L 7 BK 4/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 BK 28/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 BK 4/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 KG 8/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Renovierung einer Heizungsanlage kann eine Erhaltungsmaßnahme für Wohnzwecke behinderter Menschen nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SGB II sein und Schonvermögen begründen.
Die dafür notwendige subjektive Zweckbestimmung für das Vermögen ist nicht nachgewiesen, wenn erst nach Ablauf des strittigen Zeitraums Angebote von Handwerkern eingeholt werden.
Verbesserungsmaßnahmen kommen nur in Betracht, wenn sie sich auf Maßnahmen von angemessenem Standard beziehen; eine Luft Wärmepumpe fällt nicht darunter.
Die Installation einer Photovoltaikanlage ist schon keine Erhaltungsmaßnahme für Wohnraum nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SGB II.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26. März 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für sechs Kinder und die Zeit von 01.11.2007 bis 30.09.2008.

Die 1965 geborene Klägerin und ihr 1962 geborener Ehemann beantragten erstmals im September 2005 Kinderzuschlag nach § 6a BKGG. Dies wurde mit Bescheid vom 04.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.05.2006 wegen zu hohem Einkommen und Vermögen abgelehnt.

Am 23.11.2007 beantragte die kindergeldberechtigte Klägerin erneut die Gewährung von Kinderzuschlag. Das Ehepaar hat folgende Kinder: Die Tochter S. (geb. 1991), die Tochter M. (geb. 1994), den Sohn J. (geb. 1996), die Tochter J. (geb. 2000), die Tochter V. (geb. 2003) und den Sohn D. (geb. 2007). V. ist mit einem GdB von 80 schwerbehindert und es wurden die Merkzeichen B, G und H anerkannt.

Das Ehepaar wohnte zusammen mit seinen Kindern in einem in seinem Eigentum stehenden Haus mit 172 qm Wohnfläche, davon selbst bewohnt 147 qm. In dem Haus wohnte in einer eigenen Wohnung kraft eines persönlichen Wohnrechts auch die Schwiegermutter der Klägerin. Geltend gemacht wurden dafür verschiedene Nebenkosten und Zinsen von monatlich 303,92 EUR, darunter auch 12,- EUR für Gartenpflege und 38,92 EUR für einen Herstellungsbeitrag für Wasserversorgung. Heizkosten entstanden in der strittigen Zeit am 13.02.2008 durch Kauf von Heizöl für 2.236,25 EUR. Auf dem Haus lasteten zum 11.09.2007 nurmehr Schulden von insgesamt 5.048,02 EUR mit Zinsen von monatlich 14,25 EUR (jährlich 3,4 %) monatlich fallend bei einer Monatsrate von 649,34 EUR für Zins und Tilgung. Das Hausgrundstück hat eine Fläche von 1482 qm.

Als Vermögen wurde unter anderem angegeben eine Kapitallebensversicherung des Ehemanns mit einem Auszahlungsbetrag von 41.126,- EUR (garantierter Rückkaufswert von 25.956,- EUR zuzüglich Überschussbeteiligung) zum 01.12.2007 bei bis November 2011 eingezahlten Beiträgen von 28.002,24 EUR. Versicherungsbeginn war der 01.12.1983, Ablaufdatum der 30.11.2021. Nach § 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen kann der Versicherungsnehmer die Versicherung jederzeit zum Schluss des laufenden Monats ganz oder teilweise kündigen. Nach § 5 dieser Bedingungen ist bis zum Rückkaufswert auch ein zu verzinsendes Darlehen möglich.

Auf einem Bausparkonto (Bausparsumme 16.000,- EUR) war zum November 2007 ein Guthaben von 7.474,05 EUR vorhanden. Daneben hatte das Ehepaar Wertpapiere für 3.793,44 EUR und zwei Pkw, davon einer mit einem Wert von 11.000,- EUR.

Der Ehemann erzielte laufendes Einkommen aus ganztägiger nichtselbständiger Tätigkeit in einem Baumarkt von monatlich 2.513,29 EUR brutto bzw. 1.882,68 EUR netto. Der Weg zur Arbeit war 27 km einfach. Die Klägerin befand sich in Elternzeit wegen des jüngsten Kindes; im Februar und März 2008 war sie bei A. erwerbstätig, während der Ehemann zwei Monate Elternzeit in Anspruch nahm. Die Klägerin bezog das gesetzliche Kindergeld und ab 01.09.2007 monatlich 207,- EUR Wohngeld.

Mit Bescheid vom 12.12.2007 wurde die Gewährung von Kinderzuschlag wegen zu hohem Einkommen bzw. Vermögen abgelehnt.

Dagegen wurde rechtzeitig Widerspruch erhoben. Dieser wurde dahingehend begründet, dass beim Ehemann Werbungskosten von monatlich 878,55 EUR (u. a. für Fahrtkosten, Gewerkschaftsbeiträge von monatlich 27,80 EUR, Telefon, Internet; Kinderbetreuungskosten, Fachliteratur etc.) zu berücksichtigen seien. Die auf dem Bausparkonto vorhandenen Gelder seien für den Ausbau des Kellergeschosses erforderlich, um dort Räume für die behinderte Tochter V. einzurichten. Dafür seien bereits 2.114,48 EUR ausgegeben worden. Die Eltern hätten Vermögensfreibeträge von zusammen 41.200,- EUR. Außerdem müsse die Zentralheizung erneuert und ein Treppenlift eingebaut werden. Der Bausparvertrag über 16.000,- EUR werde im Dezember 2008 zuteilungsreif.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Die Bedarfsgemeinschaft verfüge im November 2007 über 2.236,44 EUR an zu berücksichtigendem Einkommen und über 17.903,28 EUR an zu berücksichtigendem Vermögen. Bei der Einkommensbereinigung wurden die Kfz-Haftpflichtversicherung, der Weg zur Arbeit, die Versicherungspauschale und der Werbungskostenpauschbetrag berücksichtigt. Auf die Berechnungsbögen in der Anlage zum Widerspruchsbescheid wird verwiesen. Der Bedarf sei in vollem Umfang gedeckt. Es liege keine Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vor. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag sei ausgeschlossen.

Am 05.05.2009 wurde Klage zum Sozialgericht München erhoben. Diese wurde wie der Widerspruch begründet. Vorgelegt wurde eine Schlussrechnung der Firma F. vom 04.05.2009 für den Bau eines Vordachs für den Hauseingang über 5.999,98 EUR mit einer offenen Restzahlung von 600,- EUR und zwei Angebote der Firma K. vom Januar 2009 für eine Wärmepumpe für 17.207,45 EUR und eine Solaranlage für 12.627,19 EUR. Die Lebensversicherung werde benötigt, um die Heizung zu modernisieren. Es wurden ausdrücklich Leistungen für den Zeitraum von 01.11.2007 bis 30.09.2008 begehrt. Ein Verwertungsausschluss für die Kapitallebensversicherung nach VVG sei aus verschiedenen Gründen nicht erfolgt. Zum 01.12.2008 waren in die Versicherung 29.169,- EUR an Beiträgen eingezahlt bei einem Rückkaufswert einschließlich Überschussanteilen von 44.068,95 EUR.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2014 wies das SG München die Klage ab. Die Klägerin und ihre Bedarfsgemeinschaft seien nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II. Die Vermögensfreibeträge der Klägerin und ihres Ehemanns würden zum September 13.650,- EUR plus 6.000,- EUR Anschaffungsfreibeträge betragen, also insgesamt 19.650,- EUR. Die Kapitallebensversicherung habe dagegen einen Verkehrswert von 41.126,- EUR zum 30.11.2007 ansteigend auf 44.068,- EUR zum 30.11.2008. Die Beitragsleistungen lägen mit 28.002,- bzw. 29.169,- EUR weit darunter. Die Verwertung sei daher nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Ein Verwertungsausschluss habe nicht bestanden. Eine besondere Härte habe trotz der Behinderung der Tochter V. nicht vorgelegen. Die Umbaumaßnahmen für die Tochter seien bereits aus dem Bausparvertrag finanziert worden. Die anderen Baumaßnahmen wegen der Heizung seien nicht ausschließlich der Behinderung der Tochter zuzuordnen. Damit könne die Frage nach weiterem Vermögen (ein Pkw für 11.000,- EUR, Wertpapiere, großes Hausgrundstück) und die Höhe des Einkommens offen bleiben.

Die Klägerin hat am 02.05.2014 Berufung eingelegt. Diese ist wie die Klage begründet worden. Es liege ein Härtefall vor. Die Kapitallebensversicherung sei Schonvermögen. Es sei unschädlich, dass die vorgesehenen Baumaßnahmen auch den anderen Familienmitgliedern zu Gute kämen. 2007 habe es im Keller einen Wasserschaden gegeben. Der Ehemann der Klägerin habe fast alles in Eigenarbeit erledigt. Es könnten nur Materialrechnungen mit Beträgen von insgesamt etwa 3.000 EUR vorgelegt werden. Ferner sind Fotos für ein Kinderzimmer und ein Spielzimmer im Keller vorgelegt worden. Sie zeigen Räume mit kleinen Kellerfenstern. Eine Baugenehmigung für diese Räume gebe es nicht. Laut Rechnung ist im September 2011 eine PV- Anlage (Photovoltaikanlage) installiert worden und das dafür aufgenommene Darlehen ist bis September 2012 komplett abbezahlt worden. Die Kapitallebensversicherung sei weder im strittigen Zeitraum noch danach gekündigt oder beliehen worden.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26. März 2014 sowie den Bescheid vom 12.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.04.2009 aufzuheben und der Klägerin für die Zeit von 01.11.2007 bis 30.09.2008 Kinderzuschlag zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akten der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Berufungsgerichts verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht München die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag in der strittigen Zeit von 01.11.2007 bis 30.09.2008 nach § 6a BKGG. Statthaft ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG.

Neben diversen anderen Voraussetzungen ist nach § 6a Abs. 1 BKGG in allen Fassungen erforderlich, dass durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II verhindert wird. Das bedeutet, dass Kinderzuschlag nur gezahlt werden kann, wenn ohne den Kinderzuschlag ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II bestünde. Daran fehlt es hier.

1. Dies ist hier schon deswegen nicht der Fall, weil der Ehemann der Klägerin mit seiner Kapitallebensversicherung über einzusetzendes Vermögen nach § 12 SGB II verfügte, das die Vermögensfreibeträge bei Weitem überschritt. Dieses Vermögen ist gemäß § 9 Abs. 2 SGB II auch für Ehefrau und Kinder einzusetzen. Die in Bedarfsgemeinschaft lebende Familie war somit nicht hilfebedürftig gemäß § 9 SGB II.

Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände, gemäß § 12 Abs. 4 SGB II zum Verkehrswert, als Vermögen zu berücksichtigen, soweit das Vermögen die Vermögensfreibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt und nicht durch § 12 Abs. 3 SGB II als Schonvermögen freigestellt ist.

a) Das in einer Kapitallebensversicherung angesparte Guthaben aus Rückkaufswert einschließlich auszahlbaren Überschussanteilen abzüglich anfallender Kosten ist der Verkehrswert der Versicherung. Es ist verwertbares Vermögen, wenn es versilbert, sprich die Versicherung gekündigt oder beliehen werden kann. Eine Kündigung ist hier nach § 4 der Versicherungsbedingungen jederzeit zum Schluss des laufenden Monats ganz oder teilweise möglich mit der Folge der Auszahlung des Guthabens. Kosten oder Gebühren sind hierfür nicht ersichtlich.

Somit stand zum 01.12.2007 ein Guthaben von 41.216,- EUR, zum 01.11.2007 geringfügig weniger, als verwertbares Vermögen zur Verfügung. Im weiteren strittigen Zeitraum stieg das Guthaben weiter an.

b) Das Vermögen überstieg die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 1a SGB II deutlich.

Ab 01.11.2007 sind folgende Vermögensfreibeträge anzusetzen: Für die am 20.06.1965 geborene Klägerin 150,- EUR mal 42 bzw. ab 20.06.2008 mal 43 ergibt 6.300,- EUR bzw. 6.450,- EUR. Für den am 23.12.1962 geborenen Ehemann 150,- EUR mal 44 bzw. ab 23.12.2007 mal 45 ergibt 6.600,- EUR bzw. 6.750,- EUR. Hinzu kommen acht Ansparfreibeträge von je 750,- EUR mithin 6.000,- EUR. Das ergibt einen Gesamtbetrag von maximal 19.200 EUR. Der Verkehrswert der Kapitallebensversicherung war durchgängig mehr als doppelt so hoch.

c) Ein Verwertungsausschluss nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II bestand nicht. Die Verwertbarkeit der Kapitallebensversicherung war nicht bis zum Ruhestand ausgeschlossen.

d) Das Guthaben der Kapitallebensversicherung war auch nicht durch § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SGB II geschützt. Dies würde voraussetzen, dass es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dies zu Wohnzwecken behinderter Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde.

aa) Die Tochter V. ist mit einem GdB von 80 ein behinderter Mensch im Sinne dieser Vorschrift und von § 2 Abs. 1 SGB IX.

bb) Als Beschaffungsmaßnahmen kommt der Erwerb oder Anbau von Wohnraum, aber auch der behinderungsgerechte Ausbau von Wohnraum in Betracht.

Als Erhaltungsmaßnahmen gelten zunächst notwendige und geeignete Maßnahmen, um das Haus als Wohnstatt zu bewahren. Verbesserungsmaßnahmen sind aber nur bis zum zeitgemäßen aber noch angemessenen Standard umfasst (Mecke, a.a.O., Rn. 101). Dies ergibt sich daraus, dass der Begriff "Erhaltung" Verbesserungsmaßnahmen nur in begrenztem Umfang erfassen kann. Außerdem wäre die Planung der Herstellung eines gehobenen Standards angesichts von § 12 Abs. 3 S. 2 SGB II, der auf die Lebensumstände während des Leistungsbezugs abstellt, nicht schutzwürdig.

cc) Umbau des Kellers

Es fehlt schon an der subjektiven Zweckbestimmung für die Kapitallebensversicherung. Der Widerspruch wurde im März 2008 damit begründet, dass das Vermögen nicht zu berücksichtigen sei, weil der Bausparvertrag von 16.000,- EUR für den behindertengerechten Ausbau des Kellergeschosses zweckgebunden sei. Hierfür seien Kosten von 2.114,48 EUR angefallen. Die Nichterwähnung der Versicherung zeigt zum einen, dass die Kapitallebensversicherung zu dieser Zeit nicht für einen bestimmten Zweck vorgesehen war. Zum anderen belegen diese Ausführungen, dass die Sanierung des Kellers nach dem Wasserschaden mit geringem Kostenaufwand schon abgeschlossen war und die 16.000,- EUR aus dem Bausparvertrag weiterhin ungeschmälert zur Verfügung standen.

Ob die Familie tatsächlich beabsichtigte, die schwerbehinderte Tochter dauerhaft in den nur mit kleinformatigen Kellerfenstern ausgestatteten Kellerräumen unterzubringen, die offensichtlich auch baurechtlich nicht als Wohnräume geeignet waren, muss hier nicht geklärt werden. Der Vortrag bestätigt jedoch, dass es zu dieser Zeit keine weiteren Erhaltungsmaßnahmen geplant waren.

dd) Überdachung des Eingangs

Erst im Klageverfahren wurde im August 2009, also fast ein Jahr nach Ablauf des strittigen Zeitraums, vorgetragen, dass als weitere Baumaßnahmen die Überdachung des Hauseingangs und eine Glas-Schiebeanlage erfolgt seien. Hierzu wurden eine Rechnung vom 04.05.2009 über knapp 6.000,- EUR und eine weitere Auftragsbestätigung vom 03.06.2009 über 3.234,- EUR vorgelegt. Weil erneut kein Zusammenhang dieser Maßnahmen zu der Kapitallebensversicherung hergestellt wurde, was beim überschaubaren Kostenvolumen der Maßnahmen und dem noch vorhandenen Bausparvertrag nachvollziehbar ist, fehlt es auch für diese Maßnahmen an einer Zweckbestimmung für die Versicherung.

ee) Modernisierung der Heizung

Eine Modernisierung der Heizung kann durchaus eine Erhaltungsmaßnahme nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SGB II sein (vgl. Mecke in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 12 Rn. 101). Der angedachte Umbau der Heizung kann aber hier aus mehreren Gründen aus dem Versicherungsguthaben von 41.126,- EUR kein Schonvermögen machen.

Erstmals im August 2009 wurde in der Klagebegründung mitgeteilt, dass auch die Zentralheizung ergänzt bzw. umgebaut werden solle. Die Kosten würden sich auf 13.000,- bis 17.200,- EUR belaufen. Hierzu wurde zwei Angebote eines Handwerksbetriebs vom 16.12.2008 und 16.01.2009 vorgelegt. Darin wird die Lieferung und Montage einer Luft-Wärmepumpe in zeitlosem und attraktivem Design mit bemerkenswerter Laufruhe für 17.207,45 EUR angeboten sowie eine Solaranlage von 15 qm Kollektorfläche für 12.627,- EUR. Tatsächlich wurde die Heizung nachfolgend nicht modernisiert, sondern im September 2011 eine Photovoltaikanlage installiert.

Es fehlt wiederum an einer subjektiven Zweckbestimmung im strittigen Zeitraum. Erst Ende 2008 und damit nach Ablauf der strittigen Zeit haben Überlegungen begonnen, ob und wie die Heizung modernisiert werden könnte. Dabei standen eine Wärmepumpe und die Solaranlage alternativ zur Auswahl. Das reicht für eine nachweisliche Zweckbindung im strittigen Zeitraum nicht aus. Darüber hinaus gab es auch im August 2009 keinen Bezug der angedachten Maßnahmen zur Kapitallebensversicherung. Das war auch naheliegend, weil zumindest Teile des Bausparvertrags noch zur Verfügung standen. Dass die Versicherung für diese Maßnahmen auch objektiv nicht benötigt worden wäre, bestätigt die weitere Entwicklung: Statt Wärmepumpe oder Solaranlage wurde die noch teurere Photovoltaikanlage realisiert und diese ohne Einbeziehung der Versicherung finanziert.

Die angedachten Modernisierungen der Heizung waren keine angemessenen Erhaltungsmaßnahmen. Eine Luft-Wärmepumpe ist technisch komplex, kostenintensiv und noch wenig verbreitet. Eine derartige Wärmegewinnungsanlage für über 17.000,- EUR überschreitet den angemessenen Standard deutlich. Entsprechendes gilt für eine Solaranlage mit 15 qm Kollektorfläche.

Selbst wenn man die Maßnahmen als angemessene Erhaltungsmaßnahmen betrachten würde, wäre immer noch Vermögen in einer Höhe anzurechnen gewesen, das die Grenzen des Freivermögens überschritten hätte. Denn Schonvermögen kann nur soweit entstehen, soweit das Vermögen für einen privilegierten Zweck benötigt wird (vgl. Wortlaut § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SGB II). Nur in diesem Umfang kann auch der Schutzzweck gefährdet werden (Mecke, a.a.O., Rn. 105). Eine Teilkündigung der Versicherung war möglich gewesen. Wenn man die in den Angeboten enthaltenen alternativen Kosten vom Guthaben von 41.126,- EUR abzieht, wären die die Grenzen des Freivermögens von maximal 19.200,- EUR noch immer deutlich überschritten.

ff) Photovoltaikanlage

Im September 2011 wurde eine Photovoltaikanlage installiert und das dafür aufgenommene Darlehen wurde bereits bis September 2012 getilgt, ohne die Versicherung in Anspruch zu nehmen.

Der Einbau dieser Anlage ist schon keine Erhaltungsmaßnahme, um das Haus als Wohnstatt zu bewahren. Es handelt sich um eine Anlage zur Erzeugung von elektrischem Strom mit Hilfe von Sonnenlicht, regelmäßig um durch den Stromverkauf Einnahmen (Einspeisevergütung laut EEG) zu erzielen. Selbst wenn man sie als Erhaltungsmaßnahme einstufen würde, wäre der zeitgemäße und noch angemessene Standard angesichts der Kosten und der geringen Verbreitung deutlich überschritten. Außerdem fehlt es auch hier an einer Zweckbestimmung für die Versicherung in der strittigen Zeit.

e) Die Verwertung der Kapitallebensversicherung war nicht offensichtlich unwirtschaftlich nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II.

Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung läge vor, wenn der zu erzielende Gegenwert (Verkehrswert) in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert (Substanzwert) läge. Soweit der Verkehrswert hinter dem Substanzwert zurückbleibt, entsteht ein Verlust, dessen Höhe darüber entscheidet, ob die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist.

Der Verkehrswert ist der Wert, der für den Gegenstand am Markt erhältlich ist, also der aktuelle Verkaufspreis. Soweit die Verwertung Kosten verursacht, sind diese in Abzug zu bringen. Bei Versicherungen besteht der Verkehrswert grundsätzlich aus dem Rückkaufswert zuzüglich der Überschussbeteiligungen - hier Gesamtwert genannt (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2012, B 4 AS 29/12 R, Rn. 12). Der Substanzwert ("wirklicher Wert") richtet sich nach der Art des Vermögensgegenstandes (BSG, Urteil vom 23.05.2012, B 14 AS 100/11 R, Rn. 23 ff). Bei einer Kapitallebensversicherung ergibt sich der Substanzwert grundsätzlich aus den eingezahlten Beiträgen (BSG, o.g. Urteil vom 11.12.2012, Rn. 29).

Im vorliegenden Fall überstieg der Verkehrswert der Versicherung, sprich das Guthaben aus Rückkaufswert plus Überschussbeteiligung abzüglich Verwertungskosten, mit 41.126,- EUR den Substanzwert mit eingezahlten Beträgen von 28.002,- EUR zum 30.11.2007 bei weitem. Dies gilt auch für den gesamten strittigen Zeitraum. Am 30.11.2008 standen einem Guthaben von 44.068,- EUR Beiträge von 29.169,- EUR gegenüber.

Für den Fall des Eintritts von Verlusten hat das BSG im Urteil vom 20.02.2014, B 14 AS 10/13 R, Rn. 43, eine Einzelfallprüfung für notwendig erachtet. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass diese im vorliegenden Fall mangels Verlusten entbehrlich ist. Es wird jedoch festgestellt, dass eine Einzelfallprüfung angesichts der Höhe des Überschusses über die Beiträge, der Möglichkeit einer zeitnahen Teilkündigung und der noch langen Restlaufzeit bis 30.11.2021 dazu führt, dass eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit hier nicht vorliegt.

f) Die (teilweise) Verwertung des Kapitallebensversicherung wäre auch keine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II gewesen.

Eine besondere Härte läge nur vor, wenn außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die nicht bereits in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II als Privilegierungstatbestände erfasst sind, vorlägen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG, a.a.O., Rn. 45).

Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Erforderlich wäre allenfalls eine Teilkündigung der Versicherung gewesen. Das Ehepaar verfügt über ein sehr großes schuldenfreies Eigenheim mit zwei Wohnungen. Der Ehemann hatte und hat eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer ordentlichen Bezahlung. Ergänzt um Sozialleistungen ging das laufende Einkommen deutlich über den existentiellen Bedarf hinaus (siehe unten 2.). Eine kurze Leistungsdauer war bei Antragstellung nicht absehbar. Das Ehepaar verfügte neben dem Haus über weiteres Vermögen, wie den Bausparvertrag und Wertpapiere. Der Einbau von Wärmetauscher oder Solaranlage war auch keine notwendige Maßnahme. Sie wurde auch nicht durchgeführt. Die ebenfalls nicht notwendige Photovoltaikanlage wurde später ohne Inanspruchnahme der Versicherung finanziert und realisiert.

2. Die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II war in der überwiegenden Zeit auch wegen bedarfsdeckendem Einkommen ausgeschlossen.

Der Bedarf der in Bedarfsgemeinschaft lebenden Familie war im strittigen Zeitraum, außer in den Monaten Februar und im März 2008, als Heizöl gekauft wurde und der Ehemanns Elternzeit nahm, auch durch anrechenbares Erwerbseinkommen, Kindergeld und Wohngeld gedeckt. Auch aus diesem Grund scheidet ein Anspruch auf Kinderzuschlag in den anderen Monaten aus.

Der monatliche Gesamtbedarf setzt sich zusammen aus 1.942,- EUR für Regelbedarfe (zwei mal 312,- EUR, fünf mal 208,- EUR und 278,- EUR) und höchstens 292,- EUR an Kosten der Unterkunft und Heizung (angegebene Nebenkosten von 304,- EUR abzüglich 12,- EUR für Gartenpflege), mithin monatlich 2.233,- EUR. Ab April 2008 erhöhte sich der Regelbedarf von M. um 70,- EUR und ab Juli 2008 wegen der Regelsatzerhöhung für alle auf 2.038,- EUR. Insgesamt ergibt sich ein Gesamtbedarf nach SGB II von maximal 2.330,- EUR.

Dem stehen gegenüber das Kindergeld für sechs Kinder von 972,- EUR, Wohngeld von 207,- EUR und ein bereinigtes Erwerbseinkommen des Ehemanns von 1.447,66 EUR (1.882,68 EUR netto, bereinigt gemäß § 11 Abs. 2, § 30 SGB II um 407,22 EUR auf 1.475,46 EUR entsprechend den zutreffenden Berechnungsbögen zum Widerspruchsbescheid mit einem Weg zur Arbeit von 27 km einfach bei 19 Tagen pro Monat, abzuziehen sind davon aber noch monatlich 27,80 EUR für Gewerkschaftsbeiträge), mithin 2.626,66 EUR. Die Zahlung von Elterngeld an die Klägerin von über 300,- EUR (vgl. § 10 BEEG) und Sonderzahlungen des Arbeitgebers des Ehemanns sind dabei noch nicht berücksichtigt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Die Revision wurde nicht zugelassen, weil keine Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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