Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 2789/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5260/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. November 2014 abgeändert und der Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellerinnen ab dem 31. Oktober 2014 bis zur Bestandskraft der Bescheide vom 14. Oktober 2014, längstens jedoch bis zum 31. März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung eigener Einkünfte der Antragstellerinnen zu 1 und 2 (Kindergeld und ggf. Unterhalt bzw. ggf. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz) in Höhe von 80 vom Hundert des jeweils geltenden Regelbedarfes zu bewilligen.
Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerinnen abgelehnt und die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Beschwerde ist jedoch nur zum Teil begründet. Die Antragstellerinnen haben Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, aber nicht im beantragten Umfang.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Ist ein Erfolg in der Hauptsache nur möglich, ist im Wege einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragstellerinnen zu entscheiden, wenn schwere, über einen wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen drohen (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage, Rdnr. 359 ff. m.w.N auf die Rechtsprechung des BVerfG). Dies gilt auch im Falle einer komplexen Rechtslage (BVerfG, z.B. Beschlüsse vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05 und 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, veröffentlicht in Juris). Um eine vollständige Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden, ist es dann aber möglich und hier geboten, die Leistung mit einem Abschlag zuzusprechen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.; Lüdtke, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 86b SGG Rdnr. 46; Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, 2. Auflage, § 86b SGG Rdnr. 71; wohl auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 86b Rdnr. 35d). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind den Antragstellerinnen im Wege der Folgenabwägung vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zur Gewährleistung des Existenzminimums dem Grunde nach mit einem Abschlag zuzusprechen.
Die Antragstellerin zu 1 erfüllt somit die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II als sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des nach § 7a noch nicht erreicht hat (Nr. 1), erwerbsfähig ist (Nr. 2) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (Nr. 4; vgl. Bl. 86/87 V-Akte). Die andere Antragstellerin lebt mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Der Anspruch ist nach der Gesetzeslage allerdings nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, wonach vom grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis diejenigen Ausländer (und deren Familienangehörige) ausgeschlossen sind, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Strittig ist somit, ob der Arbeitsplatzverlust überhaupt selbst verschuldet war; zum anderen ist rechtlich unklar, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform ist, nachdem die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2013 noch nicht ergangen ist.
Allerdings ist die Rechtslage komplex (s. auch den angefochtenen Beschluss) und es besteht im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des BSG (Beschluss vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 9/13 R) die Möglichkeit, dass der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geregelte Ausschluss von Unionsbürgern von Leistungen nicht europarechtskonform ist (vgl. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21. Juni 2013, L 12 AS 1432/13 ER-B und 5. März 2014, L 2 AS 486/14 ER-B; so auch Beschlüsse des erkennenden Senats vom 13. März 2014, L 13 AS 1121/14 ER-B; 21. März 2014, L 13 AS 994/14 ER-B und 5. Mai 2014, L 13 AS 1746/14 ER-B Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 20. Dezember 2013, L 12 AS 2265/13 B ER und L 12 AS 2266/13 B, sowie 10. Oktober 2013, L 19 AS 129/13; a. A. u. a. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2014, L 13 AS 266/13 B ER). Etwas anderes ergibt sich auch (noch) nicht aus dem Schlussantrag des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofes vom 20. Mai 2014 oder dem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 11. November 2014. Der Sachverhalt, der dem genannten Beschluss zu Grunde lag, war dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbar, denn die dortige Klägerin hatte eine Erwerbstätigkeit nicht angestrebt und hielt sich nur zum Zwecke des Bezugs von Sozialleistungen in Deutschland auf, wohingegen die Antragstellerin zu 1 - wie auch vom Beklagten im erlassenen Bescheid vom 14. Oktober 2014 Bl. 135 V-Akte ausgeführt - sich auch zum Zwecke der Arbeitssuche und auch der Wiederaufnahme einer Arbeit in Deutschland aufhält. Insoweit hat der Europäische Gerichtshof über den o.g. Vorlagebeschluss des BSG vom 12. Dezember 2013 gerade noch nicht entschieden.
Umstritten ist zwar auch, ob sie auch die hilfebedürftig ist (§ 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Dabei sind - neben Einkommen (§ 11 SGB II) - als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Die hier durchzuführende Beweisaufnahme ist Aufgabe des Hauptsacheverfahrens und im Rahmen einer summarischen Prüfung gerade nicht geboten. Auf die Ausführungen des Antragsgegners vom 19. Dezember 2014 kommt es im vorliegenden Verfahren gerade nicht an.
Die Antragstellerinnen verfügen nicht über verwertbares Vermögen und haben -abgesehen vom Kindergeld und Unterhaltsansprüchen bzw. einem Anspruch nach dem Unterhaltsvorschussgesetz- kein Einkommen, um ihren Bedarf vollständig zu decken. Angesichts dessen, dass ohne Hilfeleistungen die Existenz der Antragstellerinnen bedroht ist, gelangt der Senat - ebenso wie das Sozialgericht - im Wege der Folgenabwägung zu dem Ergebnis, dass den Antragstellern vorläufig Leistungen zu zahlen sind. Der Senat verweist insofern nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 27. November 2014, denen er sich insoweit dem Grunde nach in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Der Beschluss ist auch formell rechtmäßig ergangen, da die in der Gerichtsakte befindliche Fassung - entgegen den Ausführungen des Antragsgegners- ordnungsgemäß vom Kammervorsitzenden unterschrieben worden ist.
Da der Erfolg aber nur möglich erscheint, hält es der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens für sachgerecht, den Regelbedarf der Höhe nach mit einem Abschlag zuzusprechen, um eine vollständige Vorwegnahme zu vermeiden. Dem Senat erscheint es gerechtfertigt, einen Abschlag von 20 vom Hundert vorzunehmen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer Absenkung von sogar 30 vom Hundert (so die Rechtsfolge einer Pflichtverletzung gem. § 31a SGB II) eine Existenzgefährdung ausgeschlossen ist (s. auch § 31a Abs. 3 SGB II). Für die Vornahme eines Abschlags spricht u.a. der Gesichtspunkt, dass in den Grundsicherungsleistungen u. a. Ansparbeträge (s. hierzu Zeitschrift für das Fürsorgewesen, 2014, S. 1 ff) enthalten sind, die nicht zur unmittelbaren Existenzsicherung erforderlich sind (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.). Damit wird den Antragstellerinnen jedenfalls das zum Lebensunterhalt Unerlässliche zur Verfügung gestellt. Auf die Frage, ob der Regelsatz wegen Anwesenheit des Kindesvaters, der Teil der Bedarfsgemeinschaft geworden sein könnte, der Höhe nach auf 90 % abzusenken ist, kommt es nach der hier vertretenen Auffassung nicht mehr an.
Ferner hat der Senat entsprechend der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes von der Möglichkeit, die Leistungen zeitlich zu begrenzen, Gebrauch gemacht, damit eine vollständige Vorwegnahme verhindert und möglichen Änderungen Rechnung getragen werden kann. Der Antrag war daher auch deswegen und im Hinblick auf den Zeitraum vor dem 31. Oktober 2014 teilweise zurückzuweisen.
Damit ist dem Begehren der Antragstellerinnen dem Grunde nach auch bei einer Entscheidung im Rahmen der Folgenabwägung nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschlüsse vom 29. September 2014, L 13 AS 3957/14 ER-B, und 20. November 2014, L 13 AS 4635/14 ER-B) zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines ihm zustehenden Ermessens für maßgeblich erachtet, dass die Antragstellerinnen zeitlich und in der Höhe des Regelbedarfes nur teilweise Erfolg hatten.
Im Hinblick auf die Ausführungen des Antragsgegners sieht der Senat Anlass, darauf hinzuweisen, dass sich der Beklagte an die gesetzlichen Bestimmungen sowie die hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung zu halten hat und der vorliegende Beschluss auszuführen ist.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerinnen abgelehnt und die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Beschwerde ist jedoch nur zum Teil begründet. Die Antragstellerinnen haben Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, aber nicht im beantragten Umfang.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Ist ein Erfolg in der Hauptsache nur möglich, ist im Wege einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragstellerinnen zu entscheiden, wenn schwere, über einen wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen drohen (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage, Rdnr. 359 ff. m.w.N auf die Rechtsprechung des BVerfG). Dies gilt auch im Falle einer komplexen Rechtslage (BVerfG, z.B. Beschlüsse vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05 und 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, veröffentlicht in Juris). Um eine vollständige Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden, ist es dann aber möglich und hier geboten, die Leistung mit einem Abschlag zuzusprechen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.; Lüdtke, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 86b SGG Rdnr. 46; Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, 2. Auflage, § 86b SGG Rdnr. 71; wohl auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 86b Rdnr. 35d). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind den Antragstellerinnen im Wege der Folgenabwägung vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zur Gewährleistung des Existenzminimums dem Grunde nach mit einem Abschlag zuzusprechen.
Die Antragstellerin zu 1 erfüllt somit die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II als sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des nach § 7a noch nicht erreicht hat (Nr. 1), erwerbsfähig ist (Nr. 2) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (Nr. 4; vgl. Bl. 86/87 V-Akte). Die andere Antragstellerin lebt mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Der Anspruch ist nach der Gesetzeslage allerdings nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, wonach vom grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis diejenigen Ausländer (und deren Familienangehörige) ausgeschlossen sind, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Strittig ist somit, ob der Arbeitsplatzverlust überhaupt selbst verschuldet war; zum anderen ist rechtlich unklar, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform ist, nachdem die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 12. Dezember 2013 noch nicht ergangen ist.
Allerdings ist die Rechtslage komplex (s. auch den angefochtenen Beschluss) und es besteht im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des BSG (Beschluss vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 9/13 R) die Möglichkeit, dass der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geregelte Ausschluss von Unionsbürgern von Leistungen nicht europarechtskonform ist (vgl. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21. Juni 2013, L 12 AS 1432/13 ER-B und 5. März 2014, L 2 AS 486/14 ER-B; so auch Beschlüsse des erkennenden Senats vom 13. März 2014, L 13 AS 1121/14 ER-B; 21. März 2014, L 13 AS 994/14 ER-B und 5. Mai 2014, L 13 AS 1746/14 ER-B Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 20. Dezember 2013, L 12 AS 2265/13 B ER und L 12 AS 2266/13 B, sowie 10. Oktober 2013, L 19 AS 129/13; a. A. u. a. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2014, L 13 AS 266/13 B ER). Etwas anderes ergibt sich auch (noch) nicht aus dem Schlussantrag des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofes vom 20. Mai 2014 oder dem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 11. November 2014. Der Sachverhalt, der dem genannten Beschluss zu Grunde lag, war dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbar, denn die dortige Klägerin hatte eine Erwerbstätigkeit nicht angestrebt und hielt sich nur zum Zwecke des Bezugs von Sozialleistungen in Deutschland auf, wohingegen die Antragstellerin zu 1 - wie auch vom Beklagten im erlassenen Bescheid vom 14. Oktober 2014 Bl. 135 V-Akte ausgeführt - sich auch zum Zwecke der Arbeitssuche und auch der Wiederaufnahme einer Arbeit in Deutschland aufhält. Insoweit hat der Europäische Gerichtshof über den o.g. Vorlagebeschluss des BSG vom 12. Dezember 2013 gerade noch nicht entschieden.
Umstritten ist zwar auch, ob sie auch die hilfebedürftig ist (§ 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Dabei sind - neben Einkommen (§ 11 SGB II) - als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Die hier durchzuführende Beweisaufnahme ist Aufgabe des Hauptsacheverfahrens und im Rahmen einer summarischen Prüfung gerade nicht geboten. Auf die Ausführungen des Antragsgegners vom 19. Dezember 2014 kommt es im vorliegenden Verfahren gerade nicht an.
Die Antragstellerinnen verfügen nicht über verwertbares Vermögen und haben -abgesehen vom Kindergeld und Unterhaltsansprüchen bzw. einem Anspruch nach dem Unterhaltsvorschussgesetz- kein Einkommen, um ihren Bedarf vollständig zu decken. Angesichts dessen, dass ohne Hilfeleistungen die Existenz der Antragstellerinnen bedroht ist, gelangt der Senat - ebenso wie das Sozialgericht - im Wege der Folgenabwägung zu dem Ergebnis, dass den Antragstellern vorläufig Leistungen zu zahlen sind. Der Senat verweist insofern nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 27. November 2014, denen er sich insoweit dem Grunde nach in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Der Beschluss ist auch formell rechtmäßig ergangen, da die in der Gerichtsakte befindliche Fassung - entgegen den Ausführungen des Antragsgegners- ordnungsgemäß vom Kammervorsitzenden unterschrieben worden ist.
Da der Erfolg aber nur möglich erscheint, hält es der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens für sachgerecht, den Regelbedarf der Höhe nach mit einem Abschlag zuzusprechen, um eine vollständige Vorwegnahme zu vermeiden. Dem Senat erscheint es gerechtfertigt, einen Abschlag von 20 vom Hundert vorzunehmen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer Absenkung von sogar 30 vom Hundert (so die Rechtsfolge einer Pflichtverletzung gem. § 31a SGB II) eine Existenzgefährdung ausgeschlossen ist (s. auch § 31a Abs. 3 SGB II). Für die Vornahme eines Abschlags spricht u.a. der Gesichtspunkt, dass in den Grundsicherungsleistungen u. a. Ansparbeträge (s. hierzu Zeitschrift für das Fürsorgewesen, 2014, S. 1 ff) enthalten sind, die nicht zur unmittelbaren Existenzsicherung erforderlich sind (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.). Damit wird den Antragstellerinnen jedenfalls das zum Lebensunterhalt Unerlässliche zur Verfügung gestellt. Auf die Frage, ob der Regelsatz wegen Anwesenheit des Kindesvaters, der Teil der Bedarfsgemeinschaft geworden sein könnte, der Höhe nach auf 90 % abzusenken ist, kommt es nach der hier vertretenen Auffassung nicht mehr an.
Ferner hat der Senat entsprechend der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes von der Möglichkeit, die Leistungen zeitlich zu begrenzen, Gebrauch gemacht, damit eine vollständige Vorwegnahme verhindert und möglichen Änderungen Rechnung getragen werden kann. Der Antrag war daher auch deswegen und im Hinblick auf den Zeitraum vor dem 31. Oktober 2014 teilweise zurückzuweisen.
Damit ist dem Begehren der Antragstellerinnen dem Grunde nach auch bei einer Entscheidung im Rahmen der Folgenabwägung nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschlüsse vom 29. September 2014, L 13 AS 3957/14 ER-B, und 20. November 2014, L 13 AS 4635/14 ER-B) zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines ihm zustehenden Ermessens für maßgeblich erachtet, dass die Antragstellerinnen zeitlich und in der Höhe des Regelbedarfes nur teilweise Erfolg hatten.
Im Hinblick auf die Ausführungen des Antragsgegners sieht der Senat Anlass, darauf hinzuweisen, dass sich der Beklagte an die gesetzlichen Bestimmungen sowie die hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung zu halten hat und der vorliegende Beschluss auszuführen ist.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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