Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 234/12 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 50/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für den Zeitraum vor Inkrafttreten von Art. 91e GG können wegen der seinerzeit allein über Art. 106 Abs. 8 GG herzustellenden verfassungsrechtlichen Legitimation der unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen Bund und Optionskommune nach § 6b SGB II a.F. keine Rückerstattungsansprüche des Bundes allein wegen einer zweckwidrigen Verwendung bestehen.
2. Der Rechtsgrund einer im sog. HKR-Verfahren auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 GG erfolgten Zahlung entfällt nicht bei einer grob fahrlässig oder vorsätzlich rechtswidrigen Mittelverwendung. Eine Verschuldensabhängigkeit des Wegfalls eines Rechtsgrundes stünde bereits nach seiner Konstruktion in fundamentalem Widerspruch zum Bereicherungsrecht, das gerade verschuldensunabhängig auf die Rückabwicklung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen zielt.
2. Der Rechtsgrund einer im sog. HKR-Verfahren auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 GG erfolgten Zahlung entfällt nicht bei einer grob fahrlässig oder vorsätzlich rechtswidrigen Mittelverwendung. Eine Verschuldensabhängigkeit des Wegfalls eines Rechtsgrundes stünde bereits nach seiner Konstruktion in fundamentalem Widerspruch zum Bereicherungsrecht, das gerade verschuldensunabhängig auf die Rückabwicklung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen zielt.
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 469.647,58 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der gegen Frau C., geboren 1963 in C-Stadt, wohnhaft: C-Straße, D-Stadt, wegen der rechtswidrigen Verwendung der Mittel für SGB II-Leistungen im Zeitraum Juni 2009 bis März 2010 bestehenden Ansprüche und Herausgabe der notariellen Urkunde des Notars E. zur Urkundenrolle Nr. 123 für das Jahr 2010.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 80 Prozent, der Kläger 20 Prozent zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, zugelassener kommunaler Träger nach §§ 6a, 6b Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II), beansprucht von der Beklagten die Rückerstattung eines Geldbetrags, der nach erfolgtem Mittelabruf für Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende durch den Kläger an die Beklagte erstattet wurde.
Der Kläger hat zur Wahrnehmung der Aufgaben gem. § 6a Abs. 6 SGB II i. V. m. Art. 106 Abs. 8 GG eine besondere Einrichtung errichtet und sich zur Teilnahme an der Wirkungsforschung gem. § 6c SGB II verpflichtet. Verwaltungsorganisatorisch nimmt der Kläger die Aufgaben durch den "Geschäftsbereich Arbeit" wahr.
Aufgrund der Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten vom 19. April 2005 "über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende" war der Kläger zur Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (sog. HKR-Verfahren) berechtigt. Dort finden sich u.a. die nachfolgenden Regelungen:
"§ 1 Grundsatz
Der Landkreis ist verpflichtet
1. die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung sowie den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der vom Bund zu tragenden Aufwendungen sicherzustellen,
2. dem BMWA [seinerzeit: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Anm. d. Senats] auf Anforderung zeitnah Prüfungen zu ermöglichen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind.
Das BMWA verzichtet unter dieser Voraussetzung - unbeschadet der Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes - grundsätzlich auf eine Prüfung von Einzelnachweisen für die vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
§ 2 Leistungen zum Lebensunterhalt (
1) Der Bund ermöglicht dem Landkreis vorbehaltlich der Einreichung der erforderlichen Formanträge die Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren). Durch dieses Verfahren ermächtigt der Bund den Landkreis, Bundesmittel auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II und unter Beachtung dieser Verwaltungsvereinbarung sowie der Verfahrensrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen für Mittelverteiler/Titelverwalter zu bewirtschaften und beim Bund abzurufen. Das BMWA behält sich den Widerruf der Ermächtigung vor, soweit der Landkreis diese Vereinbarung oder die Verfahrensrichtlinien nicht beachtet. ( )
§ 3 Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten
(1) Das BMWA legt nach § 46 Abs. 2 SGB II im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für die regionale Verteilung der Mittel für
1. die Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
2. die Eingliederung in Arbeit fest. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsverordnung wird dem Landkreis jährlich ein Ermächtigungsrahmen eingeräumt. Der Ermächtigungsrahmen kann schrittweise freigegeben werden. Der Landkreis stellt sicher, dass der freigegebene Ermächtigungsrahmen nicht überschritten wird. ( )
(2) Die zugewiesenen Mittel sind von dem Landkreis so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.
(3) Für das Verfahren der Geldversorgung ist § 2 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Leistungen nicht entgegenstehen. ( )
§ 5 Finanzkontrolle
(1) Der Landkreis richtet ein Verwaltungs- und Kontrollsystem ein, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung der vom Bund hinsichtlich der besonderen Einrichtung des Landkreises nach § 6a Abs. 6 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 [GG - der Senat -] zu tragenden Aufwendungen sicherstellt (§ 1 Satz 2), und überwacht sein einwandfreies Funktionieren. Um sowohl den Entwicklungsaufwand für die Erarbeitung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme zu reduzieren als auch um deren Einheitlichkeit und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen, bietet das BMWA an, kurzfristig gemeinsam mit Vertretern aus Landkreisen und Städten ein einheitliches Verwaltungs- und Kontrollsystem zu erarbeiten.
(2) Soweit sich bei der Prüfung durch das Kontrollsystem, bei der Schlussabrechnung oder bei einer Überprüfung nach § 1 Nr. 2 ergibt, dass Aufwendungen nicht vom Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zu tragen sind, sind Überzahlungen unverzüglich auf das vom BMWA angegebene Konto zu erstatten.
(3) Der Landkreis übermittelt dem BMWA jährlich zum 28. Februar des Jahres, erstmals im Jahr 2006,
1. eine auf Grundlage der monatlichen Anweisungsnachweise erstellte Schlussrechnung über die Ausgaben für Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 2) und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten (§ 3) im Vorjahr;
2. eine Erklärung, dass die dem BMWA übermittelte Schlussrechnung und die durch die Anweisungen veranlasste Kostentragung des Bundes gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II für die im Vorjahr angefallenen Aufwendungen des Landkreises ordnungsgemäß erfolgt ist sowie dass der Landkreis zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit ein funktionierendes Verwaltungs- und Kontrollsystem aufweist. Für die Bescheinigung des Landkreises ist das dieser Vereinbarung als Anlage beigefügte Muster zu verwenden;
3. eine kurze Darstellung des Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie eine Übersicht über die Ergebnisse der im Vorjahr durchgeführten Kontrollen.
(4) Die Aufsicht der zuständigen Landesbehörde und die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs bleiben unberührt."
Im Zeitraum vom Juni 2009 bis März 2010 wurden durch eine Mitarbeiterin des Klägers insgesamt 557.106,48 EUR für tatsächlich nicht erbrachte Eingliederungsmaßnahmen und tatsächlich nicht an die Hilfebedürftigen weitergeleitete Barauszahlungen aufgewendet: Der Kläger beschäftigte im Fachbereich X. - Hilfemanagement – Frau C., die die Funktion eines sog. "persönlichen Ansprechpartners" (PAP) hatte und die als solche für die Vermittlung und Eingliederung von Langzeitarbeitslosen zuständig war. Die Mitarbeiterin wurde auf der Grundlage einer Vermittlungsvereinbarung mit der F. AG, bei der die Mitarbeiterin angestellt war, für die Tätigkeit bei dem Kläger abgeordnet, nach der Vereinbarung für den Zeitraum vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2010. Als persönliche Ansprechpartnerin war die Mitarbeiterin befugt, im Rahmen der Bewilligung gesetzlicher Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II Aufträge an Dritte bis zu einer Höhe von 5.000,00 EUR selbstständig zu erteilen. Auftragsgegenstand waren insbesondere Schulungen, Lehrgänge, Jobtrainings und vergleichbare Maßnahmen. Die Mitarbeiterin wurde am Morgen des 25. März 2010 freigestellt, nachdem am Vortag erste konkrete Verdachtsmomente für nicht ordnungsgemäße Leistungsbewilligungen aus der Bearbeitung der Mitarbeiterin aufgetreten waren.
Die Ermittlungen durch das Rechnungsprüfungsamt des Klägers erstreckten sich nach seinen Angaben auf 234 Akten. Daraus waren in 131 Akten Vorgänge mit strafrechtlicher Relevanz zu beanstanden. Die Mitarbeiterin hatte Zahlungsanweisungen zu Gunsten von (Schein-)Firmen bewirkt, hinter denen ihr Ehemann und sie selbst standen, ohne dass entsprechende Eingliederungsleistungen an Hilfebedürftige erbracht wurden. Lediglich eine der Firmen bot in begrenztem Umfang tatsächlich Maßnahmen an, die von Hilfebedürftigen auch wahrgenommen wurden. Darüber hinaus hatte die Mitarbeiterin Barauszahlungen vom Kassenautomaten vereinnahmt; auf den dafür notwendigen Auszahlungsanordnungen hatte sie die Unterschrift von Hilfebedürftigen gefälscht oder sich von Hilfebedürftigen einen Geldempfang bestätigen lassen, obwohl diese das Geld weder in bar noch später durch eine Überweisung erhielten. Die beschriebenen Sachverhalte sind nach unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers sämtlich der Aufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" zuzuordnen. Der Gesamtbetrag, der nach den Ermittlungen des Klägers auf Barauszahlungen an die Mitarbeiterin entfiel, beläuft sich auf 47.052,60 EUR. Der Gesamtbetrag der Zahlungsanweisungen an Scheinfirmen beläuft sich auf 510.053,88 EUR, insgesamt 557.106,48 EUR. Der Kläger konnte bis zum 2. April 2012 insgesamt einen Teilbetrag von 76.974,13 EUR im Wege der Zwangsvollstreckung beitreiben; dem standen Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von 2.438,03 EUR gegenüber. Nach den Angaben einer Mitarbeiterin des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist zum Abrechnungsstand 3. Dezember 2013 insgesamt ein Teilbetrag in Höhe von 87.458,90 EUR erlangt worden.
Den Ermittlungen des Klägers stand u.a. eine Vor-Ort-Prüfung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 28. Juni 2010 bis 1. Juli 2010 gegenüber, die u.a. der Ermittlung der Schadenshöhe diente. Hinsichtlich des Ergebnisses und der Einzelheiten wird auf Bl. 224 bis 285 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Zeitgleich fanden Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Ausgestaltung des Verwaltungs- und Kontrollsystems bei dem Kläger statt. Neben problematischen Funktionen der verwendeten Software wurden insbesondere Mängel bei der Praxis des 4-Augen-Prinzips diskutiert. Ergänzend wird auf den entsprechenden Vermerk in der Verwaltungsakte der Beklagten (Bl. 231 f.) verwiesen.
Frau C. gab am 10. Mai 2010 ein notarielles Schuldanerkenntnis gegenüber dem Kläger i.H.v. 486.177,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von "5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz" ab (Notar Dr. E., Urkundenrolle Nr. 123 für das Jahr 2010). Das Schuldanerkenntnis soll nach Ziffer 2 eine selbständige Verpflichtung begründen. Die Schuldnerin unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf Bl. 315 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger setzte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 31. März 2010 darüber in Kenntnis, dass Mittel veruntreut worden seien. Diese machte mit dem Antwortschreiben vom 22. April 2010 einen Anspruch auf Erstattung von Beträgen geltend, "die rechtswidrig von der Mitarbeiterin verausgabt wurden". In der weiteren Korrespondenz vertrat die Beklagte die Rechtsauffassung, es handele sich nicht um Aufwendungen im Sinne von § 6b Abs. 2 S. 1 SGB II, die der Bund zu tragen habe. Sie stützte ihr Erstattungsverlangen auf § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung und auf das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs.
Dieser Begründung ist der Kläger u.a. mit Schreiben vom 2. November 2010 entgegengetreten. Er wies darauf hin, dass die Rechtsgrundlage für die Finanzierungslast des Bundes gem. § 6b Abs. 2 SGB II nicht zwischen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Aufwendungen differenziere, ferner auf die Gleichstellung des Landkreises mit der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Finanzierung von Aufwendungen nach § 46 SGB II, welche die Präambel der Verwaltungsvereinbarung hervorhebe. Da der Bund die Aufwendungen unrechtmäßiger Leistungsbewilligungen der Bundesagentur für Arbeit trage, müsse dies auch für den Kläger gelten
Der Kläger erstattete der Beklagten am 22. Juni 2011 503.167,35 EUR aufgrund eines Kreistagsbeschlusses vom 20. Juni 2011 "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Prüfung". Die Berechnung des Betrages durch den Kläger beruht auf einer Hauptforderung in Höhe von 500.823,50 EUR und den von der Beklagten verlangten Zinsen in Höhe von 2.343,85 EUR. Die ursprüngliche Hauptforderung von 557.106,48 EUR hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits um 56.282,98 EUR reduziert, die der Kläger im Wege der Zwangsvollstreckung von der Mitarbeiterin erhalten und an die Beklagte erstattet hatte.
Der Erstattung vorausgegangen war die Mitteilung der Beklagten, dass der Mittelabruf über das HKR-Verfahren nicht fortgesetzt werden könne, wenn der Kläger weiterhin die Erstattung verweigere.
Die Klage ist am 23. April 2012 bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingegangen. Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 482.476,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Der Kläger ist der Rechtsauffassung, dass sein Leistungsantrag im allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch seine Rechtsgrundlage finde. Es fehle für die vorläufig von der Beklagten durchgesetzte Erstattung an einer Rechtsgrundlage. Weder auf § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung noch auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch könne die Forderung der Beklagten gestützt werden. Jedenfalls scheitere der Erstattungsanspruch der Beklagten daran, dass keine Vermögensverschiebung im Sinne des Bereicherungsrechts stattgefunden habe und der Kläger infolge des Mittelabrufs nicht bereichert gewesen sei. Des Weiteren sei die Beklagte zur Tragung der Kosten auch dann verpflichtet, wenn diese in Einzelfällen aus einem fehlerhaften Vollzug von Aufgaben des SGB II resultierten, wie hier wegen veruntreuender Leistungsbewilligungen durch eine Mitarbeiterin. Darin liege gleichwohl ein Rechtsgrund für den Mittelabruf durch den Kläger. Im Rahmen der ihr durch § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II auferlegten Kostentragungslast sei die Beklagte nämlich verpflichtet, auch die Aufwendungen eines (in Einzelfällen) fehlerhaften Gesetzesvollzugs zu tragen. Dies entspreche insbesondere einer historischen Auslegung der Vorschrift, nach der bei der Ausgestaltung des Optionsmodells habe sichergestellt sein sollen, dass die optierenden Kommunen nicht gegenüber den Agenturen für Arbeit schlechter gestellt sein sollten und das Gesetz keine direkten finanziellen Auswirkungen haben sollte. Weiter beruft sich der Kläger auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Sozialgerichts Braunschweig vom 19. Januar 2012 – S 52 AS 4013/10. Erwägungen des Verschuldens, wie sie in den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 anklängen, könnten nur im Rahmen allgemeiner Erwägungen bezüglich der Risikoverteilung eine Rolle spielen. Es sei eine aufgabenbezogene und nicht einzelmaßnahmenbezogene Betrachtung vorzunehmen; dies folge bereits aus § 6b Abs. 2 SGB II. Der mit dem Antrag geltend gemachte Erstattungsanspruch entspreche in der Höhe dem Betrag, den der Kläger der Beklagten am 22. Juni 2011 erstattet habe, einschließlich der von ihr geltend gemachten Zinsen und abzüglich der von der Mitarbeiterin beigetriebenen Beträge. Der Kläger werde den Klageantrag der Höhe nach reduzieren, soweit es ihm gelinge, weitere Teilbeträge beizutreiben.
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 469.647,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
die Beklagte zur Zahlung der im Klageantrag genannten Summe nur Zug um Zug zu verurteilen gegen Abtretung aller zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts noch nicht erfüllten Ansprüche des Klägers gegen die für den Kläger handelnde Mitarbeiterin (Frau C.) wegen Veruntreuung der Mittel für SGB Il-Leistungen im Zeitraum Juni 2009 bis März 2010 sowie Auskehrung des Betrages von 87.458,90 EUR, den Frau C. seit Klageerhebung an den Kläger zurückgeführt hat, sowie aller weiteren von ihr seitdem erlangten Beträge und die notarielle Urkunde des von dieser abgegebenen Schuldanerkenntnisses an die Beklagte herauszugeben;
äußerst hilfsweise:
den Kläger im Wege der Widerklage zu verurteilen, die benannten Ansprüche gegen Frau C., welche die Mittel veruntreut hat, an die Beklagte abzutreten sowie die notarielle Urkunde über das von dieser abgegebene Schuldanerkenntnis an die Beklagte herauszugeben und denjenigen Betrag an die Beklagte zu zahlen, den Frau C. über die genannte Summe in Höhe von 87.458,90 EUR seit Klageerhebung an den Kläger zurückgeführt hat.
Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, die von dem Kläger behauptete "Pauschalzuweisung" von Mitteln für Leistungen im Rahmen des HKR-Verfahrens existiere nicht. Ausweislich § 2 der Verwaltungsvereinbarung ziele das HKR-Verfahren allein darauf, das Verfahren der Bereitstellung respektive des Abrufes der Mittel der Beklagten zu erleichtern. Unabhängig von dem jeweiligen Verfahren der Mittelbereitstellung habe der Kläger also nur Mittel für die ihm im Rahmen des § 6b Abs. 1 Satz 1 SGB II zusätzlich übertragenen Sozialleistungen beim Bund abrufen dürfen, soweit er solche Leistungen an Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch tatsächlich erbracht habe. Schon nach dem Wortlaut des § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II sei Voraussetzung für eine Aufwendungserstattung durch die Beklagte, dass dem Kläger Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entstanden seien. Auch wenn hierbei nach dem Wortlaut darüber gestritten werden könne, ob davon auch die Aufwendungen für rechtswidrige, also von den Regeln des SGB II nicht gedeckte Leistungen der Optionskommunen vom Bund zu tragen seien, müsse es sich doch jedenfalls um Aufwendungen des Klägers handeln, die zudem einen gewissen Bezug zu der ihm als Optionskommune obliegenden Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende i.S.v. § 1 SGB II hätten. Im Falle einer Veruntreuung von Mitteln beim Kläger fehle dieser Bezug: Weder habe der Kläger insoweit Aufwendungen getätigt noch seien die veruntreuten Mittel für die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende verwendet worden. Insofern könne auch der dem Urteil des SG Braunschweig zugrunde liegende finanzverfassungsrechtliche Ansatz keine Erstattung dieser Mittel durch den Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II rechtfertigen. Der Argumentation des SG Braunschweig liege die Überlegung zugrunde, dass § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II eine Finanzierungs- und keine Haftungsregelung im Verhältnis von Bund und Optionskommunen darstelle; § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II bezwecke nicht den Ausgleich des Spannungsverhältnisses, das aus dem Auseinanderfallen von Finanzierungs- und Aufgabenverantwortlichkeit entstehe. Damit knüpfe das SG Braunschweig der Sache nach an die Prämisse in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, welches die Ursache des genannten "Spannungsverhältnisses" darin sehe, dass die Finanzierungslast des Bundes gemäß Art. 104a Abs. 2 GG auch für nicht ordnungsgemäß verwaltete Zweckausgaben bestehe. Hiernach seien auch Ausgaben für rechtswidrige Leistungen dann Zweckausgaben, wenn sie unmittelbar der Förderung des jeweiligen Sachanliegens bzw. der Verwaltungsaufgabe dienten. Eben diese Prämisse werde hingegen verlassen, wenn die Mittel bei der Optionskommune veruntreut würden. Auch die vom Kläger zur Stützung seiner Auslegung des § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II herangezogene Erwägung, bei Beschränkung der vom Bund zu tragenden Aufwendungen auf Aufwendungen für Leistungen, die von den Regeln des SGB II gedeckt seien, werde im Ergebnis eine im Grundsatz ausschließlich den Ländern zustehende Rechtsaufsicht über die Gemeinden und Landkreise durch den Bund ausgeübt, greife hier nicht. Es gehe nicht um eine inhaltliche Kontrolle des Verwaltungshandelns der Optionskommune, sondern um eine schlichte Abrechnungsfrage. Selbst bei der vom Kläger angeführten aufgaben- und nicht maßnahmenbezogenen Sichtweise des § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II seien auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedenfalls solche Aufwendungen nicht mehr erfasst, bei denen sich die Verwendung der Mittel nicht mehr im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Ziele, Zwecke und Prinzipien bewege. Dies sei bei einer Veruntreuung der Mittel der Fall. Am Maßstab der Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 sei dem Kläger das Verhalten und das Vertretenmüssen der Mitarbeiterin auch zuzurechnen; entscheidend sei, dass diese vom Kläger mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende betraut worden sei. Es verhalte sich hier nicht anders als beim Tatbestandsmerkmal "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" i.S.v. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit der Bundesagentur für Arbeit führe schließlich nicht zu einer anderen Auslegung des § 6b Abs. 1 Satz 2 SGB II; insoweit handele es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte, weil der Bund nur gegenüber den Optionskommunen, nicht aber gegenüber der Bundesagentur in dem durch Art. 106 Abs. 8 GG geprägten besonderen finanzverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis stehe. Ein Rechtsgrund der Beklagten auf ein Behaltendürfen ergebe sich bereits aus § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung, außerdem aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches. Hilfsweise ergebe sich ein Anspruch der Beklagten auch aus dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Pflicht aus einem verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis. Diese Ansprüche seien nicht durch Art. 104a Abs. 5 GG gesperrt.
Aus der Abwicklung des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses habe der Beklagten auch ein Zinsanspruch gegen den Kläger zugestanden. Dieser Zinsanspruch belaufe sich jedenfalls auf den in § 6b Abs. 5 Satz 3 SGB II genannten Betrag in Höhe von drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Im Falle der zeitlichen Unanwendbarkeit des § 6b Abs. 5 SGB II auf den vorliegenden Fall sei er sogar analog § 288 Abs. 2 BGB mit acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bemessen; diese Vorschrift sei anwendbar, weil die Erstattungspflicht nach § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung - nicht anders als die Pflicht zum sparsamen und wirtschaftlichen Einsatz der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel - eine Hauptleistungspflicht des Klägers aus der Verwaltungsvereinbarung sei.
Die Hilfsanträge fänden ihre Rechtsgrundlage in den Grundsätzen der Drittschadensliquidation, jedenfalls aus einer analogen Anwendung der §§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. und § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wenn der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte habe, so sei er seinerseits verpflichtet, die ihm gegen seine Mitarbeiterin zustehenden Ansprüche an die Beklagte abzutreten. Allein der Kläger habe nach den beamtenrechtlichen Vorschriften einen Anspruch gegen seine Mitarbeiterin (Haftungskonzentration auf den Dienstherrn). Weil damit der – mit dem Hauptantrag angegriffene – Zahlungsanspruch des Klägers jedenfalls nicht einredefrei gewesen sei, könne er keine Verzugs- oder Prozesszinsen verlangen. Der Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der über den Anspruch ausgestellten Schuldurkunde durch den Kläger folge aus § 952 BGB.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens (2 Bände), auf die Akten der drei vom Kläger vorgelgten Musterfälle (3 Bände) und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Ordner), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Das Landessozialgericht ist zur erstinstanzlichen Entscheidung nach § 29 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berufen.
Der Senat konnte ohne Beiladung von Frau C. entscheiden.
Die Entscheidung musste ihr gegenüber nicht einheitlich ergehen (§ 75 Abs. 2 1. Var. SGG). Zu beachten ist insoweit, dass sich bei der Zug-um-Zug-Verurteilung die Rechtskraft des Urteils lediglich auf den Klageanspruch und nicht auf den vom Schuldner geltend gemachten Gegenanspruch bezieht. § 322 Abs. 2 ZPO findet keine entsprechende Anwendung (Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 274 Rn. 9 m.w.N). Die Gegenforderung ist zudem rechtswegfremd, insoweit wäre die Beiladung auch folgenlos. Weiterhin werden bei der Zug-um-Zug-Verurteilung die Höhe und Durchsetzbarkeit der Ansprüche gegenüber dem Dritten nicht geprüft, insoweit besteht also auch nicht die Gefahr auseinanderfallender Entscheidungen. Der Senat hat nach § 75 Abs. 1 SGG sein Ermessen dahingehend ausgeübt, dass eine einfache Beiladung entbehrlich ist. Das berechtigte Interesse, auf die Person des Gläubigers Einfluss zu nehmen, ist durch §§ 404 ff. BGB hinreichend geschützt, ohne dass es prozessualer Möglichkeiten bedarf. Zudem ist die seitens des Klägers gegenüber Frau C. bestehende Forderung bereits tituliert.
Die Klage ist als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Der Kläger begehrt die Verurteilung zur Rückerstattung der unter Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Zahlung an die Beklagte. Die Rückerstattung ist eine Leistung, für die es eines Verwaltungsakts als Rechtsgrundlage nicht bedarf.
Die Klage ist im Wesentlichen begründet, da der Kläger einen Anspruch auf die Rückerstattung des von ihm unter Vorbehalt seinerseits an die Beklagten erstatteten Betrages hat, allerdings war die Beklagte nur zur Zug-um-Zug-Leistung zu verurteilen.
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Beträge in Höhe von nunmehr noch 469.647,58 EUR aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu. Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs liegen vor, insbesondere steht der Beklagten ihrerseits kein Anspruch auf die Rückgewähr der vom Kläger im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel zu.
Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts (st. Rspr., vgl. zum Folgenden zuletzt: BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 – B 4 AS 74/12 R – mit ausführlichen weiteren Nachweisen). Mit ihm soll eine dem materiellen Recht widersprechende Vermögensverschiebung wieder rückgängig gemacht werden können. Abweichungen von den zivilrechtlich anerkannten Grundsätzen – insbesondere der §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – sind für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nur dann anzuerkennen und erforderlich, wenn und soweit dort eine andere Interessenbewertung geboten ist. Hervorzuheben ist bereits hier, dass für den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht die Rechtswidrigkeit einer Handlung, sondern die Rechtsgrundlosigkeit einer Vermögensverschiebung kennzeichnend ist (BSG a.a.O.). Er setzt voraus, dass in einer als öffentlich-rechtlich einzustufenden Rechtsbeziehung eine nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Vermögensverschiebung stattgefunden hat und dem Anspruchsgegner kein Rechtsgrund zur Seite steht, das aufgrund der Vermögensverschiebung Erlangte behalten zu dürfen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung ist, da sie allein von Vorschriften des öffentlichen Rechts, nämlich dem SGB II und einer öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvereinbarung, beherrscht wird, dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
Das Vermögen der Beklagten ist auch im Sinne einer Vermögensverschiebung gemehrt worden. Die Beklagte hat durch die unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte Zahlung des Klägers etwas erlangt, nämlich eine Gutschrift in Höhe desjenigen Betrages, welchen der Kläger ihr überwiesen hat.
Die Gutschrift hat die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Denn diese Vermögensverschiebung widersprach der objektiven Rechtslage. Die vom Kläger zunächst im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel standen vermögensrechtlich betrachtet dem Kläger zu, denn sie waren ihm seitens des Bundes nach § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2005, BGBl. I, S 3675) i.V.m. Art 106 Abs. 8 GG zu gewähren.
Der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel gegenüber dem Kläger zu.
§ 6b Abs. 5 Satz 1 SGB II scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da die Vorschrift nicht auf den hier maßgeblichen Zeitraum rückwirkt, sondern erst zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010, BGBl. I, S 1112).
Ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger folgt auch nicht aus § 5 Abs. 2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung. Der Vertragsbestimmung kommt nämlich lediglich der Charakter einer Verfahrensvorschrift zu (zum Folgenden im Wesentlichen gleich BSG a.a.O., Rn. 32 m.w.N.). Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Erstattung des Klägers gegenüber der Beklagten von der nach § 6b Abs. 2 S. 1 SGB II a.F. maßgeblichen Rechtslage und damit von einer korrekten vermögensrechtlichen Zuordnung der gewährten Mittel zum Bund abhängig ist. Allein die verfahrensrechtlichen Modalitäten einer Erstattung (Zahlungszeitpunkt, Konto) sind eigenständig in § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung geregelt; diese sollen zudem im Falle einer "Überprüfung" zur Anwendung kommen, ein materiell-rechtlicher Maßstab dieser "Überprüfung" ist in der Vereinbarung aber gerade nicht geregelt. Zum entsprechenden Ergebnis führt eine systematische Betrachtung der Regelung. So weist die Präambel der Verwaltungsvereinbarung darauf hin, dass Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung "Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen" sind. Konsequent bleiben nach § 5 Abs. 4 die Prüfungsbefugnisse des Landes sowie des Bundesrechnungshofes "unberührt".
Wäre aus § 5 Abs. 2 der Vereinbarung ein Anspruch des Bundes allein im Falle der "Überprüfung" ableitbar, so führte dies zudem zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen unmittelbaren Einflussnahme auf den Kläger in seiner Funktion als Sozialleistungsträger und käme einem aus Sicht des Klägers zusätzlichen und jedenfalls nach dem hier maßgeblichen Rechtszustand nicht vorgesehenen Aufsichtsäquivalent des Bundes gegenüber dem Kläger gleich.
Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich ferner auch nicht unmittelbar aus Art. 106 Abs. 8 GG (zum Folgenden ausführlich ebenso BSG a.a.O., Rn. 33). Diese Norm stellt keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von den Optionskommunen bereitgestellten Mitteln zur Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II dar. Aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer direkten Finanzbeziehung zwischen den Beteiligten ist nicht auch der Schluss zu ziehen, die eine Finanzierung von Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erlaubende Norm beinhalte zugleich eine Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch oder gar eine Haftungsnorm.
Ein Anspruch der Beklagten auf ein Behaltendürfen des zurückgezahlten Betrages folgt weiter nicht aus Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG. Die Vorschrift stellt zwar eine auch ohne Ausführungsgesetz unmittelbar geltende sondergesetzliche Anspruchsgrundlage dar (vgl. BSG a.a.O. Rn. 35 f. m.w.N.); sie zielt nicht auf einen Bereicherungsausgleich, sondern auf den Ersatz von Vermögensschäden, die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstanden sind. Das Haftungsverhältnis i.S.d. des Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG ist indes – jedenfalls ohne Ausführungsgesetz gemäß Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG – auf eine Haftung zwischen Bund und Ländern beschränkt. Auf eine Haftung zwischen Bund und Kommunen bzw. ihren Verbänden ist Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG dementsprechend nicht anwendbar (BSG a.a.O., Rn. 36 m.w.N.; Höfling, Der Landkreis 2011, 158 (161 und 163); im Ergebnis wohl auch BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1994 – 11 A 1/92 – E 96, 45 [56]). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut; auch die finanzverfassungsrechtliche Haftungssystematik legt dieses Ergebnis nahe: Zwar sind die kommunalen Gebietskörperschaften staatsorganisations- und finanzverfassungsrechtlich dem Verfassungsraum der Länder zugeordnet. Dies hat jedoch zur Folge, dass für eine nicht ordnungsgemäße Verwaltung durch die kommunalen Gebietskörperschaften auf der Grundlage von Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG auch das Land gegenüber dem Bund haftet (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1994 – 11 A 1/92 – E 96, 45 (56); Höfling, Der Landkreis 2011, 158 [161]). Dass es einer speziellen Regelung bedürfte, um einen Durchgriff zu begründen, zeigt auch der Vergleich zu Art. 106 Abs. 8 GG. Eine Finanzbeziehung i.S. des Art. 104a GG liegt zwischen den Beteiligten nicht vor, denn die Finanzierung der Optionskommunen als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richtete sich bis zum 31. Dezember 2010 allein nach Art 106 Abs. 8 GG, der – wie eben gezeigt – gerade keine Erstattung vorsieht. Art. 106 Abs. 8 GG stellt wiederum eine "Durchbrechung" (BSG a.a.O. Rn. 37 m.w.N.) der in Art. 104a GG vorgesehenen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern dar.
Ein Anspruch der Beklagten auf ein Behaltendürfen des zurückgezahlten Betrages – und damit ein Rechtsgrund im Rahmen der Prüfung des Anspruches des Klägers – ergibt sich schließlich nicht aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.
Der Kläger hat die von ihm zunächst abgerufenen Mittel mit Rechtsgrund erhalten, denn sie waren ihm vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Auch insoweit folgt der Senat der Herleitung im Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 – B 4 AS 74/12 R. Dort wird unter Rn. 38 ff. ausgeführt:
"Die Zuordnung der im HKR-Verfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach der rechtlichen Grundlage der Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen. Die Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung der Optionskommunen findet seine Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art. 106 Abs. 8 GG, einfachgesetzlich in § 6b Abs. 2 S 1 SGB II. Systematisch betrachtet behandelt § 6b Abs 2 S 1 SGB II die Kostentragung, nicht hingegen Erstattungsfragen. Dass Erstattungsforderungen grundsätzlich "umgekehrte Leistungsansprüche" darstellen, führt nicht automatisch dazu, in eine Kostentragungsregelung eine Erstattungsregelung hineinlesen zu können.
Aus der Verfassung ergibt sich grundsätzlich nichts anderes. Die Voraussetzungen des Art. 106 Abs. 8 GG für eine Leistung an den Kläger lagen vor. Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund gemäß Art 106 Abs 8 GG den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt. Gerade die Finanzierung der Optionskommunen i.S. des § 6a SGB II wurde als ein Anwendungsfall der verfassungsrechtlich zulässigen Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen bzw ihren Verbänden angesehen (vgl Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art 91e RdNr 52; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 57; D. Oppermann, DVBl 2005, 1008, 1012; Korioth, DVBl 2008, 812, 819; Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63; ders, Der Landkreis 2012, 553). Die Vorschrift gewährt einen verfassungsrechtlich abgesicherten, vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch, der von den Kommunen unmittelbar gegenüber dem Bund geltend gemacht werden kann (Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 147; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 108; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl. 2012, Art 106 RdNr 55; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 106 ff; Henneke, DÖV 2012, 165, 173).
Die nach Art 106 Abs 8 GG zu gewährenden Mittel sind aber nach ihrer Auskehrung haushaltstechnisch den Ländern bzw den Kommunen zuzuordnen (Schwarz, DVBl 2011, 135, 137 f; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f), denn die Optionskommunen nehmen die Aufgaben nach dem SGB II als eigene Aufgaben wahr. Zwar trifft es zu, dass die für diese Aufgabenwahrnehmung bereitgestellten Mittel ihrer Herkunft nach solche des Bundes sind. Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommune liegt es aber nicht so, dass der Kläger Bundesmittel "bewirtschaften" würde (Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f). Das HKR-Verfahren stellt insoweit einen rein technischen Umsetzungsakt dar. Trotz der Finanzierung durch den Bund bleibt es bei der Verwaltungskompetenz der Gemeinden (vgl §§ 6a, 6b SGB II). Dies hat - entgegen anderweitiger Inhalte der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung - auch die Beklagte zu beachten."
Hiernach hat der Kläger die im Rahmen des HKR-Verfahren abgerufenen Mittel zunächst mit Rechtsgrund erhalten; dieser Rechtsgrund ist nach einer dem vorgenannten Maßstab entsprechenden, im Einklang mit den Wertungen des Art. 106 Abs. 8 GG stehenden Verständnis von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II auch nicht wieder entfallen mit der Folge, dass die Voraussetzungen der condictio ob causam finitam erfüllt wären. Geht man nämlich davon aus, dass der Bund über § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zugleich seine finanzverfassungsrechtlichen Verpflichtungen aus Art. 106 Abs. 8 GG im Sinne eines "erforderlichen Ausgleichs" erfüllt, so kommt dem Merkmal der Erforderlichkeit keine begrenzende Wirkung zu; erforderlich ist ein Ausgleich i.S. des Art 106 Abs. 8 GG immer dann, wenn die Belastung der Kommune anderenfalls unzumutbar wäre, was letztlich immer dann der Fall ist, wenn es sich bei der auf die kommunale Gebietskörperschaft zukommenden Belastung nicht um eine bloße Bagatelle handelt, wovon hier evident nicht auszugehen ist (so auch in einem vergleichbaren Fall: BSG a.a.O.Rn. 42 m.w.N.). Aus dieser Funktion eines eher gesamthaften Lastenausgleichs für die Einrichtung und eben nicht eines Aufwendungsersatzanspruches für übertragene Aufgaben o.ä. folgt auch, dass die Frage der Mittelverwendung für das Fortbestehen des Rechtsgrundes außer Betracht zu bleiben hat. Konsequent wird überwiegend davon ausgegangen, dass es sich bei den Leistungen im Rahmen des Sonderlastenausgleichs nach Art. 106 Abs. 8 GG um zweckbindungsfreie Finanzzuweisungen handelt (Robra/ Schmidt-De Caluwe, in: Estelmann, SGB II, 1. Erg.lfg., § 6b Rn. 31 m.w.N.). Auch dies spricht gegen einen Wegfall des Rechtsgrundes bei (vermeintlicher) Zweckverfehlung. Das hier gefundene Ergebnis steht in Übereinstimmung mit der parallelen Rechtslage bei der Ausgabentragung nach Art. 104a GG, wo ebenfalls eine nicht ordnungsgemäße Verwendung der Mittel den Rechtsgrund einer Leistung des Bundes an ein Land nicht entfallen lässt (BSG a.a.O., Rn. 42 m.w.N.), allerdings die vorliegend nicht anwendbare Haftung nach Art. 104a Abs. 5 GG zur Folge hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten fällt der Rechtsgrund auch nicht bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Handeln eines Amtswalters weg. Für eine solche Rechtsauffassung lässt sich zunächst nicht die Passage in Rn. 44 im bereits mehrfach zitierten Urteil des Bundessozialgerichts – B 4 AS 74/12 R – heranziehen, wonach der "öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis des Bundes zu einem Land ( ) nicht bereits bei jeglicher fahrlässigen Falschanwendung des Gesetzes, sondern lediglich bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Fehlverhalten" greife. Der Satz dient nur der Begründung, dass ein Durchgriff des Bundes auf den kommunalen Träger nicht weiter reichen dürfe als die Haftung im Dreieck über Art. 104a Abs. 5 GG, wie die weiteren, sich unmittelbar anschließenden Ausführungen in der Entscheidung zeigen:
"Dieser Haftungseinschränkung, die mit den Grundsätzen der Haftungskernrechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG übereinstimmt und Art 104a Abs 5 S 1 GG entlehnt ist, bedarf es, weil anderenfalls in der – nun erst durch Art 91e GG "legalisierten" - direkten Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommune eine Kommune bzw auch der Bund leichter haften würde als in der finanzverfassungsrechtlich prinzipiell allein vorgesehenen Haftungsbeziehung zwischen Bund und Ländern. Dem Bundesland, in welchem sich die jeweilige Optionskommune befindet, stünde es nach der Finanzverfassung frei, den einer ihm angehörigen Kommune entstehenden vermögensrechtlichen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber dem Bund geltend zu machen (Pieroth in Jarass/ Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11). In diesem Fall richtete sich die Haftungsbeziehung allein nach Art 104a Abs 5 S 1 GG. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch käme daneben nicht zur Anwendung (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 59-60). Die Nichteinschaltung des jeweiligen Bundeslandes, in welchem sich die an einem Haftungsverhältnis beteiligte Kommune befindet, in das Streitverhältnis kann nicht eine erleichterte verschuldensunabhängige Haftung einer Kommune bzw umgekehrt des Bundes zur Folge haben. Insoweit ist eine erstattungs- wie auch haftungsrechtliche Gleichstellung geboten."
Das Bundessozialgericht formuliert damit lediglich eine Grenze des Bereicherungsausgleichs bei fehlendem gesteigerten Vertretenmüssen, ohne gleichsam im Umkehrschluss einen Rechtssatz aufzustellen, wonach der Rechtsgrund bei einer grob fahrlässig oder vorsätzlich rechtswidrigen Mittelverwendung entfalle. Ein solcher Rechtssatz stünde bereits nach seiner Konstruktion in fundamentalem Widerspruch zum Bereicherungsrecht, das gerade verschuldensunabhängig auf die Rückabwicklung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen zielt. Bereits wegen dieser Systemfremdheit verdient die damit einhergehende Vermischung von Bereicherungs- und Schadensersatzrecht keine Anerkennung.
Aus demselben Grund können etwaige Mängel des Verwaltungs- und Kontrollsystems des Klägers, etwa bei den Softwarefunktionen oder der damaligen Praxis des Vier-Augen-Prinzips, nicht zum Wegfall des Rechtsgrundes führen.
Die Beklagte hat auch keinen Anspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Gestalt der Zweckverfehlungskondiktion (condictio ob rem oder condictio causa data causa non secuta).
Unabhängig davon, ob die Zweckverfehlungskondiktion überhaupt im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch anzuerkennen ist, ist sie dadurch gekennzeichnet, dass eine Zweckbestimmung getroffen worden sein muss, die über die rechtlich geschuldete Zweckerfüllung im Sinne der jeweils geschuldeten Leistungspflichten hinausgeht und ein zusätzliches Erfordernis für das Behalten der Leistung bilden soll (vgl. Buck-Heeb, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 812 BGB Rn. 51). Eine solche ist hier nicht erkennbar. Dass Leistungen nicht rechtswidrig zweckentfremdet werden, ist eine für die Mitarbeiter des Klägers dienstrechtlich wie kraft Art. 20 Abs. 3 GG und damit z.B. unabhängig von den Zwecken der HKR-Vereinbarung bestehende Pflicht. Dass die Beklagte tendenziell die Kommunen enger an sich binden möchte, als das dem Wunsch der Kommunen entspricht, ist zudem eher ein einseitiges politisches Motiv als eine beidseitige Zweckbestimmung.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass wegen der seinerzeit allein über Art. 106 Abs. 8 GG herzustellenden verfassungsrechtlichen Legitimation der unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen Bund und Optionskommune nach § 6b SGB II a.F. keine Rückerstattungsansprüche des Bundes wegen zweckwidriger Verwendung bestehen und sich finanzverfassungsrechtlich Analogien zu den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern verbieten. Der Senat sieht sich in dieser Auffassung mittelbar bestätigt durch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2014 – 2 BvR 1641/11 –, in dem die finanzverfassungsrechtliche Bedeutung des Art. 91e GG hervorgehoben und eine Befugnis zur Kontrolle der Kommunen allein aufgrund der Finanzierungsverantwortung des Bundes ohne verfassungsrechtliche Grundlage abgelehnt wird (insbes. Rn. 88 ff., 175 ff. zit. nach juris).
Auch der Höhe nach besteht die mit der Leistungsklage geltend gemachte Forderung. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben, an denen das Gericht nicht zweifelt, hat der Kläger am 22. Juni 2011 503.167,35 EUR erstattet. Der nunmehr geltend gemachte niedrigere Betrag ergibt sich für das Gericht rechnerisch nachvollziehbar aus dem Abzug der zum letzten Abrechnungszeitpunkt von der Schädigerin erlangten Mittel, die ohnehin vom Kläger an den Beklagten abzutreten bzw. auszukehren wären (dazu unten). Soweit in der mündlichen Verhandlung unklar gewesen ist, ob weitere Gegenansprüche der Beklagten nach der letzten Abrechnung am 3. Dezember 2013 entstanden sind, sind diese Ansprüche nicht mehr Streitgegenstand. Die Beteiligten haben sich in einem Teilvergleich dahingehend geeinigt, dass der Kläger sich insoweit zur Abrechnung und Auskehrung verpflichtet (vgl. Sitzungsniederschrift S. 3).
Allerdings war die Beklagte wegen Gegenansprüchen aus demselben Rechtsverhältnis in entsprechender Anwendung von § 274 Abs. 1 BGB nur Zug-um Zug gegen Erfüllung dieser Gegenansprüche zu verurteilen.
Dieser Gegenanspruch auf Abtretung und Herausgabe des Erlangten folgt aus §§ 285, 242 BGB analog sowie aus Art. 106 Abs. 8 GG i.V.m. den Grundsätzen der Drittschadensliquidation.
Hiernach wird bei einem zufälligen Auseinanderfallen von Anspruchsvoraussetzungen und Schaden auf verschiedene Personen der Schaden zum unmittelbar verletzten, aber nicht geschädigten Anspruchsinhaber gezogen, so dass der Schadensersatzanspruch haftungsausfüllend ergänzt wird. Dadurch wird es dem Anspruchsinhaber ermöglicht, den bei einer dritten Person entstandenen Schaden zu liquidieren. Ist dieser Anspruch dementsprechend vervollständigt, so ist er gemäß § 285 BGB oder zumindest § 242 BGB an die geschädigte Person abzutreten (vgl. Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, Vorb. zu §§ 249-254, Rn. 67 m.w.N.). Entsprechendes folgt aus Art. 106 Abs. 8 GG, der der Beklagten – wie oben ausgeführt – zwar keinen Erstattungsanspruch vermittelt. Nach Art. 106 Abs. 8 Satz 2 GG werden jedoch Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, bei dem Ausgleich berücksichtigt. Hieraus erwächst der Beklagten das Recht, im Rahmen ihrer Leistungspflicht dem Kläger dessen Ansprüche gegenüber Dritten – hier im Wege der Drittschadensliquidation – entgegenhalten zu können, was zur selben Rechtsfolge wie §§ 285, 242 BGB analog führt.
Dieser Anspruch besteht auch "aus demselben rechtlichen Verhältnis". Dabei muss es sich nach einhelliger Ansicht nicht um dasselbe Rechtsverhältnis handeln. Dieses Tatbestandsmerkmal des § 273 Abs. 1 BGB ist weit auszulegen. Ausreichend ist, wenn zwischen den Ansprüchen ein natürlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang aufgrund eines innerlich zusammenhängenden, einheitlichen Lebensverhältnisses besteht, so dass es dem Gebot von Treu und Glauben widerspräche, wenn der eine Anspruch ohne den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte; es kann sich auch um einen Anspruch handeln, für den ein anderer Rechtsweg gegeben ist (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 29. September 1984 - IX ZR 53/83 – BGHZ 92, 194 ff.; zit. nach juris, Rn. 13 ff.). Diese Voraussetzung ist bereits deshalb erfüllt, weil sich der Anspruch auf Abtretung wirtschaftlich spiegelbildlich zum Erstattungsanspruch verhält; dabei handelt es sich letztlich um eine Frage der Verlagerung des Insolvenzrisikos des Schädigers.
Soweit der Antrag der Beklagten auf Zug-um-Zug-Verurteilung ursprünglich zu unbestimmt gewesen ist, nämlich hinsichtlich der Herausgabe "aller weiteren von ihr seitdem erlangten Beträge" und aufgrund fehlender Informationen des Klägers der Antrag der Beklagten auf eine Stufenwiderklage – in der ersten Stufe gerichtet auf Abrechnung – hätte umgestellt werden müssen, haben sich die Beteiligten auf richterlichen Hinweis in dem bereits erwähnten Teilvergleich dahingehend geeinigt, dass der Kläger sich unabhängig vom Zug-um-Zug-Antrag zur Abrechnung und Auskehrung verpflichtet (vgl. Sitzungsniederschrift S. 3). Insoweit war über den Antrag nicht mehr zu entscheiden.
Im Übrigen steht zur Überzeugung des Senates aufgrund der von den Beteiligten vorgelegten Berechnungen fest, dass der Beklagte aufgrund der Pflicht zur Rückabwicklung mindestens in Höhe der im Klageantrag genannten Summe geschädigt ist, so dass nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation aus §§ 284, 242 BGB die Pflicht des Klägers folgt, dem Geschädigten den bereits titulierten, aus dem Schuldanerkenntnis folgenden Anspruch abzutreten. Als Nebenpflicht besteht zudem die schuldrechtliche Pflicht zur Herausgabe der notariellen Urkunde, die zudem sachenrechtlich auch aus §§ 985, 952 BGB folgt.
Über die höchst hilfsweise erhobene Widerklage war nicht mehr zu entscheiden, da die Beklagte mit ihrem Hilfsantrag – soweit er sich nicht durch Teilvergleich erledigt hat – in vollem Umfang Erfolg hatte.
Der Kläger hat wegen der Zug-um-Zug-Verurteilung auch keinen Zinsanspruch. Die Verpflichtung zur Zahlung von Prozesszinsen beginnt erst mit der Fälligkeit der Hauptforderung (§ 291 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 und 2 BGB analog). Dementsprechend ist anerkannt, dass die Verzinsungspflicht entfallen kann, wenn der Forderung die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§§ 273, 274 BGB) entgegensteht und die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führt (vgl. bereits BGH, Urteil vom 14. Januar 1971 - VII ZR 3/69 28 - BGHZ 55, 198ff.; juris, Rn. 103). Insoweit hat der Kläger, indem er nicht selbst von Anfang an nur die Zug-um-Zug-Verurteilung beantragt hat, mehr verlangt, als ihm zustand und damit dafür gesorgt, dass die Forderung einredebehaftet war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 80 Prozent, der Kläger 20 Prozent zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, zugelassener kommunaler Träger nach §§ 6a, 6b Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II), beansprucht von der Beklagten die Rückerstattung eines Geldbetrags, der nach erfolgtem Mittelabruf für Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende durch den Kläger an die Beklagte erstattet wurde.
Der Kläger hat zur Wahrnehmung der Aufgaben gem. § 6a Abs. 6 SGB II i. V. m. Art. 106 Abs. 8 GG eine besondere Einrichtung errichtet und sich zur Teilnahme an der Wirkungsforschung gem. § 6c SGB II verpflichtet. Verwaltungsorganisatorisch nimmt der Kläger die Aufgaben durch den "Geschäftsbereich Arbeit" wahr.
Aufgrund der Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten vom 19. April 2005 "über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende" war der Kläger zur Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (sog. HKR-Verfahren) berechtigt. Dort finden sich u.a. die nachfolgenden Regelungen:
"§ 1 Grundsatz
Der Landkreis ist verpflichtet
1. die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung sowie den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der vom Bund zu tragenden Aufwendungen sicherzustellen,
2. dem BMWA [seinerzeit: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Anm. d. Senats] auf Anforderung zeitnah Prüfungen zu ermöglichen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind.
Das BMWA verzichtet unter dieser Voraussetzung - unbeschadet der Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes - grundsätzlich auf eine Prüfung von Einzelnachweisen für die vom Bund zu tragenden Aufwendungen.
§ 2 Leistungen zum Lebensunterhalt (
1) Der Bund ermöglicht dem Landkreis vorbehaltlich der Einreichung der erforderlichen Formanträge die Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren). Durch dieses Verfahren ermächtigt der Bund den Landkreis, Bundesmittel auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II und unter Beachtung dieser Verwaltungsvereinbarung sowie der Verfahrensrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen für Mittelverteiler/Titelverwalter zu bewirtschaften und beim Bund abzurufen. Das BMWA behält sich den Widerruf der Ermächtigung vor, soweit der Landkreis diese Vereinbarung oder die Verfahrensrichtlinien nicht beachtet. ( )
§ 3 Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten
(1) Das BMWA legt nach § 46 Abs. 2 SGB II im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für die regionale Verteilung der Mittel für
1. die Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
2. die Eingliederung in Arbeit fest. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsverordnung wird dem Landkreis jährlich ein Ermächtigungsrahmen eingeräumt. Der Ermächtigungsrahmen kann schrittweise freigegeben werden. Der Landkreis stellt sicher, dass der freigegebene Ermächtigungsrahmen nicht überschritten wird. ( )
(2) Die zugewiesenen Mittel sind von dem Landkreis so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.
(3) Für das Verfahren der Geldversorgung ist § 2 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Leistungen nicht entgegenstehen. ( )
§ 5 Finanzkontrolle
(1) Der Landkreis richtet ein Verwaltungs- und Kontrollsystem ein, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung der vom Bund hinsichtlich der besonderen Einrichtung des Landkreises nach § 6a Abs. 6 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 [GG - der Senat -] zu tragenden Aufwendungen sicherstellt (§ 1 Satz 2), und überwacht sein einwandfreies Funktionieren. Um sowohl den Entwicklungsaufwand für die Erarbeitung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme zu reduzieren als auch um deren Einheitlichkeit und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen, bietet das BMWA an, kurzfristig gemeinsam mit Vertretern aus Landkreisen und Städten ein einheitliches Verwaltungs- und Kontrollsystem zu erarbeiten.
(2) Soweit sich bei der Prüfung durch das Kontrollsystem, bei der Schlussabrechnung oder bei einer Überprüfung nach § 1 Nr. 2 ergibt, dass Aufwendungen nicht vom Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zu tragen sind, sind Überzahlungen unverzüglich auf das vom BMWA angegebene Konto zu erstatten.
(3) Der Landkreis übermittelt dem BMWA jährlich zum 28. Februar des Jahres, erstmals im Jahr 2006,
1. eine auf Grundlage der monatlichen Anweisungsnachweise erstellte Schlussrechnung über die Ausgaben für Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 2) und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten (§ 3) im Vorjahr;
2. eine Erklärung, dass die dem BMWA übermittelte Schlussrechnung und die durch die Anweisungen veranlasste Kostentragung des Bundes gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II für die im Vorjahr angefallenen Aufwendungen des Landkreises ordnungsgemäß erfolgt ist sowie dass der Landkreis zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit ein funktionierendes Verwaltungs- und Kontrollsystem aufweist. Für die Bescheinigung des Landkreises ist das dieser Vereinbarung als Anlage beigefügte Muster zu verwenden;
3. eine kurze Darstellung des Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie eine Übersicht über die Ergebnisse der im Vorjahr durchgeführten Kontrollen.
(4) Die Aufsicht der zuständigen Landesbehörde und die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs bleiben unberührt."
Im Zeitraum vom Juni 2009 bis März 2010 wurden durch eine Mitarbeiterin des Klägers insgesamt 557.106,48 EUR für tatsächlich nicht erbrachte Eingliederungsmaßnahmen und tatsächlich nicht an die Hilfebedürftigen weitergeleitete Barauszahlungen aufgewendet: Der Kläger beschäftigte im Fachbereich X. - Hilfemanagement – Frau C., die die Funktion eines sog. "persönlichen Ansprechpartners" (PAP) hatte und die als solche für die Vermittlung und Eingliederung von Langzeitarbeitslosen zuständig war. Die Mitarbeiterin wurde auf der Grundlage einer Vermittlungsvereinbarung mit der F. AG, bei der die Mitarbeiterin angestellt war, für die Tätigkeit bei dem Kläger abgeordnet, nach der Vereinbarung für den Zeitraum vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2010. Als persönliche Ansprechpartnerin war die Mitarbeiterin befugt, im Rahmen der Bewilligung gesetzlicher Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II Aufträge an Dritte bis zu einer Höhe von 5.000,00 EUR selbstständig zu erteilen. Auftragsgegenstand waren insbesondere Schulungen, Lehrgänge, Jobtrainings und vergleichbare Maßnahmen. Die Mitarbeiterin wurde am Morgen des 25. März 2010 freigestellt, nachdem am Vortag erste konkrete Verdachtsmomente für nicht ordnungsgemäße Leistungsbewilligungen aus der Bearbeitung der Mitarbeiterin aufgetreten waren.
Die Ermittlungen durch das Rechnungsprüfungsamt des Klägers erstreckten sich nach seinen Angaben auf 234 Akten. Daraus waren in 131 Akten Vorgänge mit strafrechtlicher Relevanz zu beanstanden. Die Mitarbeiterin hatte Zahlungsanweisungen zu Gunsten von (Schein-)Firmen bewirkt, hinter denen ihr Ehemann und sie selbst standen, ohne dass entsprechende Eingliederungsleistungen an Hilfebedürftige erbracht wurden. Lediglich eine der Firmen bot in begrenztem Umfang tatsächlich Maßnahmen an, die von Hilfebedürftigen auch wahrgenommen wurden. Darüber hinaus hatte die Mitarbeiterin Barauszahlungen vom Kassenautomaten vereinnahmt; auf den dafür notwendigen Auszahlungsanordnungen hatte sie die Unterschrift von Hilfebedürftigen gefälscht oder sich von Hilfebedürftigen einen Geldempfang bestätigen lassen, obwohl diese das Geld weder in bar noch später durch eine Überweisung erhielten. Die beschriebenen Sachverhalte sind nach unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers sämtlich der Aufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" zuzuordnen. Der Gesamtbetrag, der nach den Ermittlungen des Klägers auf Barauszahlungen an die Mitarbeiterin entfiel, beläuft sich auf 47.052,60 EUR. Der Gesamtbetrag der Zahlungsanweisungen an Scheinfirmen beläuft sich auf 510.053,88 EUR, insgesamt 557.106,48 EUR. Der Kläger konnte bis zum 2. April 2012 insgesamt einen Teilbetrag von 76.974,13 EUR im Wege der Zwangsvollstreckung beitreiben; dem standen Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von 2.438,03 EUR gegenüber. Nach den Angaben einer Mitarbeiterin des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist zum Abrechnungsstand 3. Dezember 2013 insgesamt ein Teilbetrag in Höhe von 87.458,90 EUR erlangt worden.
Den Ermittlungen des Klägers stand u.a. eine Vor-Ort-Prüfung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 28. Juni 2010 bis 1. Juli 2010 gegenüber, die u.a. der Ermittlung der Schadenshöhe diente. Hinsichtlich des Ergebnisses und der Einzelheiten wird auf Bl. 224 bis 285 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Zeitgleich fanden Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Ausgestaltung des Verwaltungs- und Kontrollsystems bei dem Kläger statt. Neben problematischen Funktionen der verwendeten Software wurden insbesondere Mängel bei der Praxis des 4-Augen-Prinzips diskutiert. Ergänzend wird auf den entsprechenden Vermerk in der Verwaltungsakte der Beklagten (Bl. 231 f.) verwiesen.
Frau C. gab am 10. Mai 2010 ein notarielles Schuldanerkenntnis gegenüber dem Kläger i.H.v. 486.177,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von "5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz" ab (Notar Dr. E., Urkundenrolle Nr. 123 für das Jahr 2010). Das Schuldanerkenntnis soll nach Ziffer 2 eine selbständige Verpflichtung begründen. Die Schuldnerin unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf Bl. 315 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Der Kläger setzte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 31. März 2010 darüber in Kenntnis, dass Mittel veruntreut worden seien. Diese machte mit dem Antwortschreiben vom 22. April 2010 einen Anspruch auf Erstattung von Beträgen geltend, "die rechtswidrig von der Mitarbeiterin verausgabt wurden". In der weiteren Korrespondenz vertrat die Beklagte die Rechtsauffassung, es handele sich nicht um Aufwendungen im Sinne von § 6b Abs. 2 S. 1 SGB II, die der Bund zu tragen habe. Sie stützte ihr Erstattungsverlangen auf § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung und auf das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs.
Dieser Begründung ist der Kläger u.a. mit Schreiben vom 2. November 2010 entgegengetreten. Er wies darauf hin, dass die Rechtsgrundlage für die Finanzierungslast des Bundes gem. § 6b Abs. 2 SGB II nicht zwischen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Aufwendungen differenziere, ferner auf die Gleichstellung des Landkreises mit der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Finanzierung von Aufwendungen nach § 46 SGB II, welche die Präambel der Verwaltungsvereinbarung hervorhebe. Da der Bund die Aufwendungen unrechtmäßiger Leistungsbewilligungen der Bundesagentur für Arbeit trage, müsse dies auch für den Kläger gelten
Der Kläger erstattete der Beklagten am 22. Juni 2011 503.167,35 EUR aufgrund eines Kreistagsbeschlusses vom 20. Juni 2011 "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Prüfung". Die Berechnung des Betrages durch den Kläger beruht auf einer Hauptforderung in Höhe von 500.823,50 EUR und den von der Beklagten verlangten Zinsen in Höhe von 2.343,85 EUR. Die ursprüngliche Hauptforderung von 557.106,48 EUR hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits um 56.282,98 EUR reduziert, die der Kläger im Wege der Zwangsvollstreckung von der Mitarbeiterin erhalten und an die Beklagte erstattet hatte.
Der Erstattung vorausgegangen war die Mitteilung der Beklagten, dass der Mittelabruf über das HKR-Verfahren nicht fortgesetzt werden könne, wenn der Kläger weiterhin die Erstattung verweigere.
Die Klage ist am 23. April 2012 bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingegangen. Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 482.476,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Der Kläger ist der Rechtsauffassung, dass sein Leistungsantrag im allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch seine Rechtsgrundlage finde. Es fehle für die vorläufig von der Beklagten durchgesetzte Erstattung an einer Rechtsgrundlage. Weder auf § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung noch auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch könne die Forderung der Beklagten gestützt werden. Jedenfalls scheitere der Erstattungsanspruch der Beklagten daran, dass keine Vermögensverschiebung im Sinne des Bereicherungsrechts stattgefunden habe und der Kläger infolge des Mittelabrufs nicht bereichert gewesen sei. Des Weiteren sei die Beklagte zur Tragung der Kosten auch dann verpflichtet, wenn diese in Einzelfällen aus einem fehlerhaften Vollzug von Aufgaben des SGB II resultierten, wie hier wegen veruntreuender Leistungsbewilligungen durch eine Mitarbeiterin. Darin liege gleichwohl ein Rechtsgrund für den Mittelabruf durch den Kläger. Im Rahmen der ihr durch § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II auferlegten Kostentragungslast sei die Beklagte nämlich verpflichtet, auch die Aufwendungen eines (in Einzelfällen) fehlerhaften Gesetzesvollzugs zu tragen. Dies entspreche insbesondere einer historischen Auslegung der Vorschrift, nach der bei der Ausgestaltung des Optionsmodells habe sichergestellt sein sollen, dass die optierenden Kommunen nicht gegenüber den Agenturen für Arbeit schlechter gestellt sein sollten und das Gesetz keine direkten finanziellen Auswirkungen haben sollte. Weiter beruft sich der Kläger auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Sozialgerichts Braunschweig vom 19. Januar 2012 – S 52 AS 4013/10. Erwägungen des Verschuldens, wie sie in den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 anklängen, könnten nur im Rahmen allgemeiner Erwägungen bezüglich der Risikoverteilung eine Rolle spielen. Es sei eine aufgabenbezogene und nicht einzelmaßnahmenbezogene Betrachtung vorzunehmen; dies folge bereits aus § 6b Abs. 2 SGB II. Der mit dem Antrag geltend gemachte Erstattungsanspruch entspreche in der Höhe dem Betrag, den der Kläger der Beklagten am 22. Juni 2011 erstattet habe, einschließlich der von ihr geltend gemachten Zinsen und abzüglich der von der Mitarbeiterin beigetriebenen Beträge. Der Kläger werde den Klageantrag der Höhe nach reduzieren, soweit es ihm gelinge, weitere Teilbeträge beizutreiben.
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 469.647,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
die Beklagte zur Zahlung der im Klageantrag genannten Summe nur Zug um Zug zu verurteilen gegen Abtretung aller zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts noch nicht erfüllten Ansprüche des Klägers gegen die für den Kläger handelnde Mitarbeiterin (Frau C.) wegen Veruntreuung der Mittel für SGB Il-Leistungen im Zeitraum Juni 2009 bis März 2010 sowie Auskehrung des Betrages von 87.458,90 EUR, den Frau C. seit Klageerhebung an den Kläger zurückgeführt hat, sowie aller weiteren von ihr seitdem erlangten Beträge und die notarielle Urkunde des von dieser abgegebenen Schuldanerkenntnisses an die Beklagte herauszugeben;
äußerst hilfsweise:
den Kläger im Wege der Widerklage zu verurteilen, die benannten Ansprüche gegen Frau C., welche die Mittel veruntreut hat, an die Beklagte abzutreten sowie die notarielle Urkunde über das von dieser abgegebene Schuldanerkenntnis an die Beklagte herauszugeben und denjenigen Betrag an die Beklagte zu zahlen, den Frau C. über die genannte Summe in Höhe von 87.458,90 EUR seit Klageerhebung an den Kläger zurückgeführt hat.
Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, die von dem Kläger behauptete "Pauschalzuweisung" von Mitteln für Leistungen im Rahmen des HKR-Verfahrens existiere nicht. Ausweislich § 2 der Verwaltungsvereinbarung ziele das HKR-Verfahren allein darauf, das Verfahren der Bereitstellung respektive des Abrufes der Mittel der Beklagten zu erleichtern. Unabhängig von dem jeweiligen Verfahren der Mittelbereitstellung habe der Kläger also nur Mittel für die ihm im Rahmen des § 6b Abs. 1 Satz 1 SGB II zusätzlich übertragenen Sozialleistungen beim Bund abrufen dürfen, soweit er solche Leistungen an Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch tatsächlich erbracht habe. Schon nach dem Wortlaut des § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II sei Voraussetzung für eine Aufwendungserstattung durch die Beklagte, dass dem Kläger Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entstanden seien. Auch wenn hierbei nach dem Wortlaut darüber gestritten werden könne, ob davon auch die Aufwendungen für rechtswidrige, also von den Regeln des SGB II nicht gedeckte Leistungen der Optionskommunen vom Bund zu tragen seien, müsse es sich doch jedenfalls um Aufwendungen des Klägers handeln, die zudem einen gewissen Bezug zu der ihm als Optionskommune obliegenden Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende i.S.v. § 1 SGB II hätten. Im Falle einer Veruntreuung von Mitteln beim Kläger fehle dieser Bezug: Weder habe der Kläger insoweit Aufwendungen getätigt noch seien die veruntreuten Mittel für die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende verwendet worden. Insofern könne auch der dem Urteil des SG Braunschweig zugrunde liegende finanzverfassungsrechtliche Ansatz keine Erstattung dieser Mittel durch den Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II rechtfertigen. Der Argumentation des SG Braunschweig liege die Überlegung zugrunde, dass § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II eine Finanzierungs- und keine Haftungsregelung im Verhältnis von Bund und Optionskommunen darstelle; § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II bezwecke nicht den Ausgleich des Spannungsverhältnisses, das aus dem Auseinanderfallen von Finanzierungs- und Aufgabenverantwortlichkeit entstehe. Damit knüpfe das SG Braunschweig der Sache nach an die Prämisse in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, welches die Ursache des genannten "Spannungsverhältnisses" darin sehe, dass die Finanzierungslast des Bundes gemäß Art. 104a Abs. 2 GG auch für nicht ordnungsgemäß verwaltete Zweckausgaben bestehe. Hiernach seien auch Ausgaben für rechtswidrige Leistungen dann Zweckausgaben, wenn sie unmittelbar der Förderung des jeweiligen Sachanliegens bzw. der Verwaltungsaufgabe dienten. Eben diese Prämisse werde hingegen verlassen, wenn die Mittel bei der Optionskommune veruntreut würden. Auch die vom Kläger zur Stützung seiner Auslegung des § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II herangezogene Erwägung, bei Beschränkung der vom Bund zu tragenden Aufwendungen auf Aufwendungen für Leistungen, die von den Regeln des SGB II gedeckt seien, werde im Ergebnis eine im Grundsatz ausschließlich den Ländern zustehende Rechtsaufsicht über die Gemeinden und Landkreise durch den Bund ausgeübt, greife hier nicht. Es gehe nicht um eine inhaltliche Kontrolle des Verwaltungshandelns der Optionskommune, sondern um eine schlichte Abrechnungsfrage. Selbst bei der vom Kläger angeführten aufgaben- und nicht maßnahmenbezogenen Sichtweise des § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II seien auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedenfalls solche Aufwendungen nicht mehr erfasst, bei denen sich die Verwendung der Mittel nicht mehr im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Ziele, Zwecke und Prinzipien bewege. Dies sei bei einer Veruntreuung der Mittel der Fall. Am Maßstab der Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 sei dem Kläger das Verhalten und das Vertretenmüssen der Mitarbeiterin auch zuzurechnen; entscheidend sei, dass diese vom Kläger mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende betraut worden sei. Es verhalte sich hier nicht anders als beim Tatbestandsmerkmal "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" i.S.v. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit der Bundesagentur für Arbeit führe schließlich nicht zu einer anderen Auslegung des § 6b Abs. 1 Satz 2 SGB II; insoweit handele es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte, weil der Bund nur gegenüber den Optionskommunen, nicht aber gegenüber der Bundesagentur in dem durch Art. 106 Abs. 8 GG geprägten besonderen finanzverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis stehe. Ein Rechtsgrund der Beklagten auf ein Behaltendürfen ergebe sich bereits aus § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung, außerdem aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches. Hilfsweise ergebe sich ein Anspruch der Beklagten auch aus dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Pflicht aus einem verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis. Diese Ansprüche seien nicht durch Art. 104a Abs. 5 GG gesperrt.
Aus der Abwicklung des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses habe der Beklagten auch ein Zinsanspruch gegen den Kläger zugestanden. Dieser Zinsanspruch belaufe sich jedenfalls auf den in § 6b Abs. 5 Satz 3 SGB II genannten Betrag in Höhe von drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Im Falle der zeitlichen Unanwendbarkeit des § 6b Abs. 5 SGB II auf den vorliegenden Fall sei er sogar analog § 288 Abs. 2 BGB mit acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bemessen; diese Vorschrift sei anwendbar, weil die Erstattungspflicht nach § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung - nicht anders als die Pflicht zum sparsamen und wirtschaftlichen Einsatz der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel - eine Hauptleistungspflicht des Klägers aus der Verwaltungsvereinbarung sei.
Die Hilfsanträge fänden ihre Rechtsgrundlage in den Grundsätzen der Drittschadensliquidation, jedenfalls aus einer analogen Anwendung der §§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. und § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wenn der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte habe, so sei er seinerseits verpflichtet, die ihm gegen seine Mitarbeiterin zustehenden Ansprüche an die Beklagte abzutreten. Allein der Kläger habe nach den beamtenrechtlichen Vorschriften einen Anspruch gegen seine Mitarbeiterin (Haftungskonzentration auf den Dienstherrn). Weil damit der – mit dem Hauptantrag angegriffene – Zahlungsanspruch des Klägers jedenfalls nicht einredefrei gewesen sei, könne er keine Verzugs- oder Prozesszinsen verlangen. Der Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der über den Anspruch ausgestellten Schuldurkunde durch den Kläger folge aus § 952 BGB.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens (2 Bände), auf die Akten der drei vom Kläger vorgelgten Musterfälle (3 Bände) und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Ordner), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Das Landessozialgericht ist zur erstinstanzlichen Entscheidung nach § 29 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berufen.
Der Senat konnte ohne Beiladung von Frau C. entscheiden.
Die Entscheidung musste ihr gegenüber nicht einheitlich ergehen (§ 75 Abs. 2 1. Var. SGG). Zu beachten ist insoweit, dass sich bei der Zug-um-Zug-Verurteilung die Rechtskraft des Urteils lediglich auf den Klageanspruch und nicht auf den vom Schuldner geltend gemachten Gegenanspruch bezieht. § 322 Abs. 2 ZPO findet keine entsprechende Anwendung (Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 274 Rn. 9 m.w.N). Die Gegenforderung ist zudem rechtswegfremd, insoweit wäre die Beiladung auch folgenlos. Weiterhin werden bei der Zug-um-Zug-Verurteilung die Höhe und Durchsetzbarkeit der Ansprüche gegenüber dem Dritten nicht geprüft, insoweit besteht also auch nicht die Gefahr auseinanderfallender Entscheidungen. Der Senat hat nach § 75 Abs. 1 SGG sein Ermessen dahingehend ausgeübt, dass eine einfache Beiladung entbehrlich ist. Das berechtigte Interesse, auf die Person des Gläubigers Einfluss zu nehmen, ist durch §§ 404 ff. BGB hinreichend geschützt, ohne dass es prozessualer Möglichkeiten bedarf. Zudem ist die seitens des Klägers gegenüber Frau C. bestehende Forderung bereits tituliert.
Die Klage ist als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Der Kläger begehrt die Verurteilung zur Rückerstattung der unter Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Zahlung an die Beklagte. Die Rückerstattung ist eine Leistung, für die es eines Verwaltungsakts als Rechtsgrundlage nicht bedarf.
Die Klage ist im Wesentlichen begründet, da der Kläger einen Anspruch auf die Rückerstattung des von ihm unter Vorbehalt seinerseits an die Beklagten erstatteten Betrages hat, allerdings war die Beklagte nur zur Zug-um-Zug-Leistung zu verurteilen.
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Beträge in Höhe von nunmehr noch 469.647,58 EUR aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu. Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs liegen vor, insbesondere steht der Beklagten ihrerseits kein Anspruch auf die Rückgewähr der vom Kläger im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel zu.
Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts (st. Rspr., vgl. zum Folgenden zuletzt: BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 – B 4 AS 74/12 R – mit ausführlichen weiteren Nachweisen). Mit ihm soll eine dem materiellen Recht widersprechende Vermögensverschiebung wieder rückgängig gemacht werden können. Abweichungen von den zivilrechtlich anerkannten Grundsätzen – insbesondere der §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – sind für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nur dann anzuerkennen und erforderlich, wenn und soweit dort eine andere Interessenbewertung geboten ist. Hervorzuheben ist bereits hier, dass für den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht die Rechtswidrigkeit einer Handlung, sondern die Rechtsgrundlosigkeit einer Vermögensverschiebung kennzeichnend ist (BSG a.a.O.). Er setzt voraus, dass in einer als öffentlich-rechtlich einzustufenden Rechtsbeziehung eine nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Vermögensverschiebung stattgefunden hat und dem Anspruchsgegner kein Rechtsgrund zur Seite steht, das aufgrund der Vermögensverschiebung Erlangte behalten zu dürfen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung ist, da sie allein von Vorschriften des öffentlichen Rechts, nämlich dem SGB II und einer öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvereinbarung, beherrscht wird, dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
Das Vermögen der Beklagten ist auch im Sinne einer Vermögensverschiebung gemehrt worden. Die Beklagte hat durch die unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte Zahlung des Klägers etwas erlangt, nämlich eine Gutschrift in Höhe desjenigen Betrages, welchen der Kläger ihr überwiesen hat.
Die Gutschrift hat die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Denn diese Vermögensverschiebung widersprach der objektiven Rechtslage. Die vom Kläger zunächst im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel standen vermögensrechtlich betrachtet dem Kläger zu, denn sie waren ihm seitens des Bundes nach § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2005, BGBl. I, S 3675) i.V.m. Art 106 Abs. 8 GG zu gewähren.
Der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel gegenüber dem Kläger zu.
§ 6b Abs. 5 Satz 1 SGB II scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da die Vorschrift nicht auf den hier maßgeblichen Zeitraum rückwirkt, sondern erst zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010, BGBl. I, S 1112).
Ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger folgt auch nicht aus § 5 Abs. 2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung. Der Vertragsbestimmung kommt nämlich lediglich der Charakter einer Verfahrensvorschrift zu (zum Folgenden im Wesentlichen gleich BSG a.a.O., Rn. 32 m.w.N.). Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Erstattung des Klägers gegenüber der Beklagten von der nach § 6b Abs. 2 S. 1 SGB II a.F. maßgeblichen Rechtslage und damit von einer korrekten vermögensrechtlichen Zuordnung der gewährten Mittel zum Bund abhängig ist. Allein die verfahrensrechtlichen Modalitäten einer Erstattung (Zahlungszeitpunkt, Konto) sind eigenständig in § 5 Abs. 2 der Verwaltungsvereinbarung geregelt; diese sollen zudem im Falle einer "Überprüfung" zur Anwendung kommen, ein materiell-rechtlicher Maßstab dieser "Überprüfung" ist in der Vereinbarung aber gerade nicht geregelt. Zum entsprechenden Ergebnis führt eine systematische Betrachtung der Regelung. So weist die Präambel der Verwaltungsvereinbarung darauf hin, dass Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung "Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen" sind. Konsequent bleiben nach § 5 Abs. 4 die Prüfungsbefugnisse des Landes sowie des Bundesrechnungshofes "unberührt".
Wäre aus § 5 Abs. 2 der Vereinbarung ein Anspruch des Bundes allein im Falle der "Überprüfung" ableitbar, so führte dies zudem zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen unmittelbaren Einflussnahme auf den Kläger in seiner Funktion als Sozialleistungsträger und käme einem aus Sicht des Klägers zusätzlichen und jedenfalls nach dem hier maßgeblichen Rechtszustand nicht vorgesehenen Aufsichtsäquivalent des Bundes gegenüber dem Kläger gleich.
Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich ferner auch nicht unmittelbar aus Art. 106 Abs. 8 GG (zum Folgenden ausführlich ebenso BSG a.a.O., Rn. 33). Diese Norm stellt keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von den Optionskommunen bereitgestellten Mitteln zur Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II dar. Aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer direkten Finanzbeziehung zwischen den Beteiligten ist nicht auch der Schluss zu ziehen, die eine Finanzierung von Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erlaubende Norm beinhalte zugleich eine Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch oder gar eine Haftungsnorm.
Ein Anspruch der Beklagten auf ein Behaltendürfen des zurückgezahlten Betrages folgt weiter nicht aus Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG. Die Vorschrift stellt zwar eine auch ohne Ausführungsgesetz unmittelbar geltende sondergesetzliche Anspruchsgrundlage dar (vgl. BSG a.a.O. Rn. 35 f. m.w.N.); sie zielt nicht auf einen Bereicherungsausgleich, sondern auf den Ersatz von Vermögensschäden, die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstanden sind. Das Haftungsverhältnis i.S.d. des Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG ist indes – jedenfalls ohne Ausführungsgesetz gemäß Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG – auf eine Haftung zwischen Bund und Ländern beschränkt. Auf eine Haftung zwischen Bund und Kommunen bzw. ihren Verbänden ist Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG dementsprechend nicht anwendbar (BSG a.a.O., Rn. 36 m.w.N.; Höfling, Der Landkreis 2011, 158 (161 und 163); im Ergebnis wohl auch BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1994 – 11 A 1/92 – E 96, 45 [56]). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut; auch die finanzverfassungsrechtliche Haftungssystematik legt dieses Ergebnis nahe: Zwar sind die kommunalen Gebietskörperschaften staatsorganisations- und finanzverfassungsrechtlich dem Verfassungsraum der Länder zugeordnet. Dies hat jedoch zur Folge, dass für eine nicht ordnungsgemäße Verwaltung durch die kommunalen Gebietskörperschaften auf der Grundlage von Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG auch das Land gegenüber dem Bund haftet (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1994 – 11 A 1/92 – E 96, 45 (56); Höfling, Der Landkreis 2011, 158 [161]). Dass es einer speziellen Regelung bedürfte, um einen Durchgriff zu begründen, zeigt auch der Vergleich zu Art. 106 Abs. 8 GG. Eine Finanzbeziehung i.S. des Art. 104a GG liegt zwischen den Beteiligten nicht vor, denn die Finanzierung der Optionskommunen als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richtete sich bis zum 31. Dezember 2010 allein nach Art 106 Abs. 8 GG, der – wie eben gezeigt – gerade keine Erstattung vorsieht. Art. 106 Abs. 8 GG stellt wiederum eine "Durchbrechung" (BSG a.a.O. Rn. 37 m.w.N.) der in Art. 104a GG vorgesehenen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern dar.
Ein Anspruch der Beklagten auf ein Behaltendürfen des zurückgezahlten Betrages – und damit ein Rechtsgrund im Rahmen der Prüfung des Anspruches des Klägers – ergibt sich schließlich nicht aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.
Der Kläger hat die von ihm zunächst abgerufenen Mittel mit Rechtsgrund erhalten, denn sie waren ihm vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Auch insoweit folgt der Senat der Herleitung im Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. Juli 2013 – B 4 AS 74/12 R. Dort wird unter Rn. 38 ff. ausgeführt:
"Die Zuordnung der im HKR-Verfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach der rechtlichen Grundlage der Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen. Die Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung der Optionskommunen findet seine Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art. 106 Abs. 8 GG, einfachgesetzlich in § 6b Abs. 2 S 1 SGB II. Systematisch betrachtet behandelt § 6b Abs 2 S 1 SGB II die Kostentragung, nicht hingegen Erstattungsfragen. Dass Erstattungsforderungen grundsätzlich "umgekehrte Leistungsansprüche" darstellen, führt nicht automatisch dazu, in eine Kostentragungsregelung eine Erstattungsregelung hineinlesen zu können.
Aus der Verfassung ergibt sich grundsätzlich nichts anderes. Die Voraussetzungen des Art. 106 Abs. 8 GG für eine Leistung an den Kläger lagen vor. Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund gemäß Art 106 Abs 8 GG den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt. Gerade die Finanzierung der Optionskommunen i.S. des § 6a SGB II wurde als ein Anwendungsfall der verfassungsrechtlich zulässigen Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen bzw ihren Verbänden angesehen (vgl Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art 91e RdNr 52; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 57; D. Oppermann, DVBl 2005, 1008, 1012; Korioth, DVBl 2008, 812, 819; Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63; ders, Der Landkreis 2012, 553). Die Vorschrift gewährt einen verfassungsrechtlich abgesicherten, vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch, der von den Kommunen unmittelbar gegenüber dem Bund geltend gemacht werden kann (Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 147; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 108; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl. 2012, Art 106 RdNr 55; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 106 ff; Henneke, DÖV 2012, 165, 173).
Die nach Art 106 Abs 8 GG zu gewährenden Mittel sind aber nach ihrer Auskehrung haushaltstechnisch den Ländern bzw den Kommunen zuzuordnen (Schwarz, DVBl 2011, 135, 137 f; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f), denn die Optionskommunen nehmen die Aufgaben nach dem SGB II als eigene Aufgaben wahr. Zwar trifft es zu, dass die für diese Aufgabenwahrnehmung bereitgestellten Mittel ihrer Herkunft nach solche des Bundes sind. Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommune liegt es aber nicht so, dass der Kläger Bundesmittel "bewirtschaften" würde (Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f). Das HKR-Verfahren stellt insoweit einen rein technischen Umsetzungsakt dar. Trotz der Finanzierung durch den Bund bleibt es bei der Verwaltungskompetenz der Gemeinden (vgl §§ 6a, 6b SGB II). Dies hat - entgegen anderweitiger Inhalte der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung - auch die Beklagte zu beachten."
Hiernach hat der Kläger die im Rahmen des HKR-Verfahren abgerufenen Mittel zunächst mit Rechtsgrund erhalten; dieser Rechtsgrund ist nach einer dem vorgenannten Maßstab entsprechenden, im Einklang mit den Wertungen des Art. 106 Abs. 8 GG stehenden Verständnis von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II auch nicht wieder entfallen mit der Folge, dass die Voraussetzungen der condictio ob causam finitam erfüllt wären. Geht man nämlich davon aus, dass der Bund über § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zugleich seine finanzverfassungsrechtlichen Verpflichtungen aus Art. 106 Abs. 8 GG im Sinne eines "erforderlichen Ausgleichs" erfüllt, so kommt dem Merkmal der Erforderlichkeit keine begrenzende Wirkung zu; erforderlich ist ein Ausgleich i.S. des Art 106 Abs. 8 GG immer dann, wenn die Belastung der Kommune anderenfalls unzumutbar wäre, was letztlich immer dann der Fall ist, wenn es sich bei der auf die kommunale Gebietskörperschaft zukommenden Belastung nicht um eine bloße Bagatelle handelt, wovon hier evident nicht auszugehen ist (so auch in einem vergleichbaren Fall: BSG a.a.O.Rn. 42 m.w.N.). Aus dieser Funktion eines eher gesamthaften Lastenausgleichs für die Einrichtung und eben nicht eines Aufwendungsersatzanspruches für übertragene Aufgaben o.ä. folgt auch, dass die Frage der Mittelverwendung für das Fortbestehen des Rechtsgrundes außer Betracht zu bleiben hat. Konsequent wird überwiegend davon ausgegangen, dass es sich bei den Leistungen im Rahmen des Sonderlastenausgleichs nach Art. 106 Abs. 8 GG um zweckbindungsfreie Finanzzuweisungen handelt (Robra/ Schmidt-De Caluwe, in: Estelmann, SGB II, 1. Erg.lfg., § 6b Rn. 31 m.w.N.). Auch dies spricht gegen einen Wegfall des Rechtsgrundes bei (vermeintlicher) Zweckverfehlung. Das hier gefundene Ergebnis steht in Übereinstimmung mit der parallelen Rechtslage bei der Ausgabentragung nach Art. 104a GG, wo ebenfalls eine nicht ordnungsgemäße Verwendung der Mittel den Rechtsgrund einer Leistung des Bundes an ein Land nicht entfallen lässt (BSG a.a.O., Rn. 42 m.w.N.), allerdings die vorliegend nicht anwendbare Haftung nach Art. 104a Abs. 5 GG zur Folge hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten fällt der Rechtsgrund auch nicht bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Handeln eines Amtswalters weg. Für eine solche Rechtsauffassung lässt sich zunächst nicht die Passage in Rn. 44 im bereits mehrfach zitierten Urteil des Bundessozialgerichts – B 4 AS 74/12 R – heranziehen, wonach der "öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis des Bundes zu einem Land ( ) nicht bereits bei jeglicher fahrlässigen Falschanwendung des Gesetzes, sondern lediglich bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Fehlverhalten" greife. Der Satz dient nur der Begründung, dass ein Durchgriff des Bundes auf den kommunalen Träger nicht weiter reichen dürfe als die Haftung im Dreieck über Art. 104a Abs. 5 GG, wie die weiteren, sich unmittelbar anschließenden Ausführungen in der Entscheidung zeigen:
"Dieser Haftungseinschränkung, die mit den Grundsätzen der Haftungskernrechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG übereinstimmt und Art 104a Abs 5 S 1 GG entlehnt ist, bedarf es, weil anderenfalls in der – nun erst durch Art 91e GG "legalisierten" - direkten Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommune eine Kommune bzw auch der Bund leichter haften würde als in der finanzverfassungsrechtlich prinzipiell allein vorgesehenen Haftungsbeziehung zwischen Bund und Ländern. Dem Bundesland, in welchem sich die jeweilige Optionskommune befindet, stünde es nach der Finanzverfassung frei, den einer ihm angehörigen Kommune entstehenden vermögensrechtlichen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber dem Bund geltend zu machen (Pieroth in Jarass/ Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11). In diesem Fall richtete sich die Haftungsbeziehung allein nach Art 104a Abs 5 S 1 GG. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch käme daneben nicht zur Anwendung (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 59-60). Die Nichteinschaltung des jeweiligen Bundeslandes, in welchem sich die an einem Haftungsverhältnis beteiligte Kommune befindet, in das Streitverhältnis kann nicht eine erleichterte verschuldensunabhängige Haftung einer Kommune bzw umgekehrt des Bundes zur Folge haben. Insoweit ist eine erstattungs- wie auch haftungsrechtliche Gleichstellung geboten."
Das Bundessozialgericht formuliert damit lediglich eine Grenze des Bereicherungsausgleichs bei fehlendem gesteigerten Vertretenmüssen, ohne gleichsam im Umkehrschluss einen Rechtssatz aufzustellen, wonach der Rechtsgrund bei einer grob fahrlässig oder vorsätzlich rechtswidrigen Mittelverwendung entfalle. Ein solcher Rechtssatz stünde bereits nach seiner Konstruktion in fundamentalem Widerspruch zum Bereicherungsrecht, das gerade verschuldensunabhängig auf die Rückabwicklung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen zielt. Bereits wegen dieser Systemfremdheit verdient die damit einhergehende Vermischung von Bereicherungs- und Schadensersatzrecht keine Anerkennung.
Aus demselben Grund können etwaige Mängel des Verwaltungs- und Kontrollsystems des Klägers, etwa bei den Softwarefunktionen oder der damaligen Praxis des Vier-Augen-Prinzips, nicht zum Wegfall des Rechtsgrundes führen.
Die Beklagte hat auch keinen Anspruch aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Gestalt der Zweckverfehlungskondiktion (condictio ob rem oder condictio causa data causa non secuta).
Unabhängig davon, ob die Zweckverfehlungskondiktion überhaupt im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch anzuerkennen ist, ist sie dadurch gekennzeichnet, dass eine Zweckbestimmung getroffen worden sein muss, die über die rechtlich geschuldete Zweckerfüllung im Sinne der jeweils geschuldeten Leistungspflichten hinausgeht und ein zusätzliches Erfordernis für das Behalten der Leistung bilden soll (vgl. Buck-Heeb, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 812 BGB Rn. 51). Eine solche ist hier nicht erkennbar. Dass Leistungen nicht rechtswidrig zweckentfremdet werden, ist eine für die Mitarbeiter des Klägers dienstrechtlich wie kraft Art. 20 Abs. 3 GG und damit z.B. unabhängig von den Zwecken der HKR-Vereinbarung bestehende Pflicht. Dass die Beklagte tendenziell die Kommunen enger an sich binden möchte, als das dem Wunsch der Kommunen entspricht, ist zudem eher ein einseitiges politisches Motiv als eine beidseitige Zweckbestimmung.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass wegen der seinerzeit allein über Art. 106 Abs. 8 GG herzustellenden verfassungsrechtlichen Legitimation der unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen Bund und Optionskommune nach § 6b SGB II a.F. keine Rückerstattungsansprüche des Bundes wegen zweckwidriger Verwendung bestehen und sich finanzverfassungsrechtlich Analogien zu den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern verbieten. Der Senat sieht sich in dieser Auffassung mittelbar bestätigt durch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2014 – 2 BvR 1641/11 –, in dem die finanzverfassungsrechtliche Bedeutung des Art. 91e GG hervorgehoben und eine Befugnis zur Kontrolle der Kommunen allein aufgrund der Finanzierungsverantwortung des Bundes ohne verfassungsrechtliche Grundlage abgelehnt wird (insbes. Rn. 88 ff., 175 ff. zit. nach juris).
Auch der Höhe nach besteht die mit der Leistungsklage geltend gemachte Forderung. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben, an denen das Gericht nicht zweifelt, hat der Kläger am 22. Juni 2011 503.167,35 EUR erstattet. Der nunmehr geltend gemachte niedrigere Betrag ergibt sich für das Gericht rechnerisch nachvollziehbar aus dem Abzug der zum letzten Abrechnungszeitpunkt von der Schädigerin erlangten Mittel, die ohnehin vom Kläger an den Beklagten abzutreten bzw. auszukehren wären (dazu unten). Soweit in der mündlichen Verhandlung unklar gewesen ist, ob weitere Gegenansprüche der Beklagten nach der letzten Abrechnung am 3. Dezember 2013 entstanden sind, sind diese Ansprüche nicht mehr Streitgegenstand. Die Beteiligten haben sich in einem Teilvergleich dahingehend geeinigt, dass der Kläger sich insoweit zur Abrechnung und Auskehrung verpflichtet (vgl. Sitzungsniederschrift S. 3).
Allerdings war die Beklagte wegen Gegenansprüchen aus demselben Rechtsverhältnis in entsprechender Anwendung von § 274 Abs. 1 BGB nur Zug-um Zug gegen Erfüllung dieser Gegenansprüche zu verurteilen.
Dieser Gegenanspruch auf Abtretung und Herausgabe des Erlangten folgt aus §§ 285, 242 BGB analog sowie aus Art. 106 Abs. 8 GG i.V.m. den Grundsätzen der Drittschadensliquidation.
Hiernach wird bei einem zufälligen Auseinanderfallen von Anspruchsvoraussetzungen und Schaden auf verschiedene Personen der Schaden zum unmittelbar verletzten, aber nicht geschädigten Anspruchsinhaber gezogen, so dass der Schadensersatzanspruch haftungsausfüllend ergänzt wird. Dadurch wird es dem Anspruchsinhaber ermöglicht, den bei einer dritten Person entstandenen Schaden zu liquidieren. Ist dieser Anspruch dementsprechend vervollständigt, so ist er gemäß § 285 BGB oder zumindest § 242 BGB an die geschädigte Person abzutreten (vgl. Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, Vorb. zu §§ 249-254, Rn. 67 m.w.N.). Entsprechendes folgt aus Art. 106 Abs. 8 GG, der der Beklagten – wie oben ausgeführt – zwar keinen Erstattungsanspruch vermittelt. Nach Art. 106 Abs. 8 Satz 2 GG werden jedoch Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, bei dem Ausgleich berücksichtigt. Hieraus erwächst der Beklagten das Recht, im Rahmen ihrer Leistungspflicht dem Kläger dessen Ansprüche gegenüber Dritten – hier im Wege der Drittschadensliquidation – entgegenhalten zu können, was zur selben Rechtsfolge wie §§ 285, 242 BGB analog führt.
Dieser Anspruch besteht auch "aus demselben rechtlichen Verhältnis". Dabei muss es sich nach einhelliger Ansicht nicht um dasselbe Rechtsverhältnis handeln. Dieses Tatbestandsmerkmal des § 273 Abs. 1 BGB ist weit auszulegen. Ausreichend ist, wenn zwischen den Ansprüchen ein natürlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang aufgrund eines innerlich zusammenhängenden, einheitlichen Lebensverhältnisses besteht, so dass es dem Gebot von Treu und Glauben widerspräche, wenn der eine Anspruch ohne den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte; es kann sich auch um einen Anspruch handeln, für den ein anderer Rechtsweg gegeben ist (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 29. September 1984 - IX ZR 53/83 – BGHZ 92, 194 ff.; zit. nach juris, Rn. 13 ff.). Diese Voraussetzung ist bereits deshalb erfüllt, weil sich der Anspruch auf Abtretung wirtschaftlich spiegelbildlich zum Erstattungsanspruch verhält; dabei handelt es sich letztlich um eine Frage der Verlagerung des Insolvenzrisikos des Schädigers.
Soweit der Antrag der Beklagten auf Zug-um-Zug-Verurteilung ursprünglich zu unbestimmt gewesen ist, nämlich hinsichtlich der Herausgabe "aller weiteren von ihr seitdem erlangten Beträge" und aufgrund fehlender Informationen des Klägers der Antrag der Beklagten auf eine Stufenwiderklage – in der ersten Stufe gerichtet auf Abrechnung – hätte umgestellt werden müssen, haben sich die Beteiligten auf richterlichen Hinweis in dem bereits erwähnten Teilvergleich dahingehend geeinigt, dass der Kläger sich unabhängig vom Zug-um-Zug-Antrag zur Abrechnung und Auskehrung verpflichtet (vgl. Sitzungsniederschrift S. 3). Insoweit war über den Antrag nicht mehr zu entscheiden.
Im Übrigen steht zur Überzeugung des Senates aufgrund der von den Beteiligten vorgelegten Berechnungen fest, dass der Beklagte aufgrund der Pflicht zur Rückabwicklung mindestens in Höhe der im Klageantrag genannten Summe geschädigt ist, so dass nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation aus §§ 284, 242 BGB die Pflicht des Klägers folgt, dem Geschädigten den bereits titulierten, aus dem Schuldanerkenntnis folgenden Anspruch abzutreten. Als Nebenpflicht besteht zudem die schuldrechtliche Pflicht zur Herausgabe der notariellen Urkunde, die zudem sachenrechtlich auch aus §§ 985, 952 BGB folgt.
Über die höchst hilfsweise erhobene Widerklage war nicht mehr zu entscheiden, da die Beklagte mit ihrem Hilfsantrag – soweit er sich nicht durch Teilvergleich erledigt hat – in vollem Umfang Erfolg hatte.
Der Kläger hat wegen der Zug-um-Zug-Verurteilung auch keinen Zinsanspruch. Die Verpflichtung zur Zahlung von Prozesszinsen beginnt erst mit der Fälligkeit der Hauptforderung (§ 291 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 und 2 BGB analog). Dementsprechend ist anerkannt, dass die Verzinsungspflicht entfallen kann, wenn der Forderung die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§§ 273, 274 BGB) entgegensteht und die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führt (vgl. bereits BGH, Urteil vom 14. Januar 1971 - VII ZR 3/69 28 - BGHZ 55, 198ff.; juris, Rn. 103). Insoweit hat der Kläger, indem er nicht selbst von Anfang an nur die Zug-um-Zug-Verurteilung beantragt hat, mehr verlangt, als ihm zustand und damit dafür gesorgt, dass die Forderung einredebehaftet war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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