L 9 KR 17/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 89 KR 326/98-73
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 17/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 1998 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte Kosten zu erstatten hat, die durch die Behandlung der Klägerin durch eine nichtärztliche Psychotherapeutin in der Zeit seit dem 23. Mai 1997 entstanden sind.

Am 6. Mai 1997 beantragte die Diplom-Psychologin ... für die bei der Beklagten versicherte Klägerin die psychotherapeutische Behandlung, die bereits am 14. Februar 1997 in der Form der Krisenintervention stattgefunden hatte, unter Hinweis auf ein beigefügtes privatärztliches Attest des Dr. med. F ... Mit Bescheid vom 22. Mai 1997/Widerspruchsbescheid vom 23. April 1998 lehnte die Beklagte den Antrag u.a. mit der Begründung ab, die Durchführung einer Verhaltenstherapie durch einen Diplom-Psychologen setze voraus, dass dieser im Wege der Delegation von einem zur kassenärztlichen Behandlung zugelassenen Arzt mit entsprechender Befähigung zur Psychotherapie beauftragt worden sei. Die Diplom-Psychologin ... sei zur Ausübung von Psychotherapie nicht berechtigt. Des Weiteren fügte die Beklagte ihrem Bescheid vom 22. Mai 1997 eine Liste von Vertragsbehandlern bei, zu denen sich die Klägerin in Behandlung begeben könne.

Mit der Klage hat die Klägerin ihren Antrag weiterverfolgt. Sie hat Rechnungen der Diplom-Psychologin ... vom 31. Dezember 1997 über die Behandlung vom 14. Februar bis 28. Oktober 1997 in Höhe von 2.341,75 DM und vom 17. Juli 1998 über Behandlungen vom 8. Januar bis 25. Mai 1998 in Höhe von 702,96 DM eingereicht.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. November 1998 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf eine Kostenerstattung setze nach § 13 Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V- voraus, dass dem Versicherten eine Sachleistung zustehe, die die Krankenkasse entweder bei einer unaufschiebbaren Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt habe. Der Klägerin stehe ein Kostenerstattungsanspruch deshalb nicht zu, weil die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, sie mit einer psychotherapeutischen Behandlung bei der Diplom-Psychologin ... als Sachleistung zu versorgen. Die ärztliche Behandlung werde von Ärzten erbracht (§ 15 Abs. 1 SGB V), d. h. von Personen mit staatlicher Approbation entsprechend dem ärztlichen Berufsrecht. § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V regele im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen Ärzte eine ärztliche Behandlung nicht in vollem Umfange selbst erbringen müssten und eine Delegation auf nichtärztliche Personen zulässig sei. Frau ... sei weder Vertragsärztin noch könne sie zulässigerweise gemäß Anlage 5a zum Ersatzkassenvertrag im Delegationsverfahren zu Kassenlasten tätig werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen (Blatt 20 - 25 der Gerichtsakten).

Gegen das ihr am 5. Februar 1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. März 1999 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie habe sich im Februar 1997 in einer akuten psychischen Krisensituation befunden. Sie sei im April 1997 stark suizidgefährdet gewesen, so dass eine Krisenintervention überaus dringend geboten gewesen sei. Auf den Antrag der Klägerin habe ihr die Beklagte am 22. Mai 1997 eine Liste mit 160 Behandlern überlassen. Sie sei in der damaligen Situation psychisch völlig überfordert gewesen, sich aus der Liste einen geeigneten Vertragsbehandler auszusuchen. Im übrigen habe sie der Dipl.-Psych ... ihre Ansprüche auf Erstattung der Honorarsätze am 8. Januar 1998 abgetreten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für eine außervertragliche Verhaltenstherapie seit dem 23. Mai 1997 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die frühere Bevollmächtigte der Klägerin, die Dipl.-Psych ... - wie auch in anderen Verfahren - durch Beschluss vom 15. April 1999 wegen unerlaubter Rechtsberatung von dem Verfahren ausgeschlossen. Der Generalstaatsanwalt bei dem Landgericht Berlin hat dem Landessozialgericht mitgeteilt, gegen Frau ... sei ein Bußgeldbescheid wegen Verstosses gegen Artikel 1 §§ 1, 8 Rechtsberatungsgesetz erlassen worden. Dabei sei eine Geldbuße in Höhe von 1.000,-- DM festgesetzt worden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen. Die Terminsladung ist ihr ordnungsgemäß zugestellt worden. Sie enthält den Hinweis, dass auch bei Ausbleiben eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann.

Die Akten des Sozialgerichts und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten und die Beiakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleiben der Klägerin im Termin verhandeln und entscheiden, weil die Klägerin hierauf hingewiesen worden ist und ihr der Ausschluss ihrer früheren Bevollmächtigten von dem Verfahren bekannt war.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Ungeachtet des Umstandes, dass sie ihre Zahlungsansprüche an ihre frühere Therapeutin und Bevollmächtigte abgetreten hat, entscheidet der Senat über ihren Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte, der nach § 53 Sozialgesetzbuch/Erstes Buch - SGB I - nicht übertragbar ist.

Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht mit Erfolg auf § 13 Abs. 3 Sozialgesetz-buch/Fünftes Buch -SGB V- stützen. Danach sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung, soweit sie notwendig waren, dann zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten Kosten entstanden sind. In § 13 Abs. 1 SGB V ist ausgesprochen, dass der Anspruch auf Kostenerstattung an die Stelle des Anspruchs auf die Sachleistung tritt. Ein entsprechender Sachleistungsanspruch der Klägerin kann grundsätzlich nur dadurch begründet werden, dass ein Psychotherapeut, der zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen ist, die Leistung erbracht hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Bis zum 31. Dezember 1998 durften psychotherapeutische Leistungen nur zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzte für Psychiatrie, Ärzte mit einer Qualifikation für Psychotherapie oder Diplom-Psychologen erbringen, denen von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung die Erlaubnis erteilt worden war, psychotherapeutische Leistungen zu erbringen. Die Diplom-Psychologin ... war nicht im Besitze einer solchen Erlaubnis.

Die Kosten für nichtzugelassene Leistungserbringer sind nur zu erstatten, wenn deren Inanspruchnahme durch das Unvermögen oder die Ablehnung der Krankenkasse wesentlich mitverursacht wird (BSG Urteil vom 24.09.1996 - 1 RK 33/95 - in SozR 3-2500 § 13 Nr. 11). Selbst in solchen Fällen ist aber zu verlangen, dass der nicht zugelassene Leistungserbringer allgemein die Qualifikation zur Ausübung der Heilkunde besitzt (so auch BSG in SozR 2200 § 182 Nr. 80). Diese Voraussetzung ist z. B. bei einem approbierten Arzt erfüllt, der nicht als Kassenarzt/Vertragsarzt zugelassen ist. Bis zum 31. Dezember 1998 bedurfte ein Diplom-Psychologe, der verhaltenstherapeutische Leistungen erbringen wollte, der Eintragung in eine bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geführten Liste. Dies setzte voraus, dass er seine fachliche Qualifikation gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachgewiesen hatte (§ 4 [4] i. V. m. § 3 des Arzt/Ersatzkassen-Vertrages - Anlage 1 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung). War der Nachweis erbracht, durfte der Psychotherapeut im Delegationsverfahren tätig werden. Das bedeutete, dass ein zur Ausübung der Psychotherapie berechtigter Arzt den Diplom-Psychologen hinzuziehen durfte, an den er die weitere Behandlung delegierte.

Neben diesem Zulassungsverfahren hatte sich vor dem 1. Januar 1999 eine nicht vom geltenden Recht gedeckte Praxis einiger Ersatzkassen herausgebildet, bei der die Krankenkasse selbst die Qualifikation des Diplom-Psychologen prüfte und im Einzelfall die Behandlung ihrer Versicherten genehmigte. Als sogenannte Erstattungstherapeutin ist die Dipl.-Psych ... hier nicht tätig geworden, da die Beklagte die Behandlung gerade nicht genehmigt hat. Ohne vorher nachgewiesene Qualifikation kann ein Diplom-Psychologe zu Lasten einer Krankenkasse keine Vergütung beanspruchen, die den üblichen Vergütungssätzen eines Psychotherapeuten entspricht. Das gilt selbst dann, wenn sich die Psychotherapie als eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V darstellen sollte, weil die Berechtigung, eine Vergütung nach einer berufsrechtlichen Vergütungsordnung zu verlangen nur denjenigen Personen zusteht, die einen Beruf rechtmäßig ausüben.

Darüberhinaus vermochte der Senat auch nicht festzustellen, dass die Behandlung durch die Dipl.-Psych ... unaufschiebbar war. Bei einer erheblichen gesundheitlichen Gefährdung hätte die Klägerin auf jeden Fall einen ärztlichen Psychotherapeuten aufsuchen können, der eine Krankenhausbehandlung hätte verordnen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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