Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 2001/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 328/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Liposuktion.
Die 1970 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin leidet unter schmerzhaften Lipödemen an beiden Beinen (an Oberschenkeln, Unterschenkeln und im Kniebereich). Sie beantragte unter Einreichung einer ärztlichen Verordnung der Fachärztin für Angelologie T und unter Einreichung einer ärztlichen Stellungnahme der Dr. P, Fachärztin für plastische Chirurgie, PB vom 31. Mai 2012 im Juni 2012 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Liposuktion (Fettabsaugung) beidseits. Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) ein. Dessen Gutachten vom 11. Juli 2012 gelangte zum Ergebnis, dass nicht belegt sei, dass die Methode der Liposuktion als Behandlungsmethode geeignet sei. In der ergänzenden Stellungnahme vom 8. August 2012 ist weiter ausgeführt, ein Lipödem sei eine schicksalhafte Diagnose, bei der es weder eine konservative noch eine operative Möglichkeit gäbe, das Leiden effizient zu behandeln. Das Ziel der Therapie bestehe darin, dass Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern. Hierzu gäbe es konservative Behandlungsmöglichkeiten (Lymphdrainagen, Physiotherapie und Kompressionswäsche). Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag ab (Bescheid vom 14. August 2012).
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie reichte ein Attest, der sie behandelnden Ärztin Dr. P ein, wonach beim Fortschreiten des Lipödems – wie hier – in der Regel konservative Behandlungen keine Beschwerdebesserung mehr erreichten. Hingegen sei grundsätzlich von einer Besserung der Beschwerden durch eine Liposuktion auszugehen.
Die Beklagte veranlasste eine neue Begutachtung nach Aktenlage durch den MDK. Dessen Gutachter Dr. T gelangte in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 6. September 2012 zu dem Ergebnis, dass das Absaugen von Fettgewebe (Liposuktion) grundsätzlich ambulant erfolgen könne. Es handle sich bei der Liposuktion wegen Lipödem um eine neue Methode gemäß § 135 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2012 zurück. Für eine neue Behandlungsmethode dürfe sie Kosten nicht übernehmen. Auch aus verfassungsrechtlichen Gewährleistungen ergebe sich kein Anspruch, da es sich nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung handele.
Mit der am 5. November 2013 beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die begehrte Operation sei medizinisch indiziert und nicht kosmetischer Natur. Die konservativen Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Sie stütze sich auf eine Entscheidung des SG Chemnitz vom 1. März 2012 (S 10 KR 189/10), nach der aufgrund eines Systemversagens eine Kostenübernahme möglich sei, wenn die vertragsärztlich zugelassene Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien und erfolgslos geblieben seien. Sie stütze sich ferner auf ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 5. Februar 2013 – L 1 KR 391/12), nach der die Kosten für eine Liposuktion im stationären Bereich übernommen werden müssten, wenn nach den entsprechenden Leidlinien der Fachgesellschaft der Eingriff nicht ambulant erfolgen könne, sondern stationär vorgenommen werden müsse.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2013 abgewiesen. Ein Anspruch auf eine ambulant durchgeführte Liposuktion bestehe nicht, weil es sich dabei um eine neue Behandlungsmethode handele und der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) diese nicht positiv empfohlen habe. Ein Ausnahmefall, bei welchem es keiner Empfehlung des G-BA bedürfe, sei hier nicht gegeben. Die schmerzhaften Lipödeme, an denen die Klägerin leide, beeinträchtigen zwar die Lebensqualität erheblich, seien jedoch nicht lebensbedrohlich oder stellten eine mit einer lebensbedrohlichen Krankheit vergleichbare dar. Auch von einem Systemversagen könne nicht ausgegangen werden. Eine sachwidrige Verzögerung durch den G-BA könne entgegen der Auffassung des SG Chemnitz keineswegs den Umstand entnommen werden, dass in einer Patienteninformation der behandelnden Ärzte die Liposuktion als sichere und effektive Therapiealternative beschrieben werde. Dagegen finde sich in der Entscheidung kein weiterer Anhaltspunkt, weshalb die formell und materiellen Voraussetzungen für die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens bereits in der Vergangenheit erfüllt gewesen sein sollen und der G-BA aus sachwidrigen Gründen das Verfahren verzögert haben könnte. Ein Anspruch auf Gewährung der Liposuktion im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung scheide aus, da Qualität und Wirksamkeit dieser Methode nicht ausreichend nachgewiesen sei (Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11, juris, Rdnr. 30 ff.) und überdies die Notwendigkeit stationärer Behandlungen im Sinne des § 39 SGB V zweifelhaft sei. Soweit das Hessische Landessozialgericht im Urteil vom 5. Februar 2013 (a. a. O., juris, Rdnr. 19) ausgeführt habe, im Bereich der stationären Behandlung müssten die Kriterien der evidenzpassierten Medizin nicht erfüllt sein, könne dem nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei bei stationärer Krankenhausbehandlung zwar keine positive Empfehlung des G-BA keine Voraussetzung für die Behandlung im stationären Bereich. § 137c SGB V, erfordere aber dennoch, dass die begehrte Behandlungsmethode nach Überprüfung im Einzelfall dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche (Bezugnahme auf BSG, Ur. vom 10. Februar 2010 – B 1 KR 10/09, juris, Rdnr. 23). Dieser werde regelmäßig durch entsprechende klinische Studien nachgewiesen, die vorliegend nicht vorlägen. Darüber hinaus würde die gegenteilige Auffassung des Hessischen LSG zu dem gleichheitswidrigen Ergebnis führen, dass ein- und dieselbe neue Behandlungsmethode dann angewendet werden könnte, wenn wegen eines Risikoprofils die stationäre Durchführung erforderlich sei, während bei Fehlens des Risikoprofils bei gleicher Erkrankung die Durchführung nicht möglich sei. Grundsätzlich werde die Liposuktion ambulant durchgeführt, wie dies zum Beispiel die Leitlinie Liposuktion der Gesellschaft für ästhetische Chirurgie e. V. zeige und auch der MDK in seiner Stellungnahme ausgeführt habe. Die behandelnde Ärzte hätten der Klägerin zwar eine Verordnung von Krankenhausbehandlung ausgestellt, aus dieser könne sich jedoch die Notwendigkeit nicht entnommen werden. Ebenso wenig folge aus den Stellungnahmen der Behandlerin Dr. P die Notwendigkeit der stationären Durchführung.
Gegen diesen, ihr am 11. Oktober 2013 zugestellten, Gerichtsbescheid, richtet sich die Berufung der Klägerin vom 11. November 2013. Zu deren Begründung hat sie sich der Rechtsauffassungen des Urteils des Hessischen LSG vom 5. Februar 2013 zu Eigen gemacht. Ohne Anhörung der Klägerin bzw. deren behandelnden Ärztin hätte die Notwendigkeit vollstationärer Krankenhausbehandlung nicht verneint werden dürfen. Sie hat ergänzend einen ärztlichen Entlassungsbericht der Seeklinik Zechlin vom 26. Mai 2014 eingereicht.
Der G-BA hat am 22. Mai 2014 die Einleitung eines Beratungsverfahrens: "Bewertung der Liposuktion Lipödem gemäß § 135 Abs. 1 und 137c des Fünften Buches der Sozialgesetzbuch (SGB V)" beschlossen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 7. Oktober 2013 sowie den Bescheid vom 14. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Liposuktion zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und Stellungnahmen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Die Beteiligten haben sich mit einer solchen Vorgehensweise im Erörterungstermin am 7. November 2014 einverstanden erklärt.
Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies hat das SG im angegriffenen Gerichtsbescheid mit zutreffender Begründung festgestellt, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird.
Bei der begehrten Fettabsaugung handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf die mangels positiver Empfehlung des G-BA kein Anspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Neu in diesem Sinne ist eine Behandlungsmethode, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten sei oder wenn diese Behandlungsmethode erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also in der Zeit seit dem 1. Januar 1980, als kassen- bzw. vertragsärztliche Behandlungsmethode praktiziert wird.
Das BSG hat bereits entschieden, dass ein Anspruch auf die neue Behandlungsmethode der ambulanten ärztlichen Liposuktion zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht in Betracht kommt, solange der G-BA die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen hat (§ 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V) oder ein Ausnahmefall vorliegt, in welchem die positive Empfehlung entbehrlich ist. Der allein in Betracht kommende Ausnahmefall des Systemversagens setzt nach der Rechtsprechung des BSG voraus, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen Formalien und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (BSG, Beschluss vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 78/11 B – juris, Rdnr. 5 f. in Bestätigung des Urteils vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R -.
Anhaltspunkte für ein Systemversagen sind (nach wie vor) nicht ersichtlich. Mittlerweile ist das Prüfverfahren beim G-BA eingeleitet. Dass diese Prüfung willkürlich oder sachfremd verzögert wurde, ist nicht ersichtlich (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - juris, Rdnr. 24 u. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - juris, Rdnr. 18 sowie hierauf Bezug nehmend LSG Rheinland Pfalz, Urteil vom 7. Februar 2013 - L 5 KR 9/12 - juris, Rdnr. 15).
Zwar mag die Liposuktion von Ärzten großflächig angeboten werden und auch in den einschlägigen Leitlinien empfohlen sein. Es ist aber davon auszugehen, dass die Liposuktion zur Therapie des Lipödems und des Lymphödems noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion ist und noch keine verlässliche Nutzen-/Risikoabwägung möglich ist (so zutreffend LSG Rheinland Pfalz, a. a. O.). Eine persönliche Anhörung der Klägerin oder ihrer Behandlerin würde an dieser Rechtslage nichts ändern können.
Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die vom SG vertretende Auffassung, auch bei stationärer Versorgung dürfe nicht ohne Weiteres eine neue Behandlungsmethode durchgeführt werden, der vorherrschenden Rechtsprechung entspricht (vgl. speziell für die Liposuktion unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 – B 6 A 1/08 R -: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Januar 2014 – L 16 KR 558/13 – juris, Rdnr. 42 f.). Es ist hier zudem weder ernsthaft vorgetragen noch zumindest als möglich ersichtlich, dass die Liposuktionen speziell hier stationärer Behandlung bedürften, also die besonderen Mittel und Einrichtungen eines Krankenhauses erforderlich machen würden. Hierauf hat das SG bereits zutreffend hingewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Liposuktion.
Die 1970 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin leidet unter schmerzhaften Lipödemen an beiden Beinen (an Oberschenkeln, Unterschenkeln und im Kniebereich). Sie beantragte unter Einreichung einer ärztlichen Verordnung der Fachärztin für Angelologie T und unter Einreichung einer ärztlichen Stellungnahme der Dr. P, Fachärztin für plastische Chirurgie, PB vom 31. Mai 2012 im Juni 2012 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Liposuktion (Fettabsaugung) beidseits. Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) ein. Dessen Gutachten vom 11. Juli 2012 gelangte zum Ergebnis, dass nicht belegt sei, dass die Methode der Liposuktion als Behandlungsmethode geeignet sei. In der ergänzenden Stellungnahme vom 8. August 2012 ist weiter ausgeführt, ein Lipödem sei eine schicksalhafte Diagnose, bei der es weder eine konservative noch eine operative Möglichkeit gäbe, das Leiden effizient zu behandeln. Das Ziel der Therapie bestehe darin, dass Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern. Hierzu gäbe es konservative Behandlungsmöglichkeiten (Lymphdrainagen, Physiotherapie und Kompressionswäsche). Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag ab (Bescheid vom 14. August 2012).
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie reichte ein Attest, der sie behandelnden Ärztin Dr. P ein, wonach beim Fortschreiten des Lipödems – wie hier – in der Regel konservative Behandlungen keine Beschwerdebesserung mehr erreichten. Hingegen sei grundsätzlich von einer Besserung der Beschwerden durch eine Liposuktion auszugehen.
Die Beklagte veranlasste eine neue Begutachtung nach Aktenlage durch den MDK. Dessen Gutachter Dr. T gelangte in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 6. September 2012 zu dem Ergebnis, dass das Absaugen von Fettgewebe (Liposuktion) grundsätzlich ambulant erfolgen könne. Es handle sich bei der Liposuktion wegen Lipödem um eine neue Methode gemäß § 135 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2012 zurück. Für eine neue Behandlungsmethode dürfe sie Kosten nicht übernehmen. Auch aus verfassungsrechtlichen Gewährleistungen ergebe sich kein Anspruch, da es sich nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung handele.
Mit der am 5. November 2013 beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die begehrte Operation sei medizinisch indiziert und nicht kosmetischer Natur. Die konservativen Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Sie stütze sich auf eine Entscheidung des SG Chemnitz vom 1. März 2012 (S 10 KR 189/10), nach der aufgrund eines Systemversagens eine Kostenübernahme möglich sei, wenn die vertragsärztlich zugelassene Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien und erfolgslos geblieben seien. Sie stütze sich ferner auf ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 5. Februar 2013 – L 1 KR 391/12), nach der die Kosten für eine Liposuktion im stationären Bereich übernommen werden müssten, wenn nach den entsprechenden Leidlinien der Fachgesellschaft der Eingriff nicht ambulant erfolgen könne, sondern stationär vorgenommen werden müsse.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2013 abgewiesen. Ein Anspruch auf eine ambulant durchgeführte Liposuktion bestehe nicht, weil es sich dabei um eine neue Behandlungsmethode handele und der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) diese nicht positiv empfohlen habe. Ein Ausnahmefall, bei welchem es keiner Empfehlung des G-BA bedürfe, sei hier nicht gegeben. Die schmerzhaften Lipödeme, an denen die Klägerin leide, beeinträchtigen zwar die Lebensqualität erheblich, seien jedoch nicht lebensbedrohlich oder stellten eine mit einer lebensbedrohlichen Krankheit vergleichbare dar. Auch von einem Systemversagen könne nicht ausgegangen werden. Eine sachwidrige Verzögerung durch den G-BA könne entgegen der Auffassung des SG Chemnitz keineswegs den Umstand entnommen werden, dass in einer Patienteninformation der behandelnden Ärzte die Liposuktion als sichere und effektive Therapiealternative beschrieben werde. Dagegen finde sich in der Entscheidung kein weiterer Anhaltspunkt, weshalb die formell und materiellen Voraussetzungen für die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens bereits in der Vergangenheit erfüllt gewesen sein sollen und der G-BA aus sachwidrigen Gründen das Verfahren verzögert haben könnte. Ein Anspruch auf Gewährung der Liposuktion im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung scheide aus, da Qualität und Wirksamkeit dieser Methode nicht ausreichend nachgewiesen sei (Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11, juris, Rdnr. 30 ff.) und überdies die Notwendigkeit stationärer Behandlungen im Sinne des § 39 SGB V zweifelhaft sei. Soweit das Hessische Landessozialgericht im Urteil vom 5. Februar 2013 (a. a. O., juris, Rdnr. 19) ausgeführt habe, im Bereich der stationären Behandlung müssten die Kriterien der evidenzpassierten Medizin nicht erfüllt sein, könne dem nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei bei stationärer Krankenhausbehandlung zwar keine positive Empfehlung des G-BA keine Voraussetzung für die Behandlung im stationären Bereich. § 137c SGB V, erfordere aber dennoch, dass die begehrte Behandlungsmethode nach Überprüfung im Einzelfall dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche (Bezugnahme auf BSG, Ur. vom 10. Februar 2010 – B 1 KR 10/09, juris, Rdnr. 23). Dieser werde regelmäßig durch entsprechende klinische Studien nachgewiesen, die vorliegend nicht vorlägen. Darüber hinaus würde die gegenteilige Auffassung des Hessischen LSG zu dem gleichheitswidrigen Ergebnis führen, dass ein- und dieselbe neue Behandlungsmethode dann angewendet werden könnte, wenn wegen eines Risikoprofils die stationäre Durchführung erforderlich sei, während bei Fehlens des Risikoprofils bei gleicher Erkrankung die Durchführung nicht möglich sei. Grundsätzlich werde die Liposuktion ambulant durchgeführt, wie dies zum Beispiel die Leitlinie Liposuktion der Gesellschaft für ästhetische Chirurgie e. V. zeige und auch der MDK in seiner Stellungnahme ausgeführt habe. Die behandelnde Ärzte hätten der Klägerin zwar eine Verordnung von Krankenhausbehandlung ausgestellt, aus dieser könne sich jedoch die Notwendigkeit nicht entnommen werden. Ebenso wenig folge aus den Stellungnahmen der Behandlerin Dr. P die Notwendigkeit der stationären Durchführung.
Gegen diesen, ihr am 11. Oktober 2013 zugestellten, Gerichtsbescheid, richtet sich die Berufung der Klägerin vom 11. November 2013. Zu deren Begründung hat sie sich der Rechtsauffassungen des Urteils des Hessischen LSG vom 5. Februar 2013 zu Eigen gemacht. Ohne Anhörung der Klägerin bzw. deren behandelnden Ärztin hätte die Notwendigkeit vollstationärer Krankenhausbehandlung nicht verneint werden dürfen. Sie hat ergänzend einen ärztlichen Entlassungsbericht der Seeklinik Zechlin vom 26. Mai 2014 eingereicht.
Der G-BA hat am 22. Mai 2014 die Einleitung eines Beratungsverfahrens: "Bewertung der Liposuktion Lipödem gemäß § 135 Abs. 1 und 137c des Fünften Buches der Sozialgesetzbuch (SGB V)" beschlossen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 7. Oktober 2013 sowie den Bescheid vom 14. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Liposuktion zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und Stellungnahmen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Die Beteiligten haben sich mit einer solchen Vorgehensweise im Erörterungstermin am 7. November 2014 einverstanden erklärt.
Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies hat das SG im angegriffenen Gerichtsbescheid mit zutreffender Begründung festgestellt, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird.
Bei der begehrten Fettabsaugung handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf die mangels positiver Empfehlung des G-BA kein Anspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Neu in diesem Sinne ist eine Behandlungsmethode, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten sei oder wenn diese Behandlungsmethode erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also in der Zeit seit dem 1. Januar 1980, als kassen- bzw. vertragsärztliche Behandlungsmethode praktiziert wird.
Das BSG hat bereits entschieden, dass ein Anspruch auf die neue Behandlungsmethode der ambulanten ärztlichen Liposuktion zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht in Betracht kommt, solange der G-BA die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen hat (§ 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V) oder ein Ausnahmefall vorliegt, in welchem die positive Empfehlung entbehrlich ist. Der allein in Betracht kommende Ausnahmefall des Systemversagens setzt nach der Rechtsprechung des BSG voraus, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen Formalien und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (BSG, Beschluss vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 78/11 B – juris, Rdnr. 5 f. in Bestätigung des Urteils vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R -.
Anhaltspunkte für ein Systemversagen sind (nach wie vor) nicht ersichtlich. Mittlerweile ist das Prüfverfahren beim G-BA eingeleitet. Dass diese Prüfung willkürlich oder sachfremd verzögert wurde, ist nicht ersichtlich (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - juris, Rdnr. 24 u. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - juris, Rdnr. 18 sowie hierauf Bezug nehmend LSG Rheinland Pfalz, Urteil vom 7. Februar 2013 - L 5 KR 9/12 - juris, Rdnr. 15).
Zwar mag die Liposuktion von Ärzten großflächig angeboten werden und auch in den einschlägigen Leitlinien empfohlen sein. Es ist aber davon auszugehen, dass die Liposuktion zur Therapie des Lipödems und des Lymphödems noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion ist und noch keine verlässliche Nutzen-/Risikoabwägung möglich ist (so zutreffend LSG Rheinland Pfalz, a. a. O.). Eine persönliche Anhörung der Klägerin oder ihrer Behandlerin würde an dieser Rechtslage nichts ändern können.
Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die vom SG vertretende Auffassung, auch bei stationärer Versorgung dürfe nicht ohne Weiteres eine neue Behandlungsmethode durchgeführt werden, der vorherrschenden Rechtsprechung entspricht (vgl. speziell für die Liposuktion unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 – B 6 A 1/08 R -: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Januar 2014 – L 16 KR 558/13 – juris, Rdnr. 42 f.). Es ist hier zudem weder ernsthaft vorgetragen noch zumindest als möglich ersichtlich, dass die Liposuktionen speziell hier stationärer Behandlung bedürften, also die besonderen Mittel und Einrichtungen eines Krankenhauses erforderlich machen würden. Hierauf hat das SG bereits zutreffend hingewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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