Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 2132/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4597/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 3. September 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Merkzeichens "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) streitig.
Der Beklagte hatte bei der am 09.10.1954 geborenen Klägerin unter Berücksichtigung der zur Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme des Sozialmediziners Nörenberg vom 28.02.2008, in der als Funktionsbeeinträchtigungen eine Funktionsbehinderung des Kniegelenks und eine Adipositas per magna mit einem Einzel-GdB von 50, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, ein Schulter-Arm-Syndrom und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 40, eine seelische Störung und ein chronisches Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 30, ein Lupus erythematodes mit einem Einzel-GdB von 30, ein Schlafapnoe-Syndrom mit einem Einzel-GdB von 20, eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform und eine Funktionsbehinderung beider Sprunggelenke mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Supraspinatus-Tendinose mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 90 eingeschätzt worden waren, mit Bescheid vom 07.03.2008 den GdB mit 90 seit 15.10.2007 festgestellt sowie ausgeführt, das Merkzeichen "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (G) bleibe und das Merkzeichen aG werde nicht festgestellt.
Am 28.09.2010 beantragte die Klägerin die Feststellung des Merkzeichens aG. Sie legte unter anderem den Arztbrief des Prof. Dr. L., Ärztlicher Direktor der Radiologischen Klinik des Universitätsklinikums F., vom 29.10.2010 vor, wonach bei der Klägerin magnetresonanztomographisch eine hochgradige Spinalkanalstenose L4/5 und eine Bandscheibenprotrusion L1/2 festgestellt wurden. Dr. E. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.03.2011 aus, die zwischenzeitlich diagnostizierte Spinalkanalstenose könne das Merkzeichen aG nicht begründen. Mit Bescheid vom 23.03.2011 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 14.04.2011 Widerspruch ein. Sie legte den Arztbrief des Dr. S., Chefarzt der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R., vom 13.12.2010 vor, in dem ausgeführt wurde, es bestehe bei der Klägerin eine mögliche Gehstrecke von maximal 200 Metern mit danach auftretenden stärksten Lumbalgien mit Ausstrahlung in die Beine. Der Sozialmediziner N. vertrat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.06.2011 die Ansicht, damit seien die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG weiterhin nicht gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.08.2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.
Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und diverse ärztliche Unterlagen beigezogen. Dr. L., Oberarzt am Klinikum W. in W., hat unter dem 12.12.2011 ausgeführt, die Klägerin stehe seit Juli 2004 in kontinuierlicher Behandlung der dortigen Schmerzabteilung. Aufgrund des massiven Übergewichtes und den Auswirkungen einer im Juni 2011 erfolgten Rückenoperation bestehe eine außergewöhnliche Gehbehinderung, die allerdings nicht mit derjenigen von Querschnittsgelähmten oder Doppelschenkelamputierten gleichzusetzen sei. In den von ihm vorgelegten Arztbriefen vom 18.04.2011, 04.10.2011 und 07.11.2011 sind als Diagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom, eine somatoforme Schmerzstörung, eine Gonarthrose beidseits, eine Adipositas per magna, ein Schlafapnoe-Syndrom, ein Lupus erythematodes, lumbale Rückenschmerzen und ein Zustand nach PLIF-Operation L4/5 beziehungsweise Spinalkanalstenose genannt. Der Allgemeinmediziner L. hat unter dem 24.12.2011 ausgeführt, trotz sehr umfangreicher Schmerztherapie mit kontinuierlicher Betreuung in der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W., sei es nicht möglich gewesen, die Schmerzen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Die anfänglichen Erfolge nach der operativen Sanierung mit dem Rückgang der Schmerzen hätten sich leider nicht aufrechterhalten. Er hat unter dem 16.06.2012 ausgeführt, als Ursache für die Claudicatio spinalis und damit auch für die stark eingeschränkte Gehstrecke sei die instabile Spondylolysthesis mit Spinalkanalstenose L4/5 anzunehmen. Der durch die nach der Operation erfolgten Sondenstimulation der Nerven mit SCS-Sonden-Implantation thorakal mit separater Hautausleitung erhoffte Erfolg habe sich wiederum nicht eingestellt. Die schmerzfreie Gehstrecke liege jetzt unter 20 Metern mit deutlichen neurologischen Ausfällen in beiden Beinen. Die Voraussetzungen des Merkzeichens aG seien seines Erachtens erfüllt.
Dr. G. hat in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.09.2012 dargelegt, die vorgelegten Unterlagen enthielten keine konkreten detaillierten Befunde zu den unteren Gliedmaßen und zur Wirbelsäule.
Daraufhin hat das Sozialgericht weitere ärztliche Befundberichte der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 10.11.2009, 15.02.2010, 29.04.2010, 29.07.2010, 15.02.2011 und 23.05.2012, des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 09.02.2010, des Neuroradiologen Dr. K. vom 20.07.2010, der Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums F. vom 29.10.2010, 09.12.2010 und 07.02.2011, des Orthopäden Dr. Z. vom 24.11.2010, des Chirurgen Dr. F. vom 10.12.2010, der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R. vom 13.12.2010, 29.06.2011, 24.08.2011, 17.02.2012, 13.03.2012 und 25.04.2012 sowie der Orthopädie des Universitätsklinikums U. vom 07.04.2011, 16.07.2012 und 25.07.2012 beigezogen.
Am 05.11.2012 hat die Klägerin erneut beim Beklagten die Feststellung des Merkzeichens aG beantragt.
Dr. R. hat in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.01.2013 ausgeführt, die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG seien weiterhin nicht ableitbar. Der bislang vergebene Gesamt-GdB sei weiterhin als überhöht anzusehen.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. S., Kliniken S. in A., vom 20.06.2013 eingeholt. Er hat ausgeführt, die Klägerin sei mit Hilfe eines Rollators, mühsam gehend, zur Untersuchung gekommen. Sie habe im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung angegeben, aufgrund ihrer Geh-Einschränkung sei sie nicht in der Lage, beispielsweise die Ambulanzen der Krankenhäuser in R. und W. zu erreichen, da es dort steil den Berg hinaufgehe und sie diese Wegstrecke vom normalen Parkplatz nicht schaffen könne. Sie würde immer direkt vor die Pforte gefahren und könne dann dort aussteigen und ebenerdig mit dem Rollator zur Ambulanz gelangen. Dies sei auch der Hauptgrund, weswegen sie das Merkzeichen aG begehre. Die aktuelle Gehstrecke habe sie mit 200 Metern angegeben. Der Sachverständige hat als Diagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom im Stadium III nach Gerbershagen, eine somatoforme Schmerzstörung, eine Gonarthrose beidseits, eine Adipositas per magna, ein Schlafapnoe-Syndrom, lumbale Rückenschmerzen, einen Zustand nach PLIF-Operation L4/5, einen Zustand nach Implantation einer SCS-Sonde und einen nicht eindeutig gesicherten Lupus erythematodes beschrieben. Der Sachverständige hat ausgeführt, aufgrund der Adipositas per magna, der schweren Schmerzstörung und der Gonarthrose sei die Klägerin in der Lage, maximal 200 Meter mit Hilfe eines Rollators zu gehen. So gesehen sei sie nicht in der Lage, einen größeren Wegabschnitt selbständig oder mit Hilfsmitteln zu überwinden, was im Alltag bedeute, dass sie beispielsweise bei einer Entfernung zwischen Parkplatz und Ambulanz eines Krankenhauses bei über 200 Metern nicht in der Lage sei, diese selbständig zu erreichen. Hier sei auch der Hintergrund für die Begehrlichkeit des Merkzeichens aG seitens der Klägerin gegeben. Allerdings sehe die momentane gesetzliche Grundlage bei der Definition des Merkzeichens aG als Grundlage keine Schmerzstörung mit Adipositas per magna, sondern schwerwiegendere Schädigungen wie beispielsweise eine Doppeloberschenkelamputation vor. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht vorhanden. Insofern seien im rechtlichen Sinne die Kriterien nicht erfüllt. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, bislang sei zu wenig beachtet worden, dass die somatoforme Schmerzstörung aufgrund einer Persönlichkeitsstörung mit depressiven Anteilen höchstwahrscheinlich die Grundlage für das gesamte Krankheitsgeschehen der Klägerin darstelle.
Mit Urteil vom 03.09.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht der für das Merkzeichen aG in Betracht kommenden Personengruppe gleichzustellen. Sie sei beim Gehen weder vom ersten Schritt ständig auf fremde Hilfe angewiesen noch bewege sie sich nur noch unter großer Anstrengung vom ersten Schritt an fort. Ebenso lägen keine Erkrankungen der inneren Organe vor, die eine solche Gleichstellung rechtfertigten. So werde in dem Gutachten des Dr. S. ausgeführt, dass die Klägerin - wenn auch mühsam - mit Hilfe eines Rollators gehend zur Untersuchung erschienen sei. Weiter habe sie angegeben, dass sie aufgrund ihrer Geh-Einschränkung nicht in der Lage sei, beispielsweise in die Ambulanzen von Krankenhäusern in R. oder W. zu gelangen, da es dort steil den Berg hinaufgehe und vom normalen Parkplatz sie das nicht schaffe. Sie würde immer direkt vor der Pforte gefahren und könne dann dort aussteigen und ebenerdig mit dem Rollator zur Ambulanz gelangen. Dies genüge für sich genommen jedoch nicht, die Zuerkennung des Merkzeichens aG zu begründen. Insoweit sei zu beachten, dass es allein auf die Einschränkung der Gehfähigkeit an sich ankomme. Äußere Umstände, wie etwa die örtlichen Gegebenheiten oder gegebenenfalls die Notwendigkeit, Hilfsmittel wie einen Rollator aus dem Auto zu bekommen, hätten hierbei unberücksichtigt zu bleiben. Gegen die Zuerkennung des Merkzeichens aG sprächen auch die im Gutachten des Dr. S. festgestellten Untersuchungsergebnisse. So sei das Gangbild zwar geprägt durch die Schmerzempfindung im Lendenwirbelsäulenbereich. Jedoch habe die Klägerin mit einem Rollator gehen können. Das Gangbild sei ausreichend sicher anhand eines Rollators gewesen. Die für die Klägerin mögliche Strecke mit einem Rollator habe der Sachverständige mit 200 Metern eingeschätzt. Dies entspreche auch den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben der Klägerin. Entsprechend gehe auch der Gutachter davon aus, dass im rechtlichen Sinne die Kriterien für das Merkzeichen aG nicht erfüllt seien. Auch aus den weiteren Befundunterlagen ergäben sich keine derartigen Einschränkungen der Gehfähigkeit, die die Zuerkennung des Merkzeichens aG rechtfertigten. Sowohl Dr. Z. als auch Dr. L. verneinten im Ergebnis das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens aG. Ausweislich des Befundberichts der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 23.05.2012 sei die Klägerin mit Gehstützen zur Untersuchung gekommen. In dem Befundbericht der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R. vom 29.06.2011 werde ein schonendes Gangbild bei der Aufnahmeuntersuchung beschrieben. Zehen- und Hackengang sowie die Kniebeuge rechts seien durchführbar gewesen. Bei der Entlassung sei die Klägerin am Gehwagen selbständig auf der Station mobil gewesen. Soweit der Allgemeinmediziner Lang die Gehstrecke auf unter 20 Meter angegeben habe, habe dies anhand des danach eingeholten Gutachtens nicht bestätigt werden können.
Gegen das ihr am 26.09.2013 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 23.10.2013 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, ihr sei es vom ersten Schritt außerhalb eines Kraftfahrzeuges an nur möglich, sich mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortzubewegen. Sie vermöge sich nur noch mit Hilfe eines Rollators fortzubewegen. Dies sei nur mit entsprechend großen körperlichen Anstrengungen verbunden, was mit ihrem extremen Übergewicht zusammen hänge. Sie müsse bereits nach einer kurzen Wegstrecke eine Pause einlegen. Außerdem sei eine weitere erhebliche gesundheitliche Verschlechterung eingetreten. Die Klägerin hat die Arztbriefe der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 27.03.2013 über die stationäre Maßnahme vom 06.03.2013 bis zum 27.03.2013 und vom 11.06.2013 über die stationäre Maßnahme vom 23.05.2013 bis zum 11.06.2013 vorgelegt. Im Arztbrief vom 11.06.2013 ist unter anderem ein relativ freies Gangbild ohne Hinken und die Klägerin als am Rollator mobil beschrieben worden. Es ist eine erneute multimodale Schmerztherapie durchgeführt worden. Ferner hat die Klägerin die Arztbriefe des Prof. Dr. W., Chefarzt der Wirbelsäulentherapie der H. Stiftung in A. vom 05.02.2014 und 21.02.2014 vorgelegt. Darin ist die Klägerin als an einem Rollator mobilisiert beschrieben worden. Der BMI ist mit über 45 festgestellt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 3. September 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, das Merkzeichen aG festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, er beabsichtige die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, und hat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden, da das SG nicht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat die hiergegen eingelegte Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat die Beteiligten hierzu vorher gehört.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 03.09.2013, mit dem die Klage der Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 23.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2011 abgewiesen worden ist. Die Klägerin erstrebt die Aufhebung dieses Bescheides und die Verpflichtung des Beklagten, bei ihr das Merkzeichen aG festzustellen. Dieses prozessuale Ziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Die Berufung ist nicht begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens aG hat.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Feststellung von Merkzeichen sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen aG einzutragen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Vierte Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes [SchwbAwV]). Diese Feststellung zieht straßenverkehrsrechtlich die Gewährung von Parkerleichterungen im Sinne des § 46 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) nach sich, insbesondere die Nutzung von gesondert ausgewiesenen Behindertenparkplätzen (Rollstuhlfahrersymbol, Zusatzzeichen 1020-11, 1044-10, 1044-11 StVO) und die Befreiung von verschiedenen Parkbeschränkungen (zum Beispiel vom eingeschränkten Halteverbot für die Dauer von 3 Stunden). Darüber hinaus führt sie unter anderem zur Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz [KraftStG]) bei gleichzeitiger Möglichkeit der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr (§ 145 Abs. 1 SGB IX) und gegebenenfalls zur Ausnahme von allgemeinen Fahrverboten nach § 40 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Sie macht die steuerliche Geltendmachung von Kosten des Kraftfahrzeuges, soweit sie nicht schon Werbungs- oder Betriebskosten sind, als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) in angemessenem Umfang möglich.
Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung ist Abschnitt II Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO). Dies ist, obwohl nach Art. 84 Abs. 2 Grundgesetz (GG) erlassene Verwaltungsvorschriften keine unmittelbare Außenwirkung entfalten (Lerche in Maunz-Dürig, GG, Kommentar, Stand Januar 1985, Art. 84, Rz. 94 bis 103), ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (zuletzt in BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris). Danach ist außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG, wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann (Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO). Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außer Stande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind (Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO), sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch auf Grund von Erkrankungen, dem vorstehenden Personenkreis gleichzustellen sind (Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO).
Der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" 2008 (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleichs entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche G, aG, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), "Gehörlosigkeit" (Gl) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011, noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteil des Senats vom 28.05.2013 - L 3 SB 5383/12 - juris; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 09.06.2011 - L 6 SB 6140/09, vom 09.05.2011 - L 8 SB 2294/10, vom 04.11.2010 - L 6 SB 2556/09, vom 24.09.2010 - L 8 SB 4533/09 und vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08; alle veröffentlicht in juris, Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Während die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgeführten Schwerbehinderten relativ einfach zu bestimmen sind, ist dies bei der Gruppe der gleichgestellten Schwerbehinderten nicht ohne Probleme möglich. Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die erstgenannten Gruppen von Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - juris). Schwierigkeiten bereitet hierbei der Vergleichsmaßstab, weil die verschiedenen, in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgezählten Gruppen in ihrer Wegefähigkeit nicht homogen sind und einzelne Vertreter dieser Gruppen - bei gutem gesundheitlichem Allgemeinzustand, hoher körperlicher Leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer Versorgung - ausnahmsweise nahezu das Gehvermögen eines Nichtbehinderten erreichen können (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - juris). Solche Besonderheiten können aber angesichts des mit der Zuerkennung des Merkzeichens aG bezweckten Nachteilsausgleichs nicht als Maßstab für die Bestimmung der Gleichstellung herangezogen werden. Vielmehr muss sich dieser strikt an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz orientieren; dies ist Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO beziehungsweise § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Parkraum für diejenigen Schwerbehinderten geschaffen werden sollte, denen es unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BT-Drucks 8/3150, S. 9 und 10 in der Begründung zu § 6 StVG). Wegen der begrenzten städtebaulichen Möglichkeiten, Raum für Parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Kreis der Begünstigten klein zu halten (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - juris).
Für die Gleichstellung ist bei dem Restgehvermögen des Betroffenen anzusetzen. Dabei lässt sich ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen griffig weder quantifizieren noch qualifizieren (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - juris). Weder der gesteigerte Energieaufwand noch eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke taugen grundsätzlich dazu. Denn die maßgeblichen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften stellen nicht darauf ab, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt. Der gleichzustellende Personenkreis beschränkt sich daher auf Schwerbehinderte, deren Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maß eingeschränkt ist und die sich nur unter ebenso großen körperlichen Anstrengungen fortbewegen können wie die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Vergleichsgruppen (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Auch soweit diese großen körperlichen Anstrengungen festzustellen sind, kann nicht allein auf eine gegriffene Größe wie die schmerzfrei zurückgelegte Wegstrecke abgestellt werden. Unabhängig von der Schwierigkeit, eine solche Wegstrecke objektiv fehlerfrei und verwertbar festzustellen, ist die Tatsache, dass ein Betroffener nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs aG reichen überdies nicht irgendwelche Erschöpfungszustände aus. Sie müssen in ihrer Intensität vielmehr gleichwertig mit den Erschöpfungszuständen sein, die Schwerbehinderte der in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Gruppen erleiden. Gradmesser hierfür kann die Intensität der Schmerzen beziehungsweise der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich unter anderem aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Schwerbehinderte nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den durch die Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Ob die danach erforderlichen großen körperlichen Anstrengungen beim Gehen vorliegen, ist Gegenstand tatrichterlicher Würdigung, die sich auf alle verfügbaren Beweismittel, wie Befundberichte der behandelnden Ärzte, Sachverständigengutachten oder einen dem Gericht persönlich vermittelten Eindruck, stützen kann. Gerade bei multimorbiden Schwerbehinderten liegt auf der Hand, dass allein das Abstellen auf ein starres Kriterium keine sachgerechte Beurteilung ermöglicht, weil es eine Gesamtschau aller relevanten Umstände eher verhindert. Gerade die Anwendung eines einzelnen starren Kriteriums birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Ein an einer bestimmten Wegstrecke und einem Zeitmaß orientierter Maßstab liegt auch nicht wegen der Methode nahe, mit der die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G festgestellt werden. Denn für den Nachteilsausgleich aG gelten gegenüber dem Nachteilsausgleich G nicht gesteigerte, sondern andere Voraussetzungen (BSG, Urteil vom 13.12.1994 - 9 RVs 3/94 - juris).
Ebenso wenig lässt sich ein allein maßgebliches Wegstrecken-Zeit-Kriterium aus dem straßen-verkehrsrechtlichen Zweck des Nachteilsausgleichs aG herleiten. Insofern kommt es nicht auf die üblicherweise auf Großparkplätzen zurückzulegende Strecke zwischen allgemein nutzbaren Parkplätzen und Gebäudeeingängen an. Der Nachteilsausgleich aG soll die stark eingeschränkte Gehfähigkeit durch Verkürzung der Wege infolge der gewährten Parkerleichterungen ausgleichen (BSG, Urteil vom 06.11.1985 - 9a RVs 7/83 - SozR 3870 § 3 Nr. 18). Ein bestimmtes Wegstreckenkriterium erschiene nur dann als sachgerecht, wenn die betreffende Wegstrecke grundsätzlich geeignet wäre, den bestehenden Nachteil auszugleichen. Das könnte es nahelegen, auf die Platzierung gesondert ausgewiesener Behindertenparkplätze abzustellen. Aber auch diesem Ansatz ist nicht zuzustimmen. Abgesehen davon, dass es keine empirischen Untersuchungen zur durchschnittlichen Entfernung zwischen gesondert ausgewiesenen Behindertenparkplätzen und den Eingängen zu Einrichtungen des sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens gibt, greift die alleinige Ausrichtung auf Behindertenparkplätze (Zusatzzeichen 1020-11, 1044-10, 1044-11 StVO) zu kurz. Denn daneben werden nach Abschnitt I Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO weitere umfangreiche Parkerleichterungen, wie zum Beispiel die Ausnahme vom eingeschränkten Halteverbot, gewährt (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin außergewöhnlich gehbehindert ist. Weder gehört sie zu dem in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgeführten Personenkreis, noch ist sie nach Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Abs. 2 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VvV-StVO aufgrund ihrer Erkrankungen diesem Personenkreis gleichzustellen. Der Senat konnte sich ebenso wie das SG nicht davon überzeugen, dass das Gehvermögen der Klägerin auf das Schwerste eingeschränkt und beispielsweise mit dem Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten gleichzusetzen ist.
Das Gehvermögen der Klägerin wird zwar maßgeblich durch das chronisches Schmerzsyndrom, die somatoforme Schmerzstörung, die Gonarthrose beidseits, die Adipositas per magna, die lumbalen Rückenschmerzen, den Zustand nach PLIF-Operation L4/5 und nach Implantation einer SCS-Sonde eingeschränkt.
Die aus Erkrankungen auf dem orthopädischem Fachgebiet resultierenden Einschränkungen erreichen jedoch nicht das Ausmaß, das für die Feststellung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung erforderlich ist. Der Senat weist darauf hin, dass die Klägerin noch Wegstrecken bis zu 200 Metern in zumutbarer Weise zurücklegen kann. Dies ergibt sich aus den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen und insbesondere dem Gutachten des Dr. S ... Danach ist die Klägerin mit Hilfe eines Rollators, wenn auch mühsam gehend, zur Untersuchung gekommen. Auch hat sie im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung angegeben, sie könne - wenn sie mit dem Auto direkt vor die Pforte gefahren worden sei - direkt nach dem Aussteigen aus dem Auto ebenerdig mit dem Rollator zu den Ambulanzen der Krankenhäuser in Ravensburg und Wangen gelangen. Ferner hat sie ihre aktuelle Gehstrecke mit 200 Metern angegeben. Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige zu Recht ausgeführt, die Klägerin sei in der Lage, maximal 200 Meter mit Hilfe eines Rollators zu gehen, so dass die Voraussetzungen des Merkzeichens aG bei der Klägerin nicht gegeben sind. Gegen eine Einschränkung der Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße sprechen neben dem Gutachten des Dr. S. auch - worauf das SG in seinem Urteil zutreffend hingewiesen hat - die Einschätzungen des Ortopäden Dr. Z. und des Dr. L. von der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W., die beide im Ergebnis das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens aG verneint haben. Diese Einschätzung wird gestützt durch den Befundbericht der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R. vom 29.06.2011, in dem die Klägerin als am Gehwagen selbständig auf der Station mobil beschrieben worden ist, und den Befundbericht des Dr. L. von der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 23.05.2012, wonach die Klägerin mit Gehstützen zur Untersuchung gekommen ist. Auch aus den im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen lassen sich die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht ableiten. So ist in dem Arztbrief der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 11.06.2013 ein relativ freies Gangbild ohne Hinken und die Klägerin als am Rollator mobil beschrieben worden. Auch in dem Arztbrief des Prof. Dr. W., Chefarzt der Wirbelsäulentherapie der H. Stiftung in A., vom 05.02.2014 ist die Klägerin als an einem Rollator mobilisiert beschrieben worden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen auf dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Zwar hat Dr. S. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, es sei zu wenig beachtet worden, dass die somatoforme Schmerzstörung aufgrund einer Persönlichkeitsstörung mit depressiven Anteilen höchstwahrscheinlich die Grundlage für das gesamte Krankheitsgeschehen der Klägerin darstelle. Abgesehen davon, dass seelische Leiden grundsätzlich nicht die Feststellung der Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG rechtfertigen, da von den das menschliche Gehvermögen prägenden und variierenden Faktoren wie Körperbau, anatomische Behinderungen, Trainingszustand, Tagesform, Witterungseinflüsse, Art des Gehens oder Motivation all jene heraus zu filtern sind, die nach Abschnitt II Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Gehfähigkeit des schwerbehinderten Menschen nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (zum Merkzeichen G im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.09.2010 - L 11 SB 77/07 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R), ist die Klägerin nach dem oben Gesagten trotz Schmerzstörung und Persönlichkeitsstörung mit depressiven Anteilen tatsächlich noch in der Lage, mit einem Rollator Strecken zurückzulegen. Dieselben Erwägungen gelten im Hinblick auf die bei der Klägerin zu diagnostizierende Adipositas per magna, die zuletzt mit dem im Arztbrief des Prof. Dr. W., Chefarzt der Wirbelsäulentherapie der H. Stiftung in A., vom 21.02.2014 mit einem Gewicht von 145 kg bei einer Körpergröße von 1,61 m mit einem Body-Mass-Index von 55,94 kg/m³ beschrieben worden ist, zumal die aus den Gesundheitsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates folgenden Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr durch die (funktionellen) Auswirkungen des Übergewichts nicht derart verstärkt werden, dass die Klägerin daran gehindert wäre, sich mit einem Rollator fortzubewegen (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R - juris).
Zwar sieht der Senat, dass eine beträchtliche Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin vorliegt. Diese ist aber angemessen mit der Zuerkennung des Merkzeichens G berücksichtigt. Eine das Merkzeichen aG rechtfertigende Einschränkung der Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße, also derart, dass sich die Klägerin selbständig nur unter ebenso großen Anstrengungen wie beispielsweise ein Doppeloberschenkelamputierter oder sich nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann, ist nicht festzustellen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Danach waren die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Merkzeichens "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) streitig.
Der Beklagte hatte bei der am 09.10.1954 geborenen Klägerin unter Berücksichtigung der zur Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme des Sozialmediziners Nörenberg vom 28.02.2008, in der als Funktionsbeeinträchtigungen eine Funktionsbehinderung des Kniegelenks und eine Adipositas per magna mit einem Einzel-GdB von 50, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, ein Schulter-Arm-Syndrom und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 40, eine seelische Störung und ein chronisches Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 30, ein Lupus erythematodes mit einem Einzel-GdB von 30, ein Schlafapnoe-Syndrom mit einem Einzel-GdB von 20, eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform und eine Funktionsbehinderung beider Sprunggelenke mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Supraspinatus-Tendinose mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 90 eingeschätzt worden waren, mit Bescheid vom 07.03.2008 den GdB mit 90 seit 15.10.2007 festgestellt sowie ausgeführt, das Merkzeichen "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (G) bleibe und das Merkzeichen aG werde nicht festgestellt.
Am 28.09.2010 beantragte die Klägerin die Feststellung des Merkzeichens aG. Sie legte unter anderem den Arztbrief des Prof. Dr. L., Ärztlicher Direktor der Radiologischen Klinik des Universitätsklinikums F., vom 29.10.2010 vor, wonach bei der Klägerin magnetresonanztomographisch eine hochgradige Spinalkanalstenose L4/5 und eine Bandscheibenprotrusion L1/2 festgestellt wurden. Dr. E. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.03.2011 aus, die zwischenzeitlich diagnostizierte Spinalkanalstenose könne das Merkzeichen aG nicht begründen. Mit Bescheid vom 23.03.2011 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 14.04.2011 Widerspruch ein. Sie legte den Arztbrief des Dr. S., Chefarzt der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R., vom 13.12.2010 vor, in dem ausgeführt wurde, es bestehe bei der Klägerin eine mögliche Gehstrecke von maximal 200 Metern mit danach auftretenden stärksten Lumbalgien mit Ausstrahlung in die Beine. Der Sozialmediziner N. vertrat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.06.2011 die Ansicht, damit seien die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG weiterhin nicht gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.08.2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.
Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und diverse ärztliche Unterlagen beigezogen. Dr. L., Oberarzt am Klinikum W. in W., hat unter dem 12.12.2011 ausgeführt, die Klägerin stehe seit Juli 2004 in kontinuierlicher Behandlung der dortigen Schmerzabteilung. Aufgrund des massiven Übergewichtes und den Auswirkungen einer im Juni 2011 erfolgten Rückenoperation bestehe eine außergewöhnliche Gehbehinderung, die allerdings nicht mit derjenigen von Querschnittsgelähmten oder Doppelschenkelamputierten gleichzusetzen sei. In den von ihm vorgelegten Arztbriefen vom 18.04.2011, 04.10.2011 und 07.11.2011 sind als Diagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom, eine somatoforme Schmerzstörung, eine Gonarthrose beidseits, eine Adipositas per magna, ein Schlafapnoe-Syndrom, ein Lupus erythematodes, lumbale Rückenschmerzen und ein Zustand nach PLIF-Operation L4/5 beziehungsweise Spinalkanalstenose genannt. Der Allgemeinmediziner L. hat unter dem 24.12.2011 ausgeführt, trotz sehr umfangreicher Schmerztherapie mit kontinuierlicher Betreuung in der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W., sei es nicht möglich gewesen, die Schmerzen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Die anfänglichen Erfolge nach der operativen Sanierung mit dem Rückgang der Schmerzen hätten sich leider nicht aufrechterhalten. Er hat unter dem 16.06.2012 ausgeführt, als Ursache für die Claudicatio spinalis und damit auch für die stark eingeschränkte Gehstrecke sei die instabile Spondylolysthesis mit Spinalkanalstenose L4/5 anzunehmen. Der durch die nach der Operation erfolgten Sondenstimulation der Nerven mit SCS-Sonden-Implantation thorakal mit separater Hautausleitung erhoffte Erfolg habe sich wiederum nicht eingestellt. Die schmerzfreie Gehstrecke liege jetzt unter 20 Metern mit deutlichen neurologischen Ausfällen in beiden Beinen. Die Voraussetzungen des Merkzeichens aG seien seines Erachtens erfüllt.
Dr. G. hat in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.09.2012 dargelegt, die vorgelegten Unterlagen enthielten keine konkreten detaillierten Befunde zu den unteren Gliedmaßen und zur Wirbelsäule.
Daraufhin hat das Sozialgericht weitere ärztliche Befundberichte der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 10.11.2009, 15.02.2010, 29.04.2010, 29.07.2010, 15.02.2011 und 23.05.2012, des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 09.02.2010, des Neuroradiologen Dr. K. vom 20.07.2010, der Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums F. vom 29.10.2010, 09.12.2010 und 07.02.2011, des Orthopäden Dr. Z. vom 24.11.2010, des Chirurgen Dr. F. vom 10.12.2010, der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R. vom 13.12.2010, 29.06.2011, 24.08.2011, 17.02.2012, 13.03.2012 und 25.04.2012 sowie der Orthopädie des Universitätsklinikums U. vom 07.04.2011, 16.07.2012 und 25.07.2012 beigezogen.
Am 05.11.2012 hat die Klägerin erneut beim Beklagten die Feststellung des Merkzeichens aG beantragt.
Dr. R. hat in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.01.2013 ausgeführt, die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG seien weiterhin nicht ableitbar. Der bislang vergebene Gesamt-GdB sei weiterhin als überhöht anzusehen.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. S., Kliniken S. in A., vom 20.06.2013 eingeholt. Er hat ausgeführt, die Klägerin sei mit Hilfe eines Rollators, mühsam gehend, zur Untersuchung gekommen. Sie habe im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung angegeben, aufgrund ihrer Geh-Einschränkung sei sie nicht in der Lage, beispielsweise die Ambulanzen der Krankenhäuser in R. und W. zu erreichen, da es dort steil den Berg hinaufgehe und sie diese Wegstrecke vom normalen Parkplatz nicht schaffen könne. Sie würde immer direkt vor die Pforte gefahren und könne dann dort aussteigen und ebenerdig mit dem Rollator zur Ambulanz gelangen. Dies sei auch der Hauptgrund, weswegen sie das Merkzeichen aG begehre. Die aktuelle Gehstrecke habe sie mit 200 Metern angegeben. Der Sachverständige hat als Diagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom im Stadium III nach Gerbershagen, eine somatoforme Schmerzstörung, eine Gonarthrose beidseits, eine Adipositas per magna, ein Schlafapnoe-Syndrom, lumbale Rückenschmerzen, einen Zustand nach PLIF-Operation L4/5, einen Zustand nach Implantation einer SCS-Sonde und einen nicht eindeutig gesicherten Lupus erythematodes beschrieben. Der Sachverständige hat ausgeführt, aufgrund der Adipositas per magna, der schweren Schmerzstörung und der Gonarthrose sei die Klägerin in der Lage, maximal 200 Meter mit Hilfe eines Rollators zu gehen. So gesehen sei sie nicht in der Lage, einen größeren Wegabschnitt selbständig oder mit Hilfsmitteln zu überwinden, was im Alltag bedeute, dass sie beispielsweise bei einer Entfernung zwischen Parkplatz und Ambulanz eines Krankenhauses bei über 200 Metern nicht in der Lage sei, diese selbständig zu erreichen. Hier sei auch der Hintergrund für die Begehrlichkeit des Merkzeichens aG seitens der Klägerin gegeben. Allerdings sehe die momentane gesetzliche Grundlage bei der Definition des Merkzeichens aG als Grundlage keine Schmerzstörung mit Adipositas per magna, sondern schwerwiegendere Schädigungen wie beispielsweise eine Doppeloberschenkelamputation vor. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht vorhanden. Insofern seien im rechtlichen Sinne die Kriterien nicht erfüllt. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, bislang sei zu wenig beachtet worden, dass die somatoforme Schmerzstörung aufgrund einer Persönlichkeitsstörung mit depressiven Anteilen höchstwahrscheinlich die Grundlage für das gesamte Krankheitsgeschehen der Klägerin darstelle.
Mit Urteil vom 03.09.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht der für das Merkzeichen aG in Betracht kommenden Personengruppe gleichzustellen. Sie sei beim Gehen weder vom ersten Schritt ständig auf fremde Hilfe angewiesen noch bewege sie sich nur noch unter großer Anstrengung vom ersten Schritt an fort. Ebenso lägen keine Erkrankungen der inneren Organe vor, die eine solche Gleichstellung rechtfertigten. So werde in dem Gutachten des Dr. S. ausgeführt, dass die Klägerin - wenn auch mühsam - mit Hilfe eines Rollators gehend zur Untersuchung erschienen sei. Weiter habe sie angegeben, dass sie aufgrund ihrer Geh-Einschränkung nicht in der Lage sei, beispielsweise in die Ambulanzen von Krankenhäusern in R. oder W. zu gelangen, da es dort steil den Berg hinaufgehe und vom normalen Parkplatz sie das nicht schaffe. Sie würde immer direkt vor der Pforte gefahren und könne dann dort aussteigen und ebenerdig mit dem Rollator zur Ambulanz gelangen. Dies genüge für sich genommen jedoch nicht, die Zuerkennung des Merkzeichens aG zu begründen. Insoweit sei zu beachten, dass es allein auf die Einschränkung der Gehfähigkeit an sich ankomme. Äußere Umstände, wie etwa die örtlichen Gegebenheiten oder gegebenenfalls die Notwendigkeit, Hilfsmittel wie einen Rollator aus dem Auto zu bekommen, hätten hierbei unberücksichtigt zu bleiben. Gegen die Zuerkennung des Merkzeichens aG sprächen auch die im Gutachten des Dr. S. festgestellten Untersuchungsergebnisse. So sei das Gangbild zwar geprägt durch die Schmerzempfindung im Lendenwirbelsäulenbereich. Jedoch habe die Klägerin mit einem Rollator gehen können. Das Gangbild sei ausreichend sicher anhand eines Rollators gewesen. Die für die Klägerin mögliche Strecke mit einem Rollator habe der Sachverständige mit 200 Metern eingeschätzt. Dies entspreche auch den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben der Klägerin. Entsprechend gehe auch der Gutachter davon aus, dass im rechtlichen Sinne die Kriterien für das Merkzeichen aG nicht erfüllt seien. Auch aus den weiteren Befundunterlagen ergäben sich keine derartigen Einschränkungen der Gehfähigkeit, die die Zuerkennung des Merkzeichens aG rechtfertigten. Sowohl Dr. Z. als auch Dr. L. verneinten im Ergebnis das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens aG. Ausweislich des Befundberichts der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 23.05.2012 sei die Klägerin mit Gehstützen zur Untersuchung gekommen. In dem Befundbericht der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R. vom 29.06.2011 werde ein schonendes Gangbild bei der Aufnahmeuntersuchung beschrieben. Zehen- und Hackengang sowie die Kniebeuge rechts seien durchführbar gewesen. Bei der Entlassung sei die Klägerin am Gehwagen selbständig auf der Station mobil gewesen. Soweit der Allgemeinmediziner Lang die Gehstrecke auf unter 20 Meter angegeben habe, habe dies anhand des danach eingeholten Gutachtens nicht bestätigt werden können.
Gegen das ihr am 26.09.2013 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 23.10.2013 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, ihr sei es vom ersten Schritt außerhalb eines Kraftfahrzeuges an nur möglich, sich mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortzubewegen. Sie vermöge sich nur noch mit Hilfe eines Rollators fortzubewegen. Dies sei nur mit entsprechend großen körperlichen Anstrengungen verbunden, was mit ihrem extremen Übergewicht zusammen hänge. Sie müsse bereits nach einer kurzen Wegstrecke eine Pause einlegen. Außerdem sei eine weitere erhebliche gesundheitliche Verschlechterung eingetreten. Die Klägerin hat die Arztbriefe der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 27.03.2013 über die stationäre Maßnahme vom 06.03.2013 bis zum 27.03.2013 und vom 11.06.2013 über die stationäre Maßnahme vom 23.05.2013 bis zum 11.06.2013 vorgelegt. Im Arztbrief vom 11.06.2013 ist unter anderem ein relativ freies Gangbild ohne Hinken und die Klägerin als am Rollator mobil beschrieben worden. Es ist eine erneute multimodale Schmerztherapie durchgeführt worden. Ferner hat die Klägerin die Arztbriefe des Prof. Dr. W., Chefarzt der Wirbelsäulentherapie der H. Stiftung in A. vom 05.02.2014 und 21.02.2014 vorgelegt. Darin ist die Klägerin als an einem Rollator mobilisiert beschrieben worden. Der BMI ist mit über 45 festgestellt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 3. September 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, das Merkzeichen aG festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, er beabsichtige die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, und hat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden, da das SG nicht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat die hiergegen eingelegte Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat die Beteiligten hierzu vorher gehört.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 03.09.2013, mit dem die Klage der Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 23.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2011 abgewiesen worden ist. Die Klägerin erstrebt die Aufhebung dieses Bescheides und die Verpflichtung des Beklagten, bei ihr das Merkzeichen aG festzustellen. Dieses prozessuale Ziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.
Die Berufung ist nicht begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens aG hat.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Feststellung von Merkzeichen sind die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen aG einzutragen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Vierte Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes [SchwbAwV]). Diese Feststellung zieht straßenverkehrsrechtlich die Gewährung von Parkerleichterungen im Sinne des § 46 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) nach sich, insbesondere die Nutzung von gesondert ausgewiesenen Behindertenparkplätzen (Rollstuhlfahrersymbol, Zusatzzeichen 1020-11, 1044-10, 1044-11 StVO) und die Befreiung von verschiedenen Parkbeschränkungen (zum Beispiel vom eingeschränkten Halteverbot für die Dauer von 3 Stunden). Darüber hinaus führt sie unter anderem zur Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz [KraftStG]) bei gleichzeitiger Möglichkeit der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr (§ 145 Abs. 1 SGB IX) und gegebenenfalls zur Ausnahme von allgemeinen Fahrverboten nach § 40 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Sie macht die steuerliche Geltendmachung von Kosten des Kraftfahrzeuges, soweit sie nicht schon Werbungs- oder Betriebskosten sind, als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) in angemessenem Umfang möglich.
Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung ist Abschnitt II Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO). Dies ist, obwohl nach Art. 84 Abs. 2 Grundgesetz (GG) erlassene Verwaltungsvorschriften keine unmittelbare Außenwirkung entfalten (Lerche in Maunz-Dürig, GG, Kommentar, Stand Januar 1985, Art. 84, Rz. 94 bis 103), ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (zuletzt in BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris). Danach ist außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG, wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann (Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO). Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außer Stande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind (Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO), sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch auf Grund von Erkrankungen, dem vorstehenden Personenkreis gleichzustellen sind (Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO).
Der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" 2008 (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleichs entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche G, aG, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), "Gehörlosigkeit" (Gl) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.06.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011, noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteil des Senats vom 28.05.2013 - L 3 SB 5383/12 - juris; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 09.06.2011 - L 6 SB 6140/09, vom 09.05.2011 - L 8 SB 2294/10, vom 04.11.2010 - L 6 SB 2556/09, vom 24.09.2010 - L 8 SB 4533/09 und vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08; alle veröffentlicht in juris, Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Während die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgeführten Schwerbehinderten relativ einfach zu bestimmen sind, ist dies bei der Gruppe der gleichgestellten Schwerbehinderten nicht ohne Probleme möglich. Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die erstgenannten Gruppen von Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - juris). Schwierigkeiten bereitet hierbei der Vergleichsmaßstab, weil die verschiedenen, in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgezählten Gruppen in ihrer Wegefähigkeit nicht homogen sind und einzelne Vertreter dieser Gruppen - bei gutem gesundheitlichem Allgemeinzustand, hoher körperlicher Leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer Versorgung - ausnahmsweise nahezu das Gehvermögen eines Nichtbehinderten erreichen können (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - juris). Solche Besonderheiten können aber angesichts des mit der Zuerkennung des Merkzeichens aG bezweckten Nachteilsausgleichs nicht als Maßstab für die Bestimmung der Gleichstellung herangezogen werden. Vielmehr muss sich dieser strikt an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz orientieren; dies ist Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO beziehungsweise § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Parkraum für diejenigen Schwerbehinderten geschaffen werden sollte, denen es unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BT-Drucks 8/3150, S. 9 und 10 in der Begründung zu § 6 StVG). Wegen der begrenzten städtebaulichen Möglichkeiten, Raum für Parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Kreis der Begünstigten klein zu halten (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - juris).
Für die Gleichstellung ist bei dem Restgehvermögen des Betroffenen anzusetzen. Dabei lässt sich ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen griffig weder quantifizieren noch qualifizieren (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - juris). Weder der gesteigerte Energieaufwand noch eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke taugen grundsätzlich dazu. Denn die maßgeblichen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften stellen nicht darauf ab, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt. Der gleichzustellende Personenkreis beschränkt sich daher auf Schwerbehinderte, deren Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maß eingeschränkt ist und die sich nur unter ebenso großen körperlichen Anstrengungen fortbewegen können wie die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Vergleichsgruppen (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Auch soweit diese großen körperlichen Anstrengungen festzustellen sind, kann nicht allein auf eine gegriffene Größe wie die schmerzfrei zurückgelegte Wegstrecke abgestellt werden. Unabhängig von der Schwierigkeit, eine solche Wegstrecke objektiv fehlerfrei und verwertbar festzustellen, ist die Tatsache, dass ein Betroffener nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs aG reichen überdies nicht irgendwelche Erschöpfungszustände aus. Sie müssen in ihrer Intensität vielmehr gleichwertig mit den Erschöpfungszuständen sein, die Schwerbehinderte der in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Gruppen erleiden. Gradmesser hierfür kann die Intensität der Schmerzen beziehungsweise der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich unter anderem aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Schwerbehinderte nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den durch die Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Ob die danach erforderlichen großen körperlichen Anstrengungen beim Gehen vorliegen, ist Gegenstand tatrichterlicher Würdigung, die sich auf alle verfügbaren Beweismittel, wie Befundberichte der behandelnden Ärzte, Sachverständigengutachten oder einen dem Gericht persönlich vermittelten Eindruck, stützen kann. Gerade bei multimorbiden Schwerbehinderten liegt auf der Hand, dass allein das Abstellen auf ein starres Kriterium keine sachgerechte Beurteilung ermöglicht, weil es eine Gesamtschau aller relevanten Umstände eher verhindert. Gerade die Anwendung eines einzelnen starren Kriteriums birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Ein an einer bestimmten Wegstrecke und einem Zeitmaß orientierter Maßstab liegt auch nicht wegen der Methode nahe, mit der die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G festgestellt werden. Denn für den Nachteilsausgleich aG gelten gegenüber dem Nachteilsausgleich G nicht gesteigerte, sondern andere Voraussetzungen (BSG, Urteil vom 13.12.1994 - 9 RVs 3/94 - juris).
Ebenso wenig lässt sich ein allein maßgebliches Wegstrecken-Zeit-Kriterium aus dem straßen-verkehrsrechtlichen Zweck des Nachteilsausgleichs aG herleiten. Insofern kommt es nicht auf die üblicherweise auf Großparkplätzen zurückzulegende Strecke zwischen allgemein nutzbaren Parkplätzen und Gebäudeeingängen an. Der Nachteilsausgleich aG soll die stark eingeschränkte Gehfähigkeit durch Verkürzung der Wege infolge der gewährten Parkerleichterungen ausgleichen (BSG, Urteil vom 06.11.1985 - 9a RVs 7/83 - SozR 3870 § 3 Nr. 18). Ein bestimmtes Wegstreckenkriterium erschiene nur dann als sachgerecht, wenn die betreffende Wegstrecke grundsätzlich geeignet wäre, den bestehenden Nachteil auszugleichen. Das könnte es nahelegen, auf die Platzierung gesondert ausgewiesener Behindertenparkplätze abzustellen. Aber auch diesem Ansatz ist nicht zuzustimmen. Abgesehen davon, dass es keine empirischen Untersuchungen zur durchschnittlichen Entfernung zwischen gesondert ausgewiesenen Behindertenparkplätzen und den Eingängen zu Einrichtungen des sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens gibt, greift die alleinige Ausrichtung auf Behindertenparkplätze (Zusatzzeichen 1020-11, 1044-10, 1044-11 StVO) zu kurz. Denn daneben werden nach Abschnitt I Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO weitere umfangreiche Parkerleichterungen, wie zum Beispiel die Ausnahme vom eingeschränkten Halteverbot, gewährt (BSG, Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - juris; BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R - juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin außergewöhnlich gehbehindert ist. Weder gehört sie zu dem in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgeführten Personenkreis, noch ist sie nach Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Abs. 2 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VvV-StVO aufgrund ihrer Erkrankungen diesem Personenkreis gleichzustellen. Der Senat konnte sich ebenso wie das SG nicht davon überzeugen, dass das Gehvermögen der Klägerin auf das Schwerste eingeschränkt und beispielsweise mit dem Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten gleichzusetzen ist.
Das Gehvermögen der Klägerin wird zwar maßgeblich durch das chronisches Schmerzsyndrom, die somatoforme Schmerzstörung, die Gonarthrose beidseits, die Adipositas per magna, die lumbalen Rückenschmerzen, den Zustand nach PLIF-Operation L4/5 und nach Implantation einer SCS-Sonde eingeschränkt.
Die aus Erkrankungen auf dem orthopädischem Fachgebiet resultierenden Einschränkungen erreichen jedoch nicht das Ausmaß, das für die Feststellung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung erforderlich ist. Der Senat weist darauf hin, dass die Klägerin noch Wegstrecken bis zu 200 Metern in zumutbarer Weise zurücklegen kann. Dies ergibt sich aus den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen und insbesondere dem Gutachten des Dr. S ... Danach ist die Klägerin mit Hilfe eines Rollators, wenn auch mühsam gehend, zur Untersuchung gekommen. Auch hat sie im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung angegeben, sie könne - wenn sie mit dem Auto direkt vor die Pforte gefahren worden sei - direkt nach dem Aussteigen aus dem Auto ebenerdig mit dem Rollator zu den Ambulanzen der Krankenhäuser in Ravensburg und Wangen gelangen. Ferner hat sie ihre aktuelle Gehstrecke mit 200 Metern angegeben. Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige zu Recht ausgeführt, die Klägerin sei in der Lage, maximal 200 Meter mit Hilfe eines Rollators zu gehen, so dass die Voraussetzungen des Merkzeichens aG bei der Klägerin nicht gegeben sind. Gegen eine Einschränkung der Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße sprechen neben dem Gutachten des Dr. S. auch - worauf das SG in seinem Urteil zutreffend hingewiesen hat - die Einschätzungen des Ortopäden Dr. Z. und des Dr. L. von der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W., die beide im Ergebnis das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens aG verneint haben. Diese Einschätzung wird gestützt durch den Befundbericht der Neurochirurgie des Krankenhauses St. E. in R. vom 29.06.2011, in dem die Klägerin als am Gehwagen selbständig auf der Station mobil beschrieben worden ist, und den Befundbericht des Dr. L. von der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 23.05.2012, wonach die Klägerin mit Gehstützen zur Untersuchung gekommen ist. Auch aus den im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen lassen sich die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht ableiten. So ist in dem Arztbrief der Schmerzabteilung des Klinikums W. in W. vom 11.06.2013 ein relativ freies Gangbild ohne Hinken und die Klägerin als am Rollator mobil beschrieben worden. Auch in dem Arztbrief des Prof. Dr. W., Chefarzt der Wirbelsäulentherapie der H. Stiftung in A., vom 05.02.2014 ist die Klägerin als an einem Rollator mobilisiert beschrieben worden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen auf dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Zwar hat Dr. S. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, es sei zu wenig beachtet worden, dass die somatoforme Schmerzstörung aufgrund einer Persönlichkeitsstörung mit depressiven Anteilen höchstwahrscheinlich die Grundlage für das gesamte Krankheitsgeschehen der Klägerin darstelle. Abgesehen davon, dass seelische Leiden grundsätzlich nicht die Feststellung der Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG rechtfertigen, da von den das menschliche Gehvermögen prägenden und variierenden Faktoren wie Körperbau, anatomische Behinderungen, Trainingszustand, Tagesform, Witterungseinflüsse, Art des Gehens oder Motivation all jene heraus zu filtern sind, die nach Abschnitt II Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Gehfähigkeit des schwerbehinderten Menschen nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (zum Merkzeichen G im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.09.2010 - L 11 SB 77/07 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R), ist die Klägerin nach dem oben Gesagten trotz Schmerzstörung und Persönlichkeitsstörung mit depressiven Anteilen tatsächlich noch in der Lage, mit einem Rollator Strecken zurückzulegen. Dieselben Erwägungen gelten im Hinblick auf die bei der Klägerin zu diagnostizierende Adipositas per magna, die zuletzt mit dem im Arztbrief des Prof. Dr. W., Chefarzt der Wirbelsäulentherapie der H. Stiftung in A., vom 21.02.2014 mit einem Gewicht von 145 kg bei einer Körpergröße von 1,61 m mit einem Body-Mass-Index von 55,94 kg/m³ beschrieben worden ist, zumal die aus den Gesundheitsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates folgenden Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr durch die (funktionellen) Auswirkungen des Übergewichts nicht derart verstärkt werden, dass die Klägerin daran gehindert wäre, sich mit einem Rollator fortzubewegen (vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R - juris).
Zwar sieht der Senat, dass eine beträchtliche Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin vorliegt. Diese ist aber angemessen mit der Zuerkennung des Merkzeichens G berücksichtigt. Eine das Merkzeichen aG rechtfertigende Einschränkung der Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße, also derart, dass sich die Klägerin selbständig nur unter ebenso großen Anstrengungen wie beispielsweise ein Doppeloberschenkelamputierter oder sich nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann, ist nicht festzustellen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Danach waren die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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