Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 515/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Will der behinderte Mensch nicht das Bildungsangebot der ihm vom staatliche Schulamt zugewiesenen öffentlichen Schule, sondern das Bildungsangebot einer anderen, privaten Schule in Anspruch nehmen, ist es ihm bzw. seinen Eltern zuzumuten, die finanziellen Folgen dieser Entscheidung selbst zu tragen (Anschluss an Sächs. OVG vom 10.09.2010 - 2 B 238/10 - ). Insbesondere besteht in diesem Fall kein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII.
2. Das grundrechtlich geschützte Elternrecht wie auch das Recht zur Errichtung privater Schulen begründen keinen - unmittelbaren oder mittelbaren - Anspruch auf Übernahme der mit dem Besuch einer privaten Ersatzschule verbundenen Aufwendungen - hier: der Kosten der Schülerbeförderung - gegen den Sozialhilfeträger.
2. Das grundrechtlich geschützte Elternrecht wie auch das Recht zur Errichtung privater Schulen begründen keinen - unmittelbaren oder mittelbaren - Anspruch auf Übernahme der mit dem Besuch einer privaten Ersatzschule verbundenen Aufwendungen - hier: der Kosten der Schülerbeförderung - gegen den Sozialhilfeträger.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme ungedeckter Fahrtkosten für den Schulbesuch des Klägers in einer in freier Trägerschaft geführten Inklusionsschule aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) umstritten.
Der am xx.xx.2004 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an einem Down-Syndrom, einem Herzfehler und einer pulmonalen Hypertension und dadurch bedingten Fähigkeitsstörungen im körperlichen und geistigen Bereich. Er erhielt von dem Beklagten in der Zeit vom 01.12.2006 bis zum 31.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den Besuch des Kindergartens "K", U ...
Durch Bescheid vom 01.09.2011 stellte das Staatliche Schulamt Karlsruhe (Schulamt) fest, der Kläger habe Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot. Für ihn stehe an der K-Schule, Schule für Geistigbehinderte, B., ein Schulplatz zur Verfügung. Die Mutter wünsche jedoch eine Beschulung an der S-Schule, K., einer Freien Schule auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steinerts (Waldorf-Pädagogik).
Seit dem Schuljahr 2011/2012 besucht der Kläger diese Schule als Inklusionskind. Der Beklagte übernahm u.a. nach Einholung eines Berichts seiner sonderpädagogischen Förderstelle ab dem 01.10.2013 zunächst bis Ende des Schuljahres 2013/2014 die Kosten für einen Schulbegleiter aus Mitteln der Eingliederungshilfe (Bescheid vom 02.10.2013).
Zu den für die Beförderung des Klägers von seinem Wohnort in Kr.-U. zur Schule in K. und zurück anfallenden Fahrtkosten gewährt die Stadt Karlsruhe - Schul- und Sportamt - nach satzungsrechtlichen Bestimmungen einen Zuschuss in Höhe von jährlich 770,00 EUR (vgl. Schreiben vom 01.10.2012).
Am 12.03.2013 stellten die Eltern des Klägers bei dem Beklagten den Antrag, die darüber hinausgehenden ungedeckten Kosten der Schülerbeförderung aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab: Zwar gehöre der Kläger zu dem Personenkreis, der dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe habe. Er besuche eine Privatschule, obwohl eine Beschulung auch an einer öffentlichen Schule möglich sei. Der Besuch der Privatschule sei eingliederungshilferechtlich deshalb nicht erforderlich, um ihm eine angemessene Schulbildung zu ermöglichen. Die Übernahme von Fahrtkosten aus Mitteln der Eingliederungshilfe sei daher nicht möglich. Allein aus der schulrechtlichen Gestattung des Schulbesuchs an einer Privatschule zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht ergebe sich keine abweichende Entscheidung. Beim Besuch einer öffentlichen Grundschule im Landkreis hätte er - der Beklagte - die Schülerbeförderung über seine Satzung organisiert und finanziert; Leistungen der Eingliederungshilfe wären hierfür nicht entstanden (Bescheid vom 29.11.2013, Widerspruchsbescheid vom 08.01.2014, den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Postzustellungsurkunde am 16.01.2014 zugestellt).
Deswegen hat der Kläger am 14.02.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Widerspruchsvorbringen: Der Beklagte könne ihm den gewählten Schulbesuch an einer in freier Trägerschaft geführten Schule nicht verweigern, nachdem heute die integrative Unterrichtung von Kindern das Ziel einer gemeinschaftlichen Förderung sei. Die Schule für Geistigbehinderte in B. sei keine integrative Schule. Dem Wunsch seiner Eltern nach einer Außenklassenbeschulung an einer öffentlichen Schule im Zuständigkeitsbereich des Beklagten habe das Schulamt mangels genügender Schülerzahlen nicht entsprechen können. Eine Einzelintegration in eine Regelschule umfasse lediglich sechs sonderpädagogische Wochenstunden und sei für seine Schulentwicklung nicht ausreichend. Zwar könne er die von ihm besuchte Schule grundsätzlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen; für eine Einzelstrecke benötige er jedoch rund 1 Stunde und 20 Minuten mit Wechsel von Verkehrsmitteln. Ein solcher Schulweg sei auch für ein nicht behindertes Kind im Grundschulalter nicht ohne weiteres zu bewältigen und ihm selbst aufgrund seiner Behinderung nicht möglich.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die im Schuljahr 2013/2014 angefallenen Kosten der Schülerbeförderung für den Besuch der S-Schule, K., soweit diese den Betrag von jährlich 770,00 EUR überstiegen, aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 56 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat für das Schuljahr 2013/2014 keinen Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen in Form der Übernahme der für seine Schülerbeförderung von seinem Wohnort in Kr.-U. nach Karlsruhe angefallenen ungedeckten Kosten.
1. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist gemäß § 95 SGG der Bescheid vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2014 und in zeitlicher Hinsicht allein die Zeitspanne vom 09.09.2013, dem Beginn des Schuljahres 2013/2014, bis zum 30. Juli 2014, dem Ende dieses Schuljahres, auch wenn der Beklagte durch die angefochtenen Bescheide die Versagung von Eingliederungshilfeleistungen nicht konkret auf diese Zeitspanne beschränkt hat (vgl. u.a. LSG Baden-Württemberg vom 09.10.2008 - L 7 AS 3709/08 ER-B -; vom 27.10.2009 - L 7 AS 2618/09 ER-B -, vom 09.11.2009 - L 7 AS 2456/09 ER-B - und vom 11.08.2010 - L 7 SO 420/10 ER-B - (jeweils nicht veröffentlicht), ferner Urteil des erkennenden Gerichts vom 26.07.2012 - S 1 SO 580/12 - m.w.N. (juris)).
2. Im Schuljahr 2013/2014 gehörte der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und unzweifelhaft - zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII. Denn er gehört aufgrund seines Krankheitsbildes infolge des Down-Syndroms zum Kreis der nach § 53 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII eingliederungshilfeberechtigten Personen mit einer Behinderung i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII insbesondere Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, vor allem im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Gemäß § 12 Nr. 2 der aufgrund der Ermächtigung in § 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) vom 01.02.1975 (BGBl. I S. 433), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022, 3059), umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung u.a. auch Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
3. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten sind die angefochtenen Bescheide von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Nach Prüfung und Feststellung eines für den Kläger bestehenden sonderpädagogischen Bildungsbedarfs hat das Schulamt durch den - bestandskräftig gewordenen - Bescheid vom 01.09.2011 die Zuweisung des Klägers zur K-Schule, Schule für Geistigbehinderte, B. vorgenommen. Der Regelungsgehalt der schulrechtlichen Entscheidung ist nach dem Inhalt des vorgenannten Bescheides nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Zuweisung an die S-Schule, K., erfolgt wäre; vielmehr ist der Besuch dieser Schule neben der Zuweisung des Klägers zur K-Schule allein auf Wunsch der Eltern des Klägers ebenfalls zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht gestattet.
Allein hieraus folgt indes keine Verpflichtung des Beklagten, die für die Beförderung des Klägers zur Erfüllung seiner Schulpflicht im Schuljahr 2013/2014 angefallenen Kosten von Kr.-U. nach Karlsruhe und zurück, soweit diese den von der Stadt Karlsruhe - Schul- und Sportamt - gewährten Zuschuss von jährlich 770,00 EUR übersteigen, aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Zwar ist die S-Schule geeignet, den Anspruch des Klägers auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, das er aufgrund seiner körperlichen und geistigen Fähigkeitseinschränkungen benötigt, zu erfüllen und ihm dadurch eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
Die Beschulung des Klägers in der S-Schule, K., ist jedoch nicht "erforderlich" i.S. des § 12 Nr. 2 EinglHV. Denn der Anspruch des Klägers auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot ist durch die Zuweisung zur K-Schule, B., erfüllt worden. Für dessen Besuch ist vom Beklagten eine kostenlose Schülerbeförderung eingerichtet, an der auch der Kläger teilnehmen könnte. Damit steht bereits der allgemeine sozialhilferechtliche Nachranggrundsatz (§ 2 Abs. 1 SGB XII) der Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der hier streitigen Fahrtkosten entgegen. Hinreichende oder gar zwingende Gründe dafür, dass für den Kläger gerade der Besuch an der S-Schule in K. zur Erlangung einer angemessenen Schulausbildung erforderlich wäre, liegen nicht vor. Weder sind hierfür medizinische Gründe vorgetragen noch ersichtlich noch ist eine Unzumutbarkeit, die staatliche K-Schule in B. zu besuchen, ersichtlich. Allein die bei Beginn der Schulpflicht im Schuljahr 2011/2012 evtl. dort fehlende Möglichkeit einer inklusiven Beschulung des Klägers stellt keine solche Unzumutbarkeit dar. Die K-Schule ist als staatliche Förderschule für die notwendige sonderpädagogische Förderung und Bildung des Klägers im Rahmen der allgemeinen Schulbildung nicht weniger geeignet als die S-Schule. Denn der staatliche Erziehungs- und Bildungsauftrag gilt für alle öffentlich-rechtlichen Schulen und Schularten in gleicher Weise und in gleichem Umfang (§§ 3 Abs. 1 und 4 Abs.1 Satz 1 des Schulgesetzes (SchulG)). Als Schule für Geistigbehinderte (§ 15 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SchulG) dient die K-Schule der Erziehung, Bildung und Ausbildung behinderter Schüler mit - wie hier - sonderpädagogischem Förderbedarf, die in den allgemeinen Schulen nicht die ihnen zukommende Erziehung, Bildung und Ausbildung erfahren können (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SchulG). Als Ersatzschule mit besonderer pädagogischer Prägung (§ 3 Abs. 2 Satz 1 des Privatschulgesetzes (PSchG)) dient die S-Schule nach Maßgabe des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland, und der Verfassung des Landes Baden-Württemberg der öffentlichen Aufgabe, das Schulwesen des Landes zu bereichern (§ 1 Satz 1 PSchG); sie ergänzt das Angebot freier Schulwahl und fördert das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts (§ 1 Satz 1 PSchG). Bei einer Beschulung des Klägers in der K-Schule würden indes Fahrtkosten für ihn bzw. seine Eltern für die Schülerbeförderung nicht anfallen. Denn der Beklagte hat hierzu glaubhaft - und vom Kläger unwidersprochen geblieben - vorgetragen, dass er beim Besuch des Klägers einer öffentlichen Grundschule im Landkreis die Schülerbeförderung über seine Satzung organisiert und finanziert hätte, mithin Leistungen der Eingliederungshilfe insoweit nicht angefallen wären.
Aus eben diesen Gründen ist eine Beschulung des Klägers in der S-Schule, K., keine für seine angemessene Schulbildung i.S. von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 der Eingliederungshilfe-Verordnung "erforderliche" Maßnahme. Zu Recht hat es deshalb der Beklagte abgelehnt, die für die gleichwohl erfolgte Beschulung anfallenden Aufwendungen des Klägers für die Schülerbeförderung, soweit diese nicht nach satzungsrechtlichen Bestimmungen der Stadt Karlsruhe erstattet werden, aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen bzw. zu erstatten. Dem Kläger, der - wie hier - nicht das Bildungsangebot der Schule, der er zugewiesen ist, sondern das Bildungsangebot einer anderen Schule nutzen möchte, bzw. seinen Eltern ist es deshalb zuzumuten, die finanziellen Folgen dieser Entscheidung selbst zu tragen (vgl. Sächs. OVG vom 10.09.2010 - 2 B 238/10 - (juris) zur Kostenübernahme für die Schülerbeförderung zu einer staatlich genehmigten Ersatzschule).
4. Damit stellt sich auch nicht die Frage nach einem etwaigen Wunsch- und Wahlrecht und damit nach einer Angemessenheit des Kostenaufwands für die Schülerbeförderung bzw. der Frage nach einer etwaigen Unverhältnismäßigkeit entstandener oder noch entstehender Kosten i.S. von § 9 Abs. 2 SGB XII (vgl. hierzu Hess. LSG vom 22.11.2010 - L 9 SO 7/09 - (juris)).
5. Soweit der Kläger zum Schulbesuch generell zusätzliche Maßnahmen der Eingliederungshilfe benötigt - hier: in Form der vom Beklagten durch den Bescheid vom 02.10.2013 für die Zeit vom 01.10.2013 bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 bewilligten Schulbegleiters -, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Maßnahme ist unabhängig von Wahl und Art der besuchten Schule allein aufgrund der konkreten medizinischen Sachlage und der sich hieraus für den Kläger selbst und ggfs. dritte Personen ergebenden Gefährdungslage erforderlich.
6. Durch die Ablehnung der Übernahme bzw. Erstattung der ungedeckten Schülerbeförderungskosten wird auch das Recht der Eltern des Klägers aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht verletzt. Nach dieser Bestimmung sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Der Schutzbereich dieser Vorschrift umfasst auch die freie Wahl zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten oder zugelassenen Schulformen einschließlich Privatschulen (vgl. BVerwGE 112, 263, 269f.); er schließt das Recht ein, Maßnahmen abzuwehren, die darauf abzielen, dieses Wahlrecht mehr als notwendig zu begrenzen (vgl. BVerfGE 34, 165, 183 ff). Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG beinhaltet jedoch keine leistungsrechtliche Dimension i.S. der Begründung eines unmittelbaren Leistungsanspruchs oder eines Leistungsanspruchs kraft Ausstrahlung über sozialhilferechtliche Vorschriften; begründet ist vielmehr allein die abwehrrechtliche Bedeutung des Elternrechts in der Form, dass Erziehungsberechtigte das Recht haben, staatliche Maßnahmen abzuwenden, die beeinträchtigend in den grundrechtlich geschützten Bereich der Erziehung hineinwirken (vgl. BVerwG, FEVS 44, 4 ff). Dementsprechend bietet Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG keinen Anspruch darauf, dass pädagogische Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen in ihrer jeweiligen philosophischen oder pädagogischen Ausrichtung derart existenzielle Bedeutung erhalten, dass ihre Nachrangigkeit gegenüber kostenlosen staatlichen Bildungsangeboten zu verneinen wäre (vgl. Hess. LSG vom 22.11.2010 - L 9 SO 7/09 - (juris)) bzw. die dadurch verursachten zusätzlichen Kosten zu erstatten wären (vgl. SG Kassel vom 17.08.2012 - S 10 AS 400/12 - (juris) zur Verneinung eines Anspruchs auf Erstattung zusätzlicher Schülerbeförderungskosten, die nur deshalb entstehen, weil ein Leistungsberechtigter bei der Wahl der Schule Wert auf eine bestimmte pädagogische Ausrichtung der Schule - dort: Freie Waldorfschule - legt, aus Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch).
7. Schließlich kann der Kläger einen Anspruch auf Kostenübernahme bzw. Erstattung ungedeckter Kosten der Schülerbeförderung für den Besuch der S-Schule, K., auch nicht aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG herleiten. Danach wird das Recht zur Errichtung von privaten Schulen gewährleistet, d.h. dem Staat die Pflicht auferlegt, das private Ersatzschulwesen zu schützen, mithin den Bestand der Privatschule als Institution zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 75, 40, 61f. und 90, 107, 114). Die Pflicht zielt auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privatschulwesens ab in der Gestalt der Förderung individueller Freiheit der Ersatzschulträger (vgl. BVerfGE 75, 40, 68). Sie begründet indes keinen - unmittelbaren oder mittelbaren - Leistungsanspruch von Eltern und/oder Schülern auf Erstattung der mit dem Besuch einer privaten Ersatzschule verbundenen Aufwendungen über die Regelungen in einfach gesetzlichen Bestimmungen hinaus. Insbesondere lässt sich hieraus kein Anspruch auf Ersatz von Schülerbeförderungskosten herleiten (vgl. Sächs. OVG vom 10.09.2010 - 2 B 238/10 - und OVG Sachsen-Anhalt vom 26.02.2001 - 2 L 450/00 - (jeweils juris); Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 7, Rn. 29 und Hemmerich in von Münch/Kunig, GG, 3. Aufl. 2000, Art. 7, Rn. 45 m.w.N.).
8. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme ungedeckter Fahrtkosten für den Schulbesuch des Klägers in einer in freier Trägerschaft geführten Inklusionsschule aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) umstritten.
Der am xx.xx.2004 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an einem Down-Syndrom, einem Herzfehler und einer pulmonalen Hypertension und dadurch bedingten Fähigkeitsstörungen im körperlichen und geistigen Bereich. Er erhielt von dem Beklagten in der Zeit vom 01.12.2006 bis zum 31.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den Besuch des Kindergartens "K", U ...
Durch Bescheid vom 01.09.2011 stellte das Staatliche Schulamt Karlsruhe (Schulamt) fest, der Kläger habe Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot. Für ihn stehe an der K-Schule, Schule für Geistigbehinderte, B., ein Schulplatz zur Verfügung. Die Mutter wünsche jedoch eine Beschulung an der S-Schule, K., einer Freien Schule auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steinerts (Waldorf-Pädagogik).
Seit dem Schuljahr 2011/2012 besucht der Kläger diese Schule als Inklusionskind. Der Beklagte übernahm u.a. nach Einholung eines Berichts seiner sonderpädagogischen Förderstelle ab dem 01.10.2013 zunächst bis Ende des Schuljahres 2013/2014 die Kosten für einen Schulbegleiter aus Mitteln der Eingliederungshilfe (Bescheid vom 02.10.2013).
Zu den für die Beförderung des Klägers von seinem Wohnort in Kr.-U. zur Schule in K. und zurück anfallenden Fahrtkosten gewährt die Stadt Karlsruhe - Schul- und Sportamt - nach satzungsrechtlichen Bestimmungen einen Zuschuss in Höhe von jährlich 770,00 EUR (vgl. Schreiben vom 01.10.2012).
Am 12.03.2013 stellten die Eltern des Klägers bei dem Beklagten den Antrag, die darüber hinausgehenden ungedeckten Kosten der Schülerbeförderung aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab: Zwar gehöre der Kläger zu dem Personenkreis, der dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe habe. Er besuche eine Privatschule, obwohl eine Beschulung auch an einer öffentlichen Schule möglich sei. Der Besuch der Privatschule sei eingliederungshilferechtlich deshalb nicht erforderlich, um ihm eine angemessene Schulbildung zu ermöglichen. Die Übernahme von Fahrtkosten aus Mitteln der Eingliederungshilfe sei daher nicht möglich. Allein aus der schulrechtlichen Gestattung des Schulbesuchs an einer Privatschule zur Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht ergebe sich keine abweichende Entscheidung. Beim Besuch einer öffentlichen Grundschule im Landkreis hätte er - der Beklagte - die Schülerbeförderung über seine Satzung organisiert und finanziert; Leistungen der Eingliederungshilfe wären hierfür nicht entstanden (Bescheid vom 29.11.2013, Widerspruchsbescheid vom 08.01.2014, den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Postzustellungsurkunde am 16.01.2014 zugestellt).
Deswegen hat der Kläger am 14.02.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Widerspruchsvorbringen: Der Beklagte könne ihm den gewählten Schulbesuch an einer in freier Trägerschaft geführten Schule nicht verweigern, nachdem heute die integrative Unterrichtung von Kindern das Ziel einer gemeinschaftlichen Förderung sei. Die Schule für Geistigbehinderte in B. sei keine integrative Schule. Dem Wunsch seiner Eltern nach einer Außenklassenbeschulung an einer öffentlichen Schule im Zuständigkeitsbereich des Beklagten habe das Schulamt mangels genügender Schülerzahlen nicht entsprechen können. Eine Einzelintegration in eine Regelschule umfasse lediglich sechs sonderpädagogische Wochenstunden und sei für seine Schulentwicklung nicht ausreichend. Zwar könne er die von ihm besuchte Schule grundsätzlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen; für eine Einzelstrecke benötige er jedoch rund 1 Stunde und 20 Minuten mit Wechsel von Verkehrsmitteln. Ein solcher Schulweg sei auch für ein nicht behindertes Kind im Grundschulalter nicht ohne weiteres zu bewältigen und ihm selbst aufgrund seiner Behinderung nicht möglich.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 29. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die im Schuljahr 2013/2014 angefallenen Kosten der Schülerbeförderung für den Besuch der S-Schule, K., soweit diese den Betrag von jährlich 770,00 EUR überstiegen, aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 56 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat für das Schuljahr 2013/2014 keinen Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen in Form der Übernahme der für seine Schülerbeförderung von seinem Wohnort in Kr.-U. nach Karlsruhe angefallenen ungedeckten Kosten.
1. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist gemäß § 95 SGG der Bescheid vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2014 und in zeitlicher Hinsicht allein die Zeitspanne vom 09.09.2013, dem Beginn des Schuljahres 2013/2014, bis zum 30. Juli 2014, dem Ende dieses Schuljahres, auch wenn der Beklagte durch die angefochtenen Bescheide die Versagung von Eingliederungshilfeleistungen nicht konkret auf diese Zeitspanne beschränkt hat (vgl. u.a. LSG Baden-Württemberg vom 09.10.2008 - L 7 AS 3709/08 ER-B -; vom 27.10.2009 - L 7 AS 2618/09 ER-B -, vom 09.11.2009 - L 7 AS 2456/09 ER-B - und vom 11.08.2010 - L 7 SO 420/10 ER-B - (jeweils nicht veröffentlicht), ferner Urteil des erkennenden Gerichts vom 26.07.2012 - S 1 SO 580/12 - m.w.N. (juris)).
2. Im Schuljahr 2013/2014 gehörte der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und unzweifelhaft - zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII. Denn er gehört aufgrund seines Krankheitsbildes infolge des Down-Syndroms zum Kreis der nach § 53 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII eingliederungshilfeberechtigten Personen mit einer Behinderung i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII insbesondere Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, vor allem im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Gemäß § 12 Nr. 2 der aufgrund der Ermächtigung in § 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) vom 01.02.1975 (BGBl. I S. 433), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022, 3059), umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung u.a. auch Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
3. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten sind die angefochtenen Bescheide von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Nach Prüfung und Feststellung eines für den Kläger bestehenden sonderpädagogischen Bildungsbedarfs hat das Schulamt durch den - bestandskräftig gewordenen - Bescheid vom 01.09.2011 die Zuweisung des Klägers zur K-Schule, Schule für Geistigbehinderte, B. vorgenommen. Der Regelungsgehalt der schulrechtlichen Entscheidung ist nach dem Inhalt des vorgenannten Bescheides nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Zuweisung an die S-Schule, K., erfolgt wäre; vielmehr ist der Besuch dieser Schule neben der Zuweisung des Klägers zur K-Schule allein auf Wunsch der Eltern des Klägers ebenfalls zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht gestattet.
Allein hieraus folgt indes keine Verpflichtung des Beklagten, die für die Beförderung des Klägers zur Erfüllung seiner Schulpflicht im Schuljahr 2013/2014 angefallenen Kosten von Kr.-U. nach Karlsruhe und zurück, soweit diese den von der Stadt Karlsruhe - Schul- und Sportamt - gewährten Zuschuss von jährlich 770,00 EUR übersteigen, aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Zwar ist die S-Schule geeignet, den Anspruch des Klägers auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, das er aufgrund seiner körperlichen und geistigen Fähigkeitseinschränkungen benötigt, zu erfüllen und ihm dadurch eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
Die Beschulung des Klägers in der S-Schule, K., ist jedoch nicht "erforderlich" i.S. des § 12 Nr. 2 EinglHV. Denn der Anspruch des Klägers auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot ist durch die Zuweisung zur K-Schule, B., erfüllt worden. Für dessen Besuch ist vom Beklagten eine kostenlose Schülerbeförderung eingerichtet, an der auch der Kläger teilnehmen könnte. Damit steht bereits der allgemeine sozialhilferechtliche Nachranggrundsatz (§ 2 Abs. 1 SGB XII) der Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der hier streitigen Fahrtkosten entgegen. Hinreichende oder gar zwingende Gründe dafür, dass für den Kläger gerade der Besuch an der S-Schule in K. zur Erlangung einer angemessenen Schulausbildung erforderlich wäre, liegen nicht vor. Weder sind hierfür medizinische Gründe vorgetragen noch ersichtlich noch ist eine Unzumutbarkeit, die staatliche K-Schule in B. zu besuchen, ersichtlich. Allein die bei Beginn der Schulpflicht im Schuljahr 2011/2012 evtl. dort fehlende Möglichkeit einer inklusiven Beschulung des Klägers stellt keine solche Unzumutbarkeit dar. Die K-Schule ist als staatliche Förderschule für die notwendige sonderpädagogische Förderung und Bildung des Klägers im Rahmen der allgemeinen Schulbildung nicht weniger geeignet als die S-Schule. Denn der staatliche Erziehungs- und Bildungsauftrag gilt für alle öffentlich-rechtlichen Schulen und Schularten in gleicher Weise und in gleichem Umfang (§§ 3 Abs. 1 und 4 Abs.1 Satz 1 des Schulgesetzes (SchulG)). Als Schule für Geistigbehinderte (§ 15 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SchulG) dient die K-Schule der Erziehung, Bildung und Ausbildung behinderter Schüler mit - wie hier - sonderpädagogischem Förderbedarf, die in den allgemeinen Schulen nicht die ihnen zukommende Erziehung, Bildung und Ausbildung erfahren können (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SchulG). Als Ersatzschule mit besonderer pädagogischer Prägung (§ 3 Abs. 2 Satz 1 des Privatschulgesetzes (PSchG)) dient die S-Schule nach Maßgabe des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland, und der Verfassung des Landes Baden-Württemberg der öffentlichen Aufgabe, das Schulwesen des Landes zu bereichern (§ 1 Satz 1 PSchG); sie ergänzt das Angebot freier Schulwahl und fördert das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts (§ 1 Satz 1 PSchG). Bei einer Beschulung des Klägers in der K-Schule würden indes Fahrtkosten für ihn bzw. seine Eltern für die Schülerbeförderung nicht anfallen. Denn der Beklagte hat hierzu glaubhaft - und vom Kläger unwidersprochen geblieben - vorgetragen, dass er beim Besuch des Klägers einer öffentlichen Grundschule im Landkreis die Schülerbeförderung über seine Satzung organisiert und finanziert hätte, mithin Leistungen der Eingliederungshilfe insoweit nicht angefallen wären.
Aus eben diesen Gründen ist eine Beschulung des Klägers in der S-Schule, K., keine für seine angemessene Schulbildung i.S. von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 der Eingliederungshilfe-Verordnung "erforderliche" Maßnahme. Zu Recht hat es deshalb der Beklagte abgelehnt, die für die gleichwohl erfolgte Beschulung anfallenden Aufwendungen des Klägers für die Schülerbeförderung, soweit diese nicht nach satzungsrechtlichen Bestimmungen der Stadt Karlsruhe erstattet werden, aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen bzw. zu erstatten. Dem Kläger, der - wie hier - nicht das Bildungsangebot der Schule, der er zugewiesen ist, sondern das Bildungsangebot einer anderen Schule nutzen möchte, bzw. seinen Eltern ist es deshalb zuzumuten, die finanziellen Folgen dieser Entscheidung selbst zu tragen (vgl. Sächs. OVG vom 10.09.2010 - 2 B 238/10 - (juris) zur Kostenübernahme für die Schülerbeförderung zu einer staatlich genehmigten Ersatzschule).
4. Damit stellt sich auch nicht die Frage nach einem etwaigen Wunsch- und Wahlrecht und damit nach einer Angemessenheit des Kostenaufwands für die Schülerbeförderung bzw. der Frage nach einer etwaigen Unverhältnismäßigkeit entstandener oder noch entstehender Kosten i.S. von § 9 Abs. 2 SGB XII (vgl. hierzu Hess. LSG vom 22.11.2010 - L 9 SO 7/09 - (juris)).
5. Soweit der Kläger zum Schulbesuch generell zusätzliche Maßnahmen der Eingliederungshilfe benötigt - hier: in Form der vom Beklagten durch den Bescheid vom 02.10.2013 für die Zeit vom 01.10.2013 bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 bewilligten Schulbegleiters -, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Maßnahme ist unabhängig von Wahl und Art der besuchten Schule allein aufgrund der konkreten medizinischen Sachlage und der sich hieraus für den Kläger selbst und ggfs. dritte Personen ergebenden Gefährdungslage erforderlich.
6. Durch die Ablehnung der Übernahme bzw. Erstattung der ungedeckten Schülerbeförderungskosten wird auch das Recht der Eltern des Klägers aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht verletzt. Nach dieser Bestimmung sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Der Schutzbereich dieser Vorschrift umfasst auch die freie Wahl zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten oder zugelassenen Schulformen einschließlich Privatschulen (vgl. BVerwGE 112, 263, 269f.); er schließt das Recht ein, Maßnahmen abzuwehren, die darauf abzielen, dieses Wahlrecht mehr als notwendig zu begrenzen (vgl. BVerfGE 34, 165, 183 ff). Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG beinhaltet jedoch keine leistungsrechtliche Dimension i.S. der Begründung eines unmittelbaren Leistungsanspruchs oder eines Leistungsanspruchs kraft Ausstrahlung über sozialhilferechtliche Vorschriften; begründet ist vielmehr allein die abwehrrechtliche Bedeutung des Elternrechts in der Form, dass Erziehungsberechtigte das Recht haben, staatliche Maßnahmen abzuwenden, die beeinträchtigend in den grundrechtlich geschützten Bereich der Erziehung hineinwirken (vgl. BVerwG, FEVS 44, 4 ff). Dementsprechend bietet Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG keinen Anspruch darauf, dass pädagogische Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen in ihrer jeweiligen philosophischen oder pädagogischen Ausrichtung derart existenzielle Bedeutung erhalten, dass ihre Nachrangigkeit gegenüber kostenlosen staatlichen Bildungsangeboten zu verneinen wäre (vgl. Hess. LSG vom 22.11.2010 - L 9 SO 7/09 - (juris)) bzw. die dadurch verursachten zusätzlichen Kosten zu erstatten wären (vgl. SG Kassel vom 17.08.2012 - S 10 AS 400/12 - (juris) zur Verneinung eines Anspruchs auf Erstattung zusätzlicher Schülerbeförderungskosten, die nur deshalb entstehen, weil ein Leistungsberechtigter bei der Wahl der Schule Wert auf eine bestimmte pädagogische Ausrichtung der Schule - dort: Freie Waldorfschule - legt, aus Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch).
7. Schließlich kann der Kläger einen Anspruch auf Kostenübernahme bzw. Erstattung ungedeckter Kosten der Schülerbeförderung für den Besuch der S-Schule, K., auch nicht aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG herleiten. Danach wird das Recht zur Errichtung von privaten Schulen gewährleistet, d.h. dem Staat die Pflicht auferlegt, das private Ersatzschulwesen zu schützen, mithin den Bestand der Privatschule als Institution zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 75, 40, 61f. und 90, 107, 114). Die Pflicht zielt auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privatschulwesens ab in der Gestalt der Förderung individueller Freiheit der Ersatzschulträger (vgl. BVerfGE 75, 40, 68). Sie begründet indes keinen - unmittelbaren oder mittelbaren - Leistungsanspruch von Eltern und/oder Schülern auf Erstattung der mit dem Besuch einer privaten Ersatzschule verbundenen Aufwendungen über die Regelungen in einfach gesetzlichen Bestimmungen hinaus. Insbesondere lässt sich hieraus kein Anspruch auf Ersatz von Schülerbeförderungskosten herleiten (vgl. Sächs. OVG vom 10.09.2010 - 2 B 238/10 - und OVG Sachsen-Anhalt vom 26.02.2001 - 2 L 450/00 - (jeweils juris); Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 7, Rn. 29 und Hemmerich in von Münch/Kunig, GG, 3. Aufl. 2000, Art. 7, Rn. 45 m.w.N.).
8. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
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