Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 24 R 4/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Leistung der medizinischen Rehabilitation kann auch für behinderte Menschen gewährt werden, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erwerbsfähig sind. Es reicht aus, dass die begehrte Maßnahme dazu beiträgt, Behinderungen auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
2. Bei nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Rehabilitationsantrages ist der angegangene Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch für eine Leistung der medizinischen Rehabilitation nach §§ 53ff. SGB XII iVm § 26 SGB IX zuständig.
2. Bei nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Rehabilitationsantrages ist der angegangene Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch für eine Leistung der medizinischen Rehabilitation nach §§ 53ff. SGB XII iVm § 26 SGB IX zuständig.
Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2009 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation, konkret um die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme.
Der 1979 geborene Kläger leidet an einem frühkindlichen Hirnschaden mit spastischer Tetraparese (Teillähmung aller Extremitäten), mittelgradiger Intelligenzminderung, Imbezillität, Sprachstörung (Aphasie), Schluckstörungen (Dysphagie) und einer neurogenen Blasenstörung, Dysplasie des rechten Schultergelenks, Knickfüßen beidseits und einer Fettstoffwechselstörung. Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen G, aG, H und RF anerkannt. Der Kläger kann sich nur im Rollstuhl fortbewegen. Die Pflegekasse erkannte Pflegestufe 3 an.
Der Kläger besuchte bis zum Jahr 2007 eine Förderschule und wurde am 01.10.1998 in die Werkstatt für Behinderte "Stiftung S." in H. aufgenommen. Dort lebt der Kläger seitdem ununterbrochen wochentags und bezieht von der Beigeladenen zu 1) Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. An den Wochenenden und an weiteren 35 Tagen im Jahr lebt der Kläger bei seinen Großeltern.
Seit 1998 arbeitete der Kläger in einer Werkstatt für behinderte Menschen und sortierte Schrauben und Perlen in Tüten. Bis Ende Mai 2009 arbeitete der Kläger täglich sieben Stunden und im Anschluss noch sechs Stunden täglich. Der Beigeladene zu 1) holte ein amtsärztliches Gutachten vom 18.09.2009 ein. Danach wirkte sich die Arbeitszeitverkürzung positiv auf den Allgemein- und Gesundheitszustand aus. Es kam nach der Verkürzung der Arbeitszeit in der Werkstatt nicht zu Ausfalltagen wegen Krankheit. Der Kläger nahm seinerzeit physiotherapeutische Behandlungen in Anspruch. Diese sollte zur Mobilisation beitragen und Kontrakturen vorbeugen. Der Kläger sollte sich nach der amtsärztlichen Empfehlung nochmals wegen der Spastik der Extremitäten bei einem Facharzt vorstellen, um die Therapie zu optimieren. Die Amtsärztin empfahl, eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu erwägen.
Der Kläger beantragte daraufhin am 25.08.2009 eine Leistung der medizinischen Rehabilitation sowie Leistungen der KfZ-Hilfe bei der Beklagten. Die Beklagte erklärte sich wegen der beantragten Leistungen für KfZ-Hilfe für nicht zuständig und leitete den Antrag an den Beigeladenen zu 1) weiter. Hinsichtlich des Antrages auf Gewährung einer medizinischen Rehabilitation zog die Beklagte medizinische Unterlagen aus einem früheren Antragsverfahren bei, holte eine prüfärztliche Stellungnahme vom 28.08.2009 ein und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31.08.2009 ab. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass die Erwerbsfähigkeit durch die begehrte Maßnahme nicht wesentlich gebessert, wiederhergestellt oder eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könne. Dagegen richtete sich der am 28.09.2009 erhobene Widerspruch des Klägers. Dieser machte geltend, er sei nicht begutachtet worden. Die Amtsärztin habe am 14.09.2009 ein Gutachten erstellt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2009 als unbegründet zurück. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die bestehende Erwerbsminderung des Klägers nicht durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation gebessert werden könne.
Dagegen richtet sich die am 05.01.2010 vor dem Sozialgericht Halle erhobene Klage. Der Kläger trägt vor, die Arbeit in der Behindertenwerkstatt ist durch die Spastik eingeschränkt. Sein Gesundheitszustand habe sich derart verschlechtert, dass er nicht mehr in der Werkstatt tätig sein könne.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 25.08.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Das Gericht hat Beweis erhoben und Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dabei handelt es sich um die Befundberichte des Facharztes für Urologie DM Sch. vom 16.04.2010, der Fachärztin für Allgemeinmedizin DM M. vom 21.04.2010 und des Facharztes für Neurologie und Chirotherapie Dr. med. W. vom 07.06.2010. Alle drei befragten Ärzte gaben auf diese Frage an, dass durch eine Leistung der medizinischen Rehabilitation keine Verbesserung des Leistungsvermögens möglich sei. Das Gericht holte einen weiteren Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie und Chirotherapie DM F. vom 22.06.2010, die angab, dass sich durch eine krankengymnastische Beübung eine Verschlechterung abwenden lasse und einen Befundbericht der Fachärztin für Neurologie Frau B. vom 05.11.2010 ein. Der Kläger legte u. a. Befunde der Fachärztin für Neurologie Frau B. vom 12.03.2010 und vom 18.02.2010 vor. Die Beklagte legte prüfärztliche Stellungnahmen vom 13.09.2010 und vom 21.03.2013 vor. Das Gericht hat weiterhin die Begutachtung des Rehabilitationsbedarfs und des Leistungsvermögens des Klägers durch die Fachärztin für Arbeits- und Umweltmedizin Dr. med. S. vom 17.10.2013 veranlasst.
Das hat Gericht mit Beschluss vom 19.02.2014 den überörtlichen Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene zu 1) erklärte, der Gewährung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation stünde der Nachranggrundsatz entgegen, da der Kläger gesetzlich krankenversichert sei. Der Kläger erhalte bedarfsdeckende Leistungen der Eingliederungshilfe. Leistungen nach § 54 SGB XII iVm § 26 SGB IX kämen nur für Menschen in Betracht, die nicht gesetzlich krankenversichert seien. Damit soll eine Besserstellung der Empfänger von Eingliederungshilfe gegenüber Berechtigten der Krankenversicherung vermieden werden.
Weiterhin hat das Gericht mit Beschluss vom 28.04.2014 die AOK Sachsen-Anhalt zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 2) trägt vor, der Kläger führe derzeit Rehabilitationssport durch. Dieser sei für den Zeitraum 11.04.2013 bis 10.04.2016 für 120 Einheiten bewilligt worden. Soweit ein weitergehender Rehabilitationsbedarf geltend gemacht werde, sei dafür nach § 14 SGB IX die Beklagte zuständig.
Das Gericht hat am 26.03.2013 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation durch die Beklagte, der durch Bescheid der Beklagten vom 31.08.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2009 abgelehnt worden war.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag vom 25.08.2009 gegen die Beklagte unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Die Beklagte ist für die begehrte Leistung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) zuständig. Die Beklagte kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für eine Leistung der medizinische Rehabilitation sein. Der Antrag des Klägers auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation vom 25.08.2009 wurde nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet.
Rechtsgrundlage für begehrte Leistung ist nicht die Regelung in § 9ff SGB VI. Danach erbringt die Beklagte Leistungen der medizinischen Rehabilitation um 1. den Auswirkungen von Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern (§ 9 SGB VI). Nach § 10 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Der Kläger erfüllt die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung der Beklagten nach § 10 SGB VI nicht. Der Kläger ist aufgrund seiner Behinderung dauerhaft erwerbsunfähig. Es besteht keine Aussicht darauf, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein kann.
Rechtsgrundlage für die begehrte Leistung ist die Regelung in § 53 i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) und § 26 SGB IX. Danach erhalten Personen, die durch eine wesentliche Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung die Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 SGB XII). Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehören auch Leistungen der medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX).
Der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger muss bei nicht rechtzeitig erfolgter Weiterleitung des Antrages sämtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht ziehen, die für die begehrte Leistung in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 21.08.2008 – B 13 R 33/07 R). Danach ist die Beklagte der für eine Leistung der medizinischen Rehabilitation nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX zuständige Leistungsträger, obwohl bei rechtzeitiger Weiterleitung des Antrages nach § 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII iVm § 3 AG SGB XII LSA der Beigeladene zu 1) zuständig gewesen wäre.
Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Normen sind erfüllt. Der Kläger gehört zum leistungsberechtigten Personenkreis, da er ein wesentlich behinderter Mensch ist. Das Ziel der Maßnahme kann auch erreicht werden. Hier besteht zwar keine Aussicht darauf, dass die Behinderung abgewendet werden kann. Die Folgen der Behinderung können jedoch gemildert werden. Dadurch kann dem Kläger die Ausübung seiner Tätigkeit in der Werkstatt erleichtert werden. Der Kläger ist durch die Spastik bei der Ausübung seiner Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen beeinträchtigt und musste aus diesem Grund bereits die Stundenzahl reduzieren. Eine (weitere) medizinische Rehabilitation kann sich positiv auf die Spastik und damit auf die Werkstattfähigkeit auswirken. Danach ist nicht auszuschließen, dass durch die begehrte medizinische Rehabilitation eine Verschlimmerung der Behinderungsfolgen verhütet werden kann. Dem stehen die Feststellungen der Dr. med. S. im Gutachten vom 17.10.2013 nicht entgegen. Zwar hatte die Sachverständige ausgeführt, dass sich die der Behinderung zugrundeliegende Erkrankung nicht durch eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation verbessern lässt. Damit ist jedoch zur Überzeugung des Gerichts nicht festgestellt, dass die Folgen der Behinderung, wie hier die Spastik nicht durch eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation positiv beeinflusst werden können. Der Kläger erhält bereits ambulante Therapien wie Physiotherapie und Bobath-Therapie. Es ist zu erwarten, dass eine stationäre Rehabilitation weitere positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand hat und eine Verschlechterung abgewendet werden kann.
Die begehrte Leistung gehört zu den gesetzlich vorgesehenen Rehabilitationsmaßnahmen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX). Einkommen und Vermögen sind nach § 92 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII nicht zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1) steht der Gewährung der Leistung an den Kläger hier nicht der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe entgegen. Für die Auffassung des Beigeladenen zu 1), dass die Leistung nach § 54 SGB XII iVm § 26 SGB IX nur für nicht gesetzlich krankenversicherte Personen gewährt werden könne, findet sich keine Grundlage im Gesetz. Zwar können für Personen, die einen Anspruch auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation gegen ihre Gesetzliche Krankenversicherung haben keine Sozialhilfeleistungen mehr gewährt werden, die denselben Bedarf abdecken. Dem stünde dann der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe entgegen. Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfeleistungen nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderlichen Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Da nicht gesetzlich krankenversicherte Personen keinen Anspruch auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation gegen eine Gesetzliche Krankenversicherung haben, stünde der Gewährung dieser Leistung durch den Sozialhilfeträger in diesem Fall dann nicht der Nachranggrundsatz entgegen. Für die Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation als Eingliederungshilfeleistung nach §§ 53ff. SGB XII – um die es hier geht - ist jedoch unerheblich, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) gesetzlich krankenversichert ist. Die Beigeladene zu 2) erbringt seit dem Jahr 2013 Leistungen der ambulanten Rehabilitation. Der Kläger erhielt jedoch weder zum Antragszeitpunkt im Jahr 2009, noch erhält er derzeit eine Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation von der Beigeladenen zu 2) oder einem anderen Leistungsträger.
Der Beklagten steht kein Entschließungsermessen hinsichtlich der Gewährung der begehrten Leistung zu, weil es sich um eine wesentliche Behinderung handelt (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Der Beklagten steht jedoch ein Auswahlermessen zu, welche Art der Leistung konkret in Betracht kommt. Der Umfang der Leistung entspricht den Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Nach § 11 Abs. 2 iVm § 40 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) wird eine ambulante Maßnahme der medizinischen Rehabilitation geleistet, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht. Eine Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation kommt in Betracht, wenn Leistungen der ambulanten Rehabilitation nicht ausreichen. Danach ist durch die Beklagte hier zu prüfen, in welchem Umfang der Kläger neben den bereits gewährten Leistungen der Beigeladenen zu 2) weitere Leistungen benötigt. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Kläger neben den bereits gewährten ambulanten Leistungen der Beigeladenen zu 2) von einer stationären Leistung der medizinischen Rehabilitation nachhaltig profitieren kann – wie dies von der Amtsärztin bereits im Jahr 2009 angeregt wurde. Die maßgeblichen Normen wurden durch die Beklagte noch nicht geprüft. Insoweit ist noch eine Ermessensentscheidung zu treffen, die der Beklagten vorbehalten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation, konkret um die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme.
Der 1979 geborene Kläger leidet an einem frühkindlichen Hirnschaden mit spastischer Tetraparese (Teillähmung aller Extremitäten), mittelgradiger Intelligenzminderung, Imbezillität, Sprachstörung (Aphasie), Schluckstörungen (Dysphagie) und einer neurogenen Blasenstörung, Dysplasie des rechten Schultergelenks, Knickfüßen beidseits und einer Fettstoffwechselstörung. Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen G, aG, H und RF anerkannt. Der Kläger kann sich nur im Rollstuhl fortbewegen. Die Pflegekasse erkannte Pflegestufe 3 an.
Der Kläger besuchte bis zum Jahr 2007 eine Förderschule und wurde am 01.10.1998 in die Werkstatt für Behinderte "Stiftung S." in H. aufgenommen. Dort lebt der Kläger seitdem ununterbrochen wochentags und bezieht von der Beigeladenen zu 1) Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. An den Wochenenden und an weiteren 35 Tagen im Jahr lebt der Kläger bei seinen Großeltern.
Seit 1998 arbeitete der Kläger in einer Werkstatt für behinderte Menschen und sortierte Schrauben und Perlen in Tüten. Bis Ende Mai 2009 arbeitete der Kläger täglich sieben Stunden und im Anschluss noch sechs Stunden täglich. Der Beigeladene zu 1) holte ein amtsärztliches Gutachten vom 18.09.2009 ein. Danach wirkte sich die Arbeitszeitverkürzung positiv auf den Allgemein- und Gesundheitszustand aus. Es kam nach der Verkürzung der Arbeitszeit in der Werkstatt nicht zu Ausfalltagen wegen Krankheit. Der Kläger nahm seinerzeit physiotherapeutische Behandlungen in Anspruch. Diese sollte zur Mobilisation beitragen und Kontrakturen vorbeugen. Der Kläger sollte sich nach der amtsärztlichen Empfehlung nochmals wegen der Spastik der Extremitäten bei einem Facharzt vorstellen, um die Therapie zu optimieren. Die Amtsärztin empfahl, eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu erwägen.
Der Kläger beantragte daraufhin am 25.08.2009 eine Leistung der medizinischen Rehabilitation sowie Leistungen der KfZ-Hilfe bei der Beklagten. Die Beklagte erklärte sich wegen der beantragten Leistungen für KfZ-Hilfe für nicht zuständig und leitete den Antrag an den Beigeladenen zu 1) weiter. Hinsichtlich des Antrages auf Gewährung einer medizinischen Rehabilitation zog die Beklagte medizinische Unterlagen aus einem früheren Antragsverfahren bei, holte eine prüfärztliche Stellungnahme vom 28.08.2009 ein und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31.08.2009 ab. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass die Erwerbsfähigkeit durch die begehrte Maßnahme nicht wesentlich gebessert, wiederhergestellt oder eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könne. Dagegen richtete sich der am 28.09.2009 erhobene Widerspruch des Klägers. Dieser machte geltend, er sei nicht begutachtet worden. Die Amtsärztin habe am 14.09.2009 ein Gutachten erstellt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2009 als unbegründet zurück. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass die bestehende Erwerbsminderung des Klägers nicht durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation gebessert werden könne.
Dagegen richtet sich die am 05.01.2010 vor dem Sozialgericht Halle erhobene Klage. Der Kläger trägt vor, die Arbeit in der Behindertenwerkstatt ist durch die Spastik eingeschränkt. Sein Gesundheitszustand habe sich derart verschlechtert, dass er nicht mehr in der Werkstatt tätig sein könne.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 25.08.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Das Gericht hat Beweis erhoben und Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dabei handelt es sich um die Befundberichte des Facharztes für Urologie DM Sch. vom 16.04.2010, der Fachärztin für Allgemeinmedizin DM M. vom 21.04.2010 und des Facharztes für Neurologie und Chirotherapie Dr. med. W. vom 07.06.2010. Alle drei befragten Ärzte gaben auf diese Frage an, dass durch eine Leistung der medizinischen Rehabilitation keine Verbesserung des Leistungsvermögens möglich sei. Das Gericht holte einen weiteren Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie und Chirotherapie DM F. vom 22.06.2010, die angab, dass sich durch eine krankengymnastische Beübung eine Verschlechterung abwenden lasse und einen Befundbericht der Fachärztin für Neurologie Frau B. vom 05.11.2010 ein. Der Kläger legte u. a. Befunde der Fachärztin für Neurologie Frau B. vom 12.03.2010 und vom 18.02.2010 vor. Die Beklagte legte prüfärztliche Stellungnahmen vom 13.09.2010 und vom 21.03.2013 vor. Das Gericht hat weiterhin die Begutachtung des Rehabilitationsbedarfs und des Leistungsvermögens des Klägers durch die Fachärztin für Arbeits- und Umweltmedizin Dr. med. S. vom 17.10.2013 veranlasst.
Das hat Gericht mit Beschluss vom 19.02.2014 den überörtlichen Sozialhilfeträger zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene zu 1) erklärte, der Gewährung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation stünde der Nachranggrundsatz entgegen, da der Kläger gesetzlich krankenversichert sei. Der Kläger erhalte bedarfsdeckende Leistungen der Eingliederungshilfe. Leistungen nach § 54 SGB XII iVm § 26 SGB IX kämen nur für Menschen in Betracht, die nicht gesetzlich krankenversichert seien. Damit soll eine Besserstellung der Empfänger von Eingliederungshilfe gegenüber Berechtigten der Krankenversicherung vermieden werden.
Weiterhin hat das Gericht mit Beschluss vom 28.04.2014 die AOK Sachsen-Anhalt zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene zu 2) trägt vor, der Kläger führe derzeit Rehabilitationssport durch. Dieser sei für den Zeitraum 11.04.2013 bis 10.04.2016 für 120 Einheiten bewilligt worden. Soweit ein weitergehender Rehabilitationsbedarf geltend gemacht werde, sei dafür nach § 14 SGB IX die Beklagte zuständig.
Das Gericht hat am 26.03.2013 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation durch die Beklagte, der durch Bescheid der Beklagten vom 31.08.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2009 abgelehnt worden war.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag vom 25.08.2009 gegen die Beklagte unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Die Beklagte ist für die begehrte Leistung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) zuständig. Die Beklagte kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger für eine Leistung der medizinische Rehabilitation sein. Der Antrag des Klägers auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation vom 25.08.2009 wurde nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet.
Rechtsgrundlage für begehrte Leistung ist nicht die Regelung in § 9ff SGB VI. Danach erbringt die Beklagte Leistungen der medizinischen Rehabilitation um 1. den Auswirkungen von Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern (§ 9 SGB VI). Nach § 10 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Der Kläger erfüllt die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung der Beklagten nach § 10 SGB VI nicht. Der Kläger ist aufgrund seiner Behinderung dauerhaft erwerbsunfähig. Es besteht keine Aussicht darauf, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein kann.
Rechtsgrundlage für die begehrte Leistung ist die Regelung in § 53 i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) und § 26 SGB IX. Danach erhalten Personen, die durch eine wesentliche Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung die Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 SGB XII). Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehören auch Leistungen der medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX).
Der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger muss bei nicht rechtzeitig erfolgter Weiterleitung des Antrages sämtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht ziehen, die für die begehrte Leistung in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 21.08.2008 – B 13 R 33/07 R). Danach ist die Beklagte der für eine Leistung der medizinischen Rehabilitation nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX zuständige Leistungsträger, obwohl bei rechtzeitiger Weiterleitung des Antrages nach § 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII iVm § 3 AG SGB XII LSA der Beigeladene zu 1) zuständig gewesen wäre.
Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Normen sind erfüllt. Der Kläger gehört zum leistungsberechtigten Personenkreis, da er ein wesentlich behinderter Mensch ist. Das Ziel der Maßnahme kann auch erreicht werden. Hier besteht zwar keine Aussicht darauf, dass die Behinderung abgewendet werden kann. Die Folgen der Behinderung können jedoch gemildert werden. Dadurch kann dem Kläger die Ausübung seiner Tätigkeit in der Werkstatt erleichtert werden. Der Kläger ist durch die Spastik bei der Ausübung seiner Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen beeinträchtigt und musste aus diesem Grund bereits die Stundenzahl reduzieren. Eine (weitere) medizinische Rehabilitation kann sich positiv auf die Spastik und damit auf die Werkstattfähigkeit auswirken. Danach ist nicht auszuschließen, dass durch die begehrte medizinische Rehabilitation eine Verschlimmerung der Behinderungsfolgen verhütet werden kann. Dem stehen die Feststellungen der Dr. med. S. im Gutachten vom 17.10.2013 nicht entgegen. Zwar hatte die Sachverständige ausgeführt, dass sich die der Behinderung zugrundeliegende Erkrankung nicht durch eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation verbessern lässt. Damit ist jedoch zur Überzeugung des Gerichts nicht festgestellt, dass die Folgen der Behinderung, wie hier die Spastik nicht durch eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation positiv beeinflusst werden können. Der Kläger erhält bereits ambulante Therapien wie Physiotherapie und Bobath-Therapie. Es ist zu erwarten, dass eine stationäre Rehabilitation weitere positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand hat und eine Verschlechterung abgewendet werden kann.
Die begehrte Leistung gehört zu den gesetzlich vorgesehenen Rehabilitationsmaßnahmen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX). Einkommen und Vermögen sind nach § 92 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII nicht zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1) steht der Gewährung der Leistung an den Kläger hier nicht der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe entgegen. Für die Auffassung des Beigeladenen zu 1), dass die Leistung nach § 54 SGB XII iVm § 26 SGB IX nur für nicht gesetzlich krankenversicherte Personen gewährt werden könne, findet sich keine Grundlage im Gesetz. Zwar können für Personen, die einen Anspruch auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation gegen ihre Gesetzliche Krankenversicherung haben keine Sozialhilfeleistungen mehr gewährt werden, die denselben Bedarf abdecken. Dem stünde dann der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe entgegen. Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfeleistungen nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderlichen Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Da nicht gesetzlich krankenversicherte Personen keinen Anspruch auf Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation gegen eine Gesetzliche Krankenversicherung haben, stünde der Gewährung dieser Leistung durch den Sozialhilfeträger in diesem Fall dann nicht der Nachranggrundsatz entgegen. Für die Gewährung einer Leistung der medizinischen Rehabilitation als Eingliederungshilfeleistung nach §§ 53ff. SGB XII – um die es hier geht - ist jedoch unerheblich, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) gesetzlich krankenversichert ist. Die Beigeladene zu 2) erbringt seit dem Jahr 2013 Leistungen der ambulanten Rehabilitation. Der Kläger erhielt jedoch weder zum Antragszeitpunkt im Jahr 2009, noch erhält er derzeit eine Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation von der Beigeladenen zu 2) oder einem anderen Leistungsträger.
Der Beklagten steht kein Entschließungsermessen hinsichtlich der Gewährung der begehrten Leistung zu, weil es sich um eine wesentliche Behinderung handelt (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Der Beklagten steht jedoch ein Auswahlermessen zu, welche Art der Leistung konkret in Betracht kommt. Der Umfang der Leistung entspricht den Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Nach § 11 Abs. 2 iVm § 40 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) wird eine ambulante Maßnahme der medizinischen Rehabilitation geleistet, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht. Eine Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation kommt in Betracht, wenn Leistungen der ambulanten Rehabilitation nicht ausreichen. Danach ist durch die Beklagte hier zu prüfen, in welchem Umfang der Kläger neben den bereits gewährten Leistungen der Beigeladenen zu 2) weitere Leistungen benötigt. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Kläger neben den bereits gewährten ambulanten Leistungen der Beigeladenen zu 2) von einer stationären Leistung der medizinischen Rehabilitation nachhaltig profitieren kann – wie dies von der Amtsärztin bereits im Jahr 2009 angeregt wurde. Die maßgeblichen Normen wurden durch die Beklagte noch nicht geprüft. Insoweit ist noch eine Ermessensentscheidung zu treffen, die der Beklagten vorbehalten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved