Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 34/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 136/14 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine fristlose Kündigung wegen einer Tätlichkeit gegenüber einer Arbeitskollegin kann einen Grund für eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe darstellen.
Die Beschwerde gegen Ziffer I. des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.04.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth, bei dem der Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 streitig gewesen ist.
Die Klägerin war seit dem 01.10.2012 bei der Firma D. A. - Gebäudereinigung (G.) als Raumpflegerin beschäftigt. Am 22.11.2013 erfolgte eine fristlose Kündigung zum 22.11.2013. Die Klägerin meldete sich am 25.11.2013 zum 23.11.2013 bei der Beklagten arbeitslos. Zu den Umständen ihrer Kündigung gab sie an, sie habe am 21.11.2013 nach der Arbeit nach Hause gehen wollen und sei dabei von ihrer Arbeitskollegin "H." (H.) angesprochen worden, sie solle ihren Dreck weg machen, wenn sie das dreckige Wasser im Behindertenklo entsorge. Sie habe das Wasser aber deshalb nicht runter gespült, weil sie davon ausgegangen sei, auch H. würde ihr dreckiges Wasser dort entsorgen. So habe sie sich umgedreht und H. in einem "normalen Ton" gefragt, ob sie ihr Schmutzwasser wohl sonst nicht runterspülen und sie gerade so tun würde, als würde die Klägerin ihren Dreck nie wegräumen. H. habe darauf zu ihr gesagt, sie sei eine "dreckige Schlampe". In einer Art Reflex habe sie dann H. mit der glatten Hand eine Ohrfeige verpasst. Dies sei kein Kavaliersdelikt gewesen, sie habe aber in diesem Moment nicht anders gekonnt. G. teilte der Beklagten auf Anfrage mit, die Kündigung sei personenbedingt erfolgt, weil die Klägerin eine Arbeitskollegin geschlagen habe.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 28.01.2014 das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 fest. Der Anspruch auf Alg mindere sich um 84 Tage. Die Klägerin habe ihre Beschäftigung bei G. verloren, weil sie ihre Kollegin geschlagen habe. Der Verlust des Arbeitsplatzes sei leicht abzusehen gewesen, da davon auszugehen gewesen sei, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht dulden werde. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, zwar sei keine Kündigungsschutzklage erhoben worden, dennoch habe die Beklagte die Verhältnismäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung zu prüfen. Eine Tätlichkeit, die spontan auf eine Provokation erfolge, berechtige nicht zur Kündigung.
In einer weiteren Stellungnahme führte G. aus, die angebliche vorausgegangene Beleidigung sei unerheblich, da körperliche Gewalt damit nicht zu rechtfertigen sei. Im Übrigen passe die in Bezug auf H. vorgetragene Entgleisung nicht zu ihr. Die Klägerin habe seit Arbeitsbeginn weder durch ihre Arbeitsleistung noch durch ihre "Persönlichkeit" überzeugt. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2014 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Selbst eine Provokation hätte eine Ohrfeige nicht rechtfertigen können. Die Klägerin hätte stattdessen beispielsweise einfach gehen und die Beleidigung ihrer Vorgesetzten melden können.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Sie habe im Affekt gehandelt und gar nicht über Alternativen nachdenken können. Eine Beleidigung habe sie nicht hinnehmen müssen, insoweit stehe eine Ohrfeige auch nicht außer Verhältnis. Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2014 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt (Ziffer I.) und die Klage abgewiesen (Ziffern II. und III.). Das Verhalten der Klägerin habe arbeitsrechtlich eine Kündigung gerechtfertigt. Im Hinblick auf das Schlagen könne sie sich nicht auf eine Affekthandlung berufen, da sich die Situation nach und nach hochgeschaukelt habe. Auch eine unsachliche Kritik eines nicht ganz korrekten und nicht üblichen eigenen Verhaltens rechtfertige keine Körperverletzung. Diese stelle zudem eine derart grobe Pflichtverletzung dar, dass es keiner Abmahnung bedurft habe. Die Klägerin habe sich auch denken können, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht hinnehmen und sie ihren Job verlieren werde. Es liege weder ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin vor, noch gebe es eine besondere Härte.
Die Klägerin hat dagegen Berufung eingelegt (L 10 AL 115/14) und sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH gewandt. Es fehle eine Auseinandersetzung des SG mit der Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (vom 01.07.2009 - 3 SA 134/09), wonach eine spontane Tätlichkeit auf eine Provokation hin regelmäßig nicht zu einer Kündigung berechtige. Aufgrund der massiven Beleidigung mit "dreckige Schlampe" habe sie quasi im Affekt gehandelt. Insofern habe sie in diesem Moment nicht erkennen können, dass das Handeln ggf. eine Sperrzeit begründen könnte.
Aus den Akten der Staatsanwaltschaft B-Stadt (24 Js 1821/14) ergibt sich, dass H. am 22.11.2013 Anzeige gegen die Klägerin wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt hat. Die Polizeiinspektion A-Stadt hat diesbezüglich festgehalten, die Klägerin sei von H. angeblich mit "Schlampe" tituliert worden, worauf die Klägerin H. mit einem Schlüsselbund in der Hand ins Gesicht geschlagen habe. Die Beleidigungen habe H. bestritten. Sie habe eine ca. 10 cm lange Kratzwunde an der rechten Wange und eine Schwellung davongetragen. Im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts A-Stadt am 30.06.2014 hat die Klägerin u.a. angegeben, es habe schon seit längeren Probleme zwischen ihr und H. gegeben. Sie habe zu spät bemerkt, dass sie einen Schlüsselbund in der Hand gehabt habe. Das Gericht hat das Verfahren gegen die Klägerin nach § 153a Abs 2 Strafprozessordnung (StPO) vorläufig gegen Zahlung einer Auflage von 450 EUR eingestellt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Akten der Staatsanwaltschaft B-Stadt (24 Js 1821/14) Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie ist insbesondere nicht verfristet, da wegen der falschen Rechtsmittelbelehrung durch das SG - Berufung statt Beschwerde bezüglich der Ablehnung des PKH-Antrages - anstelle der Monatsfrist (§ 173 Satz 1 SGG) eine Jahresfrist (§ 66 Abs 2 Satz 1 SGG) gilt. Als zutreffendes Rechtsmittel gegen die PKH-Ablehnung, über die das SG unzulässiger Weise mit Gerichtsbescheid statt durch Beschluss entschieden hat (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 73a Rn 12a), ist die Beschwerde dennoch statthaft (vgl Leitherer, aaO, vor § 143 Rn 14).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das SG hat - auch wenn es im Hinblick auf die fehlende Entscheidung über den Antrag auf PKH vor Erlass des angefochtenen Gerichtsbescheides möglicherweise gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz -GG-) verstoßen hat - im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt. Dabei hat es jedoch in der unzutreffenden Form des Gerichtsbescheides über die Bewilligung von PKH entschieden. Ein Gerichtsbescheid kann nur ergehen, wenn sonst durch Urteil entschieden werden muss (Leitherer, aaO, § 105 Rn 5). Dies ist bei der Entscheidung über die Bewilligung von PKH nicht der Fall. Der Senat hat in der korrekten Form - durch Beschluss - über die Beschwerde gegen Ziffer I. des Gerichtsbescheides des SG zu entscheiden (vgl Leitherer, aaO, vor § 143 Rn 14a).
Nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr 19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl Leitherer, aaO, § 73a Rn 7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage in diesem Sinne war nicht gegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014, da der Alg-Anspruch aufgrund eines Sperrzeittatbestands nach § 159 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB III für 12 Wochen ruht.
Danach tritt eine Sperrzeit ein, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten in die-sem Sinne liegt u.a. dann vor, wenn der Arbeitslose durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Nach § 159 Abs 1 Satz 4 SGB III hat der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das notwendige arbeitsvertragswidrige Verhalten kann in jeglichem Verstoß gegen geschriebene oder ungeschriebene Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag bestehen (vgl BSG, Urteil vom 15.12.2005 - B 7a AL 46/05 R - BSGE 96, 22; Urteil des Senats vom 31.07.2007 - L 10 AL 44/04 - juris). Dieses Verhalten muss kausal (im Sinne der Wesentlichkeitstheorie) für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geworden sein. Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber muss - ebenfalls im Sinne einer wesentlichen Bedingung - Ursache für den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit sein. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, dass der Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder fahrlässig verursacht haben muss, ist es erforderlich, dass ein berechtigter Anlass zur Kündigung bestanden hat (BSG, Urteil vom 25.04.1990 - 7 RAr 106/89 - BSGE 67, 26, 28 mwN).
Vorliegend hat die Klägerin durch ihre arbeitsvertragswidrige Verhaltensweise Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch die fristlose Kündigung zum 22.02.2013 gegeben. Sie hat gegen ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen, da sie - wie sie selbst eingeräumt hat - ihre Arbeitskollegin H. am 21.02.2013 auf der Arbeitsstelle ins Gesicht geschlagen hat. Dabei hatte sie auch noch einen Schlüsselbund in der Hand, so dass in Zusammenschau mit den im Strafverfahren vorgelegten Bildern keine Zweifel daran bleiben, dass H. eine ca. 10 cm lange Risswunde an der rechten Wange und Schwellungen davongetragen hat. Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern sind grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (vgl BAG, Urteil vom 31.03.1993 - 2 AZR 492/92 - BAGE 73, 42 mwN).
Der kausale Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Klägerin und der Kündigung durch G. sowie der damit eingetretenen Arbeitslosigkeit ist zweifelsfrei gegeben. Die Klägerin musste individuell erkennen, dass ihr Verhalten unangemessen war und sie musste damit rechnen, wegen der Körperverletzung gegenüber H. entlassen zu werden und damit eine Sperrzeit zu bewirken. Notwendig ist hier subjektive Vorwerfbarkeit bei der Klägerin. Insoweit reicht leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 14/05 R - BSGE 97, 73; Urteil des Senats vom 26.03.2009 - L 10 AL 84/06 - juris). Jedem Arbeitnehmer muss klar sein, dass eine Tätlichkeit gegenüber einem Arbeitskollegen eine Kündigung zur Folge haben kann. Dies gilt umso mehr, als hier die Klägerin ihrer Arbeitskollegin mit einem Schlüsselbund in der Hand ins Gesicht geschlagen hat. Dies kann auch - die von H. bestrittene, vom Arbeitgeber angezweifelte und von niemand bezeugte - angebliche Provokation mit "dreckige Schlampe" nicht rechtfertigen. Die Klägerin hat nach eigenen Angaben ihr in die Toilette gekipptes Putzwasser nicht weggespült. Das Ansprechen hierauf durch H. erfolgte nicht grundlos. Die vorliegende Körperverletzung ist im Vergleich zu einer etwaigen bloßen Beleidigung mit "dreckige Schlampe" völlig unverhältnismäßig. Sie selbst hat gegenüber der Beklagten ausgeführt, ihr sei bewusst, dass es sich nicht um ein Kavaliersdelikt gehandelt habe. Da es nach den Angaben der Klägerin zwischen ihr und H. bereits längere Zeit Unstimmigkeiten gegeben hat und sie sich auf das Ansprechen durch H. am 21.11.2013 umdrehte und mit ihr diskutierte, kann auch nicht erkannt werden, dass es sich bei der Tätlichkeit um ein Handeln im Affekt gehandelt hat. So spricht die Klägerin selbst nur von "quasi" im Affekt. Bereits insofern geht auch der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (vom 01.07.2009 - 3 SA 134/09) fehl, zumal dort das Gericht für einen anderen Fall die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung nach einer Tätlichkeit festgestellt hat und nur auf gewisse Unterschiede zu einem Handeln im Affekt hingewiesen hat. Dort wird zudem auf Möglichkeiten der Vermeidung der Tätlichkeit, nämlich ein "auf Durchzug" schalten und Weiterfahren hingewiesen. Auch vorliegend hätte die Klägerin die angebliche Beleidigung durch H. einfach ignorieren können. Eine Rechtfertigung für eine Körperverletzung ist dabei keines Falles zu sehen. Bei Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen bedarf es vor Ausspruch der Kündigung grundsätzlich auch keiner Abmahnung (vgl BAG, Urteil vom 31.03.1993 1993 - 2 AZR 492/92 - BAGE 73, 42 mwN).
Für das Verhalten der Klägerin lag auch kein wichtiger Grund vor. Wie oben bereits ausgeführt, rechtfertigte selbst die umstrittene Beleidigung durch H. keinesfalls den Schlag mit dem Schlüsselbund in der Hand ins Gesicht der Arbeitskollegin.
Die Beklagte hat den Beginn und die Dauer der Sperrzeit zutreffend festgestellt. Die Sperrzeit begann mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet hat (§ 159 Abs 2 Satz 1 SGB III), somit am 23.11.2013. Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach § 159 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 4 Nr 3 SGB III 12 Wochen; Gründe für die Herabsetzung der Sperrzeit auf 6 Wochen (§ 159 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB III) liegen nicht vor. Damit hat der Anspruch auf Alg für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 geruht. Die Minderung der Anspruchsdauer um 84 Tage folgt aus § 148 Abs 1 Nr 4 SGB III.
Eine Erfolgsaussicht der Klage vor dem SG war mithin nicht erkennbar. Der Klägerin war deshalb keine PKH für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth, bei dem der Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 streitig gewesen ist.
Die Klägerin war seit dem 01.10.2012 bei der Firma D. A. - Gebäudereinigung (G.) als Raumpflegerin beschäftigt. Am 22.11.2013 erfolgte eine fristlose Kündigung zum 22.11.2013. Die Klägerin meldete sich am 25.11.2013 zum 23.11.2013 bei der Beklagten arbeitslos. Zu den Umständen ihrer Kündigung gab sie an, sie habe am 21.11.2013 nach der Arbeit nach Hause gehen wollen und sei dabei von ihrer Arbeitskollegin "H." (H.) angesprochen worden, sie solle ihren Dreck weg machen, wenn sie das dreckige Wasser im Behindertenklo entsorge. Sie habe das Wasser aber deshalb nicht runter gespült, weil sie davon ausgegangen sei, auch H. würde ihr dreckiges Wasser dort entsorgen. So habe sie sich umgedreht und H. in einem "normalen Ton" gefragt, ob sie ihr Schmutzwasser wohl sonst nicht runterspülen und sie gerade so tun würde, als würde die Klägerin ihren Dreck nie wegräumen. H. habe darauf zu ihr gesagt, sie sei eine "dreckige Schlampe". In einer Art Reflex habe sie dann H. mit der glatten Hand eine Ohrfeige verpasst. Dies sei kein Kavaliersdelikt gewesen, sie habe aber in diesem Moment nicht anders gekonnt. G. teilte der Beklagten auf Anfrage mit, die Kündigung sei personenbedingt erfolgt, weil die Klägerin eine Arbeitskollegin geschlagen habe.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 28.01.2014 das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 fest. Der Anspruch auf Alg mindere sich um 84 Tage. Die Klägerin habe ihre Beschäftigung bei G. verloren, weil sie ihre Kollegin geschlagen habe. Der Verlust des Arbeitsplatzes sei leicht abzusehen gewesen, da davon auszugehen gewesen sei, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht dulden werde. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, zwar sei keine Kündigungsschutzklage erhoben worden, dennoch habe die Beklagte die Verhältnismäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung zu prüfen. Eine Tätlichkeit, die spontan auf eine Provokation erfolge, berechtige nicht zur Kündigung.
In einer weiteren Stellungnahme führte G. aus, die angebliche vorausgegangene Beleidigung sei unerheblich, da körperliche Gewalt damit nicht zu rechtfertigen sei. Im Übrigen passe die in Bezug auf H. vorgetragene Entgleisung nicht zu ihr. Die Klägerin habe seit Arbeitsbeginn weder durch ihre Arbeitsleistung noch durch ihre "Persönlichkeit" überzeugt. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2014 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Selbst eine Provokation hätte eine Ohrfeige nicht rechtfertigen können. Die Klägerin hätte stattdessen beispielsweise einfach gehen und die Beleidigung ihrer Vorgesetzten melden können.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Sie habe im Affekt gehandelt und gar nicht über Alternativen nachdenken können. Eine Beleidigung habe sie nicht hinnehmen müssen, insoweit stehe eine Ohrfeige auch nicht außer Verhältnis. Mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2014 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt (Ziffer I.) und die Klage abgewiesen (Ziffern II. und III.). Das Verhalten der Klägerin habe arbeitsrechtlich eine Kündigung gerechtfertigt. Im Hinblick auf das Schlagen könne sie sich nicht auf eine Affekthandlung berufen, da sich die Situation nach und nach hochgeschaukelt habe. Auch eine unsachliche Kritik eines nicht ganz korrekten und nicht üblichen eigenen Verhaltens rechtfertige keine Körperverletzung. Diese stelle zudem eine derart grobe Pflichtverletzung dar, dass es keiner Abmahnung bedurft habe. Die Klägerin habe sich auch denken können, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht hinnehmen und sie ihren Job verlieren werde. Es liege weder ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin vor, noch gebe es eine besondere Härte.
Die Klägerin hat dagegen Berufung eingelegt (L 10 AL 115/14) und sich zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH gewandt. Es fehle eine Auseinandersetzung des SG mit der Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (vom 01.07.2009 - 3 SA 134/09), wonach eine spontane Tätlichkeit auf eine Provokation hin regelmäßig nicht zu einer Kündigung berechtige. Aufgrund der massiven Beleidigung mit "dreckige Schlampe" habe sie quasi im Affekt gehandelt. Insofern habe sie in diesem Moment nicht erkennen können, dass das Handeln ggf. eine Sperrzeit begründen könnte.
Aus den Akten der Staatsanwaltschaft B-Stadt (24 Js 1821/14) ergibt sich, dass H. am 22.11.2013 Anzeige gegen die Klägerin wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt hat. Die Polizeiinspektion A-Stadt hat diesbezüglich festgehalten, die Klägerin sei von H. angeblich mit "Schlampe" tituliert worden, worauf die Klägerin H. mit einem Schlüsselbund in der Hand ins Gesicht geschlagen habe. Die Beleidigungen habe H. bestritten. Sie habe eine ca. 10 cm lange Kratzwunde an der rechten Wange und eine Schwellung davongetragen. Im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts A-Stadt am 30.06.2014 hat die Klägerin u.a. angegeben, es habe schon seit längeren Probleme zwischen ihr und H. gegeben. Sie habe zu spät bemerkt, dass sie einen Schlüsselbund in der Hand gehabt habe. Das Gericht hat das Verfahren gegen die Klägerin nach § 153a Abs 2 Strafprozessordnung (StPO) vorläufig gegen Zahlung einer Auflage von 450 EUR eingestellt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Akten der Staatsanwaltschaft B-Stadt (24 Js 1821/14) Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie ist insbesondere nicht verfristet, da wegen der falschen Rechtsmittelbelehrung durch das SG - Berufung statt Beschwerde bezüglich der Ablehnung des PKH-Antrages - anstelle der Monatsfrist (§ 173 Satz 1 SGG) eine Jahresfrist (§ 66 Abs 2 Satz 1 SGG) gilt. Als zutreffendes Rechtsmittel gegen die PKH-Ablehnung, über die das SG unzulässiger Weise mit Gerichtsbescheid statt durch Beschluss entschieden hat (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 73a Rn 12a), ist die Beschwerde dennoch statthaft (vgl Leitherer, aaO, vor § 143 Rn 14).
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das SG hat - auch wenn es im Hinblick auf die fehlende Entscheidung über den Antrag auf PKH vor Erlass des angefochtenen Gerichtsbescheides möglicherweise gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz -GG-) verstoßen hat - im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt. Dabei hat es jedoch in der unzutreffenden Form des Gerichtsbescheides über die Bewilligung von PKH entschieden. Ein Gerichtsbescheid kann nur ergehen, wenn sonst durch Urteil entschieden werden muss (Leitherer, aaO, § 105 Rn 5). Dies ist bei der Entscheidung über die Bewilligung von PKH nicht der Fall. Der Senat hat in der korrekten Form - durch Beschluss - über die Beschwerde gegen Ziffer I. des Gerichtsbescheides des SG zu entscheiden (vgl Leitherer, aaO, vor § 143 Rn 14a).
Nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr 19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl Leitherer, aaO, § 73a Rn 7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage in diesem Sinne war nicht gegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014, da der Alg-Anspruch aufgrund eines Sperrzeittatbestands nach § 159 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB III für 12 Wochen ruht.
Danach tritt eine Sperrzeit ein, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten in die-sem Sinne liegt u.a. dann vor, wenn der Arbeitslose durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Nach § 159 Abs 1 Satz 4 SGB III hat der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das notwendige arbeitsvertragswidrige Verhalten kann in jeglichem Verstoß gegen geschriebene oder ungeschriebene Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag bestehen (vgl BSG, Urteil vom 15.12.2005 - B 7a AL 46/05 R - BSGE 96, 22; Urteil des Senats vom 31.07.2007 - L 10 AL 44/04 - juris). Dieses Verhalten muss kausal (im Sinne der Wesentlichkeitstheorie) für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geworden sein. Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber muss - ebenfalls im Sinne einer wesentlichen Bedingung - Ursache für den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit sein. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, dass der Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder fahrlässig verursacht haben muss, ist es erforderlich, dass ein berechtigter Anlass zur Kündigung bestanden hat (BSG, Urteil vom 25.04.1990 - 7 RAr 106/89 - BSGE 67, 26, 28 mwN).
Vorliegend hat die Klägerin durch ihre arbeitsvertragswidrige Verhaltensweise Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch die fristlose Kündigung zum 22.02.2013 gegeben. Sie hat gegen ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen, da sie - wie sie selbst eingeräumt hat - ihre Arbeitskollegin H. am 21.02.2013 auf der Arbeitsstelle ins Gesicht geschlagen hat. Dabei hatte sie auch noch einen Schlüsselbund in der Hand, so dass in Zusammenschau mit den im Strafverfahren vorgelegten Bildern keine Zweifel daran bleiben, dass H. eine ca. 10 cm lange Risswunde an der rechten Wange und Schwellungen davongetragen hat. Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern sind grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (vgl BAG, Urteil vom 31.03.1993 - 2 AZR 492/92 - BAGE 73, 42 mwN).
Der kausale Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Klägerin und der Kündigung durch G. sowie der damit eingetretenen Arbeitslosigkeit ist zweifelsfrei gegeben. Die Klägerin musste individuell erkennen, dass ihr Verhalten unangemessen war und sie musste damit rechnen, wegen der Körperverletzung gegenüber H. entlassen zu werden und damit eine Sperrzeit zu bewirken. Notwendig ist hier subjektive Vorwerfbarkeit bei der Klägerin. Insoweit reicht leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 14/05 R - BSGE 97, 73; Urteil des Senats vom 26.03.2009 - L 10 AL 84/06 - juris). Jedem Arbeitnehmer muss klar sein, dass eine Tätlichkeit gegenüber einem Arbeitskollegen eine Kündigung zur Folge haben kann. Dies gilt umso mehr, als hier die Klägerin ihrer Arbeitskollegin mit einem Schlüsselbund in der Hand ins Gesicht geschlagen hat. Dies kann auch - die von H. bestrittene, vom Arbeitgeber angezweifelte und von niemand bezeugte - angebliche Provokation mit "dreckige Schlampe" nicht rechtfertigen. Die Klägerin hat nach eigenen Angaben ihr in die Toilette gekipptes Putzwasser nicht weggespült. Das Ansprechen hierauf durch H. erfolgte nicht grundlos. Die vorliegende Körperverletzung ist im Vergleich zu einer etwaigen bloßen Beleidigung mit "dreckige Schlampe" völlig unverhältnismäßig. Sie selbst hat gegenüber der Beklagten ausgeführt, ihr sei bewusst, dass es sich nicht um ein Kavaliersdelikt gehandelt habe. Da es nach den Angaben der Klägerin zwischen ihr und H. bereits längere Zeit Unstimmigkeiten gegeben hat und sie sich auf das Ansprechen durch H. am 21.11.2013 umdrehte und mit ihr diskutierte, kann auch nicht erkannt werden, dass es sich bei der Tätlichkeit um ein Handeln im Affekt gehandelt hat. So spricht die Klägerin selbst nur von "quasi" im Affekt. Bereits insofern geht auch der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (vom 01.07.2009 - 3 SA 134/09) fehl, zumal dort das Gericht für einen anderen Fall die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung nach einer Tätlichkeit festgestellt hat und nur auf gewisse Unterschiede zu einem Handeln im Affekt hingewiesen hat. Dort wird zudem auf Möglichkeiten der Vermeidung der Tätlichkeit, nämlich ein "auf Durchzug" schalten und Weiterfahren hingewiesen. Auch vorliegend hätte die Klägerin die angebliche Beleidigung durch H. einfach ignorieren können. Eine Rechtfertigung für eine Körperverletzung ist dabei keines Falles zu sehen. Bei Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen bedarf es vor Ausspruch der Kündigung grundsätzlich auch keiner Abmahnung (vgl BAG, Urteil vom 31.03.1993 1993 - 2 AZR 492/92 - BAGE 73, 42 mwN).
Für das Verhalten der Klägerin lag auch kein wichtiger Grund vor. Wie oben bereits ausgeführt, rechtfertigte selbst die umstrittene Beleidigung durch H. keinesfalls den Schlag mit dem Schlüsselbund in der Hand ins Gesicht der Arbeitskollegin.
Die Beklagte hat den Beginn und die Dauer der Sperrzeit zutreffend festgestellt. Die Sperrzeit begann mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet hat (§ 159 Abs 2 Satz 1 SGB III), somit am 23.11.2013. Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach § 159 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 4 Nr 3 SGB III 12 Wochen; Gründe für die Herabsetzung der Sperrzeit auf 6 Wochen (§ 159 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB III) liegen nicht vor. Damit hat der Anspruch auf Alg für die Zeit vom 23.11.2013 bis 14.02.2014 geruht. Die Minderung der Anspruchsdauer um 84 Tage folgt aus § 148 Abs 1 Nr 4 SGB III.
Eine Erfolgsaussicht der Klage vor dem SG war mithin nicht erkennbar. Der Klägerin war deshalb keine PKH für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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