Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2558/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3259/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.07.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen auf die Kapitalleistung einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung (Kapitallebensversicherung).
Die 1952 geborene Klägerin ist seit Oktober 2009 als abhängig Beschäftigte pflichtversichertes Mitglied der Beklagten Nr. 1. Seit 01.10.2012 (bis 30.09.2015) befindet sie sich in der Ruhephase einer Altersteilzeitvereinbarung.
Im Jahr 1992 hatte der Arbeitgeber der Klägerin (A. AG) als Versicherungsnehmer für die Klägerin als Versicherte mit der Gothaer Lebensversicherung einen Lebensversicherungsvertrag als Direktversicherung (Vers.-Nr. 73- ...) mit einer Laufzeit vom 01.12.1992 bis 01.12.2011 abgeschlossen. Eine weitere gleichartige Lebensversicherung war mit einer Laufzeit bis 01.01.2012 abgeschlossen worden (Vers.-Nr. 73- ...). Die Versicherungsleistung wird fällig beim Tod des Versicherten, spätestens beim Ablauf der Versicherung.
Im November 2011 wurde der Beklagten Nr. 1 mitgeteilt, dass der Klägerin zum 01.12.2011 eine Kapitalleistung von 44.417,84 EUR (aus der Lebensversicherung Nr. 73- ...) ausgezahlt worden ist.
Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Bescheid vom 08.12.2011 setzte die Beklagte Nr. 1 den von der Klägerin ab 01.01.2012 aus der Kapitalleistung der Lebensversicherung Nr. 73- ... von 44.417,84 EUR zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf 57,37 EUR bzw. 7,22 EUR (insgesamt 64,59 EUR) monatlich fest. Die Kapitalleistung sei als Versorgungsbezug beitragspflichtig. Sie werde für die Beitragsberechnung auf 10 Jahre umgelegt. In diesem Zeitraum gelte jeweils 1/120 des Gesamtbetrags als Ausgangswert für die Beitragsberechnung (370,15 EUR).
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, man habe ihr den Abschluss der Direktversicherung als zuverlässige Altersvorsorge empfohlen. Mit der Erhebung von Beiträgen auf die Kapitalleistung aus der Versicherung werde diese unverhältnismäßig geschmälert.
Im Dezember 2011 wurde der Beklagten Nr. 1 mitgeteilt, dass der Klägerin zum 01.12.2011 eine (weitere) Kapitalleistung von 2.890,22 EUR (aus der Lebensversicherung Nr. 73- ...) ausgezahlt worden ist.
Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Bescheid vom 14.02.2012 setzte die Beklagte Nr. 1 den von der Klägerin ab 01.02.2012 aus den Kapitalleistungen beider Lebensversicherung zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf insgesamt 61,10 EUR bzw. 7,69 EUR (insgesamt 68,79 EUR) monatlich fest.
Die Klägerin legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.
Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Widerspruchsbescheid vom 12.09.2012 wies die Beklagte Nr. 1 die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei versicherungspflichtig Beschäftigten werde der Beitragsbemessung (auch) der Zahlbetrag von Versorgungsbezügen zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Dazu gehörten u.a. Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder sei eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gelte 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Diese Regelungen gälten für die Pflegversicherung entsprechend. Sie habe die genannten Vorschriften, deren Verfassungsmäßigkeit das BVerfG bestätigt habe, zutreffend angewendet; maßgeblich sei, dass der Arbeitgeber der Klägerin durchgehend Versicherungsnehmer der Direktversicherungen gewesen sei.
Am 11.10.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz. Sie trug ergänzend vor, sie habe die Versicherungsleistung der Lebensversicherungsverträge durch Gehaltsumwandlung finanziert. Die Beitragserhebung sei daher verfassungswidrig und verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Man habe sie über die Einführung der Beitragspflicht auch nicht unterrichtet, um ihr die Anpassung oder Kündigung der Verträge zu ermöglichen.
Mit Urteil vom 11.07.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Beitragsbescheide seien rechtmäßig. Die Beklagte habe die einschlägigen Rechtsvorschriften (§§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) rechtsfehlerfrei angewendet. Die Kapitalzahlungen der vom Arbeitgeber der Klägerin als Versicherungsnehmer in der Form der Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungen stellten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung i. S. d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dar. Hierauf seien Beiträge zu erheben. Dass die Lebensversicherungen vor der maßgeblichen Gesetzesänderung (vor dem 01.01.2004) abgeschlossen worden seien, sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.09.2006, B 12 KR 5/06 R, Urt. v. 25.04.2007, B 12 KR 26/05 R, Urt. v. 12.12.2007, B 12 KR 2/07 , Urt. v. 12.11.2008, B 12 KR 9/08 R) und des BVerfG (Beschl. v. 07.04.2008, 1 BvR 1924/07, Beschl. v. 28.09.2010, 1 BvR 1660/08) unerheblich. Unerheblich sei auch, dass die Klägerin jeweils den Höchstbeitrag gezahlt habe.
Gegen das ihr am 26.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.08.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie befinde sich bis September 2015 in Altersteilzeit und beziehe noch keine Rente. Die Prämien für die seinerzeit abgeschlossene Direktversicherung, die kein Versorgungsbezug, sondern eine private Altersvorsorge darstelle, habe sie im Wege der Gehaltsumwandlung aufgebracht und bis zum Beginn der Altersteilzeit immer den Höchstbeitrag gezahlt. Ohne Gehaltsumwandlung hätte sie höhere Rentenanwartschaften erworben. Im Ergebnis zahle sie jetzt mehr als den Höchstbeitrag. Das Rentenwahlrecht bzw. eine Versorgungszusage seien im Versicherungsvertrag ausgeschlossen worden. Die Beitragserhebung auf die Kapitalzahlung der Lebensversicherung sei verfassungswidrig, verletze insbesondere die Grundrechte aus Art. 14 und 3 Abs. 1 GG, indem auf Beträge zugegriffen werde, die aus erarbeitetem Lohn stammten und dem Arbeitgeber für die Direktversicherung treuhänderisch überlassen worden seien, und indem danach unterschieden werde, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer der Direktversicherung sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.07.2013 und die Bescheide der Beklagten Nr. 1 vom 08.12.2011 und vom 14.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat ergänzend mitgeteilt, sollte sich an Hand von Gehaltsnachweisen ab Januar 2012 ergeben, dass die Beitragsbemessungsgrenze durch den Gehalts- und den Versorgungsbezug überschritten sei, würden ggf. überzahlte Beiträge zurückerstattet.
Am 17.09.2014 hat eine nichtöffentliche Erörterungsverhandlung stattgefunden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Das Berufungsvorbringen der Klägerin kann nichts daran ändern, dass die der Beitragserhebung auf die Kapitalzahlung der als Direktversicherung durch den Arbeitgeber der Klägerin abgeschlossenen Lebensversicherungen verfassungsmäßig ist, insbesondere Grundrechte nicht verletzt. Das hat das BVerfG - mit für den Senat bindender Wirkung (vgl. § 31 BVerfGG) - entschieden (Beschl. v. 07.04.2008, 1 BvR 1924/07, Beschl. v. 28.09.2010, 1 BvR 1660/08; auch etwa Beschl. v. 06.09.2010, 1 BvR 739/08). Eine erneute verfassungsrechtliche Prüfung durch den Senat ist daher nicht statthaft. Davon abgesehen ist der Senat mit der (im angefochtenen Urteil angeführten) höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG auch der Überzeugung, dass die Rechtsvorschriften, die der Beitragserhebung auf Kapitalzahlungen von Lebensversicherungen der in Rede stehenden Art zugrunde liegen, verfassungsmäßig und geltendes Recht und von den Krankenkassen daher anzuwenden sind. Hierfür ist unerheblich, dass die Klägerin jeweils den Höchstbeitrag gezahlt hat und dass die Prämien für die Direktversicherungen im Wege der Entgeltumwandlung aufgebracht worden sind (vgl. auch etwa jüngst BSG, Beschl. v. 20.08.2014, B 12 KR 110/13 B).
Die Beklagte hat die maßgeblichen Rechtsvorschriften rechtsfehlerfrei angewendet. Bei den Lebensversicherungen handelt es sich um Versorgungsbezüge i. S. d. § §§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat; diese gehören zu den beitragspflichtigen Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Auf einen Ausschluss des Rentenwahlrechts kommt es nicht an. Insoweit bestimmt § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass 1/120 des Kapitalzahlungsbetrags als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge (für längstens 120 Monate) gilt, wenn an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung (also eine Kapitalzahlung) tritt oder eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch davon auszugehen, dass den erhaltenen Kapitalleistungen der Klägerin eine Versorgungszusage im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) zu Grunde liegt. Die betriebliche Altersversorgung umfasst nach § 1 Abs. 1 und 2 BetrVAG nicht nur die Zusage von Leistungen der Altersversorgung, sondern nach Abs. 2 Nr. 2 auch die Verpflichtung, Beiträge in eine - wie hier - Direktversicherung einzuzahlen, wobei die Versicherungsbeiträge im Wege der Entgeltumwandlung nach § 1a BetrVAG aufgebracht werden können. Daran, dass die erhaltenen Kapitalleistungen Teil der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin sind, bestehen keine Zweifel. Die Versicherungsgesellschaft hat dies offensichtlich ebenso gesehen, sonst hätte sie der Beklagten keine Mitteilung zukommen lassen dürfen.
Der Umstand, dass die Klägerin sich noch in Altersteilzeit befindet, steht der Beitragserhebung grundsätzlich nicht entgegen. Nach § 226 Abs. 1 SGB V sind bei versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung nicht nur das Arbeitsentgelt sondern auch der Zahlbetrag von Versorgungsbezügen zugrunde zu legen. Sollten die umgerechneten monatlichen Kapitalleistungen und das Arbeitsentgelt zusammen die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, was im vorliegenden Verfahren indes nicht schlüssig vorgetragen wurde, steht es der Klägerin frei, einen (dann möglichst mit konkreten, nachvollziehbaren Zahlen belegten) Antrag auf Herabsetzung der Beitragshöhe zu stellen (vgl. auch Schreiben der Beklagten vom 04.12.2004). An der grundsätzlichen Beitragspflicht der erhaltenen Kapitalleistungen würde dies nichts ändern; sie könnten beim Bezug einer Rente ggfs wieder aufleben.
Dass die Klägerin, hätte sie seinerzeit die vom Gesetzgeber im Nachhinein festgelegte Beitragserhebung auf Direktversicherungen der vorliegenden Art vorausgesehen, eine andere Gestaltung gewählt und möglicherweise an Stelle der Prämienzahlung durch Entgeltumwandlung höhere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hätte, kann der Senat nicht berücksichtigen, nachdem die gesetzlichen (Neu-)Regelungen - wie vom BVerfG - entschieden - geltendes Recht und daher anzuwenden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SFGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen angesichts der vorliegenden (vom Sozialgericht angeführten) Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen auf die Kapitalleistung einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung (Kapitallebensversicherung).
Die 1952 geborene Klägerin ist seit Oktober 2009 als abhängig Beschäftigte pflichtversichertes Mitglied der Beklagten Nr. 1. Seit 01.10.2012 (bis 30.09.2015) befindet sie sich in der Ruhephase einer Altersteilzeitvereinbarung.
Im Jahr 1992 hatte der Arbeitgeber der Klägerin (A. AG) als Versicherungsnehmer für die Klägerin als Versicherte mit der Gothaer Lebensversicherung einen Lebensversicherungsvertrag als Direktversicherung (Vers.-Nr. 73- ...) mit einer Laufzeit vom 01.12.1992 bis 01.12.2011 abgeschlossen. Eine weitere gleichartige Lebensversicherung war mit einer Laufzeit bis 01.01.2012 abgeschlossen worden (Vers.-Nr. 73- ...). Die Versicherungsleistung wird fällig beim Tod des Versicherten, spätestens beim Ablauf der Versicherung.
Im November 2011 wurde der Beklagten Nr. 1 mitgeteilt, dass der Klägerin zum 01.12.2011 eine Kapitalleistung von 44.417,84 EUR (aus der Lebensversicherung Nr. 73- ...) ausgezahlt worden ist.
Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Bescheid vom 08.12.2011 setzte die Beklagte Nr. 1 den von der Klägerin ab 01.01.2012 aus der Kapitalleistung der Lebensversicherung Nr. 73- ... von 44.417,84 EUR zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf 57,37 EUR bzw. 7,22 EUR (insgesamt 64,59 EUR) monatlich fest. Die Kapitalleistung sei als Versorgungsbezug beitragspflichtig. Sie werde für die Beitragsberechnung auf 10 Jahre umgelegt. In diesem Zeitraum gelte jeweils 1/120 des Gesamtbetrags als Ausgangswert für die Beitragsberechnung (370,15 EUR).
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, man habe ihr den Abschluss der Direktversicherung als zuverlässige Altersvorsorge empfohlen. Mit der Erhebung von Beiträgen auf die Kapitalleistung aus der Versicherung werde diese unverhältnismäßig geschmälert.
Im Dezember 2011 wurde der Beklagten Nr. 1 mitgeteilt, dass der Klägerin zum 01.12.2011 eine (weitere) Kapitalleistung von 2.890,22 EUR (aus der Lebensversicherung Nr. 73- ...) ausgezahlt worden ist.
Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Bescheid vom 14.02.2012 setzte die Beklagte Nr. 1 den von der Klägerin ab 01.02.2012 aus den Kapitalleistungen beider Lebensversicherung zu entrichtenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag auf insgesamt 61,10 EUR bzw. 7,69 EUR (insgesamt 68,79 EUR) monatlich fest.
Die Klägerin legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.
Mit (auch im Namen der Beklagten Nr. 2 ergangenem) Widerspruchsbescheid vom 12.09.2012 wies die Beklagte Nr. 1 die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei versicherungspflichtig Beschäftigten werde der Beitragsbemessung (auch) der Zahlbetrag von Versorgungsbezügen zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Dazu gehörten u.a. Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder sei eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gelte 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Diese Regelungen gälten für die Pflegversicherung entsprechend. Sie habe die genannten Vorschriften, deren Verfassungsmäßigkeit das BVerfG bestätigt habe, zutreffend angewendet; maßgeblich sei, dass der Arbeitgeber der Klägerin durchgehend Versicherungsnehmer der Direktversicherungen gewesen sei.
Am 11.10.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz. Sie trug ergänzend vor, sie habe die Versicherungsleistung der Lebensversicherungsverträge durch Gehaltsumwandlung finanziert. Die Beitragserhebung sei daher verfassungswidrig und verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Man habe sie über die Einführung der Beitragspflicht auch nicht unterrichtet, um ihr die Anpassung oder Kündigung der Verträge zu ermöglichen.
Mit Urteil vom 11.07.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Beitragsbescheide seien rechtmäßig. Die Beklagte habe die einschlägigen Rechtsvorschriften (§§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) rechtsfehlerfrei angewendet. Die Kapitalzahlungen der vom Arbeitgeber der Klägerin als Versicherungsnehmer in der Form der Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungen stellten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung i. S. d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dar. Hierauf seien Beiträge zu erheben. Dass die Lebensversicherungen vor der maßgeblichen Gesetzesänderung (vor dem 01.01.2004) abgeschlossen worden seien, sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.09.2006, B 12 KR 5/06 R, Urt. v. 25.04.2007, B 12 KR 26/05 R, Urt. v. 12.12.2007, B 12 KR 2/07 , Urt. v. 12.11.2008, B 12 KR 9/08 R) und des BVerfG (Beschl. v. 07.04.2008, 1 BvR 1924/07, Beschl. v. 28.09.2010, 1 BvR 1660/08) unerheblich. Unerheblich sei auch, dass die Klägerin jeweils den Höchstbeitrag gezahlt habe.
Gegen das ihr am 26.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.08.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie befinde sich bis September 2015 in Altersteilzeit und beziehe noch keine Rente. Die Prämien für die seinerzeit abgeschlossene Direktversicherung, die kein Versorgungsbezug, sondern eine private Altersvorsorge darstelle, habe sie im Wege der Gehaltsumwandlung aufgebracht und bis zum Beginn der Altersteilzeit immer den Höchstbeitrag gezahlt. Ohne Gehaltsumwandlung hätte sie höhere Rentenanwartschaften erworben. Im Ergebnis zahle sie jetzt mehr als den Höchstbeitrag. Das Rentenwahlrecht bzw. eine Versorgungszusage seien im Versicherungsvertrag ausgeschlossen worden. Die Beitragserhebung auf die Kapitalzahlung der Lebensversicherung sei verfassungswidrig, verletze insbesondere die Grundrechte aus Art. 14 und 3 Abs. 1 GG, indem auf Beträge zugegriffen werde, die aus erarbeitetem Lohn stammten und dem Arbeitgeber für die Direktversicherung treuhänderisch überlassen worden seien, und indem danach unterschieden werde, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer der Direktversicherung sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.07.2013 und die Bescheide der Beklagten Nr. 1 vom 08.12.2011 und vom 14.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat ergänzend mitgeteilt, sollte sich an Hand von Gehaltsnachweisen ab Januar 2012 ergeben, dass die Beitragsbemessungsgrenze durch den Gehalts- und den Versorgungsbezug überschritten sei, würden ggf. überzahlte Beiträge zurückerstattet.
Am 17.09.2014 hat eine nichtöffentliche Erörterungsverhandlung stattgefunden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Das Berufungsvorbringen der Klägerin kann nichts daran ändern, dass die der Beitragserhebung auf die Kapitalzahlung der als Direktversicherung durch den Arbeitgeber der Klägerin abgeschlossenen Lebensversicherungen verfassungsmäßig ist, insbesondere Grundrechte nicht verletzt. Das hat das BVerfG - mit für den Senat bindender Wirkung (vgl. § 31 BVerfGG) - entschieden (Beschl. v. 07.04.2008, 1 BvR 1924/07, Beschl. v. 28.09.2010, 1 BvR 1660/08; auch etwa Beschl. v. 06.09.2010, 1 BvR 739/08). Eine erneute verfassungsrechtliche Prüfung durch den Senat ist daher nicht statthaft. Davon abgesehen ist der Senat mit der (im angefochtenen Urteil angeführten) höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG auch der Überzeugung, dass die Rechtsvorschriften, die der Beitragserhebung auf Kapitalzahlungen von Lebensversicherungen der in Rede stehenden Art zugrunde liegen, verfassungsmäßig und geltendes Recht und von den Krankenkassen daher anzuwenden sind. Hierfür ist unerheblich, dass die Klägerin jeweils den Höchstbeitrag gezahlt hat und dass die Prämien für die Direktversicherungen im Wege der Entgeltumwandlung aufgebracht worden sind (vgl. auch etwa jüngst BSG, Beschl. v. 20.08.2014, B 12 KR 110/13 B).
Die Beklagte hat die maßgeblichen Rechtsvorschriften rechtsfehlerfrei angewendet. Bei den Lebensversicherungen handelt es sich um Versorgungsbezüge i. S. d. § §§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat; diese gehören zu den beitragspflichtigen Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Auf einen Ausschluss des Rentenwahlrechts kommt es nicht an. Insoweit bestimmt § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass 1/120 des Kapitalzahlungsbetrags als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge (für längstens 120 Monate) gilt, wenn an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung (also eine Kapitalzahlung) tritt oder eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch davon auszugehen, dass den erhaltenen Kapitalleistungen der Klägerin eine Versorgungszusage im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) zu Grunde liegt. Die betriebliche Altersversorgung umfasst nach § 1 Abs. 1 und 2 BetrVAG nicht nur die Zusage von Leistungen der Altersversorgung, sondern nach Abs. 2 Nr. 2 auch die Verpflichtung, Beiträge in eine - wie hier - Direktversicherung einzuzahlen, wobei die Versicherungsbeiträge im Wege der Entgeltumwandlung nach § 1a BetrVAG aufgebracht werden können. Daran, dass die erhaltenen Kapitalleistungen Teil der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin sind, bestehen keine Zweifel. Die Versicherungsgesellschaft hat dies offensichtlich ebenso gesehen, sonst hätte sie der Beklagten keine Mitteilung zukommen lassen dürfen.
Der Umstand, dass die Klägerin sich noch in Altersteilzeit befindet, steht der Beitragserhebung grundsätzlich nicht entgegen. Nach § 226 Abs. 1 SGB V sind bei versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung nicht nur das Arbeitsentgelt sondern auch der Zahlbetrag von Versorgungsbezügen zugrunde zu legen. Sollten die umgerechneten monatlichen Kapitalleistungen und das Arbeitsentgelt zusammen die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, was im vorliegenden Verfahren indes nicht schlüssig vorgetragen wurde, steht es der Klägerin frei, einen (dann möglichst mit konkreten, nachvollziehbaren Zahlen belegten) Antrag auf Herabsetzung der Beitragshöhe zu stellen (vgl. auch Schreiben der Beklagten vom 04.12.2004). An der grundsätzlichen Beitragspflicht der erhaltenen Kapitalleistungen würde dies nichts ändern; sie könnten beim Bezug einer Rente ggfs wieder aufleben.
Dass die Klägerin, hätte sie seinerzeit die vom Gesetzgeber im Nachhinein festgelegte Beitragserhebung auf Direktversicherungen der vorliegenden Art vorausgesehen, eine andere Gestaltung gewählt und möglicherweise an Stelle der Prämienzahlung durch Entgeltumwandlung höhere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hätte, kann der Senat nicht berücksichtigen, nachdem die gesetzlichen (Neu-)Regelungen - wie vom BVerfG - entschieden - geltendes Recht und daher anzuwenden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SFGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen angesichts der vorliegenden (vom Sozialgericht angeführten) Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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