L 6 R 210/14 B ER

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 19 R 5721/13 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 210/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Über eine Beschwerde nach § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 S. 1 Halbs. 2 GKG entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter (vgl. Thüringer LSG, Beschlüsse vom 17.01.2011 - L 6 KR 971/10 B, 10.12.2010 - L 6 KR 972/10 B, 16.02.2007 - L 6 B 141/06 SF, 25.06.2013 - L 12 R 504/13 B).
2. Der Gesetzgeber hat die Streitfrage durch § 1 Abs. 5 GKG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts im Sinne dieser Rechtsprechung geklärt.
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 16. Januar 2014 hinsichtlich der unter Ziffer 3. erfolgten Streitwertfestsetzung aufgehoben. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwertes im Beschluss der Vorinstanz.

Der 1947 geborene Beschwerdeführer war als Kurator und wissenschaftlicher Autor tätig. Mit Urteil vom 30. April 2013 (Az.: L 6 R 1148/07) stellte der erkennende Senat fest, dass er vom 22. Februar 2005 bis zum 31. Dezember 2012 als Publizist in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war. Die Antragsgegnerin setzte das Urteil mit Bescheid vom 24. Juli 2013 um und machte Beitragsrückstände in Höhe von 5.973,97 EUR geltend. Der Beschwerdeführer legte mit Schreiben vom 31. Juli 2013 Widerspruch ein. Unter dem 26. August 2013 lehnte die Antragsgegnerin seinen Aussetzungsantrag ab. Das Hauptzollamt E. kündigte am 27. November 2013 eine Vollstreckung über einen Gesamtbetrag von 6.607,01 EUR an.

Das Sozialgericht Gotha (SG) hat mit Beschluss vom 16. Januar 2014 den Antrag des Beschwerdeführers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 31. Juli 2013 gegen den Bescheid vom 24. Juli 2013 abgelehnt (Ziffer 1) und einen Streitwert in Höhe von 3.303,50 EUR festgesetzt (Ziffer 3). Unter dem 16. Januar 2014 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Gerichtskosten in Höhe von 190,50 EUR angefordert.

Mit seiner am 14. Februar 2014 eingegangenen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Streitwertfestsetzung und trägt vor, der erkennende Senat habe in seinem Urteil vom 30. April 2013 seine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt. Damit gehöre er zum Personenkreis des § 183 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Einer Streitwertfestsetzung bedürfe es daher nicht und das Verfahren sei für ihn gerichtskostenfrei.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 16. Januar 2014 hinsichtlich der unter Ziffer 3. erfolgten Streitwertfestsetzung aufzuheben.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt. Sie stimmt dem Vortrag des Beschwerdeführers zu.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 11. August 2014). Der Berichterstatter hat die Sache mit Beschluss vom 12. August 2014 wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.

II.

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Beschlüsse vom 17. Januar 2011 - L 6 KR 971/10 B, 10. Dezember 2010 - L 6 KR 972/10 B, 16. Februar 2007 - L 6 B 141/06 SF, jeweils nach juris) entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter über die Beschwerde nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der 12. Senat des Thüringer Landessozialgerichts hat sich ihr angeschlossen (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2013 - L 12 R 504/13 B, nach juris). Demgegenüber vertritt die Mehrheit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. August 2013 - L 27 P 86/12 B; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. April 2009 - L 5 B 451/08 KA; Hessisches LSG, Beschluss vom 28. März 2013 - L 3 U 149/10 B; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. März 2013 - L 4 KR 104/12 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. April 2014 - L 11 KA 85/13 B, jeweils nach juris) sowie Teile der Literatur (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 155 Rn. 9d) die Auffassung, dass mit drei Berufsrichtern zu entscheiden ist, weil § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG auf Gerichte wie das LSG, die eine generelle Entscheidung durch den Einzelrichter nach der jeweiligen Prozessordnung nicht kennen, keine Anwendung findet.

Die Streitfrage hat der Gesetzgeber nunmehr im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats geklärt. Durch das zum 1. August 2013 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (BGBl. I S. 2586) wurde § 1 GKG um einen Absatz 5 ergänzt, nach dem die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vorgehen. Ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 17/11471 - neu -, Seite 243) soll damit auch geklärt werden, dass der Einzelrichter in den kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auch dann zuständig ist, wenn eine Einzelrichterentscheidung institutionell nicht vorgesehen ist (vgl. dazu auch Straßfeld, Auswirkungen des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes auf das sozialgerichtliche Verfahren, SGb 2013, 562).

Die Beschwerde ist zulässig. Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist, findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG.). Er berechnet sich aus dem Unterschied der Gebühren (Gerichts- und Anwaltsgebühren) für den Beschwerdeführer unter Zugrundelegung des angefochtenen und des erstrebten Streitwerts (vgl. Meyer, GKG/FamGKG, 14. Auflage 2014, § 68 Rn. 11). Da er sich gegen die Streitwertfestsetzung an sich wendet, kommt es auf den Unterschied zwischen den Gebühren nach dem festgesetzten Streitwert und den Gebühren nach Betragsrahmen an (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Mai 2012 - L 19 AS 521/12 B, nach juris Rn. 13). Insgesamt wird hier der Beschwerdewert durch Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren erreicht. Hinsichtlich der Gerichtsgebühren ergibt sich eine Beschwer in Höhe von 190,50 EUR. Sie fallen nur im Rahmen des § 197a SGG an nicht aber bei der Kostenprivilegierung nach §183 SGG. Die Anwaltsgebühren errechnen sich bei einem Streitwert von 3.303,50 EUR auf eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG in Höhe von 327,60 EUR (1,3 Gebühr von 252 EUR nach der Anlage 2 zum RVG) gegenüber einer Abrechnung nach Betragsrahmen nach Nr. 3102 VV-RVG in Höhe der Mittelgebühr von 300 EUR. Die Beschwerde wurde auch innerhalb der Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt.

Die Beschwerde ist begründet. Das SG hat zu Unrecht einen Streitwert festgesetzt, weil der Beschwerdeführer zum Kreis der Versicherten nach § 183 SGG zählt. Wie der Senat rechtskräftig mit Urteil vom 30. April 2013 - L 6 R 1148/07 festgestellt hat, war er als Publizist in der gesetzlichen Rentenversicherung seit dem 22. Februar 2005 bis 31. Dezember 2012 versichert. Gegen die sich nunmehr erhobenen Beiträge wehrt er sich in seiner Eigenschaft als Versicherter und ist damit kostenprivilegiert. Diese Auffassung wird im Übrigen von der Antragsgegnerin geteilt.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (vgl. § 68 Abs. 3 GKG).

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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