L 2 LW 2/02

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 2 LW 2/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 24.10.2001 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die (rückwirkende) Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Beklagten ab 1.5.1995.

Die 1962 geborene Klägerin heiratete 1986 den Landwirt H H ; dieser führte seinerzeit einen Betrieb mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von ca 60 ha. Der Ehemann der Klägerin war seit dem 1.9.1971 bei der Beklagten beitragspflichtig. Die Klägerin nahm ab dem 1.5.1995 eine Erwerbstätigkeit auf. Ihr Ehemann wurde im Laufe des Jahres 1996 erwerbsunfähig und stellte einen Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei der Beklagten. Die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes des Ehemanns der Klägerin auf diese erfolgte mit Pachtvertrag vom 29.7.1997. Die Beitragspflicht des Ehemanns der Klägerin endete am 31.7.1997; ihm wurde ab dem 1.8.1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt.

Mit Bescheid vom 28.10.1997 stellte die Beklagte der Klägerin gegenüber fest, dass diese in der Zeit vom 1.1.1995 bis zum 31.7.1997 der Versicherungspflicht als Ehegattin eines Landwirts im Sinne des § 1 Abs 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte – ALG – unterlegen habe und bereits ein fälliger Beitrag von insgesamt 9.520,- DM angelaufen sei. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 31.10.1997 stellte die Beklagte der Klägerin gegenüber fest, dass diese als Landwirtin ab 1.8.1997 gemäß § 1 Abs 1 ALG versicherungspflichtig sei. Für die Monate August bis Oktober 1997 seien bereits Beiträge in Höhe von insgesamt 984,- DM fällig geworden. Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 9.12.1998 ging bei der Beklagten ein Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht ein. Den Antragsformularen waren eine Bescheinigung des S S eV über ihre Berufstätigkeit seit dem 1.5.1995 als Stationshilfe (Mai bis Juni 1995), Pflegehelferin (Juli 1995 bis Juli 1996) und Schülerin der Heilerziehungspflege (seit August 1996) sowie ein Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1996 beigefügt.

Mit Bescheid vom 26.1.1999 befreite die Beklagte die Klägerin mit Wirkung ab dem 1.1.1999 von der Versicherungspflicht.

Die Beklagte versuchte im Januar 1999 bei der Klägerin im Wege der Zwangsvollstreckung rückständige Beiträge einzutreiben. Durch Bescheid vom 19.2.1999 mahnte sie dieser gegenüber rückständige Beiträge an und setzte Säumniszuschläge fest.

Mit Schreiben vom 22.2.1999 legte die Klägerin Widerspruch ein und wies "die in Rechnung gestellte Forderung in Höhe von 16.832,40 DM in vollem Umfang zurück". Die Klägerin führte aus, sie habe im Jahre 1995 einen Antrag auf "Zuschuss zu dieser Versicherung" bei der Außenstelle Trier gestellt. Ihr sei damals ein Fragebogen zugesandt worden, um entsprechende Angaben zu machen. Sie habe sich telefonisch an die Außenstelle Trier gewandt und dort mitgeteilt, dass sie im Mai 1995 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Sie habe dann nichts mehr von dieser Angelegenheit gehört. Im Januar 1997 sowie im Januar und Dezember 1998 habe sie entsprechende Arbeitsnachweise an die Außenstelle in Trier geschickt. Sie habe fast monatlich Telefonate mit der Außenstelle der Beklagten in Koblenz geführt.

Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom April 1999 darauf hin, dass ein Eingang des Befreiungsantrages vor dem 9.12.1998 nicht habe festgestellt werden können. Die von der Klägerin genannten Arbeitsnachweise seien weder im Januar 1997 noch 1998 eingegangen. Auch in den Akten der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und der landwirtschaftlichen Krankenkasse seien die erwähnten Unterlagen nicht abgeheftet. Nach Überprüfung der Beitragsakten der gesamten Gemeinde habe kein Poststück festgestellt werden können, das falsch zusortiert gewesen sei. Zu beachten sei auch, dass die Klägerin gegen die Bescheide vom 28. und 31.10.1997 keinen Widerspruch eingelegt habe. Da bei ihr, der Beklagten, nur der Befreiungsantrag vom 9.12.1998 feststellbar sei, beginne die Befreiung von der Versicherungspflicht ab Januar 1999. Im Jahre 1995 seien die Feststellung der Versicherungspflicht und die Bearbeitung von Befreiungsanträgen durch die Hauptverwaltung der Alterskasse der rheinischen Landwirtschaft in Düsseldorf erfolgt.

Mit Bescheid vom 28.6.1999 lehnte die Beklagte der Klägerin gegenüber die Rücknahme der Bescheide vom 28. und 31.10.1997 ab.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte nochmals geltend, sie habe bereits 1995 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6.7.2000 wies die Beklagte den Widerspruch "gegen die Bescheide vom 19.2. und 28.6.1999" zurück. Zur Begründung hieß es ua: Nachforschungen bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft hätten ergeben, dass dort weder Telefonvermerke noch ein entsprechender Posteingang zu verzeichnen sei. Da die Aktenbearbeitung insoweit in Düsseldorf stattgefunden habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin mit den Außenstellen Trier und Koblenz Kontakt aufgenommen haben wolle.

Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen: Sie habe bereits 1995 die Absicht gehabt, eine private Altersvorsorge aufzubauen; dies belege, dass sie sich seinerzeit um ihre Alterssicherung Gedanken gemacht habe. Der Versicherungsvertreter K könne bestätigen, dass ein privater Altersvorsorgeabsicherungsvertrag seitens der privaten Versicherungsgesellschaft aus gesundheitlichen Gründen nicht abgeschlossen worden sei. Sie habe im Juni 1995 eine Arbeitsbescheinigung zur Außenstelle der Beklagten nach Koblenz gesandt, nachdem ihr eine Mitarbeiterin der Beklagten telefonisch erklärt hatte, sie könne dies tun, obwohl eigentlich die Außenstelle in Trier zuständig sei. Als die erste Mahnung wegen der Beiträge aus Trier gekommen sei, habe sie, die Klägerin, dort angerufen und dem Sachbearbeiter gesagt, sie habe die Arbeitsbescheinigung nach Koblenz geschickt. Daraufhin habe sie den zuständigen Sachbearbeiter ihrer Beschäftigungsfirma, N , nochmals um eine Arbeitsbescheinigung gebeten, die sie nach Trier gesandt habe. Herr N habe sich seinerzeit darüber gewundert, dass die Klägerin "für die Berufsgenossenschaft" so häufig Arbeitsbescheinigungen benötigt habe.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 24.10.2001 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Es sei nicht ersichtlich, dass die Bescheide vom 28. und 31.10.1997 rechtswidrig seien. Der Klägerin sei es nicht gelungen, die Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu entkräften. Auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen sei nicht zu beanstanden.

Gegen dieses ihr am 30.11.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.12.2001 beim Sozialgericht Mainz eingelegte Berufung der Klägerin.

Die Klägerin hat ein Schreiben des Versicherungsvertreters K aus Birkenfeld vom März 2002 vorgelegt. Darin heißt es: Als seinerzeit der Privatversicherungsantrag der Klägerin von der N L AG abgelehnt worden sei, habe er der Klägerin geraten, in die landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) einzutreten. Da mit der Aufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit, die nach seiner Erinnerung für April 1995 in Aussicht gestanden habe, eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verbunden gewesen sei, habe er (K der Klägerin später mitgeteilt, dass sie nun eine Befreiung bei der LAK beantragen solle. Er habe dann für die Klägerin einen Schriftsatz verfasst, der an die LAK nach Düsseldorf geschickt worden sei. Er erinnere sich, dass der Klägerin mitgeteilt worden sei, die Außenstelle Trier sei für sie zuständig. In der Folgezeit sei die Klägerin dann aufgefordert worden, Verdienstbescheinigungen der letzten drei Monate vorzulegen, damit über die Befreiung entschieden werden könne. Auch diese Schreiben habe er verfasst. Leider habe er keine Kopien für sich behalten; diese habe er der Klägerin ausgehändigt.

Die Klägerin trägt vor: Sie bleibe bei ihrem Vortrag, dass sie bereits 1995 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Mainz vom 24.10.2001, die Bescheide der Beklagten vom 19.2. und 28.6.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2000 und die weiteren Säumniszuschlagsbescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Rücknahme der Bescheide vom 28. und 31.10.1997 ab 1.5.1995 von der Versicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat eine Stellungnahme von Herrn N vom S S eV vom Juni 2002 eingeholt. Dieser hat angegeben, die Klägerin habe ihm nicht mitgeteilt, für welche Stelle die auf Wunsch der Klägerin ausgestellten Arbeitsbescheinigungen bestimmt gewesen seien. Außerdem hat der Senat die die Klägerin betreffenden Akten der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sowie die den Ehemann der Klägerin betreffende Akte der Beklagten beigezogen.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.8.2002 die Klägerin persönlich angehört und A.J. K als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.8.2002 verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die übrigen beigezogenen Akten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide vom 28. und 31.10.1997 nach § 44 des 10. Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) sind nicht erfüllt, weil diese Bescheide nicht rechtswidrig sind.

Vorliegend sind zwar, was zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht bereits für die Zeit ab dem 1.5.1995 erfüllt. Gemäß § 3 Abs 2 ALG wirkt indes die Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, ansonsten erst vom Eingang des Antrags an. Die Klägerin hat, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, einen Antrag auf Befreiung erst am 9.12.1998 gestellt.Dies bedeutet, dass für den angefangenen Monat Dezember 1998 noch die Beitragsschuld besteht (vgl Kommentar zum ALG, hrsg vom Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, § 3, S 6.1).

Da die Beklagte den Bescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 1 Abs 3 ALG erst im Oktober 1997 erlassen hat, könnte die Frist für den Befreiungsantrag insoweit erst mit dem Zugang dieses Bescheides zu laufen begonnen haben, wenn im vorliegenden Zusammenhang die Vorschrift des § 34 Abs 2 Satz 3 und 4 ALG entsprechend angewandt würde. Ebenso wie das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 17.8.2000 (Az B 10 LW 22/99 R = SozR 3-5868 § 3 Nr 3) kann der Senat diese Frage indes vorliegend offen lassen, weil die Dreimonatsfrist des § 3 Abs 2 ALG in jedem Fall im Zeitpunkt des Eingangs des Befreiungsantrags im Dezember 1998 abgelaufen war.

Hinsichtlich des Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht ist zu beachten, dass dieser formlos möglich ist. Dies bedeutet, dass der Antrag mündlich, schriftlich oder sogar fernmündlich gestellt werden kann (Krasney in Kasseler Kommentar, § 18 SGB I, RdNr 9). Erforderlich bei einem schriftlich gestellten Antrag ist, wie auch sonst bei verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen, dessen Eingang beim Versicherungsträger.

Die Klägerin behauptet, sie habe im Mai 1995 ein Schreiben mit dem Befreiungsantrag an die Beklagte abgesandt. Da nicht feststellbar ist, dass dieses bei der Beklagten eingegangen ist, kann ein etwaiges diesbezügliches Schreiben nicht als wirksamer Befreiungsantrag gewertet werden. Entsprechendes gilt für weitere Schreiben der Klägerin an die Beklagte vor dem am 9.12.1998 bei dieser eingegangenen Schreiben.

Wenn die Angaben der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.8.2002 zuträfen, wäre allerdings von einem bereits 1995 telefonisch gestellten Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht auszugehen. Der Senat ist jedoch nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass die Klägerin und der Zeuge K wahrheitsgemäß ausgesagt haben. Vielmehr kann der Senat nicht ausschließen, dass beide die Unwahrheit gesagt haben und die Klägerin vielmehr bis Dezember 1998 keine Verbindung mit der Beklagten in Bezug auf einen Befreiungsantrag aufgenommen hat.

Entscheidend gegen die Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin (und auch des Zeugen K ) spricht die Tatsache, dass sich keines der behaupteten Schreiben im Doppel in der Akte der Beklagten befindet und auch keines der angeblichen Telefongespräche von Mitarbeitern der Beklagten in einem Aktenvermerk dokumentiert wurde. Der Senat verkennt nicht, dass es durchaus der Lebenswirklichkeit entspricht, dass Schreiben verloren gehen und die Dokumentation von Telefongesprächen versäumt wird. Da die Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin und des Zeugen K davon abhängt, dass mehrere Telefongespräche nicht festgehalten wurden und mehrere Schreiben nicht im Doppel in die Akte der Beklagten genommen wurden, sind jedoch bei der gegebenen Sachlage erhebliche Zweifel angebracht, dass diese Angaben der Klägerin und des Zeugen wahrheitsgemäß sind. Ausschlaggebend ist, dass diese Zweifel durch den persönlichen Eindruck des Senats bei der Anhörung der Klägerin sowie der Vernehmung des Zeugen K nicht ausgeräumt werden konnten.

Außerdem ist festzuhalten, dass sich die Klägerin nicht mit dem Widerspruch gegen die Bescheide vom 28. und 31.10.1997 gewandt hat. Dies spricht gegen die von der Klägerin behaupteten Telefongespräche und Schreiben an die Beklagte in der davor liegenden Zeit im Zusammenhang mit einem Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht.

Hinzu kommt, was allerdings nicht mehr entscheidend ist, dass nicht plausibel ist, weshalb sich die Beklagte, bevor die Versicherungspflicht der Klägerin festgestellt war, mit einem Schreiben an diese gewandt haben soll, mit der Auflage, eine Arbeitsbescheinigung vorzulegen.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) wegen der Versäumung der Antragsfrist sind nicht erfüllt. Das BSG hat in seinem Urteil vom 17.8.2000 (aaO) offengelassen, ob bei Versäumung der Frist des § 3 Abs 2 ALG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt. Diese Frage ist nach der Überzeugung des Senats zu verneinen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl SozR 3-1300 § 27 Nr 3) grundsätzlich auch bei Versäumung einer Frist des materiellen Rechts – um eine solche handelt es sich bei der Frist des § 3 Abs 2 ALG - zulässig. Sie ist nach § 27 Abs 5 SGB X nur dann unzulässig, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist oder sich durch Auslegung nach dem Zweck der jeweiligen Fristbestimmung der dieser zugrundeliegenden Interessenabwägung ergibt (BSG, aaO). Ausgehend hiervon scheidet eine Wiedereinsetzung im Rahmen des § 3 Abs 2 ALG nach dem Zweck dieser Frist aus. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift ergeben sich – soweit ersichtlich - keine Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, ob eine Wiedereinsetzung möglich ist. Das Schrifttum zu der § 3 Abs 2 ALG im Wesentlichen entsprechenden Bestimmung des § 6 Abs 4 des 6. Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) hat jedoch zur Auslegung der zuletzt genannten Vorschrift Grundsätze aufgezeigt, die auch für § 3 Abs 2 ALG herangezogen werden können. Die Frist des § 6 Abs 4 SGB VI wird von der, soweit ersichtlich, einhelligen Meinung in der Literatur als Ausschlussfrist angesehen, die eine Heranziehung des § 27 SGB X (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) ausschließt (Boecken in GK-SGB VI, Stand März 1992, § 6, RdNr 154 f; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 6 SGB VI, RdNr 28; vgl auch Marburger, ZfS 1996, 156, 163). Zur Begründung wird angeführt (Boecken, aaO, RdNr 155): Mit der relativ kurzen Frist von drei Monaten solle im Interesse der Versichertengemeinschaft gewährleistet werden, dass hinsichtlich des Bestehens der Versicherungspflicht in der Vergangenheit möglichst schnell Klarheit geschaffen werde. Diesem Gesichtspunkt würde es zuwiderlaufen, im Fall der unverschuldeten Versäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuzulassen, zumal der mit der Fristüberschreitung verbundene "Rechtsnachteil" allein darin bestehe, dass die Befreiung erst ab dem Tag des Antragseingangs wirken könne. Diese Grundsätze sind entsprechend für die dem § 6 Abs 4 SGB VI vergleichbare Vorschrift des § 3 Abs 2 ALG heranzuziehen.

Unabhängig davon wären die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfüllt, weil die Klägerin –wie dargelegt- nicht glaubhaft gemacht hat, dass sie die von ihr behaupteten Schreiben an die Beklagte, die sich auf einen vor Dezember 1998 gestellten Befreiungsantrag beziehen, abgesandt hat.

Die Klägerin kann hinsichtlich der Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit vor dem 1.1.1999 nicht zu ihren Gunsten die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (dazu Hauck in Hauck/Noftz, SGB I, K § 14, Rz 33 ff) geltend machen. Denn es fehlt insoweit bereits an einem vorwerfbaren Verhalten der Beklagten als Ursache des fehlenden Antrags auf eine Befreiung von der Versicherungspflicht. Wie die Klägerin selbst vorträgt, war sie durch den Zeugen K über die Möglichkeit eines Befreiungsantrags informiert.

Die Festsetzung von Säumniszuschlägen in dem angegriffenen Bescheid vom 19.2.1999 ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für den gemäß § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Säumniszuschlagbescheid vom 18.3.1999 und die nach §§ 96 Abs 1, 153 Abs 1 SGG zum Gegenstand des Klage- bzw Berufungsverfahrens gewordenen weiteren, von der Beklagten vorgelegten Säumniszuschlagsbescheide.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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