Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1280/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4755/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.10.2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus dem Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin ist ausgebildete Erzieherin (Abschluss 1974). Nach längerer Kinderpause war sie im Zeitraum von 1993 bis 1997 in einem Kindergarten versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie ausweislich des Versicherungsverlaufs zwischen dem 01.04.1999 und dem 31.01.2004 geringfügig beschäftigt. Vom 01.03.2004 bis 25.06.2004 sind 4 Monate mit Pflichtbeiträgen bei einem Entgelt von insgesamt 1948,00 EUR belegt. Weitere Zeiten geringfügiger Beschäftigung schlossen sich vom 01.06.2006 bis 15.08.2007 und vom 18.11.2008 bis 23.01.2009 an. Die Klägerin ließ vortragen, sie habe 2004 die Hausaufgabenbetreuung von Grundschulklassen übernommen, 2005 sei sie Ergotherapeutin in einem Altersheim gewesen, danach habe sie 2006 eine pflegebedürftige Person betreut, war Tagesmutter sowie wieder kurzzeitig als Erzieherin tätig (Bl. 62 SG-Akte). Nach ihren eigenen Angaben gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. endeten sämtliche Arbeitsverhältnisse durch Kündigung der Auftraggeber meist noch innerhalb der Probezeit, wobei die Klägerin häufig Mobbing bzw. ihr nicht wohlgesonnene Personen als ausschlaggebend für die vorzeitige Beendigung angab (vgl. Bl. 186 - 193 SG-Akte).
Am 14.09.2010 beantragte sie, vertreten durch ihren Betreuer, ihr eine Rente zu gewähren.
Mit Schreiben vom 28.09.2010 teilte die Beklagte dem Betreuer der Klägerin mit, dass ein Leistungsfall bereits vor dem Jahr 2000 eingetreten sein müsste, denn die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären dort letztmals erfüllt. Sie rege an, den Antrag zurückzunehmen, denn eine so weit zurückliegende Einschränkung der Leistungsfähigkeit sei erfahrungsgemäß nur schwer zu belegen. Der Betreuer der Klägerin hielt am Antrag fest.
Mit Bescheid vom 04.01.2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin vom 14.09.2010 ab. Ausgehend von einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 14.09.2010 seien die im Versicherungskonto zu fordernden mindestens 36 Monate an Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 24.09.2005 bis 13.09.2010 nicht enthalten. In diesem Zeitraum seien lediglich zwei Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Auch die Anforderungen des § 241 SGB VI seien nicht erfüllt. In der Zeit vom 01.01.1984 bis 31.08.2010 sei nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Der Versicherungsverlauf sei Bestandteil des Bescheids.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 04.01.2011. Nach Kenntnis des Betreuers müsse die Klägerin schon sehr lange krank sein.
Hierauf stellte die Beklagte mit Vermerk vom 17.01.2011 fest, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig am 31.10.1999 erfüllt seien.
Der Betreuer der Klägerin legte den Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums N. vor. Danach befand sich die Klägerin vom 23.07.2000 bis 17.08.2000 dort in stationärer Behandlung. Als Diagnose wird eine paranoide Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis aufgeführt. Weiter wird dargelegt: "Die Vorgeschichte dürfen wir als bekannt voraussetzen, insbesondere verweisen wir auf den Arztbrief des Zentrums für Psychiatrie C. vom 08.12.1998." Es sei am 23.07.2000 zur stationären Aufnahme der Klägerin gekommen. Die Klägerin habe vor ca. 2 Monaten eigenmächtig die neuroleptische Medikation abgesetzt. Seit 14 Tagen sei es zu einer Exarzerbation der paranoiden Symptomatik gekommen. Die Klägerin habe sich nach der stationären Aufnahme ambivalent gezeigt und einer neuroleptischen Medikation nicht zugestimmt. Sie habe immer wieder schlechte Erfahrungen mit Medikamenten gemacht. Sie sei mit Bifteridon behandelt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe zuletzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung am 25.06.2004 ausgeübt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bestünden nicht.
Gegen den am 04.03.2011 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 22.03.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Ihr Betreuer führte für sie aus, dass die Beklagte auf die von ihm vorgelegten Unterlagen, die einen weitaus früheren Leistungsfall belegten, nicht eingegangen sei.
Die Beklagte wandte ein, dass der Bericht des Zentrums für Psychiatrie vom 14.09.2000 keinesfalls eine erhebliche Beeinträchtigung weit vor dem dort erfolgten stationären Aufenthalt belege. Darüber hinaus sei auch eine überdauernde Minderung des Leistungsvermögens nach diesem Zeitpunkt bis zur Rentenantragstellung nicht feststellbar.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat sachverständige Zeugenaussagen zum Gesundheitszustand der Klägerin insbesondere in den Jahren 1998 -2000 eingeholt, sowie um Vorlage sämtlicher vorhandener Arztbriefe aus diesem Zeitraum gebeten. Dr. H., Internist und Arzt für Allgemeinmedizin, teilte am 14.05.2012 dem Sozialgericht mit, dass er die Klägerin zwischen dem 04.06.1991 und dem 13.12.2010 hausärztlich-internistisch begleitet habe. Er habe bereits ein ausführliches Schreiben an das Betreuungsgericht beim Amtsgericht Karlsruhe-Durlach verfasst und auf die schizophrene Psychose der Klägerin hingewiesen, die mehrfach im Psychiatrischen Landeskrankenhaus H. stationär behandelt werden musste wegen akuter Psychoseexarzerbation. Eine konstante Neuroleptika-Medikation sei von der Klägerin abgelehnt worden. Er habe die Klägerin über Jahre hausärztlich durch Hausbesuche begleitet, da sie die Praxis nicht besuchen wollte. Sie habe sich im Ort beobachtet und kontrolliert gefühlt und habe den Ort K. negativ besetzt. Nach der Ehetrennung habe die Klägerin dann in Pf.-B. gewohnt. Nach erneuter stationärer Behandlung im Dezember 2010 sei sie in das Kreispflegeheim H. verlegt worden. Auch während dieser Zeit sei es immer wieder zu telefonischen Kontakten gekommen, in denen die Klägerin ihn beschimpft habe. Sie habe ihm auch mitgeteilt, dass er (Dr. H.) sie umbringen wolle bzw. dass er ihre berufliche Anstellung am Ort verhindern würde. Teilweise habe er die Klägerin mehrfach wöchentlich zu Hause besuchen müssen. In "Phasen der relativen Ruhe" habe er die Klägerin nur alle 3 bis 4 Wochen besucht. Die Klägerin sei über den gesamten Behandlungszeitraum 1991 bis 2010 aufgrund der Schwere ihrer psychiatrischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen, einer verwertbaren Arbeit nachzugehen. Ständig sei es zu Erregungsausbrüchen, wüsten Beschuldigungen, Anschreien, Unruhe mit zum Teil mehrfachen nächtlichen Telefonaten gekommen bzw. Schreien auf den Anrufbeantworter. Die Klägerin habe jede psychiatrische Medikation abgelehnt. Er sei monatelang beschimpft worden, nachdem er einmal versucht habe, durch ein Neuroleptikum ihre Unruhe zu mindern. Die schizophrene Psychose habe konstant zwischen 1991 bis heute bestanden. Es sei zu keinem Zeitpunkt eine nennenswerte Verbesserung eingetreten. Auch nachdem sie in ein Krankenhaus in F. eingewiesen worden und dort mit Zytrexa und Feroquel behandelt worden sei, habe sich der Zustand nicht gebessert, weil die Klägerin die Medikation wieder abgesetzt habe.
Dr. H. legte einen Bericht des Facharztes für Psychiatrie Z. vom 24.10.2005 vor, einen weiteren Bericht vom 30.03.2007, einen Bericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 04.07.2008, den Entlassbericht der Psychiatrischen Klinik des Medizinischen Klinikums F. Diakonissenkrankenhaus vom 02.12.2009, den Kurzbrief des Klinikums N. C.-H. vom 13.09.2010 sowie einen Brief der behandelnden Nervenärztin M. vom 28.10.2010. In letzterem wird berichtet, dass sie die Klägerin nach Entlassung aus der Klinik in H. in vierzehntäglichen Abständen mit Riftadal costa 37,5 mg gespritzt habe. Das andere Medikament Orfiril nehme die Klägerin nicht ein, weil sie nicht an die gestellte Diagnose einer bipolaren Störung glaube.
Das Psychiatrische Zentrum N. legte den Bericht vom 14.09.2000 über die stationäre Behandlung von 23.07.2000 bis 17.08.2000 vor.
Das Zentrum für Psychiatrie C. legte Entlassbriefe über die Klägerin vom 11.03.2011, 17.11.2010, 10.06.2009, 08.12.1998, 16.06.1993 und 20.05.1983 vor.
Im Bericht des Zentrums für Psychiatrie C. vom 08.12.1998 wird die Diagnose paranoide Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis gestellt. Die Klägerin befand sich dort vom 23.10.1998 bis 21.11.1998 in psychiatrischer Behandlung. Eine Fremdanamnese habe ergeben, dass die Klägerin in ihrem Verhalten mit paranoiden Inhalten auffalle. Sie habe sich in der Öffentlichkeit auffällig gebärdet, teilweise schreiend, teilweise unruhig, teilweise mit offensichtlich aus ihrer Paranoia resultierenden falschen Behauptungen. Die Klägerin soll behauptet haben, blöde Leute an ihrem Wohnort wollten sie kaputtmachen. Sie hätten sogar Komponisten wie Johann Sebastian Bach kaputt gemacht, einige würden auch regelmäßig nach Amerika fliegen, um Clinton kaputt zu machen. Ihr Gedankengang sei teilweise sehr zerfahren, sie äußere inhaltlich Beeinträchtigungs- und Beziehungsideen, wirke emotional inadäquat, teilweise auch gereizt und abwesend. Einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme habe sie sehr ambivalent gegenüber gestanden. Nach einem Gespräch mit dem hinzugezogenen Richter vom Amtsgericht C. habe sie - unter Verzicht auf eine Unterbringung - zunächst das freiwillige Verbleiben in der Klinik erklärt. Von einer Wochenendbeurlaubung am 21.11.1998 sei sie nicht mehr in die stationäre Behandlung zurückgekehrt. Eine weitere psychiatrische stationäre Behandlung wäre jedoch dringend wünschenswert.
In einem weiteren Bericht der Landesklinik N., Fachklinik für Psychiatrie und Neurologie vom 16.06.1993 heißt es, dass Aufnahmeanlass ein zunehmend paranoides Bild mit Verfolgungsideen und angstvoller Agitiertheit gewesen sei. Die Klägerin sei schreiend durch das Dorf gerannt und habe ihren Mann sadistischen Verhaltens beschuldigt, gewähnt, dass Nachbarn ihr Hundehaufen vor die Haustür legten und den Schwestern ihres Ehemanns gedroht, sie werde sie abstechen, wenn sie ins Haus kämen. Die Klägerin sei bereits 1991 in stationärer Behandlung gewesen.
Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie V. der Psychiatrischen Instituts-ambulanz A. und Tagesklinik der A., berichtete über die Behandlung seit März 2011. Es bestehe bei der Klägerin eine schizo-affektive Störung, gegenwärtig manisch (F 25.0) sowie eine paranoide Schizophrenie (F 20.0). Über den Krankheitsverlauf im Oktober 1999 könne nichts berichtet werden.
Das gegenüber dem Amtsgericht Karlsruhe-Durlach im Betreuungsverfahren erstattete psychiatrische Sachverständigengutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G., Oberärztin im Zentrum für Psychiatrie C., vom 30.08.2010 wurde vorgelegt. Hierin wird ausgeführt (Seite 7): "Sollte durch die psychiatrische Behandlung und die zusätzlichen ambulanten Maßnahmen keine ausreichende längerfristige Stabilisierung erreicht werden können, kommt aus ärztlicher Sicht nur eine andauernde geschlossene Unterbringung mit einem konstanten therapeutischen Setting in Frage, um die beschriebene Eigengefährdung sowie die weitere Chronifizierung der psychischen Erkrankung zu verhindern. Die Betroffene ist krankheitsbedingt nicht in der Lage, in den Bereichen der Behandlungs- und Unterbringungsbedürftigkeit ihren freien Willen zu bestimmen, da sie ihre Situation und ihre Fähigkeiten nicht realistisch einschätzen und gemäß dieser Erkenntnis handeln kann."
Die behandelnde Nervenärztin Dr. M. führte mit Schreiben vom 10.07.2012 gegenüber dem Sozialgericht Karlsruhe aus, dass sie die Klägerin zuerst ein Mal am 03.04.2007 und achtmal im Jahr 2010 in ihrer Praxis gesehen habe. Die Klägerin habe ohne Punkt und Komma geredet. Es habe eine chronische Psychose vorgelegen. Zum damaligen Zeitpunkt habe nicht die Möglichkeit bestanden, 6 Stunden täglich einer leichten körperlichen und nervlich wenig belastenden Erwerbstätigkeit nachzugehen. Mit weiterem vorgelegtem Schreiben vom 13.04.2007 an Dr. H. berichtet Frau Dr. M., dass es ihr nicht möglich gewesen sei, mit der Klägerin eine therapeutische Basis zu bekommen. Im weiteren Schreiben an den Betreuer aus dem Jahr 2010 berichtet die Ärztin, dass die Klägerin seit September 2010 regelmäßig in der Praxis erschienen sei, um Risperdal Costa als Spritze verabreicht zu bekommen. Die Klägerin habe ihr berichtet, dass sie das weitere Medikament Orfiril nicht einnähme. Insoweit müsse der Verlauf beachtet werden.
Am 04.10.2012 äußerte die Beklagte durch Vorlage einer Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes (Dr. Sch., Sozialmedizin), die Klägerin sei auch zu Zeiten, als die paranoide Psychose bereits diagnostiziert und gesichert vorgelegen habe, berufstätig gewesen. Die Diagnose auch einer schizophrenen Psychose sei nicht gleichbedeutend mit der Unfähigkeit, unter üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu arbeiten. Entscheidend sei, dass die Erkrankung nicht floride gewesen sei und kein ausgeprägtes Residualsyndrom vorgelegen habe, was bei der Klägerin bis heute nicht der Fall sei. Solange während der Phasen beruflicher Tätigkeit zumindest immer wieder eine vorübergehende Therapietreue vorgelegen habe, solange könne nicht von einer generellen Minderung des quantitativen Leistungsvermögens ausgegangen werden. Insgesamt könne ab 2009 von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden. Die Berichte zwischen 2005 und 2009 seien sehr sporadisch, für den Zeitraum vor 2009 könne das aufgehobene Leistungsvermögen daher nicht mit der hinreichenden Sicherheit angenommen werden. 2009 hätten jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente nicht mehr vorgelegen.
Das Sozialgericht Karlsruhe holte daraufhin bei Dr. Sch., Chefarzt der Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie des PZM N., das Gutachten vom 08.07.2013 ein. Dem Gutachten lagen die Akten des SG und der Beklagten sowie eine Untersuchung der Klägerin am 27.05.2013 zu Grunde. Der Gutachter führte aus (Seite 28 des Gutachtens), dass derzeit eine relevante pathologische Affektsymptomatik im Sinne einer depressiven oder manischen Symptomatik nicht vorliege. Es sei das typische affektive Bild einer schizophrenen Residualsymptomatik mit eingeengter emotionaler Schwingungsfähigkeit und differentem Affekt festzustellen gewesen. Auch im zeitlichen Längsschnitt sei eine paranoide Schizophrenie (ICD 10: F 20.02) zu diagnostizieren. Die erste auffällige Behandlung sei 1983 stationär-psychiatrisch vom 20.04. bis 25.04. in C. nach einem Suizidversuch durchgeführt worden. Dann habe im Jahr 1991 im Klinikum K. eine stationäre Behandlung und ab April 1993 wiederum in C. eine stationäre psychiatrische Behandlung stattgefunden, wo auch ein Neuroleptikum verordnet worden sei. Dies spreche dafür, dass bereits 1991 in K. eine psychotische Symptomatik vorgelegen habe. Diese psychotische Symptomatik sei gut dokumentiert im Bericht des Klinikums C. (Bl. 108 SG-Akte). Zwischen der Behandlung 1993 und 1998 seien verwertbare klinische Angaben nur aus der Amtsgerichtsstellungnahme des Dr. H. vom 28.09.2009 herzuleiten. Hieraus sei zu entnehmen, dass sie die weitere Einnahme eines ihr ab 1993 in der Klinik C. verordneten Medikaments abgelehnt habe auch danach nur vorübergehend Medikamente eingenommen habe. Bei der nächsten stationär-psychiatrischen Behandlung vom 23.07. bis 17.08.2000 würden formal-gedankliche Störungen beschrieben, die Entlassung sei nach Einstellung auf das Antipsychotikum Risperidon erfolgt. 2005 beschrieben nervenärztliche Befundberichte einen psychopathologischen Befund mit formalen Denkstörungen. 2007 stelle der gleiche Nervenarzt die Diagnose paranoide Schizophrenie (Bl. 85 SG-Akte). 2008 werde eine Manie oder psychotische Symptome diagnostiziert. Der sechste stationär psychiatrische Aufenthalt über 5 Tage im Klinikum C. sei im April 2009 durchgeführt worden. Die Klägerin habe die stationäre Behandlung abgebrochen. Die Klägerin habe versucht, sich abzusetzen und sei mehrere Wochen in F. behandelt worden (Bl. 87 ff. der SG-Akte). Weitere stationäre psychiatrische Behandlungen in der Klinik C. fanden vom Mai bis September 2010 sowie von Mitte Oktober bis März 2011 statt. Dann habe die Klägerin in einem Heim gelebt. Von dort sei sie Anfang des Jahres entlassen worden und werde von der Sozialstation, die die Einnahme der Medikamente veranlasse, betreut.
Bereits vor dem 01.11.1999, nämlich bereits spätestens in den frühen neunziger Jahren sei klinisch das Vollbild einer schizophrenen Erkrankung mit phasenhaftem Verlauf zu diagnostizieren. Bei der Schizophrenie handle es sich um eine schwergradige, meist chronisch verlaufende Erkrankung, die bei einem Großteil der Betroffenen mit deutlichen und längerfristigen Funktionseinbußen in dem Bereich kognitiver Leistung, emotionaler Stabilität und Kommunikationsfähigkeit einhergehe und dadurch die soziale Teilhabe erheblich gefährde. Die Leistungsbeurteilung hänge wesentlich von der Verlaufscharakteristik ab. Im Fall der Klägerin finde sich als zeitüberdauerndes Thema das paranoide Erleben einer wahnhaften Kontrolle durch "Frauen im Ort bzw. Arbeitskolleginnen oder Vorgesetzte". Für die Leistungsfähigkeit von Personen mit Schizophrenie sei bedeutsam, ob die Fähigkeit zum Selbstmanagement von Krankheit und Krankheitsbeeinträchtigungen noch erhalten sei. Das eigenmächtige Absetzen von ärztlicherseits verordneten Medikamenten sei ein zentraler Auslösefaktor für eine erneute akute psychotische Dekompensation. So sei dies auch im Fall der Klägerin im Vorfeld der dritten stationären psychiatrischen Behandlung 1993 und der fünften stationären Behandlung von September bis August 2000 beschrieben. Erst nach einer mehrjährig unter gesicherter konsequenter Kontrolle erfolgter Einnahme einer hinreichend verträglichen Medikation im Rahmen des Aufenthalts in der Kreispflege H. von März 2011 bis 2013 sei eine so hinreichende Stabilität eingetreten, dass die Klägerin nun fähig sei, in einer eigenen Wohnung zu leben. Eine berufliche Belastbarkeit lasse sich aber auch zum jetzigen Zeitpunkt ausschließen. Bis zum stationären Aufenthalt im Oktober 1998 in C. müsse die Klägerin immer einmal wieder antipsychotische Medikamente eingenommen haben, so dass sie unter dieser Medikation auch ein berufliches Engagement eingehen konnte. Spätestens ab Oktober 1998 (Aufnahme in die vierte stationäre Behandlung in C.), sei aber ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr sowohl im erlernten Beruf als Erzieherin als auch für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unterschritten worden. Nach Einschätzung des Gutachters sei davon auszugehen, dass für den Zeitraum 1998 (Entlassung aus vierter stationärer Behandlung in C.) bis November 2009 (siebte stationäre Behandlung in F.) bei schlechter Therapieadhärenz, Behandlungsabbrüchen und wiederholt dokumentierter Floridität nur noch ein etwa halbschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorgelegen habe. Ihre Tätigkeit im pädagogischen Bereich sei aber eigentlich bereits seit Oktober 1998 nicht mehr ohne Gesundheitsgefährdung geeignet gewesen. Von Oktober 1998 bis Oktober 1999 sei die Klägerin noch etwa halbschichtig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes leistungsfähig gewesen. Dies gelte auch für den Zeitraum ab 01.11.1999 bis September 2010. Ab November 2009 bestehe überhaupt keine relevante Belastbarkeit mehr für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Grundsätzlich denkbar wären für einen Zeitraum ab 1998 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch unkomplexe, wenig stressbelastende, wenig die Kommunikationsfähigkeit fordernde Tätigkeiten, dieses aber auch nur noch in einem zeitlichen Umfang von bis maximal 4 Stunden. Die Einschätzungen des Dr. Sch. verkenne die Instabilität der psychischen Situation der Klägerin seit Oktober 1998. Unter Beachtung des Umstandes, dass mit zunehmender Häufigkeit von akut psychotischen Dekompensationen das Risiko neuerlicher psychotischer Akutdekompensationen steige und die Stressbelastbarkeit im gleichen Maße zurückgehe, sei nicht davon auszugehen, dass seit Oktober 1998 eine Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch für wenig stressbelastende Tätigkeiten über 6 Stunden gegeben sei. Es handle sich um eine Erkrankung mit Dauercharakter. Es sei praktisch auszuschließen, dass die feststehende Minderung der Erwerbsfähigkeit jemals wieder behoben werden könne.
Zu diesem Gutachten nahm Dr. Sch. für die Beklagte am 26.08.2013 Stellung. Dr. Sch. habe für den Zeitraum 1998 bis 2009 eine retrospektive Einschätzung auf dem Boden mehrerer Indizien unter der Annahme, dass in diesem Fall, wie in manchen vergleichbaren Fällen, eine zunehmende Anzahl an Dekompensationen zu einer zunehmenden Leistungsminderung auch im Intervall führe. Es sei zwar gut möglich, dass die retrospektive Einschätzung des Gutachters zutreffe. Die entscheidende Frage sei jedoch, mit welcher Sicherheit die Leistungseinschränkung für die damalige Zeit feststellbar sein müsse. Da weite Zeiträume aufgrund nur punktueller Angaben hätten rekonstruiert werden müssen und immer wieder mit Annahmen gearbeitet worden sei, sei jedenfalls nicht in ausreichendem Maß gesichert, dass seit 1998 keinerlei Arbeit zumindest sechsstündig bzw. vollschichtig hätte verrichtet werden können.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 23.10.2010 den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 01.03.2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund des verschlossenen Arbeitsmarktes auf Zeit ab 1. September 2010 bis 31. August 2016 infolge eines Leistungsfalls vom 31. Oktober 1999 sowie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. September 2010 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei seit einem Leistungsfall vom 31. Oktober 1999 teilweise erwerbsgemindert, da sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hingegen konnte sie noch mindestens 3 Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu diesem Zeitpunkt tätig werden. Die Klägerin leide an einer paranoiden Schizophrenie. Dies stütze sich auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten von Dr. Sch ... Spätestens bei der vierten stationären Aufnahme im Jahr 1998 habe nur noch ein halbschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorgelegen. Dem stationären Entlassungsbericht der Landesklinik Nordschwarzwald vom Oktober 1998 sei zu entnehmen, dass es im Vorfeld zu erheblichen Konflikten am Arbeitsplatz der Klägerin gekommen sei. Der Einwand der Beklagten, es lägen nicht genügend ärztliche Befundberichte aus dem maßgeblichen Zeitraum 1999 bis 2009 vor, ändere nichts an der Überzeugung der Kammer. Der Beklagten sei zwar zuzustimmen, dass die Krankheitsgeschichte bis zum Jahr 2009 sich nur anhand der Entlassungsberichte aus der stationären Behandlungen nachvollziehen lasse. Ihren Hausarzt habe sie lediglich sporadisch aufgesucht und sich nicht in fachärztliche Behandlung begeben. Dies sei jedoch gerade als krankheitstypischer Mechanismus anzusehen. Das Gutachten des Dr. Sch. sei dennoch schlüssig und nachvollziehbar. Seine Auffassung sei anhand der vorhandenen Aktenunterlagen, Befundberichte und der Untersuchung der Klägerin gut nachvollziehbar begründet. Die Leistungsfähigkeit von mehr als 3 bis unter 6 Stunden ziehe aufgrund der konkreten Arbeitsmarktsituation, wenn der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen sei, einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach sich. Hiervon dürfe ausgegangen werden. Die Rente beginne ausgehend von einem Leistungsfall im Oktober 1999 und dem Rentenantrag im September 2010 am 01.09.2010 und ende am 31.08.2016. Die Klägerin habe ebenfalls einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Den Beruf als Erzieherin, den die Klägerin erlernt habe, könne sie zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr ausüben. Auch eine Verweisungstätigkeit wäre ihr nur noch 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich möglich gewesen.
Gegen das am 31.10.2013 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.10.2013 hat die Beklagte am 5. November 2013 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, das Sozialgericht Karlsruhe sei von falschen Maßstäben ausgegangen. Hier liege bei zutreffender Würdigung ein Fall vor, in dem ein Leistungsfall trotz aller Bemühungen nicht mehr zweifelsfrei feststellbar sei und folglich eine Beweislastentscheidung zugunsten der Beklagten zu treffen sei. Es sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin über einen längeren Zeitraum eine Therapietreue vorgelegen habe und sie medikamentös entsprechend eingestellt worden sei. Aus diesem Grund dürfe man nicht durchgehend von einer quantitativen Leistungseinschränkung ausgehen. Dem Versicherungsverlauf sei zu entnehmen, dass die Klägerin geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt habe. Damit könne man davon auszugehen, dass die Klägerin hätte ganztags arbeiten können, wenn sie gewollt hätte, hierauf jedoch finanziell nicht angewiesen gewesen sei. Es sei weiter davon auszugehen, dass ihre Erkrankung durchaus wechselhaft (gewesen) sei und in unterschiedlicher Ausprägung auftrete. Die Folgen der Nichtbeweisbarkeit einer rechtserheblichen Tatsache gehe zulasten desjenigen, der aus dem beweisenden Umstand für sich Rechte herleiten möchte und dies sei die Klägerin. Ein medizinischer Hinweis auf eine wirklich relevante, das quantitative Leistungsvermögen einschränkende Erkrankung bzw. relevante massive Funktionseinschränkung sei für den vom Sozialgericht festgelegten Leistungsfall vom 31.10.1999 nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ersichtlich. Der behandelnde Hausarzt, der kein Facharzt sei, könne das durchgehende Vorliegen einer Erkrankung nicht belegen. Seine Aussage sei zu unkonkret. Soweit er über Hausbesuche nach der Trennung der Klägerin von ihrem Mann berichte (wohl ab 2006), belege dies keine psychische Erkrankung, sondern sei mit der Situation erklärlich.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.10.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für richtig.
Die frühere Berichterstatterin hat am 25.07.2014 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Hierin wies sie darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet halte.
Die Beklagte wehrte sich gegen ein solches Vorgehen. Es sei durchaus als rechtlich und tatsächlich komplex anzusehen, ob der weit in der Vergangenheit liegende Leistungsfall unter Berücksichtigung des Grundsatzes der objektiven Beweislast der Klägerin angenommen werden durfte.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Landessozialgerichts, die Gerichtsakte des Sozialgerichts und die vorliegende Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund des verschlossenen Arbeitsmarktes auf Zeit ab 1. September 2010 bis 31. August 2016 infolge eines Leistungsfalls vom 31. Oktober 1999 sowie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. September 2010 zu gewähren.
Hierbei hat das SG die Rechtsgrundlagen zutreffend aufgeführt und rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausgehend von einem Leistungsfall am 31.10.1999 vorliegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit hierauf Bezug.
Hinsichtlich des Vorliegens eines Leistungsfalls - sowohl hinsichtlich der Leistungsfähigkeit auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsmarkts als auch in ihrem Beruf - durfte das SG sich auf das sorgfältig und gründlich nach Untersuchung der Klägerin erstellte und überzeugend begründete Gutachten des Dr. Sch. stützen. Dieser hat aus den vorliegenden Berichten über stationäre Unterbringungen schlüssig hergeleitet, dass spätestens seit 31.Oktober 1999 durchgehend eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt infolge der schizophrenen Persönlichkeitsstörung der Klägerin auf unter 6 Stunden vorlag. Hierbei hat sich der erfahrene Sachverständige auch hinreichend klar ausgedrückt und zum Ausdruck gebracht, dass es sich zwar um einen rückwirkend schwierig feststellbaren Sachverhalt handelt, aber dennoch eine Einschätzung getroffen werden kann. Der Sachverständige hat auch nicht verkannt, dass die Klägerin teilweise berufliche Tätigkeiten verrichtet hat und auch beispielsweise von 1993 bis 1998 eine Phase vorlag, in der die Klägerin Medikamente einnahm, die ihr ein berufliches Engagement ermöglichten. Insoweit kann dem Gutachter nicht Einseitigkeit vorgeworfen werden, vielmehr hat er auch Aspekte, die für eine zeitweise Leistungsfähigkeit sprechen, klar benannt und einbezogen. Das Sozialgericht durfte ausgehend von diesem Gutachten, das die von den sachverständigen Zeugen und den Psychiatrischen Kliniken vorgelegten Unterlagen vollständig auswertete, auch die volle Überzeugung eines weit zurückliegenden Leistungsfalls gewinnen und musste nicht etwa - wie die Beklagte meint - von einem Fall ausgehen, in dem eine durchgehende Leistungsminderung nicht nachweisbar sei und daher zu Lasten der Klägerin gehe.
Auch der Senat ist vom Eintritt des Leistungsfalles spätestens am 31.10.1999 überzeugt. Er stützt sich bei seiner Beweiswürdigung in erster Linie auf das schlüssige und überzeugende Gutachten von Dr. Sch. vom 08.07.2013, der als Leiter eines Psychiatrischen Krankenhauses über große Erfahrung mit Patienten wie der Klägerin verfügt. Dessen Beurteilung basiert auf einer Anamneseerhebung, der Auswertung der vorhandenen ärztlichen Berichte und auf dem ärztlichen Erfahrungswissen über den Verlauf der Erkrankung an paranoider Schizophrenie. Bestätigt wird die Beurteilung von Dr. Sch. durch den Hausarzt Dr. H., der die Klägerin im hier fraglichen Zeitraum von 1999 bis 2009 betreut und behandelt hat. Gerade seinen auf unmittelbarer Beobachtung beruhenden Beschreibungen des krankhaften Verhaltens der Klägerin kommt großer Beweiswert zu. Schließlich sprechen auch die aktenkundigen mit Beiträgen belegten Zeiten im Versicherungsverlauf der Klägerin zwischen 1999 und 2009 nicht gegen die Annahme eines durchgehend auf unter sechs Stunden geminderten Leistungsvermögens. Die Anamneseerhebung durch Dr. Sch. hat in beeindruckender Weise gezeigt, dass die Klägerin zwar versucht hat, beruflich tätig zu werden, sie dabei aber regelmäßig nach kurzer Zeit krankheitsbedingt gescheitert ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt spricht nichts dafür, dass die Klägerin mit einer gewissen Regelmäßigkeit noch einer sechsstündigen Tätigkeit hätte nachgehen können. Soweit die Beklagte meint, die hinreichende Gewissheit, die notwendig sei, sich die Überzeugung bilden zu können (vgl. § 128 SGG), liege nicht vor, vermag das nicht zu überzeugen. Sie überspannt die Anforderungen an die gerichtliche Überzeugungsbildung. Die eigenständige Würdigung der Beweismittel und die Überzeugungsbildung ist Sache des erkennenden Gerichts. Hierbei ist eine absolute Gewissheit so gut wie nie möglich und auch nicht erforderlich. Es reicht eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit aus, um sich die volle Überzeugung vom Vorliegen einer Tatsache zu verschaffen. Hierbei sind gewisse Zweifel des Gerichts unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Die Tatsache muss lediglich in so hohem Maß wahrscheinlich sein, dass alle Umstände des Falles nach verrnünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahren geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen ( Keller in: Meyer-Ladewig, SGG 11. Auflage § 128 Rn. 3b mit weiteren Nachweisen).
Sogar die Beklagte bzw. Dr. Sch. für ihren ärztlichen Dienst geht davon aus, dass der Eintritt und die durchgehende Leistungsminderung "gut möglich" sei (Bl. 220 SG-Akte) bzw. "wahrscheinlich" sei, aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen. Ob demgegenüber das Gericht einen Hergang für "wahrscheinlich" oder für "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" als erwiesen erachtet, ist das Ergebnis der Beweiswürdigung und der Überzeugungsbildung des Gerichts. Auch der Senat ist der Auffassung, dass das erstinstanzliche gerichtliche Gutachten schlüssig begründet ist. Insbesondere ist vollkommen unzweifelhaft, dass die schwere Diagnose "schizophrene Persönlichkeitsstörung" durchgehend seit vielen Jahren und auch am 31.10.1999 vorlag. Der zeitlich weit in der Vergangenheit liegende Leistungsfall, der zwischen den stationären Aufenthalten 1998 und 2000 aufgrund der genannten Diagnose liegt, ist hinreichend klar belegt. Auch die Entstehungsgeschichte der Erkrankung und die Notwendigkeit immer neuer stationärer Aufenthalte in tendenziell kürzeren Abständen hat der Psychiater Dr. Sch. in seinem Gutachten herausgearbeitet und herangezogen. Weiter bestehen gewichtige Aussagen - insbesondere des behandelnden Hausarztes und der Entlassberichte - die dem Gericht und dem Gutachter dafür einen Beleg zu liefern vermögen, dass die Klägerin zwischen den stationären Aufenthalten häufig ihre Krankheit negierte und eine medikamentöse Behandlung ablehnte. Als durchgehende Erscheinung der Erkrankung nennt der Gutachter die Verfolgungsvorstellungen, die die Klägerin in unterschiedlichen Situationen geäußert hat. Hierfür sprechen Berichte der stationären Behandlungen aber auch die Auskunft des behandelnden Hausarztes Dr. H., der die Klägerin seit 1991 bis 2010 durchgehend behandelte und anschaulich beschrieb, welche Auswirkungen die schizophrene Psychose der Klägerin im Alltag auch für ihn hatte. Es ist jedenfalls davon auszugehen, selbst wenn angesichts des langen Zeitraums in der Aussage des Arztes gegenüber dem Gericht nicht sorgfältig auf bestimmte Jahre eingegangen wird, dass alle relevanten Daten von Fachärzten bei Dr. H. zusammenliefen. Dies hat auch dann Gewicht, wenn "in Phasen der relativen Ruhe", die der behandelnde Arzt nicht im Einzelnen benannt hat, eine Behandlung der Klägerin nicht erfolgte. Er äußerte, dass durchgehend keine verwertbare Arbeit der Klägerin möglich gewesen sei und durchgehend eine schizophrene Psychose bestanden habe. Dieser Auskunft kommt erhebliches Gewicht zu, auch wenn er kein Facharzt für Psychiatrie ist. Weiter beschreibt der Hausarzt die schlechte Compliance bei der Medikamenteneinnahme und die Ablehnung einer Behandlung wegen der psychischen Erkrankung. Dass keine Behandlungseinsicht der Klägerin bestand, durfte auch gerade als Ausdruck der Krankheit gewertet werden. Diese Angabe zieht sich ebenfalls durch weitere ärztliche Unterlagen etwa das Gutachten zur gesetzlichen Unterbringung vom 30.08.2010. Die Klägerin musste gegen ihren Willen in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden. Es kann nach der Beschreibung des Krankheitsbildes, nach ärztlichem Erfahrungswissen und unter Würdigung aller Unterlagen als hinreichend gesichert gelten, dass die Klägerin nach dem Leistungsfall 1999 keine solch konsequente, erfolgversprechende medikamentöse psychiatrische Behandlung durchlaufen hat, die eine zwischenzeitliche Heilung oder Beseitigung der Leistungsminderung bewirkt hätte. Eine - theoretisch zwar grundsätzlich denkbare - zwischenzeitliche Herstellung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im erlernten Beruf ist angesichts der Schwere der mit Sicherheit zu stellenden psychiatrischen Diagnose und den Anforderungen an eine erfolgversprechende Behandlung, die wieder zur Herstellung des Leistungsvermögens führen könnte, nicht zu erkennen. Wie langwierig und kompliziert dies auch im Rahmen einer Unterbringung war bzw. ist, und dass damit aktuell noch lange keine Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im erlernten Beruf einhergegangen ist, stellt der Gutachter überzeugend heraus. Damit erschiene es äußerst theoretisch und unwahrscheinlich, dass die Klägerin ihr Leistungsvermögen - ohne Nachweise einer Therapie bzw. Kenntnis dieser Therapie durch ihren Hausarzt - zwischen 2000 und 2005 wiedererlangt haben könnte. Zwar wird aus den vorgelegten Unterlagen gelegentlich deutlich, dass der Klägerin die regelmäßige Einnahme von Medikamenten nahegelegt wurde. Angesichts zahlreicher Mitteilungen von Behandlungsabbrüchen, die auf der fehlenden Krankheitseinsicht beruhten, spricht aber nichts dafür, dass es in diesem Zeitraum zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gekommen sein könnte. Der sehr allgemeine Einwand, dass psychische Erkrankungen behandelbar seien, vermag die konkrete auf die spezielle Erkrankung der Klägerin bezogene Einschätzung nicht zu widerlegen. Es sprechen vorliegend keine greifbaren Tatsachen dafür, erhebliche Zweifel an einer durchgehenden Leistungsminderung aufkommen zu lassen. Die Kritik des Dr. Sch., dass "keinerlei belegte Befunde zwischen 2000 und 2005" d.h. in den Jahren 2001 bis 2004 vorlägen, ist zumindest zu relativieren durch die durchgehende Beobachtung des Hausarztes der Klägerin, der keinen Zeitpunkt benennt, in dem die Klägerin gesund war. Zeiten, in denen die Klägerin nach dem Eintritt des Leistungsfalls dennoch einer (geringfügigen) Beschäftigung, etwa bei der Hausaufgabenbetreuung oder für eine Kirchengemeine als "Springerin" in Kitas, nachging, sind vorliegend ebenfalls nicht geeignet, die medizinisch ausführlich begründete Einschätzung zu widerlegen. Nachdem die Klägerin krankheitsbedingt insbesondere in manischen Phasen nicht in der Lage war, ihre Erkrankung wahrzunehmen und ihre Leistungsfähigkeit realistisch einzuschätzen, gingen auch diese Tätigkeiten auf Kosten ihrer Restgesundheit.
Liegt somit nach alledem Erwerbsminderung vor, sind auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gegeben. Gegen die Annahme einer dauerhaften Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden im erlernten Beruf der Erzieherin werden von der Beklagten keine Einwendungen erhoben.
Nach allem teilt der Senat die Einschätzung des Sozialgerichts Karlsruhe nach eigener Prüfung. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Probleme des Falles betreffen allein die Frage, wie die vorliegenden Beweise zu würdigen sind.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus dem Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin ist ausgebildete Erzieherin (Abschluss 1974). Nach längerer Kinderpause war sie im Zeitraum von 1993 bis 1997 in einem Kindergarten versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie ausweislich des Versicherungsverlaufs zwischen dem 01.04.1999 und dem 31.01.2004 geringfügig beschäftigt. Vom 01.03.2004 bis 25.06.2004 sind 4 Monate mit Pflichtbeiträgen bei einem Entgelt von insgesamt 1948,00 EUR belegt. Weitere Zeiten geringfügiger Beschäftigung schlossen sich vom 01.06.2006 bis 15.08.2007 und vom 18.11.2008 bis 23.01.2009 an. Die Klägerin ließ vortragen, sie habe 2004 die Hausaufgabenbetreuung von Grundschulklassen übernommen, 2005 sei sie Ergotherapeutin in einem Altersheim gewesen, danach habe sie 2006 eine pflegebedürftige Person betreut, war Tagesmutter sowie wieder kurzzeitig als Erzieherin tätig (Bl. 62 SG-Akte). Nach ihren eigenen Angaben gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sch. endeten sämtliche Arbeitsverhältnisse durch Kündigung der Auftraggeber meist noch innerhalb der Probezeit, wobei die Klägerin häufig Mobbing bzw. ihr nicht wohlgesonnene Personen als ausschlaggebend für die vorzeitige Beendigung angab (vgl. Bl. 186 - 193 SG-Akte).
Am 14.09.2010 beantragte sie, vertreten durch ihren Betreuer, ihr eine Rente zu gewähren.
Mit Schreiben vom 28.09.2010 teilte die Beklagte dem Betreuer der Klägerin mit, dass ein Leistungsfall bereits vor dem Jahr 2000 eingetreten sein müsste, denn die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären dort letztmals erfüllt. Sie rege an, den Antrag zurückzunehmen, denn eine so weit zurückliegende Einschränkung der Leistungsfähigkeit sei erfahrungsgemäß nur schwer zu belegen. Der Betreuer der Klägerin hielt am Antrag fest.
Mit Bescheid vom 04.01.2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin vom 14.09.2010 ab. Ausgehend von einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 14.09.2010 seien die im Versicherungskonto zu fordernden mindestens 36 Monate an Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 24.09.2005 bis 13.09.2010 nicht enthalten. In diesem Zeitraum seien lediglich zwei Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Auch die Anforderungen des § 241 SGB VI seien nicht erfüllt. In der Zeit vom 01.01.1984 bis 31.08.2010 sei nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Der Versicherungsverlauf sei Bestandteil des Bescheids.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 04.01.2011. Nach Kenntnis des Betreuers müsse die Klägerin schon sehr lange krank sein.
Hierauf stellte die Beklagte mit Vermerk vom 17.01.2011 fest, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig am 31.10.1999 erfüllt seien.
Der Betreuer der Klägerin legte den Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums N. vor. Danach befand sich die Klägerin vom 23.07.2000 bis 17.08.2000 dort in stationärer Behandlung. Als Diagnose wird eine paranoide Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis aufgeführt. Weiter wird dargelegt: "Die Vorgeschichte dürfen wir als bekannt voraussetzen, insbesondere verweisen wir auf den Arztbrief des Zentrums für Psychiatrie C. vom 08.12.1998." Es sei am 23.07.2000 zur stationären Aufnahme der Klägerin gekommen. Die Klägerin habe vor ca. 2 Monaten eigenmächtig die neuroleptische Medikation abgesetzt. Seit 14 Tagen sei es zu einer Exarzerbation der paranoiden Symptomatik gekommen. Die Klägerin habe sich nach der stationären Aufnahme ambivalent gezeigt und einer neuroleptischen Medikation nicht zugestimmt. Sie habe immer wieder schlechte Erfahrungen mit Medikamenten gemacht. Sie sei mit Bifteridon behandelt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe zuletzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung am 25.06.2004 ausgeübt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bestünden nicht.
Gegen den am 04.03.2011 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 22.03.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Ihr Betreuer führte für sie aus, dass die Beklagte auf die von ihm vorgelegten Unterlagen, die einen weitaus früheren Leistungsfall belegten, nicht eingegangen sei.
Die Beklagte wandte ein, dass der Bericht des Zentrums für Psychiatrie vom 14.09.2000 keinesfalls eine erhebliche Beeinträchtigung weit vor dem dort erfolgten stationären Aufenthalt belege. Darüber hinaus sei auch eine überdauernde Minderung des Leistungsvermögens nach diesem Zeitpunkt bis zur Rentenantragstellung nicht feststellbar.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat sachverständige Zeugenaussagen zum Gesundheitszustand der Klägerin insbesondere in den Jahren 1998 -2000 eingeholt, sowie um Vorlage sämtlicher vorhandener Arztbriefe aus diesem Zeitraum gebeten. Dr. H., Internist und Arzt für Allgemeinmedizin, teilte am 14.05.2012 dem Sozialgericht mit, dass er die Klägerin zwischen dem 04.06.1991 und dem 13.12.2010 hausärztlich-internistisch begleitet habe. Er habe bereits ein ausführliches Schreiben an das Betreuungsgericht beim Amtsgericht Karlsruhe-Durlach verfasst und auf die schizophrene Psychose der Klägerin hingewiesen, die mehrfach im Psychiatrischen Landeskrankenhaus H. stationär behandelt werden musste wegen akuter Psychoseexarzerbation. Eine konstante Neuroleptika-Medikation sei von der Klägerin abgelehnt worden. Er habe die Klägerin über Jahre hausärztlich durch Hausbesuche begleitet, da sie die Praxis nicht besuchen wollte. Sie habe sich im Ort beobachtet und kontrolliert gefühlt und habe den Ort K. negativ besetzt. Nach der Ehetrennung habe die Klägerin dann in Pf.-B. gewohnt. Nach erneuter stationärer Behandlung im Dezember 2010 sei sie in das Kreispflegeheim H. verlegt worden. Auch während dieser Zeit sei es immer wieder zu telefonischen Kontakten gekommen, in denen die Klägerin ihn beschimpft habe. Sie habe ihm auch mitgeteilt, dass er (Dr. H.) sie umbringen wolle bzw. dass er ihre berufliche Anstellung am Ort verhindern würde. Teilweise habe er die Klägerin mehrfach wöchentlich zu Hause besuchen müssen. In "Phasen der relativen Ruhe" habe er die Klägerin nur alle 3 bis 4 Wochen besucht. Die Klägerin sei über den gesamten Behandlungszeitraum 1991 bis 2010 aufgrund der Schwere ihrer psychiatrischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen, einer verwertbaren Arbeit nachzugehen. Ständig sei es zu Erregungsausbrüchen, wüsten Beschuldigungen, Anschreien, Unruhe mit zum Teil mehrfachen nächtlichen Telefonaten gekommen bzw. Schreien auf den Anrufbeantworter. Die Klägerin habe jede psychiatrische Medikation abgelehnt. Er sei monatelang beschimpft worden, nachdem er einmal versucht habe, durch ein Neuroleptikum ihre Unruhe zu mindern. Die schizophrene Psychose habe konstant zwischen 1991 bis heute bestanden. Es sei zu keinem Zeitpunkt eine nennenswerte Verbesserung eingetreten. Auch nachdem sie in ein Krankenhaus in F. eingewiesen worden und dort mit Zytrexa und Feroquel behandelt worden sei, habe sich der Zustand nicht gebessert, weil die Klägerin die Medikation wieder abgesetzt habe.
Dr. H. legte einen Bericht des Facharztes für Psychiatrie Z. vom 24.10.2005 vor, einen weiteren Bericht vom 30.03.2007, einen Bericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 04.07.2008, den Entlassbericht der Psychiatrischen Klinik des Medizinischen Klinikums F. Diakonissenkrankenhaus vom 02.12.2009, den Kurzbrief des Klinikums N. C.-H. vom 13.09.2010 sowie einen Brief der behandelnden Nervenärztin M. vom 28.10.2010. In letzterem wird berichtet, dass sie die Klägerin nach Entlassung aus der Klinik in H. in vierzehntäglichen Abständen mit Riftadal costa 37,5 mg gespritzt habe. Das andere Medikament Orfiril nehme die Klägerin nicht ein, weil sie nicht an die gestellte Diagnose einer bipolaren Störung glaube.
Das Psychiatrische Zentrum N. legte den Bericht vom 14.09.2000 über die stationäre Behandlung von 23.07.2000 bis 17.08.2000 vor.
Das Zentrum für Psychiatrie C. legte Entlassbriefe über die Klägerin vom 11.03.2011, 17.11.2010, 10.06.2009, 08.12.1998, 16.06.1993 und 20.05.1983 vor.
Im Bericht des Zentrums für Psychiatrie C. vom 08.12.1998 wird die Diagnose paranoide Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis gestellt. Die Klägerin befand sich dort vom 23.10.1998 bis 21.11.1998 in psychiatrischer Behandlung. Eine Fremdanamnese habe ergeben, dass die Klägerin in ihrem Verhalten mit paranoiden Inhalten auffalle. Sie habe sich in der Öffentlichkeit auffällig gebärdet, teilweise schreiend, teilweise unruhig, teilweise mit offensichtlich aus ihrer Paranoia resultierenden falschen Behauptungen. Die Klägerin soll behauptet haben, blöde Leute an ihrem Wohnort wollten sie kaputtmachen. Sie hätten sogar Komponisten wie Johann Sebastian Bach kaputt gemacht, einige würden auch regelmäßig nach Amerika fliegen, um Clinton kaputt zu machen. Ihr Gedankengang sei teilweise sehr zerfahren, sie äußere inhaltlich Beeinträchtigungs- und Beziehungsideen, wirke emotional inadäquat, teilweise auch gereizt und abwesend. Einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme habe sie sehr ambivalent gegenüber gestanden. Nach einem Gespräch mit dem hinzugezogenen Richter vom Amtsgericht C. habe sie - unter Verzicht auf eine Unterbringung - zunächst das freiwillige Verbleiben in der Klinik erklärt. Von einer Wochenendbeurlaubung am 21.11.1998 sei sie nicht mehr in die stationäre Behandlung zurückgekehrt. Eine weitere psychiatrische stationäre Behandlung wäre jedoch dringend wünschenswert.
In einem weiteren Bericht der Landesklinik N., Fachklinik für Psychiatrie und Neurologie vom 16.06.1993 heißt es, dass Aufnahmeanlass ein zunehmend paranoides Bild mit Verfolgungsideen und angstvoller Agitiertheit gewesen sei. Die Klägerin sei schreiend durch das Dorf gerannt und habe ihren Mann sadistischen Verhaltens beschuldigt, gewähnt, dass Nachbarn ihr Hundehaufen vor die Haustür legten und den Schwestern ihres Ehemanns gedroht, sie werde sie abstechen, wenn sie ins Haus kämen. Die Klägerin sei bereits 1991 in stationärer Behandlung gewesen.
Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie V. der Psychiatrischen Instituts-ambulanz A. und Tagesklinik der A., berichtete über die Behandlung seit März 2011. Es bestehe bei der Klägerin eine schizo-affektive Störung, gegenwärtig manisch (F 25.0) sowie eine paranoide Schizophrenie (F 20.0). Über den Krankheitsverlauf im Oktober 1999 könne nichts berichtet werden.
Das gegenüber dem Amtsgericht Karlsruhe-Durlach im Betreuungsverfahren erstattete psychiatrische Sachverständigengutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G., Oberärztin im Zentrum für Psychiatrie C., vom 30.08.2010 wurde vorgelegt. Hierin wird ausgeführt (Seite 7): "Sollte durch die psychiatrische Behandlung und die zusätzlichen ambulanten Maßnahmen keine ausreichende längerfristige Stabilisierung erreicht werden können, kommt aus ärztlicher Sicht nur eine andauernde geschlossene Unterbringung mit einem konstanten therapeutischen Setting in Frage, um die beschriebene Eigengefährdung sowie die weitere Chronifizierung der psychischen Erkrankung zu verhindern. Die Betroffene ist krankheitsbedingt nicht in der Lage, in den Bereichen der Behandlungs- und Unterbringungsbedürftigkeit ihren freien Willen zu bestimmen, da sie ihre Situation und ihre Fähigkeiten nicht realistisch einschätzen und gemäß dieser Erkenntnis handeln kann."
Die behandelnde Nervenärztin Dr. M. führte mit Schreiben vom 10.07.2012 gegenüber dem Sozialgericht Karlsruhe aus, dass sie die Klägerin zuerst ein Mal am 03.04.2007 und achtmal im Jahr 2010 in ihrer Praxis gesehen habe. Die Klägerin habe ohne Punkt und Komma geredet. Es habe eine chronische Psychose vorgelegen. Zum damaligen Zeitpunkt habe nicht die Möglichkeit bestanden, 6 Stunden täglich einer leichten körperlichen und nervlich wenig belastenden Erwerbstätigkeit nachzugehen. Mit weiterem vorgelegtem Schreiben vom 13.04.2007 an Dr. H. berichtet Frau Dr. M., dass es ihr nicht möglich gewesen sei, mit der Klägerin eine therapeutische Basis zu bekommen. Im weiteren Schreiben an den Betreuer aus dem Jahr 2010 berichtet die Ärztin, dass die Klägerin seit September 2010 regelmäßig in der Praxis erschienen sei, um Risperdal Costa als Spritze verabreicht zu bekommen. Die Klägerin habe ihr berichtet, dass sie das weitere Medikament Orfiril nicht einnähme. Insoweit müsse der Verlauf beachtet werden.
Am 04.10.2012 äußerte die Beklagte durch Vorlage einer Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes (Dr. Sch., Sozialmedizin), die Klägerin sei auch zu Zeiten, als die paranoide Psychose bereits diagnostiziert und gesichert vorgelegen habe, berufstätig gewesen. Die Diagnose auch einer schizophrenen Psychose sei nicht gleichbedeutend mit der Unfähigkeit, unter üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu arbeiten. Entscheidend sei, dass die Erkrankung nicht floride gewesen sei und kein ausgeprägtes Residualsyndrom vorgelegen habe, was bei der Klägerin bis heute nicht der Fall sei. Solange während der Phasen beruflicher Tätigkeit zumindest immer wieder eine vorübergehende Therapietreue vorgelegen habe, solange könne nicht von einer generellen Minderung des quantitativen Leistungsvermögens ausgegangen werden. Insgesamt könne ab 2009 von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden. Die Berichte zwischen 2005 und 2009 seien sehr sporadisch, für den Zeitraum vor 2009 könne das aufgehobene Leistungsvermögen daher nicht mit der hinreichenden Sicherheit angenommen werden. 2009 hätten jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente nicht mehr vorgelegen.
Das Sozialgericht Karlsruhe holte daraufhin bei Dr. Sch., Chefarzt der Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie des PZM N., das Gutachten vom 08.07.2013 ein. Dem Gutachten lagen die Akten des SG und der Beklagten sowie eine Untersuchung der Klägerin am 27.05.2013 zu Grunde. Der Gutachter führte aus (Seite 28 des Gutachtens), dass derzeit eine relevante pathologische Affektsymptomatik im Sinne einer depressiven oder manischen Symptomatik nicht vorliege. Es sei das typische affektive Bild einer schizophrenen Residualsymptomatik mit eingeengter emotionaler Schwingungsfähigkeit und differentem Affekt festzustellen gewesen. Auch im zeitlichen Längsschnitt sei eine paranoide Schizophrenie (ICD 10: F 20.02) zu diagnostizieren. Die erste auffällige Behandlung sei 1983 stationär-psychiatrisch vom 20.04. bis 25.04. in C. nach einem Suizidversuch durchgeführt worden. Dann habe im Jahr 1991 im Klinikum K. eine stationäre Behandlung und ab April 1993 wiederum in C. eine stationäre psychiatrische Behandlung stattgefunden, wo auch ein Neuroleptikum verordnet worden sei. Dies spreche dafür, dass bereits 1991 in K. eine psychotische Symptomatik vorgelegen habe. Diese psychotische Symptomatik sei gut dokumentiert im Bericht des Klinikums C. (Bl. 108 SG-Akte). Zwischen der Behandlung 1993 und 1998 seien verwertbare klinische Angaben nur aus der Amtsgerichtsstellungnahme des Dr. H. vom 28.09.2009 herzuleiten. Hieraus sei zu entnehmen, dass sie die weitere Einnahme eines ihr ab 1993 in der Klinik C. verordneten Medikaments abgelehnt habe auch danach nur vorübergehend Medikamente eingenommen habe. Bei der nächsten stationär-psychiatrischen Behandlung vom 23.07. bis 17.08.2000 würden formal-gedankliche Störungen beschrieben, die Entlassung sei nach Einstellung auf das Antipsychotikum Risperidon erfolgt. 2005 beschrieben nervenärztliche Befundberichte einen psychopathologischen Befund mit formalen Denkstörungen. 2007 stelle der gleiche Nervenarzt die Diagnose paranoide Schizophrenie (Bl. 85 SG-Akte). 2008 werde eine Manie oder psychotische Symptome diagnostiziert. Der sechste stationär psychiatrische Aufenthalt über 5 Tage im Klinikum C. sei im April 2009 durchgeführt worden. Die Klägerin habe die stationäre Behandlung abgebrochen. Die Klägerin habe versucht, sich abzusetzen und sei mehrere Wochen in F. behandelt worden (Bl. 87 ff. der SG-Akte). Weitere stationäre psychiatrische Behandlungen in der Klinik C. fanden vom Mai bis September 2010 sowie von Mitte Oktober bis März 2011 statt. Dann habe die Klägerin in einem Heim gelebt. Von dort sei sie Anfang des Jahres entlassen worden und werde von der Sozialstation, die die Einnahme der Medikamente veranlasse, betreut.
Bereits vor dem 01.11.1999, nämlich bereits spätestens in den frühen neunziger Jahren sei klinisch das Vollbild einer schizophrenen Erkrankung mit phasenhaftem Verlauf zu diagnostizieren. Bei der Schizophrenie handle es sich um eine schwergradige, meist chronisch verlaufende Erkrankung, die bei einem Großteil der Betroffenen mit deutlichen und längerfristigen Funktionseinbußen in dem Bereich kognitiver Leistung, emotionaler Stabilität und Kommunikationsfähigkeit einhergehe und dadurch die soziale Teilhabe erheblich gefährde. Die Leistungsbeurteilung hänge wesentlich von der Verlaufscharakteristik ab. Im Fall der Klägerin finde sich als zeitüberdauerndes Thema das paranoide Erleben einer wahnhaften Kontrolle durch "Frauen im Ort bzw. Arbeitskolleginnen oder Vorgesetzte". Für die Leistungsfähigkeit von Personen mit Schizophrenie sei bedeutsam, ob die Fähigkeit zum Selbstmanagement von Krankheit und Krankheitsbeeinträchtigungen noch erhalten sei. Das eigenmächtige Absetzen von ärztlicherseits verordneten Medikamenten sei ein zentraler Auslösefaktor für eine erneute akute psychotische Dekompensation. So sei dies auch im Fall der Klägerin im Vorfeld der dritten stationären psychiatrischen Behandlung 1993 und der fünften stationären Behandlung von September bis August 2000 beschrieben. Erst nach einer mehrjährig unter gesicherter konsequenter Kontrolle erfolgter Einnahme einer hinreichend verträglichen Medikation im Rahmen des Aufenthalts in der Kreispflege H. von März 2011 bis 2013 sei eine so hinreichende Stabilität eingetreten, dass die Klägerin nun fähig sei, in einer eigenen Wohnung zu leben. Eine berufliche Belastbarkeit lasse sich aber auch zum jetzigen Zeitpunkt ausschließen. Bis zum stationären Aufenthalt im Oktober 1998 in C. müsse die Klägerin immer einmal wieder antipsychotische Medikamente eingenommen haben, so dass sie unter dieser Medikation auch ein berufliches Engagement eingehen konnte. Spätestens ab Oktober 1998 (Aufnahme in die vierte stationäre Behandlung in C.), sei aber ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr sowohl im erlernten Beruf als Erzieherin als auch für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unterschritten worden. Nach Einschätzung des Gutachters sei davon auszugehen, dass für den Zeitraum 1998 (Entlassung aus vierter stationärer Behandlung in C.) bis November 2009 (siebte stationäre Behandlung in F.) bei schlechter Therapieadhärenz, Behandlungsabbrüchen und wiederholt dokumentierter Floridität nur noch ein etwa halbschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorgelegen habe. Ihre Tätigkeit im pädagogischen Bereich sei aber eigentlich bereits seit Oktober 1998 nicht mehr ohne Gesundheitsgefährdung geeignet gewesen. Von Oktober 1998 bis Oktober 1999 sei die Klägerin noch etwa halbschichtig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes leistungsfähig gewesen. Dies gelte auch für den Zeitraum ab 01.11.1999 bis September 2010. Ab November 2009 bestehe überhaupt keine relevante Belastbarkeit mehr für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Grundsätzlich denkbar wären für einen Zeitraum ab 1998 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch unkomplexe, wenig stressbelastende, wenig die Kommunikationsfähigkeit fordernde Tätigkeiten, dieses aber auch nur noch in einem zeitlichen Umfang von bis maximal 4 Stunden. Die Einschätzungen des Dr. Sch. verkenne die Instabilität der psychischen Situation der Klägerin seit Oktober 1998. Unter Beachtung des Umstandes, dass mit zunehmender Häufigkeit von akut psychotischen Dekompensationen das Risiko neuerlicher psychotischer Akutdekompensationen steige und die Stressbelastbarkeit im gleichen Maße zurückgehe, sei nicht davon auszugehen, dass seit Oktober 1998 eine Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch für wenig stressbelastende Tätigkeiten über 6 Stunden gegeben sei. Es handle sich um eine Erkrankung mit Dauercharakter. Es sei praktisch auszuschließen, dass die feststehende Minderung der Erwerbsfähigkeit jemals wieder behoben werden könne.
Zu diesem Gutachten nahm Dr. Sch. für die Beklagte am 26.08.2013 Stellung. Dr. Sch. habe für den Zeitraum 1998 bis 2009 eine retrospektive Einschätzung auf dem Boden mehrerer Indizien unter der Annahme, dass in diesem Fall, wie in manchen vergleichbaren Fällen, eine zunehmende Anzahl an Dekompensationen zu einer zunehmenden Leistungsminderung auch im Intervall führe. Es sei zwar gut möglich, dass die retrospektive Einschätzung des Gutachters zutreffe. Die entscheidende Frage sei jedoch, mit welcher Sicherheit die Leistungseinschränkung für die damalige Zeit feststellbar sein müsse. Da weite Zeiträume aufgrund nur punktueller Angaben hätten rekonstruiert werden müssen und immer wieder mit Annahmen gearbeitet worden sei, sei jedenfalls nicht in ausreichendem Maß gesichert, dass seit 1998 keinerlei Arbeit zumindest sechsstündig bzw. vollschichtig hätte verrichtet werden können.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 23.10.2010 den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 01.03.2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund des verschlossenen Arbeitsmarktes auf Zeit ab 1. September 2010 bis 31. August 2016 infolge eines Leistungsfalls vom 31. Oktober 1999 sowie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. September 2010 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei seit einem Leistungsfall vom 31. Oktober 1999 teilweise erwerbsgemindert, da sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hingegen konnte sie noch mindestens 3 Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu diesem Zeitpunkt tätig werden. Die Klägerin leide an einer paranoiden Schizophrenie. Dies stütze sich auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten von Dr. Sch ... Spätestens bei der vierten stationären Aufnahme im Jahr 1998 habe nur noch ein halbschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorgelegen. Dem stationären Entlassungsbericht der Landesklinik Nordschwarzwald vom Oktober 1998 sei zu entnehmen, dass es im Vorfeld zu erheblichen Konflikten am Arbeitsplatz der Klägerin gekommen sei. Der Einwand der Beklagten, es lägen nicht genügend ärztliche Befundberichte aus dem maßgeblichen Zeitraum 1999 bis 2009 vor, ändere nichts an der Überzeugung der Kammer. Der Beklagten sei zwar zuzustimmen, dass die Krankheitsgeschichte bis zum Jahr 2009 sich nur anhand der Entlassungsberichte aus der stationären Behandlungen nachvollziehen lasse. Ihren Hausarzt habe sie lediglich sporadisch aufgesucht und sich nicht in fachärztliche Behandlung begeben. Dies sei jedoch gerade als krankheitstypischer Mechanismus anzusehen. Das Gutachten des Dr. Sch. sei dennoch schlüssig und nachvollziehbar. Seine Auffassung sei anhand der vorhandenen Aktenunterlagen, Befundberichte und der Untersuchung der Klägerin gut nachvollziehbar begründet. Die Leistungsfähigkeit von mehr als 3 bis unter 6 Stunden ziehe aufgrund der konkreten Arbeitsmarktsituation, wenn der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen sei, einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach sich. Hiervon dürfe ausgegangen werden. Die Rente beginne ausgehend von einem Leistungsfall im Oktober 1999 und dem Rentenantrag im September 2010 am 01.09.2010 und ende am 31.08.2016. Die Klägerin habe ebenfalls einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Den Beruf als Erzieherin, den die Klägerin erlernt habe, könne sie zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr ausüben. Auch eine Verweisungstätigkeit wäre ihr nur noch 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich möglich gewesen.
Gegen das am 31.10.2013 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.10.2013 hat die Beklagte am 5. November 2013 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, das Sozialgericht Karlsruhe sei von falschen Maßstäben ausgegangen. Hier liege bei zutreffender Würdigung ein Fall vor, in dem ein Leistungsfall trotz aller Bemühungen nicht mehr zweifelsfrei feststellbar sei und folglich eine Beweislastentscheidung zugunsten der Beklagten zu treffen sei. Es sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin über einen längeren Zeitraum eine Therapietreue vorgelegen habe und sie medikamentös entsprechend eingestellt worden sei. Aus diesem Grund dürfe man nicht durchgehend von einer quantitativen Leistungseinschränkung ausgehen. Dem Versicherungsverlauf sei zu entnehmen, dass die Klägerin geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt habe. Damit könne man davon auszugehen, dass die Klägerin hätte ganztags arbeiten können, wenn sie gewollt hätte, hierauf jedoch finanziell nicht angewiesen gewesen sei. Es sei weiter davon auszugehen, dass ihre Erkrankung durchaus wechselhaft (gewesen) sei und in unterschiedlicher Ausprägung auftrete. Die Folgen der Nichtbeweisbarkeit einer rechtserheblichen Tatsache gehe zulasten desjenigen, der aus dem beweisenden Umstand für sich Rechte herleiten möchte und dies sei die Klägerin. Ein medizinischer Hinweis auf eine wirklich relevante, das quantitative Leistungsvermögen einschränkende Erkrankung bzw. relevante massive Funktionseinschränkung sei für den vom Sozialgericht festgelegten Leistungsfall vom 31.10.1999 nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ersichtlich. Der behandelnde Hausarzt, der kein Facharzt sei, könne das durchgehende Vorliegen einer Erkrankung nicht belegen. Seine Aussage sei zu unkonkret. Soweit er über Hausbesuche nach der Trennung der Klägerin von ihrem Mann berichte (wohl ab 2006), belege dies keine psychische Erkrankung, sondern sei mit der Situation erklärlich.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.10.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für richtig.
Die frühere Berichterstatterin hat am 25.07.2014 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Hierin wies sie darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet halte.
Die Beklagte wehrte sich gegen ein solches Vorgehen. Es sei durchaus als rechtlich und tatsächlich komplex anzusehen, ob der weit in der Vergangenheit liegende Leistungsfall unter Berücksichtigung des Grundsatzes der objektiven Beweislast der Klägerin angenommen werden durfte.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Landessozialgerichts, die Gerichtsakte des Sozialgerichts und die vorliegende Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund des verschlossenen Arbeitsmarktes auf Zeit ab 1. September 2010 bis 31. August 2016 infolge eines Leistungsfalls vom 31. Oktober 1999 sowie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. September 2010 zu gewähren.
Hierbei hat das SG die Rechtsgrundlagen zutreffend aufgeführt und rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausgehend von einem Leistungsfall am 31.10.1999 vorliegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit hierauf Bezug.
Hinsichtlich des Vorliegens eines Leistungsfalls - sowohl hinsichtlich der Leistungsfähigkeit auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsmarkts als auch in ihrem Beruf - durfte das SG sich auf das sorgfältig und gründlich nach Untersuchung der Klägerin erstellte und überzeugend begründete Gutachten des Dr. Sch. stützen. Dieser hat aus den vorliegenden Berichten über stationäre Unterbringungen schlüssig hergeleitet, dass spätestens seit 31.Oktober 1999 durchgehend eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt infolge der schizophrenen Persönlichkeitsstörung der Klägerin auf unter 6 Stunden vorlag. Hierbei hat sich der erfahrene Sachverständige auch hinreichend klar ausgedrückt und zum Ausdruck gebracht, dass es sich zwar um einen rückwirkend schwierig feststellbaren Sachverhalt handelt, aber dennoch eine Einschätzung getroffen werden kann. Der Sachverständige hat auch nicht verkannt, dass die Klägerin teilweise berufliche Tätigkeiten verrichtet hat und auch beispielsweise von 1993 bis 1998 eine Phase vorlag, in der die Klägerin Medikamente einnahm, die ihr ein berufliches Engagement ermöglichten. Insoweit kann dem Gutachter nicht Einseitigkeit vorgeworfen werden, vielmehr hat er auch Aspekte, die für eine zeitweise Leistungsfähigkeit sprechen, klar benannt und einbezogen. Das Sozialgericht durfte ausgehend von diesem Gutachten, das die von den sachverständigen Zeugen und den Psychiatrischen Kliniken vorgelegten Unterlagen vollständig auswertete, auch die volle Überzeugung eines weit zurückliegenden Leistungsfalls gewinnen und musste nicht etwa - wie die Beklagte meint - von einem Fall ausgehen, in dem eine durchgehende Leistungsminderung nicht nachweisbar sei und daher zu Lasten der Klägerin gehe.
Auch der Senat ist vom Eintritt des Leistungsfalles spätestens am 31.10.1999 überzeugt. Er stützt sich bei seiner Beweiswürdigung in erster Linie auf das schlüssige und überzeugende Gutachten von Dr. Sch. vom 08.07.2013, der als Leiter eines Psychiatrischen Krankenhauses über große Erfahrung mit Patienten wie der Klägerin verfügt. Dessen Beurteilung basiert auf einer Anamneseerhebung, der Auswertung der vorhandenen ärztlichen Berichte und auf dem ärztlichen Erfahrungswissen über den Verlauf der Erkrankung an paranoider Schizophrenie. Bestätigt wird die Beurteilung von Dr. Sch. durch den Hausarzt Dr. H., der die Klägerin im hier fraglichen Zeitraum von 1999 bis 2009 betreut und behandelt hat. Gerade seinen auf unmittelbarer Beobachtung beruhenden Beschreibungen des krankhaften Verhaltens der Klägerin kommt großer Beweiswert zu. Schließlich sprechen auch die aktenkundigen mit Beiträgen belegten Zeiten im Versicherungsverlauf der Klägerin zwischen 1999 und 2009 nicht gegen die Annahme eines durchgehend auf unter sechs Stunden geminderten Leistungsvermögens. Die Anamneseerhebung durch Dr. Sch. hat in beeindruckender Weise gezeigt, dass die Klägerin zwar versucht hat, beruflich tätig zu werden, sie dabei aber regelmäßig nach kurzer Zeit krankheitsbedingt gescheitert ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt spricht nichts dafür, dass die Klägerin mit einer gewissen Regelmäßigkeit noch einer sechsstündigen Tätigkeit hätte nachgehen können. Soweit die Beklagte meint, die hinreichende Gewissheit, die notwendig sei, sich die Überzeugung bilden zu können (vgl. § 128 SGG), liege nicht vor, vermag das nicht zu überzeugen. Sie überspannt die Anforderungen an die gerichtliche Überzeugungsbildung. Die eigenständige Würdigung der Beweismittel und die Überzeugungsbildung ist Sache des erkennenden Gerichts. Hierbei ist eine absolute Gewissheit so gut wie nie möglich und auch nicht erforderlich. Es reicht eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit aus, um sich die volle Überzeugung vom Vorliegen einer Tatsache zu verschaffen. Hierbei sind gewisse Zweifel des Gerichts unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Die Tatsache muss lediglich in so hohem Maß wahrscheinlich sein, dass alle Umstände des Falles nach verrnünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahren geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen ( Keller in: Meyer-Ladewig, SGG 11. Auflage § 128 Rn. 3b mit weiteren Nachweisen).
Sogar die Beklagte bzw. Dr. Sch. für ihren ärztlichen Dienst geht davon aus, dass der Eintritt und die durchgehende Leistungsminderung "gut möglich" sei (Bl. 220 SG-Akte) bzw. "wahrscheinlich" sei, aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen. Ob demgegenüber das Gericht einen Hergang für "wahrscheinlich" oder für "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" als erwiesen erachtet, ist das Ergebnis der Beweiswürdigung und der Überzeugungsbildung des Gerichts. Auch der Senat ist der Auffassung, dass das erstinstanzliche gerichtliche Gutachten schlüssig begründet ist. Insbesondere ist vollkommen unzweifelhaft, dass die schwere Diagnose "schizophrene Persönlichkeitsstörung" durchgehend seit vielen Jahren und auch am 31.10.1999 vorlag. Der zeitlich weit in der Vergangenheit liegende Leistungsfall, der zwischen den stationären Aufenthalten 1998 und 2000 aufgrund der genannten Diagnose liegt, ist hinreichend klar belegt. Auch die Entstehungsgeschichte der Erkrankung und die Notwendigkeit immer neuer stationärer Aufenthalte in tendenziell kürzeren Abständen hat der Psychiater Dr. Sch. in seinem Gutachten herausgearbeitet und herangezogen. Weiter bestehen gewichtige Aussagen - insbesondere des behandelnden Hausarztes und der Entlassberichte - die dem Gericht und dem Gutachter dafür einen Beleg zu liefern vermögen, dass die Klägerin zwischen den stationären Aufenthalten häufig ihre Krankheit negierte und eine medikamentöse Behandlung ablehnte. Als durchgehende Erscheinung der Erkrankung nennt der Gutachter die Verfolgungsvorstellungen, die die Klägerin in unterschiedlichen Situationen geäußert hat. Hierfür sprechen Berichte der stationären Behandlungen aber auch die Auskunft des behandelnden Hausarztes Dr. H., der die Klägerin seit 1991 bis 2010 durchgehend behandelte und anschaulich beschrieb, welche Auswirkungen die schizophrene Psychose der Klägerin im Alltag auch für ihn hatte. Es ist jedenfalls davon auszugehen, selbst wenn angesichts des langen Zeitraums in der Aussage des Arztes gegenüber dem Gericht nicht sorgfältig auf bestimmte Jahre eingegangen wird, dass alle relevanten Daten von Fachärzten bei Dr. H. zusammenliefen. Dies hat auch dann Gewicht, wenn "in Phasen der relativen Ruhe", die der behandelnde Arzt nicht im Einzelnen benannt hat, eine Behandlung der Klägerin nicht erfolgte. Er äußerte, dass durchgehend keine verwertbare Arbeit der Klägerin möglich gewesen sei und durchgehend eine schizophrene Psychose bestanden habe. Dieser Auskunft kommt erhebliches Gewicht zu, auch wenn er kein Facharzt für Psychiatrie ist. Weiter beschreibt der Hausarzt die schlechte Compliance bei der Medikamenteneinnahme und die Ablehnung einer Behandlung wegen der psychischen Erkrankung. Dass keine Behandlungseinsicht der Klägerin bestand, durfte auch gerade als Ausdruck der Krankheit gewertet werden. Diese Angabe zieht sich ebenfalls durch weitere ärztliche Unterlagen etwa das Gutachten zur gesetzlichen Unterbringung vom 30.08.2010. Die Klägerin musste gegen ihren Willen in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden. Es kann nach der Beschreibung des Krankheitsbildes, nach ärztlichem Erfahrungswissen und unter Würdigung aller Unterlagen als hinreichend gesichert gelten, dass die Klägerin nach dem Leistungsfall 1999 keine solch konsequente, erfolgversprechende medikamentöse psychiatrische Behandlung durchlaufen hat, die eine zwischenzeitliche Heilung oder Beseitigung der Leistungsminderung bewirkt hätte. Eine - theoretisch zwar grundsätzlich denkbare - zwischenzeitliche Herstellung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im erlernten Beruf ist angesichts der Schwere der mit Sicherheit zu stellenden psychiatrischen Diagnose und den Anforderungen an eine erfolgversprechende Behandlung, die wieder zur Herstellung des Leistungsvermögens führen könnte, nicht zu erkennen. Wie langwierig und kompliziert dies auch im Rahmen einer Unterbringung war bzw. ist, und dass damit aktuell noch lange keine Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder im erlernten Beruf einhergegangen ist, stellt der Gutachter überzeugend heraus. Damit erschiene es äußerst theoretisch und unwahrscheinlich, dass die Klägerin ihr Leistungsvermögen - ohne Nachweise einer Therapie bzw. Kenntnis dieser Therapie durch ihren Hausarzt - zwischen 2000 und 2005 wiedererlangt haben könnte. Zwar wird aus den vorgelegten Unterlagen gelegentlich deutlich, dass der Klägerin die regelmäßige Einnahme von Medikamenten nahegelegt wurde. Angesichts zahlreicher Mitteilungen von Behandlungsabbrüchen, die auf der fehlenden Krankheitseinsicht beruhten, spricht aber nichts dafür, dass es in diesem Zeitraum zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gekommen sein könnte. Der sehr allgemeine Einwand, dass psychische Erkrankungen behandelbar seien, vermag die konkrete auf die spezielle Erkrankung der Klägerin bezogene Einschätzung nicht zu widerlegen. Es sprechen vorliegend keine greifbaren Tatsachen dafür, erhebliche Zweifel an einer durchgehenden Leistungsminderung aufkommen zu lassen. Die Kritik des Dr. Sch., dass "keinerlei belegte Befunde zwischen 2000 und 2005" d.h. in den Jahren 2001 bis 2004 vorlägen, ist zumindest zu relativieren durch die durchgehende Beobachtung des Hausarztes der Klägerin, der keinen Zeitpunkt benennt, in dem die Klägerin gesund war. Zeiten, in denen die Klägerin nach dem Eintritt des Leistungsfalls dennoch einer (geringfügigen) Beschäftigung, etwa bei der Hausaufgabenbetreuung oder für eine Kirchengemeine als "Springerin" in Kitas, nachging, sind vorliegend ebenfalls nicht geeignet, die medizinisch ausführlich begründete Einschätzung zu widerlegen. Nachdem die Klägerin krankheitsbedingt insbesondere in manischen Phasen nicht in der Lage war, ihre Erkrankung wahrzunehmen und ihre Leistungsfähigkeit realistisch einzuschätzen, gingen auch diese Tätigkeiten auf Kosten ihrer Restgesundheit.
Liegt somit nach alledem Erwerbsminderung vor, sind auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gegeben. Gegen die Annahme einer dauerhaften Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden im erlernten Beruf der Erzieherin werden von der Beklagten keine Einwendungen erhoben.
Nach allem teilt der Senat die Einschätzung des Sozialgerichts Karlsruhe nach eigener Prüfung. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Probleme des Falles betreffen allein die Frage, wie die vorliegenden Beweise zu würdigen sind.
Rechtskraft
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