L 5 KR 64/00

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 64/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 26.5.2000 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine chirurgische Adipositastherapie.

Die 1959 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Mit einer Bescheinigung des Chirurgen Dr. K beantragte sie im März 1998 die Kostenübernahme für einen stationären Krankenhausaufenthalt zur Durchführung einer Magenbandoperation zur künstlichen Magenverkleinerung zwecks Therapie ihrer Adipositas per magna. Sie sei seit ihrem 10. Lebensjahr übergewichtig, derzeit wiege sie 110,8 kg bei einer Körpergröße von 168 cm. Trotz vieler eigener Diätversuche sei eine dauerhafte Gewichtsabnahme nicht gelungen, nach einer Kurmaßnahme 1994 sei es zu einem nur vorübergehenden Verlust von 9 kg Gewicht gekommen. Eine Diät unter hausärztlicher Kontrolle habe sie ebenso wenig durchgeführt wie eine medikamentöse Behandlung des Übergewichts. An der Selbsthilfegruppe "Weight Watchers" habe sie nicht teilgenommen. Durch das Übergewicht leide sie an Schmerzen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates, an einer ausgeprägten Krampfaderbildung, belastungsabhängiger Atemnot sowie sozialen und psychischen Problemen.

Nach Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) –Stellungnahme des Arztes S vom 4.5.1998- lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7.5.1998 den Antrag ab, weil eine Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bezüglich der Behandlungsmethode nicht vorliege und der MDK nur bei einer grundlegenden Veränderung des Esserhaltens durch fachärztliche psychotherapeutische Behandlung eine dauerhafte Gewichtsreduktion für möglich erachte. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.7.1998).

Im hiergegen gerichteten Klageverfahren hat das Sozialgericht Koblenz (SG) von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B vom 14.5.1999 eingeholt. Der Sachverständige hat ein deutliches Übergewicht, eine Somatisierungsstörung, eine selbstunsichere Persönlichkeit und eine leichtgradige depressive chronifizierte Symptomatik diagnostiziert. Bei der Klägerin bestehe ein Selbstbelohnungssystem bei erniedrigter Frustrationstoleranz nach multipler Traumatisierung. Es gelte vor einer eventuellen Operation, diesen Kreislauf zu durchbrechen und ein einigermaßen dauerhaftes Regime zur Gewichtsreduktion einzuführen. Auch nach einer eventuellen operativen unterstützenden Maßnahme müsse eine entsprechende verhaltenstherapeutische und internistische Therapie weiterbestehen. Zum jetzigen Zeitpunkt solle eine Magenoperation zur Gewichtsreduktion nicht durchgeführt werden.

Demgegenüber hat die Klägerin gestützt auf eine Bescheinigung von Dr. B vom 2.6.1999 auf die Notwendigkeit einer raschen drastischen Gewichtsminderung verwiesen, welche nur durch die Magenoperation zu erreichen sei. Auf ihren Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein orthopädisches Gutachten von Dr. B vom 15.2.2000 eingeholt. Der Sachverständige hat folgende Diagnosen gestellt: Adipositas per magna (Body-Maß-Index 41), statisch-degeneratives Wirbelsäulengesamtsyndrom, Genua valga, Gonarthrose und Retropatellararthrose, Senk-Spreizfüße, beginnende Fußwurzel- und Sprunggelenkarthrose, Hallux rigidus. Er ist zum Ergebnis gelangt, dass im Sinne einer Therapiehierarchie zunächst eine alsbaldige drastische Gewichtsreduktion um 40 bis 50 kg erfolgen müsse, da ansonsten mit einer potenzierten Verschlimmerung der bereits manifesten sekundären Schäden am Bewegungsapparat kurz- bis mittelfristig zu rechnen sei. Die geplante Magenoperation sei hierfür eine notwendige und zweckmäßige Maßnahme. Die Klägerin sei für eine dauernde Gewichtsreduktion motiviert, bedürfe aber zu deren Realisierung dringend einer multiprofessionellen Therapie.

Durch Urteil vom 26.5.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Krankenbehandlung bestünde, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs 1 Satz 1 Fünftes Sozialgesetzbuch –SGB V). Das Übergewicht der Klägerin könne jedoch nicht durch eine Magenbandoperation geheilt oder gelindert werden, wie aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststehe. Nach Ansicht des Sachverständigen Dr. B sei das Übergewicht zwar als Krankheit anzusehen, jedoch beinhalte es kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern sei Teil einer psychischen Erkrankung. Diese habe zu einer Essstörung geführt, welche das Übergewicht verursacht habe. Die ursächliche psychische Störung könne jedoch nur mit Mitteln der Psychiatrie dauerhaft erfolgreich behandelt werden. Das vom Sachverständigen Dr. B festgestellte Selbstbelohnungssystem der Klägerin könne durch eine Magenbandoperation nicht verändert werden, vielmehr sei zunächst eine Verhaltensänderung unter Zuhilfenahme einer psychotherapeutischen Behandlung erforderlich. Der abweichenden Beurteilung des behandelnden Orthopäden Dr. B in seinem Gutachten nach § 109 SGG sei nicht zu folgen, weil die entscheidende Gesundheitsstörung psychischer Natur sei und insoweit der Beurteilung des Dr. B höherer Beweiswert zukomme.

Gegen das ihr am 21.6.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.7.2000 Berufung eingelegt. Sie hat ein in einem anderen Rechtsstreit erstattetes psychiatrisches Gutachten von Dr. G vom 24.7.2000 vorgelegt. In der Zeit vom 12.4.2001 bis zum 13.6.2001 hat sie in der Psychosomatischen Fachklinik M zu Lasten der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz (LVA) unter den Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, einer psychogenen Essstörung, einer Adipositas per magna, einer somatoformen Schmerzstörung und eines Wirbelsäulensyndroms bei verstärkter Lendenlordose eine Rehabilitationsmaßnahme absolviert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 26.5.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7.5.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.7.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Magenbandoperation im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes zu übernehmen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin ein Gutachten des Diplom-Psychologen G vom 21.7.2001 eingeholt. Der Sachverständige hat aus psychologischer Sicht bei der Klägerin keine Leistungsbeeinträchtigung festgestellt. Eine Co-Abhängigkeit bei Alkoholkrankheit des Ehemannes sei nach der stationären Psychotherapie in M deutlich gebessert. Ebenso eine bis dahin berichtete schwere Depression. Hinsichtlich der psychogenen Essstörung habe die Klägerin deutliche Erfolge erzielt, die allerdings gestützt durch die bereits begonnene ambulante Psychotherapie fortentwickelt werden müssten. Eine Magenbandoperation erscheine als zusätzliche Stütze hilfreich, als alleinige Methode jedoch nicht ausreichend.

Der Senat hat ferner die ihm in einem anderen Rechtsstreit vorliegende Grundsatzstellungnahme der Arbeitsgruppe M 7 "Krankenhaus" zu "Gastric Banding" des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände (MDS) vom 30.3.1999 beigezogen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung zur Durchführung einer Magenbandoperation zur künstlichen Magenverkleinerung.

Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung. Versicherte haben nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst nach § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung. Krankenhäuser sind nach § 107 Abs 1 Nr 3 SGB V Einrichtungen, die mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

Krankenhausbehandlung liegt nur dann vor, wenn eines der in § 27 Abs 1 Satz 1 und § 107 Abs 1 Nr 3 SGB V genannten Ziele verfolgt wird. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat. Die krankenversicherungsrechtliche Begriffsbestimmung ist von dem medizinischen Krankheitsbegriff zu unterscheiden, wonach die Krankheit eine Erkrankung mit bestimmten Symptomen und Ursachen ist. Für die Feststellung der Regelwidrigkeit ist vom Leitbild des gesunden Menschen auszugehen, der zur Ausübung normaler körperlicher und psychischer Funktionen in der Lage ist. Eine Abweichung von dieser Norm führt zur Regelwidrigkeit des körperlichen, seelischen oder geistigen Zustandes. Es muss aber eine erhebliche Abweichung vorliegen, nur geringfügige Störungen, die keine wesentliche funktionelle Beeinträchtigung zur Folge haben, reichen nicht aus (KassKomm/Höfler, § 27 SGB V Rz 9 ff).

Die Voraussetzungen einer Krankheit in diesem Sinne sind, soweit der Magen der Klägerin betroffen ist, nicht erfüllt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Dagegen stellt die Adipositas per magna jedenfalls in Verbindung mit den behandlungsbedürftigen Begleiterkrankungen insbesondere vonseiten des Stütz- und Bewegungsapparates eine Krankheit im Sinne des SGB V dar. Gleichwohl ist die von der Klägerin begehrte chirurgische Adipositastherapie in Form einer operativen Applikation eines Magenbandes zur mittelbaren Behandlung ihrer Adipositas per magna und ihrer übergewichtsbedingten Begleiterkrankungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zur Überzeugung des Senats nicht gerechtfertigt.

Die Behandlung gesunder Körperteile zur Behebung von Gesundheitsstörungen an anderen Körperteilen bedarf der speziellen Rechtfertigung (BSG 6.10.1999 -B 1 KR 13/97 R, SozR 3-2500 § 28 Nr 4). Setzen die therapeutischen Bemühungen dort an, wo für sich genommen eine Behandlung nicht erforderlich ist, muss eine besonders umfassende Abwägung zwischen voraussichtlichem medizinischen Nutzen und möglichem gesundheitlichen Schaden erfolgen. Die Interessen der Versichertengemeinschaft werden durch einen solchen Eingriff besonders nachhaltig berührt, weil eventuelle Folgekosten der zu Therapiezwecken vorsätzlich veranlassten Gesundheitsschädigung wiederum die Gemeinschaft der Versicherten belasten können. Ist der therapeutische Nutzen einer solchen mittelbaren Maßnahme nicht ausreichend gesichert, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die mittelbare Krankenbehandlung. Das Gleiche gilt auch dann, wenn durch andere, dem Versicherten zumutbare Maßnahmen eine Besserung oder Heilung möglich ist.

Bei der vorliegend streitbefangenen operativen Applikation eines anpassbaren Magenbandes zur horizontalen Magensegmentation wird zwar keine definitive anatomische Veränderung am Magen vorgenommen. Wie bei jedem operativen Eingriff bestehen jedoch spezifische Komplikationsmöglichkeiten. Wie sich aus der Grundsatzstellungnahme der Arbeitsgruppe M 7 "Krankenhaus" zu "Gastric Banding" des MDS vom 30.3.1999 ergibt, wird neben dem erhöhten Anästhesierisiko von Adipositas-Patienten, den intra- und postoperativen Komplikationen, den Spätkomplikationen bis hin zu Folgeeingriffen an der erschlafften Haut bzw Weichteilen bei rascher Gewichtsabnahme für alle chirurgischen Verfahren der Adipositastherapie eine postoperative Morbidität in bis zu 24,1 vH der Fälle beschrieben. Zudem ist bisher der Grundsatzstellungnahme des MDS zufolge nicht endgültig geklärt, ob die chirurgische Adipositastherapie dauerhaften Erfolg verspricht. Zwar imponiere anfänglich eine relativ schnelle Gewichtsabnahme, lange Nachbeobachtungszeiten fehlten jedoch bisher; in einzelnen Studien mit längerer Nachbeobachtungszeit (5 bis 9 Jahre) würde sogar vermehrt über eine erneute Gewichtszunahme berichtet, so dass mit zunehmendem Abstand zur Operation bis zu 31 vH der Probanden ihr ursprüngliches Gewicht wieder erreicht oder sogar überschritten hätten. Problematisch bei der Beurteilung des Langzeiterfolges sei ferner, dass nach einigen Jahren nur noch wenige der operierten Patienten zu Nachuntersuchungen erschienen. Betont wird schließlich auch, dass bisher eine "Leitlinie" zur Chirurgie der Adipositas der medizinischen Fachgesellschaften nicht entwickelt worden sei, sondern die Vielzahl der verwendeten operativen Verfahren vielmehr zeige, dass (noch) kein gravierender Durchbruch mit den bisher angewandten Methoden zu erreichen gewesen sei. Somit fehlt es an definierten Standards, die in Ermangelung der (noch) nicht vorliegenden Richtlinien aufgrund des Verfahrens nach § 137c SGB V zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus heranzuziehen sind (vgl BSG 19.11.1997 –3 RK 6/96, SozR 3-2500 § 109 Nr 5).

Nicht unberücksichtigt bleiben kann schließlich bei der Beurteilung der Frage, ob eine mittelbare Behandlung der Adipositas der Klägerin durch eine operative Veränderung ihres gesunden Magens zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gerechtfertigt ist, der Umstand, dass Ursache des Übergewichts eine psychogene Essstörung ist, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B ergibt. Insoweit belegen sowohl das Ergebnis der mehrwöchigen stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Psychosomatischen Fachklinik M als auch die Feststellungen des Diplom-Psychologen G im Gutachten vom 21.7.2001, dass bei fachgerechter insbesondere psychotherapeutischer Behandlung der Essstörung eine allmähliche Gewichtsreduktion auch ohne Magenbandoperation möglich ist. Diesbezüglich obliegt der Klägerin eine Eigenverantwortung für eine gesundheitsbewusste Lebensführung, wie sie vergleichbar etwa "trockene" Alkoholiker lebenslang zeigen müssen. Aus § 1 Satz 2 SGB V ergibt sich, dass die Versicherten für ihre Gesundheit mitverantwortlich sind. Sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung und durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen dazu beitragen, den Eintritt von Krankheiten zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Klägerin hat deshalb aktiv etwa durch Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe bzw. Befolgung einer Ernährungsberatung und Mitwirkung an einer psychologischen/psychotherapeutischen Langzeitbetreuung an der dauerhaften und lebenslänglichen Umstellung ihres Essverhaltens mitzuwirken. Diese würde auch durch eine Magenbandoperation nicht ersetzt. Denn die chirurgischen Verfahren der Adipositastherapie stellen keine kausale Therapie dar, persönliche Probleme können nicht "wegoperiert" werden. Selbst die Befürworter der chirurgischen Behandlungsmethoden betonen die lediglich unterstützende Wirkung für die in jedem Fall notwendige Verhaltensänderung und sehen deshalb auch bei operativer Behandlung die Notwendigkeit der Einbindung in ein langfristiges bzw sogar lebenslanges Therapiekonzept. Diesbezüglich heißt es in den "Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft", dass für einen chirurgischen Patienten die Bereitschaft notwendig ist, sich in ein langjähriges Therapiekonzept eingliedern zu lassen; die Patienten müssten in der Lage sein, auf kalorienhaltige flüssige Kost zu verzichten und nicht mehr als drei Mahlzeiten pro Tag einzunehmen. Zielt aber der operative Eingriff am gesunden Magen letztlich nur auf die Verbesserung der Erfolgsaussichten der notwendigen Therapie des psychogenen Essverhaltens ab, so steht der Kostenbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung auch der Grundsatz entgegen, dass psychische Störungen mit Mitteln der Psychiatrie/Psychotherapie zu behandeln sind, nicht aber durch Eingriffe in regelrechte Körperfunktionen (BSG 10.2.1993 –1 RK 14/92, SozR 3-2200 § 182 Nr 14; vgl auch BSG 9.6.1998 –B 1 KR 18/96 R, SozR 3-2500 § 39 Nr 5; LSG Baden-Württemberg 20.10.2000 –L 4 KR 1510/00, ErsK 2000, 21).

Die Berufung der Klägerin hat nach alledem keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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