L 11 EG 3513/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 EG 4245/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 3513/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.07.2014 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin für den 6. und 7. Lebensmonat ihres 2012 geborenen Sohnes einen Anspruch auf Elterngeld hat.

Die 1985 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Seit dem 13.01.2012 ist sie mit ihrem 1974 geborenen Ehemann verheiratet, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. 2012 wurde der Sohn der Klägerin, H. Y. Yi., geboren. Er lebt mit seinen Eltern in einem Haushalt und wird von diesen selbst betreut und erzogen.

Am 10.08.2012 beantragte die Klägerin die Bewilligung von einkommensunabhängigem Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags von 300,00 EUR monatlich zuzüglich eventueller Zuschläge für Geschwisterkinder für den 1. bis 12. Lebensmonat ihres Sohnes. Auf Anforderung der Beklagten legte die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), ausgestellt durch die Stadtverwaltung Ludwigshafen/Rhein vom 07.12.2009 vor. Der Aufenthaltstitel war gültig bis zum 05.12.2012. Eine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit war gestattet.

Durch Bescheid vom 23.08.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den 1. bis 5. Lebensmonat ihres Sohnes einkommensunabhängiges Elterngeld in Höhe von monatlich 375,00 EUR. Für den 6. bis 12. Lebensmonat lehnte sie die Bewilligung von Elterngeld ab. Die Klägerin besitze nicht die deutsche Staatsangehörigkeit und sei nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, des europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz. Voraussetzung für den Bezug von Elterngeld sei deshalb das Vorliegen einer Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtige. Ein Anspruch auf Elterngeld bestehe nur bis zum Ende des Lebensmonats, für den diese Berechtigung vorliege. Daher habe für die Klägerin Elterngeld nur bis zum Ende des 5. Lebensmonats des Kindes bewilligt werden können. Die Beklagte wies darauf hin, dass der Bewilligungsbescheid überprüft werden könne, wenn der Aufenthaltstitel der Klägerin verlängert werde.

Mit Schreiben vom 27.09.2013 legte die Klägerin die ihr am 20.02.2013 durch die Stadt M. erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs 1 Satz 1 Nr 3 Aufenthaltsgesetz vor. Diese ist gültig bis zum 19.02.2016. Eine Erwerbstätigkeit wurde gestattet.

Unter dem 02.10.2013 erließ die Beklagte daraufhin einen Änderungsbescheid, durch den nunmehr auch für den 8. bis 12. Lebensmonat des Sohnes der Klägerin Elterngeld in Höhe von 375,00 EUR monatlich bewilligt wurde. Hiergegen legte die Klägerin am 25.10.2013 Widerspruch ein. Ihr stehe auch für den 6. und 7. Lebensmonat ihres Sohnes Elterngeld zu, da sie mit einem Deutschen verheiratet sei und auch das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitze.

Auf Nachfrage der Beklagten bei der zuständigen Ausländerbehörde teilte diese mit, dass die Klägerin in der Zeit vom 05.12.2012 bis 19.02.2013 über keinen Aufenthaltstitel verfügte. Sie habe auf die Schreiben der Ausländerbehörde hinsichtlich des Ablaufs der bisherigen Aufenthaltserlaubnis nicht reagiert. Erst als ein Ermittler der Ausländerbehörde im Februar 2013 die Klägerin aufgesucht habe, habe sie am 20.02.2013 eine neue Aufenthaltserlaubnis beantragt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2013 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin zurück. Ausländer, die keine Aufenthaltserlaubnis hätte, hätten keinen Anspruch auf Elterngeld. Ein Anspruch auf Elterngeld bestehe erst ab dem Lebensmonat, zu dessen Beginn der Ausländer im Besitz der Aufenthaltserlaubnis sei.

Am 19.12.2013 hat die Klägerin zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben.

Sie wiederholt, dass sowohl ihr Kind, für das sie Elterngeld beantragt habe, als auch ihr Mann die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen würden. Sie habe sich nicht illegal in Deutschland aufgehalten. Der Aufenthaltstitel sei absichtlich oder unabsichtlich seitens der Ausländerbehörde erst ab einem späteren Datum ausgestellt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.07.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Durch die Formulierung des § 1 Abs 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) werde deutlich, dass eine Ausländerin nur dann anspruchsberechtigt sei, wenn sie den maßgeblichen Aufenthaltstitel "besitze". Elterngeld könne daher frühestens ab diesem Zeitpunkt bezogen werden. Selbst wenn im Aufenthaltstitel eine Rückwirkung angeordnet worden wäre, ließe die Erteilung des Aufenthaltstitels den Anspruch auf Elterngeld nur für die Zukunft entstehen. Es sei insoweit unerheblich, ob die Klägerin im 6. und 7. Lebensmonat ihres Sohnes einen Anspruch darauf hatte, dass ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Denn der Anspruch auf Elterngeld knüpft an den Besitz eines aufenthaltsberechtigten Aufenthaltstitels an und nicht an den Anspruch auf dessen Erteilung. Weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids wurde die Berufung zugelassen. In der Rechtsmittelbelehrung wurde allerdings auf das Rechtsmittel der Berufung hingewiesen.

Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 02.08.2014 zugestellt.

Am 18.08.2014 hat die Klägerin Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem bisherigen Verfahren. Da ihr Mann und ihre Kinder deutsche Staatsangehörige seien und sie nach dem Gesetz sogar die Möglichkeit habe, deutsche Staatsbürgerin zu werden, sei das Urteil des SG aufzuheben und Elterngeld für den 6. und 7. Lebensmonat ihres Kindes zu gewähren.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.07.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 23.08.2012 und 02.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.12.2013 zu verurteilen, ihr Elterngeld anlässlich der Geburt ihres Sohnes H. Y. auch für dessen 6. und 7. Lebensmonat in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdewert für eine Berufung nicht überschritten werde und daher die Berufung unzulässig sein dürfte. Eine Rückmeldung erfolgte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, sie ist unzulässig.

Welches Rechtsmittel eingelegt wird, ist nach dem objektiven Erklärungswert auszulegen. Die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 14.08.2014, welches beim LSG am 18.08.2014 einging, kein Rechtsmittel bezeichnet ("Widerspruch gegen Gerichtsurteil AZ: S 6 EG 4245/13"). In der Sache bezieht sich die Klägerin auf den Gerichtsbescheid des SG vom 31.07.2014, mit welcher ihre Klage gegen die Beklagte abgewiesen wurde. In den nachfolgenden Ausführungen rügt die Klägerin die Unrichtigkeit des Urteils.

Bei der Auslegung von Prozesshandlungen ist Art 19 Abs 4 Grundgesetz (GG) zu beachten, der die Effektivität des Rechtsschutzes garantiert und verbietet, den Zugang zum Gericht in unzumutbarer Weise zu erschweren (Bundessozialgericht [BSG] 28.11.2007, B 11a/7a AL 34/07 B, SozR 4-1500 § 151 Nr 3). Entsprechend wurde die Klägerin im Erörterungstermins am 10.11.2014 darauf hingewiesen, dass eine Berufung vorliegend nicht zulässig ist und Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden müsste. Eine Rückmeldung erfolgte allerdings nicht. Da die Klägerin eine inhaltliche Überprüfung des Urteils des SG begehrt, kann in Übereinstimmung mit der Rechtsmittelbelehrung des SG ihr Begehren nur dahingehend verstanden werden, dass die Klägerin Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 31.07.2014 eingelegt hat (vgl Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11 Auflage, vor § 143 Rdnr 15b). Auch wenn in der Sache die Berufung unzulässig ist, kann gegen den Willen der Klägerin hier nicht von einer Nichtzulassungsbeschwerde ausgegangen werden.

Die Berufung der Klägerin ist mangels Erreichens der Beschwerdesumme unzulässig. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).

Vorliegend begehrt die Klägerin Elterngeld für den 6. und 7. Lebensmonat ihres am 25.07.2012 geborenen Sohnes. Da die Klägerin im maßgeblichen Bemessungszeitraum weder über Einkommen aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit verfügte, kommt vorliegend als maximal zu gewährender Betrag pro Lebensmonat 300,00 EUR zuzüglich eines Geschwisterbonus in Höhe von 75,00 EUR in Betracht. Dementsprechend hat die Klägerin auch Elterngeld in dieser Höhe beantragt und die Beklagte für den 1. bis 5. und den 8. bis 12. Monat Elterngeld in Höhe von 375,00 EUR monatlich gewährt. Damit bildet aber Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nur ein Betrag in Höhe von 750 EUR, weshalb die Beschwerdesumme des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht erreicht ist. Streitig sind auch nicht Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr. Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Berufung auch nicht zugelassen. Insbesondere stellt die unrichtige Rechtsmittelbelehrung keine Zulassung der Berufung dar (BSG 30.01.1957, 1 RA 63/56 BSGE 4, 261; BSG 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris). Eine Prüfung des klägerischen Begehrens in der Sache ist dem Senat somit verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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