L 9 R 4959/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 5875/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4959/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. November 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.

Das SG hat den Antrag der Antragstellerin mit zutreffender Begründung abgelehnt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Gründe weitgehend ab und weist die Beschwerde insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist klarstellend mit Blick auf die Einlassungen im Beschwerdeverfahren auf Folgendes hinzuweisen:

Der Antragstellerin ist zunächst zuzugestehen, dass ihr aus dem Altersrentenbescheid für schwerbehinderte Menschen vom 26.09.2006 (in der Fassung des letzten Anpassungsbescheides) Rentenleistungen in der entsprechenden Höhe zustanden, solange diese Bewilligung weder aufgehoben noch abgeändert war. Insoweit ist es ebenfalls zutreffend, dass weder am 30.09.2014 noch am 31.10.2014 Gutschriften der Rente auf ihrem Konto vermerkt sind. Der Antragstellerin ist bis dahin auch weder eine förmliche Einstellungsverfügung noch sonst ein aufhebender oder abändernder Verwaltungsakt zugegangen, wenngleich sie durch den vorangegangenen Schriftverkehr wusste, dass eine Neuberechnung der Rente wegen des von ihr nicht mitgeteilten dauerhaften Auslandsaufenthaltes erforderlich werden würde. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin zitiert die Regelung des § 118 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) aber unvollständig, denn dieser Vorschrift lässt sich entnehmen, dass laufende Geldleistungen (mit Ausnahme der Übergangsgeldes) zum letzten Bankarbeitstag des Monats ausgezahlt werden, der dem Monat vorausgeht, in dem sie fällig werden. Damit erhielt die Antragstellerin die Rente für den Monat September am 29.08.2014 überwiesen. Dies entspricht dem vorliegenden Kontoauszug, dem sich die Gutschrift an diesem Tag für "09.2014" entnehmen lässt. Außerdem ergibt sich aus dem vorliegenden Kontoauszug unzweideutig die Zahlung eines Vorschusses am 20.10.2014 für den Monat Oktober 2014 in Höhe von 375 EUR. Unter Berücksichtigung dessen ist zunächst und aus der Sicht der Antragstellerin nicht von einer Einstellung der Rentengewährung auszugehen, denn eine solche hat die Antragsgegnerin nicht verlautbart, sondern allenfalls vom Verzug mit den gemäß § 118 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu gewährenden Leistungen. Damit ist aufgrund des bestandskräftigen Bewilligungsbescheides und des am 20.10.2014 gutgeschriebenen Vorschusses zum Zeitpunkt des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Rente nicht vollständig ausbezahlt worden.

Ferner stellt der Senat aufgrund der Aktenlage fest, dass die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass die von der Antragsgegnerin verfügte Vorschusszahlung für November 2014 am 10.11.2014 in Höhe von 766,30 EUR und weitere Beträge in Höhe von 1420,13 EUR am 11.11.2014 und in Höhe von 344,81 EUR am 12.11.2014 bei ihr nicht eingegangen sind. Hierzu wäre sie unter Vorlage eines Kontoauszuges für diese Monate aber ohne weiteres auch im Antragsverfahren in der Lage gewesen. Der Senat geht infolgedessen davon aus, dass diese Zahlungen tatsächlich erfolgt sind und dem Konto der Antragstellerin auch tatsächlich zeitnah gutgeschrieben wurden. Dies gilt umso mehr deshalb, weil die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zunächst nur auf einen fehlenden Bescheid verwiesen hat, aus dem ersichtlich werden soll, mit welchen Zahlungen sie in Zukunft rechnen kann. Ausgehend von diesen Zahlungen, die wie bereits vermerkt ohne einen Einstellungsverwaltungsakt gezahlt wurden, ist weder ausreichend dargelegt noch ersichtlich, dass Leistungen über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erforderlich waren. Dass solche Bescheide erlassen sind, hat die Antragsgegnerin dem Bevollmächtigten der Antragstellerin bereits im Schriftsatz vom 13.11.2014 mitgeteilt. Für die Übersendung und Bekanntgabe bedarf es weder eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens noch einer Beschwerde gegen einen nicht stattgebenden Beschluss des SG.

Die Antragstellerin hat zudem nicht einmal ergänzend eine Leistungsklage auf Auszahlung der aus ihrer Sicht bestandskräftig bewilligten Rente erhoben, sondern allein einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Dabei kann offenbleiben, ob sich diese auf eine Sicherungsanordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 S. 1 SGG bezog, die der Sicherung eines bestehenden Zustandes dienen soll (hier: Auszahlung der bescheidmäßig festgestellten Altersrente für schwerbehinderte Menschen) oder eine Regelungsanordnung beinhalten sollte. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG ist jedenfalls u.a. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend anzuwenden, weshalb daher auch die Verpflichtung besteht, den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Versucht die Antragstellerin also nicht ausschließlich, die ihr bereits bewilligten Leistungen in einem Klageverfahren durchzusetzen, sondern begehrt sie die (vorläufige?) Auszahlung im Rahmen eines Verfahrens nach § 86b Abs. 2 SGG, hat sie auch die besondere Eilbedürftigkeit des Antrages glaubhaft zu machen.

Eine solche Eilbedürftigkeit bzw. der Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers – unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter – unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27.12.2012 – L 3 AS 943/12 B PKH – in Juris). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen oder glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. 12. 2012, a.a.O.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl., 2012, § 86b Rdnr. 27a). Darüber hinaus kommt grundsätzlich nicht in Betracht, Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung für Zeiten vor Eingang des Antrages bei Gericht zuzusprechen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn 35a m.w.N.). Für die Zeit vor der gerichtlichen Entscheidung kommt eine zusprechende Entscheidung nur dann in Betracht, wenn der Anordnungsgrund nicht nachträglich weggefallen ist (vgl. Keller ebenda).

Unter Berücksichtigung dessen und des Umstandes, dass die Antragstellerin den Zugang der Bescheide vom 06.11.2014 und 10.11.2014 bestreitet, sind im November 2014 Zahlungen der Antragsgegnerin erfolgt, die ihren Zahlungsanspruch aus dem Rentenbescheid vom 26.09.2006 (in Gestalt des letzten Anpassungsbescheides) deutlich übertroffen hat. Denn nach den von der Antragstellerin nicht substantiiert widerlegten Einlassungen der Antragsgegnerin hat diese am 10.11.2014 einen Betrag in Höhe von 766,30 EUR, am 11.11.2014 einen Betrag in Höhe von 1420,13 EUR und am 12.11.2014 einen Betrag in Höhe von 344,81 EUR angewiesen. Dem stand ein Anspruch aus der bestandskräftig bewilligten Rente lediglich in Höhe von 775,22 EUR gegenüber. Insgesamt betrachtet erhielt die Antragstellerin damit im November deutlich mehr als ihr bewilligt war und statt der ihr für die Monate Oktober bis Dezember 2014 zustehenden 2325,66 EUR erhielt sie von der Antragsgegnerin bis Mitte November sogar insgesamt 2906,24 EUR (vgl. Anweisungen im November 2014 zuzüglich des Vorschusses für Oktober in Höhe von 375 EUR). Die Gutschriften erfolgten zudem auf einem Konto der Antragstellerin in Deutschland, sodass von einer Laufzeit von einem bis zwei Bankarbeitstagen ausgegangen werden kann. Das SG hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung daher auch aus diesem Gesichtspunkt zu Recht abgelehnt. Maßgebend ist insoweit im Übrigen der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (Keller, a.a.O., Rn 44).

Dies gilt auch für die vom SG getroffene Kostenentscheidung. Ein behauptetes rechtwidriges Verhalten der Antragsgegnerin, das unter dem Gesichtspunkt der gemäß § 118 SGB VI verspäteten Zahlungen zu sehen wäre, führt vorliegend nicht zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin oder eines Teiles hiervon. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach Eingang des Antrages beim SG am 03.11.2014 bereits am 10.11.2014 und damit nur eine Woche später die erste der genannten Zahlungen angewiesen wurde. Trotz der entsprechenden Erläuterung durch die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 13.11.2014 hat die Antragstellerin hieraus keine Konsequenzen gezogen und den Antrag etwa in der Hauptsache für erledigt erklärt (oder durch die Vorlage von Unterlagen den fehlenden Zahlungseingang belegt). Soweit die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nunmehr nach dem Hinweis des Senats auf den Zeitpunkt des Einganges des Antrages bei Gericht abstellt, belegt dies, dass die Zahlungen zwischenzeitlich tatsächlich dem Konto der Antragstellerin gutgeschrieben sind und sie auch ab Januar 2015 einen laufenden Zahlbetrag in Höhe von 853,81 EUR erhält. Dieser Sachverhalt ist auch im Rahmen der Kostenentscheidung des Antrags- wie auch des Beschwerdeverfahrens zu würdigen. Darüber hinaus ist zu würdigen, dass für den hier verbleibenden Zeitraum von allenfalls zwei Wochen ab 03.11.2014 eine konkrete Notlage nicht entsprechend § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht worden ist. Die Antragstellerin führte zwar aus, ihre Miete, den Strom, das Wasser und ihren Lebensunterhalt nicht mehr bezahlen zu können. Sie hat es aber versäumt, die Höhe und die Fälligkeit dieser Aufwendungen konkret darzulegen und durch entsprechende Belege glaubhaft zu machen. Darüber hinaus fehlt jede Erläuterung und Glaubhaftmachung mit Bezug auf eventuell vorhandenes Vermögen und Ausführungen zu weiteren Konten bei deutschen und/oder paraguayischen Banken oder Sparkassen. Schließlich fehlt konkreter Vortrag (nebst Nachweisen hierfür), welche unzumutbaren Nachteile durch die verzögerten Leistungen eingetreten waren oder einzutreten drohten. Auch im Beschwerdeverfahren wird ein unzumutbarer Nachteil nur behauptet, ohne ihn konkretisiert und belegt zu haben. Von dem Erfordernis der Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit ist im Übrigen nicht schon deshalb abzusehen, weil - wie die Antragstellerin meint - eine Hauptsache offensichtlich zulässig und begründet wäre (Keller a.a.O., Rn 29 m.w.N.).

Nichts anderes ergibt sich für die Kostenentscheidung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, die auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruht. Soweit die Beschwerde nur deshalb eingelegt worden sein sollte, weil das SG keine Kostenerstattung verfügt hat, wäre sie schon deshalb als unzulässig zu verwerfen gewesen (Beschluss des erkennenden Senats vom 17.01.2014, L 9 AS 164/14 ER-B). Soweit die Antragstellerin an ihrem ursprünglichen Antrag festhalten will, ist dieser unbegründet, weil auch hier gilt, dass der Antragstellerin höhere Leistungen ausbezahlt werden, als durch den Altersrentenbescheid bewilligt wurden. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von der Antragstellerin offensichtlich noch nicht bekannt gegebenen Bescheiden ist unabhängig davon, dass sich diese wohl begünstigend auswirken dürften, nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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