L 4 SB 22/01

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Trier (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 4 SB 22/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 17.01.2001 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch –Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX).

Der 1945 geborene Kläger leidet u.a. an einer Hautkrankheit, welche die Bau-Berufsgenossenschaft Rheinland und Westfalen (Bau-BG) im Rechtsstreit des Klägers gegen die Bau-BG vor dem Sozialgericht Trier (Az.: S 5 U 186/97) als Berufskrankheit der Nr. 5101 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH anerkannt hat.

Im Juli 1996 beantragte der Kläger erstmals die Feststellung seiner Behinderung und eines GdB wegen der Allergie. Das Versorgungsamt Trier zog die Befundunterlagen der Bau-BG bei, holte einen Befundbericht der praktischen Ärztin Dr. K sowie eine gutachterliche Stellungnahme der Ärztin Dr. S-H ein. Hierauf gestützt stellte das Versorgungsamt Trier mit Bescheid vom 27.01.1997 als Behinderung mit einem GdB von 30 fest: "Ekzem im Bereich der Hände und Füße bei Neigung zu allergischen Krankheiten (Atopie)". Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte nach versorgungsärztlicher Beteiligung mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.1997 zurück.

Im vor dem Sozialgericht Trier durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Beiziehung der Akten des Rechtsstreits des Klägers gegen die Bau-BG vor dem Sozialgericht Trier, sowie durch Einholung eines Gutachtens des Hautarztes, Allergologen, Phlebologen U W nebst ergänzender gutachterlicher Stellungnahme.

Der Sachverständige hat den Kläger im November und Dezember 1997 untersucht und ist zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger liege eine Hauterkrankung im Sinne eines Hand- und Fußekzems bei atopischer Diathese vor. Des Weiteren beständen Kontaktsensibilisierungen und eine Hyperhidrosis palmo-plantaris. Die Erkrankung sei sowohl als wiederholt rückfällig als auch schwer einzuschätzen. Es bestehe eine Behandlungsbedürftigkeit von mehr als sechs Monaten. Aufgrund der Ausprägung der Hauterkrankung, des Sensibilisierungsgrads und des ubiquitären Auftretens sei der GdB mit 30 einzuschätzen.

Bezüglich der Diagnose des dyshidrosiformen Hand- und Fußekzems bei atopischer Diathese (Neurodermitis) handele es sich um einen langjährigen, chronisch-rezidivierenden Verlauf mit einer Erstmanifestation ca. 1972. Darüber hinaus stellten die Handinnenflächen und Fußsohlen bezüglich der individuellen Belastungsmomente im täglichen Leben eine besondere Problematik sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich dar. Deshalb sei unter Berücksichtigung des Handekzems und der atopischen Diathese ein GdB von insgesamt 50 gerechtfertigt. Der Beklagte ist dem Gutachten durch Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. B entgegengetreten.

Im Rahmen eines Rentenrechtsstreits vor dem Sozialgericht Trier (Az.: S 2 I 195/97) wurde der Kläger im September 1999 durch den Arzt für Orthopädie Dr. Sch begutachtet. Dieser Arzt führte in seinem Gutachten zusammenfassend aus, der Kläger leide unter einer beginnenden Coxarthrose rechts, beginnenden Gonarthrose rechts, einem ISG-Syndrom beidseits, Facettensyndrom der unteren LWS, degenerativen Wirbelsäulensyndrom bei hypertropher Spondylose (Morbus Forestier), Rotatorenmanschettenteilruptur der linken Schulter, Bursitis beider Schultern. Der Kläger werde durch die degenerativen Veränderungen deutlich in seiner Erwerbstätigkeit gehindert. Er könne nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig verrichten.

Dr. C hat in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 20.12.1999 hierzu ausgeführt, der Sachverständige Dr. Wi habe in seinem Gutachten für die BG die MdE zutreffend mit 30 vH bewertet. Entsprechend den Vorgaben der Anhaltspunkte könne deshalb auch kein höherer Einzel-GdB als 30 für die chronisch-rezidivierende Hauterkrankung angesetzt werden. Nach dem orthopädischen Gutachten des Dr. Sch liege beim Kläger eine Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule vor, die bislang nicht berücksichtigt worden sei. Es bestehe ein fehlstatisches und degeneratives Gesamt-Wirbelsäulensyndrom mit einem eher als mittelgradig einzuordnenden Funktionsdefizit mit einem GdB von 20, der aber voll ausgefüllt sei. Dagegen führten die beginnende Gonarthrose, beginnende Coxarthrose sowie die Befunde im Bereich der oberen Gliedmaßen noch nicht zu einer GdB-bedingenden Funktionseinbuße. Insgesamt sei ein GdB von 40 als angemessen anzusehen.

Mit Schriftsatz vom 22.12.1999 hat der Beklagte sich bereit erklärt, im Wege des Teilanerkenntnisses den GdB des Klägers mit 40 festzustellen. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis nicht angenommen.

Einen Antrag des Klägers vom April 2000 auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" (erheblich gehbehindert) lehnte das Amt für soziale Angelegenheiten Trier mit Bescheid vom 02.01.2001 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2001 hat der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.01.2001 hinsichtlich der Versagung des Nachteilsausgleichs "G" zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 17.01.2001 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide abgeändert und den Beklagten verurteilt, den GdB des Klägers mit 50 festzustellen. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" sei nicht Streitgegenstand des Rechtsstreits, zumal über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.01.2001 bislang nicht entschieden worden sei. Die Einbeziehung dieses Streitpunktes in das Klageverfahren sei daher nicht möglich und auch nicht sachdienlich.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sei die Hauterkrankung des Klägers mit einem GdB von 40 zu bewerten. Bei dem Kläger sei eine Kontaktsensibilisierung nachgewiesen, die nicht nur im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, sondern auch im privaten Bereich Relevanz besitze. Zudem lasse sich ein dyshidrosiformes Hand- und Fußekzem bei atopischer Diathese (Neurodermitis) mit einem doch langjährigen und immer wieder chronisch-rezidivierenden Verlauf feststellen. Bei der GdB-Einschätzung sei zu beachten, dass gerade die Handinnenflächen und Fußsohlen einer besondere Belastung im alltäglichen Leben sowohl im beruflichen wie auch im privaten Bereich ausgesetzt seien. Darauf habe Dr. Wi in seinem Gutachten ausdrücklich hingewiesen, der den Kläger selbst untersucht und gesehen habe. Zusätzlich leide der Kläger noch unter verschiedenen Funktionsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet, die Dr. Sch in seinem Gutachten im Einzelnen aufgeführt habe. Nach dessen Gutachten vom 17.12.1999 (Bl 178 der Akte) lägen beim Kläger zusätzlich eine beginnende Gonarthrose rechts (GdB 10), beginnende Coxarthrose beidseits (GdB 20), ISG-Syndrom beidseits, Facettensyndrom der unteren LWS (GdB 20), degeneratives Cervikalsyndrom bei hypertropher Spondylose (GdB 20) und Rotatorenmanschettenteilruptur der linken Schulter, Bursitis beider Schultern (GdB 20) vor. Im Rahmen der Gesamt-GdB-Bildung sei eine funktionelle Gesamtschau vorzunehmen. Insofern erscheine es ausreichend aber auch angemessen, den GdB mit 50 zu bewerten. Zu der im Vordergrund stehenden Hauterkrankung des Klägers müssten noch das Wirbelsäulensyndrom (GdB 20) sowie die beginnende Gon- und Coxarthrose berücksichtigt werden, die aber wegen fehlender wesentlicher Funktionsbeeinträchtigung für sich alleine noch keine Höherbewertung des GdB rechtfertigen würden. Daneben leide der Kläger seit mindestens Januar 1998 an wiederkehrenden Schulterbeschwerden, die zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Schultern führen würden. Im Zusammenwirken mit den übrigen Funktionsbeeinträchtigungen sei jedenfalls schon ein GdB von 50 erreicht. Ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB stehe dem Kläger aber nicht zu.

Mit Bescheid vom 13.02.2001 hat das Amt für soziale Angelegenheiten Trier das Urteil des Sozialgerichts ausgeführt und zugleich die Behinderung des Klägers wie folgt bezeichnet:

1. Rezidivierendes Ekzem im Bereich beider Hände und Füße im Rahmen einer allergischen Erkrankung,

2. fehlstatisches und degeneratives Gesamt-Wirbelsäulensyndrom mit rezidivierenden Muskelreizerscheinungen,

3. rezidivierende Impingement-Symptomatik der Schultergelenke, vor allem links.

Am 13.02.2001 hat der Kläger gegen das ihm am 22.01.2001 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor,

sein Ekzem bedinge einen GdB von 50 nach den Anhaltspunkten, da bei ihm eine klinische oder vergleichbar intensive ambulante Behandlungsnotwendigkeit mehrmals im Jahr bestehe. Unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden sei ein höherer GdB gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 17.01.2001 sowie den Bescheid des Beklagten vom 27.01.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.1997 und des Ausführungsbescheids vom 13.02.2001 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, seine Behinderung mit einem GdB von 80 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,

das Ekzem sei unter Beachtung der im Gutachten des Dr. Wi festgestellten Befunde und der Vorgaben in den Anhaltspunkten nur mit einem GdB von 40 zu bewerten. Die in orthopädischer Hinsicht vorliegenden Gesundheitsstörungen lägen nicht in einem solchen Ausmaß vor, dass ein höherer GdB als 50 gebildet werden könne.

Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten (Az.: 460999/6) sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung war.

II.

Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss. Auf diese Möglichkeit wurden die Beteiligten hingewiesen. Der Senat hält im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich und die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet.

1. Über den vom Beklagten mit Bescheiden vom 02.01.2001 und 14.2.2001 und Widerspruchsbescheid vom 27.06.2001 abgelehnten Antrag des Klägers auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" hat der Senat nicht zu entscheiden. Insoweit hat das Sozialgericht zu Recht im angefochtenen Urteil die Einbeziehung dieses Streitgegenstandes in den vorliegenden Rechtsstreit abgelehnt, da hierfür die Sachurteilsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten (vgl. Urteil des Senats vom 18.09.1997, Az.: L 4 Vs 19/97).

Voraussetzung für die Zulässigkeit von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ist nach § 54 Abs. 1 S. 2 SGG, dass der Kläger behauptet, durch den erlassenen Verwaltungsakt oder die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes beschwert, d.h. in seinen rechtlich geschützten Interessen verletzt zu sein. Der Kläger ist bei der hier in Betracht kommenden Klage auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts beschwert, wenn die Unterlassung des Verwaltungsakts, Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleich G, rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).

Diese Voraussetzungen einer zulässigen Klage können hier aber schon deshalb nicht vorliegen, weil der Kläger die Bescheide vom 23.1.2001 und 14.02.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2001 hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs G nicht angefochten und bislang weder ein neues Verwaltungsverfahren über den Nachteilsausgleich G noch gar ein Widerspruchsverfahren eingeleitet bzw. durchgeführt hat. Sowohl Anfechtungs- als auch Verpflichtungsklagen setzen aber die Durchführung eines eigenen Verwaltungsverfahrens (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 54 Rdn. 7; 22a) und Widerspruchsverfahrens (§ 78 Abs. 1 S. 1; Abs. 3 SGG) voraus.

Der Antrag des Klägers ist nicht im Wege einer Einbeziehung gemäß §§ 96; 153 SGG zulässig geworden, worauf der Beklagte im Widerspruchsbescheid mit unzutreffender Rechtsbehelfsbelehrung hingewiesen hat. Wenn im Berufungsverfahren über die Feststellung der Höhe des GdB ein Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" gestellt wird, wird ein neuer Streitgegenstand eingeführt und nicht lediglich der Klageantrag auf einen höheren GdB erweitert oder ergänzt. Die Anerkennung des Nachteilsausgleichs "G" kann unabhängig von der Feststellung des GdB erfolgen (vgl. BSG, SozR 3870 § 60 Nr. 2; Beschluss vom 12.12.1995). Deshalb findet § 96 SGG hier keine Anwendung.

2. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist auch nicht eine Verurteilung zur Feststellung bestimmter "Behinderungen" vorzunehmen. Wie das BSG entschieden hat, besteht für eine Klage, mit der allein die Verurteilung des Versorgungsträgers zur isolierten Feststellung weiterer Behinderungen erstrebt wird, kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die begehrte gerichtliche Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern würde (vgl. BSG, SozR 3-3870 § 4 Nr. 24).

3. Schließlich steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 50 zu, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch –Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung (GdB) fest. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind entsprechend § 30 Abs. 1 BVG nach dem Ausmaß des Abweichens von dem für das Lebensalter typischen Zustand der körperlichen Funktion, geistigen Fähigkeit oder seelischen Gesundheit unabhängig von ihren Ursachen zu bemessen (§§ 69 Abs. 1 Satz 3; 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX)).

Bei der Beurteilung des GdB steht die Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben im Vordergrund (vgl. BSGE 48, 82, 83 = BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 4). Im Interesse einer einheitlichen und gleichmäßigen Behandlung hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz herausgegeben, die fortlaufend überarbeitet und 1996 neu veröffentlicht worden sind. Die darin aufgeführten GdB-Werte beruhen auf neuesten medizinischen Erkenntnissen; sie sollen einen Anhalt zur Ermittlung des GdB und zur Auslegung des § 2 SGB IX bilden. In diesem Sinne sind die Anhaltspunkte in der Regel anzuwenden, weil sie den Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung wiedergeben und damit als antizipiertes Sachverständigengutachten im Regelfall der gleichmäßigen Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Schwerbehindertenrechts dienen (BVerfG, SozR 3-3870 § 3 Nr. 6; BSG, NJW 1992, 455; SGb 1993, 579; Urteil des Senats, br 1995, 195).

Beim Kläger bestehen als Teil-Behinderungen und Einzel-GdB-Werte:

1. Rezidivierendes Ekzem im Bereich beider Hände und Füße im Rahmen einer allergischen Erkrankung (GdB 40),

2. fehlstatisches und degeneratives Gesamt-Wirbelsäulensyndrom mit rezidivierenden Muskelreizerscheinungen (GdB 20),

3. rezidivierende Impingement-Symptomatik der Schultergelenke, vor allem links (GdB 10).

Die Überzeugung des Senats hiervon stützt sich auf die vom Sozialgericht eingeholten bzw. beigezogenen Gutachten und das zuletzt von dem Arzt für Arbeitsmedizin, Hautarzt, Allergologen Dr. M für das Sozialgericht Trier im Rechtsstreit S 2 I 195/97 erstattete Gutachten vom 01.02.2001.

Nach diesem letztgenannten Gutachten besteht beim Kläger nach wie vor ein rezidivierendes dyshidrosiformes Hand- und Fußekzem bei atopischer Diathese. Nach den Erfahrungen der hautärztlichen Praxis könnten solche Ekzeme bei ausreichender Mitarbeit des Patienten so weit zurückgedrängt werden, dass die Arbeitsfähigkeit wieder erreicht werden könne. Auch sei nach der wissenschaftlichen Literatur durch eine intensive lokale Lichttherapie eine erfolgreiche Behandlung möglich. Dies lasse den Schluss zu, dass bei Ausschöpfung der verschiedenen angesprochenen Therapien auch beim Kläger eine deutliche Besserung und Arbeitsfähigkeit erzielbar gewesen sein müsse. Nach dem aktuellen Untersuchungsbefund vom 01.02.2001 finde sich im Bereich der linken Fußsohle medial/Innenknöchel etliche intradermale Bläschen, die eben tast- und sichtbar seien. Sonst sei die Fußsohle frei. Im Bereich des rechten Fußes bestehe ein ausgeprägtes, trockenes Ekzem des Fußrückens, teilweise erosiv auf 2x4 cm im lateralen Bereich, kleinere Exkuriationen und Krusten. Dieses trockene Ekzem setzte sich fort bis in die Zehenzwischenräume und Zehenseite, teilweise bis zum Übergang zur medialen Fußsohle. Dort beständen ausgeprägte intradermale Vesikelbildungen, mit teilweise kräftiger Schuppung. Ansonsten finde sich im Bereich des Hautorgans an den Beinen und am Stamm keine Veränderung. Die Arme seien bis auf ein ausgeprägtes krustöses Ekzem im Bereich des rechten Handgelenkes daumenseitig auf ca. 6x8 cm frei. Auch beide Hände selbst seien frei von krankhaften Hautveränderungen. Es beständen keine intradermalen Vesikelbildungen, keine ekzematösen Veränderungen und eine diskrete Hyperlimnearität der Hohlhände. Eine über das Normalmaß hinausgehende Hyperhidrose an Händen und Füßen sei zum Untersuchungszeitpunkt nicht feststellbar.

Im Hinblick auf diese vom Sachverständigen geschilderten aktuellen Befunde vermag der Senat keinen höheren GdB als 40 für das Hautleiden zu berücksichtigen, von dem schon das Sozialgericht ausgegangen ist. Ein solcher GdB entspricht bereits generalisierten Hauterscheinungen, insbesondere mit Gesichtsbefall, die beim Kläger nicht bestehen (AHP, S. 129).

Ein höherer GdB als 40 ist auch nicht deshalb angemessen, wie der Kläger im Berufungsverfahren meint, weil eine klinische oder vergleichbar intensive ambulante Behandlungsnotwendigkeit mehrmals im Jahr besteht. Wie sich aus dem zuletzt vom Sozialgericht Trier eingeholten Gutachten des Dr. M ergibt, ist das Leiden des Klägers vielmehr relativ gut behandelbar, wobei offensichtlich entsprechenden Behandlungsvorschlägen wie die Durchführung einer Leitungswasser-Iontophorese bislang nicht gefolgt worden ist. Wenn beim Kläger deshalb nach wie vor eine häufige ambulante Behandlungsnotwendigkeit besteht, ist diese weder einer klinischen Behandlung vergleichbar intensiv, noch kann unberücksichtigt bleiben, dass eine entsprechende ambulante Therapie beim Kläger –wie bereits ausgeführt- bislang nicht durchgeführt worden ist, was gegen einen besonderen Leidensdruck spricht.

Hinsichtlich der übrigen orthopädischen Gesundheitsstörungen geht der Senat mit dem Sozialgericht von Einzel-GdB-Werten von 20 bzw. 10 aus. Da der Kläger im Berufungsverfahren medizinisch substantiiert zu den orthopädischen Gesundheitsstörungen nicht Stellung genommen hat, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob die übrigen von Dr. Schulz vorgeschlagenen Einzel-GdB-Werte von 10 bzw. 20 zu berücksichtigen sind, da diese keine Auswirkung auf die Höhe des Gesamt-GdB haben.

Liegen wie hier mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so ist der GdB nach den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Eine Addition der GdB-Werte der verschiedenen Einzel-Behinderungen findet nicht statt. Vielmehr sind im Rahmen einer funktionalen Gesamtschau alle Auswirkungen zu betrachten und abzuwägen. Zur Bildung des Gesamt-GdB ist festzustellen, wie die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle gemeinsam die Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG beeinträchtigen.

Auch hierbei sind die Richtlinien in den Anhaltspunkten zu beachten. Danach führen in der Regel zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 10 und ggf. auch mit einem GdB von 20 nicht zu einer wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch wenn mehrere derartige Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (vgl. Anhaltspunkte 1996, a.a.O., S. 35). Eine kleinere Behinderung mit einem GdB von 20 ist bei der Bildung des Gesamt-GdB nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich auf eine andere Behinderung besonders nachhaltig, verstärkend, auswirkt. Unberücksichtigt bleiben kann eine solche Behinderung dann, wenn sich die Auswirkungen völlig oder zum größten Teil überschneiden (Urteil des erkennenden Senats vom 30.11.1995, Az: L 4 Vs 162/94).

Für die Gesamt-GdB-Bildung ist vom höchsten Einzel-GdB auszugehen, hier also dem GdB von 40 der Teil-Behinderung Nr. 1. Die vom Sozialgericht vorgenommene Anhebung auf einen GdB von 50 wegen der orthopädischen Leiden ist jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig bewertet, selbst wenn man von zwei Einzel-GdB-Werten von je 20 ausgehen würde. Denn diese beeinflussen sich zwar gegenseitig, verstärken aber kaum die Auswirkungen der Teil-Behinderung Nr. 1 auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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