worden sei, wisse sie nicht genau; es sei viel verpachtet gewesen. Als der Versicherte noch gelebt habe, habe man noch Frucht gemacht, also Getreide angebaut. Man habe damals 3-4 Felder bewirtschaftet. Der Versicherte habe vor dem Unfall mitgeholfen. Er habe noch seinen Mähdrescher gehabt und sei auch für andere Landwirte mit dem Mähdrescher gefahren. Die Felder habe er eigentlich allein bewirtschaftet. Ihr Sohn sei zur Arbeit gegangen und habe mitgeholfen, wenn er da gewesen sei. Die Hauptsache habe aber der Versicherte gemacht. Nur er sei auch mit dem Mähdrescher gefahren. Ihr Sohn habe das nicht können. Auf dem Hof habe es nicht mehr viel zu erledigen gegeben. Was noch zu tun gewesen sei, habe der Versicherte gemacht. Man habe auch noch Streuobstwiesen gehabt; dabei hätten alle geholfen. Der Versicherte habe aus dem Obst Schnaps gebrannt. Nach der Berentung habe er nicht mehr so viel mitgeholfen, er sei auch viel auf der Bank gesessen, habe aber täglich "gewerkelt", etwa auch in seiner Werkstatt. In der Landwirtschaft habe er die Arbeiten verrichtet, die eben angefallen seien. In dem Jahr, als er den Unfall erlitten habe, habe er noch mit dem Mähdrescher Getreide gedroschen. Im Folgejahr hätte er das wahrscheinlich nicht mehr gemacht; das wisse man aber nicht. Er habe den Mähdrescher fürs nächste Jahr jedenfalls noch versorgt und hergerichtet, wie er es immer getan habe, über den W ... Wenn er mit dem Mähdrescher unterwegs gewesen sei, sei der Versicherte um 10:00 Uhr oder 11:00 Uhr morgens aufgebrochen und abends zurückgekommen. Der Mähdrescher sei auf dem Hof einmal im Jahr (je nach Wetter 8 oder 14 Tage) eingesetzt worden. Der Versicherte sei aber auch für (vermutlich fünf) andere Bauern mit dem Mähdrescher gefahren. Ob er dafür Geld bekommen habe, wisse sie nicht, nehme es aber an. Um die Rechnungsstellung habe er sich selbst gekümmert. Sie habe nicht gesehen, was der Versicherte am Unfalltag in der Scheune gemacht habe; sie wisse das auch nicht. Er habe ihr später gesagt, er sei am Mähdrescher gewesen. Da unter dem Mähdrescher ein Tuch gelegen habe, werde er sicherlich auch am Mähdrescher gewesen sein. Sie nehme an, dass er das Tuch dort hingelegt habe und darauf gelegen sei, als er etwas am Mähdrescher gemacht habe. Dann sei er wohl aufgestanden und über einen Besen gestolpert. Das habe er ihr auf Frage erzählt. Er habe auch gesagt, über einen Besen gestolpert zu sein. In der Scheune sei nur der Mähdrescher gewesen. Die auf den vom Ermittlungsdienst der Klägerin angefertigten Lichtbildern zu sehenden Gegenstände hätten wohl schon vor dem Unfall in der Scheune gestanden; einiges könne auch später hinzugekommen sein. Genau wisse sie das nicht. Gartengeräte seien jedenfalls nicht in der Scheune, sondern in der Garage abgestellt worden. Sie glaube nicht, dass der Versicherte am Unfalltag nur etwas aus der Scheune habe holen wollen. Sie könne sich auch nicht vorstellen, um was es sich dabei hätte handeln sollen. Der Mähdrescher werde für den W. eingelagert, wenn man mit der Ernte fertig sei, also etwa im September oder Oktober. Der Mähdrescher sei mittlerweile verkauft. Er werde nicht mehr benötigt, weil kein Getreide mehr angebaut werde. Damit habe man nach dem Tod des Versicherten aufgehört. Der Versicherte habe gleich nach der Ernte geackert; gesät worden sei im nächsten Frühjahr, im März. Der Versicherte habe seinerzeit bestimmt nicht im Dunkeln gearbeitet. Die Tore der Scheune hätten offen gestanden. Er habe auch eine Lampe gehabt, und zwar eine Handlampe, die er genommen habe, wenn er am Mähdrescher gearbeitet habe. Er sei auf der linken Seite beim "Schränkle" gestolpert. Vielleicht habe er um den Mähdrescher in Richtung Treppe herumgehen wollen. Dort habe auf einem "Kästle" das Gerät gestanden, mit dem er den Mähdrescher immer aufgebockt habe. Es könne sein, dass er das habe holen wollen; sie wisse das aber nicht. Der Versicherte habe mit dem Mähdrescher ein paar Bauern geholfen; der Mähdrescher sei angemeldet gewesen, wo, wisse sie nicht. Der Versicherte habe dies auch beim Finanzamt angeben müssen. Ihr Sohn sei nie mit dem Mähdrescher gefahren. Das habe nur der Versicherte können. Dieser habe sich auch allein um den Mähdrescher gekümmert; das sei seine Sache gewesen. Wenn der Versicherte mit dem Mähdrescher nicht mehr hätte umgehen können, hätte man die Landwirtschaft mangels Getreideanbaus aufgeben müssen.

Der Sohn des Versicherten gab an, er sei von Beruf Werkzeugmacher. Der Hof habe ca. 7-8 ha Ackerland und 68 ar Wald. Als der Versicherte noch gelebt habe, habe man Getreide angebaut. Das meiste Land sei an einen Obstbauern verpachtet gewesen. Der Versicherte habe immer so, wie er "drauf gewesen sei", mitgearbeitet, ohne dass man ihm etwas gesagt habe. Er habe "rumgewurschtelt" und alle anfallenden Arbeiten erledigt. Die Brennerei und der Mähdrescher seien allein seine Aufgabe gewesen. Da das meiste Land verpachtet gewesen sei, sei relativ wenig Arbeit angefallen. Der Versicherte habe nicht täglich mitgeholfen und das erledigt, was er allein habe machen können. Die Obsternte habe man gemeinsam erledigt. Im Herbst habe er sodann einige Tage mit dem Schnapsbrennen verbracht. Im Getreideanbau habe er gepflügt, geeggt, gesät und geerntet. Hinsichtlich des Tätigkeitsumfangs habe er etwa zehn Tage in der Brennerei verbracht, beim Getreide, grob geschätzt, je einen Tag für das Pflügen, das Säen und das Ernten. Gespritzt habe er auch. Mit der Obsternte sei man ungefähr 14 Tage beschäftigt gewesen. Wenn er keine Schwindelanfälle gehabt habe, sei der Versicherte ungeachtet seiner Herzbeschwerden noch "voll fit" gewesen. Der Versicherte sei mit dem Mähdrescher, der ihm gehört habe, auch für befreundete Bauern gefahren. Das sei eine Art Nachbarschaftshilfe gewesen. Dabei habe es sich im eigenen Ort vielleicht um zwei Bauern, im Nachbarort vielleicht um drei Bauern gehandelt. Es sei ziemlich verstreut gewesen. Er denke, dass der Versicherte hierfür Geld bekommen habe. In der eigenen Landwirtschaft sei der Mähdrescher ungefähr einen Tag im Jahr eingesetzt worden. Insgesamt werde der Mähdrescher ungefähr 14 Tage pro Jahr im Einsatz gewesen sein. Am Unfalltag habe der Versicherte, so wie er es mitbekommen habe, den Mähdrescher winterfest machen wollen. Der Versicherte habe ihn ursprünglich verkaufen wollen, was aber nicht geklappt habe. Dann habe er ihn einwintern wollen. Wie der Unfall passiert sei, könne er nicht sagen, weil er auf der Arbeit gewesen sei. Der Versicherte habe ihm auch nicht vorher gesagt, was er tun wolle und ihm auch später hierüber nichts berichtet. Man habe ihm seinerzeit gesagt, der Unfall habe nicht zu schlimmen Verletzungen geführt, weshalb er den Versicherten erst nach der Arbeit am Abend im Krankenhaus besucht habe. Dort habe ihm der Versicherte erzählt, er habe nur den Mähdrescher winterfest machen wollen. In der Scheune seien nur die Utensilien, die man für den Mähdrescher gebraucht habe, abgestellt gewesen. Andere Dinge habe man dort nicht gelagert. Auf den vom Ermittlungsdienst der Klägerin angefertigten Lichtbildern sehe man auf der Seite einen Schrank. Im Vordergrund habe der Mähdrescher gestanden. Auf dem Schrank hätten sich die Utensilien für den Mähdrescher befunden. Im Hintergrund sei ein Bereich, den man selten genutzt habe. Dort habe eine Getreide- oder Mehlmühle gestanden. In diesen Bereich sei man nicht gekommen, wenn der Mähdrescher in der Scheune gestanden habe. Im Großen und Ganzen hätten sich die Gegenstände auf den Lichtbildern bereits zum Unfallzeitpunkt in der Scheune befunden. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Versicherte am Unfalltag nur etwas aus der Scheune habe holen wollen. Der Mähdrescher habe am Vortag noch vor der Scheune gestanden. Der Versicherte müsse ihn am Unfalltag in die Scheune gefahren haben. Normalerweise habe der Versicherte den Mähdrescher für den W. immer gleich nach der Ernte Mitte oder Ende August eingelagert. Dadurch, dass er den Mähdrescher habe verkaufen wollen, habe sich das in dem Jahr des Unfalls verzögert. Vermutlich sei der Versicherte vor dem Unfall rückwärts gegangen. Er müsse unter dem Mähdrescher gewesen und dann rückwärts hinausgegangen sein. Er müsse ja den Hubzylinder unter der Achse anbringen. Für ihn sei das die einzige Erklärung. Nach dem Unfall hätten seines Wissens sogar zwei Hubzylinder unter dem Mähdrescher gestanden. Er habe den Mähdrescher nicht eingewintert; das müsse der Versicherte gemacht haben. Das Einwintern des Mähdreschers habe er nicht mit dem Versicherten besprochen. Er hätte dagegen auch nichts machen können, da der Versicherte "ein bisschen stur" gewesen sei. Das Aufbocken des Mähdreschers habe wohl dazu gedient, die Reifen zu entlasten. Er würde eher sagen, der Versicherte habe den Unfall als Privatmann und nicht als mithelfender Angehöriger in der Landwirtschaft erlitten. Er habe mit dem Mähdrescher "nichts am Hut" gehabt und wäre froh gewesen, wenn man ihn schon viel früher verkauft hätte; aber insoweit sei nichts zu machen gewesen. Seinerzeit sei der Großteil der landwirtschaftlichen Fläche verpachtet gewesen. Man habe nur noch einen Acker in einer Größe von 73 ar gehabt. Es scheine schon möglich, dass der Versicherte vor dem Unfall einen Schwindelanfall gehabt habe; ihm sei schon einmal schwindelig geworden und er sei gestützt. Im Krankenhaus habe er aber nichts über einen Schwindelanfall berichtet. Der Versicherte habe den Mähdrescher nach der Saison verkaufen wollen. In der Saison habe er nur noch für zwei oder drei Höfe gedroschen. Der Mähdrescher sei auch in die Jahre gekommen gewesen. Der Versicherte habe eingesehen, dass sich ein neuer Mähdrescher nicht lohne. Er habe ein landwirtschaftliches Konto eingerichtet gehabt, auf das das Geld eingegangen sei. Das sei eigentlich sein Geld gewesen. Er habe Rücklagen für etwaige Reparaturen am Mähdrescher haben wollen. Auf dieses Konto sei wohl auch das Geld eingezahlt worden, das der Versicherte für die Mithilfe auf anderen Höfen erhalten habe.

Mit Urteil vom 08.05.2012 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte, der Klägerin die für die Behandlung des Versicherten verauslagten Kosten i. H. v.79 360,37 EUR gemäß § 105 Abs. 2 SGB X zu Kassensätzen zu erstatten. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne von der Beklagten Kostenerstattung gem. § 105 SGB X verlangen. Nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift sei der zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht habe. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt. Eine vorläufige Leistungserbringung durch die Klägerin (§ 102 SGB X) stehe nicht in Rede. Die Regelung des § 14 SGB IX stehe dem Erstattungsanspruch ebenfalls nicht entgegen. Sie betreffe Teilhabeleistungen, nicht jedoch die akute Notfall- oder Krankenhausbehandlung von Versicherten, und schließe Erstattungsansprüche des erstangegangenen Leistungsträgers auch nicht generell aus (vgl. BSG, Urt. v. 26.06.2007, B 1 KR 34/06 R).

Für die Behandlung des Versicherten sei nicht die Klägerin, sondern die Beklagte zuständig gewesen. Es sei nämlich nicht festzustellen, dass der Versicherte einen - die Leistungszuständigkeit der Klägerin - begründenden Arbeitsunfall erlitten habe. Gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sei Arbeitsunfall ein Unfall des Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründeten (versicherten) Tätigkeit. Das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet habe, müsse einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen sein und diese Tätigkeit müsse den Unfall herbeigeführt haben. Notwendig sei ein wertend zu ermittelnder innerer Zusammenhang zwischen dem Handeln des Versicherten und der versicherten Tätigkeit. Dabei stehe der Zweck des Handelns im Vordergrund. Maßgeblich sei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werde. Diene die Handlung des Versicherten sowohl privaten (eigenwirtschaftlichen) als auch betrieblichen Zwecken, bestehe Versicherungsschutz nur, wenn die Verrichtung den betrieblichen Interessen wesentlich gedient habe. Die tatsächlichen Grundlagen der Wertung seien mit Vollbeweis festzustellen. Könne das Vorliegen eines Arbeitsunfalls auch nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht festgestellt werden, sei auch im Erstattungsstreit von der Unzuständigkeit des Unfallversicherungsträgers auszugehen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.10.2005, L 17 U 51/04).

Davon ausgehend könne der Sturz des Versicherten am 24.10.2006 nicht als Arbeitsunfall eingestuft werden. Der Versicherte habe zwar als mitarbeitender Familienangehöriger eines landwirtschaftlichen Unternehmers grundsätzlich zum gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5b SGB VII unfallversicherten Personenkreis gehört. Der Versicherte habe die im landwirtschaftlichen Betrieb seines Sohnes anfallenden Arbeiten im Wesentlichen verrichtet, so dass die Mitarbeit schon aus diesem Grund nicht nur vorübergehend gewesen sei. Jedoch könne ein innerer Zusammenhang zwischen dem Unfall in der Scheune und der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden. Die Gesamtumstände sprechen vielmehr dafür, dass die Tätigkeit des Versicherten im Unfallzeitpunkt im Wesentlichen eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient habe. Dabei sei davon auszugehen, dass der Versicherte gestürzt sei, als er den Mähdrescher in der Scheune für den W. habe einlagern wollen. Damit habe er allerdings nicht in erster Linie betriebliche Zwecke, sondern eigene Angelegenheiten verfolgt. Der Mähdrescher habe nicht zum Inventar des landwirtschaftlichen Betriebes gehört sondern im Eigentum des Versicherten gestanden. Dieser habe den Mähdrescher für eine eigene unternehmerische Tätigkeit genutzt. Er habe nach den übereinstimmenden Angaben der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen mehreren Landwirten der Umgebung bei der Getreideernte gegen Entgelt geholfen. Hierfür habe er ein eigenes landwirtschaftliches Konto eingerichtet gehabt.

Nach den Gesamtumständen habe die Versorgung des Mähdreschers wesentlich dem eigenen Unternehmen des Versicherten gedient. Daran ändere es nichts, dass er den Mähdrescher auch im landwirtschaftlichen Betrieb seines Sohnes eingesetzt habe. Sowohl hinsichtlich des zeitlichen Umfangs als auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung habe die eigene Unternehmertätigkeit des Versicherten wesentlich überwogen. Der Versicherte habe den Mähdrescher nämlich etwa 8-14 Tage im Jahr genutzt, im Betrieb seines Sohnes aber nur an einem Tag im Jahr eingesetzt. Diese Angaben des Sohnes des Versicherten würden dadurch bestätigt, dass der landwirtschaftliche Betrieb im Unfallzeitpunkt nur noch einen Getreideacker von 73 ar umfasst habe, Getreideanbau also nur noch in geringem Umfang stattgefunden habe. Die unternehmerische Erntehilfe des Versicherten für andere Landwirte habe auch im Hinblick darauf wirtschaftlich im Vordergrund gestanden. Hinzu komme, dass der Versicherte den Mähdrescher habe verkaufen wollen, nachdem die Zahl der Aufträge in der Saison 2006 zurückgegangen sei und sich die Nutzung des Mähdreschers deshalb nicht mehr gelohnt habe.

Die Einlagerung des Mähdreschers habe auch deshalb nicht zur unfallversicherten Mitarbeit des Versicherten gehört, weil der Betriebsinhaber hierfür weder Auftrag noch Weisung erteilt noch ein Interesse an der Tätigkeit gehabt habe. Der Sohn des Versicherten habe insoweit angegeben, er habe den Mähdrescher nicht gewollt und wäre froh gewesen, wenn das Fahrzeug bereits früher verkauft worden wäre. Er habe bestätigt, den Versicherten nicht mit der Wintereinlagerung des Mähdreschers beauftragt und diese auch mit ihm nicht vorher abgesprochen zu haben. Die Angaben seien glaubhaft, zumal man den Mähdrescher im Familienkreis insgesamt als Angelegenheit des Versicherten betrachtet habe. Die Tätigkeit des Versicherten zum Unfallzeitpunkt sei daher auch nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VI in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen gewesen. Ein hinreichender Sachzusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als mitarbeitender Familienangehöriger habe danach nicht festgestellt werden können. Bei wertender Betrachtung spreche vielmehr viel dafür, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt nach der Handlungstendenz nicht für den landwirtschaftlichen Betrieb seines Sohnes, sondern eigenwirtschaftlich habe tätig werden wollen.

Der Erstattungsanspruch sei nicht gem. § 111 SGB X ausgeschlossen. Die Klägerin habe die einjährige Ausschlussfrist gewahrt und den Erstattungsanspruch neun Monate nach der Beendigung der Behandlung des Versicherten gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Auch Verwirkung sei nicht eingetreten. Hierfür gebe es keine Anhaltspunkte.

Auf das ihr am 10.08.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.8.2012 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe außer Acht gelassen, dass der Versicherte als in der Landwirtschaft selbstständig Erwerbstätiger (ebenfalls) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe (§ 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII). Der Versicherte habe Einnahmen aus der Nutzung des Mähdreschers (für andere Landwirte) erzielt, hierfür ein eigenes Konto eingerichtet und sei insoweit landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen. Das Hantieren an dem Mähdrescher sei der Tätigkeit des Versicherten als landwirtschaftlicher Unternehmer zuzurechnen. Deswegen sei die Klägerin für die Leistungserbringung zuständig gewesen. Der Schutz der landwirtschaftlichen Unfallversicherung hänge nicht von der Größe des landwirtschaftlichen Unternehmens ab und erfordere auch nicht, dass der Unternehmer im Hauptberuf Landwirt sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.05.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, man habe zur Klärung einer möglichen Unternehmereigenschaft des Versicherten weitere Ermittlungen angestellt. Entgegen der Angaben im Verfahren vor dem Sozialgericht hätten die Ermittlungen beim Finanzamt F. ergeben, dass der Versicherte im Rahmen der Einkommensteuererklärung für die Jahre 2005 und 2006 keine Einkünfte aus einer Tätigkeit als Lohnunternehmer angegeben habe. Bei den angegebenen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft handele es sich ausschließlich um Einnahmen aus der Verpachtung des landwirtschaftlichen Unternehmens an seinen Sohn. Der Versicherte habe auch ein Gewerbe nicht angemeldet. Insgesamt gebe es keine weitergehenden Hinweise auf eine mögliche (eigene) Unternehmertätigkeit des Versicherten. Der zum Unfallzeitpunkt 80jährige Versicherte könne nicht als landwirtschaftlicher Lohnunternehmer eingestuft werden. Ein Unternehmen (i. S. d. § 121 SGB VII) liege vor, wenn eine Vielzahl von Tätigkeiten planmäßig und für eine gewisse Dauer mit der Ausrichtung auf einen einheitlichen Zweck mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werde. Unzweifelhaft liege ein Unternehmen vor, wenn eine Gewerbeanmeldung abgegeben worden sei. Ein Unternehmen liege aber nicht vor, wenn die selbstständige Tätigkeit nicht den Umfang eines Unternehmens erreiche und geringfügig sei. Maßgeblich sei eine Gesamtschau und Bewertung aller Abgrenzungsmerkmale.

Nach den Feststellungen des Sozialgerichts habe der Versicherte nach der Übergabe des Betriebs an seinen Sohn zum 30.09.1988 noch seinen Mähdrescher für sich zurückbehalten, obwohl dieser bereits "in die Jahre gekommen" sei. Nach der Hofübergabe habe er nur noch in geringem Umfang sowohl für seinen Sohn als auch für einige wenige befreundete Landwirte in einer Art Nachbarschaftshilfe Drescharbeiten durchgeführt. Über den genauen Umfang dieser Tätigkeit gebe es nur Schätzungen. Die Tätigkeit habe sich auf die eigentlichen Drescharbeiten mit dem Mähdrescher sowie auf die während und nach der Ernte anfallenden Wartungsarbeiten, insbesondere das "Winterfestmachen" des Mähdreschers, erstreckt. Allerdings sei seinerzeit geplant gewesen, den Mähdrescher nach Ende der laufenden Saison 2006 zu verkaufen. Ein neuer Mähdrescher habe aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht mehr angeschafft werden sollen. In der Saison 2006 habe der Versicherte nach Angaben seines Sohnes nur noch in geringem Umfang für zwei oder drei Landwirte Drescharbeiten ausgeführt. Einnahmen seien nach Verbleib und Höhe unklar. Die Witwe und der Sohn des Versicherten hätten nur vermutet, dass der Versicherte für seine Tätigkeit Geld bekommen habe und dass dieses auf sein Konto eingezahlt worden sei. Es stehe auch nicht fest, ob der Versicherte tatsächlich Inhaber des Kontos gewesen sei oder ob es sich um ein landwirtschaftliches Konto des Betriebsunternehmers, des Sohnes des Versicherten, gehandelt habe. Der Versicherte habe weder ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen angezeigt noch dafür (Unfallversicherungs-)Beiträge entrichtet. Er sei letztendlich Eigentümer eines alten Mähdreschers gewesen, den der (eigentliche) landwirtschaftliche Unternehmer, sein Sohn, nicht gewollt habe. Das Halten eines Fahrzeugs, wie eines Mähdreschers, können nicht als landwirtschaftliches Lohnunternehmen im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII eingestuft werden. Der Versicherte habe den Mähdrescher als "Privatmann" gehalten, wie es auch sein Sohn in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts angedeutet habe. Werde ein (privates) Fahrzeug der in Rede stehenden Art nur in ganz geringem Umfang für landwirtschaftliche Arbeiten eingesetzt, sei der Halter aber nicht als landwirtschaftlicher Lohnunternehmer, sondern nur gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII gegen Arbeitsunfälle versichert (vgl. BSG, Urt. v. 27.11.1986, 2 RU 13/86). In der Gesamtschau stellten die in geringfügigem Umfang durchgeführten Mähdrescharbeiten daher kein wirtschaftliches Lohnunternehmen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dar, weswegen der Versicherte als Unternehmer nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Davon abgesehen sei auch der Nachweis einer versicherten Tätigkeit nicht erbracht. Es bleibe zweifelhaft, ob die unfallbringende Tätigkeit, das Stolpern über einen Besen, in ursächlichem Zusammenhang mit den Arbeiten am Mähdrescher gestanden habe. Insoweit sei auf die Lichtbilder von der Unfallstelle zu verweisen. Der erforderliche Vollbeweis sei jedenfalls nicht erbracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Klägerin und der Beklagten, des Sozialgerichts sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der für Erstattungsstreitigkeiten maßgebliche Beschwerdewert von 10.000 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) ist bei einem streitigen Erstattungsbetrag von 79.360,37 EUR nach Kassensätzen (ca. 72.000 EUR) überschritten. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, der Klägerin die für die Behandlung des Versicherten verauslagten Kosten zu Kassensätzen zu erstatten.

Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs der Klägerin ist § 105 SGB X. Die Vorschrift bestimmt: Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X (vorläufige Leistungserbringung) vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (Abs. 1 Satz 1). Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (Abs. 2). Die Voraussetzungen dieser Rechtsvorschriften sind erfüllt. Insbesondere war die Klägerin - worüber allein die Beteiligten noch streiten - für die Gewährung von Heilbehandlung (Sozialleistung i. S. d. § 11 Satz 1 SGB I) gem. § 27 Abs. 1 SGB VII wegen der Folgen des Unfalls, den der Versicherte im landwirtschaftlichen Betrieb seines Sohnes erlitten hatte, nicht zuständig. Zuständiger Leistungsträger war vielmehr die Beklagte. Gegen diese hatte der Versicherte, der Mitglied der Beklagten war, Anspruch auf Krankenbehandlung nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 SGB V.

Die Klägerin ist als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen (nur) zuständig, wenn bei einer Peron, die gem. §§ 2 ff. SGB VII zu dem in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personenkreis gehört, ein diesem Versicherungszweig zugeordneter Versicherungsfall (§§ 8 ff. SGB VII) eintritt. Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII gehören zum in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personenkreis (u.a.) Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens (Nr. 5a) und im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige (Nr. 5b). Nach § 7 SGB VII sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Unter welchen Voraussetzungen ein (hier allein in Betracht kommender) Arbeitsunfall anzunehmen ist, ist in § 8 SGB VII näher geregelt. Gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz (u.a.) nach § 2 SGB VII begründenden Tätigkeit.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, welche Rechtsgrundsätze für die Auslegung und Anwendung des § 8 SGB VII gelten und weshalb danach ein Arbeitsunfall des Versicherten als im landwirtschaftlichen Unternehmen seines Sohnes mitarbeitender Familienangehöriger i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 5b SGB VII nicht vorgelegen hat. Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts und nimmt auf die entsprechenden Darlegungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG), nachdem sich die Beklagte mit der Berufung hiergegen nicht wendet.

Die Beklagte macht allein geltend, der Versicherte habe seinerzeit einen Arbeitsunfall als Unternehmer eines (eigenen) landwirtschaftlichen Unternehmens i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII erlitten. Das trifft jedoch nicht zu. Ein (eigenes) landwirtschaftliches Unternehmen des Versicherten hatte nicht bestanden.

Was unter einem landwirtschaftlichen Unternehmen i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII zu verstehen ist, ist in der Legaldefinition des § 123 Abs. 1 SGB VII näher festgelegt (jurisPK-SGB VII/ Bieresborn, § 2 Rdnr. 109). Danach sind landwirtschaftliche Unternehmen neben Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft (Nr. 1) auch land- und forstwirtschaftliche Lohnunternehmen (Nr. 3) oder Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft dienen (Nr. 7). Landwirtschaftliche Lohnunternehmen i. S. d. § 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII sind Unternehmen, die Werk- oder Dienstleistungen anbieten, deren Gegenstand land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeiten sind. Ihre Dienste können im Betrieb nicht direkt vorhandenes Know-how ersetzen, Arbeitsspitzen ausgleichen oder Aufgaben mit speziellen Arbeitsgeräten (z.B. Mähdreschern) übernehmen. Da ihre Dienstleistungen sonst von Landwirten oder Waldbewirtschaftern selbst im Rahmen ihrer Betriebe erbracht werden, sind auch die Lohnunternehmen der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zuzuordnen. Das Spektrum der Dienstleistungen ergibt sich aus dem Bedarf in der Land- und Forstwirtschaft. Neben den maschinellen Dienstleistungen sind als Beispiele Schafscherer, Klauenpfleger sowie Holzrückunternehmen oder andere Forstdienstleister zu nennen (jurisPK-SGB VII/Feddern, § 123 Rdnr. 61 f.). Der Förderung der Landwirtschaft dienende Unternehmen i. S. d. § 123 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII können (u.a.) - ähnlich wie Lohnunternehmen - technische Dienstleistungen (bspw. durch Spezialmaschinen als überbetriebliche Maschinen oder Betriebshilferinge) erbringen (Feddern, a. a. O. Rdnr. 76 f.).

Für den Begriff des Unternehmens und des Unternehmers gelten die allgemeinen Grundsätze des Unfallversicherungsrechts. Gem. § 121 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Unternehmen Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen oder Tätigkeiten; eine abhängige Beschäftigung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) darf nicht vorliegen. Unternehmen ist jede planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, gerichtet auf einen einheitlichen Zweck und ausgeübt mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Ein eingerichteter Geschäftsbetrieb und die Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke sind aber nicht erforderlich. Die Rechtsform ist ebenfalls ohne Bedeutung. Auch die Größe des Unternehmens spielt keine Rolle (vgl. auch BSG, Urt. v. 18.01.2011, B 2 U 16/10 R: Mähen eines Wiesengrundstücks). Die Anforderungen an die Kriterien des Unternehmensbegriffs sind daher nicht hoch. Der Unternehmensbegriff ist letztlich auf die versicherten Tätigkeiten nach §§ 2 ff. SGB VII zu beziehen. Ergibt sich daraus Versicherungsschutz für bestimmte Tätigkeiten, so ist der Bereich, dem sie dienen sollen, auch als Unternehmen zu verstehen. Bei eher nur sehr gelegentlichen und vereinzelten Tätigkeiten wird ein Unternehmen mangels Planmäßigkeit der Tätigkeit aber nicht vorliegen, jedenfalls dann, wenn keine abhängig Beschäftigten eingesetzt werden (KassKomm/Ricke, SGB VII § 121 Rdnr. 5 ff.). Unternehmer (auch landwirtschaftlicher Unternehmer) ist gem. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Die Zahlung von Unfallversicherungsbeiträgen ist nicht notwendig.

Im Hinblick darauf war der Versicherte weder Unternehmer eines landwirtschaftlichen Lohnunternehmens noch eines der Förderung der Landwirtschaft dienenden Unternehmens i. S. d. § 123 Abs. 1 Nr. 3 bzw. 7 SGB VII. Auch wenn die Anforderungen an das Vorliegen eines (landwirtschaftlichen) Unternehmens nicht hoch sind und das Führen eines landwirtschaftlichen Betriebs oder einer landwirtschaftlichen Einrichtung nicht erforderlich ist (BSG; Urt. v. 18.01.2011, B 2 U 16/10 R), darf der Unternehmensbegriff als Anknüpfungspunkt für den besonderen Schutz der gesetzlichen (landwirtschaftlichen) Unfallversicherung jedenfalls für landwirtschaftliche Lohnunternehmen bzw. unmittelbar der Förderung der Landwirtschaft dienenden Unternehmen (§ 123 Abs. 1 Nr. 3, 7 SGB VII) nicht bis zur Konturenlosigkeit gänzlich aufgelöst werden. Vielmehr verdeutlicht der Begriff des "Lohnunternehmen" (§ 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII), ebenso die Wortfolge "unmittelbar der ... Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen" (§ 123 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII), dass die Lohnerzielung bzw. das der Landwirtschaft dienen nicht als vernachlässigbarer Nebenzweck der Tätigkeit des (landwirtschaftlichen) Unternehmers eingestuft werden darf. Das bloße Halten - hier - eines, auch zum baldigen Verkauf bestimmten alten Mähdreschers und dessen gelegentlicher Einsatz zur Erntehilfe für benachbarte oder mit dem Versicherten befreundete Landwirte, begründet weder ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen noch ein der unmittelbaren Förderung der Landwirtschaft dienendes Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 3 oder 7 SGB VII. Wie die ergänzenden Ermittlungen der Klägerin ergeben haben, hat der Versicherten irgendwelche Lohnzahlungen für den Mähdreschereinsatz jedenfalls gegenüber der Finanzverwaltung nicht angegeben. Seine Witwe hat auch nur vermuten können, dass er hierfür von anderen Landwirten Geld erhalten habe; sein Sohn ist hierbei von "einer Art Nachbarschaftshilfe" (wenn wohl auch gegen eine Geldzahlung) ausgegangen. Das Geld sei vom Versicherten wohl für Ersatzteile für den Mähdrescher verwendet worden. Der Mähdrescher ist - so der Sohn des Versicherten - auch nur an etwa 13 Tagen (1 Tag im Betrieb des Sohnes des Versicherten) für diese "Nachbarschaftshilfe" eingesetzt worden und der Versicherte hat beabsichtigt, den Mähdrescher nach dem Winter 2006/2007 zu verkaufen. Der Versicherte hatte den alten Mähdrescher, obgleich er für den an seinen Sohn übergebenen landwirtschaftlichen Betrieb nicht benötigt worden ist, jedenfalls zunächst nicht "hergeben" wollen und ihn vorläufig aus "Liebhaberei", nicht jedoch zum Einsatz in einem eigenen landwirtschaftlichen (Lohn-)Unternehmen behalten.

Insgesamt ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass der Versicherte den Unfall seinerzeit bei einer Tätigkeit (der Wintereinlagerung des Mähdreschers) im Rahmen eines eigenen landwirtschaftlichen (Lohn-)Unternehmens erlitten hat. Die Beklagte ist der Klägerin daher (nach Kassensätzen) erstattungspflichtig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 GKG. Nach den Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung des Senats sind die Beträge nach Kassensätzen ca. 10 % geringer als die Beträge, die der Klägerin in Rechnung gestellt werden. Gegen den auf dieser Grundlage geschätzten Streitwert von 72.000 EUR haben die Beteiligten keine Einwendungen erhoben.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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