L 3 Ka 5/95

Land
Saarland
Sozialgericht
LSG für das Saarland
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG für das Saarland (SAA)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG für das Saarland
Aktenzeichen
L 3 Ka 5/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 05.04.1995 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Kläger der Beklagten als Gesamtschuldner die Kosten des Klageverfahrens zu erstatten haben. Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarbescheide AOK für das 3. und 4. Quartal 1992.

Die Kläger betreiben als Ärzte für Laboratoriumsmedizin eine Gemeinschaftspraxis und sind zur kassen- bzw. vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die Honorarverteilung erfolgte in den streitigen Quartalen auf der Grundlage des ab 01.07.1992 gültigen Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten, der bezüglich der Vergütung der Laborleistungen in § 5 III folgende Regelung enthält:

1. Die Laborleistungen nach dem Abschnitt O I BMÄ werden mit dem für diese Leistungen vereinbarten Vertragspunktwert vergütet. Übersteigt der Leistungsbedarf den für O I Leistungen vereinbarten Teilbetrag der Gesamtvergütung, werden die von allen Gruppen angeforderten O I Leistungen unabhängig der Anforderung in den einzelnen Gruppen entsprechend der zur Verfügung stehenden Teilgesamtvergütung für diese Leistungen quotiert.Sinkt unter Berücksichtigung einer eventuell notwendigen Quotierung der Punktwert unterhalb eines Interventionspunktwertes von 6,0 Pfennigen, werden zunächst die sich aus Punkt II c) ergebenden Spitzenbeträge zur Stützung des Interventionspunktwertes herangezogen. Reichen diese Beträge nicht aus, werden die allen Ärzten zustehenden Leistungen, die der Mengenbegrenzung unterliegen, soweit quotiert, bis der Interventionspunktwert von 6,0 erreicht wird.

2. Die Laborleistungen nach dem Abschnitt O II und O III BMÄ werden mit dem für diese Leistungen vereinbarten Vertragspunktwert vergütet. Die Regelung unter Abschnitt III. 1. Absatz 2 und 3 gilt entsprechend mit der Maßgabe, daß für die Gruppe der Laborärzte und Mikrobiologen eine TGV-Gruppe analog Ziffer II gebildet wird, wenn der mit dem Vertragspunktwert bewertete Leistungsbedarf für die O II- und O III-Leistungen den der KVS zustehenden Teilbetrag der Gesamtvergütung für diese Leistungen übersteigt. Die Verteilung der der Gruppe der Laborärzte und Mikrobiologen zustehenden TGV-Gruppe erfolgt analog der Regelung unter Ziffer II.

Mit Rundschreiben vom 25.01.1993 übersandte die Beklagte den Vertragsärzten die Abrechnungen des 3. Quartals 1992. Gegen die ihnen erteilte Honorarabrechnung AOK III/92 erhoben die Kläger Widerspruch. Laborärzte führten bekanntlich nur Leistungen auf Überweisungen aus. Eigene Patienten, Primärscheine, seien nicht zulässig. Somit sei eine Selbstzuweisung ausgeschlossen. Überlegungen des HVM seien aber gewesen, Ausweitungen in Form von Selbstzuweisungen auszuschließen. Somit sollte die Laborarztgruppe der Überweisungsdurchführer beim HVM ausgenommen sein. Wenn alle Fachgruppen als Grundbasis 9 Pfennige (Pf.) erhielten, sei es nicht zu verstehen, daß Laborärzte und Mikrobiologen 7,5 Pf. oder weniger erhielten. Bei der Abrechnung sei der Restpunktwert der Laborärzte gar auf 6 Pf. gefallen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.1993 zurückgewiesen. In dem Rundschreiben vom 25.01.1993 seien die Vergütungssätze der Leistungen für Versicherte u.a. der Beigeladenen bekanntgegeben worden. Weiterhin seien im Rundschreiben die Ausgangsfallwerte der einzelnen Arztgruppen und die Restpunktwerte aufgeführt worden. Für die Laborleistungen aus Kapitel O II und O III habe der Ausgangsfallwert 814,3 Punkte betragen. 80 % dieses Wertes seien mit 7,5 Pf. vergütet worden, während das Resthonorar mit einem Punktwert von 6 Pf. vergütet worden sei. Die Berechnungen entsprächen sowohl den Vereinbarungen in den Verträgen mit der Beigeladenen als auch den Bestimmungen des HVM.

Mit Rundschreiben vom 26.04.1993 wurde die Abrechnung des 4. Quartals 1992 an die Vertragsärzte versandt. Gegen die Honorarabrechnung AOK IV/92 legten die Kläger Widerspruch ein unter Hinweis auf ihr vorangegangenes Widerspruchsschreiben. Auch dieser Widerspruch wurde mit einem weiteren Widerspruchsbescheid, ebenfalls vom 06.07.1993, zurückgewiesen.

Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat die gegen diese Bescheide erhobenen Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 05.04.1995 abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, Grundlage für die Berechnung der Honoraransprüche der Kläger seien die im einheitlichen Bewertungsmaßstab/Bewertungsmaßstab für kassenärztliche Leistungen (EBM/BMÄ) festgelegten Punktwerte i.V.m. dem HVM der Beklagten sowie die entsprechenden Honorarverträge mit der Beigeladenen. Die Klage richte sich dabei gegen die in § 5 III HVM getroffene Vergütung der Laborleistungen. Diese Regelung sei aber rechtlich nicht zu beanstanden, sie verstoße insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit, denn sie enthalte eine ausreichende Differenzierung zwischen den Auftragsleistungen erbringenden Ärzte und den Selbstzuweisern einerseits und keine unzulässige Gleichbehandlung der rationalisierbaren Leistungen nach O II im Verhältnis zu den kostenintensiven Leistungen nach O III andererseits. Die in Frage stehende Topfbildung als solche verstoße nicht gegen höherrangiges Recht und sei auch mit dem EBM, der seinerseits rechtsgültig sei, vereinbar (vgl. im einzelnen BSG vom 29.09.1993 - Az.: 6 RKa 65/91 = SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 4). Die von der Beklagten getroffene Regelung genüge auch dem aus Art. 12 Grundgesetz (GG) i.V. m. Art. 3 GG folgenden Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit, der besage, daß die ärztlichen Leistungen "prinzipiell gleichmäßig" zu vergüten seien mit der Folge, daß Unterschiede, die typischerweise innerhalb der betroffenen Berufsgruppe bestünden, auch bei den Vergütungsregelungen Berücksichtigung finden müßten. Gemäß § 5 III 2. werde für die Gruppe der Laborärzte und Mikrobiologen eine gesonderte Teilgesamtvergütungsgruppe gebildet. Damit werde der Unterscheidung zwischen Auftragsleistungen erbringenden Ärzte und Selbstzuweisern Rechnung getragen. Gleichzeitig werde diese Gruppe von den für die Mengenentwicklung durch Selbstzuweisung verantwortlichen Selbstzuweisern abgegrenzt und erhalte einen eigenen Topf. Dieser Topf sei durch die Verweisung auf III 1. und damit auch auf die Mindestpunktwertgrenze ausreichend nach unten abgesichert. Diese Regelung wirke auch auf die Mengenentwicklung ein, da durch übermäßige Ausdehnung der ökonomisch attraktiven Leistungen durch Selbstzuweiser lediglich deren eigener, vom Punktwert der Auftragsleistungen erbringenden Ärzte unabhängiger Topf abgegrenzt werde. Der Umstand, daß sowohl Leistungen nach O II als auch O III aus diesem Topf vergütet würden, also sowohl rationalisierbare kostengünstig zu erbringende Leistungen als auch nicht rationalisierbare Leistungen mit einem hohen Kostenanteil, rechtfertige nicht den Schluß auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung, stelle insbesondere keine unzulässige Gleichbehandlung dar. Das wertmäßige Verhältnis der Leistungen zueinander werde nämlich durch den EBM bzw. BMÄ geregelt, während die Regelung des HVM den Honorarpunktwert betreffe. In diesem Zusammenhang habe das BSG ausgeführt, daß die Verteilungsgerechtigkeit lediglich dann verletzt sei, wenn durch Selbstzuweisung die Mengenentwicklung und durch die Mengenentwicklung der Honorarpunktwert negativ beeinflußt werde und eine betreffende Gruppe, nämlich die Auftragsleistungen erbringenden Ärzte, hierauf keinen Einfluß hätten, demnach sowohl durch die Menge als auch durch die Verweisung auf kostenintensive Leistungen, im wesentlichen solche nach O III, letztendlich benachteiligt werden könnten. Demnach würden die durch BSG vom 29.10.1993 a.a.O. dargestellten strukturellen Unterschiede der Leistungen nach O II und O III ausreichend berücksichtigt. Insoweit entfalle nämlich die Möglichkeit der Punktwertabsenkung durch übermäßige Selbstzuweisung einerseits, zum anderen werde durch den Mindestpunktwert ein bodenloser Wertverfall verhindert. Auch der Umstand, daß im wesentlichen alle an der Teilgesamtvergütungsgruppe Beteiligten an den ihnen erteilten Auftrag gebunden seien, verhindere, daß durch verstärkte Ausführungen der Leistungen nach O II eine willkürliche Beeinflussung des Punktwertes erfolge. Gerade durch die Bildung eines Sondertopfes für die im wesentlichen Auftragsleistungen erbringenden Ärzte werde verhindert, daß durch eine medizinisch nicht veranlaßte Ausweitung bestimmter ökonomisch attraktiver Leistungen der Honoraranspruch für die anderen am Topf beteiligten Auftragsleistungen erbringenden Ärzte beeinflußt werde. Auch der Umstand, daß zwar eine Punktwertdifferenzierung vorgenommen werde, diese sich aber nicht dahingehend ausgewirkt habe, daß unterschiedliche Honorarpunktwerte vergütet würden, rechtfertige kein abweichendes Ergebnis. Die Höhe des Punktwertes bei mengenmäßig begrenzten Leistungen werde nämlich nicht von der Beklagten festgesetzt, sondern folge aus der Mengenentwicklung als solcher. Was den Ausgangspunktwert betreffe, handele es sich hierbei um eine im Gesamtvertrag getroffene strukturelle Entscheidung, deren Weitergabe zulässig sei. Durch die von der Beklagten getroffene Regelung, nämlich Bildung eines Sondertopfes für Laborärzte und Mikrobiologen, also Auftragsleistungen erbringende Ärzte, würden diese von den Selbstzuweisern, den Verursachern der Mengenentwicklung, und der dadurch bedingten Punktwertabsenkung, abgegrenzt. Die Regelung enthalte weiterhin auch eine Punktwertgarantie. Eine Anrechnung der Auftragsleistungen auf das Punktekontingent des auftraggebenden Arztes erscheine neben der Bildung von Sondertöpfen für Auftragsleistungen erbringende Ärzte nicht erforderlich, da insoweit eine Beeinflussung durch Selbstzuweiser ausgeschlossen sei. Dies würde zwar möglicherweise auch zur Mengenbegrenzung führen, jedoch sei es nicht Sache der Gerichte, in die der Satzungsautonomie der Beklagten unterliegenden Regelungen einzugreifen, es sei denn, diese seien rechtswidrig. Ob die Beklagte die zweckmäßigste aller denkbaren Lösungen gewählt habe, sei nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Die Regelung der Beklagten verstoße demnach nicht gegen den aus Art. 12 i.V.m. Art. 3 GG hergeleiteten Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit. Die Regelung des § 5 HVM und die darauf beruhenden Honorarbescheide seien als rechtmäßig anzusehen.

Gegen dieses ihnen am 16.05.1995 zugestellte Urteil haben die Kläger mit einem am 08.06.1995 eingegangenen Schriftsatz die vom SG zugelassene Berufung eingelegt.

Sie tragen vor, im Rahmen ihrer kassen- bzw. vertragsärztlichen Tätigkeit würden sie nur auf Auftrag dritter Ärzte tätig. Der hier maßgebliche HVM der Beklagten folge im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 29.09.1993 - 6 RKa 65/91 - nicht dem Gebot der Verteilungsgerechtigkeit und unterscheide nicht gebührend zwischen Auftragserbringern und Selbstzuweisern. Die gem. § 5 III 2. HVM gebildete Teilgesamtvergütungsgruppe für Laborärzte und Mikrobiologen trage dem Unterschied der geforderten angemessenen Honorierung zwischen reinen Auftragsleistungen und Selbstzuweiserleistungen nicht gebührend Rechnung, da es an einer gesonderten Punktwertbestimmung für die von dieser Gruppe erbrachten laborärztlichen Leistungen fehle. Die Regelung im HVM wirke auch nicht auf die Mengenentwicklung ein, da Selbstzuweisern durch mengenmäßige Ausweitung Punktwertverfallausgleichung möglich sei, was ihnen - den Klägern - versagt sei. Ferner stelle es eine unzulässige Gleichbehandlung dar, daß Leistungen nach O II und O III, damit zu rationalisierende und auch nicht rationalisierbare Leistungen mit einem hohen Kostenanteil, aus einem Topf vergütet würden. Dem HVM der Beklagten fehle eine Zuordnung von Honorartöpfen für reine Auftragserbringer. Die Regelung im HVM der Beklagten stelle insoweit eine rechtlich bedenkliche Hilfskonstruktion dar, die dem geforderten Gleichbehandlungsgrundsatz nicht Rechnung trage.

Die Kläger beantragen,

1. das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 05.04.1995 und die Honorarbescheide AOK der Beklagten für die Quartale III und IV/92 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 06.07.1993 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, sie - die Kläger - bzgl. ihrer Honoraransprüche für diese Quartale neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, es treffe zu, daß zwischen Laborärzten und selbstzuweisenden Ärzten hinsichtlich der Leistungen nach O II und O III EBM zunächst nicht differenziert werde. Diese Differenzierung trete jedoch dann ein, wenn der festgesetzte Punktwert aufgrund einer steigenden Mengenentwicklung absinke. Sodann koppele sich das für Laborleistungen vorgesehene Budget der Laborärzte und Mikrobiologen von demjenigen der übrigen Ärzte ab und bilde eine eigene Teilgesamtvergütung. Selbstzuweisende Ärzte partizipierten an diesem fachgruppenbezogenen Sondertopf nicht. Damit werde genau das bezweckt, was das BSG in seiner Entscheidung vom 29.09.1993 als wesentlich erachte, nämlich die Bildung getrennter Töpfe für Laborärzte und selbstzuweisende Ärzte. Daß dies nicht von vornherein geschehe, sei völlig unschädlich, da der Trennungsmechanismus exakt dann greife, wenn der Punktwert aufgrund der Mengenentwicklung degrediere. Die Mengenentwicklung als solche sei wiederum nach der Auffassung des BSG im wesentlichen von den Selbstzuweisern gesteuert. Mit der automatischen Bildung eines eigenen Topfes bei sinkendem Punktwert werde dieser Einfluß der selbstzuweisenden Ärzte gestoppt. Für die Auffassung der Kläger, neben der Bildung eines eigenen Topfes für Laborärzte müsse auch ein eigener Punktwert für diese Fachgruppe geschaffen werden, gebe das Urteil des BSG nichts her. Der Senat stelle vielmehr fest, daß aus dem Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit nicht abgeleitet werden könne, Laborärzten stünde ein bestimmter höherer Punktwert, etwa wie für die allgemeinen Leistungen, zu. Es könne auch nicht beanstandet werden, daß Leistungen nach O II und O III EBM zusammengefaßt worden seien. Diese Leistungen seien typischerweise diejenigen, welche von Laborärzten im Auftrag erbracht würden, während Leistungen nach O I EBM nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtvolumen der Auftragsfälle ausmachten, da sie von vielen Ärzten selbst erbracht werden könnten. Dem Vortrag der Kläger, die Kostensituation sei wegen unterschiedlicher Rationalisierungsmöglichkeiten bei Leistungen nach O II und O III EBM unterschiedlich, sei entgegenzuhalten, daß mit dem Punktwert für rationalisierungsfähige Leistungen die höheren Kosten für die Leistungen nach O III EBM ausgeglichen werden könnten. Es handele sich folglich um eine Mischkalkulation, die dem vertragsärztlichen Honorierungssystem nicht fremd sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Gründen des angefochtenen Urteils an.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten; der Inhalt der Beiakten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Es handelt sich vorliegend um eine Angelegenheit der Kassenärzte (§§ 33, 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), so daß der Senat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Kassenärzte entscheidet.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die von den Klägern angefochtenen Regelungen im HVM betreffend die Vergütung der Laborleistungen und die auf ihnen beruhenden Honorarbescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

Die hier maßgebliche Bestimmung des § 5 III des HVM verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütung unter die Kassenärzte. Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V).

Wie das BSG bereits wiederholt entschieden hat (s. SozR 3 - 2500 § 85 Nrn. 4, 11), läßt sich aus § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V nicht herleiten, daß die kassenärztlichen Leistungen nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig nach einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert honoriert werden müssen. Vielmehr läßt das Gesetz eine Aufteilung der Gesamtvergütung in Teilbudgets zu mit der Folge, daß die kassenärztlichen Leistungen nicht mehr entsprechend dem EBM im selben Verhältnis, sondern, abhängig von der Mengenentwicklung im jeweiligen Leistungsbereich, unterschiedlich hoch vergütet werden. Für die Zulässigkeit einer solchen Aufteilung in Teilbudgets spricht auch die Vorschrift des § 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V, wonach eine nach Arztgruppen und Versorgungsgebieten unterschiedliche Verteilung zulässig ist. Allerdings darf die Kassenärztliche Vereinigung im Hinblick auf die berufsregelnde Tendenz von Honorarverteilungsvorschriften die Verteilung nicht frei nach ihrem Ermessen vornehmen. Vielmehr muß sie den aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit beachten, wonach zwar die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind, aber Unterschiede, die typischerweise innerhalb der betroffenen Berufsgruppe bestehen, auch bei der Honorarverteilung berücksichtigt werden müssen, wenn sie so bedeutsam sind, daß ihre Beachtung nach einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint (BSG a.a.O. § 85 Nr. 4). Durch die Pflicht zur Beachtung des Gleichheitsgebotes wird es der Kassenärztlichen Vereinigung nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität einer Regelung zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Der Gleichheitssatz läßt ihr einen weiten Gestaltungsspielraum. Ob sie jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist vom Gericht nicht nachzuprüfen (BSG a.a.O.).

Entgegen der Ansicht der Kläger verstößt § 5 III HVM der Beklagten nicht gegen das Gebot der Verteilungsgerechtigkeit, da er hinreichend zwischen Auftragsleistungen erbringenden Ärzten - wie den Klägern - und sogenannten Selbstzuweisern differenziert.

§ 5 III 1. HVM regelt die Vergütung der Laborleistungen nach dem Abschnitt O I EBM/BMÄ. Bei diesen Leistungen handelt es sich um die Basisuntersuchungen, die zum Standard einer jeden Arztpraxis gehören. Sie fallen bei ausschließlich Auftragsleistungen erbringenden Ärzten nur in sehr geringem Umfang an (nach den Abrechnungen in den streitigen Quartalen ca. 1,7 % der von den Klägern angeforderten Laborleistungen) und werden weit überwiegend in den einzelnen Arztpraxen selbst erbracht. Unter Beachtung des der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraumes und im Interesse der Praktikabilität erscheint daher für den Bereich O I wegen der für die Laborärzte geringen praktischen Bedeutung die Bildung eines eigenen Honorartopfes für Laborärzte nicht zwingend geboten, so daß insoweit die Vergütung aus einem Topf für alle Arztgruppen nicht zu beanstanden ist.

Für die Laborleistungen nach den Abschnitten O II (allgemeine Untersuchungen) und O III (spezielle Untersuchungen) EBM/BMÄ wird gem. § 5 III 2. ein eigener Honorartopf gebildet. Diese Leistungen werden mit dem vereinbarten Vertragspunktwert vergütet, so daß zunächst keine Unterscheidung zwischen Laborärzten und Selbstzuweisern getroffen wird. Diese Differenzierung erfolgt jedoch, sobald aufgrund von Leistungsausweitungen der mit dem Vertragspunktwert bewertete Leistungsbedarf den für O II und O III Leistungen vereinbarten Teilbetrag der Gesamtvergütung übersteigt und der Punktwert durch Quotierung absinkt. Sodann wird für die Laborärzte und Mikrobiologen - die Auftragsleistungen erbringenden Ärzte - eine eigene Teilgesamtvergütungsgruppe gebildet, an der die selbstzuweisenden Ärzte nicht teilnehmen. Dadurch wird erreicht, daß Leistungsausweitungen, die durch die selbstzuweisenden Ärzte veranlaßt sind, die ihr Leistungsspektrum und ihren Leistungsumfang im wesentlichen selbst bestimmen können, sich nicht auf das Honorar der Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte auswirken. Durch die Einführung eines garantierten Mindestpunktwertes von 6 Pf. ist zudem gewährleistet, daß der Punktwert nicht unter eine noch vertretbare Mindestgrenze absinkt. Entgegen der Ansicht der Kläger sind diese im HVM der Beklagten getroffenen Regelungen auch geeignet, auf die Mengenentwicklung einzuwirken, da sich Leistungsausweitungen, die nicht durch Auftragsleistungen erbringende Ärzte, sondern durch Selbstzuweiser verursacht werden, ausschließlich auf die Verteilung der für diese Gruppe zur Verfügung stehenden Teilgesamtvergütung auswirken und damit nur deren Punktwert beeinflussen.

Die Honorarverteilungsregelungen für die Laborleistungen im HVM der Beklagten unterscheiden sich somit ganz wesentlich von denen im HVM der Kassenärztlichen Vereinigung H., die das BSG in seinem Urteil vom 29.09.1993 (SozR 3 a.a.O. § 85 Nr. 4) wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit für rechtswidrig erklärt hat. Der HVM der Kassenärztlichen Vereinigung H. sah für sämtliche Laborleistungen die Vergütung mit einem einheitlichen, von der Höhe des zur Verfügung stehenden Budgets und der Leistungsmenge abhängigen Punktwert vor. Das BSG hat bemängelt, daß diese Regelungen die Unterschiede vernachlässigten, die sich zwischen Laborärzten auf der einen und anderen Laboruntersuchungen ausführenden Ärzten auf der anderen Seite dadurch ergäben, daß erstere ausschließlich Auftragsleistungen erbrächten, während letztere ihr Leistungsspektrum und ihren Leistungsumfang im wesentlichen selbst bestimmen könnten. Auch seien gleichermaßen solche Leistungen erfaßt (im wesenlichen des Abschnitts O II des EBM), bei denen sich durch die Möglichkeit der Rationalisierung selbst bei sinkendem Punktwert noch größere Gewinne erzielen ließen, wie auch solche Leistungen (im wesentlichen des Abschnitts O III des EBM), die wegen hoher Kostenanteile und geringerer oder fehlender Rationalisierungsmöglichkeiten nur bei einem bestimmten höheren Mindestpunktwert kostendeckend erbracht werden könnten. Dies benachteilige die Gruppe der Laborärzte, die in ihrer Praxis überwiegend solche Spezialuntersuchungen gem. Abschnitt O III des EBM ausführten, und begünstige demgegenüber die Mitglieder von Laborgemeinschaften, für die wegen der vorteilhaften Kostenstrukturen bei den von ihnen in Auftrag gegebenen allgemeinen Laboruntersuchungen nach Abschnitt O II des EBM und der Möglichkeit, diese Untersuchungen ohne Erbringung einer eigenen ärztlichen Leistung abrechnen zu können, zudem ein erheblicher wirtschaftlicher Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge bestehe.

Diese vom BSG herausgestellten Unterschiede zwischen den Laborärzten einerseits und den selbstzuweisenden Ärzten andererseits werden durch die dargestellten Regelungen im HVM der Beklagten angemessen berücksichtigt, die sicherstellen, daß sich durch die selbstzuweisenden Ärzte verursachte Ausweitungen der Leistungsmenge nicht auf den Punktwert und damit das Honorar der Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte auswirken. Dies gilt auch, soweit es um die Zusammenfassung der Leistungen nach O II und O III EBM/BMÄ in einem Honorartopf geht. Auch insofern besteht der entscheidende Unterschied zwischen dem HVM der Kassenärztlichen Vereinigung H. und dem der Beklagten darin, daß beim Absinken des Punktwertes eine eigene Teilgesamtvergütungsgruppe gebildet wird, so daß wegen der getrennten Honorartöpfe eine Begünstigung der selbstzuweisenden Ärzte zu Lasten der Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte durch eine Ausweitung der kostengünstiger zu erbringenden Leistungen nach O II ausgeschlossen ist. Daß im eigenen Honorartopf der Laborärzte die Leistungen nach O II und O III mit demselben Punktwert vergütet werden, beeinträchtigt die Verteilungsgerechtigkeit nicht. Das wertmäßige Verhältnis dieser Leistungen zueinander, die Punktebewertung der einzelnen Leistungen, wird nicht durch den HVM, sondern durch den EBM bzw. BMÄ festgelegt. Da die Auftragsleistungen erbringenden Laborärzte an den ihnen erteilten Auftrag gebunden sind, ist es ihnen nicht möglich, durch eigenveranlaßte Ausweitung kostengünstig zu erbringender Leistungen den Honoraranspruch der übrigen an dem Sondertopf der Laborärzte beteiligten Ärzte zu beeinflussen. Schließlich hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, daß mit dem Punktwert für rationalisierungsfähige Leistungen nach O II - vor allem Praxisgemeinschaften, wie sie auch die Kläger führen, kommen Rationalisierungsmöglichkeiten zugute - höhere Kosten nach O III ausgeglichen werden können und es sich insoweit um eine Mischkalkulation handelt, was nicht zu beanstanden ist.

Im Ergebnis ist somit festzustellen, daß die streitigen Honorarverteilungsregelungen mit dem Gebot der Verteilungsgerechtigkeit vereinbar und die angefochtenen Honorarbescheide rechtmäßig sind.

Danach war die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 SGG. Im Hinblick auf den ab 01.01.1993 gültigen § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG hat der Senat die Kostenentscheidung des SG abgeändert. Hierzu war er berechtigt, obwohl er die Entscheidung des SG in der Hauptsache bestätigt hat, da das Verbot der reformatio in peius für die Kostenentscheidung nicht gilt (s. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 5. Auflage 1993, § 193 Rdnr. 16 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved