L 6 U 60/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 15 U 177/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 60/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. April 2012 und der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2008 werden aufgehoben. Mit Wirkung vom 4. Oktober 2006 an wird festgestellt, dass das bei L4/5 und L5/S1 bestehende pseudoradikuläre Lumbalsyndrom des Klägers eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge sowie das Vorverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 2108).

Der 1951 geborene Kläger war nach seiner Berufsausbildung zum Elektriker (September bis Juli 1970) von Anfang August 1970 bis Ende 1986 (unterbrochen durch die Grundwehrdienstzeit von Anfang November 1970 bis Ende April 1972) als solcher bzw. Elektromonteur, anschließend bis Februar 1990 als Elektromeister und danach bis Ende November 1991 als Objektleiter und Hausmeister tätig. Seither arbeitet er als Bestattungsunternehmer.

Im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall vom 3. Oktober 2006 entnahm der Unfallchirurg Dr. H. den gefertigten Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule (LWS) deutliche Degenerationszeichen im mittleren Bereich (D-Arztbericht vom 4. Oktober 2006). Nach der Auswertung des Radiologen Dipl.-Med. H. zeigte ein am 12. Oktober 2006 erstelltes Magnetresonanztomogramm (MRT) der LWS u.a. eine fortgeschrittene Diskopathie bei L4/5 (geringer ausgeprägt bei L5/S1) sowie eine linkskonvexe Skoliose von L3/4 bis L5/S1. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: die Beklagte) nahm daraufhin Ermittlungen zur Feststellung einer BK 2108 auf. Aus einer Bescheinigung des Allgemeinmediziners H. ging eine seit dem 4. Oktober 2006 bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers hervor; Aufsicht führende Tätigkeiten könne er eine Stunde täglich verrichten. Die Orthopädin Dipl.-Med. H. führte unter dem 12. März 2007 u.a. aus, der Kläger leide an einem chronischen lumbalen Schmerzsyndrom bei Bandscheibenprolaps und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen bei L4/5. Als Bestatter sei er nicht mehr einsetzbar; Büroarbeiten seien noch möglich.

Unter dem 5. Juli 2007 gab der Kläger an, seit dem 4. Oktober 2006 (aufgrund des Unfalls) nur noch eine Stunde täglich Telefondienst in seinem Betrieb auszuführen. Am 8. August 2007 teilte er mit, erstmals am 3. Oktober 2006 Rückenbeschwerden beim Heben eines 175 kg schweren Sarges mit anschließendem Treppensturz verspürt zu haben. Als Ursache der Beschwerden sei neben dem Sturz ein tägliches Heben schwerer Lasten während der letzten 15 Jahre anzusehen. Weiterhin machte der Kläger nähere Angaben zu den während seiner Tätigkeit als Bestatter bewegten Lasten (jeweils zwei- bis viermal täglich beidhändiges Heben, Umsetzen sowie Tragen vor dem Körper von ca. 100 kg). Unter dem 23. August 2007 schilderte er berufliche Einwirkungen während seiner Tätigkeit als Elektromonteur bzw. Elektromeister.

In seinem Befundbericht vom 12. November 2007 stellte der Orthopäde Dr. G. die Diagnosen chronisch rezidivierendes lumbales Pseudoradikulärsyndrom bei diskogener Skoliose mit Spondylose und hypertropher Facettengelenkarthrose sowie hochgradige multisegmentale Diskopathie der LWS. Deren Beweglichkeit liege für die Vorneigung bei einem Finger-Boden-Abstand von 20 cm (Rückneigung 10°, Seitneigung rechts/links 25/0/25°, Rotation rechts/links 30/0/30°). Das Tragen schwerer Lasten sowie jegliche Zwangshaltungen führten zu einer Zunahme der Beschwerdesymptomatik.

In seiner beratenden Stellungnahme vom 15. November 2007 schätzte der Chirurg Dr. B. ein, die vorliegenden radiologischen Befunde zeigten eine schicksalhafte Bandscheibenerkrankung an typischer Stelle an den Segmenten L3/4 bis L5/S1. Beim Fehlen belastungsadaptiver degenerativer Veränderungen im übrigen LWS-Bereich, der Wirbelsäulenfehlhaltung und des Übergewichts des Klägers sei anstatt von einer berufsbedingten Verursachung von einer körpereigenen Ursache auszugehen.

Mit Bescheid vom 24. Januar 2008 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK 2108 ab; ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe daher nicht. Die Wirbelsäulenveränderungen des Klägers seien anlagebedingt entstanden, da das für einen beruflich verursachten Überlastungsschaden zu fordernde Verteilungsmuster eines altersvorauseilenden Verschleißzustandes nicht nachweisbar sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 30. Januar 2008 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass er seit 17 Jahren als Bestatter tätig sei und zu diesem Berufsbild das Tragen schwerer Lasten unter ungünstigen Bedingungen wie etwa auf steilen und verwinkelten Treppen gehöre. So habe er mehrfach am Tag Verstorbene aus deren Wohnung in sein Fahrzeug, von dort in die Kühlzelle, aus der Kühlzelle in die Trauerhalle und von dort zum Grab getragen. Das Herablassen des Sarges erfolge am Seil bis zu einer Tiefe von ca. 2,5 m. Das Tragen von Lasten über 80 kg Gewicht sei die Regel. Auch in der Zeit von September 1968 bis Februar 1990 habe er schwere körperliche Arbeiten ausführen müssen. Allein ein Vorliegen anlagebedingter Mitursachen schließe einen beruflichen Ursachenzusammenhang nicht aus. Sämtliche wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten habe er nach dem 3. Oktober 2006 aufgegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und vertiefte zur Begründung ihre Ausführungen im Ausgangsbescheid. Da danach die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK 2108 nicht vorlägen, komme es auf arbeitstechnische Ermittlungen nicht an.

Am 4. November 2008 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben und sein Anliegen weiter verfolgt.

In seiner Expositionsanalyse vom 18. Februar 2009 hat der Präventionsdienst der Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 3. Oktober 2006 (14,8 Jahre) nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) eine Gesamtbelastungsdosis von 11,56 x 106 Nh errechnet. Dabei ist er von einem dreimal täglich für jeweils 2,5 Sekunden erfolgten beidhändigen Heben von 100 kg zu zweit (Druckkraft 5,6 kN) sowie einem jeweils dreimal täglich erfolgten beidhändigen Umsetzen (2,5 Sekunden) bzw. Tragen von 100 kg zu zweit über insgesamt 105 m (Druckkraft 5,3 kN) ausgegangen. Der Präventionsdienst der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) ist unter dem 1. Juli 2009 bezogen auf die Zeit vom 1. Januar 1970 bis zum 31. Dezember 1986 (17 Jahre) zu einer Gesamtbelastungsdosis von 7,6 x 106 Nh gelangt.

Das SG hat von dem Orthopäden Dr. B. das Gutachten vom 4. Dezember 2009 nach ambulanter Untersuchung am 4. November 2009 eingeholt. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, unter ständigen LWS-Schmerzen zu leiden. Er benutze Schmerzpflaster und nehme als Schmerzmittel Zäpfchen sowie Tabletten ein. Zeitweilig trete ein Taubheitsgefühl im linken Oberschenkelbereich auf. Er nutze einen Unterarmgehstock, weil er sich damit beim Laufen sicherer fühle. Seinen Betrieb habe er im Jahre 2009 seinem Sohn übergeben. Er selbst führe nur noch Büroarbeiten aus. Dr. B. hat ein pseudoradikuläres lumbales Schmerzsyndrom im Sinne einer bandscheibenbedingten Erkrankung diagnostiziert. Im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) fänden sich weder ein interspinaler Druckschmerz noch Schmerzen in Flexions-, Extensions-, Rotations- oder Seitneigerichtung. Bei freier Beweglichkeit der HWS sei lediglich ein minimaler Kompressions- bzw. Federungsschmerz zu erheben. Im Bereich der mittleren und oberen Brustwirbelsäule (BWS) sowie der LWS finde sich ein Druck- bzw. Federungsschmerz. Von L4 bis S1 bestehe ein interspinaler Druckschmerz. Der Finger-Fußbodenabstand betrage 35 cm, die Rotation im Sitzen liege bei 40/0/40° und die Seitneige rechts/links bei 20/0/20°. Röntgenologisch zeigten die Aufnahmen der HWS und BWS vom 4. November 2009 altersentsprechende Zwischenwirbelräume. Die Wirbelsäule weise eine rechtslinkskonvexe Verbiegung von Th12 bis L3 (8°) und L3 bis L5 (10°) auf. Bei L4/5 und L5/S1 bestünden altersvorauseilende Chrondrosen Grad II mit dort befindlichen altersvorauseilenden Spondylophyten Grad III. Dem MRT vom 12. Oktober 2006 sei kein sogenanntes black-disc-Phänomen zu entnehmen. Insgesamt bestehe danach beim Kläger eine altersuntypische Höhenminderung der Bandscheiben L4/5 und L5/S1 einschließlich der zu fordernden klinischen Symptomatik mit Bewegungsschmerzen, provozierbarem Segmentbefund und Entfaltungsstörung der LWS. Die HWS weise keine altersvorauseilenden degenerativen Veränderungen auf. Im BWS-Bereich gebe der Kläger trotz eines bei der klinischen Untersuchung zu findenden Druckschmerzes keine Beschwerden an. Röntgenologisch fände sich eine altersvorauseilende Spondylosis deformans der mittleren BWS. Das Übergewicht des Klägers sei ebenso wenig eine konkurrierende Ursache wie die Skoliose, die vermutlich erst durch die Bandscheibenabnutzung entstanden sei. Andere konkurrierende Ursachen seien nicht ersichtlich. Im Ergebnis sei das Krankheitsbild des Klägers unter die Konstellation B2 der Konsensempfehlungen zu fassen. Ob die insoweit als Zusatzkriterien geforderten arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien, könne aus orthopädischer Sicht nicht beurteilt werden. Bejahendenfalls sei die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers mit Wahrscheinlichkeit als berufsbedingt anzusehen. Seit dem 6. Oktober 2006 sei er nicht mehr in der Lage, schwere Lasten zu heben und zu tragen und seine berufliche Tätigkeit als Elektriker bzw. Bestatter auszuführen.

Die Präventionsdienste der Beklagten sowie der BG ETEM haben hierzu in ihren Stellungnahmen vom 7. bzw. 27. Januar 2010 dargelegt, dass keine besonders intensive Belastung vorgelegen habe, weil der Lebensbelastungswert von 25 x 106 Nh vom Kläger nicht in weniger als zehn Jahren erreicht worden sei. Er habe nach einem Gesamtbelastungszeitraum von 31,8 Jahren eine Dosis von 19,16 x 106 Nh erzielt. Auch ein besonderes Gefährdungspotential habe nicht bestanden, da die Hälfte des MDD-Tagesdosisrichtwerts von 5.500 Nh weder in der Zeit vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1986 noch in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Oktober 2006 durch hohe Belastungsspitzen (Bandscheibendruckkraft ab 6 kN) gegeben sei. Die Zusatzkriterien zwei und drei der Konstellation B2 seien damit nicht erfüllt.

Der Kläger hat weiter vorgetragen, selbst wenn das tägliche Heben von Gewichten mit ca. 100 kg keine hohen Belastungsspitzen beinhalte, indiziere bereits das Erreichen einer Dosis von 12,5 x 106 Nh nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine berufsbedingte Krankheitsverursachung (Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R – SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5; Urteil vom 18. November 2008 – B 2 U 14/08 R – juris). Er habe einen Wert von 6 kN täglich unzählige Male erreicht sowie überschritten. Im Durchschnitt seien monatlich 25 Bestattungen erfolgt. Dabei seien etwa vier Bestattungen mit Gewichten von 140 bis 200 kg (Verstorbener und Sarg) angefallen. Danach errechneten sich bei einem Durchschnittswert von 160 kg Belastungsspitzen von 12,96 kN (160 x 2,7 = 4,32 kN x 6 Schichten = 25,92: 2 Personen). Pro Sterbefall seien folgende Verrichtungen mit einer Zeitdauer von jeweils 3 Minuten in Ansatz zu bringen: Transport zum Sarg mit Bergungstrage am Sterbeort; Einsargen und auf Sargroller abstellen; Sarg vom Sargroller ins Fahrzeug heben und Transport zur Kühlung; Sarg aus dem Fahrzeug heben, auf Sargroller stellen und zur Aufbewahrung bringen; Aussargen zum Waschen usw., Umbetten in neuen Sarg und in Kapelle stellen; von Kapelle zum Grab bzw. zum Krematorium befördern sowie an Grabstelle absenken bzw. im Krematorium ausladen. Während dieser Verrichtungen seien auch Gewichte bis zu 270 kg angefallen (200 kg Verstorbener und 70 kg Eichensarg). Hinzu komme ein häufiges Tragen von Särgen über Kopf, um in die verschiedenen Stockwerke der Häuser zu gelangen. Danach sei der Orientierungswert von 12,5 x 106 Nh in weniger als zehn Jahren erreicht worden. Im Merkblatt zur BK 2108 werde zwar ausgeführt, dass insoweit 60 Schichten im Jahr als Anhaltspunkt anzusetzen seien. Dies sei bei Männern jedoch auf Gewichte von 20 kg (Heben), 25 kg (Tragen vor dem Körper) bzw. 30 kg (beidhändiges Umsetzen) bezogen. In den ersten vier Jahren seiner Tätigkeit als Bestatter habe ihn seine Frau unterstützt; er habe daher immer die schwersten Lasten zu tragen gehabt. Er sei bei nahezu allen Transporten selbst zugegen gewesen.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Juli 2010 ist der Präventionsdienst der Beklagten dabei geblieben, dass vom 1. Januar 1992 bis 31. Oktober 2006 keine besonders intensiven Belastungen angefallen seien, weil der Orientierungswert der Lebensbelastungsdosis von 25 x 106 Nh nicht in weniger als zehn Jahren erreicht worden sei. Da ebenso keine hohen Belastungsspitzen mit Bandscheibendruckkräften ab 6 kN ersichtlich seien, läge auch kein besonderes Gefährdungspotential vor.

In seinen Expositionsanalysen vom 17. November 2010 und 29. März 2011 hat der Präventionsdienst der Beklagten schließlich dargelegt, auf Grundlage der Angaben des Klägers ergäben sich 300 Verstorbene pro Jahr (davon 48 Übergewichtige an jeweils zwölf Tagen mit Lasten von 140, 150, 160 und 200 kg). Gewichte von 270 kg seien nicht zu berücksichtigen, weil derartige Lasten schwerlich von zwei Personen zu bewältigen seien. Insgesamt ergäbe sich in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Oktober 2006 damit ein Wert von 9,95 x 106 Nh (statt 11,56 x 106 Nh), da sich trotz vermehrter Hebe- und Umsetzvorgänge die Tragewege aufgrund der Nutzung des Sargrollers reduziert hätten. Nach 31,8 Jahren resultiere folglich eine Lebensbelastungsdosis von 17,55 x 106 Nh (statt 19,16 x 106 Nh). Besonders intensive Belastungen seien nur an 24 Schichten im Jahr aufgetreten. Insoweit sei – in Analogie zum Merkblatt – jedoch erforderlich, dass an mindestens 60 Schichten jährlich Belastungsspitzen ab 6 kN Bandscheibendruckkraft gewirkt hätten. In der vom Präventionsdienst beigefügten Berechnung sind folgende sechs Verrichtungen zugrunde gelegt: Verstorbenen auf Trage umsetzen, Trage anheben, Trage durchschnittlich 35 m tragen, Verstorbenen einsargen, Sarg ins Fahrzeug anheben (Arbeitsschritt 1); Sarg aus Fahrzeug auf Sargroller entladen (Arbeitsschritt 2); Verstorbenen aussargen/umbetten (Arbeitsschritt 3); Verstorbenen auf Sargroller umsetzen, Sarg ins Fahrzeug heben, Sarg auf Sargroller entladen, Sarg vom Sargroller in Kapelle umsetzen (Arbeitsschritt 4); Sarg auf Sargroller umsetzen (Arbeitsschritt 5); Sarg vom Sargroller im Krematorium/am Grab absetzen (Arbeitsschritt 6). An jeweils sechs Schichten pro Jahr hat der Präventionsdienst für ein beidhändiges Heben, Umsetzen und Tragen von bis zu 200 kg zu zweit bezogen auf die Arbeitsschritte 1 bis 6 sowie 1,2 und 5 Druckkräfte zwischen jeweils 7,2 bis 9,3 kN errechnet. An jeweils sechs weiteren Schichten jährlich ermittelte er für ein beidhändiges Heben, Umsetzen und Tragen von bis zu 160 kg zu zweit bezogen auf die Arbeitsschritte 1 bis 6 sowie 1,2 und 5 Druckkräfte bis zu jeweils 7,8 kN. An jeweils weiteren sechs Schichten pro Jahr ergeben sich nach ihm für ein beidhändiges Heben, Umsetzen und Tragen von bis zu 150 kg zu zweit bezogen auf die Arbeitsschritte 1 bis 6 sowie 1, 2 und 5 Druckkräfte bis zu jeweils 7,4 kN. Schließlich hat der Präventionsdienst an sechs weiteren Schichten jährlich für ein beidhändiges Heben, Umsetzen und Tragen von bis zu 140 kg zu zweit bezogen auf die Arbeitsschritte 1 bis 6 Druckkräfte bis zu 7,1 kN bzw. bezogen auf die Arbeitsschritte 1,2 und 5 für weitere sechs Schichten jährlich Druckkräfte bis zu 7,4 kN errechnet (damit insgesamt 48 Schichten jährlich).

Das SG hat durch Vernehmung der Zeugen D. H. , G. Sp. St. W. , A. W. und Ch. W. Beweis erhoben, wegen deren Angaben im Einzelnen auf Bl. 148 bis 151 der Gerichtsakten Bezug genommen wird. Der Zeuge H. , der nach seinen Angaben von 1991 bis 1993 beim Kläger beschäftigt war, hat erklärt, meistens sei ein Sarg zu zweit getragen worden. Die Gewichte hätten zwischen 150 bis 180 kg gelegen. Monatlich seien etwa 15 bis 20 Personen zu bestatten gewesen.

Der Zeuge Sp. , der seit Februar 1995 beim Kläger tätig ist, hat angegeben, in der Regel seien die Särge zu zweit getragen worden. In den Jahren 1996/1997 seien etwa 200 bis 300 Verstorbene jährlich zu bestatten gewesen, später habe die Zahl bei 100 und weniger gelegen. Ein Verstorbener habe im Durchschnitt 70 bis 80 kg gewogen; die Särge hätten Gewichte von 50 bis 70 kg.

Der Zeuge St. W. hat erklärt, bis ca. 2004 beim Kläger gearbeitet zu haben. Er habe mit seinem Vater etwa in 70 % der Fälle die Bestattungen vorgenommen. Das Gewicht der Verstorbenen schätze er zwischen 50 bis 200 kg (durchschnittlich bis 100 kg). Etwa viermal monatlich hätten auch Übergewichtige transportiert werden müssen. Anfangs seien rund 300 Bestattungen im Jahr zu erledigen gewesen. Die Särge seien immer ohne Sargroller per Hand bewegt worden.

Der Zeuge A. W. hat angegeben, er sei von 2007 bis 2010 beim Kläger in Vollzeit angestellt und teilweise für die Überführung der Verstorbenen, für Telefon- und Bereitschaftsdienste sowie für Angehörigengespräche zuständig gewesen. Mehr als zwei Personen seien für Transporte etwa einmal im Monat benötigt worden. Das Gewicht der Verstorbenen habe etwa 90 bis 100 kg betragen und dasjenige der Särge bei 50 bis 60 kg gelegen. Im Monat seien etwa fünf bis sechs übergewichtige Personen mit bis zu 250 kg (durchschnittlich 150 kg) angefallen. Als Hilfsmittel sei auf ebenem Gelände ein Scherenwagen bzw. ein Rolli genutzt worden.

Die Zeugin W., die seit 1992 beim Kläger beschäftigt ist, hat den zeitlichen Anteil von Tragetätigkeiten des Klägers auf etwa ein Drittel eingeschätzt. Die Verstorbenen hätten 60 bis 80 kg, übergewichtige Personen, die ca. ein- bis zweimal monatlich zu bestatten gewesen seien, bis zu 240 kg gewogen. Anfangs seien 300 bis 350 Bestattungen im Jahr angefallen; seit 1997 liege deren Zahl bei ca. 150 im Jahr. Wann der Sargroller angeschafft worden sei, wisse sie nicht mehr.

Mit Urteil vom 18. April 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung des Klägers sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Nach den Berechnungen der Präventionsdienste sei er zwar einer Lebensbelastungsdosis von 17,55 x 106 Nh ausgesetzt gewesen und habe damit den nach der Rechtsprechung des BSG einschlägigen Grenzwert überschritten (Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 13/02 RSozR 4-2700 § 9 Nr. 1). Beim Kläger liege jedoch kein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der Konsensempfehlungen vor. Denn bei ihm fehle sowohl eine Begleitspondylose als auch eines der in der Konstellation B2 geforderten Zusatzkriterien. Nach den Feststellungen Dr. B. seien die Segmente L4/5 und L5/S1 am stärksten betroffen, wohingegen an den anderen LWS-Segmenten altersentsprechende Veränderungen vorlägen. Auch die Schädigungen im HWS- bzw. BWS-Bereich gingen nicht über diejenigen der LWS hinaus. Schließlich seien beim Kläger auch keine konkurrierenden Ursachen vorhanden. Dr. B. habe jedoch weder eine Höhenminderung und/oder einen Prolaps an mehreren Bandscheiben noch eine black disc an mindestens zwei angrenzenden Segmenten feststellen können. Der Kläger sei auch keiner besonders intensiven Belastung ausgesetzt gewesen. Denn er habe den Richtwert der Lebensdosis von 12,5 x 106 Nh nicht in weniger als zehn Jahren erreicht. Ein solcher Wert sei nach den Feststellungen der Präventionsdienste nämlich weder im Zeitraum vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1986 noch in demjenigen vom 1. Januar 1992 bis zum 3. Oktober 2006 erreicht worden. Schließlich sei beim Kläger auch kein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen gegeben. Denn eine Bandscheibendruckkraft ab mindestens 6 kN habe nach den Ermittlungen der Beklagten höchstens an 24 und nicht mindestens 60 Tagen im Jahr bestanden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei schon nicht gesichert, dass der Kläger in den von ihm behaupteten 99,9 % der Fälle beim Transport der Verstorbenen dabei gewesen sei und tatsächlich gehoben und getragen habe. Bezüglich extrem übergewichtiger Verstorbener habe er in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass insoweit die Feuerwehr zur Hilfe gerufen worden sei. Auch der Zeuge H. habe angegeben, dass grundsätzlich drei und nicht zwei Personen die Tätigkeiten ausgeführt und sich dabei abgewechselt hätten. Die Ehefrau des Klägers habe dessen Transportanteil auf ein Drittel und der Zeuge S. W. auf 70 % beziffert. Der Zeuge A. W. habe erklärt, in ca. der Hälfte der Fälle mit dem Kläger zusammengearbeitet zu haben. Schließlich habe kein Zeuge eine hinreichende Konkretisierung zu den genauen Gewichten sowie zur Anzahl übergewichtiger Personen vornehmen können, zumal nach den Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 17. November 2010 nicht jedes Heben und Tragen von Lasten über 100 kg die maßgebliche Druckkraft von 6 kN erreiche und die Anzahl der Bestattungen nach den Zeugenaussagen ab 1997/1998 zurückgegangen seien. Ein Ziehen und Schieben der Särge sei nicht zu berücksichtigen, weil dies nicht zusätzlich im Zusammenhang mit einem Heben und Tragen gestanden habe.

Gegen das ihm am 4. Juni 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Juli 2012 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und unter Wiederholung seines Vorbringens insbesondere nochmals darauf verwiesen, dass Dr. G. bereits unter dem 12. Dezember 2007 eine ausgeprägte Zwischenwirbelraumverschmälerung sowie eine ausgeprägte Spondylose beschrieben habe. Nachdem sein Sohn A. im Jahr 2010 verzogen sei, würden körperlich schwere Tätigkeiten von seiner Ehefrau unter Hinzuziehung von vier Angestellten verrichtet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2008 aufzuheben und mit Wirkung vom 4. Oktober 2006 an festzustellen, dass das bei ihm bestehende pseudoradikuläre Lumbalsyndrom bei L4/5 und L5/S1 eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bleibt bei ihrer Ansicht. Der Kläger sei keiner besonders intensiven Belastung im Sinne des zweiten Zusatzkriteriums der Konstellation B2 ausgesetzt gewesen. Bei ihm läge innerhalb des Belastungszeitraums vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1986 eine Gesamtdosis von 7,6 x 106 Nh vor. In der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 3. Oktober 2006 habe er eine solche von 9,95 x 106 Nh erreicht. Zwischen der allgemeinen Dosisberechnung sowie dem Vorliegen der arbeitstechnischen B2-Kriterien sei entsprechend der Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 5. Juli 2010 zu differenzieren.

Auf Anforderung des Senats hat Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27. April 2013 nochmals ausgeführt, beim Kläger liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung in den Etagen L4/5 und L5/S1 vor. Beim ersten Zusatzkriterium der Konstellation B2 werde bei monosegmentaler Schädigung das Vorliegen von black discs in mindestens zwei angrenzenden Bandscheibenbereichen gefordert. Ansonsten seien eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben erforderlich. Ob dabei zwei geschädigte Bandscheiben ausreichten oder aber drei vorhanden sein müssten, werde unterschiedlich interpretiert. Würden zwei geschädigte Bandscheiben als ausreichend angesehen, sei beim Kläger das erste Zusatzkriterium der Konstellation B2 erfüllt.

Die Beklagte hat hierzu die beratende Stellungnahme der Chirurgin/Unfallchirurgin Dr. W. vom 30. Mai 2013 vorgelegt und darauf verwiesen, dass zur Abgrenzung des medizinischen Zusatzkriteriums der Konstellation B2 von der Grundkonstellation der Fallgruppe B nach den Urteilen der Landessozialgerichte Bayern vom 20. August 2009 (L 2 U 330/07) und Baden-Württemberg vom 28. Januar 2011 (L 8 U 4946/08) mindestens drei Segmente betroffen sein müssten. Die hiervon abweichende Auffassung des Sächsischen Landessozialgerichts (Urteil vom 23. September 2010 – L 2 U 198/07) überzeuge nicht.

Dr. W. hat auf die Anmerkungen der Konsensempfehlungen zur Konstellation B3 von G. verwiesen. Dieser habe zu dieser Konstellation in seinem Werk "Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung" (Urban und Fischer) ausgeführt, bei mono- oder bisegmentalen Chondrosen des Grades II in den unteren beiden LWS-Segmenten ohne Spuren einer beruflichen Belastung in anderen Segmenten sei eine Anerkennung als berufsbedingt nur möglich, wenn ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen und/oder eine besonders intensive Belastung vorgelegen habe. Nach G. erfordere die Konstellation B2 aus medizinischer Sicht das Vorhandensein einer Chondrose Grad II oder höher bzw. eines Vorfalls in mindestens einem unteren LWS-Segment plus in zwei angrenzenden Segmenten black discs. Entsprechendes sei beim Kläger nicht der Fall.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2008 beschwert den Kläger im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn er hat Anspruch auf Anerkennung einer BK 2108.

Anzuwenden sind hier die Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Denn der vom Kläger geltend gemachte Versicherungsfall (BK 2108), zu dem auch die tatsächliche Aufgabe der schädigenden Tätigkeit gehört, kann vorliegend nur nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sein (vgl. Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungs-gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII).

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung – die Berufskrankheiten-Verordnung – mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Voraussetzung für die Anerkennung der hier strittigen BK 2108 ist nach deren Tatbestand das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Danach müssen für die Feststellung einer BK 2108 folgende Kriterien erfüllt sein: Der Versicherte muss aufgrund seiner versicherten Tätigkeit langjährig schwere Lasten gehoben oder getragen bzw. Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung verrichtet haben, bei ihm muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliegen, die durch diese beruflichen Einwirkungen entstanden ist, diese Erkrankung muss zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten gezwungen haben und der Versicherte darf eine solche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr ausüben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 RSozR 4-2700 § 9 Nr. 7).

Ausgehend hiervon liegen beim Kläger die Voraussetzungen einer BK 2108 vor.

Zunächst war der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Bestatter bei der Beklagten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in Verbindung mit ihrer Satzung als Unternehmer versichert und stand damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Seine zuvor in der DDR zurückgelegten Beschäftigungszeiten als Elektriker bzw. Elektromonteur/Elektromeister standen einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gleich. Im Rahmen dieser beruflichen Tätigkeiten war der Kläger auch in einem ausreichenden Umfang ihrer Art nach gefährdenden Einwirkungen im Sinne der BK 2108 ausgesetzt, so dass die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (= besondere Einwirkungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII) ebenfalls erfüllt sind. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Berechnungen der eingeschalteten Präventionsdienste zum Ausmaß der mechanischen Belastung nach dem MDD. Denn danach hat der Kläger während der Belastungszeiträume vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1986 sowie 1. Januar 1992 bis 3. Oktober 2006 – mithin über insgesamt 31,8 Jahre – durch Heben und Tragen schwerer Lasten eine Gesamtbelastungsdosis von mindestens 17,55 x 106 Nh erreicht und damit den einschlägigen Grenzwert von 12,5 x 106 Nh (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30. November 2008 – B 2 U 14/07 R – s.o.; Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 13/02 R – s.o.) überschritten.

Ferner liegt beim Kläger auch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vor (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 – B 2 U 12/04 R – SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2; Merkblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur BK 2108 vom 1. September 2006, BArbBl. 2006, 30). Hiervon geht der Senat nach den gleichlautenden Beurteilungen von Dr. G. und Dr. B. aus, denen auch Dr. W. nicht widersprochen hat. Insbesondere Dr. B. ist auf Grundlage der von ihm durchgeführten Untersuchungen bzw. gründlicher Auswertung der vorliegenden Befunde nachvollziehbar zu der Einschätzung gelangt, dass beim Kläger ein von L4/5 und L5/S1 ausgehendes pseudoradikuläres Lumbalsyndrom besteht. Der Sachverständige hat hierzu erläutert, dass dieses mit einer – bildgebend in den besagten LWS-Segmenten nachgewiesenen – Bandscheibenzermürbung seinen Ausgang genommen hat und klinisch mit einer Entfaltungsstörung sowie Bewegungseinschränkung der LWS einhergeht. Vor diesem Hintergrund sind auch die vom Kläger gegenüber Dr. B. im Sinne eines lumbalen Pseudoradikulärsyndroms geäußerten Beschwerden plausibel.

Die oben beschriebenen Einwirkungen, denen der Kläger während seiner Tätigkeit als Elektriker, Elektromonteur, Elektromeister sowie Bestatter ausgesetzt war, sind nach Überzeugung des Senats auch hinreichend als wesentliche (Mit)-Ursache dieser bandscheibenbedingten Erkrankung wahrscheinlich zu machen.

Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" voraus, dass die versicherte Einwirkung bei wertender Betrachtung nicht nur irgendeine Bedingung war, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krankheit wesentlich ursächlich mitgewirkt hat. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (hier der Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind etwa die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung, die erhobenen Befunde, der Krankheitsverlauf sowie konkurrierende Ursachen (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Im Bereich der BK 2108 ist dabei maßgeblich auf die "Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule – Konsensempfehlungen" (siehe Trauma und Berufskrankheit 2005, 211 ff.) abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 13/05 R, s.o.).

Nach diesen Maßstäben besteht hier deshalb eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit für einen wesentlichen beruflichen Ursachenzusammenhang, weil die Voraussetzungen der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorliegen. Dabei kann offen bleiben, ob bei dem Kläger die arbeitstechnischen Zusatzkriterien dieser Konstellation erfüllt sind, bei ihm also eine besonders intensive Belastung bestand oder aber deshalb kein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen gegeben war, weil nach den Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 17. November 2010 Druckkräfte ab 6 kN lediglich in 48 Schichten jährlich gewirkt haben und auch kein zusätzliches Ziehen und Schieben zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu Merkblatt zur BK 2108). Denn jedenfalls ist beim Kläger nach den Ausführungen Dr. B. das erste (medizinische) Zusatzkriterium der Konstellation B2 gegeben.

Für die Konstellation B2 ist neben dem Bestehen einer gesicherten bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS (s.o.) und einer plausiblen zeitlichen Korrelation zu deren Entwicklung Folgendes erforderlich:

die bandscheibenbedingte Erkrankung betrifft L5/S1 und/oder L4/5,

Chondrose Grad II oder höher und/oder Vorfall,

keine wesentlichen konkurrierenden Ursachenfaktoren,

keine Begleitspondylose,

zusätzlich mindestens eines der folgenden Kriterien:

Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben – bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/5 "black disc" im MRT in mindestens zwei angrenzenden Segmenten

Besonders intensive Belastung; Anhaltspunkt: Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren

Besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen; Anhaltspunkt: Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes durch hohe Belastungsspitzen (Frauen ab 4,5 kN, Männer ab 6 kN)

Eine plausible zeitliche Korrelation zwischen den beruflichen Belastungen des Klägers und seiner bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung liegt vor. Entsprechendes ist nach den Konsensempfehlungen dann gegeben, wenn der Erkrankung eine ausreichende Exposition vorausgegangen ist. Die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs nimmt mit der Länge des Zeitraums zwischen Ende der Exposition und erstmaliger Diagnose der Erkrankung ab (a.a.O., S. 217). Hier ist der Erkrankung des Klägers sowohl eine ausreichende Exposition vorausgegangen und sie ist in plausibler zeitlicher Beziehung zur Beendigung der relevanten Tätigkeiten entstanden. Denn nach den Darlegungen der Präventionsdienste lag beim Kläger bis Anfang Oktober 2006 nach langjähriger LWS-belastender Tätigkeit eine grenzwertüberschreitende Belastung vor (s.o.). Unter dem 12. November 2007 stellte Dr. G. die Diagnose eines chronisch rezidivierenden lumbalen Pseudoradikulärsyndroms. Bereits acht Monate zuvor hatte Dipl.-Med. H. die gleiche Erkrankung diagnostiziert.

Die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers betrifft die Segmente L4/5 und L5/S1 jeweils mit einer Chondrose des Grades II. Daneben sind keine konkurrierenden Ursachen ersichtlich. Denn in den Konsensempfehlungen anerkannte Konkurrenzursachen (a.a.O., S. 250 f., Übersicht 9) hat Dr. B. ausdrücklich negiert und so die gegenteilige Ansicht von Dr. B. widerlegt. Der gerichtliche Sachverständige hat den von ihm ausgewerteten bildgebenden Befunden lediglich eine von Th12 bis L3 reichende Verbiegung der Wirbelsäule von 8° mit entsprechender Gegenkrümmung von L3 bis L5 bei einem Winkel von 10° entnommen und dadurch eine tiefsitzende Lumbalskoliose mit erheblichem Winkel im Sinne der Konsensempfehlungen gerade ausgeschlossen. Denn ein Skoliosewinkel von 10-19° nach COBB wird nach den Konsensempfehlungen als leichtgradig eingestuft und stellt keine konkurrierende Ursache dar. Dies gilt vorliegend umso mehr, als Dr. B. die Verbiegung als vermutlich sekundär, also erst durch die Bandscheibenschädigung entstanden, gewertet hat. Übergewichtigkeit ist nach den Konsensempfehlungen nicht als konkurrierende Ursache anerkannt. Weitere konkurrierende Ursachen sind laut Dr. B. nicht ersichtlich. Dem schließt sich der Senat an, zumal einen unfallbedingten Wirbelsäulenschaden bereits Dr. H. nicht feststellen konnte. Dass im Bereich der HWS oder BWS des Klägers ein höhergradiger Schaden als an der LWS vorliegt, der gegebenenfalls die überragende Relevanz einer anlagenbedingten Ursache indizieren mag, hat Dr. B. ebenfalls ausgeschlossen. Seine Wertung ist nach den von ihm ausgewerteten Röntgenbildern dieser Wirbelsäulenabschnitte (jeweils altersentsprechende Wirbelkörperzwischenräume mit lediglich altersvorauseilender Spondylose im Bereich der mittleren BWS) im Verhältnis zu der bei L4/5 sowie L5/S1 bestehenden deutlichen Höhenminderung auch nachvollziehbar.

Im LWS-Bereich des Klägers liegt auch keine Begleitspondylose vor. Eine solche ist nach den Konsensempfehlungen nur dann gegeben, wenn eine das Altersmaß überschreitende Spondylose in mindestens zwei nicht von der Chondrose betroffenen Segmenten besteht (a.a.O., S. 216 f.). Vorliegend hat Dr. B. altersvorauseilende Spondylophyten des Grades III nur bei L4/5 und L5/S1 festgestellt.

Ferner ist beim Kläger ein Zusatzkriterium der Konstellation B2 gegeben. Zwar hat Dr. B. dem MRT vom 12. Oktober 2006 kein black-disc-Phänomen entnommen. Als zusätzliches Kriterium der Konstellation B2 liegt nach dem Sachverständigen aber eine Höhenminderung im Sinne einer Chondrose Grad II bei L4/5 und L5/S1 – also an mehreren Segmenten – vor. Daran zweifeln auch die Beklagte und Dr. W. nicht.

Der Senat ist – wohl im Gegensatz zur Beklagten – auch davon überzeugt, dass die in den Konsensempfehlungen niedergelegte aktuelle wissenschaftliche Ansicht (vgl. hierzu Bieresborn, Die Umsetzung der BK 2108 aus sozialrechtlicher Sicht, Beiträge C 5 und 6/2014, www.reha-recht.de) schlüssig und ohne innere Widersprüche formuliert ist. Danach reicht für die Konstellation B2 der Befall zweier Bandscheiben der LWS mit einer zweitgradigen Chondrose aus, sofern eines der beiden unteren LWS-Segmente betroffen ist.

Der Wortlaut der Konsensempfehlungen spricht bei der Konstellation B2 von "mehreren Bandscheiben". Damit ist ein Befall von mindestens zwei Bandscheiben gemeint. Würde unter Befall von "mehreren Bandscheiben" ein solcher von mindestens drei Segmenten verstanden, wäre der bisegmentale Bandscheibenschaden von der Konsensusgruppe übersehen worden, wofür keine Anhaltspunkte vorliegen (so schon Urteil des Senats vom 11. Juli 2013 – L 6 U 59/11MedR 2014, 131; ebenso Sächsischen LSG, Urteil vom 21. Juni 2010 – L 2 U 170/08 LW – juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Januar 2012 – L 2 U 24/09 ZVW – juris). Es ist angesichts der Vielzahl von Autoren auszuschließen, dass nur eine mono- und trisegmentale Chondrose beurteilt wurde. Im Gegenteil haben mehrere Mitautoren ausdrücklich bestätigt, dass der Befall eines zweiten Bandscheibensegments der LWS mit einem Vorfall oder einer Chondrose die Zusatzvoraussetzung "an mehreren Bandscheiben" der Konstellation B2 erfüllt (vgl. nochmals Urteil des Senats, s.o.; Bolm-Audorff u.a., Informationen für den Gutachter der Berufskrankheit 2108, Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 2014, 35 ff. [38]).

Dieser Sprachgebrauch der Konsensempfehlungen findet sich auch an anderer Stelle unter 2.1.14 (Persistierende Wirbelbogenspalten), wenn ausgeführt wird, dass "bei der Spina bifida [ ] der Bogenschluss eines oder mehrerer Wirbel ausbleibt." Ähnlich wird unter 2.1.5 Skoliosen formuliert, dass "durch dieses Fehlwachstum einzelner oder mehrerer Wirbel es zu deren Drehung" kommt. Auch hier wird nur zwischen einem und mehreren Schadensorten differenziert, d.h. ein Schaden an zwei Wirbeln als Schaden an mehreren Segmenten betrachtet. Von einem bisegmentalen Schaden ist in den Konsensempfehlungen nirgends die Rede. Lediglich im Rahmen ihrer Anmerkung zur Konstellation B3 – um die es vorliegend gerade nicht geht – verwenden G./Sch. im Zusammenhang mit dem Verteilungsmuster von Spondylosen die Formulierung bisegmentaler Befall (vgl. Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 219 ff.). Dass G. die von Dr. W. beschriebene Ansicht in dem von ihr bezeichneten Werk vertritt, wird nicht in Abrede gestellt. Der Senat vermag jedoch nicht zu erkennen, dass diese Auffassung die herrschende wissenschaftliche Lehrmeinung darstellt. Denn wie bereits die entsprechende Gegenäußerung von Seidler/Bolm-Audorff zeigt (Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 221 f.), konnten sich G./Sch. mit ihrer Meinung schon im Rahmen der Konstellation B3 nicht durchsetzen.

Innerhalb des medizinischen Zusatzkriteriums der Konstellation B2 wird auch systematisch klar differenziert. Denn durch einen abgrenzenden Spiegelstrich werden (genau genommen) zwei separate Tatbestände behandelt, nämlich eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben einerseits und eine monosegmentale Chondrose/Vorfall bei L4/5 oder L5/S1 andererseits. Nur wenn in diesem Sinne ein monosegmentaler Schaden vorhanden ist, bedarf es einer "black disc" in mindestens zwei angrenzenden Segmenten. Ist dagegen neben einem der unteren beiden Segmente mindestens noch ein weiteres Bandscheibenfach von einer Chondrose oder einem Vorfall geschädigt, handelt es sich notwendigerweise um eine Betroffenheit mehrerer Bandscheiben und ist das medizinische Zusatzkriterium der Konstellation B2 erfüllt, ohne dass es noch auf eine "black disc" ankommt (vgl. nochmals Bolm-Audorff u.a., Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 2014, 35 ff. [38]).

Der Senat kann sich daher nicht der Ansicht des Hessischen LSG (Urteil vom 27. März 2012 – L 3 U 81/11 – juris; genauso Bayerisches LSG, Urteil vom 20. August 2009 – L 2 U 330/07 – juris) anschließen. Dieses hat ausgeführt (Rn. 38, a.a.O.): "Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. u. a. Urteil vom 18. August 2009 – L 3 U 202/04 – juris) sind mit "mehreren" Bandscheiben mindestens drei gemeint. Für diese Auslegung spricht schon die Systematik der in den Konsensempfehlungen definierten Fallkonstellationen. Alle B-Konstellationen gehen schon von einer Lokalisation der bandscheibenbedingten Erkrankung bei L5/S1 und/oder L4/L5 aus, also an einer oder zwei Bandscheiben. In der B1 Konstellation muss sodann die Begleitspondylose als Positivkriterium hinzukommen, um einen Zusammenhang wahrscheinlich zu machen. In der B2 Konstellation wird das Fehlen der Begleitspondylose durch die dort genannten Zusatzkriterien ersetzt, so dass mit "mehreren" Bandscheiben über die in den B-Konstellationen grundsätzlich vorausgesetzten Veränderungen hinausgehend mindestens drei betroffene Bandscheiben gemeint sind."

Wenn richtigerweise in allen B-Konstellationen eine Erkrankung an einer oder zwei Bandscheiben vorausgesetzt wird und es tritt etwas hinzu, muss das Ergebnis gerade nicht eine Erkrankung an drei Bandscheiben sein. Systematisch und vom Wortlaut her liegt es sogar näher, dass ein monosegmentaler Schaden genügt, wie er auch als Grundfall in allen B-Konstellationen und aufgrund der ausdrücklichen Bezeichnung in der Konstellation B2 vorliegen kann. Demgegenüber wäre es auf Grundlage der Ansicht des Hessischen LSG im Hinblick auf die Abschichtung des Einstiegstatbestandes völlig beliebig, ob einer oder beide unteren LWS-Abschnitte von höhergradigen Chondrosen oder Vorfällen betroffen sind. Dafür vermag der Senat aber keine herrschende wissenschaftliche Meinung auszumachen. Eine solche hat auch Dr. W. nicht präsentiert.

Nach der von Dr. W. präferierten Ansicht müssten bei einer bisegmentalen Höhenminderung der unteren LWS zusätzlich "black discs" in mindestens zwei angrenzenden Segmenten vorliegen, d.h. insgesamt vier Segmente von Krankheitserscheinungen betroffen sein. Bei monosegmentaler Chondrose wären dann nur drei Segmente verändert. Träfe diese Auffassung zu, wäre nicht verständlich, dass dann nicht wenigstens die Voraussetzung einer "black disc" in mindestens zwei angrenzenden Segmenten auf eine einzige zu reduzieren ist. Schlüssiger erscheint es dem Senat, zwei schwerere Befunde (Chondrose bzw. Vorfall) genügen zu lassen und dann von der Forderung nach einer "black disc" als radiologisch auffälliger Erscheinung abzusehen. Die Chondrose ist nach den Konsensempfehlungen Ausgangspunkt für die Beurteilung als BK 2108. Eine "black disc" kann nach ihnen aber schon bei geringgradigen Bandscheibendegenerationen im Sinne einer nur magnetresonanztomograpisch feststellbaren Veränderung vorliegen (a.a.O., S. 220).

Ist ein beruflicher Kausalzusammenhang danach hinreichend wahrscheinlich, war der Kläger auch gezwungen, seine die LWS belastende Tätigkeit als Bestatter aufzugeben. Insoweit kommt es darauf an, ob eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit wegen der schon eingetretenen Gesundheitsstörungen oder der Gefahr einer Verschlimmerung bzw. des Wiederauflebens der Erkrankung bei nachträglicher objektiver Betrachtungsweise aus medizinischer Sicht nicht verantwortet werden kann (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Oktober 2013, E § 9 SGB VII, Anm. 28.5, m.w.N.). Dies hat Dr. B. angesichts des chronischen Charakters des LWS-Leidens vorliegend bejaht, ohne dass Dr. W. dem widersprochen hätte. Die Bewertung Dr. B. ist für den Senat auch nachvollziehbar. Mit ihr bestätigt der gerichtliche Sachverständige die bereits zuvor abgegebenen gleichlautenden Einschätzungen des Allgemeinmediziners H., der Orthopädin Dipl.-Med. H. sowie des Unfallchirurgen Dr. G. Abweichend hat sich kein eingeschalteter Mediziner geäußert.

Letztlich hat der Kläger die seine die LWS belastende Tätigkeit zum 4. Oktober 2006 auch tatsächlich aufgegeben, wobei es auf das Motiv des Versicherten nicht ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2003 – B 2 U 27/02 R – juris). Dass er trotzdem noch im Bestattungsunternehmen tätig ist, ist dagegen unschädlich. Denn eine vollständige Einstellung des gesamten bisherigen Berufs ist insoweit nicht erforderlich (vgl. nur BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 12/06 R – SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4302 Nr. 2; Urteil vom 9. September 2003 – B 2 U 5/03 R – SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 1).

Nach alledem war der Berufung stattzugeben, wobei das Datum des Eintritts des Versicherungsfalls der 4. Oktober 2006 ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 5. Mai 1998 – B 2 U 9/97 R – SozR 3-2200 § 511 Nr. 11).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, weil die Entscheidung auf gesicherter Rechtslage und tatsächlicher Einzelfallbewertung beruht, ohne dass der Senat von einem der in dieser Norm bezeichneten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
Saved