Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 736/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1027/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Ausübung des Rechts auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V stellt unter bestimmten Voraussetzungen kein sozialwidriges Verhalten im Sinne von § 41 Abs. 4 SGB XII dar.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts K. vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Übernahme der Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers aus Mitteln der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des Vierten Kapitels des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) während der Tätigkeit des Klägers im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen in der Zeit vom 10. September 2012 bis 30. Juni 2013 im Streit.
Der am 1994 geborene Kläger ist schwerst pflegebedürftig (rollstuhlpflichtig) und erhält Leistungen der Pflegestufe III (siehe Schreiben der Deutschen Krankenversicherung AG - DKV - vom 17. März 2011). Er ist auch schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt. Ferner sind die Nachteilsausgleiche "G", "B", "aG", "H", "RF" und "Gl" zuerkannt (siehe Schwerbehindertenausweis des Landratsamts K. vom 30. November 2005). Der Kläger ist seit seiner Geburt über seinen Vater über die Familienversicherung privat krankenversichert (Bl. 11/15 Verwaltungsakte -VA-). Der Beklagte gewährte ihm mit Bescheid vom 12. März 2012ab dem 1. März 2012 bis zum 31. August 2012 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Der Bedarfsberechnung legte der Beklagte dabei den Regelsatz der Regelbedarfsstufe III, einen Mehrbedarf für erheblich gehbehinderte i. H. v. 17 v. H. dieses Regelsatzes sowie die Aufwendungen für die private Krankenversicherung i. H. v. monatlich 184,50 EUR zu Grunde.
Seit dem 10. September 2012 ist der Kläger im Rahmen einer von der Agentur für Arbeit K. geförderten Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben bei den H. Werkstätten und Wohngemeinschaften K. gGmbH, einer Werkstatt für behinderte Menschen, tätig, zunächst im Eingangsverfahren und seit dem 10. Dezember 2012 bis voraussichtlich 9. Dezember 2014 im Berufsbildungsbereich (seit 9. Dezember 2014 ist der Kläger im Werkstattbereich). Er erhält während dieser Zeitspanne von der Agentur für Arbeit K. Ausbildungsgeld (75,00 EUR) nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Auf seinen Antrag stellte die AOK E. fest, dass der Kläger seit dem 10. September 2012 für die Dauer der Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Verpflichtung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung befreit sei (Bescheid vom 20. September 2012 - Bl. 13 SG-Akte)).
Mit Bescheid vom 14. September 2012 (Bl. 113 VA)stellte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen des Klägers ab dem 1. September 2012 auf monatlich "349,83 EUR" (tatsächlich 403,65 EUR) neu fest. Bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte er weiterhin den Regelsatz der Regelbedarfsstufe III (299,00 EUR) zzgl. eines Mehrbedarfs für behinderte Menschen i. H. v. 35 v. H. dieses Regelsatzes. Die Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers blieben allerdings unberücksichtigt mit der Begründung, diese Beiträge seien für einen Empfänger von Grundsicherungsleistungen nicht angemessen, wenn er als Mitglied der gesetzlichen Kranken- und Pflegekasse bereits über eine Vorsorge für den Fall von Krankheit und Pflegebedürftigkeit verfüge.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er sei seit seiner Geburt privat krankenversichert und habe sich von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Dauer seiner Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen befreien lassen. Daher habe er auch Anspruch auf weitere Übernahme der für seine private Krankenversicherung anfallenden Beiträge.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2013 (Bl. 145 VA) setzte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab 1. Januar 2013 zunächst bis zum 30. Juni 2013 unter Aufhebung der für diese Zeitspanne bereits ergangenen Entscheidung auf monatlich 413,10 EUR fest. Er legte dem weiterhin alleine den Regelsatz der Regelbedarfsstufe III (ab 1. Januar 2013: 306,00 EUR) sowie einen Mehrbedarf für behinderten Eingliederungshilfeempfänger i. H. v. 107,10 EUR zu Grunde.
Dem Widerspruch des Klägers gab der Beklagte im Weiteren teilweise statt und bewilligte für die Zeit vom 1. September 2012 bis zum 9. September 2012 noch Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. 55,35 EUR. Im Übrigen wies er den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2013 (Bl. 153 VA) zurück. Zur Begründung führte der Beklagte noch aus, der Kläger sei über seine Tätigkeit im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich in einer Werkstatt für behinderte Menschen auf Grund des Bezuges von Ausbildungsgeld gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Er erhalte damit einen angemessenen Krankenversicherungsschutz. Als Träger der Sozialhilfe sei der Beklagte nicht verpflichtet, weitergehende Leistungen als in der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen. Dies gelte auch im Falle schwerster Erkrankungen mit häufigen und längeren Krankenhausaufenthalten, wenn eine künftige Verbesserung der Lebenssituation des Leistungsberechtigten und damit verbunden eine künftige Entlastung des Grundsicherungsträgers nicht absehbar sei (mit Hinweis auf den Beschluss des Hessischen LSG vom 9. Juni 2006 - L 9 SO 13/06 ER - ). Der Kläger habe keinen Anspruch auf individuelle Besserstellung gegenüber dem gesetzlichen Leistungsrahmen der Sozialhilfe (Hinweis auf Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2006 - L 20 SO 11/05 -). Die Beiträge für eine private Krankenversicherung stellten daher mit der Aufnahme in das Eingangsverfahren der Werkstatt für behinderte Menschen am 10. September 2012 keine sozialhilferechtlichen Bedarf mehr dar.
Hiergegen hat der Kläger am 27. Februar 2013 Klage zum Sozialgericht (SG) K. erhoben. Zur Begründung trägt er noch ergänzend zu seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, ein angemessener Krankenversicherungsschutz sei für ihn über die gesetzliche Krankenversicherung nicht möglich. Er sei auf - im Einzelnen näher bezeichnet - Hilfsmittel, Therapien und Pflegekosten zwingend angewiesen, die die gesetzliche Krankenversicherung nicht oder nur eingeschränkt übernehme. Seinem Sicherungsbedürfnis könne er nur deshalb durch den Abschluss einer privaten Krankenversicherung begegnen. Die vom Beklagten zitierten Entscheidungen beträfen jeweils anders gelagerte Sachverhalte. Für die Dauer seiner Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen habe er von der ihm durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Gebrauch gemacht. Dieser Entscheidung müsse auch der Beklagte respektieren. Mit der Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht sei sein Hilfebedarf gerade nicht entfallen. Das Ausnutzen ihm gesetzlich eingeräumter Gestaltungsmöglichkeiten sei auch nicht objektiv rechtsmissbräuchlich und führe daher auch nicht zu einem Leistungsausschluss.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat u. a. noch ausgeführt, der Kläger sei über seine Tätigkeiten in der Werkstatt für behinderte Menschen und durch den Bezug von Ausbildungsgeld gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Ihm habe damit eine ausreichende anderweitige Bedarfssicherung zur Verfügung gestanden. Allein das von ihm - im Übrigen erst nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses - am 18. September 2012 ausgeübte Wahlrecht gebiete es daher nicht, die Beiträge für seine private Kranken- und Pflegeversicherung aus Grundsicherungsmitteln zu übernehmen. Darüber hinaus sei die Übernahme der Versicherungsbeiträge auch nicht angemessen, weil der Kläger damit eine über dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehenden Versicherungsschutz habe. Auch habe er insoweit seine Bedürftigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, was zum Ausschluss der streitigen Leistungen führe. Ohne seine Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht hätte die Agentur für Arbeit K. die Beiträge zur Krankenversicherung des Klägers übernommen.
Das SG hat mit Urteil vom 30. Januar 2014 den Bescheid der Beklagten vom 14. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 sowie des Bescheides vom 10. Januar 2013 abgeändert und den Beklagen verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 10. September 2012 bis 30. September 2012 weitere 129,15 EUR und für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. Juni 2013 monatlich weitere 184,50 EUR aus Mitteln der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für dessen private Kranken- und Pflegeversicherung zu gewähren. Das SG hat hierbei die Auffassung vertreten, dass Gegenstand des Rechtsstreites neben dem Bescheid vom 14. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 auch der Bescheid vom 10. Januar 2013, durch den der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für die Monate Januar bis Juni 2013 neu festgesetzt hatte, Gegenstand des Rechtsstreites sei. Dieser Bescheid vom 10. Januar 2013 sei gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, weil hierdurch und der gleichzeitigen Aufhebung seiner bisherigen, für die Zeit ab 1. Januar 2013 ergangenen Entscheidung mit dem Bescheid vom 14. September 2012 die Grundsicherungsleistungen ab diesem Zeitpunkt neu festgesetzt worden seien. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Bescheid vom 10. Januar 2013 weder eine Rechtsbehelfsbelehrung noch einen Hinweis auf ein Einbeziehung in das laufende Widerspruchsverfahren enthalten habe. Des Weiteren sei hier nur über die Übernahme der Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers zu entscheiden, nicht aber über die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung insgesamt. Denn § 42 SGB XII unterscheide in seinen Nrn.1 bis 5 ausdrücklich u. a. zwischen den Regelbedarfsstufen nach § 28 (Nr. 1) sowie den zusätzlichen Bedarfen nach dem zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels (Nr. 2). Damit sei eine streitgegenständliche Beschränkung auf die Übernahme von Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, die der Kläger antragsgemäß auch vorgenommen habe, möglich (mit Hinweis auf BSG SozR 4-3500 § 32 Nr. 1 und 2). Der Kläger gehöre auch unstrittig zu dem Personenkreis, der Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII habe. Die Leistungen der Grundsicherung umfassten nach § 42 Nr. 2 SGB XII u.a. die zusätzlichen Bedarfe nach dem zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels SGB XII. Damit seien, wenn eine Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen bestehe, die Aufwendungen zu übernehmen, soweit sie angemessen seien und die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 SGB XII erfüllt seien, d. h. auf Seiten des Hilfesuchenden Hilfebedürftigkeit bestehe (§ 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII). Soweit danach Aufwendungen zur Krankenversicherung zu übernehmen seien, seien auch die Aufwendungen für die Pflegeversicherung zu übernehmen (§ 32 Abs. 5 Satz 4 SGB XII). Hieran orientiert habe es der Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht abgelehnt, die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers i. H. v. monatlich 184,50 EUR über den 9. September 2012 hinaus bis zum 30. Juni 2013 - bis zu diesem Zeitpunkt habe der Beklagte die Grundsicherungsleistungen durch den Bescheid vom 10. Januar 2013 befristet - aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen. Denn durch die Aufnahme des Klägers in das Eingangsverfahrens der Werkstatt für behinderten Menschen am 10. September 2012 wie auch in den Berufsbildungsbereich ab 10. Dezember 2012 sei seine zuvor bestehende Bedarfslage in Bezug auf den Kranken- und Pflegeversicherungsschutz nicht entfallen. Zwar habe der Kläger als Bezieher von Ausbildungsgeld im Sinne der §§ 122 Abs. 1 Nr. 3, 125 SGB III der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 u. 7, § 186 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) und in der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 6 u. 7 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - soziale Pflegeversicherung - SGB XI) unterlegen und hätte die Pflicht zur Beitragstragung allein den Einrichtungsträger, hier die Werkstatt für behinderte Menschen mit einem Erstattungsanspruch gegen die Agentur für Arbeit K. (§ 251 Abs. 2 Satz 2 SGB V), getroffen (§ 251 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V und § 59 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB XI). Der Kläger habe jedoch mit Wirkung vom 10. September 2012, dem Zeitpunkt seiner Aufnahme in das Eingangsverfahren in der Werkstatt für Behinderte, für die Dauer seiner Teilnahme an der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben von der ihm gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht und sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung befreien lassen (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V). Er sei daher auch in der sozialen Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig gewesen, denn die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung folge derjenigen in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Der Befreiungsbescheid der AOK E. vom 20. September 2012 sei bindend (§ 77 SGG) und für den Kläger auch aus Rechtsgründen für die Dauer seiner Teilnahme an der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unwiderruflich (§ 8 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Nachdem auch die Agentur für Arbeit K. die Übernahme von Kosten für eine Krankenversicherung des Klägers wegen dessen privater Krankenversicherung mit Bescheid vom 18. Juli 2012 abgelehnt habe, habe mangels anderweitiger Deckung deshalb Bedarf des Klägers in Bezug auf seine private Kranken- und Pflegeversicherung über den 9. September 2012 hinaus auch bis zum 30. Juni 2013 fortbestanden (§§ 2 Abs. 1, 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Entgegen der Ansicht des Beklagten stehe dem die Regelung in § 41 Abs. 4 SGB XII auch nicht entgegen, wonach sofern er in den letzten zehn Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII habe. Der gesetzliche Leistungsausschluss trete nämlich nur dann ein, wenn sich das vorsätzliche und grob fahrlässige Verhalten des Hilfesuchenden auch objektiv als rechtsmissbräuchlich darstelle. Rechtsmissbräuchlich sei ein Verhalten, wenn es sozialwidrig, das bedeute aus Sicht der Solidargemeinschaft zu missbilligen sei. Von einer rechtsmissbräuchlich und sozialwidrig herbeigeführten Bedarfslage könne aber dann nicht ausgegangen werden, wenn der Hilfesuchende wie hier allein eine ihm anderweitig vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit wahrnehme, die er zudem nicht widerrufen könne. Die vom Kläger geltend gemachten monatlichen Beiträge für seine private Kranken- und Pflegeversicherung seien auch der Höhe nach (§ 184,50 EUR monatlich gemäß Versicherungsschein der DKV vom November 2011 für die Zeit ab 1. Januar 2012 und vom November 2012 für die Zeit ab 1. Januar 2013) "angemessen" im Sinne von § 32 Abs. 5 SGB XII. Dies ergebe sich zur Überzeugung des SG bereits daraus, dass der Beklagte Versicherungsbeiträge gleicher Höhe und für die gleiche Versicherung des Klägers in der Zeit vom 1. März 2012 bis zum 9. September 2012 in die Bedarfsberechnung eingestellt und bei der Gewährung der von ihm festgesetzten Leistungen berücksichtigt habe. Auch komme eine Beschränkung der Beitragshöhe, etwa auf die für Leistungsbezieher in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu tragenden Beiträge (§ 12 Abs. 1c Sätze 5 u. 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes - VAG - ) - den sogenannten Basistarif - vorliegend ebenfalls nicht in Betracht. Denn anders als in § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) enthalte § 32 Abs. 5 SGB XII eine solche Einschränkung gerade nicht. Auch im Übrigen sei die Höhe der hier vom Kläger aufzubringenden monatlichen Versicherungsbeiträge vor dem Hintergrund von Art, Schwere und Ausmaß seiner Behinderung nicht zu beanstanden. Aus diesen Gründen sei hier der Beklagte hinsichtlich der hier streitigen Zeitspanne vom 10. September 2012 bis zum 30. September 2012 zzgl. der bereits gewährten 55,35 EUR verpflichtet weitere 129,15 EUR und für die Zeit ab 1. Oktober 2012 bis 30. Juni 2013 verpflichtet dem Kläger weitere monatliche 184,50 EUR an Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.
Der Beklagte hat gegen das ihm mit Empfangsbekenntnis am 6. Februar 2014 zugestellte Urteil am 28. Februar 2014 Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, der Begriff der Angemessenheit der Beiträge nach § 32 Abs. 5 SGB XII sei in zweierlei Hinsicht zu betrachten. Zum einen müssten die Beiträge dem Grunde nach angemessen und - sofern dies bejaht werde - dann auch der Höhe nach angemessen sein. Die Beiträge des Klägers seien aber schon dem Grunde nach nicht angemessen. Zwar habe beim Kläger seit seiner Geburt eine private Kranken- und Pflegeversicherung bestanden. Durch Aufnahme seiner Tätigkeit im Eingangs- und Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen sei er jedoch kraft Gesetzes Pflichtmitglied der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung geworden. Hierauf sei der rechtliche Betreuer des Klägers bereits am 22. Februar 2012 hingewiesen worden. Mit Bescheid vom 14. September 2012 habe der Beklagte dann auch seine Zahlungen für den Beitrag der privaten Kranken- und Pflegeversicherung formell eingestellt. Dennoch habe der Kläger die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht beantragt. Letztlich sei die Situation des Klägers, der eine Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V in Anspruch nehme, nicht anders als diejenige von Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Recht zur freiwilligen Versicherung nach § 9 SGB V hätten, dieses Recht jedoch nicht ausüben würden. Für diese Fälle habe das Bayerische LSG entschieden, dass die Wahl zwischen Krankenhilfe nach § 48 SGB XII und der Übernahme der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung dem Leistungsträger zustehe (Bayerisches LSG Beschluss vom 12. April 2010 - L 8 B 997/08 SO PKH). Der Beklagte habe hier mit Bescheid vom 14. September 2012 die Wahl getroffen, dass der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend sei. Die Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII hätten zwar formal alle Wahlrechte. Allerdings seien die Leistungsträger nur verpflichtet, diejenigen Konsequenzen aus der Ausübung der Wahlrechte zu berücksichtigen, die angemessen seien und eben nur im Rahmen der Angemessenheit die Aufwendungen zu übernehmen. Dies zeige sich ähnlich im Bereich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, auch hier seien die Leistungsberechtigten frei, Verträge über Unterkünfte zu schließen, dennoch seien die Aufwendungen nur im Rahmen der Angemessenheit zu übernehmen. Daher sei die Berücksichtigung der Beiträge schon im Grunde nach nicht angemessen. Soweit das SG anführe, dass der Kläger seit seiner Geburt diesen privaten Versicherungsstatus inne habe und diesen deshalb habe nicht aufgeben wollen, könne dem nicht gefolgt werden. Dem stehe zum einen nicht das Urteil des Bayerischen LSG vom 19. Juli 2011 (L 8 SO 26/11) entgegen, mit dem es (in juris Rdnr. 35) teilweise vor der oben zitierten Rechtsprechung abrücke. In dem zitierten Urteil lehne das LSG Bayern die Wahlmöglichkeit unter Berufung auf § 205 VVG für die Fälle ab, in denen ein privater Krankenversicherungsvertrag bestehe, der die Pflicht des § 193 Abs. 3 VVG erfülle. In diesen Fällen könne der Privatversicherte nämlich den privaten Krankenversicherungsvertrag nicht kündigen. Eine solche Situation liege hier jedoch gerade nicht vor. Seit Aufnahme der Tätigkeit im Eingangs- und Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen sei der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert gewesen. Ihn habe daher gar keine Pflicht nach § 193 Abs. 3 VVG mehr getroffen, sodass auch der Kündigungsausschluss des § 205 VVG nicht greife. Darüber hinaus könnten ohnehin nur Beiträge im Basistarif der privaten Krankenversicherung als angemessen anerkannt werden. Die Wahl eines über das angemessene Maß hinausgehende höheren Schutzniveaus eines anderen Krankenversicherungstarifs könnte nicht die Angemessenheit der Beiträge zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen. Im Basistarif aber würden die Versicherten in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung die Leistungen ebenfalls nur auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Das gelte schließlich auch für die Form der Leistungserbringung. Mittlerweile habe auch das LSG NRW hierzu in seinem Urteil vom 14. November 2013 (L 9 SO 46/13) die Aussage getroffen, dass "der Schutz durch die gesetzliche Krankenversicherung, der etwa 86 % der Bevölkerung in Deutschland angehören, keineswegs als minderwertig anzusehen ist". Das LSG hat in dieser Entscheidung die Angemessenheit nach § 32 Abs. 5 SGB XII in Höhe der Übernahme der hälftigen Beiträge nach dem Basistarif bestätigt. Aber auch wenn man dem Ergebnis des hier angefochtenen Urteils folgen würde und die Angemessenheit der Beiträge nach § 32 Abs. 5 SGB XII bejahen würde, wäre die Übernahme der Beiträge im Rahmen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung ausgeschlossen. Diese Übernahme stehe - anders als vom SG angenommen - die Vorschrift des § 41 Abs. 4 SGB XII entgegen. Soweit das SG in seinem Urteil zu dem Ergebnis komme, das Verhalten des Klägers müsse rechtsmissbräuchlich sein um einen Ausschluss zu begründen, könne dem nicht gefolgt werden. Außer bei der angeführten Zitatstelle werde diese Voraussetzung sonst nicht als zwingend erforderlich gehalten. Das Tun bzw. Unterlassen müsse vielmehr einem Unwerturteil unterworfen werden können. Das Verhalten, durch das die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt worden seien, müsse "sozialwidrig" sein. Dies sei dann der Fall, wenn es aus Sicht der Gemeinschaft, die - falls die Sicherstellung von Mitteln für die Hilfeleistung in Notlagen angehe - eine Solidargemeinschaft bilde, zu missbilligen sei. Das Bundesverwaltungsgericht sei schon in seinem Urteil vom 23. September 1999 (5 C 22/99) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kündigung der Krankenversicherung bei nachfolgendem Bezug von Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG grundsätzlich ein sozialwidriges Verhalten darstelle. Eine Übernahme des Beitrages für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers sei daher nicht möglich. Aus Sicht des Beklagten sei das Handeln des Betreuers des Klägers durchaus aber auch gegenüber dem Träger der Grundsicherungsleistungen rechtsmissbräuchlich. Denn durch die Wahl der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V hätte der Kläger - unterstelle man mit dem SG, dass ein Bedarf bestehe - entgegen der Entscheidung des Grundsicherungsträgers überhaupt erst ein grundsicherungsrechtlichen Bedarf geschaffen, obwohl der Bedarf anderweitig, nämlich durch die gesetzliche Krankenversicherung, gedeckt gewesen sei. Es sei für den Kläger bei Antragstellung auf Befreiung absolut vorhersehbar gewesen, dass die Beiträge nicht durch den Sozialhilfeträger übernommen würden. Bereits am 22. Februar 2012 sei er über die Pflichtversicherung und das Ende der privaten Kranken- und Pflegeversicherung informiert worden. Aus der Überweisung der Leistungen für den Monat September 2012 habe er auch klar entnehmen können, dass der Betrag für die private Kranken- und Pflegeversicherung nicht überwiesen worden sei. Er habe deshalb die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und kausal durch sein sozialwidriges Verhalten die Bedürftigkeit herbeigeführt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts K. vom 30. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger hält die Entscheidung des SG für zutreffend. So verkenne der Beklagte schon im Ansatz, dass es nun einmal die Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V gebe und dass der Kläger bzw. dessen rechtlicher Betreuer hiervon in rechtlich zulässiger Weise Gebrauch gemacht habe. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt habe, müsse sich der Kläger dies nicht vorhalten lassen, weil die Ausübung eines gesetzlich eingeräumten Rechts sich nicht als rechtsmissbräuchlich darstelle und es auch im vorliegenden Einzelfall keinerlei Anhaltspunkte für einen derartigen Rechtsmissbrauch gebe. Der Beklagte verkenne auch, dass der Gesetzgeber die Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V für Fälle der vorliegenden Art gerade nicht eingeschränkt habe. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass ein solcher Befreiungsantrag im Falle des Klägers und vergleichbarer Fälle - also einer Vielzahl von Personen in vergleichbarer Situation - ein "sozialwidriges Verhalten" darstelle, hätte er ohne Weiteres das Recht auf Befreiung von der gesetzlichen Versicherung für derartige Fälle einschränken können. Dies sei jedoch nicht geschehen. Insbesondere liege auch - wie das SG zutreffend ausgeführt habe - kein Ausschluss nach § 41 Abs. 4 SGB XII vor. Denn ein rechtsmissbräuchliches und sozialwidriges Verhalten könne nicht per se vorliegen, wenn der Hilfesuchende eine vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit wahrnehme, die er zu dem nicht widerrufen könne. Es liege auch kein sozialwidriges Verhalten vor. Die Entscheidung des Bayerische LSG vom 12. April 2010 (L 9 B 997/08 SO PKH) führe auch nicht weiter. Diese Entscheidung betreffe einen völlig anderen Sachverhalt und eine völlig andere Rechtsfrage. Im dort entschiedenen Falle gehe es um die Frage, ob ein Hilfeempfänger, der die Mittel für eine Versorgung im Krankheitsfalle nicht selbst aufbringen könne, selbst zwischen der Hilfe des § 32 SGB XII und der Hilfe nach § 48 SGB XII wählen dürfe oder ob diese Entscheidung dem Sozialhilfeträger obliege. Dies habe jedoch mit dem hier streitigen Fall nichts zu tun. Im dortigen Fall sei es um die Frage gegangen, ob der Sozialhilfeträger entscheiden könne, erst im Krankheitsfall Krankenhilfe nach § 48 SGB XII zu leisten oder ob er bereits vor Auftreten eines Krankheitsfalles die Beiträge zu einer freiwilligen Krankenversicherung als Ermessensleistung übernehmen wolle. Damit handele es sich um einen völlig anderen Sachverhalt und auch rechtlich eine andere Sachlage als hier. Schließlich sei auch die Auffassung des Beklagten, die Beiträge seien der Höhe nach nicht angemessen und müssten auf die Beiträge im Basistarif der privaten Krankenversicherung beschränkt werden, unzutreffend. Das BSG habe schon in seiner Entscheidung vom 10. November 2011 (B 8 SO 21/10 R) grundsätzlich entschieden, dass die Bezieher von Sozialhilfeleistungen nicht genauso behandelt und bewertet werden könnten, wie Leistungsbezieher nach dem SGB II. So habe das BSG dort u. a. ausgeführt, dass anders als beim SGB II in den Fällen, in denen eine versicherte Person unabhängig von der Höhe des entrichtenden Beitrags hilfebedürftig im Sinne des SGB II sei, beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII eine solche Lücke nicht bestehe, weil gemäß § 32 Abs. 5 SGB XII der zuständige Sozialhilfeträger den Beitrag zu tragen habe, der angemessen sei. Folgerichtig fehle der in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II enthaltene Verweis auf § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG. Das gesetzliche Postulat der Angemessenheit lasse also Raum für eine Auslegung, die eine Gleichbehandlung der Sozialhilfeempfänger mit den Alg-II-Empfängern gewährleiste. Dazu werde nicht zuletzt eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung Privatversicherter verhindert, die deren verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminimum tangieren würde. Nichts anderes gelte auch für die privaten Pflegeversicherungsbeiträge. Schließlich berufe sich der Beklagte auch darauf, dass eine Übernahme der Beiträge durch die Agentur für Arbeit vorrangig sei. Auch hier irre der Beklagte, da unstreitig die Agentur für Arbeit die Übernahme von Kosten für eine Krankenversicherung des Klägers mit Bescheid vom 18. Juli 2012 abgelehnt habe. Insoweit habe das SG völlig zutreffend darauf hingewiesen, dass mangels anderweitiger Deckung der Bedarf des Klägers unter Bezugnahme auf die Kosten seiner Kranken- und Pflegeversicherung über den 9. September 2012 hinaus auch bis zum 30. Juni 2013 fortbestanden und vom Beklagten zu übernehmen sei. Schließlich gehe auch die Auffassung des Beklagten, der rechtliche Betreuer des Klägers habe mit dem Befreiungsantrag rechtswidrig gehandelt und hierdurch ein Schaden herbeigeführt, der von seiner Haftpflichtversicherung zu übernehmen sei, fehl. Denn wie bereits oben ausgeführt und vom SG entschieden, liege ein Fehlverhalten des Betreuers nicht vor, weil er für den Kläger lediglich von dessen gesetzlicher Befreiungsmöglichkeit Gebrauch gemacht habe.
Der Höchstbeitrag für den Basistarif in der privaten Krankenversicherung (PKV) betrug 2012 (ausgehend von der 2012 geltenden Beitragsbemessungsgrenze i.H.v.3.825 EUR monatlich und den maßgeblichen Beitragssätzen von 15,5 % für die gesetzliche Krankenversicherung bzw. 1,95 % für die soziale Pflegeversicherung) 592,87 EUR bzw. 74,59 EUR, insgesamt 667,46 EUR.
Nach Auskunft des Vaters des Klägers in der mündlichen Verhandlung beträgt seit Vollendung des 20. Lebensjahres (März 2014) nunmehr der Beitrag des Klägers zur privaten Krankenversicherung 347,00 EUR pro Monat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
II.
Die Berufung des Beklagten ist jedoch unbegründet. Das SG hat zutreffend auf der Grundlage der dort genannten maßgeblichen gesetzlichen Regelungen die im Streit stehenden Bescheide abgeändert und den Beklagten zur weiteren Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken-und Pflegeversicherung des Klägers verpflichtet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des SG Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung hier abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).
III.
Hinsichtlich der vom Beklagten im Berufungsverfahren erhobenen Einwände ist im Einzelnen noch wie folgt auszuführen:
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen auch nach Überzeugung des Senates die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss nach § 41 Abs. 4 SGB XII nicht vor.
Nach § 41 Abs. 4 SGB XII hat keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel, wer in den letzten zehn Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Dies liegt im Falle des Klägers nicht vor.
Diese Regelung soll nach den Gesetzesmaterialien zum Grundsicherungsgesetz (BT-Drs. 14/5150, Seite 49) eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Leistungen verhindern. Nach den Gesetzesmaterialien fallen hierunter z. B. Personen, die ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit der Bildung von Rücklagen für das Alter verschleudert haben. Abgestellt ist dabei auf das Handeln des "Antragsberechtigten". Die Handlungen anderer Personen (z. B. des Ehegatten, Partners, der Eltern oder der Kinder) können hierbei nicht berücksichtigt werden. Vorsätzlich handelt gemäß § 41 Abs. 4 SGB XII, wer sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns bewusst ist und den Eintritt der Bedürftigkeit voraussieht. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (siehe hierzu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), wenn also die oder der Handelnde nicht beachtet hat, was unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles jedem einleuchten muss, wenn also einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden, dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen ("subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab", ständige Rechtsprechung, siehe BSG Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R- in SozR 3-1300 § 45 Nr. 45, juris Rdnr. 23; Urteil vom 5. September 2006 - B 7a AL 14/05 R - in SozR 4-4300 § 144 Nr. 15, juris Rdnr. 24; siehe auch Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - Urteil vom 22. November 2006 - 2 B 47/06 -). Hieran fehlt es, wenn z. B. der gesamte Lebensunterhalt trotz einer Schenkung (durchaus auch trotz "Verschleuderung" von Vermögen) für die Zukunft gesichert erschien und nur ein nicht vorhersehbares Ereignis die Bedürftigkeit verursacht hat (Thie in LPK-SGB XII 9. Aufl. 2012 § 41 Rdnr. 20). § 41 Abs. 4 SGB XII lehnt sich mit diesen Voraussetzungen an die Kostenersatzregelung des § 103 SGB XII an (siehe hierzu insgesamt Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 41 Rdnr. 28ff.). Anders allerdings als bei § 103 SGB XII bemisst sich die Sorgfaltspflicht bei § 41 SGB XII nicht nach objektiven, sondern nach subjektiven Maßstäben. Abzustellen ist folglich auf die individuellen Fähigkeiten des Antragstellers. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zurückgegriffen werden (siehe BSG Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 18/05 R - in BSGE 95,176 = SozR 4-4300 § 310 Nr. 3). Nur wer die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt, um bei Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Geisteskräfte erkennen zu können, dass er mit seinem Handeln seine Bedürftigkeit herbeiführt, hat keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen. Voraussetzung für einen Leistungsausschluss ist in jedem Fall ein sozialwidriges Verhalten, das aus der Sicht der Solidargemeinschaft zu missbilligen ist. Sozialwidriges Verhalten setzt im Übrigen auch ein schuldhaftes Verhalten voraus, d. h. die Fähigkeit, das Rechtswidrige des Tuns einzusehen. Erforderlich ist schließlich ein Kausalzusammenhang zwischen dem sozialwidrigen Verhalten und dem Eintritt der Bedürftigkeit im Sinne des § 41 SGB XII. Hierbei ist zu bedenken, dass der Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs oft nur sehr schwer möglich sein wird (siehe Scheider a.a.O. Rdnr. 31). In dem Zusammenhang wird daher die Meinung vertreten, dass in der Praxis diese Regelung nur in besonders ausgeprägten Fällen ihre Wirkung entfalten kann, sowie wenn nachweislich Vermögen oder Immobilien im Zeitraum bis zu zehn Jahren vor der Antragstellung verschenkt worden seien. Da es sich im Übrigen bei § 41 Abs. 4 SGB XII um die Ausnahme von der Regel handelt, liegt die materielle Beweislast für das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes beim Träger der Sozialhilfe. Er muss nicht nur im Bestreitensfalle beweisen, dass die Bedürftigkeit durch eigenes Handeln kausal herbeigeführt wurde, sondern auch, dass dies grob fahrlässig erfolgt ist (so Scheider a.a.O. Rdnr. 31; so auch Adolph in Linhart/Adolph, SGB XII § 41 Rdnr. 126; anderer Ansicht Wahrendorf in Grube/Wahrendorf SGB XII, 5. Aufl. 2014 § 41 Rdnr. 46, der die Auffassung vertritt, dass der Hilfeberechtigte die Beweislast dafür trage, dass er seine Bedürftigkeit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig während der letzten zehn Jahre herbeigeführt habe - mit Hinweis auf Blüggel in juris-PK-SGB XII, § 41 Rdnr. 160 -, da es sich um ein in die Verantwortung des Hilfebedürftigen gestelltes negatives Tatbestandsmerkmal handele).
Der Kläger bzw. sein Vater als sein Betreuer hat in Kenntnis des im Rahmen der Maßnahme in der WfbM für die hier streitige Zeit bestehenden gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes, der in diesem Falle auch von der Bundesagentur für Arbeit getragen worden wäre, dennoch von der Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V Gebrauch gemacht. Er hätte damit ohne weiteres erkennen können, dass er in Höhe der in diesem Fall weiterhin zu zahlenden Beiträge für die private Krankenversicherung einen zusätzlichen Bedarf zu Lasten des Sozialhilfeträgers schafft. Er hat hierbei zwar lediglich von einer gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. Aber auch eine rein formal nicht zu beanstandende Inanspruchnahme von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten kann dann zu einem Ausschluss auf Ansprüche nach § 41 Abs. 4 SGB XII führen, sofern sie sozialwidrig ist, also ein Verhalten vorliegt, das von der Solidargemeinschaft zu missbilligen ist. Unter Berücksichtigung allerdings der konkreten Umstände im Falle des Klägers stellt sich sein Verhalten, nämlich möglichst an der bisherigen privaten Krankenversicherung festzuhalten, nicht als missbilligenswert dar. Wie bereits das SG ausgeführt hat, ist es vielmehr unter Berücksichtigung der ganz besonderen Situation des Klägers - seit Geburt schwerst pflegebedürftig verbunden mit einem hohen Bedarf an begleitenden Therapien und Hilfsmittel – auch aus Sicht des Senates nicht zu missbilligen, wenn der Kläger im Hinblick darauf die bei ihm bestehende private Krankenversicherung beibehalten möchte.
2. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, die Situation des Klägers, der eine Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V in Anspruch nehme, sei nicht anders als diejenige von Personen, die in der gesetzlichen Krankversicherung ein Recht zur freiwilligen Versicherung nach § 9 SGB V hätten, dieses Recht jedoch nicht ausüben würden, und für die das Bayerische LSG in seinem Beschluss vom 12. April 2010 (L 9 B 997/08 SO PKH) entschieden habe, dass die Wahl zwischen Krankenhilfe nach § 48 SGB XII und der Übernahme der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Fall dem Leistungsträger zustehe, führt dies nicht zum Erfolg. Denn hier steht nicht die Frage im Streit, ob der Beklagte berechtigt war vom Kläger die Aufgabe seiner bisherigen privaten Krankenversicherung zu verlangen und ihm stattdessen über § 48 SGB XII in Verbindung mit § 264 SGB V Krankenhilfe in der Form zu gewähren, das ärztliche Behandlungskosten jeweils im konkreten Fall übernommen werden. Vielmehr hatte der Beklagte im Zusammenhang mit dem für die Zeit ab März 2012 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen diesen auch nicht aufgefordert, seinen privaten Krankenversicherungsschutz zu beenden. Der Beklagte hatte zunächst die dem Kläger im Rahmen der Familienversicherung entstehenden Krankenversicherungskosten aufgrund der privaten Krankenversicherung in voller Höhe übernommen. Darüber hinaus ist das Bayerische LSG in seinem Urteil vom 19. Juli 2011 (L 8 SO 26/11) von seiner früheren Rechtsprechung hinsichtlich einer Wahlmöglichkeit zwischen Krankenhilfe nach dem SGB XII (§ 48 SGB XII) und Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen abgerückt (juris Rn. 35). Es hat in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ein Hilfeempfänger, der schon vor dem 1. Januar 2009 (wie auch hier der Kläger) privat krankenversichert war, vielmehr in diesem System verbleibt. Ein einmal geschlossener und noch bestehender privater Versicherungsvertrag (sogenannter Altfall) kann von keiner Seite gekündigt werden. § 205 Abs. 6 VVG bestimmt, dass abweichend von den Abs. 1 bis 5 der Versicherungsnehmer eine Versicherung, die eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, nur dann kündigen kann, wenn er bei einem anderen Versicherer für die versicherte Person einen neuen Vertrag abschließt, der dieser Pflicht genügt. § 206 Abs. 1 VVG besagt, dass jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, die eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen ist (Bayrisches LSG aaO). Insoweit hat der Beklagte folgerichtig ab März 2012 (Leistungsbeginn) die Krankversicherungsbeiträge des Klägers in voller Höhe jedenfalls bis September 2012 übernommen.
3. Soweit der Beklagte unter Berufung auf das oben zitierte Urteil des Bayerischen LSG vom 19. Juli 2011 darauf verweist, dass anders als im dort entschiedenen Fall der Kläger hier – ab September 2012 – bei einer Kündigung seines privaten Krankenversicherungsschutzes keinesfalls ohne Krankenversicherungsschutz, sondern im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an der Maßnahme in der WfbM gesetzlich krankenversichert gewesen wäre, so dass folglich eine Kündigung nach § 205 Abs. 6 VVG durch den Kläger nicht (mehr) ausgeschlossen gewesen wäre, greift auch dies letztlich nicht zu Gunsten des Beklagten durch. Insoweit wäre zwar eine Kündigung der privaten Krankenversicherung des Klägers nicht (mehr) ausgeschlossen gewesen. Der Kläger ist jedoch nach Überzeugung des Senates aus den vom SG bereits ausführlich dargestellten Gründen und oben auch nochmals ausgeführt, berechtigt gewesen, das ihm nach § 8 SGB V im Hinblick auf die bestehende private Krankenversicherung eingeräumte Recht auszuüben und sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen. IV.
Die vom Kläger - wie oben unter III. 1. festgestellt rechtmäßig und nicht in sozialwidriger Weise - aufrechterhaltende private Krankenversicherung war nach Überzeugung des Senates des Weiteren sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angemessen.
1. Unter Berücksichtigung der besonderen Situation des Klägers, der seit Geburt schwerst pflegebedürftig ist und einen deutlich überdurchschnittlichen Bedarf im Bereich der Krankenbehandlung und der Hilfsmittel etc. hat, ist die (aufrechterhaltene) private Krankenversicherung dem Grunde nach auch angemessen im Sinne von § 32 Abs. 5 SGB XII um einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz für den Kläger sicherzustellen. Insoweit ist auch auf die Ausführungen unter III. 1. Bezug zu nehmen.
2. Auch in der Höhe ist der Beitrag – jedenfalls hinsichtlich des hier streitigen Zeitraumes – angemessen. Der Begriff der Angemessenheit in § 32 Abs. 5 SGB XII ist als unbestimmter Rechtsbegriff zur vollen gerichtlichen Nachprüfung bestimmt. Angemessen sind jedenfalls die Beiträge, die für Verträge im Standardtarif nach § 257 Abs. 2a SGB V in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung und für Verträge im Basistarif nach § 12 Abs. 1a VAG zu leisten sind. Die Beitragsbemessung ergibt sich aus § 12 Abs. 1c Satz 1 bis 3 VAG und die Beitragsminderung im Basistarif bei Hilfebedürftigkeit unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags ergibt sich aus § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG. Diese Regelung kann allerdings zu einer Deckungslücke führen, weil sie die Beitragsübernahme auf den Betrag begrenzt, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung – ermäßigter Beitragssatz nach §§ 246, 243, 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V – zu tragen ist, und der noch unter dem geminderten Beitrag im Basistarif liegt. Damit ist jedoch der sozialhilferechtliche Begriff der Angemessenheit nicht durch eine spezialgesetzliche Begrenzungsregelung abschließend bestimmt worden (siehe Flint in Grube/Wahrendorf SGB XII 5. Auflage 2014 § 32 Rn. 14). Anders als in § 26 SGB II ist in § 30 Abs. 5 SGB XII kein Verweis auf § 12 VAG enthalten. Auch die Bundesregierung hat die Auffassung vertreten, § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG wirke sich beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII nicht aus, weil nach § 32 Abs. 5 SGB XII der Sozialhilfeträger den Beitrag zu tragen habe, soweit dieser angemessen sei (BT-Drs. 16/13892 Seite 33). Eine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke liegt insoweit durch das auslegungsfähige Postulat der Angemessenheit nicht vor (so auch BSG, Urteil vom 10. November 2011 – B 8 SO 21/10 R – BSGE 109, 281 = SozR 4-3500 § 32 Nr. 1, juris Rn. 16). Im Ergebnis ist daher im Anwendungsbereich des SGB XII auch aus verfassungsrechtlichen Gründen der nach § 12 VAG maßgebliche Beitragssatz als angemessen zu bewerten und bei Hilfebedürftigkeit zu übernehmen. Im Übrigen dürfte für die Angemessenheit auf die Kosten für die Absicherung eines Leistungsniveaus, das dem in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung entspricht, abzustellen sein. Dies wäre - bezogen auf die aus den obengenannten Gründen maßgebliche private Krankenversicherung - im Zweifel in der Größenordnung des halben Beitrags für den Basistarif bei dem hilfebedürftigen Kläger anzunehmen. Tatsächlich liegen die beim Kläger im hier streitigen Zeitraum anfallenden Krankversicherungsbeiträge mit 184,50 EUR monatlich deutlich unter dieser Obergrenze, die zu der streitigen Zeit bei 296,44 EUR für die Krankenversicherung bzw. einschließlich der Pflegeversicherung bei 333,73 EUR gelegen hat.
4 Schließlich folgt aus dem oben gesagten, dass die vom Beklagten noch thematisierte mögliche Haftung des Betreuers des Klägers, seines Vaters, damit auch ausscheidet.
5 Aus diesen Gründen ist daher die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird gem. § 160 Abs. 2 Nr.1 SGG zugelassen.
Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Übernahme der Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers aus Mitteln der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des Vierten Kapitels des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) während der Tätigkeit des Klägers im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen in der Zeit vom 10. September 2012 bis 30. Juni 2013 im Streit.
Der am 1994 geborene Kläger ist schwerst pflegebedürftig (rollstuhlpflichtig) und erhält Leistungen der Pflegestufe III (siehe Schreiben der Deutschen Krankenversicherung AG - DKV - vom 17. März 2011). Er ist auch schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt. Ferner sind die Nachteilsausgleiche "G", "B", "aG", "H", "RF" und "Gl" zuerkannt (siehe Schwerbehindertenausweis des Landratsamts K. vom 30. November 2005). Der Kläger ist seit seiner Geburt über seinen Vater über die Familienversicherung privat krankenversichert (Bl. 11/15 Verwaltungsakte -VA-). Der Beklagte gewährte ihm mit Bescheid vom 12. März 2012ab dem 1. März 2012 bis zum 31. August 2012 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Der Bedarfsberechnung legte der Beklagte dabei den Regelsatz der Regelbedarfsstufe III, einen Mehrbedarf für erheblich gehbehinderte i. H. v. 17 v. H. dieses Regelsatzes sowie die Aufwendungen für die private Krankenversicherung i. H. v. monatlich 184,50 EUR zu Grunde.
Seit dem 10. September 2012 ist der Kläger im Rahmen einer von der Agentur für Arbeit K. geförderten Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben bei den H. Werkstätten und Wohngemeinschaften K. gGmbH, einer Werkstatt für behinderte Menschen, tätig, zunächst im Eingangsverfahren und seit dem 10. Dezember 2012 bis voraussichtlich 9. Dezember 2014 im Berufsbildungsbereich (seit 9. Dezember 2014 ist der Kläger im Werkstattbereich). Er erhält während dieser Zeitspanne von der Agentur für Arbeit K. Ausbildungsgeld (75,00 EUR) nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Auf seinen Antrag stellte die AOK E. fest, dass der Kläger seit dem 10. September 2012 für die Dauer der Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Verpflichtung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung befreit sei (Bescheid vom 20. September 2012 - Bl. 13 SG-Akte)).
Mit Bescheid vom 14. September 2012 (Bl. 113 VA)stellte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen des Klägers ab dem 1. September 2012 auf monatlich "349,83 EUR" (tatsächlich 403,65 EUR) neu fest. Bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte er weiterhin den Regelsatz der Regelbedarfsstufe III (299,00 EUR) zzgl. eines Mehrbedarfs für behinderte Menschen i. H. v. 35 v. H. dieses Regelsatzes. Die Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers blieben allerdings unberücksichtigt mit der Begründung, diese Beiträge seien für einen Empfänger von Grundsicherungsleistungen nicht angemessen, wenn er als Mitglied der gesetzlichen Kranken- und Pflegekasse bereits über eine Vorsorge für den Fall von Krankheit und Pflegebedürftigkeit verfüge.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er sei seit seiner Geburt privat krankenversichert und habe sich von der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Dauer seiner Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen befreien lassen. Daher habe er auch Anspruch auf weitere Übernahme der für seine private Krankenversicherung anfallenden Beiträge.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2013 (Bl. 145 VA) setzte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab 1. Januar 2013 zunächst bis zum 30. Juni 2013 unter Aufhebung der für diese Zeitspanne bereits ergangenen Entscheidung auf monatlich 413,10 EUR fest. Er legte dem weiterhin alleine den Regelsatz der Regelbedarfsstufe III (ab 1. Januar 2013: 306,00 EUR) sowie einen Mehrbedarf für behinderten Eingliederungshilfeempfänger i. H. v. 107,10 EUR zu Grunde.
Dem Widerspruch des Klägers gab der Beklagte im Weiteren teilweise statt und bewilligte für die Zeit vom 1. September 2012 bis zum 9. September 2012 noch Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. 55,35 EUR. Im Übrigen wies er den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2013 (Bl. 153 VA) zurück. Zur Begründung führte der Beklagte noch aus, der Kläger sei über seine Tätigkeit im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich in einer Werkstatt für behinderte Menschen auf Grund des Bezuges von Ausbildungsgeld gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Er erhalte damit einen angemessenen Krankenversicherungsschutz. Als Träger der Sozialhilfe sei der Beklagte nicht verpflichtet, weitergehende Leistungen als in der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen. Dies gelte auch im Falle schwerster Erkrankungen mit häufigen und längeren Krankenhausaufenthalten, wenn eine künftige Verbesserung der Lebenssituation des Leistungsberechtigten und damit verbunden eine künftige Entlastung des Grundsicherungsträgers nicht absehbar sei (mit Hinweis auf den Beschluss des Hessischen LSG vom 9. Juni 2006 - L 9 SO 13/06 ER - ). Der Kläger habe keinen Anspruch auf individuelle Besserstellung gegenüber dem gesetzlichen Leistungsrahmen der Sozialhilfe (Hinweis auf Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2006 - L 20 SO 11/05 -). Die Beiträge für eine private Krankenversicherung stellten daher mit der Aufnahme in das Eingangsverfahren der Werkstatt für behinderte Menschen am 10. September 2012 keine sozialhilferechtlichen Bedarf mehr dar.
Hiergegen hat der Kläger am 27. Februar 2013 Klage zum Sozialgericht (SG) K. erhoben. Zur Begründung trägt er noch ergänzend zu seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, ein angemessener Krankenversicherungsschutz sei für ihn über die gesetzliche Krankenversicherung nicht möglich. Er sei auf - im Einzelnen näher bezeichnet - Hilfsmittel, Therapien und Pflegekosten zwingend angewiesen, die die gesetzliche Krankenversicherung nicht oder nur eingeschränkt übernehme. Seinem Sicherungsbedürfnis könne er nur deshalb durch den Abschluss einer privaten Krankenversicherung begegnen. Die vom Beklagten zitierten Entscheidungen beträfen jeweils anders gelagerte Sachverhalte. Für die Dauer seiner Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen habe er von der ihm durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Gebrauch gemacht. Dieser Entscheidung müsse auch der Beklagte respektieren. Mit der Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht sei sein Hilfebedarf gerade nicht entfallen. Das Ausnutzen ihm gesetzlich eingeräumter Gestaltungsmöglichkeiten sei auch nicht objektiv rechtsmissbräuchlich und führe daher auch nicht zu einem Leistungsausschluss.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat u. a. noch ausgeführt, der Kläger sei über seine Tätigkeiten in der Werkstatt für behinderte Menschen und durch den Bezug von Ausbildungsgeld gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Ihm habe damit eine ausreichende anderweitige Bedarfssicherung zur Verfügung gestanden. Allein das von ihm - im Übrigen erst nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses - am 18. September 2012 ausgeübte Wahlrecht gebiete es daher nicht, die Beiträge für seine private Kranken- und Pflegeversicherung aus Grundsicherungsmitteln zu übernehmen. Darüber hinaus sei die Übernahme der Versicherungsbeiträge auch nicht angemessen, weil der Kläger damit eine über dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehenden Versicherungsschutz habe. Auch habe er insoweit seine Bedürftigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, was zum Ausschluss der streitigen Leistungen führe. Ohne seine Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht hätte die Agentur für Arbeit K. die Beiträge zur Krankenversicherung des Klägers übernommen.
Das SG hat mit Urteil vom 30. Januar 2014 den Bescheid der Beklagten vom 14. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 sowie des Bescheides vom 10. Januar 2013 abgeändert und den Beklagen verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 10. September 2012 bis 30. September 2012 weitere 129,15 EUR und für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. Juni 2013 monatlich weitere 184,50 EUR aus Mitteln der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für dessen private Kranken- und Pflegeversicherung zu gewähren. Das SG hat hierbei die Auffassung vertreten, dass Gegenstand des Rechtsstreites neben dem Bescheid vom 14. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 auch der Bescheid vom 10. Januar 2013, durch den der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für die Monate Januar bis Juni 2013 neu festgesetzt hatte, Gegenstand des Rechtsstreites sei. Dieser Bescheid vom 10. Januar 2013 sei gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, weil hierdurch und der gleichzeitigen Aufhebung seiner bisherigen, für die Zeit ab 1. Januar 2013 ergangenen Entscheidung mit dem Bescheid vom 14. September 2012 die Grundsicherungsleistungen ab diesem Zeitpunkt neu festgesetzt worden seien. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Bescheid vom 10. Januar 2013 weder eine Rechtsbehelfsbelehrung noch einen Hinweis auf ein Einbeziehung in das laufende Widerspruchsverfahren enthalten habe. Des Weiteren sei hier nur über die Übernahme der Aufwendungen für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers zu entscheiden, nicht aber über die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung insgesamt. Denn § 42 SGB XII unterscheide in seinen Nrn.1 bis 5 ausdrücklich u. a. zwischen den Regelbedarfsstufen nach § 28 (Nr. 1) sowie den zusätzlichen Bedarfen nach dem zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels (Nr. 2). Damit sei eine streitgegenständliche Beschränkung auf die Übernahme von Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, die der Kläger antragsgemäß auch vorgenommen habe, möglich (mit Hinweis auf BSG SozR 4-3500 § 32 Nr. 1 und 2). Der Kläger gehöre auch unstrittig zu dem Personenkreis, der Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII habe. Die Leistungen der Grundsicherung umfassten nach § 42 Nr. 2 SGB XII u.a. die zusätzlichen Bedarfe nach dem zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels SGB XII. Damit seien, wenn eine Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen bestehe, die Aufwendungen zu übernehmen, soweit sie angemessen seien und die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 SGB XII erfüllt seien, d. h. auf Seiten des Hilfesuchenden Hilfebedürftigkeit bestehe (§ 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII). Soweit danach Aufwendungen zur Krankenversicherung zu übernehmen seien, seien auch die Aufwendungen für die Pflegeversicherung zu übernehmen (§ 32 Abs. 5 Satz 4 SGB XII). Hieran orientiert habe es der Beklagte durch die angefochtenen Bescheide zu Unrecht abgelehnt, die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers i. H. v. monatlich 184,50 EUR über den 9. September 2012 hinaus bis zum 30. Juni 2013 - bis zu diesem Zeitpunkt habe der Beklagte die Grundsicherungsleistungen durch den Bescheid vom 10. Januar 2013 befristet - aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen. Denn durch die Aufnahme des Klägers in das Eingangsverfahrens der Werkstatt für behinderten Menschen am 10. September 2012 wie auch in den Berufsbildungsbereich ab 10. Dezember 2012 sei seine zuvor bestehende Bedarfslage in Bezug auf den Kranken- und Pflegeversicherungsschutz nicht entfallen. Zwar habe der Kläger als Bezieher von Ausbildungsgeld im Sinne der §§ 122 Abs. 1 Nr. 3, 125 SGB III der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 u. 7, § 186 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) und in der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 u. 2 Nr. 6 u. 7 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - soziale Pflegeversicherung - SGB XI) unterlegen und hätte die Pflicht zur Beitragstragung allein den Einrichtungsträger, hier die Werkstatt für behinderte Menschen mit einem Erstattungsanspruch gegen die Agentur für Arbeit K. (§ 251 Abs. 2 Satz 2 SGB V), getroffen (§ 251 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V und § 59 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB XI). Der Kläger habe jedoch mit Wirkung vom 10. September 2012, dem Zeitpunkt seiner Aufnahme in das Eingangsverfahren in der Werkstatt für Behinderte, für die Dauer seiner Teilnahme an der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben von der ihm gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht und sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung befreien lassen (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V). Er sei daher auch in der sozialen Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig gewesen, denn die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung folge derjenigen in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Der Befreiungsbescheid der AOK E. vom 20. September 2012 sei bindend (§ 77 SGG) und für den Kläger auch aus Rechtsgründen für die Dauer seiner Teilnahme an der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unwiderruflich (§ 8 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Nachdem auch die Agentur für Arbeit K. die Übernahme von Kosten für eine Krankenversicherung des Klägers wegen dessen privater Krankenversicherung mit Bescheid vom 18. Juli 2012 abgelehnt habe, habe mangels anderweitiger Deckung deshalb Bedarf des Klägers in Bezug auf seine private Kranken- und Pflegeversicherung über den 9. September 2012 hinaus auch bis zum 30. Juni 2013 fortbestanden (§§ 2 Abs. 1, 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Entgegen der Ansicht des Beklagten stehe dem die Regelung in § 41 Abs. 4 SGB XII auch nicht entgegen, wonach sofern er in den letzten zehn Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII habe. Der gesetzliche Leistungsausschluss trete nämlich nur dann ein, wenn sich das vorsätzliche und grob fahrlässige Verhalten des Hilfesuchenden auch objektiv als rechtsmissbräuchlich darstelle. Rechtsmissbräuchlich sei ein Verhalten, wenn es sozialwidrig, das bedeute aus Sicht der Solidargemeinschaft zu missbilligen sei. Von einer rechtsmissbräuchlich und sozialwidrig herbeigeführten Bedarfslage könne aber dann nicht ausgegangen werden, wenn der Hilfesuchende wie hier allein eine ihm anderweitig vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit wahrnehme, die er zudem nicht widerrufen könne. Die vom Kläger geltend gemachten monatlichen Beiträge für seine private Kranken- und Pflegeversicherung seien auch der Höhe nach (§ 184,50 EUR monatlich gemäß Versicherungsschein der DKV vom November 2011 für die Zeit ab 1. Januar 2012 und vom November 2012 für die Zeit ab 1. Januar 2013) "angemessen" im Sinne von § 32 Abs. 5 SGB XII. Dies ergebe sich zur Überzeugung des SG bereits daraus, dass der Beklagte Versicherungsbeiträge gleicher Höhe und für die gleiche Versicherung des Klägers in der Zeit vom 1. März 2012 bis zum 9. September 2012 in die Bedarfsberechnung eingestellt und bei der Gewährung der von ihm festgesetzten Leistungen berücksichtigt habe. Auch komme eine Beschränkung der Beitragshöhe, etwa auf die für Leistungsbezieher in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu tragenden Beiträge (§ 12 Abs. 1c Sätze 5 u. 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes - VAG - ) - den sogenannten Basistarif - vorliegend ebenfalls nicht in Betracht. Denn anders als in § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) enthalte § 32 Abs. 5 SGB XII eine solche Einschränkung gerade nicht. Auch im Übrigen sei die Höhe der hier vom Kläger aufzubringenden monatlichen Versicherungsbeiträge vor dem Hintergrund von Art, Schwere und Ausmaß seiner Behinderung nicht zu beanstanden. Aus diesen Gründen sei hier der Beklagte hinsichtlich der hier streitigen Zeitspanne vom 10. September 2012 bis zum 30. September 2012 zzgl. der bereits gewährten 55,35 EUR verpflichtet weitere 129,15 EUR und für die Zeit ab 1. Oktober 2012 bis 30. Juni 2013 verpflichtet dem Kläger weitere monatliche 184,50 EUR an Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.
Der Beklagte hat gegen das ihm mit Empfangsbekenntnis am 6. Februar 2014 zugestellte Urteil am 28. Februar 2014 Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, der Begriff der Angemessenheit der Beiträge nach § 32 Abs. 5 SGB XII sei in zweierlei Hinsicht zu betrachten. Zum einen müssten die Beiträge dem Grunde nach angemessen und - sofern dies bejaht werde - dann auch der Höhe nach angemessen sein. Die Beiträge des Klägers seien aber schon dem Grunde nach nicht angemessen. Zwar habe beim Kläger seit seiner Geburt eine private Kranken- und Pflegeversicherung bestanden. Durch Aufnahme seiner Tätigkeit im Eingangs- und Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen sei er jedoch kraft Gesetzes Pflichtmitglied der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung geworden. Hierauf sei der rechtliche Betreuer des Klägers bereits am 22. Februar 2012 hingewiesen worden. Mit Bescheid vom 14. September 2012 habe der Beklagte dann auch seine Zahlungen für den Beitrag der privaten Kranken- und Pflegeversicherung formell eingestellt. Dennoch habe der Kläger die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht beantragt. Letztlich sei die Situation des Klägers, der eine Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V in Anspruch nehme, nicht anders als diejenige von Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Recht zur freiwilligen Versicherung nach § 9 SGB V hätten, dieses Recht jedoch nicht ausüben würden. Für diese Fälle habe das Bayerische LSG entschieden, dass die Wahl zwischen Krankenhilfe nach § 48 SGB XII und der Übernahme der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung dem Leistungsträger zustehe (Bayerisches LSG Beschluss vom 12. April 2010 - L 8 B 997/08 SO PKH). Der Beklagte habe hier mit Bescheid vom 14. September 2012 die Wahl getroffen, dass der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend sei. Die Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII hätten zwar formal alle Wahlrechte. Allerdings seien die Leistungsträger nur verpflichtet, diejenigen Konsequenzen aus der Ausübung der Wahlrechte zu berücksichtigen, die angemessen seien und eben nur im Rahmen der Angemessenheit die Aufwendungen zu übernehmen. Dies zeige sich ähnlich im Bereich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, auch hier seien die Leistungsberechtigten frei, Verträge über Unterkünfte zu schließen, dennoch seien die Aufwendungen nur im Rahmen der Angemessenheit zu übernehmen. Daher sei die Berücksichtigung der Beiträge schon im Grunde nach nicht angemessen. Soweit das SG anführe, dass der Kläger seit seiner Geburt diesen privaten Versicherungsstatus inne habe und diesen deshalb habe nicht aufgeben wollen, könne dem nicht gefolgt werden. Dem stehe zum einen nicht das Urteil des Bayerischen LSG vom 19. Juli 2011 (L 8 SO 26/11) entgegen, mit dem es (in juris Rdnr. 35) teilweise vor der oben zitierten Rechtsprechung abrücke. In dem zitierten Urteil lehne das LSG Bayern die Wahlmöglichkeit unter Berufung auf § 205 VVG für die Fälle ab, in denen ein privater Krankenversicherungsvertrag bestehe, der die Pflicht des § 193 Abs. 3 VVG erfülle. In diesen Fällen könne der Privatversicherte nämlich den privaten Krankenversicherungsvertrag nicht kündigen. Eine solche Situation liege hier jedoch gerade nicht vor. Seit Aufnahme der Tätigkeit im Eingangs- und Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen sei der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert gewesen. Ihn habe daher gar keine Pflicht nach § 193 Abs. 3 VVG mehr getroffen, sodass auch der Kündigungsausschluss des § 205 VVG nicht greife. Darüber hinaus könnten ohnehin nur Beiträge im Basistarif der privaten Krankenversicherung als angemessen anerkannt werden. Die Wahl eines über das angemessene Maß hinausgehende höheren Schutzniveaus eines anderen Krankenversicherungstarifs könnte nicht die Angemessenheit der Beiträge zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen. Im Basistarif aber würden die Versicherten in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung die Leistungen ebenfalls nur auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Das gelte schließlich auch für die Form der Leistungserbringung. Mittlerweile habe auch das LSG NRW hierzu in seinem Urteil vom 14. November 2013 (L 9 SO 46/13) die Aussage getroffen, dass "der Schutz durch die gesetzliche Krankenversicherung, der etwa 86 % der Bevölkerung in Deutschland angehören, keineswegs als minderwertig anzusehen ist". Das LSG hat in dieser Entscheidung die Angemessenheit nach § 32 Abs. 5 SGB XII in Höhe der Übernahme der hälftigen Beiträge nach dem Basistarif bestätigt. Aber auch wenn man dem Ergebnis des hier angefochtenen Urteils folgen würde und die Angemessenheit der Beiträge nach § 32 Abs. 5 SGB XII bejahen würde, wäre die Übernahme der Beiträge im Rahmen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung ausgeschlossen. Diese Übernahme stehe - anders als vom SG angenommen - die Vorschrift des § 41 Abs. 4 SGB XII entgegen. Soweit das SG in seinem Urteil zu dem Ergebnis komme, das Verhalten des Klägers müsse rechtsmissbräuchlich sein um einen Ausschluss zu begründen, könne dem nicht gefolgt werden. Außer bei der angeführten Zitatstelle werde diese Voraussetzung sonst nicht als zwingend erforderlich gehalten. Das Tun bzw. Unterlassen müsse vielmehr einem Unwerturteil unterworfen werden können. Das Verhalten, durch das die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt worden seien, müsse "sozialwidrig" sein. Dies sei dann der Fall, wenn es aus Sicht der Gemeinschaft, die - falls die Sicherstellung von Mitteln für die Hilfeleistung in Notlagen angehe - eine Solidargemeinschaft bilde, zu missbilligen sei. Das Bundesverwaltungsgericht sei schon in seinem Urteil vom 23. September 1999 (5 C 22/99) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kündigung der Krankenversicherung bei nachfolgendem Bezug von Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG grundsätzlich ein sozialwidriges Verhalten darstelle. Eine Übernahme des Beitrages für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers sei daher nicht möglich. Aus Sicht des Beklagten sei das Handeln des Betreuers des Klägers durchaus aber auch gegenüber dem Träger der Grundsicherungsleistungen rechtsmissbräuchlich. Denn durch die Wahl der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V hätte der Kläger - unterstelle man mit dem SG, dass ein Bedarf bestehe - entgegen der Entscheidung des Grundsicherungsträgers überhaupt erst ein grundsicherungsrechtlichen Bedarf geschaffen, obwohl der Bedarf anderweitig, nämlich durch die gesetzliche Krankenversicherung, gedeckt gewesen sei. Es sei für den Kläger bei Antragstellung auf Befreiung absolut vorhersehbar gewesen, dass die Beiträge nicht durch den Sozialhilfeträger übernommen würden. Bereits am 22. Februar 2012 sei er über die Pflichtversicherung und das Ende der privaten Kranken- und Pflegeversicherung informiert worden. Aus der Überweisung der Leistungen für den Monat September 2012 habe er auch klar entnehmen können, dass der Betrag für die private Kranken- und Pflegeversicherung nicht überwiesen worden sei. Er habe deshalb die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und kausal durch sein sozialwidriges Verhalten die Bedürftigkeit herbeigeführt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts K. vom 30. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger hält die Entscheidung des SG für zutreffend. So verkenne der Beklagte schon im Ansatz, dass es nun einmal die Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V gebe und dass der Kläger bzw. dessen rechtlicher Betreuer hiervon in rechtlich zulässiger Weise Gebrauch gemacht habe. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt habe, müsse sich der Kläger dies nicht vorhalten lassen, weil die Ausübung eines gesetzlich eingeräumten Rechts sich nicht als rechtsmissbräuchlich darstelle und es auch im vorliegenden Einzelfall keinerlei Anhaltspunkte für einen derartigen Rechtsmissbrauch gebe. Der Beklagte verkenne auch, dass der Gesetzgeber die Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V für Fälle der vorliegenden Art gerade nicht eingeschränkt habe. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass ein solcher Befreiungsantrag im Falle des Klägers und vergleichbarer Fälle - also einer Vielzahl von Personen in vergleichbarer Situation - ein "sozialwidriges Verhalten" darstelle, hätte er ohne Weiteres das Recht auf Befreiung von der gesetzlichen Versicherung für derartige Fälle einschränken können. Dies sei jedoch nicht geschehen. Insbesondere liege auch - wie das SG zutreffend ausgeführt habe - kein Ausschluss nach § 41 Abs. 4 SGB XII vor. Denn ein rechtsmissbräuchliches und sozialwidriges Verhalten könne nicht per se vorliegen, wenn der Hilfesuchende eine vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit wahrnehme, die er zu dem nicht widerrufen könne. Es liege auch kein sozialwidriges Verhalten vor. Die Entscheidung des Bayerische LSG vom 12. April 2010 (L 9 B 997/08 SO PKH) führe auch nicht weiter. Diese Entscheidung betreffe einen völlig anderen Sachverhalt und eine völlig andere Rechtsfrage. Im dort entschiedenen Falle gehe es um die Frage, ob ein Hilfeempfänger, der die Mittel für eine Versorgung im Krankheitsfalle nicht selbst aufbringen könne, selbst zwischen der Hilfe des § 32 SGB XII und der Hilfe nach § 48 SGB XII wählen dürfe oder ob diese Entscheidung dem Sozialhilfeträger obliege. Dies habe jedoch mit dem hier streitigen Fall nichts zu tun. Im dortigen Fall sei es um die Frage gegangen, ob der Sozialhilfeträger entscheiden könne, erst im Krankheitsfall Krankenhilfe nach § 48 SGB XII zu leisten oder ob er bereits vor Auftreten eines Krankheitsfalles die Beiträge zu einer freiwilligen Krankenversicherung als Ermessensleistung übernehmen wolle. Damit handele es sich um einen völlig anderen Sachverhalt und auch rechtlich eine andere Sachlage als hier. Schließlich sei auch die Auffassung des Beklagten, die Beiträge seien der Höhe nach nicht angemessen und müssten auf die Beiträge im Basistarif der privaten Krankenversicherung beschränkt werden, unzutreffend. Das BSG habe schon in seiner Entscheidung vom 10. November 2011 (B 8 SO 21/10 R) grundsätzlich entschieden, dass die Bezieher von Sozialhilfeleistungen nicht genauso behandelt und bewertet werden könnten, wie Leistungsbezieher nach dem SGB II. So habe das BSG dort u. a. ausgeführt, dass anders als beim SGB II in den Fällen, in denen eine versicherte Person unabhängig von der Höhe des entrichtenden Beitrags hilfebedürftig im Sinne des SGB II sei, beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII eine solche Lücke nicht bestehe, weil gemäß § 32 Abs. 5 SGB XII der zuständige Sozialhilfeträger den Beitrag zu tragen habe, der angemessen sei. Folgerichtig fehle der in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II enthaltene Verweis auf § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG. Das gesetzliche Postulat der Angemessenheit lasse also Raum für eine Auslegung, die eine Gleichbehandlung der Sozialhilfeempfänger mit den Alg-II-Empfängern gewährleiste. Dazu werde nicht zuletzt eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung Privatversicherter verhindert, die deren verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminimum tangieren würde. Nichts anderes gelte auch für die privaten Pflegeversicherungsbeiträge. Schließlich berufe sich der Beklagte auch darauf, dass eine Übernahme der Beiträge durch die Agentur für Arbeit vorrangig sei. Auch hier irre der Beklagte, da unstreitig die Agentur für Arbeit die Übernahme von Kosten für eine Krankenversicherung des Klägers mit Bescheid vom 18. Juli 2012 abgelehnt habe. Insoweit habe das SG völlig zutreffend darauf hingewiesen, dass mangels anderweitiger Deckung der Bedarf des Klägers unter Bezugnahme auf die Kosten seiner Kranken- und Pflegeversicherung über den 9. September 2012 hinaus auch bis zum 30. Juni 2013 fortbestanden und vom Beklagten zu übernehmen sei. Schließlich gehe auch die Auffassung des Beklagten, der rechtliche Betreuer des Klägers habe mit dem Befreiungsantrag rechtswidrig gehandelt und hierdurch ein Schaden herbeigeführt, der von seiner Haftpflichtversicherung zu übernehmen sei, fehl. Denn wie bereits oben ausgeführt und vom SG entschieden, liege ein Fehlverhalten des Betreuers nicht vor, weil er für den Kläger lediglich von dessen gesetzlicher Befreiungsmöglichkeit Gebrauch gemacht habe.
Der Höchstbeitrag für den Basistarif in der privaten Krankenversicherung (PKV) betrug 2012 (ausgehend von der 2012 geltenden Beitragsbemessungsgrenze i.H.v.3.825 EUR monatlich und den maßgeblichen Beitragssätzen von 15,5 % für die gesetzliche Krankenversicherung bzw. 1,95 % für die soziale Pflegeversicherung) 592,87 EUR bzw. 74,59 EUR, insgesamt 667,46 EUR.
Nach Auskunft des Vaters des Klägers in der mündlichen Verhandlung beträgt seit Vollendung des 20. Lebensjahres (März 2014) nunmehr der Beitrag des Klägers zur privaten Krankenversicherung 347,00 EUR pro Monat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
II.
Die Berufung des Beklagten ist jedoch unbegründet. Das SG hat zutreffend auf der Grundlage der dort genannten maßgeblichen gesetzlichen Regelungen die im Streit stehenden Bescheide abgeändert und den Beklagten zur weiteren Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken-und Pflegeversicherung des Klägers verpflichtet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des SG Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung hier abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).
III.
Hinsichtlich der vom Beklagten im Berufungsverfahren erhobenen Einwände ist im Einzelnen noch wie folgt auszuführen:
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen auch nach Überzeugung des Senates die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss nach § 41 Abs. 4 SGB XII nicht vor.
Nach § 41 Abs. 4 SGB XII hat keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel, wer in den letzten zehn Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Dies liegt im Falle des Klägers nicht vor.
Diese Regelung soll nach den Gesetzesmaterialien zum Grundsicherungsgesetz (BT-Drs. 14/5150, Seite 49) eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Leistungen verhindern. Nach den Gesetzesmaterialien fallen hierunter z. B. Personen, die ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit der Bildung von Rücklagen für das Alter verschleudert haben. Abgestellt ist dabei auf das Handeln des "Antragsberechtigten". Die Handlungen anderer Personen (z. B. des Ehegatten, Partners, der Eltern oder der Kinder) können hierbei nicht berücksichtigt werden. Vorsätzlich handelt gemäß § 41 Abs. 4 SGB XII, wer sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns bewusst ist und den Eintritt der Bedürftigkeit voraussieht. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (siehe hierzu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), wenn also die oder der Handelnde nicht beachtet hat, was unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles jedem einleuchten muss, wenn also einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden, dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen ("subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab", ständige Rechtsprechung, siehe BSG Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R- in SozR 3-1300 § 45 Nr. 45, juris Rdnr. 23; Urteil vom 5. September 2006 - B 7a AL 14/05 R - in SozR 4-4300 § 144 Nr. 15, juris Rdnr. 24; siehe auch Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - Urteil vom 22. November 2006 - 2 B 47/06 -). Hieran fehlt es, wenn z. B. der gesamte Lebensunterhalt trotz einer Schenkung (durchaus auch trotz "Verschleuderung" von Vermögen) für die Zukunft gesichert erschien und nur ein nicht vorhersehbares Ereignis die Bedürftigkeit verursacht hat (Thie in LPK-SGB XII 9. Aufl. 2012 § 41 Rdnr. 20). § 41 Abs. 4 SGB XII lehnt sich mit diesen Voraussetzungen an die Kostenersatzregelung des § 103 SGB XII an (siehe hierzu insgesamt Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 41 Rdnr. 28ff.). Anders allerdings als bei § 103 SGB XII bemisst sich die Sorgfaltspflicht bei § 41 SGB XII nicht nach objektiven, sondern nach subjektiven Maßstäben. Abzustellen ist folglich auf die individuellen Fähigkeiten des Antragstellers. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zurückgegriffen werden (siehe BSG Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 18/05 R - in BSGE 95,176 = SozR 4-4300 § 310 Nr. 3). Nur wer die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt, um bei Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Geisteskräfte erkennen zu können, dass er mit seinem Handeln seine Bedürftigkeit herbeiführt, hat keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen. Voraussetzung für einen Leistungsausschluss ist in jedem Fall ein sozialwidriges Verhalten, das aus der Sicht der Solidargemeinschaft zu missbilligen ist. Sozialwidriges Verhalten setzt im Übrigen auch ein schuldhaftes Verhalten voraus, d. h. die Fähigkeit, das Rechtswidrige des Tuns einzusehen. Erforderlich ist schließlich ein Kausalzusammenhang zwischen dem sozialwidrigen Verhalten und dem Eintritt der Bedürftigkeit im Sinne des § 41 SGB XII. Hierbei ist zu bedenken, dass der Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs oft nur sehr schwer möglich sein wird (siehe Scheider a.a.O. Rdnr. 31). In dem Zusammenhang wird daher die Meinung vertreten, dass in der Praxis diese Regelung nur in besonders ausgeprägten Fällen ihre Wirkung entfalten kann, sowie wenn nachweislich Vermögen oder Immobilien im Zeitraum bis zu zehn Jahren vor der Antragstellung verschenkt worden seien. Da es sich im Übrigen bei § 41 Abs. 4 SGB XII um die Ausnahme von der Regel handelt, liegt die materielle Beweislast für das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes beim Träger der Sozialhilfe. Er muss nicht nur im Bestreitensfalle beweisen, dass die Bedürftigkeit durch eigenes Handeln kausal herbeigeführt wurde, sondern auch, dass dies grob fahrlässig erfolgt ist (so Scheider a.a.O. Rdnr. 31; so auch Adolph in Linhart/Adolph, SGB XII § 41 Rdnr. 126; anderer Ansicht Wahrendorf in Grube/Wahrendorf SGB XII, 5. Aufl. 2014 § 41 Rdnr. 46, der die Auffassung vertritt, dass der Hilfeberechtigte die Beweislast dafür trage, dass er seine Bedürftigkeit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig während der letzten zehn Jahre herbeigeführt habe - mit Hinweis auf Blüggel in juris-PK-SGB XII, § 41 Rdnr. 160 -, da es sich um ein in die Verantwortung des Hilfebedürftigen gestelltes negatives Tatbestandsmerkmal handele).
Der Kläger bzw. sein Vater als sein Betreuer hat in Kenntnis des im Rahmen der Maßnahme in der WfbM für die hier streitige Zeit bestehenden gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes, der in diesem Falle auch von der Bundesagentur für Arbeit getragen worden wäre, dennoch von der Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V Gebrauch gemacht. Er hätte damit ohne weiteres erkennen können, dass er in Höhe der in diesem Fall weiterhin zu zahlenden Beiträge für die private Krankenversicherung einen zusätzlichen Bedarf zu Lasten des Sozialhilfeträgers schafft. Er hat hierbei zwar lediglich von einer gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht. Aber auch eine rein formal nicht zu beanstandende Inanspruchnahme von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten kann dann zu einem Ausschluss auf Ansprüche nach § 41 Abs. 4 SGB XII führen, sofern sie sozialwidrig ist, also ein Verhalten vorliegt, das von der Solidargemeinschaft zu missbilligen ist. Unter Berücksichtigung allerdings der konkreten Umstände im Falle des Klägers stellt sich sein Verhalten, nämlich möglichst an der bisherigen privaten Krankenversicherung festzuhalten, nicht als missbilligenswert dar. Wie bereits das SG ausgeführt hat, ist es vielmehr unter Berücksichtigung der ganz besonderen Situation des Klägers - seit Geburt schwerst pflegebedürftig verbunden mit einem hohen Bedarf an begleitenden Therapien und Hilfsmittel – auch aus Sicht des Senates nicht zu missbilligen, wenn der Kläger im Hinblick darauf die bei ihm bestehende private Krankenversicherung beibehalten möchte.
2. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, die Situation des Klägers, der eine Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V in Anspruch nehme, sei nicht anders als diejenige von Personen, die in der gesetzlichen Krankversicherung ein Recht zur freiwilligen Versicherung nach § 9 SGB V hätten, dieses Recht jedoch nicht ausüben würden, und für die das Bayerische LSG in seinem Beschluss vom 12. April 2010 (L 9 B 997/08 SO PKH) entschieden habe, dass die Wahl zwischen Krankenhilfe nach § 48 SGB XII und der Übernahme der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Fall dem Leistungsträger zustehe, führt dies nicht zum Erfolg. Denn hier steht nicht die Frage im Streit, ob der Beklagte berechtigt war vom Kläger die Aufgabe seiner bisherigen privaten Krankenversicherung zu verlangen und ihm stattdessen über § 48 SGB XII in Verbindung mit § 264 SGB V Krankenhilfe in der Form zu gewähren, das ärztliche Behandlungskosten jeweils im konkreten Fall übernommen werden. Vielmehr hatte der Beklagte im Zusammenhang mit dem für die Zeit ab März 2012 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen diesen auch nicht aufgefordert, seinen privaten Krankenversicherungsschutz zu beenden. Der Beklagte hatte zunächst die dem Kläger im Rahmen der Familienversicherung entstehenden Krankenversicherungskosten aufgrund der privaten Krankenversicherung in voller Höhe übernommen. Darüber hinaus ist das Bayerische LSG in seinem Urteil vom 19. Juli 2011 (L 8 SO 26/11) von seiner früheren Rechtsprechung hinsichtlich einer Wahlmöglichkeit zwischen Krankenhilfe nach dem SGB XII (§ 48 SGB XII) und Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen abgerückt (juris Rn. 35). Es hat in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ein Hilfeempfänger, der schon vor dem 1. Januar 2009 (wie auch hier der Kläger) privat krankenversichert war, vielmehr in diesem System verbleibt. Ein einmal geschlossener und noch bestehender privater Versicherungsvertrag (sogenannter Altfall) kann von keiner Seite gekündigt werden. § 205 Abs. 6 VVG bestimmt, dass abweichend von den Abs. 1 bis 5 der Versicherungsnehmer eine Versicherung, die eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, nur dann kündigen kann, wenn er bei einem anderen Versicherer für die versicherte Person einen neuen Vertrag abschließt, der dieser Pflicht genügt. § 206 Abs. 1 VVG besagt, dass jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, die eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen ist (Bayrisches LSG aaO). Insoweit hat der Beklagte folgerichtig ab März 2012 (Leistungsbeginn) die Krankversicherungsbeiträge des Klägers in voller Höhe jedenfalls bis September 2012 übernommen.
3. Soweit der Beklagte unter Berufung auf das oben zitierte Urteil des Bayerischen LSG vom 19. Juli 2011 darauf verweist, dass anders als im dort entschiedenen Fall der Kläger hier – ab September 2012 – bei einer Kündigung seines privaten Krankenversicherungsschutzes keinesfalls ohne Krankenversicherungsschutz, sondern im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an der Maßnahme in der WfbM gesetzlich krankenversichert gewesen wäre, so dass folglich eine Kündigung nach § 205 Abs. 6 VVG durch den Kläger nicht (mehr) ausgeschlossen gewesen wäre, greift auch dies letztlich nicht zu Gunsten des Beklagten durch. Insoweit wäre zwar eine Kündigung der privaten Krankenversicherung des Klägers nicht (mehr) ausgeschlossen gewesen. Der Kläger ist jedoch nach Überzeugung des Senates aus den vom SG bereits ausführlich dargestellten Gründen und oben auch nochmals ausgeführt, berechtigt gewesen, das ihm nach § 8 SGB V im Hinblick auf die bestehende private Krankenversicherung eingeräumte Recht auszuüben und sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen. IV.
Die vom Kläger - wie oben unter III. 1. festgestellt rechtmäßig und nicht in sozialwidriger Weise - aufrechterhaltende private Krankenversicherung war nach Überzeugung des Senates des Weiteren sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angemessen.
1. Unter Berücksichtigung der besonderen Situation des Klägers, der seit Geburt schwerst pflegebedürftig ist und einen deutlich überdurchschnittlichen Bedarf im Bereich der Krankenbehandlung und der Hilfsmittel etc. hat, ist die (aufrechterhaltene) private Krankenversicherung dem Grunde nach auch angemessen im Sinne von § 32 Abs. 5 SGB XII um einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz für den Kläger sicherzustellen. Insoweit ist auch auf die Ausführungen unter III. 1. Bezug zu nehmen.
2. Auch in der Höhe ist der Beitrag – jedenfalls hinsichtlich des hier streitigen Zeitraumes – angemessen. Der Begriff der Angemessenheit in § 32 Abs. 5 SGB XII ist als unbestimmter Rechtsbegriff zur vollen gerichtlichen Nachprüfung bestimmt. Angemessen sind jedenfalls die Beiträge, die für Verträge im Standardtarif nach § 257 Abs. 2a SGB V in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung und für Verträge im Basistarif nach § 12 Abs. 1a VAG zu leisten sind. Die Beitragsbemessung ergibt sich aus § 12 Abs. 1c Satz 1 bis 3 VAG und die Beitragsminderung im Basistarif bei Hilfebedürftigkeit unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags ergibt sich aus § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG. Diese Regelung kann allerdings zu einer Deckungslücke führen, weil sie die Beitragsübernahme auf den Betrag begrenzt, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung – ermäßigter Beitragssatz nach §§ 246, 243, 232 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V – zu tragen ist, und der noch unter dem geminderten Beitrag im Basistarif liegt. Damit ist jedoch der sozialhilferechtliche Begriff der Angemessenheit nicht durch eine spezialgesetzliche Begrenzungsregelung abschließend bestimmt worden (siehe Flint in Grube/Wahrendorf SGB XII 5. Auflage 2014 § 32 Rn. 14). Anders als in § 26 SGB II ist in § 30 Abs. 5 SGB XII kein Verweis auf § 12 VAG enthalten. Auch die Bundesregierung hat die Auffassung vertreten, § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG wirke sich beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII nicht aus, weil nach § 32 Abs. 5 SGB XII der Sozialhilfeträger den Beitrag zu tragen habe, soweit dieser angemessen sei (BT-Drs. 16/13892 Seite 33). Eine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke liegt insoweit durch das auslegungsfähige Postulat der Angemessenheit nicht vor (so auch BSG, Urteil vom 10. November 2011 – B 8 SO 21/10 R – BSGE 109, 281 = SozR 4-3500 § 32 Nr. 1, juris Rn. 16). Im Ergebnis ist daher im Anwendungsbereich des SGB XII auch aus verfassungsrechtlichen Gründen der nach § 12 VAG maßgebliche Beitragssatz als angemessen zu bewerten und bei Hilfebedürftigkeit zu übernehmen. Im Übrigen dürfte für die Angemessenheit auf die Kosten für die Absicherung eines Leistungsniveaus, das dem in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung entspricht, abzustellen sein. Dies wäre - bezogen auf die aus den obengenannten Gründen maßgebliche private Krankenversicherung - im Zweifel in der Größenordnung des halben Beitrags für den Basistarif bei dem hilfebedürftigen Kläger anzunehmen. Tatsächlich liegen die beim Kläger im hier streitigen Zeitraum anfallenden Krankversicherungsbeiträge mit 184,50 EUR monatlich deutlich unter dieser Obergrenze, die zu der streitigen Zeit bei 296,44 EUR für die Krankenversicherung bzw. einschließlich der Pflegeversicherung bei 333,73 EUR gelegen hat.
4 Schließlich folgt aus dem oben gesagten, dass die vom Beklagten noch thematisierte mögliche Haftung des Betreuers des Klägers, seines Vaters, damit auch ausscheidet.
5 Aus diesen Gründen ist daher die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird gem. § 160 Abs. 2 Nr.1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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