Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 R 392/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 746/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.08.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger anstelle einer Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer eine Rente wegen voller Erwerbsminderunglängstens jedoch bis zum Beginn seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu gewähren war.
Der 1949 geborene Kläger hatte von der Beklagten aufgrund eines im Gerichtsverfahren S 4 RJ 427/97 beim Sozialgericht (SG) Würzburg geschlossenen Vergleiches eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer ab dem 01.02.1995 erhalten bzw. für die Anfangszeit Übergangsgeld gewährt bekommen. Der Kläger konnte seine erlernte und auch ausgeübte Tätigkeit als Tischlermeister ab diesem Zeitpunkt dauerhaft nicht mehr ausüben und auch nicht auf andere entsprechend qualifizierte Tätigkeiten verwiesen werden.
Daneben hatte der Kläger bis 31.12.1999 eine Landwirtschaft betrieben und am 21.12.2000 bei der Alterskasse des land- und forstwirtschaftlichen Sozialversicherungsträgers Franken und Oberbayern eine Erwerbsminderungsrente beantragt gehabt. Dieser Antrag war zunächst im Verwaltungsverfahren, im Widerspruchsverfahren und im Verfahren des SG Würzburg S 2 LW 17/02 abgelehnt worden, ehe im Berufungsverfahren beim Bayer. Landessozialgericht (L 16 LW 35/05) ein Vergleich geschlossen und unter Zugrundelegung eines durch ein Gutachten des Prof. Dr. N. festgestellten Leistungsfalles vom 24.04.2006 ab 01.05.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit bewilligt wurde.
Am 27.03.2002 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers ein, worin dieser formlos die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragte; es sei eine Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation des Klägers eingetreten. Nachdem in der Folgezeit trotz Nachfrage kein Formblattantrag vorgelegt worden war, lehnte die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 24.05.2002 wegen mangelnder Mitwirkung ab und bestätigte dies mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2002. Im Verfahren S 8 RJ 680/02 beim SG Würzburg sicherte die Beklagte dem Kläger zu, das Rentenantragsverfahren fortzuführen, wenn die Formblattanträge bis spätestens 15.09.2003 bei der Beklagten eingegangen seien. Mit Telefax vom 12.09.2003 (Freitag) teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass er an diesem Tage die Formblattanträge zur Post gegeben habe, und bat um Verständnis, falls die Antragsvordrucke erst nach dem 15.09.2003 bei der Beklagten eintreffen würden. Erst am 24.09.2003 ging dann das vierseitige Antragsformular auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zusammen mit einem Deckblatt vom 22.09.2003 bei der Beklagten ein.
Die Beklagte ließ den Kläger bereits am 25.09.2003 durch den Internisten und Allergologen Dr. R. untersuchen, der in seinem Gutachten vom 26.09.2003 folgende Diagnosen aufführte:
1. Bronchiale Hyperreagibilität, jedoch ohne Obstruktionsnachweis bei Nikotinkonsum.
2. Hinweis auf multiple chemische Sensibilität nach inhalativ toxischer Langzeitbelastung mit chlorierten Kohlenwasserstoffen mit Myopathie und Polyneuropathie.
3. Übergewicht mit Fettstoffwechselstörung.
4. Rezidivierendes Cervicobrachialsyndrom nach HWS-Distorsion zweitgradig 4/2002.
5. Psychovegetatives Syndrom.
Die Leistungsfähigkeit des Klägers erlaube eine leichte Arbeit über 6 Stunden täglich, allerdings ohne schweres Heben und Tragen, ohne Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr und ohne inhalative oder toxische Belastung durch chemische Stoffe.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2003 die Umwandlung der bisherigen Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil eine volle Erwerbsminderung nicht vorliege. Sie ging dabei ohne weitere Begründung von einem am 24.09.2003 gestellten Rentenantrag aus.
Nach dem Widerspruch des Klägers vom 29.10.2003 wurde - ohne dass dies zur Kenntnis der Beklagten gelangt wäre - am 20.11.2003 im sozialgerichtlichen Verfahren S 6 LW 17/02 ein Gutachten durch die Ärztin für öffentliches Gesundheitswesen und Umweltmedizin Dr. K. erstellt, die die Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieb:
1. Bewegungs- und Belastungsminderung der Wirbelsäule mit chronischem HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen.
2. Bronchiale Hyperreagibilität.
3. Tinnitus bds., links mehr als rechts.
4. Diabetes mellitus, sensible Polyneuropathie.
5. Psychovegetatives Syndrom.
6. Leistenbruch links, Nabelbruch, Z.n. operiertem Leistenbruch rechts.
Der Kläger sei vollschichtig einsatzfähig für leichte Arbeiten in wechselnder Stellung in geschlossenen Räumen. Vermieden werden müssten besondere nervliche Belastungen, unfallgefährdete Arbeitsplätze, besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems und ungünstige äußere Bedingungen, insbesondere die Einwirkung von inhalativen Reiz- und Schadstoffen. Wegen der Polyneuropathie könnten Handarbeiten mit besonderem Anspruch an das Feingefühl nicht mehr durchgeführt werden.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet; Frau Dr. E. kam im Gutachten vom 23.04.2004 zum Ergebnis, dass zusätzlich folgende Diagnosen beim Kläger zu berücksichtigen seien:
1. Wirbelsäulensyndrom mit leicht- bis mittelgradiger Funktionsstörung, Schwindelbewegungen bei schnellem Bewegen der Halswirbelsäule ohne akute Wurzelreizsymptomatik oder neurologisch segmentbezogene Ausfälle bei Abnutzungserscheinungen in der Halswirbelsäule betont C5/C6 und beginnenden Abnutzungserscheinungen in der Lendenwirbelsäule.
2. Beginnende Funktionsstörung der Schultergelenke bei Bizepstendinitis.
3. Endgradige Funktionsstörung der Hüftgelenke mit Trochanter-Enthesopathie bei beginnenden Abnutzungserscheinungen.
4. Beginnende Abnutzung hinter den Kniescheiben.
5. Fersensporn rechts.
6. Myotendinöses Syndrom.
7. Hinweis auf Polyneuropathie.
Als zusätzliche qualitative Einschränkungen würden sich Einschränkungen für Wirbelsäulen belastende Tätigkeiten, Arbeiten über der Horizontalen und Tätigkeiten unter Gefährdungs- und Belastungsfaktoren ergeben. Ein anderes quantitatives Leistungsbild als im Vorgutachten würde sich nicht ergeben.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2004 den Widerspruch zurück, ohne auf die Einwände des Klägers hinsichtlich des Datums der Rentenantragstellung einzugehen.
Am 22.07.2004 hat der Kläger Klage zum SG Würzburg erhoben und angeführt, dass seine Gesundheitsstörungen insbesondere im Hinblick auf ein vorliegendes MCS-Syndrom nicht korrekt erfasst worden seien.
In einem parallelen Rechtstreit mit der Berufsgenossenschaft (SG Würzburg: S 5 U 26/03) ist am 25.11.2005 ein arbeitsmedizinisches Gutachten durch den Facharzt für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin Prof. Dr. Dr. W. erstellt worden.
Am 12.06.2006 ist das bereits angesprochene psychiatrische Gutachten durch Prof. Dr. A. im Verfahren L 16 LW 35/05 - erstellt worden. Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stehe eine Somatisierungsstörung, die den Kläger leichtgradig einschränke. Der Großteil der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit sei noch erhalten, was sich auch aus den Alltagstätigkeiten des Klägers in den vergangenen Jahren ablesen lasse. Nachdem der Kläger sich täglich 1 bis 2 Stunden mit seiner Symptomatik beschäftige, könne er unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses ab Dezember 2000 nur noch weniger als 6 Stunden, jedoch mindestens 4 Stunden täglich arbeiten.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.10.2006 und in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 08.12.2006 hat sich der Sachverständige mit Einwänden des Beratenden Arztes der Landwirtschaftlichen Alterskasse, Dr. S., auseinandergesetzt und ist dabei verblieben, dass unter Berücksichtigung der psychiatrischen Erkrankungen, der körperlichen Erkrankungen und zusätzlicher Berücksichtigung des Verlaufs bei zusammenfassender Würdigung beim Kläger die beschriebene zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens anzunehmen sei.
Die Beklagte hat am 27.08.2007 unter Bezugnahme auf Frau Dr. C. von ihrem sozialmedizinischen Dienst weiteren Aufklärungsbedarf geltend gemacht; derzeit sei der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung des Dr. P. der Vorzug zu geben.
Das SG hat einen Befundbericht des Allgemeinarztes O. eingeholt, der angab, der Gesundheitszustand des Klägers sei gegenüber seinem letzten Bericht unverändert.
Das SG hat nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten durch Dr. T. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Sozialmedizin am Reha-Zentrum B. - erstellen lassen. Dieser hat in seinem Gutachten vom 15.06.2008 bestätigt, dass eine Somatisierungsstörung im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stehe. Außerdem werde eine Polyneuropathie vermutet und es würden eine arterielle Hypertonie und eine Adipositas 1.Grades vorliegen. Hinzu kämen die orthopädischerseits festgestellten Gesundheitsstörungen. Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten im Umfang von 6 Stunden täglich ausüben. Eine quantitative Leistungseinschränkung auf 4 bis unter 6 Stunden, wie sie von Prof. Dr. W. angegeben worden sei, könne nicht belegt werden, da das subjektive Gefühl der verminderten Leistungsfähigkeit beim Kläger nicht ausreiche, um eine derartige Einschränkung zu begründen. Eine sozialmedizinische Beurteilung könne nicht ausschließlich aus den subjektiven Angaben des Klägers hergeleitet werden. Der beim Kläger feststellbare Tagesablauf lasse eine mehrstündige Belastungsfähigkeit erkennen, wobei allerdings qualitative Einschränkungen zu beachten seien. Es müsse sich um leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise in wechselnder Stellung handeln. Der Ausschluss der verschiedenen Geruchsbelästigungen und synthetischen Stoffe müsse gewährleistet sein. Zudem seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung zu vermeiden und wegen der leichten Polyneuropathie seien Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen nicht zumutbar. Außerdem seien die Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet zu berücksichtigen. Zu beachten sei schließlich auch, dass übermäßige Lärmbelästigung zu vermeiden sei.
Mit Urteil vom 19.08.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat aufgrund der nach Auffassung des SG schlüssigen Darlegungen des Dr. E. die Einschätzungen des Prof. Dr. W. als widerlegt angesehen und ist zum Ergebnis gekommen, dass eine zeitliche Einschränkung der Einsatzfähigkeit des Klägers nicht zu belegen sei. Auch bestehe keine schwere spezifische Leistungseinschränkung und keine Summierung von Leistungseinschränkungen. Ohne dass es darauf ankomme, sei festzustellen, dass die Beklagte zutreffend von einer Antragstellung am 24.09.2003 ausgegangen sei, nachdem der Kläger die mit der Zusicherung verbundene Frist nicht eingehalten habe.
Gegen das Urteil des SG Würzburg hat der Kläger am 01.10.2008 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Am 05.02.2009 hat der Kläger bei einem Sturz von einem Hochsitz eine distale Radiustrümmerfraktur rechts erlitten.
Mit Schreiben vom 08.07.2009 hat der Kläger neben dem laufenden Berufungsverfahren ausdrücklich einen neuen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt und hierzu die aktuellen ärztlichen Unterlagen bei der Beklagten vorgelegt. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 13.07.2009 - im Hinblick auf den laufenden Rentenrechtsstreit - zunächst eine Bearbeitung abgelehnt, dann aber das Verfahren doch durchgeführt. Am 27.07.2009 hat der Prüfarzt Dr. N. zu den ärztlichen Unterlagen Stellung genommen und ausgeführt, dass eine abschließende Beurteilung der Unfallfolgen noch nicht möglich sei; aktuell bestehe noch Arbeitsunfähigkeit beim Kläger. Die Beklagte hat im Weiteren mit Bescheid vom 07.04.2010 - den Rentenantrag des Klägers vom 08.07.2009 abgelehnt. In einem sich anschließenden Widerspruchsverfahren hat sie ein Gutachten durch den Chirurgen Dr. W. erstellen lassen. Dieser ist nach Untersuchung des Klägers am 14.10.2010 zum Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine schwere Gebrauchsbeeinträchtigung der rechten Hand mit schwergradiger Funktionseinschränkung im Handgelenk bei Z.n. operativ versorgter Radiusfraktur 2/2009 mit posttraumatischer Arthrose vorliegen würde und als weitere Diagnosen behinderte Nasenatmung, chronisches HWS-Syndrom mit mittel- bis schwergradiger Funktionseinschränkung, chronisches LWS-Syndrom mit end- bis mittelgradiger Funktionseinschränkung, bekannte bronchiale Hyperreagibilität, Tinnitus links mehr als rechts, latenter diätetisch behandelter Diabetes mellitus zu berücksichtigen seien. Der Kläger könne selbst leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen nur noch unter 3 Stunden täglich verrichten, wobei diese Feststellung rückwirkend seit 05.02.2009 gelten würde.
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 18.05.2010 dem Kläger ab 01.01.2010 eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt.
Mit Schreiben vom 26.10.2010 hat sich die Beklagte im Rahmen eines Vergleichsangebotes bereit erklärt, beim Kläger eine volle Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 05.02.2009 (Unfalltag) anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen ab dem 01.03.2009 zu gewähren. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung sei aber nur bis zum 31.12.2009 zu gewähren, da ab diesem Zeitpunkt bereits eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezogen werde.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 07.12.2010 das Vergleichsangebot abgelehnt, da ein weit früherer Leistungsfall gegeben sei. Außerdem wäre der infrage stehende Leistungsfall ohne Interesse für den Kläger, da ansonsten der Zugangsfaktor zu seiner Altersrente tangiert werde.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme ihrer Prüfärztin Frau Dr.W. vom 21.12.2010 nochmals dazu Stellung genommen, dass und warum dem Gutachten des Prof. Dr. W. nicht gefolgt werde. Ein Leistungsfall im Dezember 2000 sei aus sozialmedizinischer Sicht nicht nachvollziehbar, insbesondere da der Versicherte im Juni 2008 von Dr. Z. bei gleichbleibender Situation für leichte Arbeiten als über 6-stündig einsetzbar beurteilt worden sei.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat erneut auf die Feststellungen des Prof. Dr. B. sowie auf die in den Akten der Berufsgenossenschaft vorhandenen Feststellungen verwiesen, aus denen sich eine Lösungsmittel- und Pestizidintoxikation sowie Hirnstammbeeinträchtigungen ersehen lassen würden.
Im Erörterungstermin vom 04.10.2011 hat der Kläger die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG beantragt. In der Folgezeit hat der Bevollmächtigte des Klägers innerhalb einer vom Gericht eingeräumten Nachfrist präzisiert, dass der Antrag auf die Einholung eines Gutachtens bei Prof. Q. Nephrologe, Umweltmediziner und Internist in C-Stadt gerichtet sei. Der Senat hat die Einholung dieses Gutachtens davon abhängig gemacht, dass ein Vorschuss in Höhe von 3.000,00 EUR einzuzahlen sei, wobei die Kostenrechnung die Fälligkeit für den 11.01.2012 ausgewiesen hat. Am 16.01.2012 hat der Senat den Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass der Kostenvorschuss innerhalb der Frist nicht eingegangen sei und auch die zugleich angeforderte Erklärung über die Kostenübernahme nicht vorgelegt worden sei. Es ist eine Nachfrist zur Erfüllung der Bedingungen bis zum 26.01.2012 eingeräumt und darauf hingewiesen worden, dass nach deren erfolglosem Ablauf angenommen werde, dass kein Interesse an dem Antrag nach § 109 SGG mehr bestehe; die Streitsache würde dann alsbald terminiert werden. Mit Telefax vom 17.01.2012 hat der Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass ihm eine Zahlungsfrist bis zum 20.01.2012 erinnerlich sei und der Kostenvorschuss beschränkt werden solle, damit das Verfahrensrisiko eingeschränkt werden könne. Eine Reduzierung des angeforderten Vorschusses hat der Senat nicht als möglich angesehen und hat dies dem Bevollmächtigten des Klägers per Telefax am 19.01.2012 mitgeteilt. In der Folgezeit sind ein Zahlungseingang und ein Eingang der angeforderten Kostenübernahmeerklärung nicht zu verzeichnen gewesen. Daraufhin ist am 31.01.2012 eine Ladung für den 15.02.2012 verfügt worden.
Die Beteiligten haben sodann ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.08.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 21.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2004 aufzuheben und dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung statt Berufsunfähigkeit ab Rentenantrag - ausgehend von einer Antragstellung am 26.03.2002 - zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.08.2008 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die beigezogenen Gerichtsakten und Aktenauszüge aus den Verfahren S 4 RJ 429/97, S 8 RJ 680/02, S 8 RJ 681/02, S 13 R 439/04, L 16 LW 35/05, S 5 U 26/03 und die Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber im Rahmen des Streitgegenstandes nicht begründet. Das SG hatte zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung hat und erst ein späterer Unfall des Klägers führte zu Änderungen der gesundheitlichen Situation des Klägers, die aber Gegenstand eines eigenständigen Rentenverfahrens sind.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten dem zugestimmt hatten (§ 124 Abs 2 iVm § 153 Abs 1 SGG).
Über den vom Kläger im Gefolge des am 05.02.2009 erlittenen Unfalls am 09.07.2009 erneut gestellten Rentenantrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung hat die Beklagte unter Berücksichtigung des neu geltend gemachten Leistungsfalls mit - noch nicht bestandskräftigem - Bescheid vom 07.04. 2010 entschieden. Dieser Bescheid ist nach § 96 SGG - in der ab 01.04.2008 geltenden Fassung - nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil er die frühere Entscheidung der Beklagten weder abgeändert noch ersetzt hat, sondern sich auf einen anderen Zeitraum ab der erneuten Antragstellung bezieht (vgl. LSG Sachsen-Anhalt Urteil v. 22.09.2011 L 1 R 83/10 zitiert nach juris).
Ohne dass es im vorliegenden Rechtsstreit darauf ankommen würde, ist anzumerken, dass den Auffassungen der Beklagten und des SG Würzburg nicht darin gefolgt wird, dass erst der Formblattantrag vom 24.09.2003 für das vorliegende Verfahren der maßgebliche Antragszeitpunkt ist. Die Beklagte hatte zunächst den Antrag des Klägers vom 27.03.2002 wegen mangelnder Mitwirkung abgelehnt (§ 66 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB I-). Am 24.09.2003 hat der Kläger die Mitwirkung nachgeholt. Er hat zwar die in der Zusicherung der Beklagten enthaltene Frist nicht eingehalten; auch eine Wiedereinsetzung wegen verzögertem Postlauf kommt nicht in Betracht, da durch das Begleitschreiben eindeutig erkennbar ist, dass die Unterlagen bereits verspätet zur Post gegeben wurden. Gleichwohl wäre die Beklagte im Rahmen des § 67 SGB I zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet gewesen, wenn die materiellen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären. Die Nichteinhaltung der mit der Zusicherung verbundenen Frist führt nur dazu, dass keine Selbstbindung der Beklagten im Rahmen des § 67 SGB I mehr besteht, nicht aber dazu, dass der ursprüngliche Antrag gegenstandslos geworden wäre.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Der Kläger hat durch den Vorbezug der Rente wegen Berufsunfähigkeit unproblematisch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des 43 Abs 2 S 1 SGB VI erfüllt (§ 43 Abs 4 Nr 1 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 S 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei einer Einsatzfähigkeit von mindestens 3 Stunden, aber weniger als 6 Stunden täglich kann von einem verschlossenen Teilzeitarbeitsmarkt für die Betroffenen ausgegangen und nach der Rechtsprechung des BSG eine arbeitsmarktbedingte volle Erwerbsminderung angenommen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 11.12.1969 BSGE 30, 167 und vom 10.12.1976 BSGE 43, 75). Dagegen ist nach
§ 43 Abs 3 SGB VI bei einer täglichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens 6 Stunden eine Erwerbsminderung nicht gegeben, ohne dass es auf die jeweilige Arbeitsmarktlage ankommen würde.
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Eine volle bzw. teilweise Erwerbsminderung des Klägers entsprechend der gesetzlichen Definition wird vor dem Unfallereignis vom 05.02.2009 von keinem der im Verfahren gehörten Sachverständigen angenommen. Nachdem mit dem Unfallereignis zunächst Arbeitsunfähigkeit eingetreten war und die erneute und eigenständige Rentenantragstellung innerhalb von weniger als 6 Monaten nach dem Unfallereignis erfolgte, ist die später von Z. festgestellte volle Erwerbsminderung nicht mehr streitgegenständlich geworden. Somit kommt es auch nicht darauf an, dass der Senat die medizinischen Erkenntnisse bis zu seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat. Dies bedeutet nämlich nur, dass alle - also auch etwaige nach dem Datum des neuen Rentenantrags gewonnene, aber zurückwirkende - für den Streitgegenstand bedeutsamen Feststellungen in die Entscheidung einzubeziehen sind.
Für die Zeit vor dem 05.02.2009 stellte sich die Leistungsfähigkeit des Klägers zur Überzeugung des Senats folgendermaßen dar: Es waren leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise in wechselnder Stellung über 6 Stunden täglich möglich. Einschränkungen bestanden hinsichtlich Klettern und Steigen, dem Erfordernis von Arbeiten über der Horizontalen, schwerem Heben und Tragen oder anderen besonders wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten. Vermieden werden mussten auch besondere nervliche Belastungen und übermäßige Lärmbelästigung, besondere Unfallgefährdung vor allem durch Absturzgefahr und inhalative oder toxische Belastung durch chemische Reiz- und Schadstoffe. Auch konnten Handarbeiten mit besonderem Anspruch an das Feingefühl nicht mehr durchgeführt werden.
Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit stützt sich der Senat wesentlich auf das erstinstanzlich eingeholte Gutachten von Z. und ergänzend auf die Gutachten von Dr. F., Dr. R., Dr. N., Dr. S. und von Dr. N ... Diese haben den gesamten Komplex der gesundheitlichen Einschränkungen insbesondere auf internistischem, orthopädischem, nervenärztlichen und umweltmedizinischem Fachgebiet erfasst und zusammenschauend sozialmedizinisch gewürdigt. Neben den beschriebenen Einschränkungen der Arbeitsbedingungen war eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers zumindest auf einen Umfang von weniger als 6 Stunden täglich nicht zu belegen.
Die entgegenstehende Auffassung des Prof. Dr. E. rührt nicht aus weiteren, von den übrigen Gutachtern nicht erkannten oder nicht berücksichtigten Gesundheitsstörungen her. Vielmehr nimmt er die weitergehende zeitliche Einschränkung von einem Herabsinken der Leistungsfähigkeit unter 4 Stunden oder gar einer Aufhebung des Leistungsvermögens ist auch bei ihm keine Rede aus den psychiatrischen und körperlichen Erkrankungen unter zusätzlicher Berücksichtigung des Verlaufs im Rahmen einer zusammenfassenden Würdigung an. Widersprüchlich ist dabei jedoch schon das besondere Hervorheben des Verlaufs der Erkrankung unter gleichzeitiger Angabe, dass die Einschränkung bereits seit der Rentenantragstellung bzw. seit dem Jahr 2000 vorliegen würde. Auch wenn im Verfahren mit der landwirtschaftlichen Alterskasse ein Vergleich auf der Basis dieses Gutachtens geschlossen worden war, kommt der Senat nach Auswertung der mittlerweile zusätzlich gewonnenen medizinischen Erkenntnisse zum Ergebnis, dass der sozialmedizinischen Beurteilung des Prof. Dr. E. nicht zu folgen ist. Eine Bindung an für ein anderes Verfahren geschlossene Vergleichsergebnisse besteht ohnehin nicht. Die Hinweise des Dr. Z., wonach das subjektive Gefühl der verminderten Leistungsfähigkeit beim Kläger nicht ausreiche, um eine zeitliche Einschränkung gutachterlich zu begründen, kann der Senat dagegen nachvollziehen. Der beim Kläger feststellbare Tagesablauf lässt eine mehrstündige Belastungsfähigkeit erkennen und an geeigneten Arbeitsplätzen eben auch einen Einsatz von mindestens 6 Stunden täglich als realistisch erscheinen. Auch aus den Stellungnahmen des Dr. W., des Dr. N. und der Dr. V. wird deutlich, dass durch das Gutachten des Prof.Dr. C. der Nachweis einer für die beantragte Rente relevanten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers weder für die Zeit nach der Begutachtung und schon gar nicht für die noch frühere Zeit überzeugend geführt werden konnte.
Auch soweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einigen speziellen Fällen (sogenannten Katalogfällen) bei einer an sich 6-stündigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausnahmsweise trotzdem eine volle Erwerbsminderung vorliegen kann (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 43 SGB VI Rn. 37 m.w.N.), führt dies im Fall des Klägers nicht zu einer Rentengewährung, weil er vor seinem Unfall im Februar 2009 die dort genannten Voraussetzungen ebenfalls nicht erfüllte.
Eindeutig nicht gegeben war das Vorliegen einer schweren spezifischen Behinderung im Sinne einer funktionalen Einarmigkeit. Zwar waren beim Kläger die Handfunktionen nicht mehr in uneingeschränktem Umfang vorhanden, doch betraf dies nur besondere Fingerfeinarbeiten bei ansonsten verbliebener Handfunktion. Somit geht das verbliebene Einsatzvermögen auch der schwächeren Hand sehr weit über eine bloße Beihandfunktion hinaus, bei der die Hand nur noch über die gesteuerte Armfunktionen zum Einsatz gebracht werden könnte und bereits beim Vorliegen einer Beihandfunktion wäre eine funktionale Einarmigkeit zu verneinen gewesen.
Weiter lag beim Kläger auch keine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen vor. Zu der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten traten zunächst einige Anforderungen hinsichtlich der Körperhaltungen während der Tätigkeit hinzu, die aber bei den allermeisten leichten Tätigkeiten ohnehin nicht anfallen. Die Beschränkung hinsichtlich der nervlichen Belastbarkeit bedeutet insbesondere den Ausschluss verschiedener Schichtformen und zeitlicher Leistungsvorgaben. Die verbleibenden Tätigkeitsbereiche ohne besondere Stressbedingungen und besondere Anforderungen an die Hände sind aber immer noch so breit gestreut, dass die Beklagte konkrete Tätigkeiten, auf die der Kläger zu verweisen wäre, nicht benennen muss, sondern ihn weiterhin unspezifisch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen durfte (vgl. Gürtner a.a.O. Rn. 47). Daran ändern auch die Einschränkungen gegenüber bestimmten chemischen Stoffen nichts, weil diese jedenfalls im fraglichen Zeitraum noch nicht generalisiert waren, sondern sich insbesondere im Zusammenhang mit Lösemitteln, Lacken und Imprägnierungen gezeigt hatten, was durch den Ausschluss eines Einsatzes in entsprechenden Handwerks- und Industriebetrieben hinreichend berücksichtigt werden konnte.
Weil beim Kläger vor dem nicht mehr streitgegenständlichen erneuten Rentenantrag noch ein mindestens 6-stündiges Einsatzvermögen bestand und auch keiner der von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmefälle vorlag, waren die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs 2 SGB VI nicht erfüllt.
Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind im Ergebnis zutreffend und die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger anstelle einer Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer eine Rente wegen voller Erwerbsminderunglängstens jedoch bis zum Beginn seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu gewähren war.
Der 1949 geborene Kläger hatte von der Beklagten aufgrund eines im Gerichtsverfahren S 4 RJ 427/97 beim Sozialgericht (SG) Würzburg geschlossenen Vergleiches eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer ab dem 01.02.1995 erhalten bzw. für die Anfangszeit Übergangsgeld gewährt bekommen. Der Kläger konnte seine erlernte und auch ausgeübte Tätigkeit als Tischlermeister ab diesem Zeitpunkt dauerhaft nicht mehr ausüben und auch nicht auf andere entsprechend qualifizierte Tätigkeiten verwiesen werden.
Daneben hatte der Kläger bis 31.12.1999 eine Landwirtschaft betrieben und am 21.12.2000 bei der Alterskasse des land- und forstwirtschaftlichen Sozialversicherungsträgers Franken und Oberbayern eine Erwerbsminderungsrente beantragt gehabt. Dieser Antrag war zunächst im Verwaltungsverfahren, im Widerspruchsverfahren und im Verfahren des SG Würzburg S 2 LW 17/02 abgelehnt worden, ehe im Berufungsverfahren beim Bayer. Landessozialgericht (L 16 LW 35/05) ein Vergleich geschlossen und unter Zugrundelegung eines durch ein Gutachten des Prof. Dr. N. festgestellten Leistungsfalles vom 24.04.2006 ab 01.05.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit bewilligt wurde.
Am 27.03.2002 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers ein, worin dieser formlos die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragte; es sei eine Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation des Klägers eingetreten. Nachdem in der Folgezeit trotz Nachfrage kein Formblattantrag vorgelegt worden war, lehnte die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 24.05.2002 wegen mangelnder Mitwirkung ab und bestätigte dies mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2002. Im Verfahren S 8 RJ 680/02 beim SG Würzburg sicherte die Beklagte dem Kläger zu, das Rentenantragsverfahren fortzuführen, wenn die Formblattanträge bis spätestens 15.09.2003 bei der Beklagten eingegangen seien. Mit Telefax vom 12.09.2003 (Freitag) teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass er an diesem Tage die Formblattanträge zur Post gegeben habe, und bat um Verständnis, falls die Antragsvordrucke erst nach dem 15.09.2003 bei der Beklagten eintreffen würden. Erst am 24.09.2003 ging dann das vierseitige Antragsformular auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zusammen mit einem Deckblatt vom 22.09.2003 bei der Beklagten ein.
Die Beklagte ließ den Kläger bereits am 25.09.2003 durch den Internisten und Allergologen Dr. R. untersuchen, der in seinem Gutachten vom 26.09.2003 folgende Diagnosen aufführte:
1. Bronchiale Hyperreagibilität, jedoch ohne Obstruktionsnachweis bei Nikotinkonsum.
2. Hinweis auf multiple chemische Sensibilität nach inhalativ toxischer Langzeitbelastung mit chlorierten Kohlenwasserstoffen mit Myopathie und Polyneuropathie.
3. Übergewicht mit Fettstoffwechselstörung.
4. Rezidivierendes Cervicobrachialsyndrom nach HWS-Distorsion zweitgradig 4/2002.
5. Psychovegetatives Syndrom.
Die Leistungsfähigkeit des Klägers erlaube eine leichte Arbeit über 6 Stunden täglich, allerdings ohne schweres Heben und Tragen, ohne Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr und ohne inhalative oder toxische Belastung durch chemische Stoffe.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2003 die Umwandlung der bisherigen Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil eine volle Erwerbsminderung nicht vorliege. Sie ging dabei ohne weitere Begründung von einem am 24.09.2003 gestellten Rentenantrag aus.
Nach dem Widerspruch des Klägers vom 29.10.2003 wurde - ohne dass dies zur Kenntnis der Beklagten gelangt wäre - am 20.11.2003 im sozialgerichtlichen Verfahren S 6 LW 17/02 ein Gutachten durch die Ärztin für öffentliches Gesundheitswesen und Umweltmedizin Dr. K. erstellt, die die Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieb:
1. Bewegungs- und Belastungsminderung der Wirbelsäule mit chronischem HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen.
2. Bronchiale Hyperreagibilität.
3. Tinnitus bds., links mehr als rechts.
4. Diabetes mellitus, sensible Polyneuropathie.
5. Psychovegetatives Syndrom.
6. Leistenbruch links, Nabelbruch, Z.n. operiertem Leistenbruch rechts.
Der Kläger sei vollschichtig einsatzfähig für leichte Arbeiten in wechselnder Stellung in geschlossenen Räumen. Vermieden werden müssten besondere nervliche Belastungen, unfallgefährdete Arbeitsplätze, besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems und ungünstige äußere Bedingungen, insbesondere die Einwirkung von inhalativen Reiz- und Schadstoffen. Wegen der Polyneuropathie könnten Handarbeiten mit besonderem Anspruch an das Feingefühl nicht mehr durchgeführt werden.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet; Frau Dr. E. kam im Gutachten vom 23.04.2004 zum Ergebnis, dass zusätzlich folgende Diagnosen beim Kläger zu berücksichtigen seien:
1. Wirbelsäulensyndrom mit leicht- bis mittelgradiger Funktionsstörung, Schwindelbewegungen bei schnellem Bewegen der Halswirbelsäule ohne akute Wurzelreizsymptomatik oder neurologisch segmentbezogene Ausfälle bei Abnutzungserscheinungen in der Halswirbelsäule betont C5/C6 und beginnenden Abnutzungserscheinungen in der Lendenwirbelsäule.
2. Beginnende Funktionsstörung der Schultergelenke bei Bizepstendinitis.
3. Endgradige Funktionsstörung der Hüftgelenke mit Trochanter-Enthesopathie bei beginnenden Abnutzungserscheinungen.
4. Beginnende Abnutzung hinter den Kniescheiben.
5. Fersensporn rechts.
6. Myotendinöses Syndrom.
7. Hinweis auf Polyneuropathie.
Als zusätzliche qualitative Einschränkungen würden sich Einschränkungen für Wirbelsäulen belastende Tätigkeiten, Arbeiten über der Horizontalen und Tätigkeiten unter Gefährdungs- und Belastungsfaktoren ergeben. Ein anderes quantitatives Leistungsbild als im Vorgutachten würde sich nicht ergeben.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2004 den Widerspruch zurück, ohne auf die Einwände des Klägers hinsichtlich des Datums der Rentenantragstellung einzugehen.
Am 22.07.2004 hat der Kläger Klage zum SG Würzburg erhoben und angeführt, dass seine Gesundheitsstörungen insbesondere im Hinblick auf ein vorliegendes MCS-Syndrom nicht korrekt erfasst worden seien.
In einem parallelen Rechtstreit mit der Berufsgenossenschaft (SG Würzburg: S 5 U 26/03) ist am 25.11.2005 ein arbeitsmedizinisches Gutachten durch den Facharzt für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin Prof. Dr. Dr. W. erstellt worden.
Am 12.06.2006 ist das bereits angesprochene psychiatrische Gutachten durch Prof. Dr. A. im Verfahren L 16 LW 35/05 - erstellt worden. Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stehe eine Somatisierungsstörung, die den Kläger leichtgradig einschränke. Der Großteil der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit sei noch erhalten, was sich auch aus den Alltagstätigkeiten des Klägers in den vergangenen Jahren ablesen lasse. Nachdem der Kläger sich täglich 1 bis 2 Stunden mit seiner Symptomatik beschäftige, könne er unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses ab Dezember 2000 nur noch weniger als 6 Stunden, jedoch mindestens 4 Stunden täglich arbeiten.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.10.2006 und in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 08.12.2006 hat sich der Sachverständige mit Einwänden des Beratenden Arztes der Landwirtschaftlichen Alterskasse, Dr. S., auseinandergesetzt und ist dabei verblieben, dass unter Berücksichtigung der psychiatrischen Erkrankungen, der körperlichen Erkrankungen und zusätzlicher Berücksichtigung des Verlaufs bei zusammenfassender Würdigung beim Kläger die beschriebene zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens anzunehmen sei.
Die Beklagte hat am 27.08.2007 unter Bezugnahme auf Frau Dr. C. von ihrem sozialmedizinischen Dienst weiteren Aufklärungsbedarf geltend gemacht; derzeit sei der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung des Dr. P. der Vorzug zu geben.
Das SG hat einen Befundbericht des Allgemeinarztes O. eingeholt, der angab, der Gesundheitszustand des Klägers sei gegenüber seinem letzten Bericht unverändert.
Das SG hat nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten durch Dr. T. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Sozialmedizin am Reha-Zentrum B. - erstellen lassen. Dieser hat in seinem Gutachten vom 15.06.2008 bestätigt, dass eine Somatisierungsstörung im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stehe. Außerdem werde eine Polyneuropathie vermutet und es würden eine arterielle Hypertonie und eine Adipositas 1.Grades vorliegen. Hinzu kämen die orthopädischerseits festgestellten Gesundheitsstörungen. Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten im Umfang von 6 Stunden täglich ausüben. Eine quantitative Leistungseinschränkung auf 4 bis unter 6 Stunden, wie sie von Prof. Dr. W. angegeben worden sei, könne nicht belegt werden, da das subjektive Gefühl der verminderten Leistungsfähigkeit beim Kläger nicht ausreiche, um eine derartige Einschränkung zu begründen. Eine sozialmedizinische Beurteilung könne nicht ausschließlich aus den subjektiven Angaben des Klägers hergeleitet werden. Der beim Kläger feststellbare Tagesablauf lasse eine mehrstündige Belastungsfähigkeit erkennen, wobei allerdings qualitative Einschränkungen zu beachten seien. Es müsse sich um leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise in wechselnder Stellung handeln. Der Ausschluss der verschiedenen Geruchsbelästigungen und synthetischen Stoffe müsse gewährleistet sein. Zudem seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung zu vermeiden und wegen der leichten Polyneuropathie seien Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen nicht zumutbar. Außerdem seien die Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet zu berücksichtigen. Zu beachten sei schließlich auch, dass übermäßige Lärmbelästigung zu vermeiden sei.
Mit Urteil vom 19.08.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat aufgrund der nach Auffassung des SG schlüssigen Darlegungen des Dr. E. die Einschätzungen des Prof. Dr. W. als widerlegt angesehen und ist zum Ergebnis gekommen, dass eine zeitliche Einschränkung der Einsatzfähigkeit des Klägers nicht zu belegen sei. Auch bestehe keine schwere spezifische Leistungseinschränkung und keine Summierung von Leistungseinschränkungen. Ohne dass es darauf ankomme, sei festzustellen, dass die Beklagte zutreffend von einer Antragstellung am 24.09.2003 ausgegangen sei, nachdem der Kläger die mit der Zusicherung verbundene Frist nicht eingehalten habe.
Gegen das Urteil des SG Würzburg hat der Kläger am 01.10.2008 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Am 05.02.2009 hat der Kläger bei einem Sturz von einem Hochsitz eine distale Radiustrümmerfraktur rechts erlitten.
Mit Schreiben vom 08.07.2009 hat der Kläger neben dem laufenden Berufungsverfahren ausdrücklich einen neuen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt und hierzu die aktuellen ärztlichen Unterlagen bei der Beklagten vorgelegt. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 13.07.2009 - im Hinblick auf den laufenden Rentenrechtsstreit - zunächst eine Bearbeitung abgelehnt, dann aber das Verfahren doch durchgeführt. Am 27.07.2009 hat der Prüfarzt Dr. N. zu den ärztlichen Unterlagen Stellung genommen und ausgeführt, dass eine abschließende Beurteilung der Unfallfolgen noch nicht möglich sei; aktuell bestehe noch Arbeitsunfähigkeit beim Kläger. Die Beklagte hat im Weiteren mit Bescheid vom 07.04.2010 - den Rentenantrag des Klägers vom 08.07.2009 abgelehnt. In einem sich anschließenden Widerspruchsverfahren hat sie ein Gutachten durch den Chirurgen Dr. W. erstellen lassen. Dieser ist nach Untersuchung des Klägers am 14.10.2010 zum Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine schwere Gebrauchsbeeinträchtigung der rechten Hand mit schwergradiger Funktionseinschränkung im Handgelenk bei Z.n. operativ versorgter Radiusfraktur 2/2009 mit posttraumatischer Arthrose vorliegen würde und als weitere Diagnosen behinderte Nasenatmung, chronisches HWS-Syndrom mit mittel- bis schwergradiger Funktionseinschränkung, chronisches LWS-Syndrom mit end- bis mittelgradiger Funktionseinschränkung, bekannte bronchiale Hyperreagibilität, Tinnitus links mehr als rechts, latenter diätetisch behandelter Diabetes mellitus zu berücksichtigen seien. Der Kläger könne selbst leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen nur noch unter 3 Stunden täglich verrichten, wobei diese Feststellung rückwirkend seit 05.02.2009 gelten würde.
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 18.05.2010 dem Kläger ab 01.01.2010 eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt.
Mit Schreiben vom 26.10.2010 hat sich die Beklagte im Rahmen eines Vergleichsangebotes bereit erklärt, beim Kläger eine volle Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 05.02.2009 (Unfalltag) anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen ab dem 01.03.2009 zu gewähren. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung sei aber nur bis zum 31.12.2009 zu gewähren, da ab diesem Zeitpunkt bereits eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezogen werde.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 07.12.2010 das Vergleichsangebot abgelehnt, da ein weit früherer Leistungsfall gegeben sei. Außerdem wäre der infrage stehende Leistungsfall ohne Interesse für den Kläger, da ansonsten der Zugangsfaktor zu seiner Altersrente tangiert werde.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme ihrer Prüfärztin Frau Dr.W. vom 21.12.2010 nochmals dazu Stellung genommen, dass und warum dem Gutachten des Prof. Dr. W. nicht gefolgt werde. Ein Leistungsfall im Dezember 2000 sei aus sozialmedizinischer Sicht nicht nachvollziehbar, insbesondere da der Versicherte im Juni 2008 von Dr. Z. bei gleichbleibender Situation für leichte Arbeiten als über 6-stündig einsetzbar beurteilt worden sei.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat erneut auf die Feststellungen des Prof. Dr. B. sowie auf die in den Akten der Berufsgenossenschaft vorhandenen Feststellungen verwiesen, aus denen sich eine Lösungsmittel- und Pestizidintoxikation sowie Hirnstammbeeinträchtigungen ersehen lassen würden.
Im Erörterungstermin vom 04.10.2011 hat der Kläger die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG beantragt. In der Folgezeit hat der Bevollmächtigte des Klägers innerhalb einer vom Gericht eingeräumten Nachfrist präzisiert, dass der Antrag auf die Einholung eines Gutachtens bei Prof. Q. Nephrologe, Umweltmediziner und Internist in C-Stadt gerichtet sei. Der Senat hat die Einholung dieses Gutachtens davon abhängig gemacht, dass ein Vorschuss in Höhe von 3.000,00 EUR einzuzahlen sei, wobei die Kostenrechnung die Fälligkeit für den 11.01.2012 ausgewiesen hat. Am 16.01.2012 hat der Senat den Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass der Kostenvorschuss innerhalb der Frist nicht eingegangen sei und auch die zugleich angeforderte Erklärung über die Kostenübernahme nicht vorgelegt worden sei. Es ist eine Nachfrist zur Erfüllung der Bedingungen bis zum 26.01.2012 eingeräumt und darauf hingewiesen worden, dass nach deren erfolglosem Ablauf angenommen werde, dass kein Interesse an dem Antrag nach § 109 SGG mehr bestehe; die Streitsache würde dann alsbald terminiert werden. Mit Telefax vom 17.01.2012 hat der Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass ihm eine Zahlungsfrist bis zum 20.01.2012 erinnerlich sei und der Kostenvorschuss beschränkt werden solle, damit das Verfahrensrisiko eingeschränkt werden könne. Eine Reduzierung des angeforderten Vorschusses hat der Senat nicht als möglich angesehen und hat dies dem Bevollmächtigten des Klägers per Telefax am 19.01.2012 mitgeteilt. In der Folgezeit sind ein Zahlungseingang und ein Eingang der angeforderten Kostenübernahmeerklärung nicht zu verzeichnen gewesen. Daraufhin ist am 31.01.2012 eine Ladung für den 15.02.2012 verfügt worden.
Die Beteiligten haben sodann ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.08.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 21.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2004 aufzuheben und dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung statt Berufsunfähigkeit ab Rentenantrag - ausgehend von einer Antragstellung am 26.03.2002 - zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.08.2008 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die beigezogenen Gerichtsakten und Aktenauszüge aus den Verfahren S 4 RJ 429/97, S 8 RJ 680/02, S 8 RJ 681/02, S 13 R 439/04, L 16 LW 35/05, S 5 U 26/03 und die Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber im Rahmen des Streitgegenstandes nicht begründet. Das SG hatte zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung hat und erst ein späterer Unfall des Klägers führte zu Änderungen der gesundheitlichen Situation des Klägers, die aber Gegenstand eines eigenständigen Rentenverfahrens sind.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten dem zugestimmt hatten (§ 124 Abs 2 iVm § 153 Abs 1 SGG).
Über den vom Kläger im Gefolge des am 05.02.2009 erlittenen Unfalls am 09.07.2009 erneut gestellten Rentenantrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung hat die Beklagte unter Berücksichtigung des neu geltend gemachten Leistungsfalls mit - noch nicht bestandskräftigem - Bescheid vom 07.04. 2010 entschieden. Dieser Bescheid ist nach § 96 SGG - in der ab 01.04.2008 geltenden Fassung - nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil er die frühere Entscheidung der Beklagten weder abgeändert noch ersetzt hat, sondern sich auf einen anderen Zeitraum ab der erneuten Antragstellung bezieht (vgl. LSG Sachsen-Anhalt Urteil v. 22.09.2011 L 1 R 83/10 zitiert nach juris).
Ohne dass es im vorliegenden Rechtsstreit darauf ankommen würde, ist anzumerken, dass den Auffassungen der Beklagten und des SG Würzburg nicht darin gefolgt wird, dass erst der Formblattantrag vom 24.09.2003 für das vorliegende Verfahren der maßgebliche Antragszeitpunkt ist. Die Beklagte hatte zunächst den Antrag des Klägers vom 27.03.2002 wegen mangelnder Mitwirkung abgelehnt (§ 66 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB I-). Am 24.09.2003 hat der Kläger die Mitwirkung nachgeholt. Er hat zwar die in der Zusicherung der Beklagten enthaltene Frist nicht eingehalten; auch eine Wiedereinsetzung wegen verzögertem Postlauf kommt nicht in Betracht, da durch das Begleitschreiben eindeutig erkennbar ist, dass die Unterlagen bereits verspätet zur Post gegeben wurden. Gleichwohl wäre die Beklagte im Rahmen des § 67 SGB I zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet gewesen, wenn die materiellen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären. Die Nichteinhaltung der mit der Zusicherung verbundenen Frist führt nur dazu, dass keine Selbstbindung der Beklagten im Rahmen des § 67 SGB I mehr besteht, nicht aber dazu, dass der ursprüngliche Antrag gegenstandslos geworden wäre.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Der Kläger hat durch den Vorbezug der Rente wegen Berufsunfähigkeit unproblematisch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des 43 Abs 2 S 1 SGB VI erfüllt (§ 43 Abs 4 Nr 1 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 S 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei einer Einsatzfähigkeit von mindestens 3 Stunden, aber weniger als 6 Stunden täglich kann von einem verschlossenen Teilzeitarbeitsmarkt für die Betroffenen ausgegangen und nach der Rechtsprechung des BSG eine arbeitsmarktbedingte volle Erwerbsminderung angenommen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG vom 11.12.1969 BSGE 30, 167 und vom 10.12.1976 BSGE 43, 75). Dagegen ist nach
§ 43 Abs 3 SGB VI bei einer täglichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens 6 Stunden eine Erwerbsminderung nicht gegeben, ohne dass es auf die jeweilige Arbeitsmarktlage ankommen würde.
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Eine volle bzw. teilweise Erwerbsminderung des Klägers entsprechend der gesetzlichen Definition wird vor dem Unfallereignis vom 05.02.2009 von keinem der im Verfahren gehörten Sachverständigen angenommen. Nachdem mit dem Unfallereignis zunächst Arbeitsunfähigkeit eingetreten war und die erneute und eigenständige Rentenantragstellung innerhalb von weniger als 6 Monaten nach dem Unfallereignis erfolgte, ist die später von Z. festgestellte volle Erwerbsminderung nicht mehr streitgegenständlich geworden. Somit kommt es auch nicht darauf an, dass der Senat die medizinischen Erkenntnisse bis zu seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat. Dies bedeutet nämlich nur, dass alle - also auch etwaige nach dem Datum des neuen Rentenantrags gewonnene, aber zurückwirkende - für den Streitgegenstand bedeutsamen Feststellungen in die Entscheidung einzubeziehen sind.
Für die Zeit vor dem 05.02.2009 stellte sich die Leistungsfähigkeit des Klägers zur Überzeugung des Senats folgendermaßen dar: Es waren leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise in wechselnder Stellung über 6 Stunden täglich möglich. Einschränkungen bestanden hinsichtlich Klettern und Steigen, dem Erfordernis von Arbeiten über der Horizontalen, schwerem Heben und Tragen oder anderen besonders wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten. Vermieden werden mussten auch besondere nervliche Belastungen und übermäßige Lärmbelästigung, besondere Unfallgefährdung vor allem durch Absturzgefahr und inhalative oder toxische Belastung durch chemische Reiz- und Schadstoffe. Auch konnten Handarbeiten mit besonderem Anspruch an das Feingefühl nicht mehr durchgeführt werden.
Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit stützt sich der Senat wesentlich auf das erstinstanzlich eingeholte Gutachten von Z. und ergänzend auf die Gutachten von Dr. F., Dr. R., Dr. N., Dr. S. und von Dr. N ... Diese haben den gesamten Komplex der gesundheitlichen Einschränkungen insbesondere auf internistischem, orthopädischem, nervenärztlichen und umweltmedizinischem Fachgebiet erfasst und zusammenschauend sozialmedizinisch gewürdigt. Neben den beschriebenen Einschränkungen der Arbeitsbedingungen war eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers zumindest auf einen Umfang von weniger als 6 Stunden täglich nicht zu belegen.
Die entgegenstehende Auffassung des Prof. Dr. E. rührt nicht aus weiteren, von den übrigen Gutachtern nicht erkannten oder nicht berücksichtigten Gesundheitsstörungen her. Vielmehr nimmt er die weitergehende zeitliche Einschränkung von einem Herabsinken der Leistungsfähigkeit unter 4 Stunden oder gar einer Aufhebung des Leistungsvermögens ist auch bei ihm keine Rede aus den psychiatrischen und körperlichen Erkrankungen unter zusätzlicher Berücksichtigung des Verlaufs im Rahmen einer zusammenfassenden Würdigung an. Widersprüchlich ist dabei jedoch schon das besondere Hervorheben des Verlaufs der Erkrankung unter gleichzeitiger Angabe, dass die Einschränkung bereits seit der Rentenantragstellung bzw. seit dem Jahr 2000 vorliegen würde. Auch wenn im Verfahren mit der landwirtschaftlichen Alterskasse ein Vergleich auf der Basis dieses Gutachtens geschlossen worden war, kommt der Senat nach Auswertung der mittlerweile zusätzlich gewonnenen medizinischen Erkenntnisse zum Ergebnis, dass der sozialmedizinischen Beurteilung des Prof. Dr. E. nicht zu folgen ist. Eine Bindung an für ein anderes Verfahren geschlossene Vergleichsergebnisse besteht ohnehin nicht. Die Hinweise des Dr. Z., wonach das subjektive Gefühl der verminderten Leistungsfähigkeit beim Kläger nicht ausreiche, um eine zeitliche Einschränkung gutachterlich zu begründen, kann der Senat dagegen nachvollziehen. Der beim Kläger feststellbare Tagesablauf lässt eine mehrstündige Belastungsfähigkeit erkennen und an geeigneten Arbeitsplätzen eben auch einen Einsatz von mindestens 6 Stunden täglich als realistisch erscheinen. Auch aus den Stellungnahmen des Dr. W., des Dr. N. und der Dr. V. wird deutlich, dass durch das Gutachten des Prof.Dr. C. der Nachweis einer für die beantragte Rente relevanten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers weder für die Zeit nach der Begutachtung und schon gar nicht für die noch frühere Zeit überzeugend geführt werden konnte.
Auch soweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einigen speziellen Fällen (sogenannten Katalogfällen) bei einer an sich 6-stündigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausnahmsweise trotzdem eine volle Erwerbsminderung vorliegen kann (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 43 SGB VI Rn. 37 m.w.N.), führt dies im Fall des Klägers nicht zu einer Rentengewährung, weil er vor seinem Unfall im Februar 2009 die dort genannten Voraussetzungen ebenfalls nicht erfüllte.
Eindeutig nicht gegeben war das Vorliegen einer schweren spezifischen Behinderung im Sinne einer funktionalen Einarmigkeit. Zwar waren beim Kläger die Handfunktionen nicht mehr in uneingeschränktem Umfang vorhanden, doch betraf dies nur besondere Fingerfeinarbeiten bei ansonsten verbliebener Handfunktion. Somit geht das verbliebene Einsatzvermögen auch der schwächeren Hand sehr weit über eine bloße Beihandfunktion hinaus, bei der die Hand nur noch über die gesteuerte Armfunktionen zum Einsatz gebracht werden könnte und bereits beim Vorliegen einer Beihandfunktion wäre eine funktionale Einarmigkeit zu verneinen gewesen.
Weiter lag beim Kläger auch keine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen vor. Zu der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten traten zunächst einige Anforderungen hinsichtlich der Körperhaltungen während der Tätigkeit hinzu, die aber bei den allermeisten leichten Tätigkeiten ohnehin nicht anfallen. Die Beschränkung hinsichtlich der nervlichen Belastbarkeit bedeutet insbesondere den Ausschluss verschiedener Schichtformen und zeitlicher Leistungsvorgaben. Die verbleibenden Tätigkeitsbereiche ohne besondere Stressbedingungen und besondere Anforderungen an die Hände sind aber immer noch so breit gestreut, dass die Beklagte konkrete Tätigkeiten, auf die der Kläger zu verweisen wäre, nicht benennen muss, sondern ihn weiterhin unspezifisch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen durfte (vgl. Gürtner a.a.O. Rn. 47). Daran ändern auch die Einschränkungen gegenüber bestimmten chemischen Stoffen nichts, weil diese jedenfalls im fraglichen Zeitraum noch nicht generalisiert waren, sondern sich insbesondere im Zusammenhang mit Lösemitteln, Lacken und Imprägnierungen gezeigt hatten, was durch den Ausschluss eines Einsatzes in entsprechenden Handwerks- und Industriebetrieben hinreichend berücksichtigt werden konnte.
Weil beim Kläger vor dem nicht mehr streitgegenständlichen erneuten Rentenantrag noch ein mindestens 6-stündiges Einsatzvermögen bestand und auch keiner der von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmefälle vorlag, waren die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs 2 SGB VI nicht erfüllt.
Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind im Ergebnis zutreffend und die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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