Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4999/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4236/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26.08.2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 12.507,09 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 12.507,09 EUR inklusive Säumniszuschlägen für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 02.05.2008 bis 06.03.2009.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Freiburg (HRB 2 ...) eingetragene GmbH. Geschäftsgegenstand der Firma ist die Entwicklung, Veräußerung und der Vertrieb von Produkt-Systemen, insbesondere im Bereich von frischen und tiefgekühlten Lebensmitteln, der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit frischen und tiefgekühlten Lebensmitteln, die Planung und Steuerung von Logistikprozessen bezüglich der genannten Produkt- Systeme und Waren. Gegenstand des Unternehmens ist ferner der Beratungsservice in Fragen dieser Produkt-Systeme und deren Logistik sowie in Fragen der Veredelung von Fertig- und Halberzeugnissen.
Am 30.04.2008 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen auf ein Jahr befristeten Dienstleistungsvertrag, wonach sich der Beigeladene zu 1) verpflichtete, Produkte und andere Gegenstände der Klägerin zu befördern. Das zu verwendende Fahrzeug samt Ladehilfsmittel wurde dem Beigeladenen zu 1) von der Klägerin zur Verfügung gestellt (§ 1 Abs 3 des Vertrages). Die jeweiligen Touren teilte der Tourenleiter der Klägerin ein. Die Benutzung des Fahrzeugs wurde dem Beigeladenen zu 1) nicht in Rechnung gestellt. Der Beigeladene zu 1) bestätigte im Vertrag, selbständiger Unternehmer zu sein. Es wurde ein Stundenlohn von 14,20 EUR vereinbart, der über die Tachografenscheibe täglich abgerechnet wurde. Der Beigeladene zu 1) stellte der Klägerin seine gefahrenen Stunden in regelmäßigen Abständen in Rechnung. Er hatte sich auch verpflichtet, bei der Entladung bei Kunden der Klägerin nach den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten mitzuhelfen und die jeweiligen Kunden- und Auftragsvorgaben der Klägerin einzuhalten.
Nachdem der Beigeladene zu 1) bei einer Verkehrskontrolle im November 2008 angetroffen und kontrolliert wurde, führte zunächst das Hauptzollamt Lörrach Ermittlungen durch. Auf einem Fragebogen zur Selbständigkeit teilte der Beigeladene zu 1) mit, dass er ein eigenes Gewerbe angemeldet habe und eine regelmäßige Arbeitszeit nicht vorgegeben sei. Er verfüge nicht über eigene Geschäfts- bzw Betriebsräume. Mit seiner Tätigkeit als Kraftfahrer sei er in den betrieblichen Arbeitsablauf der Klägerin eingegliedert, es sei eine normale Fahrtätigkeit. Ihm würden Weisungen hinsichtlich der Ausführung der Arbeit erteilt; der Tourenleiter gebe die Anweisungen/Aufträge für die Touren. Das Fahrzeuge würden kostenlos von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Einen eigenen Kundenstamm besitze er nicht. Die Preise könne er nicht selbst gestalten. Die Abrechnung der Aufträge erfolge über den Stundensatz laut Dienstvertrag. Die Tätigkeit für weitere Auftraggeber sei ihm erlaubt. Die Frage, wie er gegenüber der Klägerin bei Mängeln hafte beantwortete der Beigeladene zu 1) wie folgt: "Auftraggeber ist versichert." Die Frage, ob er eine staatliche Unterstützung (zB Ich-AG, Existenzgründer) erhalten habe, bejahte er und auf die Frage, wie er zu der Tätigkeit gekommen sei, gab er an: Zeitungsannonce. Das Hauptzollamt leitete die Unterlagen mit Schreiben vom 22.09.2009 an die Beklagte weiter und informierte diese über den Sachverhalt. Der Beigeladene zu 1) habe behauptet, er sei seit dem Jahr 2002 selbständig. Auf dem Fragebogen habe er angegeben einen Gründungszuschuss erhalten zu haben, es komme aber dennoch eine Scheinselbständigkeit in Bezug auf die Tätigkeit bei der Klägerin in Betracht. Nach Rücksprache mit der Agentur für Arbeit im Kamen seien keine Unterlagen mehr vorhanden, so dass davon ausgegangen werden könne, dass zumindest in den letzten fünf Jahren kein Zuschuss gewährt worden sei. Es werde um Prüfung gebeten, ob der Beigeladene zu 1) als selbständiger Subunternehmer oder als abhängig Beschäftigter anzusehen sei.
Einer der Geschäftsführer der Klägerin wurde mit Strafbefehl vom 15.11.2010 in Bezug auf die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt verurteilt, das Strafverfahren gegen zwei andere Geschäftsführer wurde gegen Zahlung von Geldbeträgen an gemeinnützige Einrichtungen eingestellt, da diese nicht federführend in der Personalverwaltung tätig waren.
Mit Schreiben vom 04.02.2011 (Blatt 68 Verwaltungsakte) hörte die Beklagte die Klägerin an und teilte mit, es sei beabsichtigt, Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 12.507,09 EUR nachzufordern. Sie gehe davon aus, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei und deshalb für seine Tätigkeit in der Zeit vom 02.05.2008 bis 06.03.2009 Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen seien.
Mit Schreiben vom 25.02.2011 führte die Klägerin aus, dass ihrer Ansicht nach kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden habe. Mit weiterem Schreiben vom 25.03.2011 machte sie geltend, dem Beigeladenen zu 1) habe freigestanden, ihr die Zeiten mitzuteilen, in denen er disponibel sei. Der Beigeladene zu 1) habe im Vertrag vom 30.04.2008 bestätigt, dass er selbständiger Unternehmer sei. Er sei zwar insoweit weisungsgebunden gewesen, als er bei Übernahme einer Tour entsprechend den Vorgaben der Klägerin die Kunden anzufahren gehabt habe. Die Einhaltung der Tourenplanung sei aber die einzige Weisungsgebundenheit.
Mit Bescheid vom 06.04.2011 forderte die Beklagte von der Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 12.507,09 EUR (inklusive Säumniszuschläge iHv 2.709,50 EUR) für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 02.05.2008 bis 06.03.2009. Ein Frachtführer übe dann ein selbständiges Gewerbe aus, wenn er beim Transport ein eigenes Fahrzeug einsetze und über eine entsprechende Erlaubnis bzw Lizenz verfüge. Der Beigeladene zu 1) sei in den Betrieb der Klägerin eingebunden, da er durch die Nutzung eines Fremdfahrzeugs, das ihm von der Klägerin kostenfrei gestellt werde, von der Disposition der Klägerin abhängig sei. Ort, Zeit, Art und Weise der Ausführung der Tätigkeit hätten sich erst im jeweils übertragenen Auftrag ergeben. Ein Spielraum für eine freie Ausgestaltung der Tätigkeit sei nicht gegeben. Der Beigeladene zu 1) habe lediglich seine Arbeitskraft eingesetzt und keine Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt; er habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Auch der fest vereinbarte Stundenlohn spreche für eine abhängige Beschäftigung.
Den hiergegen am 20.04.2011 erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2011 (Blatt 101 Verwaltungsakte) als unbegründet zurück.
Am 16.09.2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Es habe im Ermessen des Beigeladenen zu 1) gelegen, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) sei vereinbart gewesen, dass dieser immer zumindest für eine Woche im Voraus mitteilte, ob er Kapazitäten frei habe. Für diese Zeiträume sei der Beigeladene zu 1) dann bei Bedarf als Fahrer eingesetzt worden, für andere Zeiträume eben nicht. Ein Anspruch auf Arbeitseinsatz sei ausdrücklich nicht begründet worden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 06.03.2013 hat das SG den Beigeladenen zu 1), die Bundesagentur für Arbeit, die mhplus Betriebskrankenkasse und die dortige Pflegekasse zum Verfahren beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) liege im streitgegenständlichen Zeitraum ein Beschäftigungsverhältnis vor. Der Beigeladene zu 1) sei von der Klägerin wirtschaftlich abhängig und auch ihren Weisungen unterworfen gewesen. Er habe mit Ausnahme des Einsatzes seiner Arbeitskraft kein Unternehmerrisiko getragen, denn die Klägerin habe ihm kostenfrei das Arbeitsmittel, das Fahrzeug, zur Verfügung gestellt.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 29.08.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 30.09.2013 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, die sie nicht weiter begründet hat.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26.08.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 06.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug.
In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 13.03.2014 hat der Beigeladene zu 1) ua erklärt, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum nicht für andere Firmen als Fahrer tätig gewesen sei. Er sei für die Klägerin als Springer verschiedene Touren gefahren, auch mit verschiedenen Fahrzeugen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestand im streitigen Zeitraum vom 02.05.2008 bis 06.03.2009 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, das Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und der Arbeitslosenversicherung begründete. Die festgestellte Beitragsnachforderung für diesen Zeitraum iHv 12.507,09 EUR ist nicht zu beanstanden.
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Melde-pflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, die Versicherungs-pflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zur Folge hatte, weshalb die Klägerin zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 12.507,09 EUR verpflichtet ist. Das SG hat in seiner Entscheidung zutreffend die rechtlich maßgeblichen Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt und diese auch überzeugend und richtig gewürdigt.
Die Tätigkeit als Kraftfahrer kann zwar sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden (vgl Senatsurteile vom 06.11.2007, L 11 KR 2407/04; 17.01.2012, L 11 KR 1138/10; 18.07.2013, L 11 R 1083/12 = Die Beiträge Beilage 2014, 56 mwN, LSG Baden-Württemberg 23.01.2004, L 4 KR 3083/02; vgl auch BSG 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5). Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, ob der Betreffende auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris RdNr 23). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris RdNr 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im hier streitigen Zeitraum ab dem 27.03.2012.
Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Kraftfahrertätigkeiten kommt es entscheidend darauf an, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug für die Transporte einsetzt. Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Benutzung eines eigenen Fahrzeugs und die damit einhergehende Lastentragung in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (BSG 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5 mwN; 19.08.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 1). Wird dagegen - wie hier - kein eigenes Fahrzeug benutzt, spricht dies für eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers. Berufskraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug sind deshalb regelmäßig abhängig beschäftigt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12, Die Beiträge 2014, 56 mwN). Der Beigeladene zu 1) setzt letztlich nur seine Arbeitskraft - und keine Arbeitsmittel - mit der ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, ein. Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht jedoch nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl BSG 13.07.1978, 12 RK 14/78, SozR 2200 § 1227 Nr 17; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. Der Beigeladene zu 1) war im streitigen Zeitraum nach eigenen Angaben nur für die Klägerin tätig. Er konnte die Touren nicht selbst einteilen, sondern er wurde fremdbestimmt von der Klägerin eingeteilt. Kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers ist die Tatsache, dass er im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber hätte tätig sein können. Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein (Senatsurteile 18.07.0213, L 11 R 1083/12; 17.01.2012, L 11 R 1138/10, jeweils juris).
Die vom Beigeladenen zu 1) für den Erwerb der Fahrerlaubnis aufgewendeten Kosten begründen kein unternehmerisches Risiko. Es handelt sich dabei um die Kosten, die den Aufwendungen für eine Berufsausbildung vergleichbar sind. Das Risiko, derartige Kosten zu amortisieren, tragen sowohl abhängig Beschäftigte als auch Selbständige.
Zudem hat der Beigeladene zu 1) als Gegenleistung für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz bzw eine entsprechend seinem Zeitaufwand erhalten. Es besteht somit in allen wesentlichen Punkten kein wesentlicher Unterschied zu den festangestellten Fahrern. Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns entspricht gerade bei Fahrertätigkeiten der typischen Entlohnung eines abhängigen Beschäftigten (vgl Senatsurteile vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12 sowie vom 16.09.2008, L 11 R 1074/08, beide veröffentlicht in juris).
Der Beigeladene zu 1) konnte zwar einen ihm angebotenen Auftrag annehmen oder ablehnen. Dieser Gesichtspunkt spielt hier jedoch nach dem Vorstehenden keine ausschlaggebende Rolle. Die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, kann grundsätzlich zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden kann, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit in gewisser Weise selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Denn auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (vgl LSG Baden-Württemberg 24.02.2006, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Nimmt der Betroffene das angetragene Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen (Senatsurteil vom 17.01.2012, L 11 R 1138/10, juris). Da der Beigeladene zu 1) zudem keinen Einfluss darauf hatte, ob und welche Aufträge ihm angeboten wurden, war er insoweit in Bezug auf die Gestaltung und den Umfang seiner Tätigkeit von der Klägerin abhängig.
Ob der Beigeladene zu 1) für den hier streitgegenständlichen Zeitraum und für die konkret ausgeübte Tätigkeit einen Existenzgründungszuschuss nach § 421 l Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung bezogen hat ("Ich-AG"), lässt sich nicht feststellen; Unterlagen hierüber liegen nicht vor. Im Übrigen ist dies eher unwahrscheinlich, da der Beigeladene zu 1) seinen Angaben zufolge auf die hier in Frage stehenden Tätigkeit aufgrund einer Zeitungsannonce aufmerksam geworden ist.
Die Erhebung von Säumniszuschlägen erfolgte ebenfalls zu Recht. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs 2 SGB IV). Für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist nicht auf diejenigen Maßstäbe zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes iSd § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (so aber BSG 26.01.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 7). Vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass die Person mit "Wissen" und "Wollen" gehandelt hat, wobei das "Wollen" darauf beschränkt sein kann, dass der (rechtswidrige) Erfolg eines Tuns oder Unterlassens (hier: Nichtabführung von Beiträgen) billigend in Kauf genommen wird. Das Gesetz stellt in § 24 Abs 2 SGB IV nur auf die fehlende Kenntnis einer Rechtspflicht (Zahlungspflicht) ab. Dies betrifft einen den Vorsatz ohnedies nicht berührenden Subsumtionsirrtum, der in strafrechtlicher Hinsicht allenfalls geeignet wäre, einen durch Einleitung eines Statusverfahrens nach § 7 a SGB IV vermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (BGH 07.10.2009, 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337). Dieser Gesichtspunkt lässt sich auch auf die Regelung in § 24 Abs 2 SGB IV übertragen. Die Vorschrift dient lediglich der Vermeidung unbilliger Härten (BSG 12.02.2004, B 13 RJ 28/03 R, BSGE 92,150). Maßgebend ist deshalb auch im Fall des § 24 Abs 2 SGB IV nur, ob die Unkenntnis des Beitragsschuldners von der Zahlungspflicht vermeidbar war. Davon ist hier auszugehen. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, sich über ein Verfahren nach § 7 a SGB IV oder eine Anfrage bei der Einzugsstelle (§ 28 h SGB IV) die erforderliche Kenntnis zu verschaffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 Satz 1 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 12.507,09 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 12.507,09 EUR inklusive Säumniszuschlägen für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 02.05.2008 bis 06.03.2009.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Freiburg (HRB 2 ...) eingetragene GmbH. Geschäftsgegenstand der Firma ist die Entwicklung, Veräußerung und der Vertrieb von Produkt-Systemen, insbesondere im Bereich von frischen und tiefgekühlten Lebensmitteln, der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit frischen und tiefgekühlten Lebensmitteln, die Planung und Steuerung von Logistikprozessen bezüglich der genannten Produkt- Systeme und Waren. Gegenstand des Unternehmens ist ferner der Beratungsservice in Fragen dieser Produkt-Systeme und deren Logistik sowie in Fragen der Veredelung von Fertig- und Halberzeugnissen.
Am 30.04.2008 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen auf ein Jahr befristeten Dienstleistungsvertrag, wonach sich der Beigeladene zu 1) verpflichtete, Produkte und andere Gegenstände der Klägerin zu befördern. Das zu verwendende Fahrzeug samt Ladehilfsmittel wurde dem Beigeladenen zu 1) von der Klägerin zur Verfügung gestellt (§ 1 Abs 3 des Vertrages). Die jeweiligen Touren teilte der Tourenleiter der Klägerin ein. Die Benutzung des Fahrzeugs wurde dem Beigeladenen zu 1) nicht in Rechnung gestellt. Der Beigeladene zu 1) bestätigte im Vertrag, selbständiger Unternehmer zu sein. Es wurde ein Stundenlohn von 14,20 EUR vereinbart, der über die Tachografenscheibe täglich abgerechnet wurde. Der Beigeladene zu 1) stellte der Klägerin seine gefahrenen Stunden in regelmäßigen Abständen in Rechnung. Er hatte sich auch verpflichtet, bei der Entladung bei Kunden der Klägerin nach den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten mitzuhelfen und die jeweiligen Kunden- und Auftragsvorgaben der Klägerin einzuhalten.
Nachdem der Beigeladene zu 1) bei einer Verkehrskontrolle im November 2008 angetroffen und kontrolliert wurde, führte zunächst das Hauptzollamt Lörrach Ermittlungen durch. Auf einem Fragebogen zur Selbständigkeit teilte der Beigeladene zu 1) mit, dass er ein eigenes Gewerbe angemeldet habe und eine regelmäßige Arbeitszeit nicht vorgegeben sei. Er verfüge nicht über eigene Geschäfts- bzw Betriebsräume. Mit seiner Tätigkeit als Kraftfahrer sei er in den betrieblichen Arbeitsablauf der Klägerin eingegliedert, es sei eine normale Fahrtätigkeit. Ihm würden Weisungen hinsichtlich der Ausführung der Arbeit erteilt; der Tourenleiter gebe die Anweisungen/Aufträge für die Touren. Das Fahrzeuge würden kostenlos von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Einen eigenen Kundenstamm besitze er nicht. Die Preise könne er nicht selbst gestalten. Die Abrechnung der Aufträge erfolge über den Stundensatz laut Dienstvertrag. Die Tätigkeit für weitere Auftraggeber sei ihm erlaubt. Die Frage, wie er gegenüber der Klägerin bei Mängeln hafte beantwortete der Beigeladene zu 1) wie folgt: "Auftraggeber ist versichert." Die Frage, ob er eine staatliche Unterstützung (zB Ich-AG, Existenzgründer) erhalten habe, bejahte er und auf die Frage, wie er zu der Tätigkeit gekommen sei, gab er an: Zeitungsannonce. Das Hauptzollamt leitete die Unterlagen mit Schreiben vom 22.09.2009 an die Beklagte weiter und informierte diese über den Sachverhalt. Der Beigeladene zu 1) habe behauptet, er sei seit dem Jahr 2002 selbständig. Auf dem Fragebogen habe er angegeben einen Gründungszuschuss erhalten zu haben, es komme aber dennoch eine Scheinselbständigkeit in Bezug auf die Tätigkeit bei der Klägerin in Betracht. Nach Rücksprache mit der Agentur für Arbeit im Kamen seien keine Unterlagen mehr vorhanden, so dass davon ausgegangen werden könne, dass zumindest in den letzten fünf Jahren kein Zuschuss gewährt worden sei. Es werde um Prüfung gebeten, ob der Beigeladene zu 1) als selbständiger Subunternehmer oder als abhängig Beschäftigter anzusehen sei.
Einer der Geschäftsführer der Klägerin wurde mit Strafbefehl vom 15.11.2010 in Bezug auf die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt verurteilt, das Strafverfahren gegen zwei andere Geschäftsführer wurde gegen Zahlung von Geldbeträgen an gemeinnützige Einrichtungen eingestellt, da diese nicht federführend in der Personalverwaltung tätig waren.
Mit Schreiben vom 04.02.2011 (Blatt 68 Verwaltungsakte) hörte die Beklagte die Klägerin an und teilte mit, es sei beabsichtigt, Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 12.507,09 EUR nachzufordern. Sie gehe davon aus, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei und deshalb für seine Tätigkeit in der Zeit vom 02.05.2008 bis 06.03.2009 Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen seien.
Mit Schreiben vom 25.02.2011 führte die Klägerin aus, dass ihrer Ansicht nach kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden habe. Mit weiterem Schreiben vom 25.03.2011 machte sie geltend, dem Beigeladenen zu 1) habe freigestanden, ihr die Zeiten mitzuteilen, in denen er disponibel sei. Der Beigeladene zu 1) habe im Vertrag vom 30.04.2008 bestätigt, dass er selbständiger Unternehmer sei. Er sei zwar insoweit weisungsgebunden gewesen, als er bei Übernahme einer Tour entsprechend den Vorgaben der Klägerin die Kunden anzufahren gehabt habe. Die Einhaltung der Tourenplanung sei aber die einzige Weisungsgebundenheit.
Mit Bescheid vom 06.04.2011 forderte die Beklagte von der Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 12.507,09 EUR (inklusive Säumniszuschläge iHv 2.709,50 EUR) für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 02.05.2008 bis 06.03.2009. Ein Frachtführer übe dann ein selbständiges Gewerbe aus, wenn er beim Transport ein eigenes Fahrzeug einsetze und über eine entsprechende Erlaubnis bzw Lizenz verfüge. Der Beigeladene zu 1) sei in den Betrieb der Klägerin eingebunden, da er durch die Nutzung eines Fremdfahrzeugs, das ihm von der Klägerin kostenfrei gestellt werde, von der Disposition der Klägerin abhängig sei. Ort, Zeit, Art und Weise der Ausführung der Tätigkeit hätten sich erst im jeweils übertragenen Auftrag ergeben. Ein Spielraum für eine freie Ausgestaltung der Tätigkeit sei nicht gegeben. Der Beigeladene zu 1) habe lediglich seine Arbeitskraft eingesetzt und keine Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt; er habe auch kein Unternehmerrisiko getragen. Auch der fest vereinbarte Stundenlohn spreche für eine abhängige Beschäftigung.
Den hiergegen am 20.04.2011 erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2011 (Blatt 101 Verwaltungsakte) als unbegründet zurück.
Am 16.09.2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Es habe im Ermessen des Beigeladenen zu 1) gelegen, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) sei vereinbart gewesen, dass dieser immer zumindest für eine Woche im Voraus mitteilte, ob er Kapazitäten frei habe. Für diese Zeiträume sei der Beigeladene zu 1) dann bei Bedarf als Fahrer eingesetzt worden, für andere Zeiträume eben nicht. Ein Anspruch auf Arbeitseinsatz sei ausdrücklich nicht begründet worden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 06.03.2013 hat das SG den Beigeladenen zu 1), die Bundesagentur für Arbeit, die mhplus Betriebskrankenkasse und die dortige Pflegekasse zum Verfahren beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) liege im streitgegenständlichen Zeitraum ein Beschäftigungsverhältnis vor. Der Beigeladene zu 1) sei von der Klägerin wirtschaftlich abhängig und auch ihren Weisungen unterworfen gewesen. Er habe mit Ausnahme des Einsatzes seiner Arbeitskraft kein Unternehmerrisiko getragen, denn die Klägerin habe ihm kostenfrei das Arbeitsmittel, das Fahrzeug, zur Verfügung gestellt.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 29.08.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 30.09.2013 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, die sie nicht weiter begründet hat.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26.08.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 06.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug.
In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 13.03.2014 hat der Beigeladene zu 1) ua erklärt, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum nicht für andere Firmen als Fahrer tätig gewesen sei. Er sei für die Klägerin als Springer verschiedene Touren gefahren, auch mit verschiedenen Fahrzeugen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestand im streitigen Zeitraum vom 02.05.2008 bis 06.03.2009 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, das Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und der Arbeitslosenversicherung begründete. Die festgestellte Beitragsnachforderung für diesen Zeitraum iHv 12.507,09 EUR ist nicht zu beanstanden.
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Melde-pflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, juris).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, die Versicherungs-pflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zur Folge hatte, weshalb die Klägerin zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 12.507,09 EUR verpflichtet ist. Das SG hat in seiner Entscheidung zutreffend die rechtlich maßgeblichen Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt und diese auch überzeugend und richtig gewürdigt.
Die Tätigkeit als Kraftfahrer kann zwar sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden (vgl Senatsurteile vom 06.11.2007, L 11 KR 2407/04; 17.01.2012, L 11 KR 1138/10; 18.07.2013, L 11 R 1083/12 = Die Beiträge Beilage 2014, 56 mwN, LSG Baden-Württemberg 23.01.2004, L 4 KR 3083/02; vgl auch BSG 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5). Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, ob der Betreffende auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris RdNr 23). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris RdNr 26). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im hier streitigen Zeitraum ab dem 27.03.2012.
Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Kraftfahrertätigkeiten kommt es entscheidend darauf an, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug für die Transporte einsetzt. Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Benutzung eines eigenen Fahrzeugs und die damit einhergehende Lastentragung in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (BSG 22.06.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5 mwN; 19.08.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 1). Wird dagegen - wie hier - kein eigenes Fahrzeug benutzt, spricht dies für eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers. Berufskraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug sind deshalb regelmäßig abhängig beschäftigt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12, Die Beiträge 2014, 56 mwN). Der Beigeladene zu 1) setzt letztlich nur seine Arbeitskraft - und keine Arbeitsmittel - mit der ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, ein. Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht jedoch nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl BSG 13.07.1978, 12 RK 14/78, SozR 2200 § 1227 Nr 17; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. Der Beigeladene zu 1) war im streitigen Zeitraum nach eigenen Angaben nur für die Klägerin tätig. Er konnte die Touren nicht selbst einteilen, sondern er wurde fremdbestimmt von der Klägerin eingeteilt. Kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers ist die Tatsache, dass er im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber hätte tätig sein können. Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein (Senatsurteile 18.07.0213, L 11 R 1083/12; 17.01.2012, L 11 R 1138/10, jeweils juris).
Die vom Beigeladenen zu 1) für den Erwerb der Fahrerlaubnis aufgewendeten Kosten begründen kein unternehmerisches Risiko. Es handelt sich dabei um die Kosten, die den Aufwendungen für eine Berufsausbildung vergleichbar sind. Das Risiko, derartige Kosten zu amortisieren, tragen sowohl abhängig Beschäftigte als auch Selbständige.
Zudem hat der Beigeladene zu 1) als Gegenleistung für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz bzw eine entsprechend seinem Zeitaufwand erhalten. Es besteht somit in allen wesentlichen Punkten kein wesentlicher Unterschied zu den festangestellten Fahrern. Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns entspricht gerade bei Fahrertätigkeiten der typischen Entlohnung eines abhängigen Beschäftigten (vgl Senatsurteile vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12 sowie vom 16.09.2008, L 11 R 1074/08, beide veröffentlicht in juris).
Der Beigeladene zu 1) konnte zwar einen ihm angebotenen Auftrag annehmen oder ablehnen. Dieser Gesichtspunkt spielt hier jedoch nach dem Vorstehenden keine ausschlaggebende Rolle. Die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, kann grundsätzlich zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden kann, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit in gewisser Weise selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Denn auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (vgl LSG Baden-Württemberg 24.02.2006, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Nimmt der Betroffene das angetragene Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen (Senatsurteil vom 17.01.2012, L 11 R 1138/10, juris). Da der Beigeladene zu 1) zudem keinen Einfluss darauf hatte, ob und welche Aufträge ihm angeboten wurden, war er insoweit in Bezug auf die Gestaltung und den Umfang seiner Tätigkeit von der Klägerin abhängig.
Ob der Beigeladene zu 1) für den hier streitgegenständlichen Zeitraum und für die konkret ausgeübte Tätigkeit einen Existenzgründungszuschuss nach § 421 l Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung bezogen hat ("Ich-AG"), lässt sich nicht feststellen; Unterlagen hierüber liegen nicht vor. Im Übrigen ist dies eher unwahrscheinlich, da der Beigeladene zu 1) seinen Angaben zufolge auf die hier in Frage stehenden Tätigkeit aufgrund einer Zeitungsannonce aufmerksam geworden ist.
Die Erhebung von Säumniszuschlägen erfolgte ebenfalls zu Recht. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs 2 SGB IV). Für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist nicht auf diejenigen Maßstäbe zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes iSd § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (so aber BSG 26.01.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 7). Vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass die Person mit "Wissen" und "Wollen" gehandelt hat, wobei das "Wollen" darauf beschränkt sein kann, dass der (rechtswidrige) Erfolg eines Tuns oder Unterlassens (hier: Nichtabführung von Beiträgen) billigend in Kauf genommen wird. Das Gesetz stellt in § 24 Abs 2 SGB IV nur auf die fehlende Kenntnis einer Rechtspflicht (Zahlungspflicht) ab. Dies betrifft einen den Vorsatz ohnedies nicht berührenden Subsumtionsirrtum, der in strafrechtlicher Hinsicht allenfalls geeignet wäre, einen durch Einleitung eines Statusverfahrens nach § 7 a SGB IV vermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (BGH 07.10.2009, 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337). Dieser Gesichtspunkt lässt sich auch auf die Regelung in § 24 Abs 2 SGB IV übertragen. Die Vorschrift dient lediglich der Vermeidung unbilliger Härten (BSG 12.02.2004, B 13 RJ 28/03 R, BSGE 92,150). Maßgebend ist deshalb auch im Fall des § 24 Abs 2 SGB IV nur, ob die Unkenntnis des Beitragsschuldners von der Zahlungspflicht vermeidbar war. Davon ist hier auszugehen. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, sich über ein Verfahren nach § 7 a SGB IV oder eine Anfrage bei der Einzugsstelle (§ 28 h SGB IV) die erforderliche Kenntnis zu verschaffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers wie vorliegend eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs 3 Satz 1 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
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